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JURE109006046
BPatG
München
30. Senat
20100610
30 W (pat) 72/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "funkturm (Wort-Bild-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 048 550.7 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Juni 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Hartlieb beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. April 2009 aufgehoben.
I. Zur Eintragung als Wort-/Bildmarke in das Markenregister für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 37 und 42 angemeldet worden ist Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Die Anmeldung ist nach Einschränkung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen im Beschwerdeverfahren nur noch bestimmt für: (9) Audiogeräte, nämlich Verstärker, Kompressoren, Equalizer, Mischpulte, Tonaufnahmegeräte, Tonwiedergabegeräte, Audiowandler, Analogwandler, Digitalwandler für Audiogeräte, Mikrophonvorverstärker, Mikrophone, Videogeräte; (37) Reparatur von Audiogeräten, nämlich von Verstärkern, Kompressoren, Equalizern , Mischpulten, Tonaufnahmegeräten, Tonwiedergabegeräten, Audiowandlern, Analogwandlern, Digitalwandlern für Audiogeräte, Mikrophonvorverstärkern; Mikrophonen; Videogeräten; Installation von Audiogeräten, insbesondere Verstärkern, Kompressoren, Equalizern , Mischpulten, Tonaufnahmegeräten, Tonwiedergabegeräten, Audiowandlern, Analogwandlern, Digitalwandlern für Audiogeräte, Mikrophonvorverstärkern, Mikrophonen, Videogeräten; (42) Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen in Bezug auf Audiogeräte, nämlich Verstärker, Kompressoren, Equalizer, Mischpulte, Tonaufnahmegeräte, Tonwiedergabegeräte, Audiowandler, Analogwandler, Digitalwandler für Audiogeräte, Mikrophonvorverstärker, Mikrophone, Videogeräte; industrielle Analyse-Forschungsdienstleistungen in Bezug auf Audiogeräte, insbesondere Verstärker, Kompressoren, Equalizer, Mischpulte, Tonaufnahmegeräte, Tonwiedergabegeräte, Audiowandler, Analogwandler, Digitalwandler für Audiogeräte, Mikrophonvorverstärker, Mikrophone, Videogeräte; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software für Audiogeräte, insbesondere Verstärker, Kompressoren, Equalizer, Mischpulte, Tonaufnahmegeräte, Tonwiedergabegeräte, Audiowandler, Analogwandler, Digitalwandler für Audiogeräte, Mikrophonvorverstärker, Mikrophone, Videogeräte. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat - auf der Grundlage des seinerzeit maßgeblichen Warenverzeichnisses - die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil es sich um eine beschreibende Angabe über Verwendung und Bestimmung der beanspruchten Waren/Dienstleistungen in Verbindung mit Funktürmen handele. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen wie oben wiedergegeben eingeschränkt: Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auf der Grundlage des im Beschwerdeverfahren eingeschränkten Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg; es kann nicht festgestellt werden, dass die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen. Es sind keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen könnten. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Es ist nicht, jedenfalls nicht ohne weitere gedankliche Überlegungen, erkennbar, welches Merkmal der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen durch das angemeldete Zeichen beschrieben werden soll. Ein „Funkturm“ ist ein Bauwerk, das dem Zweck der drahtlosen Nachrichtenübermittlung, der Funktechnik, dient. Wichtigster Teil für diese Funktion sind Antennen. Insoweit in Betracht kommende Produkte und Dienstleistungen hat die Anmelderin indessen im Beschwerdeverfahren aus dem ursprünglich eingereichten Waren-/ Dienstleistungsverzeichnis gestrichen und darüber hinaus durch eine Beschränkung auf Audiogeräte ausgeschlossen. Damit ist nicht erkennbar, dass diese Waren und Dienstleistungen nach ihrer Art, technischen Ausrichtung, Ausstattung oder Ähnlichem irgendwie so speziell auf die Bedürfnisse des Betriebs eines Funkturms zugeschnitten sein können, dass die Bezeichnung „ funkturm “ als unmittelbare Angabe über die Eignung oder Bestimmung dieser Waren/Dienstleistungen verstanden werden könnte. Auch für die im Waren-/Dienstleistungsverzeichnis beanspruchten Mikrophone und Videogeräte und hierauf bezogene Dienstleistungen ist für deren Merkmale ein Bezug zu der angemeldeten Bezeichnung nicht erkennbar. Der angemeldeten Bezeichnung kann demzufolge kein konkreter und unmittelbarer Aussagegehalt mit Bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen entnommen werden. Eine freihaltebedürftige beschreibende Angabe der angemeldeten Bezeichnung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG lässt sich damit nicht feststellen. Da der angemeldeten Marke aus den dargelegten Gründen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, fehlt ihr auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs 2 Nr. 1 MarkenG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006046&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006112
BPatG
München
8. Senat
20100518
8 W (pat) 318/07
Beschluss
§ 62 Abs 1 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren – zur Kostenentscheidung – Grundsatz: Erscheinen im Verhandlungstermin steht jedem Verfahrensbeteiligten frei - Patentinhaberin erscheint nicht zur mündlichen Verhandlung – keine Auferlegung der durch die Durchführung der Verhandlung entstandenen Kosten
In der Einspruchssache gegen das Patent 101 20 223 hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Dehne, der Richter Reker und Dipl.-Ing. Rippel sowie der Richterin Dipl.-Ing. Dr. Prasch beschlossen: 1. Das Patent 101 20 223 wird widerrufen. 2. Der Antrag der Einsprechenden zu der Kostenauferlegung wird zurückgewiesen.
I. Das Patent 101 20 223 mit der Bezeichnung „Mehrlagiger Luftfilter und dessen Verwendung“ ist am 24. April 2001 beim Patentamt angemeldet und mit Beschluss vom 17. März 2005 erteilt worden. Die Patenterteilung ist daraufhin am 25. August 2005 veröffentlicht worden. Gegen das Patent haben die Firmen 3… Company in St. P… in M… (V.St.A.) (nachfolgend Einsprechende I) und A… N.V. in O… in B… (nachfolgend Einsprechende II) jeweils am 23. November 2005 Einspruch erhoben. Die Einsprechenden I und II haben zur Stützung ihres Vorbringens unter anderen auf die folgenden Druckschriften verwiesen (mit Nummerierung entsprechend Eingabe der Einsprechenden I vom 11. Jan. 2007): D1: US 5 419 953 D2: WO 97/40913 A1 D3: EP 0960 645 A2. Die Einsprechenden haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, dass dem Gegenstand des Streitpatents die erforderliche Neuheit fehle. Sie haben zur Begründung von den im schriftlichen Einspruchsverfahren genannten Druckschriften die US 5 419 953 (D1), die WO 97/40913 A1 (D2) und die EP 0 960 645 A2 (D3) in den Vordergrund ihrer Ausführungen gestellt, weil jede dieser Druckschriften nach ihrer Auffassung ein mehrlagiges Luftfilter zeige, das mit allen Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 übereinstimme. Zudem beschreibe die Druckschrift D3 auch die Verwendung eines Luftfilters nach Anspruch 1 als Staubsaugerbeutel entsprechend dem nebengeordneten Anspruch 12 des Streitpatents. Die Einsprechenden haben in der mündlichen Verhandlung zudem die Auffassung vertreten, dass der Patentinhaberin die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen seien, weil sie zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, aber mit der Eingabe vom 6. Juli 2006 die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte. Sie habe zwar mit der Eingabe vom 6. Mai 2010 angekündigt, dass sie beabsichtige, den Verhandlungstermin am 18. Mai 2010 nicht wahrzunehmen, sie habe den Verhandlungstermin aber weder abgesagt noch den Antrag darauf zurückgenommen, so dass der anberaumte Verhandlungstermin bestehen blieb und die Einsprechenden gezwungen waren, diesen sicherheitshalber wahrzunehmen. Die Einsprechenden stellen den Antrag, 1. das Patent 101 20 223 zu widerrufen, 2. der Patentinhaberin die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen. Von der - wie mit dem Schreiben, eingegangen am 6. Mai 2010, angekündigt - zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Patentinhaberin liegt gemäß Eingabe vom 6. Juli 2006, eingegangen am 10. Juli 2006, sinngemäß der Antrag vor, das Patent 101 20 223 unter Korrektur der Schreibfehler in den Ansprüchen 6 und 8 unbeschränkt aufrecht zu erhalten. Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden I und II mit der Eingabe vom 6. Juli 2006, eingegangen am 10. Juli 2006, schriftsätzlich widersprochen und darin ausgeführt, dass der mehrlagige Luftfilter nach dem erteilten Patentanspruch 1 sowohl gegenüber den Lehren nach den Druckschriften D1 und D2 als auch gegenüber der Lehre nach der Druckschrift D3 neu sei und dass auch der Gegenstand nach dem Patentanspruch 12 gegenüber der Druckschrift D3 neu sei. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet wie folgt: „Mehrlagiger Luftfilter umfassend eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff oder aus einem Spunbond -Meltblown- Spunbond -Laminat und eine diese rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht, wobei die Vorfilterschicht einen trocken gelegten und elektrostatisch wirksamen Stapelfaser-Vliesstoff aufweist, dessen Flächengewicht 10 bis 100 g/m 2 beträgt.“ Der nebengeordnete Patentanspruch 12 lautet wie folgt: „Verwendung des Luftfilters nach Anspruch 1 als Staubsaugerbeutel.“ Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 11 und der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 form- und fristgerecht eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 PatG zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I und II; bestätigt durch BGH GRUR 2009, 184 - 185 - Ventilsteuerung). Der zulässige Einspruch ist begründet und führt zum Widerruf des Patents. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig. 1. Gegenstand des Streitpatents ist ein mehrlagiges Luftfilter. Die Streitpatentschrift führt eingangs aus, dass Filtermaterialien mit verbesserten Filtrationseigenschaften insbesondere in Staubsaugerbeuteln Verwendung finden (vgl. Streitpatentschrift Absatz [0001]). Bei derartigen Anwendungen aber müssten die Staubsaugerbeutel einer Vielzahl von Anforderungen genügen, die oft gegenläufig seien, weil neben einem hohen Abscheidegrad sowohl für Grob- als auch für Feinstäube ein geringer Luftwiderstand, eine geringe Verstopfungsneigung sowie mechanische Stabilität gefordert seien (Absatz [0002]). Ein generelles Problem von Staubsaugerbeuteln bestehe in deren Verstopfungsneigung, wenn kompakte Materialien mit mechanischen Filtrationseigenschaften eingesetzt würden, wie Papier oder Feinfaserspinnvliesstoffe ohne voluminösen Aufbau (Absatz [0003]). Ein solcher kompakter Aufbau trage zwar dazu bei, die Staubbarriereeigenschaften eines Filterbeutels zu verbessern, mache den Beutel jedoch anfälliger gegenüber Feinstaub, der in diese kompakten Filtermedien eindringe und diese verstopfe. Daher stellten Parameter, wie die Saugleistungskonstanz und die Abscheideleistung eines Filterbeutels, wie eines Staubsaugerbeutels, üblicherweise einen Kompromiss dar, was bedeute, dass bei Verbesserung der Saugleistungskonstanz die Abscheideleistung eines Staubsaugerbeutels üblicherweise nicht entscheidend verbessert werden könne. Zum Stand der Technik bezieht sich die Streitpatentschrift unter anderen auf die EP 0 960 645 A2 (vgl. Druckschrift D3), aus der Staubsaugerbeutel mit Inlinerlagen aus verschiedenen Materialien als Grobfilter beschrieben seien, um die nachfolgende eigentliche Filtrationsschicht vor Verstopfung durch Grobstaub zu schützen und damit die Standzeit des Beutels zu erhöhen (Absatz [0005]). Dabei werden Schichten aus speziellen Papieren und aus speziellen Non-Wovens miteinander verbunden und elektrostatisch aufladbare bzw. geladene Fasern, beispielsweise Polypropylenfasern, in ausgewählten Papierschichten bzw. Schichten aus Non-Wovens eingesetzt. Zum Stand der Technik nennt die Streitpatentschrift unter anderen noch die EP 0 246 811 A2, aus der Vliesstoffe aus Polypropylenfaser- und Modacryl faser - Mischungen als Filtermaterial für Staubsaugerfilter bekannt sind, die sich aufgrund ihrer starken elektrostatischen Eigenschaften besonders gut für die Filtration von Feinststäuben einsetzen ließen (Absatz [0006]), sowie die DE 38 12 849 C3, die einen Staubfilterbeutel beschreibt, der aus einer Filterpapieraußenlage und einem innenliegenden Feinfaservlies besteht (Absatz [0008]). Ausgehend von diesem Stand der Technik hat sich das Streitpatent die Aufgabe gestellt, ein Luftfiltermaterial bereitzustellen, dessen Gesamtabscheideleistung (Abscheideleistung für Grob- und Feinstäube) gegenüber herkömmlichen Luftfiltermaterialien nennenswert verbessert wird, ohne dass die Verstopfungstendenz dadurch maßgeblich verschlechtert, ja sogar verbessert wird. Die Streitpatentschrift führt weiter aus, dass sich die Luftfilter also im Vergleich zu bekannten Materialien durch eine verbesserte Gesamtabscheideleistung auszeichnen sollen (Absatz [0009]). Zur Lösung dieser Aufgabe ist nach Patentanspruch 1 ein mehrlagiges Luftfilter mit den folgenden Merkmalen vorgesehen: 1 Der Luftfilter umfasst eine Filterschicht. 1.1 Die Filterschicht besteht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown -Vliesstoff. oder 1.2 Die Filterschicht besteht aus einem Spunbond - Meltblown - Spunbond -Laminat. 2 Der Luftfilter umfasst eine die Filterschicht rohgasseitig überdeckende Vorfilterschicht. 2.1 Die Vorfilterschicht weist einen trocken gelegten Stapelfaser-Vliesstoff auf. 2.1.1 Stapelfaser-Vliesstoff ist elektrostatisch wirksam und 2.1.2 das Flächengewicht des Stapelfaser-Vliesstoffs beträgt 10 bis 100 g/m 2 . Demnach ist ein mehrlagiges Luftfilter vorgesehen, das nach der ersten Merkmalsgruppe eine Filterschicht und nach der zweiten Merkmalsgruppe eine Vorfilterschicht umfasst, um mit diesen zwei Filterschichten Grob- und Feinstäube wirksam abzuscheiden, ohne dass sich dadurch die Neigung zur Verstopfung, maßgeblich verschlechtert. Für die Filterschicht nach Merkmal 1 sind insgesamt zwei Alternativen vorgesehen, entweder eine Filterschicht aus Kombinationen von Spinnvlies mit Meltblown -Vliesstoff nach Merkmal 1.1, wie sie gemäß Streitpatentschrift in Staubsaugerbeuteln bereits verwendet würden (vgl. Absatz [0011]), oder eine Filterschicht aus einem Spunbond - Meltblown - Spunbond -Laminat nach Merkmal 1.2, z. B. gemäß Streitpatentschrift Absatz [0029] ein SMS-Verbund auf der Basis von Polypropylenfasern. Diesen Filterschichten ist zur gleichzeitigen Steigerung der Saugleistungskonstanz und Abscheideleistung ein Filterlage aus Vliesstoff mit elektrostatischer Aufladung vorgeschaltet, die entsprechend Merkmal 2 diese Filterschichten rohgasseitig überdeckt (Absatz [0013]). Dadurch durchströmt die angesaugte Luft zuerst eine Vorfilterschicht, die bereits einen Teil der Partikel abfängt, so dass nicht die volle Partikellast auf die Hauptfilterschicht trifft. Die Vorfilterschicht soll dabei aus einem trocken gelegten Stapelfaservliesstoff (Merkmal 2.1) bestehen, der elektrostatisch wirksam ist (Merkmal 2.1.1) und dessen Flächengewicht 10 bis 100 g/m 2 beträgt (Merkmal 2.1.2). Aufgrund der starken elektrostatischen Eigenschaften ist die Vorfilterschicht in der Lage, neben groben Partikeln vermehrt auch feinere Staubpartikel anzuziehen und im Vlies festzuhalten, wodurch weniger Staubpartikel in die nachfolgende Filterschicht gelangen und dort die geometrisch feineren Poren verstopfen können. Die Streitpatentschrift führt hierzu aus, dass eine solche Vorfilterschicht durch die starken elektrostatischen Filtrationseigenschaften die nachfolgende Filterschicht mit deren geometrisch feineren Poren vor Feinstaub und damit verbundener Verstopfung effektiv schützen könne (Absatz [0014]). Die Funktion eines mit einer solchen Filterschicht ausgestatteten Staubsaugerbeutels bestehe somit gemäß Streitpatentschrift Absatz [0015] in der Kombination einer relativ voluminösen elektrisch geladenen Filterschicht aus Vliesstoff mit einer nachfolgenden mechanisch gut filtrierenden, kompakteren Filterschicht, die in der Regel feinere Porenradien und feinere Fasertiter aufweise. Als Anwendungsbeispiel für die Vorfilterschicht nennt die Streitpatentschrift einen trocken gelegten Stapelfaservliesstoff aus triboelektrischen Fasermischungen, insbesondere aus Polypropylen/Polyethylen-Bikomponentenfasem und aus halogenfreien Polyacrylnitrilfasern, wie sie in der DE 4 407 344 A1 beschrieben sind (Absatz [0016]). Weitere bevorzugt eingesetzte Vorfilter seien trocken gelegte Stapelfaservliesstoffe aus coronageladenen Polyolefinfasern, insbesondere aus coronageladenen Polypropylenfasern (Absatz [0017]). Die Länge der Stapelfasern betrage gemäß Absatz [0020] der Streitpatentschrift vorzugsweise 3 bis 10 cm. Die Vorfilterschicht könne gemäß Streitpatentschrift Absatz [0013] entweder lose in den Filterbeutel eingelegt oder in entsprechende Laminat-Filtermaterialien eingebaut sein. Sie könne aber auch gemäß den Ausführungen in der Streitpatentschrift in Absatz [0022] auf beliebige Weise mit der Filterschicht verbunden sein, z. B. durch Nadeln, Nähen oder Verkleben oder Verschweißen, wobei noch weitere Zwischenschichten zur Verbindung vorgesehen sein könnten. Daraus aber ist ersichtlich, dass im streitgemäßen Sinne der Luftfilter auch mehr Lagen als die Vorfilterschicht und die Filterschicht umfassen kann. Eine weitere Lage ist auch in Anspruch 11 beansprucht, wonach in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform rohgasseitig vor der Vorfilterschicht noch eine weitere Vliesstoffschicht als Schutzschicht vor mechanischen Beschädigungen angeordnet werden kann. Somit aber bezieht sich der Patentgegenstand gemäß Anspruch 1 im streitpatentgemäßen Sinne sowohl auf solche mehrlagigen Luftfilter, bei denen die Vorfilterschicht eine von der Hauptfilterschicht getrennte körperliche Schicht ausbildet, als auch auf solche, bei denen die Vorfilterschicht mit der Filterschicht fest verbunden und evtl. noch eine weitere Zwischenschicht eingeführt ist. 2. Das zweifellos gewerblich anwendbare mehrlagige Luftfilter nach dem Patentanspruch 1 ist nicht neu. Durch die WO 97/40913 A1 (D2) ist ein mehrlagiges Filtermedium (composite filtration media) bekannt geworden (D2, S. 1, Z. 9 - 11). Die D2 führt eingangs aus, dass mit dem Einzug von Plastikpolymeren neue Filtermedien auf der Basis von synthetischen Fasern mit verbesserten Filtereigenschaften möglich sind (D2, S. 1, Z. 9 - 23), dass aber gleichzeitig auch neue Filtrationsprobleme entstanden sind, wie z. B. bei der Filtration von Kraftfahrzeug-Innenräumen und Raumreinigern, um die Luftqualität in Wohnräumen zu verbessern (D2, S. 1, Z. 9 - 23). Diese Anwendungen stellten ein schwieriges Filtrationsproblem dar, weil sehr feine Partikel bis in den Submicronbereich aus der Luft entfernt werden sollen, während gleichzeitig der Druckverlust im Filter in Anbetracht begrenzter Gebläseleistungen möglichst gering gehalten werden soll und all dies innerhalb sehr begrenzter Raumverhältnisse (D2, S. 1, Z. 26 - 31). In bestimmten Filtermedien sei bei den genannten Anwendungen ein geringer Druckverlust durch die Verwendung relativ grober Fasern mit einem typischen Durchmesser von durchschnittlich 10 Mikrometer erreicht worden, im allgemeinen Stapelfasern, die elektrostatisch aufgeladen sind, damit sie durch die elektrostatische Aufladung auch kleinere Partikel anziehen und auffangen können (D2, S. 2, Z. 8 - 17). In der Praxis jedoch würden diese Filter mit der Zeit ihre Effektivität verlieren (S. 2, Z. 17 - 19). Die Verwendung sehr dünner Filtermedien mit geringem Basisgewicht, die sehr feine Fasern im Bereich von 1 bis 5 Mikrometer umfassen, könnten zwar diesen Trend bei gleichzeitiger Einhaltung des Druckverlusts verringern, aber nur bei geringer Partikelladungs-Kapazität und damit stark verkürzter Lebensdauer in Relation zum groben Fasermaterial (S. 2, Z. 22 - 27). Deshalb schlägt die Druckschrift D2 ein mehrlagiges Filtermedium (composite filtration media) vor, das ein „high loft nonwoven“ Material aus einem Fasergemisch aus triboelektrischem Material (oder alternativ aus elektrostatisch aufgeladenen fibrillierten Fasern), eine Meltblown / Spunbond Materialzusammensetzung mit einer ersten Seite aus Meltblown-Fasern und einer zweiten Seite aus Spunbond –Fasern und ein Netzmaterial mit Öffnungen umfasst, um auf diese Weise ein Filtermaterial mit stabiler Filtrationscharakteristik kombiniert mit hoher Beladungskapazität und gleichzeitig geringen Druckverlusten bei hohen Volumenströmen zu schaffen (S. 2, Z. 28 - S. 3, Z. 3 u. S. 3, Z. 13 - 20). Ein Ausführungsbeispiel des Filtermediums (composite filtration media 100) im Schnitt zeigt die Figur 1 der Druckschrift D2, wonach die obere Lage (section 102) der Spunbond /Meltblown-Schicht, die mittlere Lage (section 104) dem Netz und die untere Lage (section 110) dem Fasergemisch entspricht, wobei sich auch Meltblownfasern und Spunbond fasern in der Schicht (110) aus gemischten Fasern befinden können, die beim Vernadeln (needling process) der beiden Schichten durch die Öffnungen des Netzes in die untere Faserschicht gezogen wurden (S. 10, Z. 28 - S. 11, Z. 15). Somit ist in der Druckschrift D2 ein Luftfilter beschrieben, das zwei Filterschichten umfasst und demnach mehrlagig ist, so wie es auch für das Luftfilter gemäß Anspruch 1 des Streitpatents grundsätzlich vorgesehen ist. Die eine Filterschicht umfasst - wie bereits erwähnt - eine Meltblown/ Spunbond -Faserzusammensetzung und zwar Meltblownfasern auf einer ersten Seite und Spunbond –Fasern auf einer zweiten Seite (S. 3, Z. 15 - 19). Wie die Druckschrift D2 hierzu ausführt, können die Meltblown-Fasern aus Polypropylen (mit einer durchschnittlichen Fasergröße von 1 bis 5 Mikrometer (μm)) und die Spunbond fasern aus Polyester- oder Polypropylen bestehen, wobei das Spunbond material vorzugsweise in Blattform vorliegt (S. 7, Z. 8 - 15). Demnach bilden die Meltblown-Fasern einen Meltblown-Vliesstoff und die Spunbond –Fasern ein Spinnvlies aus, so dass die in der Figur der D2 gezeigte obere Filterschicht (102) aus einer Kombination von Spinnvlies ( Spunbond ) mit Meltblown-Vliesstoff besteht, so wie es auch für die Filterschicht nach Merkmal 1.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents in einer ersten Alternative vorgesehen ist. Die andere in der Figur der D2 gezeigte untere Filterschicht (110) - in der Druckschrift D2 als erstes Filtermedium bezeichnet (vgl. S. 4, Z. 25) - umfasst hingegen - wie bereits zuvor erwähnt - ein sehr lockeres nicht gewebtes Fasergemisch aus triboelektrischem Material (oder elektrostatisch aufgeladenen fibrillierten Fasern) (S. 3, Z. 15 - 17, bzw. S. 4, Z. 9 - 12). Für die triboelektrische Fasermischung setzt die D2 vorzugsweise eine Fasermischung von 50 % Modacryl - und 50 % Polypropylen - Fasern ein, die vorzugsweise einen durchschnittlichen Faserdurchmesser von 15 bis 20 Mikrometer besitzen, wobei die Fasern vor dem Vermischen gründlich gereinigt werden, um eine stabile triboelektrische Aufladung zu ermöglichen (S. 4, Z. 23 - 32). Aus dem Faserdurchmesser ist ersichtlich, dass diese Filterschicht aus stärkeren Fasern als die vorgenannte Filterschicht besteht. Auf der Seite 13, Zeilen 18 ff., der Druckschrift D2 ist ausgeführt, dass die stärkeren gemischten Fasern (coarser mixed fibers) an der Einlaßseite (inlet side) des Filtermediums angeordnet sind, um eine abgestufte Dichtestruktur im Filtermedium zu bilden. Demnach bildet die aus einer triboelektrischen Fasermischung bestehende Filterschicht der D2 eine Vorfilterschicht (106), in die die zu reinigende Luft zuerst eintreten soll, bevor sie die Filterschicht aus feineren Spunbond /Meltblown-Fasern erreicht. Wie insbesondere auch aus der schematischen Darstellung in der Figur 1 ersichtlich ist, zeigt die D2 damit eine Vorfilterschicht, die die Filterschicht gemäß Merkmal 2. des Anspruchs 1 des Streitpatents rohgasseitig überdeckt. Auf Seite 8, ab Zeile 18 ist in der D2 der Herstellungsprozess der Vorfilterschicht beschrieben, wonach hierfür vorzugsweise Polypropylen- und Modacryl - Stapelfasern (staple fibers) in dem genannten Mischungsverhältnis gemischt und dann mit einem geeigneten Gerät zum „Air laying“ auf die Meltblown/ Spunbond schicht abgelegt werden. Folglich weist die in der D2 vorgesehene Vorfilterschicht aus gemischten Fasern vorzugsweise einen trocken gelegten Stapelfaser-Vliesstoff auf, der elektrostatisch wirksam ist, so wie es auch für die Vorfilterschicht gemäß den Merkmalen 2.1 und 2.1.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents vorgesehen ist. Die elektrostatische Wirksamkeit besteht bei dem Fasergemisch aus Polypropylen- und Modacryl - Stapelfasern darin, dass diese Fasern gemäß D2 eine stabile triboelektrische Ladung aufnehmen können, nämlich eine hohe, stabile positive Ladung und eine hohe, stabile negative Ladung in einer geringen Höhe (microscopic level) (D2, S. 8, Z. 33 bzw. S. 4, Z. 30 - 34). Auch die Streitpatentschrift führt in Absatz [0016] zu den Stapelfasern aus, dass man als trocken gelegten elektrostatisch wirksamen Vliesstoff einen trocken gelegten Stapelfaservliesstoff aus triboelektrischen Fasermischungen einsetze, jedoch anders als nach der Druckschrift D2 aus Polypropylen/Polyethylen-Bikomponentenfasem und aus halogenfreien Polyacrylnitrilfasern. Auf diese Weise bilden die elektrostatisch aufgeladenen Stapelfasern eine lockere nicht gewebte (lofty nonwoven) Vorfilterschicht mit Tiefenfiltrations-Eigenschaft, um eine hohe Staubabscheidungsrate zu erreichen, während die feinen Meltblown-Fasern die mechanische Filtration verbessern und die Spunbond schicht als Stützlage für die Meltblownfasern dienen soll (S. 13, Z. 3 - 11), so wie es auch bei den zwei Filterschichten nach den Merkmalsgruppen 1 und 2 gemäß Anspruch 1 des Streitpatents vorgesehen ist (vgl. Streitpatentschrift Absätze [0013], [0014] und [0015]). Für das „erste“ Filtermedium bzw. die Vorfilterschicht sieht die D2 ein Flächengewicht von vorzugsweise 35 bis 300 g/m² vor, wie aus der Beschreibung Seite 4, Zeilen 29 - 30, ersichtlich ist. Dieser Flächengewichtsbereich überschneidet jedoch den für den Stapelfaser-Vliesstoff nach Merkmal 2.1.2 des Anspruchs 1 des Streitpatents vorgesehenen Bereich des Flächengewichts von 10 bis 100 g/m 2 zumindest teilweise, nämlich bis auf eine Differenz von 10 bis 35 g/m 2 . Demnach ist in der Druckschrift D2 ein Teilbereich des Flächengewichts von 35 bis 100 g/m² nach Merkmal 2.1.2 des Anspruchs 1 aufgezeigt, so dass dieser Bereich des Flächengewichts des Stapelfaser-Vliesstoffs durch die Druckschrift D2 bereits vorweggenommen ist. Die Patentinhaberin hat schriftsätzlich noch ausgeführt, dass ein Unterschied darin bestehe, dass das Filtermedium gemäß der Druckschrift D2 im Gegensatz zum Luftfilter des Streitpatents noch ein Netzmaterial aufweise und nicht wie der mehrlagige Luftfilter des Streitpatents in klar voneinander getrennten Schichten aufgebaut sei, weil dort das Meltblown/ Spunbond -Kompositionsmaterial mit den gemischten Fasern aus triboelektrischem Material des nicht gewebten Faserstoffs durch Faserverwicklungen derart verbunden sei, dass Teile der Meltblown- und Spunbond fasern in einem großen Teil der gemischten Fasern aus triboelektrischem Material verteilt seien und zwar sowohl über und unter der Oberfläche des Netzmaterials als auch durch die Öffnungen des Netzmaterials. Im Gegensatz zu dieser Auffassung der Patentinhaberin können aber auch bei der streitpatentgemäßen Lösung Teile der Meltblown- und Spunbond fasern in den gemischten Fasern aus triboelektrischem Material verteilt sein, denn die Streitpatentschrift beschreibt in Absatz [0022] neben anderen mechanischen Verbindungsarten wie Vernähen oder Versteppen auch das Nadeln als eine Verbindungsart der zwei Filterschichten, wodurch wie beim „needling“ nach der Druckschrift D2 Fasern von der einen Schicht in die andere Schicht gezogen und dadurch miteinander verhakt und verbunden werden. Die Streitpatentschrift sieht gemäß Absatz [0022] zudem vor, dass die zwei Filterschichten auch über weitere Zwischenschichten miteinander verbunden werden können, wobei sie darauf hinweist, dass dabei die Luftdurchlässigkeit der Schichten gewährleistet sein müsse. Für diesen Zweck Netze einzusetzen, um die Luftdurchlässigkeit sicher stellen zu können, ist für den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus oder der Textiltechnik mit zumindest Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Fertigung von Filtern, eine Maßnahme, die er als selbstverständlich mitliest. Kombiniert er diese Schicht mit der in Absatz [0022] beschriebenen Verbindung der Schichten durch Nadeln, dann werden auch gemäß Streitpatent die Fasern der einen Schicht durch die Öffnungen in die jeweils andere Schicht gezogen, wodurch sich auch bei dem mehrlagigen Luftfilter gemäß Anspruch 1 des Streitpatents im streitpatentgemäßen Sinne keine klar voneinander getrennten Schichten einstellen, sondern Teile der Meltblown- und Spunbond fasern in einem Teil der gemischten Fasern aus triboelektrischem Material verteilt sind. Demnach stellt auch das Netzmaterial zwischen den zwei Filterschichten nach der D2 ein Merkmal dar, das den Fachmann einen Unterschied zum Patentgegenstand nicht erkennen lässt. Folglich umfasst das in der Druckschrift D2 aufgezeigte Luftfilter sämtliche Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents in der ersten Ausführungsvariante einer Filterschicht aus einer Kombination von Spinnvlies mit Meltblown-Vliesstoff nach Merkmal 1.1 und einem Teilbereich des Flächengewichts des Stapelfaser-Vliesstoffs von 35 bis 100 g/m² nach Merkmal 2.1.2. Die zweite Ausführungsvariante einer Filterschicht, gemäß Merkmal 1.2 einem Spunbond -Meltblown- Spunbond -Laminat, ist zwar in der Druckschrift D2 nicht vorbeschrieben. Der Anspruch 1 hat aber in dieser alternativen Fassung wegen der Antragsbindung im vorliegenden Einspruchsverfahren ebenfalls keinen Bestand, da der Anspruch 1 in dieser Fassung nicht mit einem eigenständigen Antrag verteidigt worden ist. Auf ein mehrlagiges Luftfilter mit einer Filterschicht nach Merkmal 1.2 brauchte daher nicht weiter eingegangen werden. Dies gilt auch für den alternativen Teilbereich des Flächengewichts des Stapelfaser-Vliesstoffs von 10 bis 35 g/m 2 , da dieser Teilbereich ebenfalls nicht mit einem eigenständigen Antrag verteidigt worden ist. Der erteilte Anspruch 1 hat somit keinen Bestand. 3. Die untergeordneten Ansprüche 2 bis 11 sowie der nebengeordnete Anspruch 12, der auf die Verwendung des Luftfilters nach Anspruch 1 als Staubsaugerbeutel gerichtet ist, fallen im Rahmen der Antragsbindung mit dem Anspruch 1. Eine eigenständige erfinderische Bedeutung dieser Ansprüche ist weder geltend gemacht worden noch ist deren Inhalt zum Gegenstand eines eigenständigen Antrags erhoben worden. Das Patent hat nach alledem keinen Bestand. III. Der Antrag der Einsprechenden I und II, der Patentinhaberin die Kosten der mündlichen Verhandlung aufzuerlegen (§ 80 Abs. 1 PatG), ist unbegründet. Allein die Tatsache, dass die Patentinhaberin nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, rechtfertigt es noch nicht, ihr die durch die Durchführung der Verhandlung entstandenen Kosten aufzuerlegen, da es jedem Verfahrensbeteiligten grundsätzlich freisteht, ob er zu einem anberaumten Verhandlungstermin erscheint oder diesem fernbleibt. Etwas anderes kann zwar in Fällen gelten, in denen ein Beteiligter der auf seinen Antrag hin anberaumten mündlichen Verhandlung unentschuldigt fernbleibt. Im vorliegenden Verfahren hat der Senat jedoch nicht ausschließlich auf den Hilfsantrag der Patentinhaberin hin geladen. Zudem hat die Patentinhaberin rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung angekündigt, zum Termin nicht zu erscheinen, so dass sich die Einsprechenden hierauf einrichten und der Verhandlung ggf. ebenfalls fernbleiben konnten. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war auch trotz des Ausbleibens der Patentinhaberin im Termin sowohl für den Senat als auch für die Einsprechenden noch sachdienlich, weil die Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit hatten, dem Senat weitere entscheidungserhebliche Hinweise auf die mangelnde Patentfähigkeit des Patentgegenstandes zu geben und ihren vorangegangenen schriftsätzlichen Vortrag zu erläutern. Bei dieser Sachlage erscheint es nicht als billig, allein die Patentinhaberin mit den Kosten der Durchführung der mündlichen Verhandlung zu belasten.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006123
BPatG
München
8. Senat
20100623
8 W (pat) 342/06
Beschluss
§ 59 Abs 1 S 5 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren – Einspruchsbegründung vor Ablauf der Einspruchsfrist per Telefax übermittelt - Verbleib des Faxeingangs im DPMA nicht mehr feststellbar - Sendevorgang nach Zeitpunkt und Umfang mit Originalunterlagen nachgewiesen - keine Störungs- oder Fehlermeldung - Zulässigkeit des Einspruchs
In der Einspruchssache betreffend das Patent 100 62 842 hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Dehne sowie der Richter Reker und Dipl.-Ing. Rippel und des Richters k.A. Dipl.-Ing. Dr. Dorfschmidt beschlossen: Das Patent wird in vollem Umfang aufrechterhalten.
I. Gegen das Patent 100 62 842, dessen Erteilung am 16. Februar 2006 veröffentlicht worden ist, ist am 12. Mai 2006 Einspruch erhoben worden. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2010, eingegangen am selben Tag per Telefax, hat die einzige Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen. Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 26. September 2008 sinngemäß beantragt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da es sich bei der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs um eine Frage grundsätzlicher Bedeutung handele. Weiter hat sie sinngemäß hilfsweise beantragt, das Patent unverändert aufrecht zu erhalten. Zum Vorbringen der Einsprechenden und der Patentinhaberin wird auf den Inhalt der Akten verwiesen und Bezug genommen. II. 1. Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. auch BGH GRUR 2007, 859, 861 und 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren I und II ; bestätigt durch BGH-Beschluss vom 9.12.2008 - X ZB 6/08 Ventilsteuerung - Mitt. 2009, 72). 2. Der Einspruch ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ist nicht nur der Einspruch, sondern auch die Einspruchsbegründung innerhalb der Einspruchsfrist beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen bzw. als eingegangen anzusehen. Der Einspruch im Schreiben vom 11. Mai 2006 mit Einzugsermächtigung für die Zahlung der Einspruchsgebühr und der Ankündigung, die Einspruchsbegründung innerhalb der Einspruchsfrist nachzureichen, ging per Telefax am 12. Mai 2006 ein. Er richtete sich gegen die Erteilung des Patents 100 62 842 mit dem Veröffentlichungstag 16. Februar 2006, so dass die Einspruchsfrist nicht wie von der Bürosachbearbeiterin des Patentamts ursprünglich festgestellt am 12. Mai 2006, sondern am 16. Mai 2006 um 24.00 Uhr ablief. Nach dem Vortrag des Vertreters der Einsprechenden hat dieser die Einspruchsbegründung vom 16. Mai 2006 und sämtliche Anlagen zweifach am selben Tage per Telefax in vier Teilen von zwei Faxgeräten aus seiner Kanzlei an das Patentamt übermittelt und den Schriftsatz zur Begründung des Einspruchs sowie die Anlagen per Post übersandt, die am 22. Mai 2006 eingegangen sind. Nachdem der Vertreter der Patentinhaberin mit Schriftsätzen vom 23. Juli und 23. August 2007 unter Hinweis auf das Perforierungsdatum vom 22. Mai 2006 gerügt hatte, die Einspruchsbegründung sei nicht innerhalb der Einspruchsfrist eingegangen und um Übersendung von Kopien der fristgerecht eingegangenen Unterlagen gebeten hatte, diese sich jedoch nicht bei den Akten befanden, hat der Vertreter der Einsprechenden Fax-Sendeprotokolle und Deckblätter der Telefax-Schreiben eingereicht und um Sachaufklärung gebeten. Trotz intensiver Nachforschungen innerhalb des Patentgerichts und Rückfragen bei der Eingangsstelle des Patentamts sind die per Fax übermittelten Unterlagen vom 16. Mai 2006 nicht wieder aufgetaucht. Der Verbleib des Faxeingangs lässt sich nicht mehr feststellen, sei es, dass er versehentlich zu einer anderen Akte gelangt oder versehentlich als Anlage abgesandt worden sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht gleichwohl am 16. Mai 2006 bei der Faxstelle des Patentamts eingegangen sind. Hierfür sprechen verschiedene Anhaltspunkte: Zum einen ergibt die Überprüfung der insgesamt zehn Faxseiten und der Anzahl der insgesamt 316 übermittelten Blätter in Verbindung mit den Erläuterungen im Schriftsatz der Einsprechenden vom 15. April 2008, insbesondere zur missverständlichen Bezeichnung der Anlagen, eine blattmäßige Übereinstimmung der Faxunterlagen mit den Unterlagen der Einspruchsbegründung samt Anlagen in zweifacher Ausführung. Zum anderen ist laut Nachfrage bei der Post- bzw. Faxstelle des Patentamts für den 16. Mai 2006 keine Fehlermeldung für eine etwaige Störung des Faxempfangs herausgegeben oder vermerkt worden. Die Empfangsprotokolle selbst werden nicht länger als einige Monate aufgehoben. Da der Vertreter der Einsprechenden somit von seiner Seite aus alles für einen Nachweis der Übermittlung der Einspruchsunterlagen per Fax am 16. Mai 2006 getan hat, ohne dass Anzeichen für einen fehlgeschlagenen Empfang beim Patentamt aufgetreten sind, ist davon auszugehen, dass die Einspruchsbegründung samt Anlagen fristgerecht eingegangen sind. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass laut Blatt 42/43 der Gerichtsakte das (erste) Empfangsbekenntnis vom 17. Mai 2006 am Tag nach der behaupteten Faxübermittlung mit der Angabe „Anlage: Einspr. v. 16. Mai 2006 + Anlagen“ an die Vertreter der Patentinhaberin abgesandt worden ist. Da das Empfangsbekenntnis zunächst nicht zurückgesandt worden war und von der Geschäftsstelle deshalb am 17. Juli 2006 ein zweites Empfangsbekenntnis mit der entsprechenden Angabe „Anlage: Einspr. v. 16. Mai 2006 + Anl“ (Bl. 47 d. A.) abgesandt wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, dass nicht unter Umständen versehentlich bei einer der Übersendungen die Faxunterlagen beigefügt worden waren. Nachdem der Vertreter der Einsprechenden seinen Sendevorgang nach Zeitpunkt und Umfang mit den Originalunterlagen hinreichend nachgewiesen hat, keine Störungs- oder Fehlermeldung seitens des Patentamts für den 16. Mai 2006 festgestellt wurde und der Verbleib der empfangenen Sendung in der Sphäre von Amt und Gericht liegt, ist der Senat davon überzeugt, dass ein form- und fristgerecht erhobener Einspruch vorliegt. Die weiteren Einwendungen der Patentinhaberin, dass der Einspruch insgesamt wegen des lückenhaften Vorbringens hinsichtlich der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung oder hinsichtlich der entgegengehaltenen Druckschriften unsubstantiiert und deshalb unzulässig sei, treffen nicht zu. Denn die Einsprechende hat zur Stützung ihres Einspruchs, der u. a. auf den Widerrufsgrund mangelnder Ausführbarkeit gerichtet ist, sich auf der Seite 4 ihrer Einspruchsbegründung mit der patentierten Lehre auseinandergesetzt und ausgeführt, warum die Erfindung nach ihrer Auffassung nicht ausführbar ist. Diese Ausführungen versetzen den Senat in die Lage, den behaupteten Widerrufsgrund der mangelnden Ausführbarkeit ohne eigene Ermittlungen auf seine Richtigkeit hin zu überprüfen. Damit hat die Einsprechende alle förmlichen Erfordernisse für die Zulässigkeit des Einspruchs erfüllt. Da der Einspruch somit form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig war, ist das Verfahren nach der Rücknahme des Einspruchs von Amts wegen ohne die Einsprechende fortzusetzen (§ 147 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 61 Abs. 1 Satz 2 PatG). 3. Der Senat hält das Patent aufrecht. Die Prüfung der Einspruchsgründe (mangelnde Ausführbarkeit § 21 Abs. 1 Satz 2 PatG und mangelnde Patentfähigkeit § 21 Abs. 1 Satz 1 PatG) und der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen hat keinen Anlass gegeben, das Patent zu beschränken oder zu widerrufen. Diese Entscheidung ergeht gemäß § 47 Abs. 1 Satz 3 PatG i. V. m. § 59 Abs. 3 und § 147 Abs. 3 Satz 2 PatG ohne sachliche Begründung, da nach Rücknahme des einzigen Einspruchs nur noch die Patentinhaberin am Verfahren beteiligt ist und deren am 26. September 2008 eingegangenem Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents stattgegeben wird. Der Senat folgt insoweit der Vorgehensweise des 11. Senats gemäß Beschluss vom 5. August 2003 (Az: 11 W (pat) 315/03, BlPMZ 2004, 60) und macht sich die Begründung hierfür zu eigen. 4. Für die von der Patentinhaberin hinsichtlich der Zulässigkeit des Einspruchs angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, weil im Rahmen der vorstehend getroffenen Tatsachenentscheidung nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war und die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006137
BPatG
München
27. Senat
20100617
27 W (pat) 514/10
Beschluss
§ 8 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "Ulmer Münster" - Angabe des Namens eines sakralen Gebäudes - zur Angabe der geographischen Herkunft einer beanspruchten Ware und Dienstleistung
Ulmer Münster II Für die Ware Bier und die Dienstleistung Verpflegung/Beherbergung ist es nicht üblich, die geographische Herkunft statt durch Angabe eines Ortsnamens durch den Namen eines sakralen Gebäudes anzugeben.
In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 30 2009 016 350.2 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie der Richter Schwarz und Kruppa am 17. Juni 2010 beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2009 wird aufgehoben.
I. Die Anmeldung der Wortmarke Ulmer Münster die nach Einschränkung im Beschwerdeverfahren noch für die Waren und Dienstleistungen „Biere, Biermischgetränke, alkoholfreies Bier; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ beansprucht wird, hat die Markenstelle mit Beschluss vom 27. Oktober 2009 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, das Ulmer Münster sei nicht nur Wahrzeichen der Stadt Ulm, sondern habe auch als eines der größten gotischen Gebäude in Süddeutschland eine herausragende architektonische und kunsthistorische Bedeutung. Um den Münsterplatz hätten sich zahlreiche Gewerbetreibende angesiedelt, darunter auch mehrere Gastronomie- und Hotelbetriebe. Darüber hinaus werde der Platz regelmäßig für die Veranstaltung von Märkten und kulturellen Events genutzt. Im Ulmer Stadthaus am Münsterplatz sei eine Dauerausstellung zur Geschichte des Münsters zu sehen. Es sei naheliegend, in diesen Fällen mit dem Hinweis auf das Ulmer Münster den Veranstaltungsort bzw. den Erbringungsort der Dienstleistungen zu benennen. Zudem komme das Ulmer Münster schon wegen seiner kunsthistorischen Bedeutung auch als thematischer Hinweis in Betracht und auch im Hinblick auf die beanspruchten Getränke wäre es nicht ungewöhnlich, wenn ein ortsansässiger Gastwirt eine Sonderedition oder ein selbstgebrautes Hausbier mit dem Namen des berühmten Bauwerkes bewerben würde. Vor diesem Hintergrund könne ein Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit nicht bestritten werden. Insbesondere die potentiellen Mitbewerber dürften nicht durch ungerechtfertigte Rechtsmonopole daran gehindert werden, die Merkmale ihrer eigenen Produkte in gleicher oder ähnlicher Weise zu beschreiben. Darüber hinaus fehle dem angemeldeten Zeichen auch jede Unterscheidungskraft. Der Beschluss wurde der Anmelderin am 10. November 2009 zugestellt. Mit ihrer Beschwerde vom 18. November 2009 begehrt sie die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses. Sie ist der Ansicht, „Ulmer Münster“ sei keine geographische Angabe. Im Ulmer Münster werde kein Bier gebraut; sein Name habe keinerlei Bezug zu Bier. II. Die zulässige Beschwerde hat nach Einschränkung im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis Erfolg. Der angemeldeten Bezeichnung stehen für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Eintragungshindernisse im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen. Bei der angemeldeten Bezeichnung handelt es sich nicht um eine freihaltungsbedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung Zeichen ausgeschlossen, die zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen dienen können. Dabei sind nicht nur die aktuellen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Es ist vielmehr auch zu erörtern, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit der fraglichen Angabe vernünftigerweise in der Zukunft zu erwarten ist. Dabei ist als geographische Herkunftsangabe regelmäßig der Ort der Herstellung einer Ware bzw. der Erbringung einer Dienstleistung anzusehen. Als freihaltungsbedürftige geographische Herkunftsangaben kommen auch Ortsnamen im weiteren Sinn in Betracht, wie Namen bekannter Straßen und Plätze, von Flüssen, Seen und Bergen, die angrenzende Gebiete, Regionen oder Landschaften hinreichend deutlich bezeichnen. Entsprechendes gilt für Benennungen oder Abbildungen bekannter Bauwerke und Wahrzeichen von Orten und Ländern, soweit diese mit den fraglichen Gebieten ohne weiteres identifiziert werden. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Das Ulmer Münster kommt weder als Herstellungs- oder Vertriebsstätte der beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Betracht noch bezeichnet es einen Ort, in dem solche Waren hergestellt werden. Auch ist mit einer solchen Entwicklung nicht in Zukunft zu rechnen, weil eine dahingehende wirtschaftliche Entwicklung wegen der besonderen Eigenschaften des Ortes auch aus Sicht der beteiligten, durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2002, 804, 808, Nr. 63 - Philips) nicht wahrscheinlich ist. Es ist auch nicht feststellbar, dass es in der einschlägigen Werbung üblich wäre, die geographische Herkunft einer Ware - statt mit einer üblichen Ortsangabe z. B. mit dem Namen einer Stadt - mit dem Namen eines dort gelegenen Bauwerks zu bezeichnen. Etwas anderes mag für die bildliche Wiedergabe eines bekannten „Wahrzeichens“ gelten. Hierzu gehört das Anmeldezeichen aber nicht, zumal die Art der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Bedürfnis an der Verwendung der vorliegenden Angabe reduziert. Zwar befindet sich das Ulmer Münster in der Stadt Ulm und prägt das Stadtbild sowie das der Region und wird deshalb als Wahrzeichen Ulms gesehen. Trotzdem bleibt der Hinweis auf ein Münster erhalten. Dieser Kirchenbau befindet sich zwar in der Stadt Ulm und stellt ein kulturelles Symbol dar. Mit der Stadt als Wirtschaftsgefüge und Wirtschaftsraum ist er jedoch nicht gleichzusetzen. Damit dürfte die Bezeichnung „Ulmer Münster“ weder in der Gegenwart noch in der Zukunft als Angabe für die hier einschlägigen Waren oder Dienstleistungen benötigt werden. Ist aber die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine ernstzunehmende geographische Bezeichnung, dann besteht daran auch kein Freihaltungsbedürfnis. Mitbewerbern ist es unbenommen, auf die Lage ihrer Hotels, Wirtshäuser etc. mit „am Ulmer Münster“ o. ä. neben einem Namen hinzuweisen, wenn dies nicht durch die Gestaltung markenmäßig geschieht. Der angemeldeten Bezeichnung fehlt ohne beschreibende Aussage auch nicht das erforderliche Maß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als betriebliches Herkunfts- und Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH a. a. O. - Cityservice). Soweit die angemeldete Bezeichnung nicht dienstleistungsbeschreibend ist, besteht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Dass der Name „Ulmer Münster“ außerhalb eines (vorliegend aber aufgrund der vorstehenden Ausführungen zu verneinenden) möglichen waren- und dienstleistungsbeschreibenden Sinngehaltes grundsätzlich unterscheidungskräftig ist, bedarf keinen Ausführungen; es gibt keine weiteren Orte, die Ulm heißen und ein Münster aufweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006138
BPatG
München
25. Senat
20100520
25 W (pat) 25/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Dola-Q/Dona" – Warenähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 31 780 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Dola-Q ist am 30. Oktober 2003 als Wortmarke unter der Nummer 303 31 780 in das Markenregister für die folgende Ware der Klasse 5 eingetragen worden: "Rezeptpflichtiges Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Dolasetron und dessen Salze." Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren Wortmarke Dona , die im Markenregister unter der Nummer 642 090 für die Waren "Arzneimittel" eingetragen ist, Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen vom 19. September 2006 und vom 4. April 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle liege zwischen den gegenüberstehenden Marken keine Verwechslungsgefahr vor. Auf die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke komme es hierbei nicht an. Nach der Registerlage sei zumindest von Warenähnlichkeit auszugehen; die Erinnerungsprüferin ist darüber hinaus von Warenidentität ausgegangen. Die Widerspruchsmarke halte jedoch den gebotenen Abstand ein, und zwar auch dann, wenn man zugunsten der Widersprechenden von einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgehe. Die angegriffene Marke sei in Anlehnung an den Wirkstoff " Dolasetron " gebildet, wobei der weitere Bestandteil "-Q" gleichrangig daneben stehe und keinesfalls zurücktrete. Insbesondere könne bei diesem Bestandteil nicht von einem beschreibenden Hinweis auf einen Wirkstoff, ein Anwendungsgebiet, eine Packungsgröße oder eine Dosierung ausgegangen werden. Die gegenüberstehenden Marken hätten deutlich unterschiedliche Wortlängen, Silbenzahlen und auch Vokalfolgen und damit einen anderen Sprech- und Betonungsrhythmus. Klanglich und schriftbildlich seien die Unterschiede deutlich genug, um eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Auch helfe der unterschiedliche Sinngehalt, die Marken auseinanderzuhalten, da die Widerspruchsmarke an den italienischsprachigen Begriff für "Frau" erinnere. Selbst wenn ausschließlich "Dola" und "Dona" gegenübergestellt würden, reiche bei solchen Kurzzeichen der Unterschied in einem Buchstaben noch aus. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle die Ähnlichkeit der gegenüberste-henden Marken zu Unrecht verneint habe. Es liege Warenidentität bzw. mindestens hochgradige Warenähnlichkeit vor. Die Widerspruchsmarke habe aufgrund ihrer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft einen weiten Schutzumfang, so dass die angegriffene Marke den gebotenen Abstand nicht einhalte. Als Beleg für eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung des zuständigen Produktmanagers der Widersprechenden vom 14. August 2008 und umfangreiche Anlagenkonvolute zu Absatzzahlen, Umsatzzahlen, Werbeaufwendungen, Werbeanzeigen in unterschiedlichen Zeitschriften, zur Rundfunk- und Fernsehwerbung, zu Marktanteilen sowie eine Marktforschungsstudie aus dem Jahre 2007 in Bezug auf die Widerspruchsmarke vorgelegt. Sie ist der Auffassung, dass hieraus eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke resultiere und diese zumindest auf die Waren ausstrahle, die mit den Waren verwandt seien, für die die gesteigerte Kennzeichnungskraft glaubhaft gemacht worden sei. Hierzu zählten auch die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren. Diese seien zu den Waren der Widerspruchsmarke hochgradig ähnlich. Selbst wenn bei den Waren der Widerspruchsmarke ausschließlich von "Analgetika, Antirheumatika" auszugehen sei, könne die Einordnung in verschiedene Hauptgruppen der "Roten Liste" die hochgradige Warenähnlichkeit nicht beseitigen. Die Waren der angegriffenen Marke fielen unter den Oberbegriff "Arzneimittel", für den die Widerspruchsmarke registriert sei. Die Waren, für die die Benutzung der Widerspruchsmarke unstreitig sei, gehörten in den Kernbereich der Arzneimittel und stimmten nach Art, Zweck, Herkunft, Vertriebswegen und -stätten und angesprochenen Verkehrskreisen überein. Zudem handele es sich um einander ergänzende Produkte, da die "Antiemetika/Antivertiginosa" der angegriffenen Marke z. B. im Rahmen einer Rheumatherapie neben Analgetika/Antirheumatika zur Behandlung von Nebenwirkungen angewendet werden könnten, bei Ihnen die gleichen Inhaltsstoffe wie Glucocorticoide verwendet würden und in der Darreichungsform Übereinstimmungen bestünden. Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit sei zu berücksichtigen, dass die angegriffene Marke von dem Bestandteil "Dola" dominiert werde. Der Verkehr werde insoweit keinen Hinweis auf den Wirkstoff Dolasetron erkennen, sondern diese Bezeichnung als Phantasiebegriff auffassen. In der "Roten Liste" seien nur zwei Präparate mit dem Bestandteil "Dola" verzeichnet, die jedoch nicht diesen Wirkstoff enthielten. Den weiteren Bestandteil "-Q" werde der Verkehr nicht als produktidentifizierendes Merkmal ansehen, sondern als beschreibende Angabe z. B. in Bezug auf Packungsgröße oder Wirkweise der gekennzeichneten Produkte. Der Verkehr sei im Pharmabereich daran gewöhnt, dass Produktbezeichnungen unterschiedliche Sachhinweise angefügt würden. Falls man davon ausgehe, dass das Element "-Q" von der Markeninhaberin als Stammbestandteil einer Markenserie verwendet werde, trete dieses Element als Unternehmenskennzeichen zurück, so dass auch dann der Schwerpunkt der angegriffenen Marke auf dem Bestandteil "Dola" liege. Hieran würden sich die maßgeblichen Verkehrskreise, insbesondere die Patienten, orientieren. Die angegriffene Marke halte dabei weder in klanglicher noch in schriftbildlicher Hinsicht einen hinreichenden Abstand zur Widerspruchsmarke ein. Die gegenüberstehenden Zeichen "Dola" und "Dona" bestünden jeweils aus zwei Silben, hätten die gleiche Anfangssilbe und den gleichen Endbuchstaben. Der einzige Unterschied in dem Anfangskonsonanten der zweiten Silbe sei in der unbetonten Wortmitte gegeben und stelle eine nur unauffällige Abweichung dar, die klanglich leicht überhört werden könne und schriftbildlich zu keinem merklichen Unterschied führe. Auch bei Kurzzeichen müssten die Unterschiede so deutlich in Erscheinung treten, dass sie ein sicheres Auseinanderhalten der Zeichen gewährleisteten. Dies sei hier aufgrund der nur marginalen Abweichung nicht der Fall. Auch vom Sinngehalt her seien keine relevanten Abweichungen gegeben; insbesondere assoziiere der Verkehr die Widerspruchsmarke begrifflich nicht mit der Bezeichnung für "Frau". Selbst wenn die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil "Dola" geprägt werde, sei zumindest eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben. Dieses Element sei nahezu identisch mit der Widerspruchsmarke und habe innerhalb der angegriffenen Marke jedenfalls eine selbständig kennzeichnende Stellung. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um ein Serienzeichen der sog. "Q-Serie". Der Verkehr werde den weiteren Bestandteil "Dola" als eigentlichen Produkthinweis werten und sich daran orientieren. Auf die Identität der Bestandteile komme es nach der Rechtsprechung für eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht an. Aufgrund der nahezu gegebenen Identität des Elementes "Dola", das für die angegriffene Marke charakteristisch sei, und der Wortmarke "Dona" auf Seiten der Widersprechenden und den im engsten Ähnlichkeitsbereich liegenden, gegenüberstehenden Waren sei augenfällig, dass zumindest der Eindruck hervorgerufen werde, die in Rede stehenden Waren stammten aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. September 2006 und vom 4. April 2008 aufzuheben und die Löschung der Marke 303 31 780 anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie geht davon aus, dass keine Warenidentität gegeben sei. Die Widersprechende habe die von der Markeninhaberin bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke allein für Arzneimittel mit dem Anwendungsgebiet "zur Funktionsverbesserung und Schmerzlinderung bei leichten bis mittelschweren Abnutzungserkrankungen des Kniegelenks (Gonarthrose)" glaubhaft gemacht. Dem stünde auf Seiten der angegriffenen Marke die im Register eingetragene Ware "rezeptpflichtiges Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Dolasetron und dessen Salze" gegenüber. Der Wirkstoff " Dolasetron " sei ein Serotonin-Antagonist, dessen Zubereitungen als Antiemetika/Antivertiginosa vertrieben werden würden. Die Präparate, die unter den Vergleichsmarken vertrieben würden, seien in unterschiedliche Hauptgruppen der "Roten Liste" eingeordnet, und zwar in der Hauptgruppe 05 Analgetika/Antirheumatika bezüglich der Widerspruchsmarke, in der Hauptgruppe 14 Antiemetika/Antivertiginosa bezüglich der angegriffenen Marke. Die gegenüberstehenden Präparate unterschieden sich nach Art, Verwendungszweck und Nutzung und stün-den auf dem Arzneimittelmarkt nicht in Konkurrenz. Die jeweils maßgebenden Waren wiesen damit sehr deutliche, bis an die Grenze der Warenähnlichkeit gehende Unterschiede auf. Bei der Zeichenähnlichkeit sei von der eingetragenen Form der gegenüberstehenden Marken auszugehen, wobei eine Abspaltung einzelner Bestandteile von Haus aus unzulässig sei und der Prägung des Gesamteindrucks einer Marke durch deren Bestandteile Grenzen gesetzt seien. Die angegriffene Marke lehne sich in ihrem Bestandteil "Dola" an den Wirkstoff " Dolasetron " an; es sei auf dem Arzneimittelsektor üblich, Abkürzungen von Wirkstoffbezeichnungen als Markenbe-standteile zu verwenden. Das Element "Dola" könne die angegriffene Marke daher nicht in einer Weise prägen, dass das weitere Element "-Q" in den Hintergrund trete. Ob die Widerspruchsmarke gesteigerte Kennzeichnungskraft habe, könne nach Ansicht der Markeninhaberin dahingestellt bleiben. Ein erweiterter Schutzbereich könne sich nur für die Waren ergeben, für die infolge der Benutzung der jeweiligen Marke eine gesteigerte Verkehrsgeltung anzuerkennen sei, wobei die Kennzeichnungskraft eines nur für bestimmte Waren stark benutzten Zeichens mit der Entfernung zu der Verkehrsgeltungsware abnehme. Da die Widerspruchsmarke nur für Analgetika/Antirheumatika benutzt worden sei, könne eine hierfür erworbene erhöhte Kennzeichnungskraft nicht auf die Ware "Antiemetika/Antivertiginosa" der angegriffenen Marke ausstrahlen. Es handele sich um deutlich unter-scheidbare Warengruppen. Die Behandlung mit diesen Präparaten erfolge durch Ärzte verschiedener Fachgruppen. Bei den Waren der Widerspruchsmarke handele es sich zudem um "OTC-Produkte", während die Waren der angegriffenen Marke einer Rezeptpflicht unterlägen. Auch Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei nicht gegeben. Insbesondere liege kein Vergleichsfall zu "Pantohexal" oder "Interconnct/T-InterConnect" vor. Die Widerspruchsmarke sei nicht identisch in der angegriffenen Marke enthalten, wo der Bestandteil "Dola" auf einen in einem deutlich verschiedenen Therapiebereich zur Anwendung kommenden Wirkstoff hinweise. "Dona" sei zudem weder ein Unternehmenskennzeichen, noch Stammbestandteil einer Zeichenserie. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Vergleichsmarken zutreffend verneint, so dass der Widerspruch gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden ist. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO ; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 – Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). 1. Bei der Entscheidung ist auf Seiten der Widerspruchsmarke für beide Benutzungszeiträume des § 43 Abs. 1 MarkenG von einer Benutzung von Arzneimitteln der Hauptgruppe 05 der "Roten Liste", nämlich Analgetika/Antirheumatika auszugehen. Die Markeninhaberin hat ihre zulässig erhobene, beschränkte Einrede der Nicht-Benutzung der Widerspruchsmarke von vorneherein nicht auf Analgetika/Antirheumatika bezogen. Eine darüber hinausgehende Benutzung der Widerspruchsmarke ergibt sich auch aus den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke nicht. Insbesondere ist in der eidesstattlichen Versicherung des Prokuristen der Widersprechenden vom 11. Januar 2005 als Anwendungsgebiet für das mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Präparat die "Funktionsverbesserung und Schmerzlinderung bei leichten bis mittelschweren Abnutzungserkrankungen des Kniegelenks (Gonarthrose)" angegeben. Dies deckt sich mit den weiteren, von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen, die keine sonstigen Anwendungsgebiete erkennen lassen. Das mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnete Präparat "Dona" ist im Übrigen in der "Roten Liste" in der Hauptgruppe 05 unter der Ziffer 05 379 aufgeführt. Für die Berücksichtigung sonstiger Waren, insbesondere von Arzneimitteln mit weiter reichenden Anwendungsgebieten, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke kein Raum. Bei einer streitigen Benutzungslage könnte zugunsten der Widersprechenden bei der dann für die Entscheidung zu § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG zu beantwortenden Integrationsfrage nach der in ständiger Rechtsprechung angewendeten "erweiterten Minimallösung" von keiner Benutzung ausgegangen werden, die über Arzneimittel der Hauptgruppe 05 der Roten Liste hinausgeht (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26, Rdnr. 160 ff.; vgl. dazu auch die ständige Rspr. des Senats z. B. MarkenR 2004, 361, 362 CYNARETTEN/Circanetten). Dies ist deckungsgleich mit dem Warenbereich, den die Markeninhaberin ohnehin bereits zugestanden hat. 2. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist damit nicht von einer Identität oder einer hochgradigen Ähnlichkeit der Waren der Vergleichsmarken auszugehen. Wohl aber ist zumindest eine mittlere Ähnlichkeit zwischen den zu berücksichtigenden Waren der Widerspruchsmarke und den Waren, für die die angegriffene Marke registriert ist, gegeben. Die angegriffene Marke ist geschützt für ein "rezeptpflichtiges Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Dolasetron und dessen Salze". Dieser Wirkstoff ist geeignet für "Antiemetika = Mittel gegen Erbrechen" (vgl. dazu Rote Liste, Nr. 14 021). Anderweitige Indikationsgebiete sind nicht ersichtlich, insbesondere keine, die dem Bereich der Analgetika/Antirheumatika nahe kommen könnten. Der Wirkstoff Dolasetron wird insbesondere verwendet für "Antiemetika aus der Gruppe der Serotoninantagonisten zur Vorbeugung von Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie". Damit besteht zwischen den gegenüberstehenden Arzneimitteln ein ausgeprägter Indikationsabstand. Verwechslungsmindernd kommt bezüglich der Waren der angegriffenen Marke hinzu, dass sie rezeptpflichtig sind und vor allem bei schweren Erkrankungen im Rahmen einer Chemotherapie eingesetzt werden. Folglich ist insoweit in größerem Umfang auf die Kenntnisse und das Unterscheidungsvermögen von Ärzten und Apothekern abzustellen. 3. Hiervon ausgehend hält die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zu der Widerspruchsmarke ein. a) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Widerspruchsmarke über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt. Auch wenn man zugunsten der Widersprechenden unterstellt, dass sie die Widerspruchsmarke intensiv und umfangreich benutzt, so ist für eine Ausstrahlung einer hieraus resultierenden gesteigerten Kennzeichnungskraft der Grad der Warenähnlichkeit von wesentlicher Bedeutung; insbesondere kann eine Ausstrahlungswirkung nicht auf den gesamten Bereich einer Ähnlichkeit der jeweiligen Waren bezogen werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 123). Wie bereits dargelegt, weisen die Waren, für die die angegriffene Marke registriert ist, einen ausgeprägten Indikationsabstand zu den Waren der Widerspruchsmarke auf, der der Annahme einer engen Warenähnlichkeit entgegensteht. Dann aber kann eine Ausstrahlungswirkung, die aus einer - unterstellten - gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke resultieren könnte, sich nicht oder jedenfalls nicht in einem relevanten Umfang auf diese, einen deutlichen Abstand zu den Waren der Widerspruchsmarke aufweisenden Waren der angegriffenen Marke erstrecken. b) Klanglich wie schriftbildlich ist schon durch den Bestandteil "-Q" ein deutlich auffallender Unterschied zwischen den Markenwörtern, die damit auch eine unterschiedliche Silbenzahl aufweisen, gegeben. Auch die Unterschiede bei den Mittelkonsonanten "l" bei der angegriffenen Marke und "n" bei der Widerspruchsmarke wirken weiter verwechslungsmindernd. Klanglich sind bei der Aussprache durch den Zungenlaut "l" und den Nasallaut "n" weitere merkliche Unterschiede gegeben. Dies gilt bei den Mittelkonsonanten auch schriftbildlich insbesondere mit Blick auf unterschiedliche Oberlängen. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird auch nicht durch den Bestandteil " dola " geprägt. Es handelt sich bei der angegriffenen Marke um eine aus drei Silben bestehende Gesamtbezeichnung, die flüssig ausgesprochen werden kann, und bei der es für den Verkehr naheliegt, diese Bezeichnung auch als Gesamtheit wahrzunehmen (vgl. dazu auch die Senatsentscheidung 25 W (pat) 74/07 vom 6. März 2009 - Lactu-Q, S. 9). Der Umstand, dass bei der Bezeichnung von Arzneimitteln vereinzelt neben Zahlenangaben und wirkungsbezogenen Zusätzen auch Einzelbuchstaben verwendet werden, ändert daran nichts. Dies könnte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Verkehr in dem Bestandteil "-Q" einen sachbezogenen, beschreibenden Zusatz sähe, der zur betrieblichen Herkunft nichts aussagt. Die Widersprechende hatte einige wenige Beispiele für die Verwendung von Einzelbuchstaben als Zusatz oder Bestandteil von Arzneimittelbezeichnungen vorgelegt (Anlage 20 zur Beschwerdebegründung vom 3. Oktober 2009); bei diesen Beispielen ist allerdings nicht ohne weiteres ersichtlich, welche beschreibende und damit nicht kennzeichnende Wirkung die jeweiligen Einzelbuchstaben haben sollen. Vorliegend ist auch nicht davon auszugehen, dass der Verkehr den Bestandteil "-Q" in der angegriffenen Marke als einen lediglich beschreibenden Zusatz ansehen wird. Anders als glatt beschreibende Wirkangaben wie z. B. "forte" oder "retard" oder auch Einzelbuchstaben wie die auf die Verpackungsgröße hinweisende Angabe "N" weist der Bestandteil "-Q" der angegriffenen Marke keinen warenbeschreibenden Bezug z. B. zur Qualität, zu einem Vitamin, und auch nicht zu einer Mengen- oder Dosierungsangabe auf. Der Umstand, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke über weitere Marken mit dem Bestandteil "Q" verfügt, führt ebenfalls nicht dazu, dass dem Bestandteil "Q" keine kennzeichnende Bedeutung mehr zukommt. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken scheidet nach alledem aus. c) Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens ist nicht gegeben. Im vorliegenden Fall geht es nicht um ein Serienzeichen und einen Stammbestandteil der Widerspruchsmarke, dem eine angegriffene Marke wesensgleich nahe kommt. Soweit eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne in Betracht gezogen werden könnte (vgl. dazu BGH GRUR 2008, 905, Tz. 38 ff. - Pantohexal), weil der Bestandteil "Dola" innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung aufgrund der "Q"-Zeichenserie der Markeninhaberin haben könnte, ist zu berücksichtigen, dass die Markenwörter bzw. -bestandteile "Dola" und "Dona" - anders als bei der Fallkonstellation "Pantohexal/Panto" die Bezeichnung "Panto" - nicht identisch übereinstimmen, sondern - wie dargelegt - sich klanglich und schriftbildlich mehr als nur unerheblich voneinander abheben. Sowohl bei der mittelbaren Verwechslungsgefahr als auch bei der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, bei denen nicht auf die Gesamtbezeichnung, sondern auf einzelne Bestandteile abgestellt wird (vgl. BGH GRUR 2008, 905 - Pantohexal), gelten nach der Rechtsprechung nicht in gleicher Weise die Maßstäbe, die anzuwenden sind, wenn zwei vollständige Vergleichszeichen miteinander verglichen werden. Vielmehr ist in diesen Sonderfällen, die nicht auf die Gesamtheit der Bezeichnungen abstellen, zumindest eine außerordentlich große Ähnlichkeit (bei Serienzeichen mit dem Terminus "Wesensgleichheit" bezeichnet) oder sogar eine Identität der Bestandteile erforderlich. Dies gilt auch bei der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. Denn insoweit ist aus den gleichen Gründen wie bei der mittelbaren Verwechslungsgefahr eine zurückhaltende Anwendung geboten. Der Kreis der Verkehrsbeteiligten, die einer solchen Verwechslungsgefahr unterliegen könnten, ist nämlich von vornherein deutlich reduziert, und zwar auf die fachlich orientierten oder zumindest interessierten Verkehrskreise. Diese müssten allerdings detaillierte Überlegungen anstellen, um die angegriffene Marke der Widersprechenden zuzuordnen; dies setzt aber für sich genommen bereits eine deutlich erhöhte Aufmerksamkeit voraus, die dann aber auch beim Markenvergleich vorhanden ist (vgl. Ströbe-le/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 376 m. w. N.). Um identische Bestandteile geht es vorliegend nicht. Aber auch eine außerordentlich große Ähnlichkeit der Bestandteile "Dola" und "Dona", die aus den vorstehend genannten Gründen für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr zu fordern ist, kann nicht bejaht werden kann. Denn die Markenwörter "Dola" und "Dona" weisen, wie bereits dargelegt, sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht eine nicht unerhebliche Abweichung im Konsonanten "l" gegenüber "n" auf, der sich auch auf den klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck auswirkt, zumal es sich bei "Dola" und "Dona" um relativ kurze Vergleichswörter handelt, bei denen auch geringfügige Unterschiede stärker ins Gewicht fallen als bei längeren Vergleichsbezeichnungen. Damit ist auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr oder eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zwischen den Vergleichsmarken zu verneinen. Die Markenstelle hat den Widerspruch somit zu Recht zurückgewiesen, so dass die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg hat. 4. Zur Auferlegung von Kosten bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006139
BPatG
München
35. Senat
20100602
35 W (pat) 455/08
Beschluss
§ 18 GebrMG, § 73 PatG, § 79 PatG, § 269 ZPO
DEU
Gebrauchsmusterlöschungsbeschwerdeverfahren - Entscheidung über Wirksamkeit der Beschwerderücknahme – Möglichkeit der Rücknahme der Beschwerde nach Verkündung der Beschwerdeentscheidung bis zum Einritt der formellen Rechtskraft
Beschwerderücknahme nach Verkündung Die Rücknahme der Beschwerde ist im Gebrauchsmusterlöschungs-Beschwerdeverfahren nach Verkündung der Beschwerdeentscheidung bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft möglich. (im Anschluss an Busse, PatG 6. Aufl. § 79 Rdn. 58; Bühring, GebrMG, 7. Aufl., § 18 Rdn. 67; Benkard GebrMG 10. Aufl. § 18 Rdn. 4c; entgegen Benkard, a. a. O., § 73 Rdn. 58, Ströbele/Hacker, MarkenG, § 66 Rdn. 11).
Parallelverfahren: 35 W (pat) 454/08
In der Beschwerdesache … betreffend das Gebrauchsmuster 20 2004 020 573 hier: Entscheidung über Wirksamkeit der Beschwerderücknahme hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 2. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Müllner sowie der Richter Dipl.-Ing. Sandkämper und Dr.-Ing. Baumgart beschlossen: 1. Es wird festgestellt, dass der in der mündlichen Verhandlung vom 5. Mai 2010 verkündete Beschluss durch die Rücknahme der Beschwerde der Antragsgegnerin gegenstandslos geworden ist. 2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 3. Die Rechtsbeschwerde wird zur Frage der Wirksamkeit der Beschwerderücknahme nach Entscheidungsverkündung zugelassen.
I. Die Antragsgegnerin war Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 20 2004 020 573 mit der Bezeichnung „Anordnung bestehend aus einem Brennofen und einer diesem nachgeschalteten Vorrichtung zum Kühlen des Schüttguts mit einem Gas“ mit dem Anmeldetag 5. April 2004. Auf den Löschungsantrag vom 17. November 2005 der Antragstellerin hat die Gebrauchsmusterabteilung I das Gebrauchsmuster durch Beschluss vom 3. Juni 2008 gelöscht und die Kosten der Antragsgegnerin auferlegt. Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde erhoben. Anschließend an die mündliche Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 5. Mai 2010 hat der Senat den Beschluss verkündet, dass die Beschwerde der Antragsgegnerin kostenpflichtig zurückgewiesen wird. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2010 hat die Antragsgegnerin ihre Beschwerde zurückgenommen. II. Die Rücknahme der Beschwerde durch die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25. Mai 2010 ist wirksam. Nach bisher wohl herrschender Meinung ist die Rücknahme der Beschwerde nur möglich solange die Beschwerdeentscheidung noch nicht ergangen ist (BGH GRUR 1969, 562 Appreturmittel; BGH GRUR 1988, 364 Epoxidation, Benkard, PatG, 10. Aufl. § 73 Rn. 58; Ströbele/Hacker, § 66 MarkenG Rn. 114). Der Senat kommt aber auf Grund der in der Argumentation überzeugenden Darlegung bei Busse, PatG 6. Aufl. § 79, Rn. 8 zu der Auffassung, dass eine Rücknahme der Beschwerde bis zum Eintritt der Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren möglich ist (vgl. auch Bühring, GebrMG, 7. Aufl. § 18 Rn. 67 mit ausdrücklichem Hinweis auf Busse a. a. O sowie auf BGH GRUR 2000, 688 - Graustufenbild, Benkard, GebrMG, § 18 Rdn. 4c). Wie Busse (a. a. O) ausführt, wäre die Antragsgegnerin anderenfalls auch im vorliegenden Fall gezwungen ein unzulässiges oder zumindest wenig aussichtsreiches Rechtsbeschwerdeverfahren einzuleiten, nur um sich die Möglichkeit einer Beschwerderücknahme zu eröffnen. Die herrschende Meinung berücksichtigt nach der Rechtsauffassung des Senats auch nicht die Tatsache, dass Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamtes ungeachtet ihrer formalen Ausgestaltung als „Beschluss“ als rechtsgestaltende Verwaltungsakte einzustufen sind (vgl. BVerwGE 8,350 = GRUR 1959, 435). Ungeachtet gewisser, im Wesentlichen historisch zu erklärender und gelegentlich überbewerteter justizförmiger Besonderheiten des Verfahrens, ist die Tätigkeit der Mitglieder des DPMA keine richterliche Tätigkeit (vgl. Busse, a. a. O. vor § 34 Rn. 84, 85). Damit entspricht aber auch die Beschwerde als Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde ihrem Wesen nach einer anfechtenden Klage vor einem für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zuständigen Gericht. Diese Klagen können in allen Fällen bis zur Rechtskraft des Urteils zurückgenommen werden ( vgl. § 92 VwGO; § 102 SGG; § 72 FGO). Die Zurücknahme der Beschwerde hat die Verpflichtung zur Folge, die durch die Beschwerde entstandenen Kosten zu tragen (entspr. ZPO § 269 Abs. 3). Diese Wirkung waren gemäß ZPO § 269 Abs. 2 durch Beschluss auszusprechen. Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da es sich bei der Frage der Wirksamkeit einer Beschwerderücknahme nach Entscheidungsverkündung im Gebrauchsmuster-Löschungsverfahren um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung handelt.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006142
BPatG
München
3. Senat
20100604
3 Ni 39/08 (EU)
Urteil
Art 56 EuPatÜbk
DEU
Patentnichtigkeitsverfahren - "lithografische Druckplatte" – zur erfinderischen Tätigkeit
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent 0 580 393, DE 693 29 365 hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlungen vom 15. Dezember 2009 und 17. März 2010 unter Mitwirkung des Richters Engels als Vorsitzender, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster und der Richterinnen Prietzel-Funk, Dr. Schuster und Dipl.-Chem. Dr. Münzberg für Recht erkannt: 1. Das europäische Patent 0 580 393 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise dadurch für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten: 1. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (416); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist; wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist, wobei die zweite Schicht infrarote Abbildungsstrahlung reflektiert, um die Reflexionseinrichtung zu bilden, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Abbildungsstrahlung reflektiert. 2. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (416); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist; wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist, wobei die Reflexionseinrichtung eine Infrarot reflektierende Schicht (418) aufweist, die zwischen der ersten und der zweiten Schicht (400, 416) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Abbildungsstrahlung reflektiert. 3. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Schicht (404) eine IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aufweist und die Reflexionseinrichtung durch eine darunter liegende Metallschicht (418) gebildet wird. 4. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Strahlung reflektiert. 5. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei das Substrat (400) das Pigment zur Bildung einer Reflexionseinrichtung enthält. 6. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3 oder Anspruch 4, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen dem Substrat (400) und der zweiten Schicht 404) angeordnet ist. 7. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen der ersten (408) und der zweiten Schicht (404) angeordnet und das Substrat (400) lichtdurchlässig ist, so dass die Druckplatte in umgekehrter Orientierung bebildert werden kann. 8. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3, wobei die IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aus einem Material besteht, das aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus Titanoxid, Vanadiumoxid, Manganoxid, Eisenoxid oder Cobaltoxid besteht. 9. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3, wobei das Metall Aluminium ist, das mindestens 99 % der auffallenden IR-Strahlung reflektiert. 10. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die erste Schicht eine Siliconschicht ist. 11. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 10, wobei die Siliconschicht a) eine Dispersion aus Teilchen, die Infrarotstrahlung absorbieren; oder b) einen Infrarotstrahlung absorbierenden Farbstoff enthält. 12. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 11; wobei die Teilchen aus der Gruppe ausgewählt sind, die aus Boriden, Carbiden, Nitriden, Carbonitriden, Oxiden mit Bronzestruktur und Oxiden besteht, die strukturell mit der Bronze-Familie verwandt, sind, denen aber die A-Komponente fehlt. 13. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei die zweite Schicht eine der folgenden Schichten ist: a) leitfähiges Polymer; b) eine Nitrocelluloseschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; c) eine Polyesterschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; d) eine Polyimidschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; e) eine Polycarbonatschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; f) eine Vinylschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; g) mindestens 0,13 mm (5 Mil) dick; h) eine dünne Metallschicht; i) auf eine Metallschicht auflaminiert; j) vernetzt; oder k) Titanoxid. 14. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei die zweite Schicht entweder eine Dispersion von festem teilchenförmigem Nigrosin oder löslich gemachtes Nigrosin enthält. 15. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3 oder 4, die ferner eine zwischen dem Substrat und der zweiten Schicht angeordnete Grundierungsschicht (410) aufweist. 16. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 3, 4 oder 6, wobei zwischen dem Substrat (400) und der Reflexionseinrichtung (418) eine haftverstärkende Schicht (420) angeordnet ist. 17. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 13, wobei die Rußteilchen leitfähig sind. 18. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei auf der ersten Schicht eine Sperrschicht (427) aufgebracht ist. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen . 3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. 4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 20. Juli 1993 angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 580 393 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 693 29 365 geführt wird. Das in englischer Sprache erteilte Streitpatent nimmt die Prioritäten der Patentschriften US 917481 vom 20. Juli 1992 und US 62431 vom 13. Mai 1993 in Anspruch. Es betrifft eine “lithografische Druckplatte“ und umfasst 25 Patentansprüche, die in der deutschen Übersetzung wie folgt lauten: 1. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (416); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist; dadurch gekennzeichnet, dass die Platte ferner eine Einrichtung (400, 418) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist. 2. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die zweite Schicht infrarote Abbildungsstrahlung reflektiert, um die Reflexionseinrichtung zu bilden. 3. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 2, wobei die zweite Schicht poliertes Aluminium ist. 4. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3, wobei die zweite Schicht einen Dickenbereich von 0,1016 bis 0,508 mm (0,004 bis 0,02 Zoll) aufweist. 5. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die Reflexionseinrichtung eine Infrarot reflektierende Schicht (418) aufweist, die zwischen der ersten und der zweiten Schicht (400, 416) angeordnet ist. 6. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 2 oder Anspruch 5, wobei die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Abbildungsstrahlung reflektiert. 7. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 5, wobei die Reflexionseinrichtung durch eine Metallschicht gebildet wird. 8. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Platte ferner eine Einrichtung (400) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist. 9. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Strahlung reflektiert. 10. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 9, wobei das Substrat (400) das Pigment zur Bildung der Reflexionseinrichtung enthält. 11. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die Reflexionseinrichtung durch eine Metallschicht (418) gebildet wird. 12. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, Anspruch 9 oder Anspruch 11, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen dem Substrat (400) und der zweiten Schicht (404) angeordnet ist. 13. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, Anspruch 9 oder Anspruch 11, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen der ersten (408) und der zweiten Schicht (404) angeordnet und das Substrat (400) lichtdurchlässig ist, so dass die Druckplatte in umgekehrter Orientierung bebildert werden kann. 14. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 8 bis 12, wobei die zweite Schicht (404) eine IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aufweist. 15. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 14, wobei die IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aus einem Material besteht, das aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus Titanoxid, Vanadiumoxid, Manganoxid, Eisenoxid oder Cobaltoxid besteht. 16. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 11, wobei das Metall Aluminium ist, das mindestens 99 % der auffallenden IR-Strahlung reflektiert. 17. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die erste Schicht eine Siliconschicht ist. 18. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 17, wobei die Siliconschicht a) eine Dispersion aus Teilchen, die Infrarotstrahlung absorbieren; oder b) einen Infrarotstrahlung absorbierenden Farbstoff enthält. 19. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 18, wobei die Teilchen aus der Gruppe ausgewählt sind, die aus Boriden, Carbiden, Nitriden, Carbonitriden, Oxiden mit Bronzestruktur und Oxiden besteht, die strukturell mit der Bronze-Familie verwandt, sind, denen aber die A-Komponente fehlt. 20. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die zweite Schicht eine der folgenden Schichten ist: a) leitfähiges Polymer; b) eine Nitrocelluloseschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; c) eine Polyesterschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; d) eine Polyimidschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; e) eine Polycarbonatschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; f) eine Vinylschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; g) mindestens 0,13 mm (5 Mil) dick; h) eine dünne Metallschicht; i) auf eine Metallschicht auflaminiert ; j) vernetzt; oder k) Titanoxid. 21. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die zweite Schicht entweder eine Dispersion von festem teilchenförmigem Nigrosin oder löslich gemachtes Nigrosin enthält. 22. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, die ferner eine zwischen dem Substrat und der zweiten Schicht angeordnete Grundierungsschicht 410) aufweist. 23. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 8, 9, 11 oder 12, wobei zwischen dem Substrat (400) und der Reflexionseinrichtung (418) eine haftverstärkende Schicht (420) angeordnet ist. 24. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 20, wobei die Rußteilchen leitfähig sind. 25. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei auf der ersten Schicht eine Sperrschicht (427) aufgebracht ist. Die Klägerin greift mit der ursprünglichen Klage die Patentansprüche 1, 2, 5 bis 14, 16, 17, 20, 22 bis 24 an. Sie macht geltend, dass die Gegenstände des Streitpatents im Umfang der genannten Ansprüche nicht patentfähig seien, da die beanspruchte Erfindung nicht neu bzw. nicht erfinderisch sei und sowohl in der erteilten Fassung als auch in der Fassung nach den Hilfsanträgen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgingen. Zur Begründung verweist sie auf folgende Entgegenhaltungen: NK2 US 3 945 318 NK3 US 4 020 762 NK4 US 4 054 094 NK5 Nechiporenko et al., “Direct Method of Producing Waterless Offset Plates by Controlled Laser Beam” NK5a Proceedings 15. International Conference of Printing Research Institutes 1979: “Advances in Printing Science and Technology”, Contents u. S. 139 bis 148 NK6 GB 1 489 308 NK7 US 4 272 291 NK8 US 4 245 003 NK9 MY Polymers Ltd., Dr. Ehud Shchori : “IR transmittance of PET and PMMA”, 20.07.2009 NK10 MY Polymers Ltd., Dr. Ehud Shchori: “Transparency of nitrocellulose at 10.6  microns”, 21.07.2009 NK11 Dr. Yoash Carmi, Report on the Transmissivity of the Carbon Layer in UK Patent 1 489 308 (Scott), 26.07.2009 NK12 US 4 097 895 NK13 US 3 677 178 NK14 Auszug aus “Paint/Coating Dictionary“, 1978, S. 24, 126, 266, 384, 524, 525, 527 NK15 Lindberg et al., Diffuse Reflectance Spectra of several Clay Minerals, American Mineralogist, 1972, Vol. 57, S. 485 bis 493 NK16 US 2 778 735 NK17 US 3 031 957 NK18 US 3 115 829 NK19 US 4 170 687 NK20 US 2 714 066 NK21 US 4 729 939 NK22 Auszug aus Brady/Clauser: “Materials Handbook”, 1986, S. 499 NK23 Auszug aus Hampel/Hawley: “Glossary of Chemical Terms”, 1982, S. 134 NK24 Auszug aus Seymour: “Additives for Plastics”, 1978, S. 15, 24 NK25 Bendiganavale et al., Infrared Reflective Inorganic Pigments, 2008, Recent Patents on Chem. Engineering, 1, S. 68 bis 79 NK26 US 4 853 313 NK27 Leenders et al., “Method and material for the production of a dry planographic printing plate”, Research Disclosure, April 1980, S. 131 NK28 Bell et al., “High-performace Te trilayer for optical recording”, Appl. Phys. Lett. 34(4), Feb. 1979, S. 275/276 NK29 DE 30 21 103 A1 NK30 US 4 657 840. Die Klägerin ist zudem der Auffassung, die Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 sowie 5, 12 und 22 seien nicht ursprünglich offenbart. Im Hinblick auf die Ansprüche 1 und 8 böten die von der Beklagten benannten Zitate für die angebliche Offenbarung der erst im Laufe des Prüfungsverfahrens in die Ansprüche aufgenommenen Formulierung ein “wesentlicher Teil“ (“substantial portion“) keine geeignete Grundlage. Zudem werde die Reflexion der IR-Strahlung in den ursprünglichen Unterlagen stets im Zusammenhang mit einer zusätzlichen Schicht (418) beschrieben, diese Einschränkung ergebe sich aber nicht aus dem unabhängigen Anspruch 8. Der Gegenstand des Anspruchs 8 sei ferner nicht ursprünglich offenbart, da die ursprünglichen Unterlagen keinen Hinweis darauf enthielten, dass die zweite Schicht (404) für IR-Strahlung teilweise durchlässig, aber dennoch auch durch Absorption infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar sei. Die Klägerin, die zunächst beantragt hatte, das Europäische Patent EP 0 580 393 im Umfang der Ansprüche 1, 2, 5 bis 14, 16, 17, 20, 22 bis 24 für nichtig zu erklären, hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. März 2010 mit Zustimmung der Beklagten das Nichtigkeitsbegehren auf alle Ansprüche des Streitpatents erweitert und beantragt nunmehr, das europäische Patent EP 0 580 393 in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Nichtigkeitsklage abzuweisen. Sie verteidigt das Streitpatent zuletzt mit den erteilten Patentansprüchen gemäß Hauptantrag und mit den Hilfsanträgen 1, 1a, sowie 2 bis 8, wobei sie Hilfsantrag 2 nochmals mit nachgelassenem Schriftsatz vom 19. März 2010 in einer “bereinigten Fassung“ vorgelegt hat. Hilfsantrag 1 lautet: 1. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (416); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist; dadurch gekennzeichnet, dass die Platte ferner eine Einrichtung (418) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist. 2. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die zweite Schicht infrarote Abbildungsstrahlung reflektiert, um die Reflexionseinrichtung zu bilden. 3. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 2, wobei die zweite Schicht poliertes Aluminium ist. 4. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3, wobei die zweite Schicht einen Dickenbereich von 0,1016 bis 0,508 mm (0,004 bis 0,02 Zoll) aufweist. 5. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die Reflexionseinrichtung eine Infrarot reflektierende Schicht (418) aufweist, die zwischen der ersten und der zweiten Schicht (400, 416) angeordnet ist. 6. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 2 oder Anspruch 5, wobei die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Abbildungsstrahlung reflektiert. 7. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 5, wobei die Reflexionseinrichtung durch eine Metallschicht gebildet wird. 8. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Schicht (404) eine IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aufweist. 9. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Strahlung reflektiert. 10. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR- Strahlung reflektiert. 11. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 9 oder 10, wobei das Substrat (400) das Pigment zur Bildung einer Reflexionseinrichtung enthält. 12. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die Reflexionseinrichtung durch eine Metallschicht (418) gebildet wird. 13. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, Anspruch 9, Anspruch 10 oder Anspruch 12, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen dem Substrat (400) und der zweiten Schicht (404) angeordnet ist. 14. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, Anspruch 9, Anspruch 10 oder Anspruch 12, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen der ersten (408) und der zweiten Schicht (404) angeordnet und das Substrat (400) lichtdurchlässig ist, so dass die Druckplatte in umgekehrter Orientierung bebildert werden kann. 15. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8, wobei die IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aus einem Material besteht, das aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus Titanoxid, Vanadiumoxid, Manganoxid, Eisenoxid oder Cobaltoxid besteht. 16. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 12, wobei das Metall Aluminium ist, das mindestens 99 % der auffallenden IR-Strahlung reflektiert. 17. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die erste Schicht eine Siliconschicht ist. 18. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 17, wobei die Siliconschicht a) eine Dispersion aus Teilchen, die Infrarotstrahlung absorbieren; oder b) einen In-frarotstrahlung absorbierenden Farbstoff enthält. 19. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 18. wobei die Teilchen aus der Gruppe ausgewählt sind, die aus Boriden, Carbiden, Nitriden, Carbonitriden, Oxiden mit Bronzestruktur und Oxiden besteht, die strukturell mit der Bronze-Familie verwandt, sind, denen aber die A-Komponente fehlt. 20. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8 oder 10, wobei die zweite Schicht eine der folgenden Schichten ist: a) leitfähiges Polymer; b) eine Nitrocelluloseschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; c) eine Polyesterschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; d) eine Polyimidschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; e) eine Polycarbonatschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; f) eine Vinylschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; g) mindestens 0,13 mm (5 Mil) dick; h) eine dünne Metallschicht; i) auf eine Metallschicht auflaminiert ; j) vernetzt; oder k) Titanoxid. 21. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8 oder 10, wobei die zweite Schicht entweder eine Dispersion von festem teilchenförmigem Nigrosin oder löslich gemachtes Nigrosin enthält. 22. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 8 oder 10, die ferner eine zwischen dem Substrat und der zweiten Schicht angeordnete Grundierungsschicht (410) aufweist. 23. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 8, 9, 10, 12 oder 13, wobei zwischen dem Substrat (400) und der Reflexionseinrichtung (418) eine haftverstärkende Schicht (420) angeordnet ist. 24. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 20, wobei die Rußteilchen leitfähig sind. 25. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei auf der ersten Schicht eine Sperrschicht (427) aufgebracht ist. Hilfsantrag 1a lautet: 1. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Platte ferner eine Einrichtung (400) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist. 2. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die Einrichtung zum Zurückstrahlen ein Pigment enthält, das IR-Strahlung reflektiert. 3. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 2, wobei das Substrat (400) das Pigment zur Bildung der Einrichtung zum Zurückstrahlen enthält. 4. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die Einrichtung zum Zurückstrahlen durch eine Metallschicht (418) gebildet wird. 5. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, Anspruch 2 oder Anspruch 4, wobei die Einrichtung zum Zurückstrahlen zwischen dem Substrat (400) und der zweiten Schicht (404) angeordnet ist. 6. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, Anspruch 2 oder Anspruch 4, wobei die Einrichtung zum Zurückstrahlen zwischen der ersten (408) und der zweiten Schicht (404) angeordnet und das Substrat (400) lichtdurchlässig ist, so dass die Druckplatte in umgekehrter Orientierung bebildert werden kann. 7. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei die zweite Schicht (404) eine IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aufweist. 8. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 7, wobei die IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aus einem Material besteht, das aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus Titanoxid, Vanadiumoxid, Manganoxid, Eisenoxid oder Cobaltoxid besteht. 9. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei das Metall Aluminium ist, das mindestens 99 % der auffallenden IR-Strahlung reflektiert. 10. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die erste Schicht eine Siliconschicht ist. 11. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 10, wobei die Siliconschicht a) eine Dispersion aus Teilchen, die Infrarotstrahlung absorbieren; oder b) einen Infrarotstrahlung absorbierenden Farbstoff enthält. 12. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 11, wobei die Teilchen aus der Gruppe ausgewählt sind, die aus Boriden, Carbiden, Nitriden, Carbonitriden, Oxiden mit Bronzestruktur und Oxiden besteht, die strukturell mit der Bronze-Familie verwandt, sind, denen aber die A-Komponente fehlt. 13. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die zweite Schicht eine der folgenden Schichten ist: a) leitfähiges Polymer; b) eine Nitrocelluloseschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; c) eine Polyesterschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; d) eine Polyimidschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; e) eine Polycarbonatschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; f) eine Vinylschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; g) mindestens 0,13 mm (5 Mil) dick; h) eine dünne Metallschicht; i) auf eine Metallschicht auflaminiert ; j) vernetzt; oder k) Titanoxid. 14. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, wobei die zweite Schicht entweder eine Dispersion von festem teilchenförmigem Nigrosin oder löslich gemachtes Nigrosin enthält. 15. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 1, die ferner eine zwischen dem Substrat und der zweiten Schicht angeordnete Grundierungsschicht (410) aufweist. 16. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 1, 2, 4 oder 5, wobei zwischen dem Substrat (400) und der Einrichtung zum Zurückstrahlen eine haftverstärkende Schicht (420) angeordnet ist. 17. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 13, wobei die Rußteilchen leitfähig sind. 18. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei auf der ersten Schicht eine Sperrschicht (427) aufgebracht ist. Hilfsantrag 2 lautet: 1. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (416); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist; wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist, wobei die zweite Schicht infrarote Abbildungsstrahlung reflektiert, um die Reflexionseinrichtung zu bilden, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Abbildungsstrahlung reflektiert. 2. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (416); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist; wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist, wobei die Reflexionseinrichtung eine Infrarot reflektierende Schicht (418) aufweist, die zwischen der ersten und der zweiten Schicht (400, 416) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Abbildungsstrahlung reflektiert. 3. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Schicht (404) eine IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aufweist und die Reflexionseinrichtung durch eine darunter liegende Metallschicht (418) gebildet wird. 4. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: eine erste Schicht (408); eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404); und ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400); wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, wobei die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die Reflexionseinrichtung ein Pigment enthält, das IR-Strahlung reflektiert. 5. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei das Substrat (400) das Pigment zur Bildung einer Reflexionseinrichtung enthält. 6. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3 oder Anspruch 4, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen dem Substrat (400) und der zweiten Schicht (404) angeordnet ist. 7. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3 oder Anspruch 4, wobei die Reflexionseinrichtung zwischen der ersten (408) und der zweiten Schicht (404) angeordnet und das Substrat (400) lichtdurchlässig ist, so dass die Druckplatte in umgekehrter Orientierung bebildert werden kann. 8. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3, wobei die IR-absorbierende Metalloxidschicht (425) aus einem Material besteht, das aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus Titanoxid, Vanadiumoxid, Manganoxid, Eisenoxid oder Cobaltoxid besteht. 9. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3, wobei das Metall Aluminium ist, das mindestens 99 % der auffallenden IR-Strahlung reflektiert. 10. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die erste Schicht eine Siliconschicht ist. 11. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 10, wobei die Siliconschicht a) eine Dispersion aus Teilchen, die Infrarotstrahlung absorbieren; oder b) einen Infrarotstrahlung absorbierenden Farbstoff enthält. 12. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 11, wobei die Teilchen aus der Gruppe ausgewählt sind, die aus Boriden, Carbiden, Nitriden, Carbonitriden, Oxiden mit Bronzestruktur und Oxiden besteht, die strukturell mit der Bronze-Familie verwandt, sind, denen aber die A-Komponente fehlt. 13. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei die zweite Schicht eine der folgenden Schichten ist: a) leitfähiges Polymer; b) eine Nitrocelluloseschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; c) eine Polyesterschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; d) eine Polyimidschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; e) eine Polycarbonatschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; f) eine Vinylschicht, die eine Dispersion von Rußteilchen enthält; g) mindestens 0,13 mm (5 Mil) dick; h) eine dünne Metallschicht; i) auf eine Metallschicht auflaminiert ; j) vernetzt; oder k) Titanoxid. 14. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 4, wobei die zweite Schicht entweder eine Dispersion von festem teilchenförmigem Nigrosin oder löslich gemachtes Nigrosin enthält. 15. Lithographische Druckplatte nach Anspruch 3 oder 4, die ferner eine zwischen dem Substrat und der zweiten Schicht angeordnete Grundierungsschicht (410) aufweist. 16. Lithographische Druckplatte nach einem der Ansprüche 3, 4 oder 7, wobei zwischen dem Substrat (400) und der Reflexionseinrichtung (418) eine haftverstärkende Schicht (420) angeordnet ist. 18. Lithographische Druckplatte nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei auf der ersten Schicht eine Sperrschicht (427) aufgebracht ist. Wegen der 6 weiteren Hilfsanträge wird auf den Wortlaut der mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 eingereichten Patentansprüche gemäß dortiger Hilfsanträge 3 bis 8 Bezug genommen. Die Beklagte tritt dem klägerischen Vorbringen in allen Punkten entgegen. Sie ist der Auffassung, eine unzulässige Erweiterung liege nicht vor, weil die fraglichen Merkmale bereits in den ursprünglich eingereichten Unterlagen beschrieben seien. Die Patentfähigkeit sei gegeben, weil keine der von der Klägerin eingereichten Schriften, die teilweise schon in der Streitpatentschrift gewürdigt seien, die Neuheit und erfinderische Tätigkeit der Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 in Frage stellen könnten. Da die Gegenstände der Ansprüche 1 und 8 neu und erfinderisch seien, gelte dies auch für die Gegenstände der jeweils rückbezogenen Ansprüche, die auf besondere Ausführungsformen gerichtet seien. Zur Stützung ihres Vorbringens nimmt die Beklagte Bezug auf die Druckschriften B1 Erklärung in Sachen der Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Europäischen Patents der Presstek , Inc., Herr Prof. Dr. Ing. habil. Dr. h.c. Prof. h.c. Helmut Kipphan vom 25. November 2009, B2 Stellungnahme zu dem Europäischen Patent 0 580393 von Herrn Prof. Dr. Frank Träger, Institut für Physik, Universität Kassel, 24. November 2009, B3 WO 2007/012660 A1 B4 Hackh’s Chemical Dictionary, 4 th edition, McGraw-Hill Book Company, S. 162 und B5 Römpp Lexikon Chemie, 10. Aufl. Thieme Verlag, S. 3341. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 15. Dezember 2009 und 17. März 2010 Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung, Art. 138 Abs. 1 lit a, lit b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 IntPatÜG führen zur teilweisen Nichtigkeit des Streitpatents in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang (Art. 138 Abs. 1, lit a, Abs. 2 EPÜ), da sich die patentgegenständliche Lehre teilweise als nicht neu oder nicht erfinderisch (Art. 54, 56 EPÜ) erweist. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. I. 1. Das Streitpatent betrifft lithografische Druckplatten, die durch Laserstrahlung direkt bebildert werden können. Dazu muss die Druckplatte mindestens zwei Schichten aufweisen, die unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen. Dabei wird die Laserstrahlung durch eine der Schichten absorbiert und im anschließenden Entwicklungsschritt abgetragen. Liegt diese absorbierende Schicht unter einer oberen Schicht, so verliert die obere Schicht durch die Belichtung ihre Verankerung in der darunter liegenden absorbierenden Schicht und es lassen sich dadurch die oberste Schicht und die absorbierende Schicht an den belichteten Stellen abtragen. Das Ergebnis des Entfernens ist ein Bildpunkt, dessen Affinität zur Druckfarbe oder zu dem farbabweisenden Fluid sich von derjenigen der unbelichteten ersten Schicht unterscheidet. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift gibt es verschiedene Ausführungsformen für den Aufbau der Druckplatten, die alle den Vorteil aufweisen, die herkömmlichen aufwändigen fotografischen Herstellungsweisen von Druckplatten zu ersetzen und damit eine Online-Bebilderung ( CTP=Computer to Plate) ermöglichen (Übersetzung der Streitpatentschrift NK1a, S. 2/3, Brückenabsatz). Hierfür werden zur Bebilderung der Druckplatten jedoch jeweils leistungsstarke Laser benötigt, die teuer und langsam sind (Streitpatentschrift NK1 S. 3, Abs. 0011 bzw. NK1a S. 3, Z. 13 bis 19). 2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent sinngemäß die Aufgabe zu Grunde, lithographische Druckplatten bereitzustellen, die mittels billigerer Lasereinrichtungen, die bei niedrigen bis mäßigen Leistungsniveaus arbeiten, bebildert werden können (NK1 S. 3, Abs. 0016; NK1a S. 4, Z. 7 bis 12). 3. Gelöst werden soll diese Aufgabe durch den Aufbau der streitpatentgemäßen Druckplatten. Diese weisen entsprechend den erteilten unabhängigen Ansprüchen 1 und 8 folgende Merkmale auf (Merkmalsgliederung hinzugefügt): Patentanspruch 1 1.1 Lithografische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: 1.2 eine erste Schicht (416); 1.3 und 1.4 eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400), 1.5 wobei die erste und die zweite Schicht unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder zu einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und 1.6 wobei die erste Schicht durch Absorption von infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar ist, 1.7 und 1.8 und wobei die Platte ferner eine Einrichtung (400, 418) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht aufweist. Patentanspruch 8 8.1 Lithografische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist: 8.2 eine erste Schicht (408); 8.3 und 8.4 eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (404), 8.5 und 8.6 ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat (400), 8.7 und 8.8 wobei die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig ist und durch deren Absorption abtragbar ist; und 8.9 wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder zu einem farbabweisenden Fluid aufweisen; und 8.10 und 8.11 und wobei die Platte ferner eine Einrichtung (400) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist. Der zuständige Fachmann ist ein Dipl.-Chemiker, der mit der Herstellung von Materialien für die Fotografie vertraut ist und über Kenntnisse/Erfahrungen verfügt, wie sich diese Materialien auf die Herstellung von Vervielfältigungsformen/Druckplatten übertragen lassen und in speziellen Fragen die Drucktechnik betreffend mit erfahrenen Drucktechnikern zusammenarbeitet. II. Die Klage hat insoweit Erfolg, als sich die mit Hauptantrag und mit Hilfsantrag 1a verteidigte Fassung in Bezug auf Patentanspruch 14 als unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung i. S. v. Art. 138 Abs. 1 lit c EPÜ darstellt. 1. Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung i. S. v. 138 Abs. 1 lit c EPÜ ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu vergleichen. Entscheidend ist, ob die in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen enthaltene Offenbarung in ihrer Gesamtheit das in den geänderten Patentansprüchen niedergelegte Schutzbegehren umfasst und ob dieses als zur Erfindung gehörend erkannt wird (BGH 2007, 959 - Pumpeinrichtung unter Hinweis auf BGH GRUR 2004, 1023 - Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). 2. Dies ist aber hinsichtlich der Gegenstände der Druckplatte nach Anspruch 14 des Hauptantrags in seinem unmittelbaren Rückbezug auf Anspruch 8 und nach Anspruch 7 des Hilfsantrags 1a in seinem unmittelbaren Rückbezug auf Anspruch 1 der Fall. Denn diese betreffen jeweils eine Ausführungsform der Druckplatte, bei der die zweite Schicht zwar eine IR-absorbierende Metalloxidschicht aufweist, die aber nicht - wie ursprünglich offenbart - in Verbindung mit einer weiteren Metallschicht (418) ausgebildet ist. Die Ansprüche enthalten mithin eine unzulässige Erweiterung, so dass sich die Patentansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsantrag 1a insgesamt schon aus formalen Gründen als nicht zulässig erweisen. 3. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, dass die Gegenstände des Streitpatents sowohl in der erteilten Fassung als auch in der Fassung nach den Hilfsanträgen in weiteren Punkten über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen, teilt der Senat diese Auffassung nicht. 3.1. Die Ansprüche 1 und 8 der erteilten Fassung als auch die korrespondierenden Ansprüche der Hilfsanträge enthalten hinsichtlich der Formulierung, wonach die Druckplatte eine Einrichtung zum Zurückstrahlen “eines wesentlichen Teils“ (substantial portion) der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste/zweite Schicht aufweist, entgegen der Rechtsansicht der Klägerin keine unzulässige Erweiterung des Inhalts der ursprünglich eingereichten Anmeldung. Dieser ist die Formulierung zu entnehmen, dass die IR-Absorption der IR-absorbierenden Schicht durch Hinzufügen einer IR-reflektierenden Fläche unterhalb der IR-absorbierenden Schicht weiter verbessert werden kann, wobei diese Schicht eine maximale Verbesserung für Ausführungsformen darstellt, bei denen die absorbierende Schicht teilweise durchlässig ist und daher keinen ausreichenden Anteil der einfallenden Energie absorbiert (vgl. urspr. eingereichte Beschreibung NK1b, S. 33, Abs. 3 und Übersetzung der Streitpatentschrift NK1a, S. 20, Z. 36 bis S. 21, Z. 1). Diese reflektierende Schicht (418) sollte fast die gesamte (almost all) darauf auffallende Strahlung reflektieren (vgl. NK1b, S. 33, letzt. Abs. und NK1a, S. 21, Z. 12). Mit dieser Formulierung wird aus der Sicht des Fachmanns und unter Berücksichtigung der anerkannten Auslegungsgrundsätze, insbesondere im Hinblick auf den Kerngehalt der vermittelten technischen Lehre einer möglichst hohen - aber praktisch nicht erreichbaren vollständigen - Ausnutzung der Rückstrahlung zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei auch um weniger als den in idealer Weise anzustrebenden gesamten Anteil der darauf auffallenden Strahlung handeln kann, mithin um einen “wesentlichen Teil“. Ansonsten wird das angestrebte Ziel, die von einer billigeren und auf niedrigem bis mäßigem Leistungsniveau arbeitenden Lasereinrichtung eingestrahlte Energie vollständig für die Bebilderung einsetzen zu können, nicht erreicht. Insofern liegt eine unzulässige Erweiterung der in Rede stehenden Ansprüche nicht vor. 3.2. Auch dem Einwand, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 8 sei nicht ursprünglich offenbart, weil die ursprünglichen Unterlagen keinen Hinweis darauf enthielten, dass die zweite Schicht (404) für IR-Strahlung “teilweise durchlässig“, aber dennoch durch Absorption infraroter Abbildungsstrahlung abtragbar sei, kann nicht gefolgt werden. Das Merkmal, wonach die IR-absorbierende Schicht „teilweise durchlässig“ ist, ist wörtlich der ursprünglich eingereichten Beschreibung zu entnehmen, so dass kein Zweifel an der Zulässigkeit der Aufnahme dieses Merkmals in den erteilten Anspruch 8 bestehen kann (vgl. NK1b, S. 33 Abs. 3, Z. 5). 3.3. Dem Vorhalt der Klägerin, wonach eine IR-absorbierende Metalloxidschicht (425), wie sie im unabhängigen Anspruch 8 des 1. Hilfsantrags in der Fassung vom 1. Februar 2010 und der weiteren vorstehend aufgezählten Hilfsanträge beansprucht wurde, ursprünglich nur im Zusammenhang mit einer weiteren Metallschicht (418) offenbart sei, hat die Beklagte dadurch Rechnung getragen, dass sie das Merkmal „und die Reflexionseinrichtung durch eine darunter liegende Metallschicht (418) gebildet wird“ in den Anspruch 3 der berichtigten Fassung des Hilfsantrags 2 vom 19. März 2010 aufgenommen hat. Das Merkmal findet seine Stütze in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 8 und 12 in Verbindung mit der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Seite 34, Zeilen 7 bis 28 (NK1b) bzw. in den erteilten Ansprüchen 8, 11 und 14 in Verbindung mit Seite 20, Zeilen 20 bis 35 der Übersetzung der Streitpatentschrift (NK1a). Die Beklagte hat damit auch die Bedenken des Senats, der den Vorhalt der Klägerin in diesem Fall als zutreffend erachtet hat, ausgeräumt. 3.4. Der Einwand der Klägerin, die Gegenstände der erteilten Ansprüche 5, 12 und 22 seien nicht ursprünglich offenbart - Anspruch 5 fehle das Merkmal, wie eine zurückstrahlende und abtragbare Schicht beschaffen sein solle; bei der Einrichtung zum Zurückstrahlen gemäß erteiltem Anspruch 12 handele es sich um eine zusätzliche Schicht, die in dieser Breite nicht ursprünglich offenbart sei und die Kombination der Grundierungsschicht mit einer Einrichtung zum Zurückstrahlen gemäß Anspruch 22 sei den ursprünglich eingereichten Unterlagen ebenfalls nicht zu entnehmen - trifft ebenfalls nicht zu. Diese Ansprüche werden durch die ursprünglich eingereichten Ansprüche gestützt (zum Anspruch 5 vgl. NK1b, Anspr. 1 und 13; zum Anspruch 12 vgl. NK1b, Anspr. 12; zum Anspruch 22 vgl. NK1b, Anspr. 11). Ein weiteres Eingehen auf die ursprüngliche Offenbarung der erteilten Patentansprüche gemäß Hauptantrag, Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 1a erübrigt sich, da diese sich aus den nachfolgend genannten Gründen als nicht patentfähig erweisen und es im Patentnichtigkeitsverfahren der Feststellung des Gegenstands eines angegriffenen Patentanspruchs nur in dem Umfang bedarf, wie dies zur Prüfung der Bestandsfähigkeit des Patents gegenüber dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund erforderlich ist (BGH GRUR 2004, 47 - Blasenfreie Gummibahn I; vgl auch BPatG Urteil v. 15. Dezember 2009 - 1 Ni 33/08 (EU)). III. 1. Die Gegenstände der angegriffenen, erteilten Patentansprüche 1 und 8 gemäß Hauptantrag erweisen sich als nicht patentfähig, da sie nicht neu sind (Anspruch 1) bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (Anspruch 8). 1.1. Nach dem maßgeblichen Verständnis des Fachmanns sind im erteilten Anspruch 1 mit der dort beanspruchten Lehre zugleich zwei Varianten einer zweischichtigen Ausführungsform einer lithografischen Druckplatte beschrieben und beansprucht. Bei diesen zweischichtigen Plattentypen hat eine einzelne Schicht zwei Funktionen, nämlich die Absorption von IR-Strahlung und die Wechselwirkung mit der Druckfarbe oder dem farbabweisenden Fluid (NK1a, S. 4, Z. 32 bis 34). Bei einer Variante ist das Substrat durch eine wirksame Absorption der IR-Strahlung gekennzeichnet (NK1a, S. 4, Z. 19 bis 23). Bei einer zweiten Variante der ersten Ausführungsform absorbiert statt des Substrats die 1. Schicht infrarote Abbildungsstrahlung (NK1a, S. 4, Z. 29 bis 31 i. V. m. Fig. 13C). Darüber hinaus kann diese zweischichtige Ausführungsform zur Erhöhung des Wirkungsgrades modifiziert werden. Dies wird erreicht, indem unterhalb der Absorptionsschicht eine weitere Schicht hinzugefügt wird, die IR-Strahlung reflektiert (NK1a, S. 5, Z. 15 bis 17). Diese zweite Variante der zweischichtigen Ausführungsform der Druckplatte mit den Merkmalen 1.1 bis 1.6, weist somit eine erste Schicht (416), eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht (400) und eine Einrichtung zum Zurückstrahlen (418) eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht gemäß den Merkmalen 1.7 und 1.8 auf (vgl. Fig. 13D i. V. m. NK1a, S. 4, Z. 29 bis 31 und S. 5, Z. 15 bis 19). Die reflektierende Schicht wird entweder durch Einwirkung des Laserimpulses zusammen mit der Absorptionsschicht entfernt (vgl. NK1a, S. 5, Z. 22 bis 24 und S. 21, Z. 7/8) oder sie dient statt dessen anstelle des Substrats als Druckfläche (NK1a, S. 5, Z. 22 bis 24). 1.2. Danach erweist sich vorliegend die von der Lehre nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags umfasste zweite Variante der streitpatentgemäß zweischichtigen Ausführungsform der Druckplatte durch die Druckschrift NK 27 als neuheitsschädlich vorbeschrieben und führt deshalb zur vollumfänglichen Nichtigkeit der mit Patentanspruch 1 beanspruchten Lehre. Ob der Patentanspruch daneben auch Lehren erfasst, bei denen eine fehlende Neuheit nicht verneint werden kann, bedarf schon deshalb keiner Prüfung, weil die Beklagte eine hierauf beschränkte Fassung des Patentanspruchs 1, bei der das nicht Schutzfähige ausgeschieden ist, auch nicht hilfsweise zur Verteidigung gestellt hat (vgl. BGH GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport). Aus Entgegenhaltung NK27 ist nämlich dem Fachmann eine Druckplatte bekannt, die mittels Laserentladung direkt bebildert wird (li. Sp., 6. Absatz von unten und re. Sp., Abs. 9). Die Platte weist eine erste Schicht, hier Silikon, auf (vgl. NK27, re. Sp., Abs. 7, BZ 3 im Vergleich zu NK1a, Anspr. 17). Unter der ersten Schicht liegt eine zweite Schicht, hier aus PET, die eine andere Affinität zu Druckfarbe oder farbabweisendem Fluid aufweist als die erste Schicht (re. Sp., Abs. 7, BZ (1) i. V. m. li. Sp. 6. Abs. von unten). Damit sind die Merkmale 1.1 bis 1.5 vorstehender Merkmalsgliederung beschrieben. Die erste Schicht ist durch Absorption von IR-Abbildungsstrahlung, wie in Merkmal 1.6 beansprucht, abtragbar (NK27, li. Sp., 3. Abs. von unten im Vergleich zu NK1a, S. 5, Z. 3 bis 14). Die Platte gemäß NK27 weist ferner zwischen der ersten und der zweiten Schicht eine Metallschicht auf, die aus Wismut oder unter anderem auch aus Titan besteht und eine Dicke von 5 bis 100 nm - im Fall der Wismutschicht 78 nm - hat (re. Sp., Abs. 7, BZ (2) und li. Sp. vorl. Abs.). Nach den Angaben in der Streitpatentschrift wirkt eine derartige Metallschicht, z. B. aus Aluminium, Titan, Nickel, Eisen oder Chrom, je nach Dicke absorbierend, nämlich bei einer Dicke < 20 - 70 nm, oder reflektierend bei einer Dicke von 20 - 70 nm (NK1a, S. 22, Z. 24 bis S. 23, Z. 9). Demgemäß wird in Entgegenhaltung NK27 auf Grund der vorstehend genannten Materialauswahl und Dicke für die dort beschriebene Metallschicht unter anderem, wenn auch unerkannt, bereits eine Druckplatte mit einer Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung bereit gestellt (BGH GRUR 86, 163 - Borhaltige Stähle) und löst damit bereits objektiv dieselbe Aufgabe wie die patentgemäße Lehre. Die Metallschicht der NK 27 wird durch Einwirkung des Laserimpulses zusammen mit der ersten Schicht, wie auch in der Streitpatentschrift angegeben, abgetragen (NK27, li. Sp., 3. Abs. von unten im Vergleich zu NK1a, S. 5, Z. 22 bis 24). Der Einwand der Beklagten hierzu, soweit er sich auf die Neuheit der Gegenstände des Patentanspruches 1 nach Hauptantrag bezog, wonach NK27 keine Abtragen der Schichten durch Laserstrahlung beschreibe, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Die Laserbebilderung führt nämlich sowohl bei der in NK27 beschriebenen Druckplatte als auch bei den streitpatentgemäßen Druckplatten zu einer Schwächung der Schichten, so dass diese - wie im Streitpatent beschrieben - in einem nachfolgenden Reinigungsschritt entfernt werden (vgl. NK27, li. Sp. drittletzt. Abs. im Vergleich zu NK1a S. 5, Z. 1 bis 14). Insofern erfolgt auch bei der in NK27 beschriebenen Druckplatte bereits ein Abtragen der Schichten durch Laserstrahlung. Die Druckschrift NK27 beschreibt somit die in Rede stehende Variante der ersten Ausführungsform der Druckplatte nach Anspruch 1 des Hauptantrags, so dass deren Neuheit nicht gegeben ist. 2. Der Gegenstand nach Anspruch 8 des Hauptantrags mag neu sein; er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der erteilte Anspruch 8 bezieht sich auf eine zweite Ausführungsform der Druckplatte, bei der die Funktionen Absorption von IR-Strahlung und Wechselwirkung mit Druckfarbe oder farbabweisendem Fluid durch zwei getrennte Schichten ausgeübt werden (NK1a, S. 4, Z. 34 bis S. 5, Z. 6). 2.1. Für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert ist, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Es ist deshalb grundsätzlich nicht von einem bestimmten nächstliegenden Stand der Technik als Beurteilungsgrundlage auszugehen, da bereits die Wahl dieses Ausgangspunkts der Rechtfertigung bedarf, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmanns liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt (BGH GRUR 2009, 382 -Olanzapin; GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung). Für die Frage der Veranlassung zur Problemlösung - hier lithographische Druckplatten bereitzustellen, die mittels billigerer Lasereinrichtungen, die bei niedrigen bis mäßigen Leistungsniveaus arbeiten, bebildert werden können - ist zu beachten, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs - hier die Lehre einer Verringerung der erforderlichen Energie durch eine Einrichtung zum Zurückstrahlen bei teildurchlässigen Absorptionsschichten und maximaler Ausnutzung der IR-Abbildungsstrahlung - nicht nur als möglich, sondern als dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall, in dem es für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). 2.2. Ausgehend von der vorliegenden Problemstellung richtete der Fachmann sein Augenmerk zunächst auch auf die Entgegenhaltung NK5, welche sich mit der Bereitstellung einer Druckplatte für den wasserlosen Offsetdruck beschäftigt, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann (S. 140, Abs. 3). Diese Druckplatte weist eine erste Schicht auf, hier eine Deckschicht aus Polysiloxan, (S. 140, letzt. Abs.) und darunter eine zweite Schicht sowie ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat, wobei die zweite Schicht als lichtundurchlässige oder teilweise lichtdurchlässige Schicht (opaque or semi-opaque lacquer sublayer ) beschrieben ist (S. 140, letzt. Abs.). Die zweite Schicht ist auch durch Absorption der infraroten Abbildungsstrahlung abtragbar (S. 141, Abs. 2). Als Substrat wird eine Metallplatte, z. B. eine Aluminium-Folie, eingesetzt (S. 140, Abs. 5 und 6). Damit sind die Merkmale 8.1 bis 8.8 vorstehender Gliederung des Anspruchs 8 nach Hauptantrag beschrieben. Ist die zweite Schicht teilweise lichtdurchlässig, kann infrarote Abbildungsstrahlung durch sie hindurch dringen, so dass die darunter angeordnete Metallschicht als Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht wirkt. Die Entgegenhaltung NK5 umschreibt diese Wirkung bereits insofern, als ausgeführt wird, dass eine dünne Absorptionsschicht gleichermaßen von zwei Seiten aufgeheizt wird, nämlich sowohl von der Belichtungsseite als auch von der Seite des darunter angeordneten Metallsubstrats (S. 142, Abs. 3). Das Zurückstrahlen der infraroten Abbildungsstrahlung bewirkt bei der Druckplatte der NK5 konkret, dass die durch die Belichtung entstehenden, die Druckfarbe aufnehmenden Vertiefungen in der Absorptionsschicht eine rechteckige Form annehmen, währenddessen eine dickere und damit weniger lichtdurchlässige Absorptionsschicht in Folge des geringeren Durchtritts der Strahlung und damit auch der geringeren Rückstrahlung lediglich konisch ausgeformte Vertiefungen aufweist (S. 142, Abs. 3). Demgemäß weist die Druckplatte gemäß NK5 auch die Merkmale 8.10 und 8.11 vorstehender Merkmalsgliederung des Anspruchs 8 auf. 2.3. Die Druckplatte der Entgegenhaltung NK5 unterscheidet sich vom Gegen-stand des erteilten Anspruchs 8 somit lediglich dadurch, dass die Entgegenhaltung NK5 nicht entsprechend Merkmal 8.9 beschreibt, dass die erste Schicht der Druckplatte und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder zu einem farbabweisenden Fluid aufweisen. Auf dieses Merkmal wird bei der Druckplatte gemäß NK5 nicht eingegangen, weil ausweislich der Tabelle I auf Seite 142 die Absorptionsschicht der NK5 nie vollständig abgetragen wird und dennoch ein Drucken möglich ist, weil die durch die Belichtung erzeugten Vertiefungen die Druckfarbe aufnehmen, während die unbelichtet gebliebenen Teile der Deckschicht keine Farbe annehmen (vgl. NK5, S. 142, Tab. I i. V. m. Abs. 3, letzt. Satz). Eine Druckplatte mit einer Deckschicht aus Polysiloxan und einem Substrat aus einer Aluminiumfolie - wie die gemäß NK5 - weist aber dieses Merkmal, wenn auch unerwähnt, ebenfalls auf, wenn die Absorptionsschicht vollständig abgetragen wird. Entscheidend für die Lösung der Aufgabe durch den Gegenstand des Anspruchs 8 ist jedoch vielmehr, wie von der Klägerin vorgetragen, dass in NK5 bereits erkannt wurde, dass bei einer Druckplatte, bei der die Funktionen Absorption der IR-Strahlung und Wechselwirkung mit Druckfarbe oder farbabweisenden Fluid durch zwei Schichten ausgeübt werden, das Zurückstrahlen eines Teils der auf ein Metallsubstrat auffallenden IR-Abbildungsstrahlung in die zweite (Absorptions)Schicht von der teilweisen Durchlässigkeit dieser Absorptionsschicht abhängt (vgl. NK5, S. 146, Conclusions (2) und (3)). Der Fachmann erhielt damit aus NK5 bereits die Anregung für die Ausgestaltung der Druckplatte gemäß Anspruch 8 des Hauptantrags; einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte es hierzu nicht. 3. Die übrigen angegriffenen Patentansprüche in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung bedürfen keiner weiteren isolierten Prüfung, weil die Beklagte das Streitpatent hilfsweise mit dem zulässig geänderten Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 2 verteidigt hat und sich der Senat mit einer hiervon abweichenden teilweisen Aufrechterhaltung einzelner weiterer Patentansprüche gemäß Hauptantrag in Widerspruch zu dem maßgeblichen Willen der Patentinhaberin setzen würde. Verteidigt der Patentinhaber das Streitpatent im Nichtigkeitsverfahren mit Anspruchssätzen gemäß Haupt- und Hilfsanträgen, so bringt er hiermit zum Ausdruck, in welcher Reihenfolge und in welcher Form er das Streitpatent beschränkt verteidigen will und eine Prüfung wünscht. Es besteht deshalb kein Anlass für die Annahme, dass er nur einzelne Patentansprüche aus dem Anspruchssatz gemäß Hauptantrag vorrangig vor den Hilfsanträgen verteidigen will (BPatG GRUR 2009, 46 - Ionenaustauschverfahren). IV. Der bezüglich Variante 2 der Druckplatte inhaltsgleiche Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 in der Fassung vom 1. Februar 2010 fällt aus den gleichen Gründen wie Anspruch 1 des Hauptantrags der Nichtigkeit anheim. Denn er unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags lediglich dadurch, dass das Bezugszeichen (400) im kennzeichnenden Teils des Anspruchs gestrichen wurde. Damit beschreibt der Anspruch ausschließlich nur noch die zweite der beiden Varianten der streitpatentgemäß zweischichtigen Ausführungsform der Druckplatte, die nach dem Verständnis des Senats in Anspruch 1 des Hauptantrags enthalten sind. Anspruch 1 des Hauptantrags war aus den Gründen, die in Abschnitt III.1.2 ausgeführt sind, für nichtig zu erklären. Die übrigen angegriffenen Patentansprüche in der gemäß Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung teilen das Schicksal dieses Anspruches (vgl. Abschnitt III.3). V. Im in der mündlichen Verhandlung am 17. März 2010 überreichten Hilfsantrag 1a hat die Beklagte die erteilten Ansprüche 1 bis 7 gestrichen; die umnummerierten Ansprüche 1 bis 18 des Hilfsantrags 1a stimmen mit den erteilten Ansprüchen 8 bis 25 des Hauptantrags überein. Die Ansprüche 1 bis 18 des Hilfsantrags 1a sind mithin aus den gleichen Gründen, die für die Ansprüche 8 bis 25 des Hauptantrags angeführt wurden, für nichtig zu erklären (vgl. Abschnitt III. 2. und 3). VI. 1. Die Patentansprüche 1 bis 18 des Hilfsantrags 2 in der Fassung vom 19. März 2010 sind zulässig, wobei die Rückbezüge der geltenden Ansprüche 7, 16 und 17 entsprechend der aus dem Urteilsausspruch ersichtlichen Fassung zu korrigieren waren. Diese beruhen nämlich auf einem offensichtlichen Bezeichnungsfehler, der einem offenbaren Schreibfehler oder Formulierungsfehler ähnlich, der Korrektur zugänglich ist, wie auch § 95 Abs. 1 PatG für die Berichtigung von Entscheidungen bestätigt (vgl. BPatGE 13, 77; Schulte PatG, 8. Aufl., § 95 Rdn. 3). Insofern ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass für den Gegenstand des beschränkt verteidigten Patents der ausdrücklich oder gegebenenfalls auszulegende Wille des Patentinhabers allein maßgeblich ist, zu dem sich Patentamt und Patentgericht nicht in Widerspruch setzen dürfen. Anders als nach Regel 95 EPÜ zum Einspruchsverfahren - bedarf es zur Verteidigung des Patents weder eines Antrags des Patentinhabers noch der Vorlage einer verbindlichen schriftlichen Fassung des beschränkt verteidigten Patents. Bezeichnungsfehler, klar erkennbare Missgriffe im Ausdruck, Zahlendreher, falschen Angabe von Nummern usw sind deshalb auch mittels einer gebotenen Auslegung zu korrigieren (vgl. auch Schulte PatG, 8. Aufl., Einl. Rn. 113). Die Streichung des Rückbezugs von Seiten des Senats hat danach zu erfolgen, weil die im Anspruch 7 beschriebene Anordnung der Schichten ersichtlich im Widerspruch zu der im Patentanspruch 3 beschriebenen Ausführung der Druckplatte steht. Die Berichtigung kann ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung durch den Senat erfolgen, da der Widerspruch insofern offen zu Tage tritt, als in Anspruch 3 die Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht mit einer IR-absorbierenden Metalloxidschicht (425) und einer darunter liegenden Metallschicht (418) zwischen dem Substrat (400) und der zweiten Schicht (404) angeordnet ist, während gemäß Anspruch 7 die Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung zwischen der ersten Schicht (408) und der zweiten Schicht (404) angeordnet ist. Die Anordnung der Schichten gemäß nebengeordnetem Patentanspruch 3 geht eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 8, 12, 15 und 16 sowie aus S. 7, Z. 9 bis 25, S. 33, Z. 10 bis 16, S. 34, Z. 7 bis 28 der NK1b sowie aus den erteilten Ansprüchen 8, 11 und 14 i. V. m. S. 4, Z. 34 bis S. 5., Z. 14, S. 21, Z. 20 bis 35 der Übersetzung der Streitpatentschrift (NK1a) hervor. Die Anordnung nach Anspruch 7 ergibt sich ebenfalls zwingend aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen und aus der Übersetzung der Streitpatentschrift und geht aus diesen für jeden sachverständigen Außenstehenden erkennbar hervor (vgl. NK1b, S. 23, 1. Abs. und NK1a, Anspr. 13 i. V. m. S. 14, Z. 24 bis 36). Gleiches gilt für die aus dem Tenor ersichtlichen geänderten Rückbezüge der Ansprüche 16 und 17, die den entsprechenden erteilten Ansprüchen bzw. deren Rückbezüge angepasst wurden. Patentanspruch 1 geht auf die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 6 und 14 und S. 6, 5. Zeile von unten bis S. 7, Z. 6 i. V. m. Fig. 13C der ursprünglich eingereichten Beschreibung (NK1b) sowie auf die erteilten Ansprüche 1, 2 und 6 und S. 4, Z. 23 bis 31 der Übersetzung der Streitpatentschrift zurück (NK1a). Der nebengeordnete Patentanspruch 2 ist aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 13 und 14 und S. 6, 5. Zeile von unten bis S. 7, Z. 6 i. V. m. Fig. 13D (NK16) sowie aus den erteilten Ansprüchen 1, 2, 5 und 6 und S. 4, Z. 23 bis 31 der Übersetzung der Streitpatentschrift herleitbar (NK1a). Hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung der Merkmale des unabhängigen Anspruchs 3 des 2. Hilfsantrags wird auf Abschnitt II.3.3 verwiesen. Der letzte nebengeordnete Patentanspruch 4 findet seine Stütze in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 8 und 14 sowie auf S. 7, Z. 9 bis 25 und S. 3, Z. 13 bis 16 und 31/32 der ursprünglichen Beschreibung (NK1b) sowie in den erteilten Ansprüche 8 und 9 i. V. m. S. 4, Z. 32 bis S. 5, Z. 6, S. 20, Z. 37 bis 39 und S. 21, Z. 12 bis 16 gemäß Übersetzung der Streitpatentschrift NK1a). Die weiteren Ansprüche 5 bis 18 des Hilfsantrags 2 lassen sich ansonsten aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen i. V. m. der ursprünglich eingereichten Beschreibung NK1b sowie aus der Übersetzung der Streitpatentschrift NK1a herleiten; im Einzelnen: Anspruch 5 aus Anspr. 14 der NK1b und aus Anspr. 10 der NK1a; Anspruch 6 aus Anspr. 12 der NK1b/NK1a; Anspruch 7 aus Anspr. 13 und S. 23, Abs. 1 der NK1b sowie Anspr. 13 der NK1a; Anspruch 8 aus Anspr. 17 der NK1b sowie aus Anspr. 15 der NK1a; Anspruch 9 aus Anspr. 18 der NK1b sowie aus Anspr. 16 der NK1a; Anspruch 10 aus Anspr. 3 der NK1b sowie aus Anspr. 17 der NK1a; Anspruch 11 aus Anspr. 4 der NK1b sowie aus Anspr. 18 der NK1a; Anspruch 12 aus Anspr. 5 der NK1b sowie aus Anspr. 19 der NK1a; Anspruch 13 aus Anspr. 9 der NK1b sowie aus Anspr. 20 der NK1a; Anspruch 14 aus Anspr. 10 der NK1b sowie aus Anspr. 21 der NK1a; Anspruch 15 aus Anspr. 11 der NK1b sowie aus Anspr. 22 der NK1a; Anspruch 16 aus Anspr. 24 der NK1b sowie aus Anspr. 23 der NK1a; Anspruch 17 aus S. 24, letzt. Abs. der NK1b sowie aus Anspr. 24 der NK1a; Anspruch 18 aus S. 40, Abs. 1 der NK1b sowie aus Anspr. 25 der NK1a. 2. Die Druckplatten nach den unabhängigen Ansprüchen 1, 2, 3 und 4 des Hilfsantrags 2 in der Fassung vom 19. März 2010 sind neu (Art. 54 EPÜ). 2.1. Patentanspruch 1 des 2. Hilfsantrags betrifft die zweischichtige Ausführungsform einer lithografischen Druckplatte, bei der eine einzelne Schicht zwei Funktionen hat, nämlich die Absorption von IR-Strahlung und die Wechselwirkung mit der Druckfarbe oder dem farbabweisenden Fluid (NK1a, S. 4, Z. 32 bis 34). Bei der Variante nach Anspruch 1 reflektiert die zweite Schicht, i. e. das Substrat, die infrarote Abbildungsstrahlung mittels einer Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht, wobei diese Einrichtung ein IR-Abbildungsstrahlung reflektierendes Pigment ist. Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften beschreibt eine Druckplatte mit sämtlichen Merkmalen des Gegenstandes des Patentanspruches 1 nach Hilfsantrag 2. Die lithografischen Druckplatten der Entgegenhaltungen NK2 bis NK6; NK8, NK20, NK21 und NK27 unterscheiden sich von der Druckplatte des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 unter anderem dadurch, dass die zweite Schicht keine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung in die erste Schicht in Form eines Pigments enthält. Die zweite Schicht, i. e. das Substrat, besteht vielmehr entweder aus Metallfolien oder -platten (vgl. NK2 , Sp. 3, Z. 47 bis 50 i. V. m. Anspr. 3; NK3, Sp. 2, Z. 22 bis 24; NK4, Anspr. 1 und Bsp. 5 und 6; NK5, S. 140, Abs. 5, Nr. (1); NK6, Anspr. 2; NK8, Sp. 2, Z. 44 bis 48; NK20, Anspr. 1 i. V. m. Fig. 1 bis 4; NK21, Anspr. 1) oder aus einem Polymerfilm (NK5, S. 140, Abs. 5, Nr. (2); NK6, S. 2, Z. 27 bis 33; NK27, re. Sp., Abs. 7) oder auch aus Papier, wobei IR-reflektierende Pigmentzusätze zu Substraten aus einem Polymer oder Papier nicht erwähnt werden (NK6, S. 2. Z. 27 bis 33). Druckschrift NK7 beschreibt Hitze reflektierende Emailbeschichtungen mit IR-reflektierenden Pigmenten insbesondere zur Beschichtung von Treibstofftanks (Sp. 1, Z. 6 bis 15 i. V. m. Anspr. 1). Die Entgegenhaltungen NK9 bis NK11 betreffen Vergleichsversuche oder Berechnungen, die die Klägerin zum Beleg der teilweisen Durchlässigkeit der Absorptionsschicht des erteilten Anspruches 8 vorgelegt hat; sie können den Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 nicht vorwegnehmen. In Entgegenhaltung NK12 wird ein Informationsträger, z. B. zum Aufzeichnen und Auslesen von Video-Informationen, mit einem Substrat z. B. aus Glas beschrieben, welches zur Herstellung einer reflektierenden Oberfläche mit einem Metall beschichtet ist (Sp. 1, Z. 50 bis 55). Eine Druckplatte ist nicht erwähnt. Die Substrate der in NK13 beschriebenen Druckplatten für den Trockendruck können ebenfalls aus Papier, Metall oder Plastik bestehen (Sp. 3, Z. 60 bis 69); im Unterschied zur Druckplatte nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 weisen die Druckplatten neben dem Substrat jedoch mindestens noch zwei weitere Schichten auf (Anspr. 1, 2 und 5). Die Entgegenhaltungen NK14 und 15 beschreiben, dass es sich bei dem Begriff “clay“ um das Weiß-Pigment Aluminiumsilikat handelt und dass Mineralien dieser Art in Abhängigkeit von ihrem Wassergehalt unter anderem im nahen Infrarot-Bereich absorbieren, wobei die Absorption nach dem Entwässern verschwindet (NK14, S. 24; NK15 Abstract). Druckplatten sind nicht Gegenstand dieser Übersichten. Den Druckschriften NK16 bis NK19 sind Druckplatten zu entnehmen, die zwar eine zweite Schicht, i. e. ein Substrat aus Papier, und darüber angeordnet eine Pigment enthaltende Schicht aufweisen. Sie unterscheiden sich von der in Rede stehenden Druckplatte allerdings dadurch, dass ihre Bebilderung entweder durch die Einwirkung aktinischen Lichts (UV-Licht) anstatt durch infrarote Abbildungsstrahlung erfolgt (NK16, Anspr. 1 und 3 i. V. m. Sp. 6, Z. 24 bis 28) oder sie weisen keine erste durch Absorption infraroter Abbildungsstrahlung abtragbare Schicht auf, denn es ist nicht angegeben, dass sie durch IR-Strahlung bebildert werden oder die Bebilderung wird mittels Elektrofotografie vorgenommen, d.h. die Bebilderung erfolgt mittels Aufladung einer geeigneten fotoleitenden Oberfläche, indem das homogene Ladungsbild auf der Oberfläche dem gewünschten Druckbild entsprechend entladen wird; die fotoleitende (erste) Oberflächenschicht wird aber nicht im Sinne des Streitpatents abgetragen (NK17, Anspr. 1; NK18, Sp. 1, Z. 9 bis 15 i. V .m. Anspr. 1; NK19, Abstract i. V. m. Sp. 2, Z. 66 bis Sp. 3, Z. 15). Die Druckplatten nach den Druckschriften NK20 und NK21, die entweder Metallsubstrate enthalten und durch aktinisches Licht anstelle von IR-Abbildungsstrahlung bebilderbar sind (NK20, Anspr.) oder lediglich photosensitiv beschichtete Metallsubstrate aus verschiedenen Aluminium-Legierungen beschreiben (NK21, Anspr.), können die Neuheit der Druckplatte nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 ebenfalls nicht in Frage stellen. Die Entgegenhaltungen NK22 und NK23 beschreiben ausschließlich die Struktur metallischer Materialien als kristalline Festkörper (NK22, S. 499; NK23, S. 134, re. Sp., Abs. grain (3)) und NK24 weist Diatomeenerde, ein weißes Pigment, als “ antiblocking agent“ für Plastikfilme aus (NK24, S. 15 B). Die nachveröffentlichte Druckschrift NK25 betrifft IR-Strahlung reflektierende Pigmente im allgemeinen (NK25, Abstract), ein Hinweis auf eine Druckplatte ist NK25 nicht zu entnehmen. Die Druckplatte gemäß Entgegenhaltung NK26 ist im Unterschied zur Druckplatte nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 mit aktinischer Strahlung bebilderbar und weist vier Schichten auf, von denen die Primerschicht ein Pigment enthalten kann, welches als Kontrastverstärker wirkt, um damit das nach Bebilderung entstandene Druckbild besser überprüfen zu können (Sp. 8, Z. 34 bis 42 und Sp. 3, Z. 58 bis 61). Die Entgegenhaltungen NK28 und NK29 beschreiben im Unterschied zur Druckplatte nach Anspruch 1 den Schichtaufbau optischer Aufzeichnungs- und Wiedergabemedien mit absorbierenden und reflektierenden Metallschichten (NK28, S. 275, li. Sp. Abs. 2 und 3 i. V. m. Fig. 1; NK29, Anspr. 1, 3 und 6). Der Gegenstand gemäß Entgegenhaltung NK30 stellt im Unterschied zur zweischichtigen Druckplatte nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 eine aus drei Schichten aufgebaute und zur Herstellung eines Druckbilds aufgebaute Einheit dar, bei der zwischen einem Substrat aus einem Polymer, Keramik, Glas, Metall, Papier oder Gewebe und einer oberen, für Bestrahlung empfindlichen Schicht aus Metall/Metalloxidpartikeln eine Farbschicht angeordnet ist, wobei diese nach der Bebilderung und der dadurch erfolgenden teilweisen Abtragung der Metall/Metalloxidschicht auf eine Rezeptorschicht übertragen wird (Anspr. 1). Damit ist dem Gegenstand nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 die Neuheit zuzuerkennen. 2.2. Der unabhängige Patentanspruch 2 des 2. Hilfsantrags betrifft ebenfalls die zweischichtige Ausführungsform einer lithografischen Druckplatte, bei der eine einzelne Schicht zwei Funktionen hat, nämlich die Absorption von IR-Strahlung und die Wechselwirkung mit der Druckfarbe oder dem farbabweisenden Fluid, wobei die Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht zwischen der ersten und der zweiten Schicht angeordnet ist, und wobei diese Einrichtung ein IR-Strahlung reflektierendes Pigment enthält (NK1a, S. 4, Z. 29 bis 31 i. V. m. S. 5, Z. 15 bis 24 und S. 22, Z. 5/6). Auch diese Variante der zweischichtigen Ausführungsform der Druckplatte wird, wie vorstehend ausgeführt, durch den Stand der Technik NK2 bis NK 30 nicht neuheitsschädlich vorweggenommen. Dies gilt insbesondere für die Druckplatte gemäß Entgegenhaltung NK27, da dort zwischen der ersten und der zweiten Schicht eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht ausschließlich in Form einer Metallfolie angeordnet ist, wie vorstehend erläutert (vgl. Abschnitt III.1.2). Denn soweit die Klägerin zu Substraten aus Aluminium- oder Kupferplatten verglichen mit Pigmenten unter Hinweis auf die NK22 und NK23 vorgetragen hat, jedes Metall weise eine kristalline Struktur auf, wobei die Kristalle üblicherweise als „grains“ bezeichnet würden und kristalline Partikel mithin auch als Pigmente anzusehen seien, folglich Druckplatten mit einer Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung in die darüber angeordnete Schicht, die ein IR-reflektierendes Pigment enthalten, nicht mehr neu seien, kann ihr nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass Metallpulver auch als Pigmente verwendet werden (vgl. NK14, S. 126, vorl. Abs.); anders als Metallfolien oder Metallplatten, die im besten Fall als Spiegel wirken, werden metallische Pigmente üblicherweise als Pulver, Pasten, Pellets oder Dispersionen angeboten und verwendet. Das Reflexionsvermögen von Pulveroberflächen hängt aber, wie das bei der spiegelnden Reflexion an glatten Oberflächen, zunächst vom Einstrahlwinkel und von den Materialeigenschaften ab. Zusätzlich wird es aber in starkem Maß von der Pulverkorngröße und -form, der Pulverschüttdichte und der Art, wie die Pulverpartikel aneinander gelagert sind, beeinflusst. Damit ist die Oberfläche einer Metallfolie oder -platte hinsichtlich ihres Reflexionsvermögens nicht mit einem IR-Strahlung reflektierenden metallischen Pigment gleichzusetzen. Demgemäß ist dem Gegenstand nach Anspruch 2 des Hilfsantrags 2 sowohl gegenüber Entgegenhaltung NK27 als auch den übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften, welche Metallfolien oder -platten als Einrichtungen zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung in die erste/zweite Schicht betreffen, die Neuheit zuzuerkennen (vgl. Abschnitt VI.2.1). 2.3. Auch die Druckplatte nach dem unabhängigen Patentanspruch 3 des 2. Hilfsantrags ist neu. Der Anspruch beschreibt, wie der erteilte Anspruch 8 (Hauptantrag), die zweite Ausführungsform der Druckplatte mit den Merkmalen 8.1 bis 8.11 vorstehender Merkmalsgliederung, bei der die Funktionen Absorption von IR-Strahlung und Wechselwirkung mit Druckfarbe oder farbabweisendem Fluid durch zwei getrennte Schichten ausgeübt werden (NK1a, S. 4, Z. 34 bis S. 5, Z. 6), wobei ferner die zweite für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässige Schicht eine IR- absorbierende Metalloxidschicht aufweist und die Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung durch eine darunter liegende Metallschicht gebildet wird (vgl. bzgl. Offenbarung der Kombination der Merkmale insb. erteilte Ansprüche 8, 11 und 14 sowie vorstehenden Abschnitt VI.1). Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften weist eine Kombination von Schichten wie in Patentanspruch 3 beschrieben auf, insbesondere keine IR- absorbierende Metalloxidschicht mit einer darunter liegenden, als Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht dienenden Metallschicht. Im Hinblick auf eine Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüche 8 und 14 hat die Klägerin zwar den Einwand erhoben, der Gegenstand der Kombination sei gegenüber der Entgegenhaltung NK27 nicht mehr neu. Obwohl in NK27 nur eine Metallschicht genannt sei, sei dem Fachmann klar, dass diese Schicht spätestens nach dem Auftragen auf das Substrat oxidiere. Zum Beleg ihres Einwands hat die Klägerin auf die Druckschriften NK28 und NK29 verwiesen, worin die Oxidation der aufgetragenen Metalloberflächen für ein Aufzeichnungsmedium beschrieben sei und wobei diese Schicht sodann als lichtabsorbierende Schicht wirke (vgl. NK27, li. Sp., 5. Abs. von unten sowie NK28, S. 275, li. Sp., Abs. 2 i. V. m. Fig. 1 und NK29, S. 8, Abs. 3). Dieser Einwand kann jedoch die Neuheit der Druckplatte nach Anspruch 3 nicht in Frage stellen. Zum Einen ist die in der NK27 beschriebene Metallschicht nicht an der Oberfläche der Druckplatte angeordnet, wie dies bei den Entgegenhaltungen NK28 und NK29 der Fall ist, sondern zwischen der ersten Schicht und dem Substrat, so dass ein unmittelbarer Kontakt mit Luftsauerstoff nicht gegeben ist (vgl. NK27, re. Sp., Abs. 7). Andererseits ist der Druckschrift NK27 kein Hinweis dahingehend zu entnehmen, dass die Herstellung der dort beschriebenen Druckplatte unter Bedingungen erfolgt, die die Oxidation der dortigen Metallschicht begünstigen oder die sie gar gezielt herbeiführen, so dass eine Schichtenfolge mit einer teilweise durchlässigen zweiten Schicht, die eine IR- absorbierende Metalloxidschicht mit einer darunter liegenden, als Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht dienenden Metallschicht aufweist, wie im Kennzeichen des Patentanspruchs 3 nach Hilfsantrag 2 angegeben, nicht vorliegt. Die Neuheit der Druckplatte gemäß Anspruch 3 des Hilfsantrags 2 gegenüber NK27 ist daher gegeben. Gleiches gilt für die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften. 2.4. Dem Gegenstand nach dem unabhängigen Patentanspruch 4 des 2. Hilfsantrags ist ebenfalls die Neuheit zuzuerkennen. Der Anspruch betrifft eine lithografische Druckplatte, die die Merkmale des erteilten Anspruchs 8 in Kombination mit dem Merkmal des erteilten Anspruchs 9 aufweist, d.h. die Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung enthält ein Pigment, das IR-Strahlung reflektiert, und bei der die Funktionen Absorption von IR-Strahlung und Wechselwirkung mit Druckfarbe oder farbabweisendem Fluid durch zwei getrennte Schichten ausgeübt werden (NK1a, S. 4, Z. 34 bis S. 5, Z. 6). Wie in Abschnitt VI.2.1 ausgeführt beschreiben lediglich die Entgegenhaltungen NK2 bis NK6, NK8, NK13, NK16 bis NK21, NK26, NK27 und NK30 lithografische Druckplatten. Soweit diese Einrichtungen zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung in Form einer Metallfolie oder einer Metallplatte aufweisen, können sie unabhängig von weiteren Unterschieden auch die Neuheit des Gegenstandes nach Anspruch 4 des Hilfsantrags nicht in Frage stellen, da Metallfolien oder -platten aus den vorstehend dargelegten Gründen nicht mit IR-Strahlung reflektierenden Pigmenten gleichzusetzen sind. Es sind dies die Entgegenhaltungen NK2 bis NK6, NK8, NK13, NK20, NK21, NK26, NK27 und NK30 (vgl. NK2, Anspr. 1 und 3; NK3, Sp. 2, Z. 22/23; NK4, Beispiele 7 bis 10; NK5, S. 140, Abs. 5, Beispiel (1); NK6, Anspr. 1 und 2; NK8, Sp. 2, Z. 22 bis 57; NK13, Sp. 3, Z. 60 bis 69; NK20, Anspr.; NK21, Anspr.; NK26, Sp. 2, Z. 27 bis 33; NK27, re. Sp., Abs. 7; NK 30, Sp. 6, Z. 53 bis Sp. 7, Z. 5). Die Klägerin hat im Hinblick auf eine Druckplatte mit einer Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüche 8 und 9, wie sie im unabhängigen Anspruch 4 des Hilfsantrags 2 nun beansprucht wird, geltend gemacht, diese Kombination sei gegenüber den Entgegenhaltungen NK4 und NK6 jeweils nicht mehr neu (Eingabe vom 17. Februar 2010, S. 3 bis S. 9). Diesem Einwand vermag sich der Senat in Bezug auf die Druckschrift NK4 und NK6 aus den unter Abschnitt VI.2.2 genannten Gründen, wonach eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung aus Metallfolie oder -platte wie in NK4 bzw. NK6 ausgeführt, deshalb nicht anzuschließen, weil eine solche ein IR-reflektierendes Pigment enthaltende Einrichtung eben nicht mit einer Metallfolie oder -platte gleichgesetzt werden kann. Auch eine Druckplatte mit einem Substrat aus Papier, wie sie in NK6 ebenfalls beschrieben ist, nimmt den Gegenstand des Patentanspruchs 4 nach Hilfsantrag 2 nicht neuheitsschädlich vorweg. Eine derartige Druckplatte weist nach Überzeugung des Senats nämlich keine wärmeisolierende Schicht, d. h. eine ggf. ein IR-reflektierendes Pigment enthaltende Schicht auf, denn eine wärmeisolierende Schicht ist in NK6 lediglich für den Fall beschrieben, dass das Substrat aus Metall besteht (NK6, Anspr. 2). Im Übrigen ist die Zusammensetzung der wärmeisolierende Schicht der Entgegenhaltung NK6 unkritisch, soweit sie gut auf der metallischen Oberfläche haftet (NK6, S. 2, Z. 45 bis 51). In der Praxis muss sie zur Wärmeisolierung sogar einfach nur dick genug sein anstatt reflektierend zu wirken. Die Druckschrift NK8 beschreibt eine Druckplatte, die den Gegenstand des Patentanspruchs 4 des Hilfsantrags 2 schon deshalb nicht neuheitsschädlich vorweg nehmen kann, weil die Bebilderung wie auch in NK2 und NK3 dadurch erfolgt, dass die photosensitive Schicht durch die Belichtung auf das Substrat übertragen wird und nicht die für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässige zweite Schicht durch deren Absorption abgetragen wird (NK8, Anspr. 15). Soweit die Entgegenhaltung NK13 Bezug nimmt auf mit „clay“ gefüllte und beschichtete Papiersubstrate, die im Sinne der Klägerin als ein IR-Strahlung reflektierendes Pigment wirken sollen, werden diese mittels Elektrofotografie bebildert, d. h. die Abtragung einer zweiten, teilweise durchlässigen und durch infrarote Abbildungsstrahlung abtragbaren Schicht ist nicht gegeben (vgl. Sp. 4, Z. 19 bis 29 i. V. m. Beispiel 1 und 2). Die Druckschrift NK16, die eine Druckplatte mit einem mit Pigment beschichteten Papier als Substrat vorschlägt, geht von einer Bebilderung mittels aktinischem (UV) Licht aus (Sp. 6, Z. 24 bis 28). Gleiches gilt für die in NK17 bis NK19 beschriebenen, mit einem mit Pigment beschichteten Papiersubstrat versehenen Druckplatten, die keine zweite durch Absorption infraroter Abbildungsstrahlung abtragbare Schicht aufweisen, denn es ist nicht angegeben, wie die Bebilderung erfolgt (NK17) oder es ist vorgesehen, dass die Bebilderung mittels Elektrofotografie vorgenommen wird, so dass keine Abtragung einer zweiten, teilweise durchlässigen, durch IR-Absorption abtragbaren Schicht erfolgt (vgl. Abschnitt VI.2.1). Die Druckplatten nach den Druckschriften NK20 und NK21, die entweder Metallsubstrate enthalten und durch aktinisches Licht anstelle von IR-Abbildungsstrahlung bebilderbar sind (NK20, Anspr. 1) oder lediglich photosensitiv beschichtete Metallsubstrate aus verschiedenen Aluminium-Legierungen beschreiben (NK21, Anspr. 1) können die Neuheit der Druckplatte nach Patentanspruch 4 des Hilfsantrags 2 ebenfalls nicht in Frage stellen. Die in Abschnitt VI.2.1 genannten Gründe, die zur Anerkennung der Neuheit der in Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 beschriebenen Druckplatte gegenüber dem Stand der Technik NK22 bis NK30 beigetragen haben, gelten sinngemäß auch für die in Anspruch 4 des Hilfsantrags 2 beanspruchte Druckplatte. Es ist diesen Entgegenhaltungen keinerlei Hinweis auf die Ausgestaltung der Druckplatte nach Anspruch 4 des Hilfsantrags 2 zu entnehmen. Insbesondere die Druckschrift NK26 mit ihrer Pigment-gefüllten Primerschicht, die der Kontrasterhöhung zur Verbesserung der visuellen Überprüfung der bebilderten Druckplatte dient, kann die Neuheit der Druckplatte nach Anspruch 4 nicht in Frage stellen, denn ihre Bebilderung erfolgt durch UV-Licht anstelle von infraroter Abbildungsstrahlung (NK26, Sp. 8, Z. 34 bis 42). Die Neuheit der Druckplatte gemäß dem unabhängigen Patentanspruch 4 des Hilfsantrags 2 ist demnach ebenfalls gegeben. 3. Die Druckplatten nach den unabhängigen Patentansprüchen 1, 2 und 4 beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die dem Streitpatent sinngemäß zu Grunde liegende objektive Aufgabe, die Bebilderung von Druckplatten mittels billigerer IR-Lasereinrichtungen vornehmen zu können, die bei niedrigen bis mäßigen Leistungsniveaus arbeiten (NK1 S. 3, Abs. 0016; NK1a S. 4, Z. 7 bis 12), wird übereinstimmend und unabhängig davon, ob das Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der infraroten Abbildungsstrahlung in die erste Schicht (Ansprüche 1 und 2) bzw. in die zweite Schicht (Anspruch 4) erfolgt, durch die Druckplatten nach den Patentansprüchen 1, 2 und 4 des Hilfsantrags 2 dadurch gelöst, dass die Druckplatten eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung enthalten, die ein IR-Abbildungsstrahlung reflektierendes Pigment aufweisen. Die so gestalteten Einrichtungen zum Zurückstrahlen der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung bewirken den nochmaligen Durchgang eines wesentlichen Teils der Abbildungsstrahlung durch die erste bzw. zweite Absorptionsschicht, so dass die durch einen billigeren und schwächeren Laser bereit gestellte IR-Abbildungsstrahlung in maximaler Weise für die Bebilderung ausgenutzt werden kann. Den vom Fachmann zunächst herangezogenen Stand der Technik beschreibt die Entgegenhaltung NK5 (vgl. Abschnitt III.2.2.). Dieser Druckschrift ist, wie bereits ausgeführt, die Lehre zu entnehmen, dass die Rückstrahlung infraroter Abbildungsstrahlung nach dem Auftreffen auf ein metallisches Substrat in die darüber angeordnete dünne und teilweise durchlässige Absorptionsschicht zur Verbesserung der Bebilderung beiträgt, indem die Absorptionsschicht gewissermaßen von zwei Seiten Wärmestrahlung aufnimmt, mithin eine Rückstrahlung der durch den Laser zur Bebilderung eingetragenen IR-Strahlung erfolgt (vgl. NK5, S. 142, Abs. 3). Ausgehend von dieser Lehre erhält der Fachmann allerdings weder aus dieser Druckschrift noch aus dem weiteren im Verfahren befindlichen Stand der Technik eine Anregung, die Einrichtung zum Zurückstrahlen der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in Form einer Metallfolie, durch eine Einrichtung zum Zurückstrahlen, die ein reflektierendes Pigment enthält, zu ersetzen. Mit dieser patentgemäßen Ausgestaltung der Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Strahlung erhält der Fachmann jedoch weitere technische Möglichkeiten für den Schichtaufbau lithografischer Druckplatten, die ihm mehr Flexibilität im Hinblick auf die Materialauswahl für das Substrat, z. B. in Abhängigkeit von der Auflagenhöhe, die mit der Druckplatte erzielt werden soll, gestattet. Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin angeführten Beispiele, in denen Papiersubstrate beschrieben sind, die mit “clay“, einem reflektierend wirkenden Pigment beschichtet sind; sie können die in den Patentansprüchen 1, 2 und 4 beschriebene Lösung nicht nahelegen. So wird insbesondere die photosensitive Absorptionsschicht der Druckplatten nach NK13, auf die nach dem Vortrag der Klägerin bereits in NK6 hingewiesen wird, im Unterschied zu den beanspruchten Druckplatten nicht abgetragen, sondern an den belichteten Arealen gehärtet (This exposure insolubilizes …); das bedeutet, dass - wie ebenfalls vorstehend ausgeführt - keine Abtragung der über der Einrichtung zum Zurückstrahlen liegenden Absorptionsschicht durch IR-Abbildungsstrahlung erfolgt (vgl. NK6, S. 1, Z. 14/15 i. V. m. NK13, Sp. 1, Z. 37 bis 73 und Sp. 5, Z. 33 bis 37). Der Fachmann wird daher im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe die Druckschrift NK13 nicht in Betracht ziehen. Gleiches gilt für die in den Entgegenhaltungen NK16 bis NK19 beschriebenen Druckplatten mit Papiersubstraten, auf die vorstehend zur Neuheit der unabhängigen Patentansprüche des Hilfsantrags 2 ausführlich eingegangen wurde. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen Bezug genommen. Die Klägerin hat zum unabhängigen Patentanspruch 4 des Hilfsantrags 2, eine Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüche 8 und 9, ferner geltend gemacht, die Druckschriften NK4 und NK6 legten jeweils in Verbindung mit den Druckschriften NK24 und NK25 die Druckplatte nach Patentanspruch 4 des Hilfsantrags 2 zumindest nahe, denn sowohl NK4 als auch NK6 würden jeweils Substrate aus Mylar bzw. ein Substrat aus Plastik bereits beschreiben (vgl. NK4, Sp. 7, Z. 29 bis 41, Beisp. 3 und 4; NK6, S. 2, Z. 33 und 112). Diesem Kunststoff werde üblicherweise ein weißes Pigment (“crystalline silica“) zur Verhinderung des Aneinanderklebens der Platten hinzugefügt (vgl. NK24, S. 15, Abs. 1 und S. 24, Abs. 3), wobei dieses Pigment ersichtlich IR-Strahlung reflektiere (vgl. NK25, Abstract). Auch diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Zum Einen ist weder der Druckschrift NK4 noch der NK6 ein Hinweis dahingehend zu entnehmen, dass die dort beschriebenen Mylar-Substrate ein Pigment enthalten (vgl. NK4, Sp. 6, Z. 34 bis 46; NK6, S. 2, Z. 112). Andererseits ist den Angaben in den Entgegenhaltungen NK24 und der ohnehin nachveröffentlichten NK25 keine Anregung zum Aufbau von Druckplatten mit lediglich reflektierend wirkenden Pigmenten zu entnehmen. Denn diese Druckschriften stellen bereits keinen Bezug zur Ausgestaltung von Druckplatten her. Es kommt hinzu, dass der Fachmann - selbst wenn er insoweit die Relevanz der Druckschriften nicht von vornhinein verneint - in naheliegender Weise hätte erkennen müssen, dass sich trotz einer nur Pigmente enthaltenden Reflexionsschicht die gestellte Aufgabe in vorteilhafter Weise durch den Einsatz von Lasern schwächerer Leistung lösen lässt. Damit wird die Ausgestaltung einer Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Strahlung im Sinne des Patentanspruchs 4 als auch der Ansprüche 1 und 2 durch die Kombination der Entgegenhaltungen NK4 bzw. NK6 mit NK24 und NK25 nicht nahe gelegt. Schließlich hat die Klägerin weiter vorgetragen, dass auch die Kombination der Druckschriften NK6 mit NK26 die Ausgestaltung der Druckplatte nach Patentanspruch 4 des Hilfsantrags 2 nahe lege. Dieser Einwand kann ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung führen. Ausgehend von der Lehre der NK6, eine Druckplatte mit Substraten aus Metall, Papier oder Plastik mit einem IR-Laser zu bebildern, erhält der Fachmann aus der NK26 nämlich den Hinweis, dass die mangelhafte Absorption des Lichts in einer dünnen fotosensitiven Schicht einer Druckplatte und dessen Reflexion an einem Substrat oder einer Grundierungsschicht bei längeren Belichtungszeiten zur Entstehung eines unerwünschten Reflexionslichthofes und damit einer schlechteren Bildauflösung beiträgt (vgl. NK6, S. 2, Z. 27 bis 33 i. V. m. NK26, Sp. 1, Z. 33 bis 42). Dieser Hinweis wird den Fachmann, der die gestellte Aufgabe lösen will, einen schwächeren Laser zur Bebilderung der Druckplatte einzusetzen und der damit ggf. eine längere Belichtungszeit in Kauf nehmen muss, zunächst vielmehr abhalten, einen schwächeren Laser zu verwenden. Soweit er darüber hinaus aus der Entgegenhaltung NK26 den Hinweis erhält (NK26, Sp. 3, Z. 58 bis 61), zur Verbesserung der Überprüfung des Bebilderungsvorgangs bei der dort beschriebenen Druckplatte eine Grundierungsschicht mit einem IR-reflektierenden Pigment einzusetzen, so konnte er von vornherein nicht mit dem gewünschten Erfolg durch Übertragung dieser Maßnahme bei der Ausgestaltung einer Druckplatte mit einem IR-reflektierenden Pigment nach den Patentansprüchen 1, 2 und 4 und deren Belichtung mit IR-Abbildungsstrahlung rechnen, weil die Entgegenhaltung NK26 UV-Licht zur Bebilderung der Druckplatten vorsieht und damit die Aufmerksamkeit des Fachmannes in eine andere Richtung lenkt. Der Fachmann hatte mithin keine Veranlassung, die in NK26 vorgeschlagene Lösung zur Verbesserung der Überprüfung des Bebilderungsvorgangs beim Streitpatent zur Lösung der gestellten Aufgabe einzusetzen (vgl. Schulte PatG, 8. Aufl., § 4 Rdn. 61). Insofern muss auch der Vorhalt der Klägerin, der unerwartete Effekt, wonach eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden Abbildungsstrahlung in die darüber angeordnete erste oder zweite Absorptionsschicht in Form eines IR-reflektierenden Pigments in einer Druckplatte die Verwendung eines schwächeren Lasers zur Bebilderung gestatte, könne die erfinderische Tätigkeit der in Rede stehenden Ansprüche nicht begründen, ins Leere gehen (BGH GRUR 2003, 317 - Kosmetisches Sonnenschutzmittel). Der Fachmann musste folglich erfinderisch tätig werden, um zu den Druckplatten nach den Ansprüchen 1, 2 und 4 des Hilfsantrags 2 zu gelangen. 4. Auch die Druckplatte nach dem unabhängigen Patentanspruch 3 des Hilfsantrags 2 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Anspruch beschreibt, wie der erteilte Anspruch 8 (Hauptantrag), die zweite Ausführungsform der Druckplatte mit den Merkmalen 8.1 bis 8.11 vorstehender Merkmalsgliederung, wobei ferner die zweite für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässige und durch deren Absorption abtragbare Schicht eine IR- absorbierende Metalloxidschicht aufweist und die Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Abbildungsstrahlung durch eine unter dieser Metalloxidschicht liegenden Metallschicht gebildet wird. Auch hinsichtlich der Lehre des Patentanspruchs 3 wählte der Fachmann die Entgegenhaltung NK5 als Sprungbrett auf der Suche nach einer Lösung. Daraus sind die Merkmale 8.1 bis 8.8, 8.10 und 8.11, wie unter Abschnitt III.2.2. beschrieben, bekannt. Dem Fachmann mögen auch IR-absorbierende Metalloxidschichten und deren Verwendung in einem optischen Aufzeichnungsmedium (vgl. NK29) bzw. in einer Druckplatte bekannt sein (vgl. NK29, S. 8, Abs. 3; NK30, Anspr. 1). Sowohl beim gattungsfremden Aufzeichnungsmedium als auch bei der Druckplatte sind jedoch die Metalloxidschichten an der Oberfläche der Gegenstände angeordnet und dienen der Absorption von Licht, um im Fall der NK29 durch Verdampfen der Metalloxidschicht die Aufzeichnung der Information vorzunehmen, während bei der in NK30 beschriebenen Druckplatte durch Verdampfen der Schicht die Bebilderung der Druckplatte unter Freilegen der auf eine Rezeptorschicht zu übertragenden Farbschicht erfolgt (vgl. NK29, Fig. 2 i. V. m. S. 12, Abs. 1; NK30, Sp. 8, Z. 17 bis 23). Weder in NK5 noch in den Druckschriften NK29 und NK30 findet der Fachmann aber eine Anregung dahingehend, die Anordnung der IR-absorbierenden Metallschicht als Teil einer zweiten, teilweise durchlässigen und durch IR-Absorption abtragbaren Schicht mit einer darunter liegenden Metallschicht vorzusehen, so dass er auch durch die Kombination dieser Druckschriften nicht zum Gegenstand nach Anspruch 3 des Hilfsantrags 2 hätte gelangen können. Auch der weitere Einwand der Klägerin, wonach eine Kombination der Druckschriften NK27 mit NK28 und NK29 bzw. NK27 mit NK30 zu einer Druckplatte mit den Merkmalen des Patentanspruchs 3 nach Hilfsantrag 2 - entsprechend einer Kombination der Merkmale der erteilten Ansprüche 8 und 14 - habe führen können, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Denn der Fachmann hat auch ausgehend von der Druckplatte der NK27 keine Veranlassung gehabt, die dort zwischen erster Schicht und Substrat angeordnete Metallschicht gegen die in Rede stehende Schichtenanordnung der Druckplatte des Anspruchs 3 - mit einer zweiten, teilweise durchlässigen, durch infrarote Abbildungsstrahlung abtragbaren, eine IR-absorbierende Metalloxidschicht aufweisenden und einer darunter liegenden Metallschicht - auszutauschen. Da auch die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften keine über diesen Stand der Technik hinausgehenden Hinweise liefern, die zur Ausgestaltung der Druckplatte nach Patentanspruch 3 des Hilfsantrags 2 beitragen können, musste der Fachmann erfinderisch tätig werden, um diese Druckplatte bereitstellen zu können. VII. Die Gegenstände der rückbezogenen Patentansprüche 5 bis 18 werden bereits durch die übergeordneten Patentansprüche getragen und betreffen zudem weitere, über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausgestaltungen der Patentansprüche 1 bis 4; sie haben deshalb ebenfalls Bestand. Bei dieser Sachlage war auf die Hilfsanträge 3 bis 8 nicht mehr einzugehen. VIII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006144
BPatG
München
1. Senat
20100609
1 ZA (pat) 7/09
Beschluss
§ 84 Abs 2 S 2 PatG, § 143 Abs 3 PatG, § 91 Abs 1 S 1 ZPO
DEU
Patentnichtigkeitsklageverfahren – Kostenfestsetzung – zur Erstattungsfähigkeit eines mitwirkenden Rechtsanwalts – Gebot der typisierenden Betrachtungsweise bei der Prüfung der Notwendigkeit einer Rechtsverfolgungs- und Rechtsverteidigungsmaßnahme
In der Patentnichtigkeitssache betreffend das europäische Patent … (DE …) (hier: Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss) hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 9. Juni 2010 unter Mitwirkung des Präsidenten Lutz sowie der Richter Schramm und Dr. Baumgart beschlossen: 1. Die Erinnerung des Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Mai 2009 wird zurückgewiesen. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens. 3. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens beträgt 7.223,49 €.
I. Mit Urteil vom 8. Oktober 2008 hat der Senat das europäische Patent … (Streitpatent) mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt und dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die hiergegen eingelegte Berufung hat der Bundesgerichtshof durch Urteil vom 23. März 2010 (Az.: X ZR 3/09) zurückgewiesen. Der Streitwert für das Nichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht ist auf 400.000,-- € festgesetzt worden. Während des Nichtigkeitsverfahrens war ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig, an dem dieselben Patent- und Rechtsanwälte wie im vorliegenden Nichtigkeitsverfahren mitgewirkt haben. Die Klägerin hat Kostenfestsetzung beantragt. Sie beansprucht darin insbesondere Gebühren für den mitwirkenden Rechtsanwalt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Mai 2009 hat die Rechtspflegerin die der Klägerin von dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf insgesamt 28.081,13 € festgesetzt. Die Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts wurden dabei in Höhe von 7.223,49 € in Ansatz gebracht. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Erinnerung des Beklagten, mit der er die Festsetzung der Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts angreift. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, es sei zwar anzuerkennen, dass bei einem Nichtigkeitsverfahren und einem parallel dazu geführten Verletzungsrechtsstreit eine enge Abstimmung notwendig sei, die grundsätzlich die Beiziehung des im Verletzungsverfahren tätigen Rechtsanwalts im Nichtigkeitsverfahren erforderlich mache. Im angegriffenen Beschluss sei aber unberücksichtigt geblieben, dass in dem parallel geführten Verletzungsverfahren sowohl der hier tätige Patentanwalt wie auch der mitwirkende Rechtsanwalt der Klägerin für diese als dortige Beklagte tätig gewesen seien. In diesem Fall werde die als Argument für die Beiziehung des Rechtsanwalts des Verletzungsverfahrens angeführte Notwendigkeit einer engen Abstimmung auch ohne dessen Mitwirkung im Nichtigkeitsverfahren erreicht. Die Klägerin tritt dem entgegen. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. II. 1. Die zulässige Erinnerung (§ 84 Abs. 2 PatG, § 104 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 23 Abs. 2 RPflG) hat in der Sache keinen Erfolg. Die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines mitwirkenden Rechtsanwalts im Patentnichtigkeitsverfahren bestimmt sich nach § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und nicht auf Grundlage einer analogen Anwendung des § 143 Abs. 3 PatG, der unmittelbar die Kosten eines neben dem Rechtsanwalt im Patentstreitverfahren mitwirkenden Patentanwalts regelt (Senat, BPatGE 51, 67, 69 - Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren I, BPatGE 51, 72, 73 - Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren II, BPatG, Beschluss vom 31. März 2010, 10 ZA (pat) 5/08 - Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren III, veröffentlicht in juris, jeweils m. w. N). Die nach § 91 Abs. 1 ZPO für die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendigen Kosten sind grundsätzlich durch eine Prüfung im Einzelfall zu ermitteln. Bei der Prüfung der Notwendigkeit kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftliche vernünftig Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Der Senat hält daran fest, dass bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme für geeignete Fallkonstellationen eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist (BPatGE a. a. O. - Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren I und II). Bei einer derartigen Betrachtung kann davon ausgegangen werden, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei der Einleitung eines Nichtigkeitsverfahrens typischerweise jedenfalls dann notwendig ist, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig ist. In diesen Fällen ist regelmäßig das Vorgehen in beiden Verfahren aufeinander abzustimmen (BPatG a. a. O.). Die Klägerin durfte daher davon ausgehen, dass die Mitwirkung eines Rechtsanwalts im Nichtigkeitsverfahren aufgrund des anhängigen parallelen Verletzungsverfahrens notwendig ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass im vorliegenden Fall - wie auch in dem der Entscheidung BPatGE a. a. O. - Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren II zugrundeliegenden Fallgestaltung - der im Patentnichtigkeitsverfahren auf Seiten der Klägerin tätige Patentanwalt auch im Verletzungsverfahren mitgewirkt hat. Dies ergibt sich schon aus dem Rechtsgedanken des § 143 Abs. 3 PatG. Diese Vorschrift privilegiert die Mitwirkung eines Patentanwalts im Patentstreitverfahren wegen der dort gegebenen juristischen und technischen Gemengelage, die jedoch in gleicher Weise dem Patentnichtigkeitsverfahren immanent ist. Der Sinn dieser Vorschrift würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn die in ihr vorgesehene Kostenerstattung für den im Verletzungsstreit mitwirkenden Patentanwalt dazu führen würde, dass die Kosten für den im Patentnichtigkeitsverfahren beteiligten Rechtsanwalt nicht mehr als notwendig nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO angesehen würden. Wegen der bereits auf Grundlage einer typisierenden Betrachtungsweise bestehenden Kostenpflicht für den mitwirkenden Rechtsanwalt kann die Frage, ob nicht angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Nichtigkeitsverfahrens mit einer umfangreichen Beweisaufnahme durch Augenschein sowie Zeugeneinvernahme und der damit über den Regelfall hinausgehenden besonderen rechtlichen Fragestellungen aufgrund einer Betrachtung im Einzelfall (vgl. BPatG a. a. O. - Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsverfahren III) eine Kostentragungspflicht für einen mitwirkenden Rechtsanwalt anzuerkennen wäre. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006144&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006145
BPatG
München
1. Senat
20100223
1 Ni 45/08 (EU)
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache betreffend das europäische Patent 1 363 990 (DE 502 10 272) hat der 1. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2010 durch den Richter Schramm als Vorsitzenden sowie die Richter Baumgärtner, Dipl.-Ing. Schlenk, Dr.-Ing. Baumgart und Dr.-Ing. Krüger für Recht erkannt: 1. Das europäische Patent 1 363 990 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 363 990 (Streitpatent), das auf die internationale Anmeldung WO 02/066593 vom 17. Januar 2002 zurückgeht, die die Priorität der deutschen Anmeldung 101 08 259.2 vom 21. Februar 2001 in Anspruch nimmt. Das in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlichte Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 502 10 272 geführt. Der Gegenstand des Streitpatents ist bezeichnet als „Verfahren und Vorrichtung zum Betrieb von Tanklagersystemen im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten“. Das Streitpatent umfasst in seiner erteilten Fassung 15 Patentansprüche, wegen deren Wortlaut auf die Streitpatentschrift verwiesen wird. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent beschränkt nach Haupt- und Hilfsantrag. Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut: Verfahren zum Betrieb von Tanklagersystemen (1) im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten, aufweisend ein Tanklagersystem (1) mit mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) und je einen Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) unterhalb des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n), der mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung steht; wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist: a) serielles Verbinden der genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4); wobei die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist; b) Wahlweises, schaltbares und vermischungssicheres Trennen der jeweiligen Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) von dem jeweiligen Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) mittels in unmittelbarer Nähe zu dessen innerer Begrenzung angeordneter Ventile (V C ; V R ; V S ); c) Öffnen eines Ventils (V C ; V R ; V S ), um Flüssigkeiten (P, H, J, WZ, R, W) aus einer Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) des Rohrsystems (2, 3, 4) in einen Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) des Tanklagersystems (1) zuzuführen (R1, R2); d) Öffnen eines Ventils (V C ; V R ; V S ), um Flüssigkeiten (P, H, J, WZ, R, W) aus dem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) in eine Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) des Rohrsystems (2, 3, 4) abzuführen (R1, R2); wobei die Zufuhr der Flüssigkeiten in den und die Abfuhr der Flüssigkeiten aus dem jeweiligen Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) von unten erfolgt, und die zu- oder abzuführenden Flüssigkeiten den mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung stehenden Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) unterhalb des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) durchströmen. Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut: Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1; a) mit einem aus mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) bestehenden Tanklagersystem (1); b) mit einem aus Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) bestehenden Rohrsystem (2, 3, 4); c) mit jeweils einem, im unteren Tankboden (1.1a, 1.2a, …, 1.ia, …; 1.na) des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) ausmündenden Ventilverteilerbaum (B1, B2, …, Bi, …, Bn); der als langgestreckter Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) ausgebildet ist, der im Wesentlichen senkrecht orientiert ist und der Anschlussöffnungen (17) zum Verbinden seines Innenraumes mit jeder der Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.1, …, 3.n; 4) besitzt; wobei d) eine erste Gruppe Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n) und eine zweite Gruppe Rohrleitungen (3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n) in jeweils reihenförmiger Anordnung untereinander, auf einander gegenüberliegenden Seiten des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna), in zwei zueinander und zur Längsachse des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) parallelen Ebenen paarweise angeordnet (2.1, 3.1; 2.2, 3.2; …, 2.i, 3.i; … 2.n, 3.n) und an diesem vorbeigeführt sind; e) und mit jeweils einem in seinem Sitzbereich vermischungssicher ausgestalteten Ventil (V C ; V R ; V R* ; V S ), das in jeder Verbindung zwischen der Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) und der zugeordneten Anschlussöffnung (17) angeordnet ist und diese Verbindung in unmittelbarer Nähe zum Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) schaltet; wobei f) die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) seriell miteinander verbunden sind; die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist. Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut: Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1 a) mit einem aus mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) bestehenden Tanklagersystem (1); b) mit einem aus Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) bestehenden Rohrsystem (2, 3, 4); c) mit jeweils einem in einem Tankboden (1,1a, 1.2a, …, 1.ia, …, 1.na) des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) ausmündenden Ventilverteilerbaum (B1, B2, …, Bi, …, Bn); der als langgestreckter Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) ausgebildet ist, der im Wesentlichen senkrecht orientiert ist und der Anschlussöffnungen (17) zum Verbinden seines Innenraumes mit jeder der Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) besitzt; wobei d) eine erste Gruppe Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n) und eine zweite Gruppe Rohrleitungen (3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n) jeweils untereinander, auf einander gegenüberliegenden Seiten des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna), in zueinander und zur Längsachse des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) parallelen Ebenen paarweise angeordnet (2.1, 3.1; 2.2, 3.2; …, 2.i, 3.i; … 2.n, 3.n) und einander in einem Winkel von 90 Grad kreuzend an dem Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) vorbeigeführt sind; e) und mit jeweils einem in seinem Sitzbereich vermischungssicher ausgestalteten Ventil (V C ; V R ; V R* ; V S ), das in jeder Verbindung zwischen der Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) und der zugeordneten Anschlussöffnung (17) angeordnet ist und diese Verbindung in unmittelbarer Nähe zum Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) schaltet; wobei f) die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) seriell miteinander verbunden sind; die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist. Wegen der auf die Patentansprüche 2 oder 3 gemäß Hauptantrag direkt oder indirekt rückbezogenen Ansprüche 4 bis 15 wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 14. April 2009 verwiesen. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag hat folgenden Wortlaut: Verfahren zum Betrieb von Tanklagersystemen (1) im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten, aufweisend ein Tanklagersystem (1) mit mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) und je einen Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) unterhalb des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n), der mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung steht; wobei die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) verbunden sind; die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist; und wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist: a) Wahlweises, schaltbares und vermischungssicheres Trennen der jeweiligen Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) von dem jeweiligen Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) mittels in unmittelbarer Nähe zu dessen innerer Begrenzung angeordneter Ventile (V C ; V R ; V S ); b) Öffnen eines Ventils (V C ; V R ; V S ), um Flüssigkeiten (P, H, J, WZ, R, W) aus einer Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) des Rohrsystems (2, 3, 4) in einen Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) des Tanklagersystems (1) zuzuführen (R1, R2); c) Öffnen eines Ventils (V C ; V R ; V S ), um Flüssigkeiten (P, H, J, WZ, R, W) aus dem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) in eine Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) des Rohrsystems (2, 3, 4) abzuführen (R1, R2); wobei d) die Zufuhr der Flüssigkeiten in den und die Abfuhr der Flüssigkeiten aus dem jeweiligen Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) von unten erfolgt, und e) die zu- oder abzuführenden Flüssigkeiten den mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung stehenden Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) unterhalb des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) durchströmen. Der Wortlaut der Patentansprüche 2 und 3 gemäß Hilfsantrag ist identisch mit dem der Patentansprüche 2 und 3 gemäß Hauptantrag. Wegen der auf die Patentansprüche 2 oder 3 gemäß Hilfsantrag direkt oder indirekt rückbezogenen Ansprüche 4 bis 15 wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10. Februar 2010 verwiesen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unzulässig sei, da sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe. Patentanspruch 3 sei sowohl nach Hauptantrag wie auch nach Hilfsantrag widersprüchlich, weshalb sein Gegenstand nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Im Übrigen seien die Gegenstände des Patents sowohl nach Hauptantrag als auch nach Hilfsantrag weder neu, noch beruhten sie auf einer erfinderischen Tätigkeit. Sie beruft sich hierzu auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik: NK 9: Kunze, Wolfgang: Technologie Brauer und Mälzer, VLB Berlin, 1998, Seiten 392 bis 400 und 788 bis 823; NK 7: TUCHENHAGEN Journal, Ausgabe „drinktec interbrau ’93“. Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 1 363 990 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Anspruchsfassung gemäß dem dortigen Schriftsatz vom 14. April 2009, hilfsweise die Anspruchsfassung nach dem dortigen Schriftsatz vom 10. Februar 2010 erhält. Sie tritt der Auffassung der Klägerin entgegen.
Die zulässige Klage hat Erfolg, da der Gegenstand des Streitpatents in der Fassung nach Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 lit. a, 56 EPÜ). Auch mit der hilfsweise verteidigten Fassung erweist sich das Streitpatent nicht als bestandsfähig. I. 1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Betrieb von Tanklagersystemen im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten und eine Vorrichtung zum Durchführen dieses Verfahrens. 2. In der Beschreibung des Streitpatents wird dabei von einem als Stand der Technik bezeichneten Tanklagersystem mit im ausgeführten Beispiel 5 Tanks ausgegangen, bei dem von jedem Tank eine Tankauslaufleitung zu einem zentralen Ventilblock geführt wird. Dort werden die an dieser Stelle parallel geführten 5 Tankauslaufleitungen von 4 Rohrleitungen für das Befüllen bzw. Entleeren der Tanks mit verschiedenen Flüssigkeiten gekreuzt. An den Kreuzungspunkten ist eine Ventilmatrix von 5 mal 4 vermischungssicheren Ventilen angeordnet, die im geschlossenen Zustand die 5 Tankauslaufleitungen von den 4 Rohrleitungen trennen. Durch Öffnen eines der Ventile kann Flüssigkeit aus einer beliebigen der 4 Rohrleitungen durch eine beliebige der 5 Tankauslaufleitungen in den entsprechenden Tank zugeführt werden oder umgekehrt abgeführt werden, siehe Absätze [0003] und [0004] sowie Figur 1 der Streitpatentschrift. 3. Als Nachteil solcher Tanklagersysteme mit Ventilmatrix ist im Streitpatent unter anderem angegeben, dass in den langen Tankauslaufleitungen sowie in toten Enden im Bereich der Ventilmatrix ein unerwünschtes Keimwachstum entstehen könne, zu dessen Verhinderung bisher ein hoher Installationsaufwand in Form zusätzlicher Ventile und Leitungen zum Reinigen der betroffenen Leitungsabschnitte erforderlich gewesen sei, siehe Absätze [0004] bis [0019] der Streitpatentschrift. 4. Hiervon ausgehend ist als Aufgabe angegeben, ein Verfahren zum Betrieb von Tanklagersystemen im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten zu schaffen, das hohe mikrobiologische Qualitätsanforderungen erfüllt, und das es ermöglicht, die Vorrichtung zu seiner Durchführung einfacher als bekannte Vorrichtungen auszuführen, siehe Absatz [0024] der Streitpatentschrift. 5. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 sowie eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 2 oder des Patentanspruchs 3 vor, wobei der Streitpatentschrift nach den Absätzen [0026] und [0027] als Kern der Erfindung unter anderem zu entnehmen ist, dass die Rohrleitungen unmittelbar an einen mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung stehenden Raum unterhalb des jeweiligen Tanks herangeführt werden. Dadurch entfallen nach der Patentschrift die langen Tankauslaufleitungen des als Stand der Technik bezeichneten Tanklagersystems. 6. Im Streitpatent werden beansprucht 6.1. ein Verfahren, 6.1.1. das nach Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag folgende Merkmale aufweist: 1. Verfahren zum Betrieb von Tanklagersystemen (1) im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten, 1.1 aufweisend ein Tanklagersystem (1) mit mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) 1.2 und je einen Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) unterhalb des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n), der mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung steht; wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist: a) serielles Verbinden der genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4); wobei a.1) die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; a.2) an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und a.3) jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist; b) Wahlweises, schaltbares und vermischungssicheres Trennen der jeweiligen Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) von dem jeweiligen Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) mittels in unmittelbarer Nähe zu dessen innerer Begrenzung angeordneter Ventile (V C ; V R ; V S ); c) Öffnen eines Ventils (V C ; V R ; V S ), um Flüssigkeiten (P, H, J, WZ, R, W) aus einer Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) des Rohrsystems (2, 3, 4) in einen Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) des Tanklagersystems (1) zuzuführen (R1, R2); d) Öffnen eines Ventils (V C ; V R ; V S ), um Flüssigkeiten (P, H, J, WZ, R, W) aus dem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) in eine Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) des Rohrsystems (2, 3, 4) abzuführen (R1, R2); wobei cd.1) die Zufuhr der Flüssigkeiten in den und die Abfuhr der Flüssigkeiten aus dem jeweiligen Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) von unten erfolgt, und cd.2) die zu- oder abzuführenden Flüssigkeiten den mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung stehenden Raum (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) unterhalb des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) durchströmen. 6.1.2. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass dessen Merkmale a, a.1, a.2 und a.3 nicht als Verfahrensschritte, sondern als Vorrichtungsmerkmale formuliert sind. 6.2. Die Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 2 nach Hauptantrag und Hilfsantrag weist die folgenden Merkmale auf: 2. Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1; a) mit einem aus mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) bestehenden Tanklagersystem (1); b) mit einem aus Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …; 3.n; 4) bestehenden Rohrsystem (2, 3, 4); c) mit jeweils einem, im unteren Tankboden (1.1a, 1.2a, …, 1.ia, …, 1.na) des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) ausmündenden Ventilverteilerbaum (B1, B2, …, Bi, …, Bn); c.1) der als langgestreckter Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) ausgebildet ist, der im Wesentlichen senkrecht orientiert ist und der Anschlussöffnungen (17) zum Verbinden seines Innenraumes mit jeder der Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.1, …, 3.n; 4) besitzt; wobei d) eine erste Gruppe Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n) und eine zweite Gruppe Rohrleitungen (3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.i, …, 3.n) in jeweils reihenförmiger Anordnung untereinander, auf einander gegenüberliegenden Seiten des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna), in zwei zueinander und zur Längsachse des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) parallelen Ebenen paarweise angeordnet (2.1, 3.1; 2.2, 3.2; …, 2.i, 3.i; … 2.n, 3.n) und an diesem vorbeigeführt sind; e) und mit jeweils einem in seinem Sitzbereich vermischungssicher ausgestalteten  Ventil (V C ; V R ; V R* ; V S ), das in jeder Verbindung zwischen der Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) und der zugeordneten Anschlussöffnung (17) angeordnet ist und diese Verbindung in unmittelbarer Nähe zum Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) schaltet; wobei f) die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) seriell miteinander verbunden sind; f.1) die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; f.2) an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und f.3) jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist. 6.3. Die Vorrichtung gemäß dem Patentanspruch 3 nach Hauptantrag und Hilfsantrag weist die folgenden Merkmale auf: 3. Vorrichtung zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1 a) mit einem aus mehr als einem Tank (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) bestehenden Tanklagersystem (1); b) mit einem aus Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) bestehenden Rohrsystem (2, 3, 4); c) mit jeweils einem in einem Tankboden (1,1a, 1.2a, …, 1.ia, …, 1.na) des jeweiligen Tanks (1.1, 1.2, …, 1.i, …, 1.n) ausmündenden Ventilverteilerbaum (B1, B2, …, Bi, …, Bn); c.1) der als langgestreckter Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) ausgebildet ist, der im Wesentlichen senkrecht orientiert ist und der Anschlussöffnungen (17) zum Verbinden seines Innenraumes mit jeder der Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) besitzt; wobei d) eine erste Gruppe Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n) und eine zweite Gruppe Rohrleitungen (3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n) jeweils untereinander, auf einander gegenüberliegenden Seiten des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna), in zueinander und zur Längsachse des Hohlkörpers (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) parallelen Ebenen paarweise angeordnet (2.1, 3.1; 2.2, 3.2; …, 2.i, 3.i; … 2.n, 3.n) und einander in einem Winkel von 90 Grad kreuzend an dem Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) vorbeigeführt sind; e) und mit jeweils einem in seinem Sitzbereich vermischungssicher ausgestalteten Ventil (V C ; V R ; V R* ; V S ), das in jeder Verbindung zwischen der Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) und der zugeordneten Anschlussöffnung (17) angeordnet ist und diese Verbindung in unmittelbarer Nähe zum Hohlkörper (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) schaltet; wobei f) die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) über eine Vielzahl von Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) seriell miteinander verbunden sind; f.1) die Rohrleitungen (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) durchgehend sind; f.2) an die genannten Räume (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) herangeführt werden; und f.3) jede Rohrleitung (2.1, 2.2, …, 2.i, …, 2.n; 3.1, 3.2, …, 3.i, …, 3.n; 4) mit allen genannten Räumen (B1a, B2a, …, Bia, …, Bna) des Tanklagersystems (1) verbunden ist. 7. Zum Verständnis des Patents aus der Sicht des hier zuständigen Fachmanns, eines Diplom-Ingenieurs der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik, der auf die Planung von Verrohrungssystemen für festverrohrte Tanklagersysteme spezialisiert ist, ist folgendes auszuführen: 7.1. Patentanspruch 1 nach Hauptantrag betrifft nach Merkmal 1 ein Verfahren zum Betrieb von Tanklagersystemen (1) im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten. Die Merkmale 1.1 und 1.2 beschreiben gegenständliche Merkmale des Tanklagersystems (1), das mit dem Verfahren betrieben werden soll, nämlich zum einen, dass es mehr als einen Tank aufweist, und zum anderen die Anordnung eines Raums unterhalb des jeweiligen Tanks, der mit dem jeweiligen Tankinhalt in Verbindung steht, und der sich deshalb als Innenraum des in den Ansprüchen 2 und 3 jeweils im Merkmal c) eingeführten Ventilverteilerbaums darstellt. Die weiteren Merkmale des Anspruchs 1 werden zwar explizit als Verfahrensschritte bezeichnet. Die Angaben zu den Merkmalen a) bis a.3) geben jedoch keine im Betrieb des Tanklagersystems auftretenden Verfahrensschritte an, sondern den Aufbau des Rohrsystems: „Seriell“ gemäß Merkmal a) versteht der Fachmann als Gegensatz zu „parallel“. Da zum seriellen Verbinden nur eine Rohrleitung benötigt wird, bedeutet „eine Vielzahl von Rohrleitungen“, dass jede dieser Rohrleitungen die genannten Räume seriell verbindet. Der Begriff „Verbinden“ in den Merkmalen a) und a.3) ist im Sinne des „Heranführens“ der Rohrleitungen an die Räume gemäß Merkmal a.2) zu verstehen, nicht dagegen als eine ständig offene Verbindung, da gemäß Merkmalen b), c), und d) die Rohrleitungen von den Räumen durch Ventile getrennt sind. Dass gemäß Merkmal a.1) „die Rohrleitungen durchgehend sind“, bedeutet, dass die in Merkmal b) eingeführten Ventile zwar die jeweilige Rohrleitung von dem jeweiligen Raum trennen oder zu dem jeweiligen Raum hin öffnen können, dabei jedoch nicht die Rohrleitung absperren können. Gemäß Merkmal a.3) ist „jede Rohrleitung mit allen genannten Räumen verbunden“. Dies fügt der Angabe „serielles Verbinden“ gemäß Merkmal a) noch hinzu, dass es sich dabei um ausschließlich serielles Verbinden handelt, es schließt also Ausführungen mit teils serieller und teils paralleler Verbindung aus. Im Merkmal b) wird mit der Wortfolge „Trennen der … Rohrleitung von dem … Raum“ ein Verfahrensschritt angegeben. Die weiteren Angaben des Merkmals b) geben dem Fachmann Eigenschaften des zu betreibenden Tanklagersystems an, die sich aus Aufbau und Anordnung der verwendeten Ventile ergeben: „Wahlweise“ bedeutet dabei, dass beliebige der Rohrleitungen von beliebigen Räumen getrennt und dementsprechend auch zu diesen Räumen hin geöffnet werden können. „Schaltbar“ bedeutet, dass die Ventile nicht manuell betätigt werden müssen. „Vermischungssicher“ bedeutet gemäß Abs. [0035] bis [0039] der Patentschrift, dass Ventile verwendet werden, die konstruktiv besonders gegen Undichtigkeiten im geschlossenen, trennenden Zustand abgesichert sind. „In unmittelbarer Nähe zu dessen innerer Begrenzung angeordnet“ versteht der Fachmann dahingehend, dass sich in dem Raum möglichst keine toten Enden ergeben sollen. Gemäß den Merkmalen c), d) erfolgt sowohl das Zuführen als auch das Abführen von Flüssigkeiten durch „Öffnen eines Ventils“. Die weiteren Angaben der Merkmale cd.1) und cd.2) beschreiben Wirkungen des Ventilöffnens gemäß Merkmalen c), d), die sich schon aus der Anordnung der Räume gemäß Merkmal 1.2) und der Anordnung der Ventile gemäß Merkmal b) ergeben. 7.2. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lediglich dadurch, dass die dort als Verfahrensschritte formulierten, aber tatsächlich die Anordnung der Rohrleitungen und somit eine Vorrichtung beschreibenden Merkmale a, a.1, a.2 und a.3 hier ausdrücklich als Vorrichtungsmerkmale formuliert sind. 7.3. Die Patentansprüche 2 und 3 nach Hauptantrag und Hilfsantrag beschreiben jeweils eine Vorrichtung, die zum Durchführen des Verfahrens nach Anspruch 1 geeignet sein soll. Ihre Gegenstände unterscheiden sich lediglich durch die Angaben des jeweiligen Merkmals d). Die abweichende Formulierung „im unteren / in einem Tankboden“ im jeweiligen Merkmal c) ist ohne Bedeutung, weil die Tanks jeweils nur einen Boden haben, der, wie der Begriff „Boden“ schon selbst ausdrückt, „unten“ ist. Zu den übereinstimmenden Merkmalen a) bis c.1) und e) bis e.3): Die jeweiligen Merkmale a) und b) wiederholen lediglich gegenständliche Angaben der Merkmale 1.1 und a) des Patentanspruchs 1. Der im jeweiligen Merkmal c) genannte Ventilverteilerbaum ist das Bauteil, das als Hohlkörper den im Merkmal 1.2 des Patentanspruchs 1 eingeführten „Raum“ umgibt. Im jeweiligen Merkmal c.1) werden außer den Angaben zu Form und Lage des Ventilverteilerbaums, nämlich langgestreckt, im Wesentlichen senkrecht orientiert, lediglich Angaben wiederholt, die sich bereits aus Merkmal a.3) des Patentanspruchs 1 ergeben. Das jeweilige Merkmal e) entspricht in anderer Formulierung dem Merkmal b) des Patentanspruchs 1. Die jeweiligen Merkmale f) bis f.3) entsprechen den Merkmalen a) bis a.3) des Patentanspruchs 1. Merkmal d) des Patentanspruchs 2 beschreibt die in Fig. 2 der Streitpatentschrift beispielhaft für drei Rohrleitungen pro Rohrleitungsgruppe abgebildete Anordnung. Merkmal d) des Patentanspruchs 3 erscheint zunächst widersprüchlich: Denn die Rohrleitungen der zwei Rohrleitungsgruppen können nicht, wie es im Anspruch formuliert ist, „in zueinander parallelen Ebenen“ angeordnet sein und zugleich auch „einander in einem Winkel von 90 Grad kreuzen“. Die Ermittlung des objektiven Offenbarungsinhalts hat jedoch mit den Augen des zuständigen Fachmanns zu erfolgen, der auch in der Lage ist, erkennbare Ungereimtheiten und Fehler richtigzustellen (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, § 34 Rn. 263, 265 m. w. N.). Er entnimmt dem letzten Satz von Absatz [0030] der Beschreibung der Streitpatentschrift, dass bei matrixförmiger Anordnung der Tanks diese sowohl in der einen Anordnungsrichtung als auch in einer senkrecht dazu orientierten Richtung, also doppelt, verrohrt werden sollen. II. 1. Zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Kombination der NK7 mit dem Inhalt der NK9. 1.1. Die Entgegenhaltung NK9 erläutert im Abschnitt 11 die Planung eines Tanklagersystems im festverrohrten Verbund mit Rohrsystemen für Flüssigkeiten für eine Brauerei, entsprechend dem im Merkmal 1 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag genannten Tanklagersystem. Als Planungsschritt 5 ist im Abschnitt 11.2.2.5 auf Seite 798 der NK9 unter Bezugnahme auf die Abb. 11.7 auf Seiten 800, 801 die Erstellung eines Rohrleitungs- und Instrumentenfließbildes (RI-Schema) erläutert. Der Abb. 11.7 entnimmt der Fachmann ein Tanklagersystem mit zwei Gärtanks GT1 und GT2, also mit mehr als einem Tank, entsprechend Merkmal 1.1 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Aufgrund der Darstellung der Gärtanks GT1, GT2 in Abb. 11.7 erkennt der Fachmann in diesen zylindrokonische Tanks (ZKT) mit Auslaufleitungen, wie sie in Abschnitt 4.4 der NK9 erläutert sind. Die in Abb. 11.7 mit DN125 bezeichneten Auslaufleitungen umfassen, da sie an der tiefsten Stelle des konischen Tankbodens angeschlossen sind, an ihrem tankseitigen Ende je einen Raum unterhalb des jeweiligen Tanks, der mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung steht, entsprechend Merkmal 1.2 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Die im RI-Schema in Abb. 11.7 senkrecht dargestellten Auslaufleitungen werden über 4 waagerecht dargestellte Rohrleitungen seriell verbunden, dies entspricht dem in den Merkmalen a) und a.3) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag angegebenen seriellen Verbinden der genannten Räume über eine Vielzahl von Rohrleitungen, wobei jede Rohrleitung mit allen genannten Räumen des Tanklagersystems verbunden ist. An den Verknüpfungsstellen der Auslaufleitungen mit den 4 Rohrleitungen sind diese durch je vier Ventile voneinander getrennt, die in Abb. 11.7 mit GT1.V1 bis GT1.V4 und GT2.V1 bis GT2.V4 bezeichnet sind, und die gemäß Abschnitt 11.2.2.5 als Fernschaltventile ausgeführt sind. Gemäß den Ausführungen im Abschnitt 11.4, auf den im Abschnitt 11.2.2.5 verwiesen wird, sollen die Rohrleitungsverknüpfungen „ mixproof “, also vermischungssicher ausgeführt werden, siehe Abschnitt 11.4.3, Seiten 820, 821. Dies entspricht dem im Merkmal b) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag unter anderem angegebenen wahlweisen, schaltbaren und vermischungssicheren Trennen der jeweiligen Rohrleitung von dem jeweiligen Raum. In der oberen Hälfte von Abb. 11.10 im Abschnitt 11.4, Seite 817, sind verschiedene Beispiele zur Gestaltung der Rohrleitungsverknüpfungen dargestellt sind. Diesen Beispielen entnimmt der Fachmann, dass die Ventile an den Verknüpfungsstellen zweier Leitungen stets so angeordnet werden, dass beide Leitungen durchgehend ausgeführt sind, und die Ventile lediglich eine Verbindung von der einen zur anderen Leitung öffnen oder schließen können, dabei jedoch keine der Leitungen absperren können. Dies bedeutet im Fall der in Abb. 11.7 dargestellten Verknüpfungen der senkrecht dargestellten Auslaufleitungen mit den 4 waagerecht dargestellten Rohrleitungen, dass die Rohrleitungen durchgehend sind, entsprechend Merkmal a.1) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Der Fachmann entnimmt der in Abb. 11.7 dargestellten Anordnung von Ventilen an den Verknüpfungsstellen der Rohrleitungen mit den Auslaufleitungen der Gärtanks in Verbindung mit den mit Pfeilen versehenen Medienangaben wie „Wasser“, „Hefe“, usw. auch, wie und womit die Gärtanks im Betrieb gefüllt werden sollen, also ein Verfahren zum Betrieb des Tanklagersystems durch Öffnen eines Ventils, um Flüssigkeiten aus einer Rohrleitung des Rohrsystems in einen Tank des Tanklagersystems zuzuführen, bzw. um Flüssigkeiten aus dem Tank in eine Rohrleitung des Rohrsystems abzuführen, entsprechend den Merkmalen c) und d) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Dabei ergibt sich aus dem Anschluss der jeweiligen Auslaufleitung an der tiefsten Stelle des konischen Bodens des Gärtanks zwangsläufig, dass die Zufuhr der Flüssigkeiten in den und die Abfuhr der Flüssigkeiten aus dem jeweiligen Tank von unten erfolgt, und dass die zu- oder abzuführenden Flüssigkeiten den mit dem jeweiligen Tankinhalt in unmittelbarer Verbindung stehenden Raum unterhalb des jeweiligen Tanks durchströmen, entsprechend den Merkmalen cd.1) und cd.2) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. 1.2. Die NK9 offenbart dem Fachmann somit zwar die Merkmale 1 bis a.1), a.3) und c) bis cd.2), nicht jedoch das Merkmal a.2), wonach die Rohrleitungen an die genannten Räume (in NK9 die tankseitigen Enden der Auslaufleitungen) herangeführt werden, und auch nicht das letzte Teilmerkmal des Merkmals b), wonach die Ventile in unmittelbarer Nähe zu der inneren Begrenzung des jeweiligen Raums (in NK9 des tankseitigen Endes der Auslaufleitung) angeordnet sind: Die Abbildung 11.7 in NK9 zeigt einen hydraulischen Schaltplan, der keine Angaben über die Längen der jeweiligen Leitungen und über ihre Anordnung im Raum enthält. Insbesondere ist der Abbildung 11.7 für sich gesehen zwar nicht zu entnehmen, ob die Auslaufleitungen kurz und dementsprechend die waagerecht dargestellten Rohrleitungen lang sind, da sie dann von Tank zu Tank geführt werden müssen, oder ob umgekehrt die waagerecht dargestellten Rohrleitungen kurz, die Ventile zu ihrer Verknüpfung mit den Auslaufleitungen als Ventilmatrix nahe beieinander liegend angeordnet und dementsprechend die Auslaufleitungen lang sind, da diese dann von den einzelnen Tanks zu der Ventilmatrix geführt werden müssen. Da jedoch gemäß Abschnitt 11.2.2.5 die Festverrohrung mit Fernschaltventilen gemäß Abb. 11.7 als Alternative zu einer Teil-Festverrohrung mit Schwenkbögen gemäß Abb. 11.8 dargestellt ist, und solche Schwenkbögen laut NK9 als Paneel oder Rohrzaun nahe beieinander liegend angeordnet werden, siehe die Fotos auf Seite 397, hat der Fachmann keinen Anlass, für eine Festverrohrung mit Fernschaltventilen gemäß Abb. 11.7 davon abzuweichen. Vielmehr war er bei der konkreten Realisierung eines projektierten Schaltplans auch für den Fall der Auswahl der im Abschnitt 4.4.2.1.1 für die Ausrüstung von Tanks zum Befüllen und Entleeren vorgeschlagenen Alternative, die Ventile an jedem Tank anzubringen (vgl. Seite 398, linke Spalte, zweiter Absatz) weiterhin bestrebt, das „bewährte Prinzip“ beizubehalten (vgl. Abschnitt 1.1.4.3, Seite 821, linke Spalte, dritter Absatz), Auslaufleitungen „so kurz wie möglich“ zu halten (vgl. Abschnitt 1.1.4.3, Seite 820, rechte Spalte, unten). 1.3. Der Fachmann, der gemäß der Lehre der NK9 ein Tanklagersystem mit mehreren Tanks für eine Brauerei plant, muss jedoch auch die einzusetzenden Ventile auswählen, und zwar - wie bereits ausgeführt - gemäß Abschnitt 11.4.3 der NK9 möglichst „mixproof-sichere“, also leckagegesicherte Ventile, wie in Fig. 11.10 links oben dargestellt. Auf der Suche nach einem Anbieter für solche Ventile stößt er auf die NK7. Die NK7 ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigender Stand der Technik. Die Beklagte hat zwar in der Klageerwiderung unter II. 1.a. gerügt, dass die Klägerin keine Einzelheiten zu der von ihr behaupteten Offenkundigkeit dieser Broschüre dargelegt habe, beispielsweise zur tatsächlichen Verteilung auf der Messe „ drinctec interbrau ´93“. Diese Rüge stellt aber weder ein ausdrückliches Bestreiten i. S. v. § 138 Abs. 3 ZPO dar, noch kann aus dieser Äußerung in Verbindung mit den übrigen Umständen die Absicht der Beklagten abgeleitet werden, die Offenkundigkeit bestreiten zu wollen. Denn zum einen hat die Beklagte unter II. 1.b. der Klageerwiderung ausdrücklich unstreitig gestellt, dass die Broschüre von ihr selbst in das europäische Prüfungsverfahren eingeführt worden ist. In der Beschreibung des Streitpatents ist diese Broschüre im Rahmen der Darstellung des Standes der Technik ausführlich gewürdigt. Da zudem aufgrund der Ausgestaltung der NK7 als Prospekt für die auf der Titelseite angegebene Messe nach der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass diese auch verteilt wurde, hätte es eines substantiierten Gegenvortrags der Beklagten bedurft, warum es sich bei der NK7 nicht um der Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag zugängliche Informationen handelt. Die NK7 offenbart ein neu entwickeltes leckagegesichertes Ventil für Brauereianlagen mit der Bezeichnung VARIVENT II und zeigt auf der Titelseite vier solcher Ventile. Wie sich dabei sowohl aus der Beschreibung im Abschnitt 15, „Vorstellung der Innovationen des neuen VARIVENT II“, siehe das erste als „Fortsetzung“ bezeichnete Blatt, wörtlich ergibt, als auch für den Fachmann aus der Darstellung auf der Titelseite selbst erkennbar ist, sind diese vier Ventile unmittelbar an den Tankauslauf eines stehenden Tanks angeschlossen und verknüpfen diesen mit vier senkrecht zur Darstellungsebene verlaufenden, geschnitten dargestellten und rosafarben ausgefüllten Rohrleitungen. Der Fachmann, der entsprechend Abb. 11.7 der NK9 vorsieht, jeden Tank GT des Tanklagersystems über eine Tankauslaufleitung und mehrere Ventile mit mehreren Rohrleitungen zu verknüpfen, wobei in dem in Abb. 11.7 dargestellten Beispiel vorgesehen ist, die Tankauslaufleitung über vier Ventile GT.V1 bis GT.V4 mit vier Rohrleitungen zu verknüpfen, erkennt, dass der auf der Titelseite der NK7 dargestellte kurze Tankauslauf mit den vier Ventilen und vier Rohrleitungen der in Abb. 11.7 der NK9 vorgesehenen Tankauslaufleitung mit den ebenfalls vier Ventilen GT.V1 bis GT.V4 und vier Rohrleitungen entspricht. Aufgrund der in NK7 angegebenen Vorteile der Anordnung der Ventile unmittelbar am Tankauslauf unter dem Tank, wonach sich „eine sehr kompakte, kostengünstige und hinsichtlich der Reinigung des Tankauslaufs ideale Anordnung“ ergibt, ist es für den Fachmann naheliegend, diese Anordnung zu übernehmen. Für ein Tanklagersystem mit mehreren Tanks ergibt sich aufgrund des gemäß NK9 vorgesehenen seriellen Verbindens der Tankauslaufleitungen dabei zwangsläufig, dass die vier auf der Titelseite der NK7 rosa ausgefüllten Rohrleitungen von einem Tankauslauf zum nächsten geführt werden müssen. Der Fachmann erhält so ein Tanklagersystem, bei dem die die einzelnen Tankausläufe verbindenden Rohrleitungen an die im Patentanspruch 1 sogenannten Räume, also an die Innenräume der Tankausläufe, herangeführt werden, entsprechend dem Merkmal a.2) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, und bei dem die Ventile in unmittelbarer Nähe zu der inneren Begrenzung des jeweiligen Raums angeordnet sind, entsprechend dem letzten Teilmerkmal des Merkmals b) des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Er gelangt somit aufgrund der Zusammenschau der NK9 und der NK7 ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag. Auf die auch im vorterminlichen Hinweis des Senats vom 26. Januar 2010 angesprochene Frage, ob die Merkmale a), a.1), a.2) und a.3) als Schritte eines Verfahrens zum Betrieb eines Tanklagersystems offenbart sind, kommt es daher nicht mehr an. Nachdem die Beklagte auf den gerichtlichen Hinweis das Patent im Rahmen eines Hilfsantrags verteidigt, der den gerichtlichen Bedenken Rechnung tragen soll, ist dieser und nicht der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung der weiteren Prüfung zugrunde zu legen. Nachdem der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lediglich hinsichtlich der Kategorie seiner Merkmale a) bis a.3), nicht aber hinsichtlich deren Inhalt abweicht, beruht auch dessen Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit. 2 . Zum Patentanspruch 2 nach Hauptantrag und Hilfsantrag Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand des nach Hauptantrag und Hilfsantrag identischen Patentanspruchs 2 neu ist, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht: Die auf der Titelseite der NK7 dargestellte Anordnung der Ventile und Rohrleitungen am Tankauslauf weist, wie der Abbildung unmittelbar zu entnehmen ist, auch die über den Inhalt des Patentanspruchs 1 hinausgehenden Merkmale c), c.1) und d) des Patentanspruchs 2 auf. Der Fachmann, der, wie bereits zum Patentanspruch 1 ausgeführt, für das von ihm geplante Tanklagersystem diese Anordnung übernimmt, gelangt so ohne erfinderisches Zutun auch zum Gegenstand des Patentanspruchs 2. 3. Zum Patentanspruch 3 nach Hauptantrag und Hilfsantrag Der Gegenstand des nach Hauptantrag und Hilfsantrag identischen Anspruchs 3 ist im Patent so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann. Merkmal d) wird vom Fachmann unter Heranziehung von Absatz [0030] der Beschreibung in der Weise verstanden, dass bei matrixförmiger Anordnung der Tanks diese sowohl in der einen Anordnungsrichtung als auch in einer senkrecht dazu orientierten Richtung, also doppelt verrohrt werden sollen. Ob der Gegenstand des Patentanspruchs 3 neu ist, kann dahingestellt bleiben, da er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Er unterscheidet sich von dem des Patentanspruchs 2 durch das Merkmal d), wonach bei matrixförmiger Anordnung der Tanks zusätzlich zu der gemäß Merkmal d) des Patentanspruchs 2 vorgesehenen Verrohrung diese noch einmal vorgesehen werden soll, in einer senkrecht zur ersten Verrohrung verlaufenden Richtung. Die Anordnung einer Vielzahl von Tanks eines Tanklagersystems in Matrixform ist bekannt und dem Fachmann geläufig, siehe dazu auch die Darstellung in Bild 4.28 auf Seite 395 der NK9, wo zwei Tanks nebeneinander dargestellt sind, der Bedienungsgang (1) und die Rohrleitungen (2) jedoch nicht die zwei dargestellten Tanks verbinden, sondern senkrecht zur Darstellungsebene zu davor und/oder dahinter liegenden Tanks führen. Die NK9 lehrt im Abschnitt 11.4.1.1 auf Seite 813, rechte Spalte, dass bei der Planung des Verrohrungssystems eines Tanklagers auf Flexibilität und Reserven zu achten ist. Dabei wird mit anschaulichen Beispielen der Betrieb des Tanklagers mit dem Fahrplan eines gleisgebundenen Verkehrssystems und das Verrohrungssystem mit dem Gleisnetz verglichen. Durch diesen Vergleich wird dem Fachmann nahegelegt, die Verrohrung des Tanklagers wie ein Gleisnetz als Netz, also mit sich kreuzenden Linien auszuführen. Bei Anordnung der Tanks in Matrixform führt dies zu einer Anordnung der Rohrleitungen entsprechend Merkmal d) des Patentanspruchs 3. Auch die Tatsache, dass zwischen der Verteilung des Prospekts NK7 und der Anmeldung des Patents mehr als 7 Jahre verstrichen sind, kann nicht als Beweisanzeichen für das Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit gewertet werden, da diese Zeitspanne bezogen auf die Weiterentwicklung eines teuren und langlebigen Investitionsguts wie eines Tanklagers unerheblich ist. Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung - von der Beklagten unwidersprochen - vorgetragen, dass die in der NK7 gezeigte Ventilanordnung aufgrund einer Entscheidung der Geschäftsleitung im Unternehmen der Beklagten nicht weiterverfolgt worden sei. 4. Die Unteransprüche gemäß Haupt- und Hilfsantrag weisen keinen eigenständigen erfinderischen Gehalt auf. Ein solcher wurde von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006146
BPatG
München
5. Senat
20100421
5 Ni 2/09 (EU)
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache betreffend das europäische Patent EP 1 308 628 (DE 602 00 206) hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2010 durch die Vorsitzende Richterin Schuster sowie die Richter Gutermuth, Dipl.-Ing. Bülskämper, Dipl.-Ing. Reinhardt und Dipl.-Ing. Dr. Höchst für Recht erkannt: I. Die Klagen werden abgewiesen. II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 29. Oktober 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität der italienischen Patentanmeldung PD 20010256 vom 30. Oktober 2001 angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 308 628 (Streitpatent), das eine Kupplungsvorrichtung betrifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 602 00 206.0 geführt wird. Das in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlichte Streitpatent umfasst 9 Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der deutschen Übersetzung gemäß Patentschrift folgenden Wortlaut hat: Verbesserte Vorrichtung zur Übertragung von Bewegung zwischen dem Läufer (10) eines Synchronmotors mit Permanentmagneten und einer mit dem Läufer (10) in Verbindung stehenden Arbeitspartie (17), enthaltend: - eine erste Kupplung (2) an einem Ende der Läuferwelle, wobei die Kupplung mit einem Antriebselement (23) versehen ist, das in Bezug auf die Drehachse des Läufers (10) exzentrisch ist, - eine zweite Kupplung (3), die in einer kinematischen Serie mit der ersten Kupplung (2) zusammenwirkt und die mit einem angetriebenen Element (24) versehen ist, das in Bezug auf die Drehachse des Läufers (10) exzentrisch und starr mit der Arbeitspartie (17) verbunden ist, wobei das Antriebselement (23) und das angetriebene Element (24) in gesonderten und nicht überlappenden Axialpositionen angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass zwei elastische Elemente (25, 26) vorgesehen sind, die winkelmäßig hintereinander versetzt sind, wobei sich eines von ihnen mit dem Antriebselement (23) der ersten Kupplung (2) überschneidet und das andere mit dem angetriebenen Element (24) der zweiten Kupplung (3). Bezüglich der rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 und der (maßgeblichen) englischen Fassung aller Ansprüche wird auf die Streitpatentschrift EP 1 308 628 B1 verwiesen. Mit ihren Nichtigkeitsklagen, die mit Beschluss vom 30. September 2009 gemäß § 147 ZPO verbunden wurden, machen die Klägerinnen geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Stand der Technik verweisen die Klägerinnen auf folgende Dokumente: NK6/AH6 DE 93 02 945 U1 NK7/AH8 WO 99/48189 A1 mit Übersetzung DE 699 12 051 T2 (NK8) NK12/AH13 US-PS 1 627 964 NK13/AH14 US-PS 2 099 359 NK14 FR-PS 965 022 AH7 US 4 803 855 AH12 US 5 928 083 AH15 EP 0 762 000 A2 AH16 GB-PS 760 475 AH17 DE-OS 1 475 519. Die Klägerinnen beantragen, das europäische Patent 1 308 628 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen. Sie tritt den Ausführungen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig. Zwischen der Klägerin zu 1) und der Beklagten ist in zweiter Instanz ein Patentverletzungsverfahren anhängig, dem die Klägerin zu 2) auf Seiten der Klägerin zu 1) beigetreten ist. In erster Instanz erfolgte Klageabweisung (LG Düsseldorf 4a O 153/08 vom 18. August 2009, Anlage AH 18).
Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Kupplungsvorrichtung zwischen einem Läufer eines Synchronmotors und einer von diesem angetriebenen Arbeitsmaschine wie beispielsweise einem Laufrad einer Zentrifugalpumpe (Absätze [0001] und [0030] der Streitpatentschrift). In der Beschreibungseinleitung des Streitpatents (Absätze [0002] bis [0012] der Streitpatentschrift) ist erläutert, dass bei einem Synchronmotor ein permanentmagnetischer Läufer synchron von einem im umgebenden Stator bewegten magnetischen Drehfeld mitgenommen wird. In der Anlaufphase muss der Läufer beschleunigt werden, bevor ein synchronisierter Betriebsmodus erreicht wird. Um diese Beschleunigung zu erleichtern, wird üblicherweise in der Kupplung zwischen dem Motor und der Arbeitsmaschine ein Freischlag verwirklicht, so dass der Läufer über einen gewissen Winkelbereich beschleunigt werden kann, ohne dass die angeschlossene Arbeitsmaschine mitbeschleunigt werden muss. Dazu weist die antriebsseitige Kupplung ein als Nocken ausgebildetes Antriebselement auf, das erst nach einer gewissen Drehung des Rotors auf ein ebenfalls als Nocken ausgebildetes angetriebenes Element der abtriebsseitigen Kupplung stößt und diese dann mitnimmt. Beim Aufprall der beiden Nocken aufeinander entstehen unerwünschte Stoßgeräusche. Im Stand der Technik wird deshalb zur Verringerung der Stoßgeräusche ein elastisches Element zwischen beide Nocken eingefügt. Nach der Beschreibungseinleitung des Streitpatents können die sich beim Aufprall der Nocken ergebenden Stoßwellen zu einem vorzeitigen Versagen des elastischen Elements führen (Absätze [0019] und [0020]). Mit dem Streitpatent soll eine Kupplungsvorrichtung geschaffen werden (Absätze [0021] bis [0025] der Streitpatentschrift), - bei der beim Anlauf des Motors weniger Geräusche entstehen, - die eine einfache Konstruktion aufweist und kompakt ist, - die kostengünstig ist und - deren Lebensdauer verlängert ist. Nach Patentanspruch 1 wird eine Kupplungsvorrichtung mit folgenden Merkmalen vorgeschlagen (bei strittigen Begriffen ist die englische Originalfassung in kursiver Schrift eingefügt): a) Verbesserte Vorrichtung zur Übertragung von Bewegung zwischen dem Läufer (10) eines Synchronmotors mit Permanentmagneten und einer mit dem Läufer (10) in Verbindung stehenden Arbeitspartie (17), enthaltend: b) Eine erste Kupplung (2) an einem Ende der Läuferwelle, b1) wobei die Kupplung mit einem Antriebselement (23) versehen ist, b2) das in Bezug auf die Drehachse des Läufers (10) exzentrisch ist, c) Eine zweite Kupplung (3), c1) die in einer kinematischen Serie mit der ersten Kupplung (2) zusammenwirkt und die mit einem angetriebenen Element (24) versehen ist, c2) das in Bezug auf die Drehachse des Läufers (10) exzentrisch und c3) starr mit der Arbeitspartie (17) verbunden ist, c4) wobei das Antriebselement (23) und das angetriebene Element (24) in gesonderten und nicht überlappenden (non-interfering) Axialpositionen angeordnet sind; d) es sind zwei elastische Elemente (25, 26) vorgesehen (comprising two elastic elements (25, 26)) , d1) die winkelmäßig hintereinander versetzt/angeordnet sind (which are set angularly after each other) , d2) wobei (sich) eines von ihnen mit dem Antriebselement (23) der ersten Kupplung (2) überschneidet/zusammenwirkt und (one of them interfering with the driving element (23) of the first oupling (2) and) d3) (sich) das andere mit dem angetriebenen Element (24) der zweiten Kupplung (3) überschneidet/zusammenwirkt (the other one interfering with the driven element (24) of the second coupling (3)). 2. Der Wortlaut dieses Patentanspruchs muss unter Berücksichtigung der Gesamtoffenbarung des Streitpatents vom zuständigen Fachmann ausgelegt werden. Zuständig ist ein Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, der Kenntnisse über Synchronmotore besitzt und der über Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Kupplungsvorrichtungen zwischen Synchronmotoren und durch diese angetriebene Arbeitsmaschinen, wie z. B. Pumpen für Geschirrspülmaschinen, verfügt. Im Patentanspruch 1 sind eine "erste Kupplung 2" und eine "zweite Kupplung 3" angegeben (Merkmale b und c). Nach den weiteren Merkmalen des Patentanspruchs 1 und der Beschreibung (Absätze [0035] und [0044] bis [0046] der Streitpatentschrift) sowie den hier wiedergegebenen Figuren 1 und 2 des Streitpatents versteht der Fachmann den Streitgegenstand so, dass die erste Kupplung ein Antriebselement 23 und die zweite Kupplung ein angetriebenes Element 24 aufweist, wobei das Drehmoment vom Antriebs- zum angetriebenen Element über zwei zwischengeschaltete elastische Elemente 5 bzw. 25, 26 übertragen wird. Denn die erste und zweite Kupplung wirken in einer kinematischen Kette zusammen, und das einzige Element, dass in den gesamten Unterlagen zur Übertragung eines Drehmoments vom Antriebs- zum angetriebenen Element offenbart ist, ist das aus zwei elastischen Elementen 25, 26 bestehende Element 5. Die beiden elastischen Elemente 25, 26 sind nach Merkmal d1) der deutschen Übersetzung des Patentanspruchs 1 "winkelmäßig hintereinander versetzt". In der englischen Fassung lautet dieses Merkmal i "the elastic elements are set angularly after each other". Mit diesem Merkmal ist gemeint, dass die zwei elastischen Elemente winkelmäßig, also in Umfangsrichtung hintereinander angeordnet sind. Dem haben beide Parteien in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen. In den Merkmalen d2 und d3 des Patentanspruchs 1 bedeutet der Begriff "interfering" sowohl sprachlich als auch unter Berücksichtigung des technischen Zusammenhangs "überlappen, eingreifen". Denn die elastischen Elemente 25, 26 sind Teil der kinematischen Kette zur Übertragung des Drehmoments vom Antriebs- zum angetriebenen Element der Kupplungsvorrichtung (Merkmal c1). Zur Übertragung des Drehmoments müssen die elastischen Elemente 25, 26 daher sowohl am Antriebselement 23 als auch am angetriebenen Element 24 anliegen. In den Merkmalen d2 und d3 des Patentanspruchs 1 ist angegeben, dass eines der beiden elastischen Elemente in das Antriebselement 23 der einen Kupplung und das andere elastische Element in das angetriebene Element 24 der anderen Kupplung eingreift. Für den Fachmann ist offensichtlich, dass diese Aussage lediglich für eine bestimmte Drehrichtung des Läufers des Synchronmotors gilt und dass bei Umkehrung der Drehrichtung das jeweils andere elastische Element in das Antriebs- und das angetriebene Element der Kupplung eingreift. Nur dann liegt die erforderliche Dämpfung für beide Drehrichtungen vor. Daraus folgt weiter unmittelbar, dass beide elastischen Elemente 25, 26 in Umfangsrichtung nebeneinander in demselben Freiraum zwischen dem Antriebs- und dem angetriebenen Element 23, 24 angeordnet sein müssen. Denn anderenfalls würden das Antriebs- und das angetriebene Element nicht am jeweils anderen, sondern bei einer Drehrichtung an demselben elastischen Element angreifen. Im Ausführungsbeispiel sind die elastischen Elemente 25, 26 drehbeweglich in einem durch einen Deckel 19 verschlossenen Hohlraum im hohlen Körper 18 angeordnet (Absatz [0042] und [0043] der Streitpatentschrift). Außerdem folgt aus dieser sich aus dem Patentanspruch ergebenden Art der Drehmomentübertragung vom Antriebs- zum angetriebenen Element 23, 24, dass die beiden elastischen Elemente 25, 26 in axialer Richtung so lang sein müssen, dass sie sowohl in das Antriebselement 23 als auch in das zum Antriebselement 23 axial versetzt angeordnete angetriebene Element 24 eingreifen können. Denn das Antriebs- und das angetriebene Element 23, 24 sind in gesonderten und nicht überlappenden Axialpositionen angeordnet (Merkmal c4), so dass eine direkte Drehmomentübertragung zwischen ihnen nicht möglich ist. Vielmehr bilden erst die beiden elastischen Elemente 25, 26 das zur Drehmomentübertragung erforderliche Zwischenglied, so dass beide sowohl in das Antriebs- als auch das angetriebene Element eingreifen müssen. Das Antriebselement 23 und das angetriebene Element 24 sind in gesonderten axialen Positionen angeordnet und überlappen sich nicht (Merkmal c4 des Patentanspruchs 1). Daraus folgt, dass beide aneinander vorbei laufen können. Dabei nehmen sie die elastischen Elemente über einen gewissen Winkelbereich mit. Bei der vorher definierten Anordnung der elastischen Elemente 25, 26 ergibt sich dann der Vorteil, dass sich der Freilaufwinkel der Kupplung je nach Breite des Antriebs- und des angetriebenen Elements und der Erstreckung der elastischen Elemente in Umfangsrichtung bis auf maximal nahezu 720° (exakt: 720° abzüglich der Umfangswinkel des Antriebs- und des angetriebenen Elements sowie abzüglich des doppelten Umfangswinkels der beiden elastischen Elemente) erhöht. Zwischen den beiden elastischen Elementen ist ein Spalt vorgesehen (Absatz [0052] der Streitpatentschrift). Dieser Spalt zwischen den beiden elastischen Elementen führt - wie in der Aufgabenstellung angestrebt - zu einer Reflexion und damit Abschwächung der Stoßwellen (Absatz [0052] der Streitpatentschrift). Beide Vorteile sind lediglich erreichbar, wenn beide elastischen Elemente nicht axial versetzt zueinander, sondern unmittelbar hintereinander angeordnet sind. Auch diese Vorteile sprechen dafür, dass der Fachmann den Patentanspruch 1 und vor allem die Anordnung der elastischen Elemente ausschließlich in dem vorstehend dargelegten Sinn versteht. Die Beklagte führt aus, dass der Wortlaut des Patentanspruchs 1 lediglich festlege, dass eines der beiden elastischen Elemente mit dem Antriebselement der ersten Kupplung und das andere elastische Element mit dem angetriebenen Element der zweiten Kupplung zusammenwirke und dass zwischen beiden elastischen Elementen eine Lücke sei, die mit beliebigen weiteren Elementen gefüllt werden könne. Als Beispiel hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung zusätzlich auf eine nachträglich gefertigte Skizze verwiesen, die hier wiedergegeben ist. Danach wirkt das Antriebselement 23 auf eines der beiden elastischen Elemente 25 ein. Axial hierzu versetzt ist das zweite elastische Element 26 vorgesehen, das auf das angetriebene Element 24 einwirkt. Das Drehmoment wird durch eine Leiste "R" vom ersten zum zweiten elastischen Element übertragen. Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Bei dieser Argumentation übersieht die Beklagte, dass Synchronmotoren in beide Drehrichtungen anlaufen und beim Anfahren hin- und her schwingen können, so dass in der Kupplungsvorrichtung für jede der beiden Drehrichtungen eine Dämpfung vorhanden sein muss. Eine Betrachtung des von der Beklagten angeführten Ausführungsbeispiels ergibt unmittelbar, dass eine Dämpfung lediglich für die dort mit einem Pfeil eingezeichnete Drehrichtung erreicht wird. Bei Umkehrung der Drehrichtung prallen das Antriebs- und das angetriebene Element 23, 24 jedoch ohne jede Dämpfung unmittelbar auf die Leiste "R". Der Fachmann wird daher eine derartige Lösung von vornherein als technisch unbrauchbar nicht in Betracht ziehen. Bei der im Streitpatent offenbarten Ausführungsform liegen die beiden elastischen Elemente 25, 26 unmittelbar hintereinander und beide übertragen auch das Drehmoment vom Antriebs- zum angetriebenen Element der Kupplungsvorrichtung. Gerade in dieser zum Stand der Technik unterschiedlichen Anordnung liegt für den Fachmann die im Streitpatent offenbarte Erfindung. Eine Ausführungsform mit einer Leiste "R " zur Drehmomentenübertragung und einer axial versetzten Anordnung der elastischen Elemente geht darüber eindeutig hinaus. 3. Nach dem Verständnis des vorstehend definierten Fachmanns, das Maßstab für die Auslegung des Patents und die Beurteilung der Patentfähigkeit ist, ist die Kupplungsvorrichtung nach Patentanspruch 1 patentfähig. 3.1 Die Kupplungsvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 ist neu. Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigt eine Kupplungsvorrichtung mit zwei in Umfangsrichtung hintereinander angeordneten elastischen Elementen, die mit einem Antriebselement und einem axial hierzu versetzten angetriebenen Element zusammenwirken. 3.1.1. Aus der WO 99/48189 A1 (NK7, AH8) und der zugehörigen DE 699 12 051 T2 (NK8) ist eine Kupplungsvorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 bekannt. Die bekannte Kupplungsvorrichtung dient zur Übertragung der Bewegung zwischen einem Läufer (rotor) 14 eines Synchronmotors mit Permanentmagneten 16 und einer mit dem Läufer 14 in Verbindung stehenden Arbeitspartie (impeller) 32 (Seite 6, Zeilen 13 bis 19 und Figur 1 der NK7 - Merkmal a). Im Ausführungsbeispiel nach den Figuren 14 bis 16 ist eine erste Kupplung an einem Ende 419a einer Läuferwelle 419 angeordnet, wobei die Kupplung ein Antriebselement 437 aufweist, das in Bezug auf die Drehachse des Läufers 14 exzentrisch ist (Seite 13, Zeilen 16 bis 19 und 27 bis 30, Seite 14, Zeilen 25, 26 sowie Figuren 14 bis 16 – Merkmale b, b1 und b2). Eine zweite Kupplung wirkt in einer kinematischen Serie mit der ersten Kupplung zusammen. Die zweite Kupplung weist ein angetriebenes Element 441 auf, das in Bezug auf die Drehachse des Läufers 14 exzentrisch und starr mit der Arbeitspartie (impeller) 432 verbunden ist (Seite 13, Zeilen 16 bis 24 und Figuren 14 bis 16 - Merkmale c bis c3). Das Antriebselement 437 und das angetriebene Element 441 sind in gesonderten und nicht überlappenden Axialpositionen angeordnet (Seite 14, Zeilen 22 bis 24 - Merkmal c4). Bei dieser bekannten Kupplungsvorrichtung erfolgt die Übertragung des Drehmoments vom Antriebselement 437 auf das angetriebene Element 441 durch ein einziges, sich axial über das Antriebs- und das angetriebene Element erstreckendes elastisches Element 439, das auf einem Ring 440 angeordnet ist. Somit unterscheidet sich die beanspruchte Kupplungsvorrichtung demgegenüber durch die Merkmale d bis d3 des Patentanspruchs 1. 3.1.2. Aus der DE 93 02 945 U1 (NK6/AH6) ist eine Kupplungsvorrichtung bekannt, bei der das Antriebselement 19, 20 und das angetriebene Element (Mitnehmernocken) 18 in überlappenden axialen Positionen angeordnet sind. Zwar sind zwei elastische Elemente vorgesehen; diese sind jedoch nicht (unmittelbar) hintereinander, sondern einander gegenüberliegend jeweils zwischen dem Mitnehmernocken 18 und dem Antriebselement 19, 20 angeordnet (Figur 2 mit Beschreibung). Somit unterscheidet sich der Streitgegenstand demgegenüber durch die Merkmale c4 und d1 bis d3 des Patentanspruchs 1. 3.1.3. Die US 1 627 964 (NK12/AH13) betrifft eine mehrstufige Kupplung, bei der das Drehmoment durch zwei Platten (floating plates) 9, 10, die Nocken (projecting lugs) 17 bis 20 aufweisen, vom Antriebselement 21 auf ein angetriebenes Element 16 übertragen wird. Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel können zwischen den Nocken (42 bis 44) elastische Elemente in Form von Federn 45, 46 angeordnet sein. Diese sind jedoch ebenfalls nicht (unmittelbar) hintereinander, sondern einander gegenüberliegend jeweils zwischen dem Antriebselement 39, den zwischengeschalteten Übertragungsnocken (42 bis 44) und dem angetriebenen Element 30 angeordnet (Figur 4, 5 mit Beschreibung). Zumindest die Merkmale d bis d3 des Streitgegenstands sind somit dort nicht verwirklicht. 3.1.4. Bei den mehrstufigen Kupplungsvorrichtungen nach der US 2 099 359 (NK13/AH14), der FR-PS 965 022 (NK14), der US 4 803 855 (AH7) sind bereits keine elastischen Elemente offenbart, so dass sich der Gegenstand des Streitpatents hiervon zumindest durch die Merkmale d bis d3 unterscheidet. 3.1.5. Die noch angeführten Druckschriften US 5 928 083 (AH12) (Figur 1), EP 0 762 000 A2 (AH15) (Figuren 1, 2), GB-PS 760 475 (AH16) (Figuren 1 und 2) und DE-OS 1 475 519 (AH17) (Figuren 1, 2) betreffen elastische Kupplungen, die keinen nennenswerten Freischlag aufweisen. Dort ist außerdem bereits kein axialer Versatz des Antriebs- und des angetriebenen Elements gezeigt. Weiter sind nicht zwei, sondern es ist eine Vielzahl elastischer Elemente vorgesehen. Es fehlen somit zumindest die Merkmale c4 und d bis d3. 3.2. Die mit dem Patentanspruch 1 beanspruchte Kupplungsvorrichtung wird dem zuständigen Fachmann durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahe gelegt. 3.2.1. Die Klägerinnen führen aus, dass es im Bereich des fachmännischen Handelns liege, ausgehend von der in den Figuren 14 bis 17 der WO 99/48189 A1 (NK7/AH8 mit NK8) dargestellten Kupplungsvorrichtung zur beanspruchten Kupplungsvorrichtung zu gelangen. Dem Fachmann sei die Anordnung mehrerer elastischer Elemente nicht nur aus der WO 99/48189 A1 (NK7/AH8 mit NK8), sondern auch aus den Druckschriften EP 0 762 000 A2 (AH15), GB-PS 760 475 (AH16) und DE-OS 1 475 519 (AH17) allgemein bekannt. Bei der Kupplungsvorrichtung gemäß dem 5. Ausführungsbeispiel der WO 99/48189 A1 (NK7/AH8 mit NK8) erfolgt die Übertragung des Drehmoments vom Antriebselement 437 auf das angetriebene Element 441 durch ein einziges, sich axial sowohl über das Antriebs- als auch über das angetriebene Element erstreckendes elastisches Element 439, das auf einem Ring 440 angeordnet ist (Figuren 14 bis 16 der NK7). Der zuständige Fachmann, der sich um die Verlängerung der Lebensdauer des elastischen Elements bemüht, erhält aus dem vierten Ausführungsbeispiel nach den Figuren 12 und 13 dieser Schrift die Anregung, dass er zwei elastische Elemente 339b vorsehen kann, die auf beiden Seiten eines an einem Ring 340 angeordneten Nockens 339a befestigt sind. Die elastischen Elemente sind jedoch nicht - wie im Merkmal d1 des Streitpatents beansprucht - winkelmäßig unmittelbar hintereinander angeordnet, sondern durch einen Steg getrennt, so dass eine Übertragung dieser Lehre auf das 5. Ausführungsbeispiel und ein Ersatz des Ringes 440 mit dem elastischen Element 439 durch den Ring 340 mit den beiden elastischen Elementen 339b nicht zur beanspruchten Kupplungsvorrichtung führen kann. 3.2.2. Die von den Klägerinnen weiter angeführten Druckschriften EP 0 762 000 A2 (AH15), GB-PS 760 475 (AH16) und DE-OS 1 475 519 (AH17) würde der Fachmann zur Lösung seiner Aufgabe nicht berücksichtigen. Denn diese betreffen keine Kupplungsvorrichtungen mit einem Freischlag. Beim Streitpatent kommt es jedoch gerade darauf an, Verbesserungen hinsichtlich des durch einen Freischlag verursachten Lärms und der hierdurch hervorgerufenen Verkürzung der Lebensdauer zu erreichen. Der Fachmann würde demnach Kupplungen, die einen derartigen Freischlag nicht aufweisen, nicht in Betracht ziehen. 3.2.3. Die weiteren Druckschriften wurden von den Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung zum beanspruchten Gegenstand unter Berücksichtigung des vorstehend dargelegten Verständnisses des Patentanspruchs 1 nicht angeführt. Sie liegen von der beanspruchten Kupplungsvorrichtung noch weiter ab. III. Als Unterlegene haben die Klägerinnen die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006147
BPatG
München
30. Senat
20100430
30 W (pat) 85/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "PARK ASSIST" - Unterscheidungskraft und kein Freihaltungsbedürfnis für einen Teil der Waren
In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 306 58 864.1 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. September 2008 und vom 8. April 2009 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung bezüglich der Waren „Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge“ zurückgewiesen worden ist. Die weitergehende Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung PARK ASSIST für die Waren und Dienstleistungen „Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optische, akustische, mechanische, hydraulische, magnetische, kapazitive, induktive, elektrische, elektronische und sonstige Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeuge und deren Teile (soweit in Klasse 12 enthalten), Motoren für Landfahrzeuge, Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge, motorgetriebene Roller (Kinderfahrzeuge) und motorgetriebene Kinderautomobile (Kinderfahrzeuge); Einzel-/Großhandelsdienstleistungen, Einzelhandelsdienstleistungen für den Versandhandel, Dienstleistungen des Einzel-/Großhandels über das Internet, Einzelhandelsdienstleistungen mittels Teleshopping-Sendungen, sämtliche vorstehend genannten Dienstleistungen bezüglich Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, das Zusammenstellen (ausgenommen deren Transport) verschiedener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugteile oder verschiedenen Kraftfahrzeugzubehörs oder verschiedener Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischer, akustischer, mechanischer, hydraulischer, magnetischer, kapazitiver, induktiver, elektrischer, elektronischer und sonstiger Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen; Umbau, Reparatur, Instandhaltung, Demontage, Wartung, Pflege, Reinigung und Lackierarbeiten von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, einschließlich Reparatur im Rahmen der Pannenhilfe von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen; Veredelung und Tuning von Kraftfahrzeugen, Kraftfahrzeugteilen, Kraftfahrzeugzubehör, Radar-, Mikrowellen-, Druck-, optischen, akustischen, mechanischen, hydraulischen, magnetischen, kapazitiven, induktiven, elektrischen, elektronischen und sonstigen Sensoren und Sensorsignalverarbeitungseinrichtungen für den Einsatz in Kraftfahrzeugen, soweit in Klasse 37 enthalten“. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, beide Wortbestandteile seien in der englischen und deutschen Sprache bekannt. „Park“ werde im Sinne von „Parkplatz-, (ein)parken“ verwendet - „assist“ bedeute „unterstützen, Hilfsvorrichtung“ und sei die Abkürzung für „assistant, Assistent, Assistenz“. Der Begriff „ PARK ASSIST “ sei ohne weiteres Nachdenken im Sinne eines Assistenten zum (Ein)Parken zu verstehen: die angemeldete Bezeichnung „ PARK ASSIST “ sage aus, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen Hilfen bzw. Hilfsmittel für das (Ein)Parken, auf dem Parkplatz darstellen oder damit in Verbindung stünden. Darüber hinaus werde der Begriff bereits von zahlreichen Konkurrenten in diesem Sinne und mit dem entsprechenden beschreibenden Inhalt für die entsprechenden Produkte tatsächlich verwendet. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, der Begriff „ Park assist “ verfüge in den beteiligten Verkehrskreisen über keine beschreibende Relevanz. Es handle sich nicht um einen üblichen Begriff der englischen Sprache. Der Verkehr werde im Zusammenhang mit Fahrzeugen bei dem Begriff „ Park Assist “ eher an einen Parkplatzhelfer oder Parkplatzwächter denken. Das Wort „ Park Assist “ werde im Englischen nicht als Einparkhilfe, sondern als Parkleitsystem verstanden und bezeichne daher nicht Eigenschaften des zu parkenden Fahrzeugs oder seiner Teile oder hierauf bezogener Dienstleistungen. Beide Einzelelemente der angemeldeten Bezeichnung seien in vergleichbaren Wortkombinationen für Kraftfahrzeuge oder deren Teile eingetragen worden. Selbst bei einem Verständnis im Sinne von Einparkhilfe sei eine beschreibende Bedeutung nicht für alle Waren und Dienstleistungen feststellbar, da ein bloßer Zusammenhang hierfür nicht ausreiche. „Reifen, Felgen und Kompletträder“ würden nicht beim Einparken helfen, „Roller“ würden nicht eingeparkt, beim Abstellen eines Fahrzeugs zur Reparaturzwecken spreche man nicht von einparken. Auch die Waren der Klasse 9 könnten nicht mit „ Park Assist “ beschrieben werden. Eine Einparkhilfe zeichne sich durch ein Steuerelement aus, Sensoren könnten dagegen nicht beim Einparken helfen, da sie nur passiv der Datenermittlung dienten. Der Verkehr sei an Marken mit den Bestandteilen „Park“ und „Assist“ gewöhnt und werde daher auch „ PARK ASSIST “ als Marke verstehen. Die Sache sei an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Das Verfahren leide an einem erheblichen Mangel, da sich der Erinnerungsprüfer nicht ausreichend mit den Argumenten der Anmelderin auseinandergesetzt habe. Die Beschwerdegebühr sei zurückzuzahlen, da der Erinnerungsprüfer die Prüfung willkürlich und einseitig vorgenommen habe. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle vom 5. September 2008 und vom 8. April 2009 aufzuheben und die Eintragbarkeit der angemeldeten Marke festzustellen sowie die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen hilfsweise, die Beschlüsse der Markenstelle vom 5. September 2008 und vom 8. April 2009 aufzuheben und die Angelegenheit an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der Waren „Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge“ die absoluten Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die angemeldete Marke hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, der auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). 1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem als Folge des gemeinsamen europäischen Markts nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER ; GRUR 2001, 735, 736 - Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 326, 327 m. w. N.). Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Kombination und der bloßen Summe der Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Auf die Frage der geltend gemachten Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination „ PARK ASSIST “ vor. Die Wortmarke „ PARK ASSIST “ stellt eine Zusammensetzung aus zwei zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern dar, die gleichlautend bzw. nahezu gleichlautend auch in der deutschen Sprache existieren. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 - BioID). Der Bestandteil „park“ bedeutet in Verbindung mit Kraftfahrzeugen „Parkplatz, parken, einparken“, das englische Verb „assist“ hat die allgemeine Bedeutung „assistieren, helfen, Hilfestellung leisten, unterstützen“ (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM); LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität, 1. Aufl. 2001). Der Bestandteil „park“ wird z. B. - in Wort und Bedeutung im Deutschen gleichlautend - in der englischen Kombination „park position“ (Park-Position) verwendet (vgl. LEO-Online Lexikon a. a. O.). Das Verb „assist“ wird im technischen Bereich in der oben genannten Bedeutung in englischen Zusammensetzungen verwendet wie „brake assist“ (Bremsassistent), „power assist“ (Bremsgerät, Bremskraftverstärker), „power steering assist“ (Lenkhilfe) (LEO-Online Lexikon a. a. O.). Die englische Zusammensetzung „ PARK ASSIST “ reiht sich in die obengenannten vergleichbar gebildeten Zusammensetzungen mit dem Bestandteil „assist“ ein und ist im Deutschen daher als „ Park Assist ent, Einparkhilfe“ zu verstehen. Da die Bedeutung der Bestandteile nicht abstrakt-lexikalisch zu beurteilen ist, sondern stets im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu sehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt), die im vorliegenden Fall sämtlich den Bereich der Kraftfahrzeuge, des Zubehörs für Kraftfahrzeuge und der zum Einsatz in Kraftfahrzeugen bestimmten Waren sowie darauf bezogener Dienstleistungen betreffen, steht die Bedeutung „Park, Einpark-“ hier im Vordergrund. Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge „ PARK ASSIST “ in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rdn. 29 - BioID). In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete Marke ohne weiteres verstehen. Da der Begriff „Assistent“ entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht nur eine Person bezeichnet, sondern wie anhand der oben angeführten Beispiele ersichtlich, auch technische Einrichtungen, die Hilfs- oder Unterstützungsfunktionen ausüben (vgl. hierzu auch BPatG 26 W (pat) 185/04 - fleetassist ; 29 W (pat) 238/02 - Order Assist; 30 W (pat) 271/97 - SmartAssist unter www.Bundespatentgericht.de), wird der Verkehr in Kenntnis dieser Bedeutung und im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen die angemeldete Marke „ PARK ASSIST “ nicht mit „Parkplatzhelfer“ oder „Parkplatzwächter“ übersetzen. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere in den hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereichen an neue und auch schlagwortartige Wortkombinationen - gerade in englischer Sprache - gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von „ PARK ASSIST “ ohne weiteres erschließt. Es liegt für die fachlich informierten Verkehrskreise in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen daher nahe, die angemeldete Bezeichnung „ PARK ASSIST “ als „Einparkhilfe“ aufzufassen. Entgegen der Ansicht der Anmelderin lässt sich ein so grundlegender Begriff wie „ PARK ASSIST “ für Einparkhilfe nicht auf eine Bedeutung „Parkleitsystem“ reduzieren, sondern er kann dieses umfassen. Eine automatische Einparkhilfe erfordert vor dem automatischen Einpark- bzw. Einlenkvorgang in jedem Fall eine genaue Abstandsmessung und ein Erkennen des vorhandenen Parkraumes als geeignet, was wiederum die Auswahl unter verschiedenen Parkbuchten oder Parkmöglichkeiten auch auf einem Parkplatz voraussetzt, so dass eine automatische Einparkhilfe letztendlich auch eine Art Parkleitsystem darstellen kann. Zudem führen auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH a. a. O. - DOUBLEMINT; a. a. O. - BIOMILD). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für Waren und Dienstleistungen setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 900 - 903 - SPA II). Entgegen der Ansicht des Anmelders steht die Bedeutung „Einparkhilfe“ in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen hier jedoch deutlich im Vordergrund. In Bezug auf die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung „ PARK ASSIST “ daher die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Waren handelt, die als Einparkhilfe geeignet sind, hierzu verwendet werden oder dafür bestimmt sind, sich inhaltlich mit Einparkhilfe beschäftigen oder mit einer Einparkhilfe ausgestattet sind. Die beanspruchten Dienstleistungen können sich in naheliegender Weise hierauf beziehen, dienen zur Einparkhilfe oder beschäftigen sich inhaltlich damit. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht darauf an, ob die beanspruchten Waren und Dienstleistungen selbst mit „Einparkhilfe“ beschrieben werden, da es sich bei „ PARK ASSIST “ auch um eine beschreibende Angabe zu Bestimmung und Verwendung der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen handeln kann. Daher können entgegen der Ansicht der Anmelderin sämtliche von der Zurückweisung umfassten Waren entweder selbst als Einparkhilfe geeignet sein oder z. B. als motorbetriebene Fahrzeuge mit einer solchen ausgestattet sein oder, wie z. B. Sensoren zur Abstandsmessung, für eine Einparkhilfevorrichtung bestimmt sein. Sämtliche beanspruchten Dienstleistungen, auch z. B. Reparaturarbeiten, können sich von ihrem Gegenstand auf eine Einparkhilfevorrichtung beziehen. Auch eine mögliche begriffliche Unbestimmtheit des angemeldeten Begriffs „ PARK ASSIST “ steht der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere, wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dies ist hier der Fall, da „ PARK ASSIST “ als grundlegender und umfassender Begriff für eine Einparkhilfe jeglicher Art - vom speziell ausgerüsteten Seitenspiegel über den Abstandsmesser mit Warnton bis hin zum selbständig arbeitenden Lenksystem - alle von der Zurückweisung umfassten Waren und sämtliche beanspruchten Dienstleistungen ihrem Zweck nach in werblich anpreisender Form beschreibt. Selbst wenn der Begriff „ PARK ASSIST “ auf eine Wortschöpfung durch den Anmelder zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS ). Entgegen der Ansicht des Anmelderin bedarf es - soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist - für die Begründung des Eintragungshindernisses wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. BGH a. a. O. SPA II; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 240 m. w. N.). Wegen des in Bezug auf die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Anmeldung daher auch nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine seiner Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS ; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. - BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] - American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; 25 W (pat) 65/08 - Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 - Volksflat auf der Internetseite des Gerichts). 2. Dagegen kann der angemeldeten Marke für die von der Anmelderin beanspruchten im Tenor genannten Waren „Reifen (Pneus), Felgen und Kompletträder sowie deren Teile für Landfahrzeuge“ kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Im Gegensatz zu den zuvor genannten Waren handelt es sich um Erzeugnisse, die keinen erkennbaren Bezug zum Einparkvorgang oder einer Einparkhilfevorrichtung haben. Es lässt sich derzeit nicht feststellen, dass Reifen, Felgen und Kompletträder beispielsweise mit besonderen Eigenschaften oder besonderen Abmessungen ausgestattet wären, welche eine Hilfe beim Einparken bieten würde. So ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass „ PARK ASSIST “ als konkrete Angabe über Eigenschaften oder Bestimmung der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste. An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf diese Waren daher kein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es ist aus obengenannten Gründen auch nicht ersichtlich, dass dem Zeichen die Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden; „ PARK ASSIST “ fehlt insoweit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Der Beschwerde war daher insoweit stattzugeben. Für eine Zurückverweisung bestand keine Veranlassung. 3. Der zulässige Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist unbegründet. Gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG kann das Patentgericht anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird. Die Rückzahlung als Ausnahme gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde wird nur aus Billigkeitsgründen angeordnet, d. h. in Fällen, in denen es auf Grund der besonderen Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten. Hierbei kommt es weder auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens noch auf die Feststellung eines vorwerfbaren Fehlers der Vorinstanz an (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 31). Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern wie der Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Vorinstanz ergeben. Fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts rechtfertigt die Rückzahlung an sich noch nicht. Diese kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsanwendung als völlig unvertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche Vorschriften oder eine gefestigte Amtspraxis bzw. eine ständige Rechtsprechung unbeachtet geblieben sind (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 32). Anhaltspunkte für eine derart fehlerhafte Verfahrensbehandlung vor dem Patentamt ergeben sich nicht. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist daher nicht veranlasst.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006148
BPatG
München
26. Senat
20100428
26 W (pat) 27/10
Beschluss
§ 64 MarkenG, § 91 MarkenG, § 6 Abs 2 PatKostG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der Erinnerungsgebühr – Verstoß gegen Büroanweisung – kein Organisationsverschulden – kein Verschulden und kein zurechenbares Verschulden der anwaltlichen Vertreter
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 30 2008 011 984.5 hier: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann sowie die Richter Reker und Lehner beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2010 aufgehoben. 2. Die Widersprechende wird in die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr wiedereingesetzt.
I Gegen die Eintragung der Marke 30 2008 011 984.5 Lipo Dermilax für die Waren „03: Kosmetika 21: kosmetische Geräte 25: Mieder“ ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren der Klassen 03 und 05 „Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien; ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; fungizide, Herbizide“ eingetragenen prioritätsälteren Marke 30103853 Lipoderm . Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 15. April 2009 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Widersprechende hat gegen den ihr am 14. Mai 2009 zugestellten Beschluss am 8. Juni 2009 Erinnerung eingelegt, jedoch die Erinnerungsgebühr nicht entrichtet. Auf den diesbezüglichen Hinweis der Markenstelle vom 17. Juni 2009 hat die Widersprechende am 11. August 2009 unter gleichzeitiger Zahlung der Erinnerungsgebühr Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist beantragt. Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrags hat sie vorgetragen, die Versäumung der Zahlungsfrist beruhe auf dem Versehen eines in der Kanzlei ihrer anwaltlichen Vertreter langjährig tätigen, geschulten und zuverlässigen Sachbearbeiters, der sowohl die Vorfrist als auch die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr im Fristenkalender der Anwaltskanzlei gestrichen habe, obwohl die Erinnerungsgebühr zum Zeitpunkt der Streichung der Frist weder überwiesen worden noch dem vorbereiteten Erinnerungsschriftsatz eine Einzugsermächtigung beigefügt oder eine solche vorbereitet worden war. Zur Glaubhaftmachung ihres Sachvortrags haben die Vertreter der Widersprechenden der Markenstelle zwei eidesstattliche Versicherungen von bei ihnen angestellten, in der Sache tätig gewordenen Sachbearbeitern vorgelegt. Die Markenstelle hat den Wiedereinsetzungsantrag der Widersprechenden mit Beschluss vom 20. Januar 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Antrag sei zwar zulässig, insbesondere in rechter Form und Frist gestellt. Auch die versäumte Handlung sei fristgerecht nachgeholt worden. Der Antrag sei jedoch nicht begründet, weil sich aus den vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen nicht schlüssig ergebe, dass die Widersprechende ohne eigenes Verschulden oder ohne ein ihr zurechenbares Verschulden ihrer Bevollmächtigten verhindert war, die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr einzuhalten. Es sei nicht erkennbar, dass die federführende Rechtsanwältin im vorliegenden Fall, wie dies nach der vorgetragenen Büroorganisation sonst innerhalb der Kanzlei üblich und notwendig sei, den zuständigen Sachbearbeiter angewiesen habe, eine Einzugsermächtigung vorzubereiten und von einer der zuständigen, zeichnungsberechtigten Partnerinnen unterschreiben zu lassen. Vielmehr sei nach dem Sachvortrag im Wiedereinsetzungsantrag lediglich am 4. Juni 2009 eine Sekretärin damit beauftragt worden, den Erinnerungsschriftsatz während der urlaubsbedingten Abwesenheit der bearbeitenden Rechtsanwältin an das Patentamt zu übermitteln. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Erinnerungsschriftsatz, der bereits in der 23. Kalenderwoche fertig gestellt gewesen sei, erst in der 24. Kalenderwoche abgesandt werden sollte, in der die bearbeitende Rechtsanwältin Urlaub gehabt habe und die Frist zur Einlegung der Erinnerung abgelaufen sei. Auf Grund der dargelegten Büroorganisation und des dargelegten Bearbeitungsablaufs im vorliegenden Fall müsse davon ausgegangen werden, dass wegen des Ausbleibens der sonst üblichen Weisung der bearbeitenden Rechtsanwältin an den Sachbearbeiter bzw. die Sachbearbeiterin von diesem bzw. dieser keine Einzugsermächtigung vorbereitet worden sei, was zur Versäumung der Zahlungsfrist geführt habe. Nicht nachvollziehbar sei auch der Vortrag der Widersprechenden, die Einzugsermächtigung sei zunächst nicht vorbereitet worden, weil die Erinnerungsbegründung vor dem Urlaub der in der Sache tätigen Rechtsanwältin noch nicht fertig gestellt werden konnte; denn die Vorbereitung der Einzugsermächtigung sei nicht abhängig vom Vorliegen einer Erinnerungsbegründung. Die Einzugsermächtigung habe von der zuständigen Sachbearbeiterin schon vor dem Urlaub erstellt und den Unterschriftsberechtigten vorgelegt werden müssen, um die Einhaltung der Zahlungsfrist sicherzustellen. Jedenfalls habe aber die bearbeitende, selbst nicht zur Unterzeichnung der Einzugsermächtigung befugte Rechtsanwältin die Akte am 4. Juni 2009 vorliegen gehabt, weil sie den Erinnerungsschriftsatz an diesem Tage unterzeichnet habe. Sie habe zu diesem Zeitpunkt - auch ohne Rücksprache mit dem Sachbearbeiter - die Zahlung der Erinnerungsgebühr anweisen können und müssen. Weiterhin sei auch nicht dargelegt worden, weshalb der Sachbearbeiter die Vorfrist und die Frist zur Entrichtung der Erinnerungsgebühr gestrichen habe, obwohl die Entrichtung der Gebühr zum Zeitpunkt der Streichung der Fristen noch nicht veranlasst war. Schließlich fehle es auch an einem Vortrag dazu, ob und wie der die Sache bearbeitende Anwalt die Mitarbeiter beaufsichtige bzw. stichprobenartig überwache. Gegen die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist weiterhin der Ansicht, sie habe die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr ohne eigenes Verschulden und ohne Verschulden ihrer anwaltlichen Vertreter versäumt. Es handele sich vorliegend um den klassischen Fall des sorgfältig ausgewählten und bewährten Büroangestellten, der mit der übertragenen Aufgabe hinreichend vertraut gewesen sei, dem jedoch im Einzelfall ein Fehler, nämlich das Streichen der Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr trotz fehlender Vorbereitung und Übermittlung einer Einzugsermächtigung, unterlaufen sei. Ein eigenes Verschulden der bearbeitenden Rechtsanwältin sei nicht gegeben, da diese die gebotene Sorgfalt eingehalten habe. Die Ausgangskontrolle für fristwahrende Schriftsätze und Zahlungen dürfe auf zuverlässiges Büropersonal übertragen werden. Die einzuhaltenden Fristen zur Einlegung der Erinnerung und zur Zahlung der Erinnerungsgebühr seien im Fristenkalender ordnungsgemäß und eigenständig entsprechend den allgemeinen Büroanweisungen notiert worden. Dass die bearbeitende Rechtsanwältin den Sachbearbeiter nicht angewiesen habe, die Erinnerungsgebühr im Zusammenhang mit der Einreichung des Erinnerungsschriftsatzes zu zahlen, sei unerheblich, da es auch ausgereicht hätte, die Erinnerungsgebühr nach Absendung des Erinnerungsschriftsatzes fristgerecht einzuzahlen und die Markensachbearbeiter generell angewiesen seien, sich bei Gebührenzahlungsfristen eine Einzugsermächtigung unterzeichnen zu lassen. Zur Glaubhaftmachung dieses Sachverhalts haben die Vertreter der Widersprechenden eine weitere eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Kausal für die Versäumung der Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr sei allein, dass der zuständige Kanzleisachbearbeiter nicht nur die notierte Frist zur Einlegung der Erinnerung, sondern zugleich die gesondert notierte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr im Fristenkalender gestrichen habe, obwohl dem Erinnerungsschriftsatz keine Einzugsermächtigung für die betreffende Gebühr beigefügt war. Dieses Versehen sei der Widersprechenden angesichts der ausreichenden Büroorganisation nicht zuzurechnen. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 20. Januar 2010 aufzuheben und sie in die versäumte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr wiedereinzusetzen. II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unter Berücksichtigung des ergänzenden Beschwerdevorbringens sowie der weiteren, im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung begründet. Der Wiedereinsetzungsantrag der Widersprechenden ist aus den bereits im Beschluss der Markenstelle zutreffend dargestellten Gründen zulässig. Zutreffend hat die Markenstelle auch bereits festgestellt, dass die versäumte Handlung in der dafür bestimmten Frist nachgeholt worden ist. Bei Einbeziehung der im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen hat der Wiedereinsetzungsantrag auch in der Sache Erfolg. Der gesamte glaubhaft gemachte Sachvortrag lässt nunmehr erkennen, dass die Widersprechende die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr ohne eigenes Verschulden und ohne ein ihr zurechenbares Verschulden ihrer anwaltlichen Vertreter versäumt hat. Die von der Widersprechenden beauftragten Rechtsanwälte durften die Notierung und Überwachung der Frist für die Zahlung der Erinnerungsgebühr auf in ihrer Kanzlei tätige, hinreichend ausgebildete und zuverlässige Mitarbeiter übertragen (BGH GRUR 2008, 837, 838, Nr. 10 - Münchner Weißwurst). Sie haben diesbezüglich vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass die mit der Fristennotierung und –überwachung beauftragten Mitarbeiter entsprechend geschult waren und bisher lange Jahre zuverlässig tätig geworden sind. Die Vertreter der Widersprechenden haben auch dargelegt und glaubhaft gemacht, dass in ihrer Kanzlei eine generelle Büroanweisung bestand und besteht, nach der für Fristen - auch Zahlungsfristen - im Fristenkalender eine Frist- und eine Vorfristnotierung durch den Sachbearbeiter zu erfolgen hat und eine Frist erst dann gestrichen werden darf, wenn die vorzunehmende Prozesshandlung erledigt ist. Damit haben sie ihren Organisations- und Überwachungspflichten Genüge getan. Kausal für die Versäumung der Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr ist nach dem gesamten, glaubhaft vorgetragenen Ablauf die Tatsache gewesen, dass ein Sachbearbeiter in der Kanzlei der Vertreter entgegen der ausdrücklichen generellen Büroanweisung für die Handhabung von Fristensachen die zutreffend gesondert notierte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr gestrichen hat, obwohl er hätte erkennen können und müssen, dass der Erinnerungsschrift eine Einzugsermächtigung oder ein sonstiger Zahlungsauftrag für die Erinnerungsgebühr nicht beilag. Er hätte entsprechend den vorgetragenen und glaubhaft gemachten allgemeinen Büroanweisungen die separat notierte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr nicht streichen dürfen, solange die Zahlung dieser Gebühr aus den Akten nicht ersichtlich war. Dieses Verschulden des Kanzleisachbearbeiters muss sich die Widersprechende jedoch angesichts der, was die Behandlung von Fristensachen betrifft, nicht zu beanstandenden Organisation des Kanzleibetriebs ihrer Vertreter nicht zurechnen lassen. Dass die die Sache bearbeitende Rechtsanwältin keine ausdrückliche Anweisung zur Vorbereitung einer Einzugsermächtigung erteilt hat, ist entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht kausal für die Fristversäumung gewesen, da die Erstellung einer Einzugsermächtigung und die Prüfung, ob eine solche Ermächtigung rechtzeitig erstellt und unterzeichnet wurde, nach der insoweit zulässigen Büroorganisation Sache des hiermit beauftragten Kanzleimitarbeiters war. Dieser hätte auch beim Ausbleiben einer anwaltlichen Anweisung zur Erstellung eines Zahlungsbelegs nämlich auf Grund der Eintragungen im Fristenkalender noch feststellen können, dass die Zahlung bisher nicht erfolgt war, wenn er die Zahlungsfrist nicht versehentlich gestrichen hätte. Bei dieser Sachlage ist die Widersprechende in die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr wiedereinzusetzen und das Erinnerungsverfahren vor der Markenstelle fortzusetzen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006148&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006149
BPatG
München
25. Senat
20100520
25 W (pat) 115/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "gelb.rund.gesund/Rot.rund.halsgesund (Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft - Warenidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung: keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie und keine mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 306 23 673 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Mai 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richter Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 2008 aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke 302 58 585 wird zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke gelb.rund.gesund ist am 3. November 2006 unter der Nummer 306 23 673 in das Markenregister für diverse Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 16, 41 42, 44 eingetragen worden, darunter für die folgenden Waren der Klasse 5: "Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide." Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren Wort-Bild-Marke, die unter der Nummer 302 58 585 für die folgenden Waren der Klasse 5 "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" registriert ist, Widerspruch erhoben. Der Widerspruch wurde auf die vorgenannten Waren der Klasse 5 der angegriffenen Marke beschränkt. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2008 dem Widerspruch stattgegeben und für die vorgenannten Waren der Klasse 5 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass zwischen den Waren der Widerspruchsmarke und den Waren der angegriffenen Marke Identität gegeben sei. Die Widerspruchsmarke sei noch durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Auch wenn die einzelnen Teile des Markentextes der Widerspruchsmarke erkennbar warenbeschreibende Anklänge an die Beschaffenheit (Farbe und Form) und an das Einsatzgebiet bzw. die Wirkung von pharmazeutischen Produkten aufwiesen, müsse mit Blick auf das Zeichenbildungsprinzip, insbesondere die Reihung dreier Adjektive für Farbe, Form und Wirkung ein deutlicher Abstand gefordert werden, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Diesen Anforderungen werde die angegriffene Marke nicht gerecht. Zwar sei keine unmittelbare Verwechslungsgefahr gegeben, weil es bereits klanglich deutliche Unterschiede gebe, schriftbildlich die Widerspruchsmarke gegenüber der angegriffenen Marke ein Bildelement aufweise und begrifflich die Vergleichsmarken keine Synonyme darstellten. Jedoch sei eine mittelbare bzw. assoziative Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz MarkenG gegeben. Die Vergleichsmarken seien nach dem gleichen Zeichenbildungsprinzip aufgebaut worden. Die Widerspruchsmarke reihe die Adjektive in ihrem Markentext in einer Folge aus Farbe, Form und Wirkung und als Slogan in der leichten Reimform "rund/halsgesund" aneinander, und weise eine ge-wisse Prägnanz auf. Dieses Prinzip habe die angegriffene Marke in identischer Weise übernommen. Die zusätzliche graphische Gestaltung der Widerspruchsmarke symbolisiere nur den Aussagegehalt der Wortelemente. Beachtliche Teile des Verkehrs würden wegen des gleichen Aufbaus auf eine gemeinsame betriebliche Herkunft schließen. Der Austausch der Farbwörter "gelb"/"rot" und der Angabe "gesund"/"halsgesund" ändere daran nichts, da die Assoziationen "gelbe runde Tabletten machen den Hals gesund" und "rote runde Tabletten machen gesund" so ähnlich seien, dass für den Durchschnittsverbraucher die Annahme besonders nahe liege, dass es sich bei den mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Waren um solche handeln könne, die dem Unternehmen der Widersprechenden zuzuordnen seien. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Auffassung, dass die von der Markenstelle getroffene rechtliche Wertung verfehlt sei. Die Markenstelle habe den Wortbestandteil "rot, rund, halsgesund" der Widerspruchsmarke als schutzunfähig erachtet und dabei den markenrechtlichen Grundsatz nicht beachtet, dass eine Übereinstimmung in schutzunfähigen Bestandteilen eine Verwechslungsgefahr nicht begründen könne, wenn dies die einzige Gemeinsamkeit der Vergleichsmarken darstelle. Für ein Zeichenbildungsprinzip gebe es keinen rechtlichen Schutz. Für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr gebe es keine ausreichende Grundlage. Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben, da unter den Tatbestand der Gefahr, dass Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, nicht jede wie auch immer geartete gedankliche Assoziation falle. Für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei nichts vorgetragen worden. Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss des DPMA vom 15. Dezember 2008 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 302 58 585 zurückzuweisen. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie teilt die Auffassung der Markenstelle. Diese habe eine Verwechslungsgefahr nicht aus schutzunfähigen Bestandteilen abgeleitet, sondern aus der Systematik der Markenbildung, bei der die angegriffene Marke die die Widerspruchsmarke dominierende Zeichenstruktur in identischer Form übernommen habe. Es sei anerkannt, dass eine mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr trotz begrifflicher Unterschiede gegeben sein könne, wenn wegen einer Ähnlichkeit des Sinngehalts und einer entsprechenden Markenbildung auf eine Zusammengehörigkeit im Sinne von Serienmarken geschlossen werden könne. Dies gelte insbesondere bei Marken, die denselben charakteristischen Aufbau aufwiesen oder aus sonstigen Gründen, wie z. B. eines branchenüblichen Hinweises auf eine Produktserie für unterschiedliche Zielgruppen, den Gedanken an dieselbe betriebliche Herkunft nahe legten. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt, zumal die phantasievoll gebildete Wortfolge "rot, rund, halsgesund" ohne einen sachlichen Grund durch die Kombination "gelb, rund, gesund" übernommen worden sei. Dies stelle einen Fall der mittelbaren Verwechslungsgefahr dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist zwischen den Vergleichsmarken die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, nicht gegeben (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Der angefochtene Beschluss der Markenstelle war daher aufzuheben und der Widerspruch war gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückzuweisen. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO ; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 –Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). 1. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist hinsichtlich der Waren von der Registerlage auszugehen. Danach können sich die gegenüberstehenden Marken auf identischen Waren begegnen. 2. Die Widerspruchsmarke verfügt entgegen der Auffassung der Markenstelle jedenfalls in Bezug auf die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorliegend kritischen Wortbestandteile nur über eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der Wortbestandteil "Rot, rund, halsgesund" der Widerspruchsmarke erschöpft sich in der Aneinanderreihung von Angaben, die die Beschaffenheit und die Eigenschaften der registrierten Waren beschreibt, bei denen es sich insbesondere um pharmazeutische, veterinärmedizinische und diätetische Erzeugnisse und Präparate für die Gesundheitspflege und für medizinische Zwecke handelt; die Bezeichnung "Rot, rund, halsgesund" ist eine reine Sachangabe zur Farbe, zur Form und zur Wirkung bzw. zum Anwendungsgebiet dieser Produkte. Diese Aneinanderreihung von Beschaffenheit bzw. Eigenschaften der betreffenden Produkte beschreibenden Adjektiven stellt kein ungewöhnliches Prinzip für eine Zeichenbildung dar. Der Verkehr wird vielfach mit vergleichbaren schlagwortartigen Aneinanderreihungen von drei produktbezogenen Adjektiven oder adjektivisch gebrauchten Begriffen konfrontiert, wie z. B. "quadratisch, praktisch, gut", "gut, besser, Paulaner" oder z. B. auch aus dem politischen Bereich "einfach, niedrig, gerecht". Dies schließt zwar einen Markenschutz für derartige Begriffskombinationen nicht aus; "quadratisch, praktisch, gut" ist unter der Nummer 1059859 als verkehrsdurchgesetzte Marke eingetragen. Ist für den Verkehr eine solche Gestaltung der schlagwortartigen Aneinanderreihung produktbezogener Begriffe nichts Ungewöhnliches, so kann dann aber auch nicht von einem über die Aneinanderreihung dieser Begriffe hinausgehenden Überschuss, ausgegangen werden, der die Kennzeichnungsschwäche dieser beschreibenden Begriffe in einem relevanten, entscheidungserheblichen Umfang kompensieren könnte. 3. Auch wenn sich die gegenüberstehenden Marken auf identischen Waren begegnen können, hält unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die angegriffene Marke zu der Widerspruchsmarke den gebotenen Abstand noch ein. Die Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Zeichen ist zunächst anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235 Tz. 18 – AIDA/AIDU m. w. N.). Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist zudem der das Kennzeichenrecht beherrschende Grundsatz zugrunde zu legen, dass es auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. BGH AIDA/AIDU a. a. O.). Die Markenstelle hat – insoweit zutreffend – eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken verneint. Betrachtet man bei der klanglichen Ähnlichkeit nur die Wortelemente der Widerspruchsmarke, so hebt sich die angegriffene Marke durch den eindeutigen Unterschied am Anfang der jeweiligen Begriffskombination – "Rot" auf Seiten der Widerspruchsmarke, "Gelb" auf Seiten der angegriffenen Marke und die ebenfalls klar merklichen Unterschiede am Ende – "halsgesund"/"gesund" – deutlich ab. Schriftbildlich sind schon mit Blick auf die graphische Gestaltung der Widerspruchsmarke ebenfalls eindeutige Unterschiede gegeben, die einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr entgegenstehen. Auch begrifflich weisen die Vergleichsmarken mit Blick auf die unterschiedliche Farbbenennung und die anders dargestellte Wirkung relevante Unterschiede auf, so dass die Vergleichsmarken begrifflich keine Synonyme darstellen. Es kann allerdings ebenfalls nicht angenommen werden, dass zwischen den Vergleichsmarken eine mittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz MarkenG gegeben ist. Die Gefahr, dass Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden kann zum einen dann gegeben sein, wenn die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterscheide zwischen den Vergleichsmarken erkennen, gleichwohl einem in beiden Marken übereinstimmenden Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Stammbestandteil für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und deshalb die übrigen abweichenden Markenbestandteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen aus dem Betrieb des Inhabers der älteren Marke ansehen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 374 m. w. N.). Im vorliegenden Fall fehlt es aber schon an Anzeichen für das Vorliegen einer Markenserie auf Seiten der Widersprechenden, da nicht ersichtlich ist, dass sie mit weiteren, entsprechend gestalteten Marken am Markt präsent ist. Zwar ist für die Widersprechende unter der Nummer 302 58 584 die Wortmarke "rot, rund, halsgesund" registriert, d. h. der Wortbestandteil der Widerspruchsmarke ist auch als (reine) Wortmarke eingetragen. Dies genügt jedoch noch nicht, um von einer Markenserie ausgehen zu können. Zudem kämen dann als Stammbestandteile nur die Eigenschaften und Beschaffenheit der registrierten Waren beschreibenden Wortelemente in Betracht. Diese sind aber, wie bereits ausgeführt, kennzeichnungsschwach und daher als Stammbestandteil einer Zeichenserie nicht geeignet, zumal über eine Durchsetzung dieser Bestandteile als Herkunftshinweis erst recht nichts ersichtlich ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 387, 388 m. w. N.). Darüber hinaus kann eine mittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr in Betracht kommen, wenn die Vergleichsmarken trotz der erkannten begrifflichen Unterschiede Ähnlichkeiten im Sinngehalt oder eine einander entsprechende Markenbildung haben, die auf eine Zusammengehörigkeit im Sinne von Serienmarken schließen lassen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 394 m. w. N.). Insoweit kann es für eine mittelbare Verwechslungsgefahr relevant sein, wenn Marken denselben charakteristischen Aufbau aufweisen (vgl. z. B. PAVIS PROMA BPatG 33 W (pat) 155/05 vom 21. August 2007 – Giro Zero ./. Giro uno). Allerdings ist bei der Annahme dieser Art von Verwechslungen Zurückhaltung geboten, da nicht jegliche gedankliche Assoziation zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führen kann und Gegenstand des markenrechtlichen Schutzes konkrete Zeichen sind, die eine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen, und nicht bloße Zeichenbildungsprinzipien (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 370, 394). Abgesehen von einer in Bezug auf die Widerspruchsmarke fehlenden Zeichenserie mit ähnlichen Begriffsbildungen in entsprechender Struktur ist im vorliegenden Fall außerdem zu beachten, dass Ähnlichkeiten bei der Zeichenbildung zwischen den Wortelementen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke zwar in Teilbereichen vorhanden sind, eine gedankliche Verbindung zwischen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke als Wortmarke sich gleichwohl nicht ohne weiteres aufdrängt. Denn der Bildbestandteil tritt in der Widerspruchsmarke aufgrund der Stellung und der Größe der Wortelemente keineswegs zurück, sondern steht optisch im Vordergrund. Ferner kommt hinzu, dass hier das grundlegende Prinzip der Zeichenbildung, die schlagwortartige Aneinanderreihung von Adjektiven, die einen Bezug zu den betreffenden Produkten aufweisen, wie bereits ausgeführt keineswegs außergewöhnlich ist. Schließlich können insoweit vorhandene Ähnlichkeiten hier nur wiederum aus kennzeichnungsschwachen Elementen abgeleitet werden, was ebenfalls gegen die Bejahung einer mittelbaren begrifflichen Verwechslungsgefahr spricht (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 394). 4. Nach alledem war auf die Beschwerde der Markeninhaberin der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Von den Beteiligten hat nur die Markeninhaberin hilfsweise einen entsprechenden Antrag gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 MarkenG). 5. Zur Auferlegung von Kosten bestand gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG kein Anlass. In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 23 673 hier: Berichtigungsbeschluss hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Eisenrauch und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Das Entscheidungsdatum in dem, den Beteiligten am 9. Juni 2010 zugestellten Beschluss wird dahingehend berichtigt, dass es statt 20. Mai 2009 richtig lauten muss 20. Mai 2010, § 80 Abs. 1 MarkenG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006149&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006150
BPatG
München
30. Senat
20100625
30 W (pat) 51/08
Beschluss
Art 9 Abs 2 EGV 510/2006, § 130 Abs 4 MarkenG, § 130 Abs 5 MarkenG, § 132 Abs 1 MarkenG, § 133 MarkenG vom 09.12.2004
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Nürnberger Bratwürste/Nürnberger Rostbratwürste" – zur Beschwerdeberechtigung - Beschwerdeführer muss in seinem berechtigten Interesse betroffen sein - Ergänzung der Zutaten - Änderung der Spezifikation
Markenbeschwerdeverfahren – "Nürnberger Bratwürste/Nürnberger Rostbratwürste" – zur Beschwerdeberechtigung - Beschwerdeführer muss in seinem berechtigten Interesse betroffen sein - Ergänzung der Zutaten - Änderung der Spezifikation
In der Beschwerdesache betreffend die geografische Herkunftsangabe Nürnberger Bratwürste/ Nürnberger Rostbratwürste Hier: Antrag auf Änderung der Spezifikation hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde wird verworfen. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I. Die Bezeichnungen "Nürnberger Bratwürste/ Nürnberger Rostbratwürste" sind auf Antrag des Schutzverbandes Nürnberger Bratwürste e. V. für "Fleischerzeugnisse" als geografische Angaben gemäß der Verordnung (EWG) Nr 2081/92 seit 2003 in das Verzeichnis der geschützten geografischen Angaben eingetragen, das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften geführt wird gemäß der Verordnung (EWG) 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, mit Wirkung vom 31. März 2006 ersetzt durch die Verordnung (EG) 510/2006. In der Beschreibung des Erzeugnisses heißt es: "7-9 cm lange Bratwurst im engen Schafsaitling mit mittelgrober Körnung; Stückgewicht roh ca. 20 bis 25 g; Zusammensetzung: grob entfettetes Schweinefleisch, kein Brätanteil, nicht umgerötet (ausgenommen bei geräucherten Bratwürsten), die Gewürzmischung variiert je nach überliefertem Rezept, typisch ist vor allem Majoran; der Anteil an Bindegewebseiweiß freiem Fleischeiweiß darf nicht unter 12 %, der absolute Fettgehalt nur bei max. 35 % liegen; der Anteil des Bindegewebseiweiß freien Fleischeiweißes im Fleischeiweiß beträgt nicht unter 75 Vol.-% (histometrisch) bzw. 80 % (chemisch)." Der Schutzverband Nürnberger Bratwürste e. V. (Antragsteller) hat beim Deutschen Patent- und Markenamt mit Antrag vom 12. Oktober 2006 die "Änderung der Spezifikation gemäß § 133 MarkenG" beantragt; im Anschluss an "grob entfettetes Schweinefleisch" soll Folgendes eingefügt werden: "Speck, insbesondere Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken und Rückenspeck vom Schwein". Der Antrag ist mit Änderungen der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG aufgrund der Richtlinie 2001/101/EG vom 26. November 2001 begründet worden; damit seien neue Regelungen für die Kennzeichnung der Zutaten von Lebensmitteln eingeführt worden, die inzwischen in die Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV) übernommen worden seien. Neu sei, dass eine Zutat nur dann als "...fleisch" bezeichnet werden dürfe, wenn ein bestimmter Gehalt an Fett und Bindegewebe nicht überschritten werde; für "Schweinefleisch" dürfe der Gehalt an Fett 30 % und der Gehalt an Bindegewebe 25 % nicht übersteigen. Eine Zutat, die diese Grenzwerte übersteige, müsse zum Beispiel als "Speck" bezeichnet werden. Die Rezeptur lasse zwar einen Fettgehalt von mehr als 30 % zu; die Spezifikation sehe aber nur die Angabe "grob entfettetes Schweinefleisch" vor. Entsprechend der neuen Regelung für die Kennzeichnung der Zutaten müsse der höhere Fettgehalt nun gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 der inzwischen auch geänderten Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) auf der Packung ausgewiesen werden. Diesen neuen Kennzeichnungsbestimmungen sei die Spezifikation anzupassen. Der Schutzverband habe die Änderung der Spezifikation übereinstimmend beschlossen. "Nürnberger Bratwürste/ Nürnberger Rostbratwürste" seien traditionell mit Bauch, Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken oder Rückenspeck hergestellt worden; anders sei ein Fettanteil bis 35 % nicht zu erreichen. Die Markenabteilung 3.2. des Deutschen Patent- und Markenamts hat zur Prüfung des Änderungsantrags Stellungnahmen eingeholt (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, München; Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Erlangen; Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel, Kulmbach; Fleischerverband Bayern, Augsburg; Industrie- und Handelskammer Nürnberg, Nürnberg; Handwerkskammer für Mittelfranken, Nürnberg; Fleischer-Innung Nürnberg; Deutscher Fleischer-Verband e. V., Frankfurt; Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e. V., Bonn). Nach Eingang dieser und weiterer vom Antragsteller vorgelegten Stellungnahmen interessierter Dritter hat das Deutsche Patent- und Markenamt den Antrag auf Änderung der Spezifikation gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 im Markenblatt vom 2. November 2007 veröffentlicht. Mit Schriftsatz vom 21. Januar 2008, eingegangen am 23. Januar 2008, hat die Beschwerdeführerin gegen diesen Antrag "Einspruch" eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt: Als Fleischereibetrieb und Wurstherstellerin sei sie von dem Antrag betroffen, was zu einem berechtigten Interesse im Sinn von Artikel 5 Abs. 5 Unterabsatz 1 der VO (EG) 510/2006 führe. Bei grob entfettetem Schweinefleisch handele es sich nach den Leitsätzen für Fleisch- und Fleischerzeugnisse um Schweinefleisch mit einem Fettgewebeanteil, wie er bei nicht übermäßig fettem Schweinefleisch nach grober Entfernung von Backen-, Kamm-, Rücken- und Bauchspeck sowie Flomen zu erwarten sei. Nun solle das Produkt aus "Speck, insbesondere Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken und Rückenspeck vom Schwein" be-stehen, was gerade zu entfernen sei. Das sei eine vollständige Änderung der Re-zeptur, die sich so von der traditionellen Nürnberger Bratwurst absetze. Durch Beschluss vom 3. Juni 2008 hat die Markenabteilung 3.2 des Patentamts festgestellt, dass der Änderungsantrag der VO (EG) Nr. 510/2006 entspreche. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: nach der ursprünglichen Fassung der Spezifikation sei die Verwendung von Speck nicht ausgeschlossen, sondern durch Vorgabe des maximalen Fettgehalts von 35 % lediglich mengenmäßig begrenzt gewesen; nach der Stellungnahme des Bayrischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit setze ein Fettgehalt dieser Größenordnung einen entsprechenden Anteil an Speck voraus. Aus weiteren Stellungnahmen ergebe sich, dass die bloße Klarstellung der traditionellen von der Stadt Nürnberg festgelegten Rezeptur entspreche. Das Bayrische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit als oberste Aufsichtsbehörde in Bayern habe die beantragte Ergänzung ausdrücklich als sachlich korrekt bezeichnet. Gegen diesen der Einsprechenden am 9. Juni 2008 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 27. Juni 2008 eingegangene Beschwerde. Sie meint, ein berechtigtes Interesse für die Beschwerde ergebe sich daraus, dass sie Herstellerin von Wurst-waren sei, die jeweiligen Produkte sich im Kühlregal begegneten und sie sich zu-dem in Nürnberg niederlassen könne. Sie wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Patentamtsverfahren: der Änderungsantrag beinhalte keine bloße Klarstellung, sondern eine vollständige Änderung der Rezeptur. Bisher seien Nürnberger Bratwürste/Nürnberger Rostbratwürste aus grob entfettetem Schweinefleisch herzustellen, was nach den Leitsätzen für Fleisch- und Fleischerzeugnisse bedeute, dass Schweinefleisch mit einem Fettgewebeanteil verwendet werden müsse, wie er bei nicht übermäßig fettem Schweinefleisch nach grober Entfernung von Backen-, Kamm-, Rücken- und Bauchspeck sowie Flomen zu erwarten sei. Nun solle das Produkt aus "Speck, insbesondere Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken und Rückenspeck vom Schwein" bestehen. Das sei eine deutliche Qualitätsverschlechterung. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.2 vom 3. Juni 2008 aufzuheben und den Änderungsantrag zurückzuweisen. Der Antragsteller und Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hält die Entscheidung der Markenabteilung für zutreffend und meint, es handele sich in der Sache noch nicht einmal um eine Änderung, sondern um eine Berichtigung. Diese sei zur Anpassung an die im Patentamtsverfahren dargelegten neuen EU-Vorschriften zur Definition des Produkts "Schweinefleisch" mit einer Festlegung der Grenzwerte des Gehalts an Fett auf 30 % und des Gehalts an Bindegewebe auf 25 % notwendig geworden. Denn die Rezeptur der für "Nürnberger Bratwürste/Nürnberger Rostbratwürste" lasse entsprechend traditioneller Rezeptur einen Fettgehalt von mehr als 30 % sowie die Verwendung von Speck zu, was sich aus dem Begriff "grob entfettetes Schweinefleisch" schon ergeben habe. Durch die Ergänzung werde zudem klargestellt, dass entsprechend der historisch belegbaren Herstellungsweise lediglich Fleischkomponenten vom Schwein verwendet werden dürfen. Die Spezifikation stelle die Kontrollgrundlage für das Erzeugnis dar. Für die Herstellerkontrollen sei es daher notwendig, die Spezifikation um die beantragten Änderungen zu ergänzen, um das geschützte Produkt eindeutig zu definieren. Der Antragsteller regt hilfsweise Vorlage an den Europäischen Gerichtshof an zur Klärung der Frage des Einflusses von neuen Gesetzen und Verordnungen auf die Spezifikation sowie zur Klärung der Frage, welche Zutaten die Spezifikation nennen muss, weiter hilfsweise, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, weil aufgeworfene Fragen von grundsätzlicher Bedeutung seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zu verwerfen; die Beschwerdeführerin ist zwar formal beschwerdeberechtigt, nicht aber materiell. Sie hat nicht dargelegt, dass sie durch die Entscheidung der Markenabteilung des Patentamts in ihrem berechtigten Interesse betroffen ist. Nach Auffassung des Senats wäre die Beschwerde darüber hinaus aber auch in der Sache nicht begründet. I. Für die am 27. Juni 2008 eingegangene Beschwerde gegen den Beschluss der Markenabteilung vom 3. Juni 2008 gelten die Vorschriften der §§ 133a, 133, 130 a. F. MarkenG. Nach § 133a S. 2 a. F. MarkenG steht die Beschwerde gegen eine Entscheidung gemäß § 130 Abs. 5 Satz 1 a. F. MarkenG, der nach § 133 a. F. für Anträge auf Änderung der Spezifikation entsprechend gilt, denjenigen Personen zu, die entsprechend § 130 Abs. 4 S. 2 a. F. MarkenG fristgerecht zu dem Antrag Stellung genommen haben. Das ist hier der Fall: die Beschwerdeführerin hat gem. § 133a S. 2 a. F. MarkenG eine Stellungnahme i. S. d. § 130 Abs. 4 S. 2 a. F. MarkenG innerhalb der dort bestimmten viermonatigen Ausschlussfrist nach Veröffentlichung des Antrags im Markenblatt abgegeben. Nach § 133a S. 3 a. F. MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 2 MarkenG entsprechend ist die Beschwerde gegen den am 9. Juni 2008 zugestellten Beschluss am 27. Juni 2008, und damit innerhalb der Monatsfrist eingelegt worden. Nach § 133a S. 2 a. F. MarkenG muss diese Person weiterhin durch die Entscheidung in ihrem berechtigten Interesse betroffen sein. Im Gegensatz hierzu verlangt § 133 S. 2 MarkenG in der seit dem 1. September 2008 geltenden Fassung bei einem Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Patentamts nach § 130 Abs. 5 S. 1 MarkenG zwar nicht mehr ausdrücklich, dass der Beschwerdeführer in seinem berechtigten Interesse betroffen sein muss. Eine sachliche Änderung ist damit indessen nicht verbunden. Die Abweichung im Wortlaut erklärt sich ersichtlich daraus, dass in § 130 Abs. 4 S. 2 MarkenG nunmehr bereits für die Einlegung des Einspruchs ein berechtigtes Interesse verlangt wird. Dies wiederum beruht auf der Vorgabe in Art. 5 Abs. 5 Unterabsatz 1 der VO (EG) 510/2006, die mit Wirkung vom 31. März 2006 in Kraft getreten ist. Das Erfordernis eines berechtigten Interesses wirkt sich im Einspruchsverfahren vor dem Patentamt aber nicht aus, weil dieses Verfahren kein Rechtsbehelfsverfahren zum Schutz individueller Interessen darstellt, sondern in Wirklichkeit ein Aufgebotsverfahren zur Ermittlung etwaiger Schutzhindernisse ist, die dem Schutzantrag entgegen-stehen könnten. Aus diesem Grund ist auch nicht vorgesehen, dass der Einspruch wegen des Fehlens eines berechtigten Interesses verworfen werden kann. Im Gegensatz dazu ist das Beschwerdeverfahren ist ein echtes Rechtsbehelfsverfahren, so dass (spätestens) hier das berechtigte Interesse darzulegen ist. Fehlt es, muss die Beschwerde als unzulässig verworfen wer-den (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl. § 133 Rdn. 3). Dies gilt nach § 132 Abs. 1 n. F. MarkenG entsprechend im Verfahren über Anträge auf Änderung der Spezifikation. Dieses Verständnis entspricht Art. 5 Abs. 5 Unterabsatz 4 der VO (EG) 510/2006, demnach der Mitgliedsstaat sicherstellen muss, dass die positive Entscheidung öffentlich zugänglich gemacht wird und jede natürliche oder juristische Person mit einem berechtigten Interesse über die Möglichkeit Rechtsmittel verfügt. Nach Art. 9 Abs. 2 S. 1 der VO (EG) 510/2006 unterliegt eine Änderung der Spezifikation, die zu einer oder mehreren Änderungen des einzigen Dokuments führt, dem Verfahren gemäß den Artikeln 5, 6 und 7; danach ist das berechtigte Interesse als Voraussetzung für das Beschwerderecht in der nationalen Phase des Verfahrens auf Änderung der Spezifikation vorgegeben. Zudem verlangt das zwischenstaatliche Einspruchsverfahren nach Art. 7 VO (EG) 510/2006, das die gleiche Funktion erfüllt wie das nationale Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren, im Rahmen des Art. 7 Abs. 2 Unterabsatz 1 VO (EG) 510/2006 ein berechtigten Interesse. Mit dem Erfordernis eines berechtigten Interesses im nationalen Verfahren wird somit sichergestellt, dass der Rechtsschutz von inländischen Personen den gleichen Voraussetzungen unterliegt wie der Rechtsschutz ausländischer Einsprechender im Einspruchsverfahren nach Art. 7 Abs. 2 Unterabsatz 1 VO (EG) 510/2006 (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 133 Rdn. 5). Dass die Beschwerdeführerin durch die Entscheidung der Markenabteilung des Patentamts in ihrem berechtigten Interesse betroffen ist, hat sie nicht hinreichend dargelegt. Aufgrund welcher Umstände ein solches Interesse anerkannt wird, lässt sich dem Markengesetz allerdings weder in alter noch in neuer Fassung entnehmen. Selbst wenn insoweit davon ausgegangen wird, dass jede aktuelle oder potentielle, nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegende wirtschaftliche Betroffenheit genügt, lässt sich hier nicht bejahen, dass die Beschwerdeführerin durch den Beschluss der Markenabteilung vom 3. Juni 2008, durch den festgestellt worden ist, dass der Antrag auf Änderung der Spezifikation der VO (EG) 510/2006 entspreche, durch die Einfügung "Speck, insbesondere Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken und Rückenspeck vom Schwein" in irgendeiner Weise in ihrem berechtigten Interesse betroffen und diese Änderung zu versagen ist. Die in der Gemeinschaft geschützten geografischen Bezeichnungen "Nürnberger Bratwürste/Nürnberger Rostbratwürste" erlauben jedem im Gebiet ansässigen Erzeuger, diese geschützte geografische Angabe zu benutzen, wenn das vermarktete Produkt der Spezifikation entspricht; dies ist Sinn und Zweck des Schutzes einer geografischen Herkunftsangabe (vgl. Art. 8 Abs. 1 VO (EG) 510/2006). Dass die Beschwerdeführerin die Bezeichnung nicht nutzen darf, beruht darauf, dass sie nicht Erzeuger im benannten geografischen Gebiet der Stadt Nürnberg ist. Dieser Ausschluss von der Nutzung der Bezeichnung vermag damit als solcher kein berechtigtes Interesse für die Versagung der beantragten Änderung der Spezifikation zu begründen. Ob im der Schutzgewährung vorausgegangenen Eintragungsverfahren die Voraussetzungen für die Schutzgewährung vorgelegen haben und, wie die Beschwerdeführerin wohl meint, eine andere Rezeptur dem Schutz hätte zugrunde gelegt werden müssen, ist allein Gegenstand des Eintragungsverfahrens, nicht aber des Verfahrens auf Änderung der Spezifikation. Dass die Beschwerdeführerin sich theoretisch im geografischen Gebiet niederlassen könnte, begründet kein aktuelles berechtigtes Interesse. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin nach ihren Ausführungen nicht beabsichtigt, ein Produkt herzustellen, das die Anforderungen der Spezifikation erfüllt; ihr geht es ersichtlich darum, unter einer abweichenden Rezeptur Wurstwaren zu vermarkten. Sie bezieht sich hierzu ausdrücklich auf den Ausschluss von Speck als Zutat sowie die Einbeziehung von Kalb- und Rindfleisch gemäß den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse. Auch dies sind Gesichtspunkte, die das Eintragungsverfahren betreffen können, in keiner Weise aber ein berechtigtes Interesse für das Beschwerdeverfahren bei Änderung der Spezifikation begründen können. Demgemäß ist auch ein allgemeiner Hinweis auf die Herstellung von Wurstwaren im vorliegenden Verfahren nicht geeignet, ein berechtigtes Interesse zu begründen. Sonstige Gesichtspunkte für das Vorliegen eines berechtigten Interesses sind nicht erkennbar. Soweit die Beschwerdeführerin meint, dass das Erzeugnis statt ursprünglich aus grob entfettetem Schweinefleisch jetzt nur noch aus "Speck, insbesondere Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken und Rückenspeck vom Schwein" hergestellt werden solle, trifft dies nach dem eindeutigen Wortlaut der geänderten Beschreibung nicht zu; es handelt sich vielmehr um die Nennung von Zutaten, die auch verwendet werden können. Die bislang geltende Produktbeschreibung hat mit der Angabe "grob entfettetes Schweinefleisch" die Verwendung von Speck vom Schwein beinhaltet und zudem einen absoluten Fettgehalt von maximal 35 % zugelassen. Die Bezeichnung für das Fettgewebe vom Schwein ist Speck, und "grob entfettet" bedeutet entsprechend dem Wortlaut nur grobe Entfernung von Fett bzw. Speck, aber nicht "fettfrei". Dies entspricht dem Verständnis in den von der Beschwerdeführerin genannten Leitsätzen für Fleisch- und Fleischerzeugnisse; danach ist grob entfettetes Schweinefleisch: "Schweinefleisch mit einem Fettgewebeanteil, wie er bei nicht übermäßig fetten Schweinehälften nach grober Entfernung von Backen-, Kamm-, Rücken- und Bauchspeck sowie Flomen zu erwarten ist" (Ziffern 1.12; 1.122). Außer dieser Angabe "grob entfettetes Schweinefleisch", maximaler Fettgehalt jetzt nach LMKV 30 %, ist die Zutat "Speck vom Schwein" darüber hinaus der Angabe des zulässigen maximalen Fettgehalts von 35 % entnehmbar. Einzelheiten der Rezeptur berühren im Übrigen die in der Registrierung im "Ursprungsnachweis" erwähnten … Metzgereien und … Großbetriebe im Erzeugergebiet, unter keinem erkennbaren Gesichtspunkt aber die Beschwerdeführerin. II. Im Fall der Bejahung eines berechtigten Interesses der Beschwerdeführerin wäre die Beschwerde aber auch nicht begründet. Die Markenabteilung hat nach Auffassung des Senats zutreffend festgestellt, dass der Antrag auf Änderung der Spezifikation der VO (EG) 510/2006 entspricht. Der Antragsteller ist als Vereinigung, auf die der Antrag auf Eintragung der geografischen Herkunftsangabe zurückgeht, ohne weiteres berechtigt, einen Antrag auf Änderung der Spezifikation zu stellen. Unter welchen Voraussetzungen eine Spezifikation geändert werden darf, ist nicht abschließend geregelt. § 133 a. F. MarkenG hat auf Art. 9 der VO (EWG) 2081/92 Bezug genommen; Änderungsgründe sind danach insbesondere Berücksichtigung des Stands von Wissenschaft und Technik oder eine neue Abgrenzung des geografischen Gebietes. Eine entsprechende Regelung enthält Art. 9 Abs. 1 VO (EG) 510/2006. Nach dieser beispielhaften Aufzählung kommen allerdings auch andere Gründe für die Änderung der Spezifikation in Betracht. In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass eine Änderung der Spezifikation auch bei Beschränkung oder genauerer Festlegung der Zutaten bei einer Einigung durch die Erzeuger möglich ist (vgl. Mikorey, Der Schutz von geographischen Angaben und Herkunftsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in der Europäischen Gemeinschaft nach der Verordnung 2081/92, S. 95). Demgegenüber nennt § 132 n. F. MarkenG keine Änderungsgründe. Die Kommission hat für verschiedene Änderungen festgestellt, dass die Anforderungen der Verordnung (EG) 510/2006 erfüllt sind. Für das Erzeugnis "Käse" wurde eine Änderung bei den Fettgehaltsstufen veröffentlicht (vgl. ABL-EU Nr C 256 vom 24. Oktober 2006 S. 2 - ESROM ). Für das Erzeugnis "Bier" wurde die Änderung der Bitterwerte veröffentlicht (ABL-EU Nr C 321 vom 22. Dezember 2006 S. 2 - MÜNCHNER BIER ). Für ein weiteres Erzeugnis "Käse" wurde die Festlegung besonderer chemischer Eigenschaften der Käsesorten veröffentlicht (ABL-EU Nr C 321 vom 29. Dezember 2006 S. 23 - ASIAGO). Für ein weiteres Erzeugnis "Bier" wurde die Aufnahme von Bandbreiten im Alkoholgehalt veröffentlicht (ABL-EU Nr C 254 vom 7. Oktober 2008 S. 12 - KÖLSCH ). Für das Erzeugnis "Frische Fische" wurde die Erweiterung der Spezifikation um biologisch erzeugten Lachs veröffentlicht (ABL-EU Nr C 76 vom 23. März 2008 S. 28 - SCOTTISH FARMED SALMON ). Der hieraus erkennbaren Praxis der Kommission entnimmt der Senat, dass Gründe für die Änderung der Spezifikation sehr weitreichend sein können. Unter diesen Umständen kann grundsätzlich auch die vom Antragsteller beantragte Ergänzung der Zutaten einen Grund zur Änderung der Spezifikation darstellen. Allerdings erlaubt die Begründung, dass aufgrund von Änderungen der Kennzeichnungsbestimmungen das Erzeugnis auf der Verpackung anders als bisher etikettiert werden müsse, nicht die Feststellung, dass der Antrag auf Änderung der Spezifikation der VO (EG) 510/2006 entspricht. Zwar sind Kennzeichnungsbestimmungen einzuhalten (vgl. jeweils den 5. Erwägungsgrund der VO (EG) 510/2006 und der VO (EWG) 2081/92). Bei Kennzeichnungsvorschriften und geografischen Herkunftsangaben handelt es sich aber um voneinander unabhängige Systeme; weder das Markengesetz noch die Gemeinschaftsverordnung sehen vor, dass die Spezifikation des Erzeugnisses mit maßgeblichen Kennzeichnungsbestimmungen im Wortlaut überein-stimmen muss. Gefordert ist in Art. 4 Abs. 2b der VO EG 510/2006 ganz allgemein die Beschreibung des Agrarerzeugnisses oder des Lebensmittels, "gegebenenfalls einschließlich der Rohstoffe". Dementsprechend ist kein Antragsteller im Eintragungsverfahren verpflichtet, alle Zutaten in der Spezifikation zu nennen, und nach Eintragung sind die Erzeuger dadurch nicht gehindert, bei der Etikettierung vorschriftsmäßig Zutaten des traditionellen Erzeugnisses anzugeben, die in der Spezifikation nicht genannt sind. Indessen ist mit der seit dem 31. Dezember 2002 gültigen Fassung der LMKV erstmals bestimmt worden, wann eine Zutat eines Lebensmittels mit dem Namen "...fleisch" bezeichnet werden darf; für die Bezeichnung "Schweinefleisch" gilt danach ein Höchstwert an Fett von 30 % und an Bindegewebe von 25 % (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3; 4 Abs. 1; 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, 4, Anlage 1 zu § 6 Abs. 4 Nr. 1 LMKV). Wegen bis dahin fehlender Vorschriften zur Bedeutung dieser Bezeichnung ist die geltende Fassung der Spezifikation mit der Angabe "grob entfettetes Schweinefleisch" im Zusammenhang mit der Angabe des absoluten Fettgehalts von maximal 35 % missverständlich. Wie die Vertreterin des Beschwerdegegners und sein Mitglied Herr P… in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben haben, ist durch die Vorschriften der LMKV mit der Beschränkung auf einen maximalen Fettanteil von 30 % für die Bezeichnung "Schweinefleisch" einerseits und die Verwendung des Begriffs "grob entfettetes Schweinefleisch" unter Zulassung eines maximalen absoluten Fettgehalts von 35 % für das Gesamtprodukt in der Spezifikation andererseits eine Lücke entstanden; die lässt sich zwar im Wege der Auslegung schließen, denn die bislang geltende Produktbeschreibung hat - wie oben bereits ausgeführt - mit der Angabe "grob entfettetes Schweinefleisch" die Verwendung von Speck vom Schwein beinhaltet und zudem einen absoluten Fettgehalt von maximal 35 % zugelassen. Die Spezifikation bildet indessen die Grundlage für die Herstellung des Erzeugnisses. Aus Gründen der Klarheit der Spezifikation ergibt sich nach allem ein Bedarf zur Änderung der Spezifikation. Mit der beantragten Änderung wird ausdrücklich bestimmt, welche Zutaten neben "Schweinefleisch" im Sinn der LMKV zur Erreichung der in der Spezifikation unter "Herstellungsverfahren" genannten "gut bindenden Masse" - bis zu einem maximalen absoluten Fettgehalt von 35 % - verwendet werden dürfen; dazu wird ausdrücklich festgelegt, dass entsprechend der traditionellen Herstellung nur Zutaten vom Schwein hinzugefügt werden dürfen, so dass die theoretisch mögliche Verwendung von Komponenten anderer Tierarten ausdrücklich ausgeschlossen ist. Welche abweichenden Betrachtungsweisen sich anderenfalls ergeben könnten, zeigen beispielsweise die Ausführungen der Beschwerdeführerin. Zur Ergänzung wird darauf hingewiesen, dass die für die Überwachung und Kontrolle nach § 134 MarkenG zuständige Stelle, die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, im von der Beschwerdegegnerin vorgelegten Schreiben vom 28. April 2010 ausgeführt hat, dass für Produktion und Kontrolle die Spezifikation die Grundlage darstelle und deshalb die Notwendigkeit der Aufnahme der beantragten Angaben bestehe. Der Antrag auf Änderung der Spezifikation ist sachlich gerechtfertigt. Speck vom Schwein als Zutat ist damit festgelegt; die durch das Wort "insbesondere" eingeleitete Aufzählung von "Bauchspeck, Backen, Backenspeck, Rücken und Rückenspeck" ist beispielhaft, gibt dabei aber keine bindende Vorgabe. Die Beschwerde ist damit auch nicht begründet. III. Zu einer Auferlegung von Kosten besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG). IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen; ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beschwerdeberechtigung zu fordern ist, ist nicht geklärt; höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu im Fall einer Beschwerde gegen einen Beschluss des Patentamts, durch den festgestellt wird, dass ein Antrag auf Änderung der Spezifikation der VO (EG) 510/2006 entspricht, gibt es nicht. Gleiches gilt für die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Spezifikation geändert werden darf.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006151
BPatG
München
24. Senat
20100427
24 W (pat) 66/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 Abs 3 S 1 MarkenG, § 43 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PEROTEX/PEROX" – zur rechtserhaltenden Benutzung – keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters – zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität und –ähnlichkeit – keine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 301 41 434 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch in der Sitzung vom 27. April 2010 beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die am 9. Juli 2001 angemeldete Wortmarke PEROTEX wurde am 23. August 2001 unter der Nr. 301 41 434 für folgende Waren "03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Geschirrspülmittel, insbesondere für gewerbliche Spülmaschinen; Entkalkungsmittel für Spülmaschinen, insbesondere gewerbliche Spülmaschinen sowie sonstige von Kalkablagerungen beeinträchtigte Anlagen und Geräte, einschließlich Warmwasserboiler oder Kaffeemaschinen" in das Markenregister eingetragen. Die Veröffentlichung erfolgte am 27. September 2001. Auf die ursprünglich ebenfalls registrierten "Seifen" hat die Markeninhaberin im Juli 2002 verzichtet. Widerspruch erhoben ist u. a. aus der am 24. Juli 1950 angemeldeten und am 25. November 1952 eingetragenen Marke 630 467 PEROX die, nach mehreren Teillöschungen, seit 1980 (noch) für folgende Waren Schutz genießt: "Tier- und Pflanzenvertilgungsmittel, Entkeimungs- und Entwesungsmittel (Desinfektionsmittel); Mittel zum Putzen von Leder, Bohnermasse; Parfümerien, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Badewässer, ätherische Öle, Seifen, Seifenpulver, Bleichsoda, Waschmittel, Einweichmittel für Wäsche und Textilien, Putz- und Poliermittel (ausgenommen für Leder), Scheuermittel, Geschirrspülmittel, Wäschespülmittel". Der Widerspruch ist auf die Waren in Klasse 3 gestützt und richtet sich gegen alle ähnlichen und identischen Waren der jüngeren Marke. Mit einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 3. April 2002 eingegangenen Schriftsatz hat die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke erhoben. Zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke ist seitens der Widersprechenden eine erste eidesstattliche Versicherung eines Angestellten vom 2. Juli 2002 vorgelegt worden, in der eine Benutzung für "Waschmittel" mit Umsatzangaben für die Jahre 1998 bis 2000 behauptet wird, zusammen mit weiteren Unterlagen (Kopien von Produktblättern und Etiketten, jeweils für das Erzeugnis " Perox perfekt"). Die Markeninhaberin hat die Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten, u. a. mit dem Argument, die Hinzufügung des Wortes "perfekt" verändere den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke. Am 23. Juni 2004 ist die Widerspruchsmarke auf die jetzige Widersprechende umgeschrieben worden; diese ist in das Verfahren eingetreten. In einem ersten Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 vom 20. August 2004 ist der Widerspruch wegen nicht ausreichender Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung zurückgewiesen worden. Die Angaben zu den Umsätzen deckten nur einzelne Jahre der maßgeblichen Benutzungszeiträume ab und seien für "Waschmittel" zu gering, als dass von einer ernsthaften Benutzung ausgegangen werden könne. Die Widersprechende hat Erinnerung eingelegt und als weitere Glaubhaftmachungsunterlagen eine (zweite) eidesstattliche Versicherung ihres Marketing Direktors vom 28. Juli 2005 mit Umsatzangaben für die Jahre 2001 bis 2004 vorgelegt, wonach die Marke für "Wasch- und Waschhilfsmittel" benutzt worden sein soll, außerdem Rechnungskopien, Großhandelspreislisten, Kopien von Etiketten und von Produktblättern (jeweils für " Perox liquid" und " Perox perfekt"). Die Markeninhaberin hat die Nichtbenutzungseinrede mit näherer Begründung aufrechterhalten. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle hat die Erinnerung in einem zweiten Beschluss vom 9. Juni 2008 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Der gebotene Abstand der Zeichen werde - selbst bei identischen Waren und bei Zugrundelegung der Annahme, dass die Verbraucher den Marken nur mit geringer Sorgfalt begegneten - noch eingehalten. Die Wortlängen seien unterschiedlich und ergäben ein jeweils eigenständiges Klangbild. Auf die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke komme es nicht an. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie legt eine weitere (dritte) eidesstattliche Versicherung desselben Marketing Direktors vom 19. August 2008 mit Umsatzangaben für "Wasch- und Waschhilfsmittel" in den Jahren 2005 bis 2008 sowie Großhandelspreislisten, Rechnungskopien, Produktblätter und Etiketten (für " Perox liquid" und " Perox perfekt") vor. Die Benutzung der Widerspruchsmarke sei ernsthaft, insbesondere mengenmäßig hinreichend. Es bestehe auch Verwechslungsgefahr. Bei teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft könnte eine solche nur bei vollständiger Zeichenunähnlichkeit verneint werden. Im Gesamteindruck seien sich die Vergleichszeichen einander ähnlich, und zwar sowohl klanglich wie schriftbildlich. Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle vom 20. August 2004 sowie vom 9. Juni 2008 aufzuheben und die Marke 301 41 434 im Register zu löschen. Eine Stellungnahme der Markeninhaberin ist im Beschwerdeverfahren nicht zur Gerichtsakte gelangt. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die sich gegenüberstehenden Marken nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. 1. Eine ausreichende (rechtserhaltende) Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende allerdings - insoweit entgegen der Ansicht des Erstprüfers der Markenstelle - glaubhaft gemacht. Bei der - rechtlich gebotenen - zusammenfassenden Betrachtung sämtlicher im Lauf des Amts- und Beschwerdeverfahrens vorgelegten Glaubhaftmachungsmittel (drei eidesstattliche Versicherungen mit ergänzenden Unterlagen) spricht die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Widerspruchsmarke in den beiden nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG maßgeblichen Benutzungszeiträumen (September 1996 bis September 2001 und April 2005 bis April 2010) für Produkte, die unter die registrierten Warenoberbegriffe "Seifen" und "Waschmittel" fallen, in einem (noch) ausreichenden Maße benutzt worden ist. Was die Benutzung im Inland, die Dauer der Benutzung und die Art der Verwendung (als Etiketten auf den Produktverpackungen) anbetrifft, ergeben sich keine Zweifelsfragen. Soweit die Benutzung während des ersten Benutzungszeitraums nicht durch die (damalige) Inhaberin selbst, sondern durch dritte Unternehmen (Lizenznehmer, Vertriebsfirmen) erfolgte, lag die Zustimmung der (damaligen) Inhaberin gem. § 26 Abs. 2 MarkenG vor. Aus den ergänzenden Glaubhaftmachungsunterlagen ergibt sich eine Benutzung (nur) für "Nadelseife" (Produkt " Perox perfekt") und "flüssiges Seifenkonzentrat" (Produkt " Perox liquid"). Da diese gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG auf Seiten der Widersprechenden zu berücksichtigenden Waren - auch - unter den registrierten Oberbegriff "Waschmittel" fallen - Waschmittel und Seifen weisen Überschneidungen auf -, kann die Angabe dieses (Ober-)Begriffs in den eidesstattlichen Versicherungen im vorliegenden Fall ausnahmsweise akzeptiert werden. Die belegte Form der Benutzung - in Normalschrift anstelle der registrierten Schreibweise in Großbuchstaben - ist rechtserhaltend; auch die Hinzufügung der Wörter "liquid" und "perfekt" verändert den kennzeichnenden Charakter der registrierten Widerspruchsmarke nicht (§ 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG), weil "liquid" als Hinweis auf die flüssige Form des Produkts glatt warenbeschreibend ist und "perfekt" überwiegend nur als allgemeines Werbeschlagwort verstanden wird. Was den Umfang der Benutzung anbetrifft, so sind die Umsatzzahlen, die zudem zeitweise eine abnehmende Tendenz aufwiesen, zwar für ein Massenerzeugnis wie Waschmittel recht gering. Anscheinend handelt es sich aber - wofür auch die belegte Abgabe an Großabnehmer sprechen dürfte - um Spezialprodukte. Von daher ist die Benutzung (noch) ernsthaft; von einer sog. Scheinbenutzung kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. 2. Ob Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE ; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO ; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 32, 33). Die auf Seiten der Widersprechenden als benutzt glaubhaft gemachten Einzelwaren, d. h. "Nadelseife" und "flüssiges Seifenkonzentrat" fallen - wie oben ausgeführt - auch unter den Oberbegriff "Waschmittel", so dass insoweit Warenidentität besteht. Zumindest im Verhältnis zu "Bleichmitteln" und "Geschirrspülmitteln" der jüngeren Marke liegt zudem Warenähnlichkeit vor. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, deutlich unterdurchschnittlich, weil " PEROX " offenkundig - im Wege der Verkürzung - von der chemischen Fachbezeichnung "Peroxid" abgeleitet ist; Peroxide finden zum Teil als Bleichmittel Verwendung (vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., Bd. 21, S. 221; ZEIT-Lexikon, Bd. 11, S. 257). Die Widerspruchsmarke ist zwar vergleichsweise alt, jedoch vom Umfang her nur gering benutzt, so dass es an Anhaltspunkten für eine Kompensation der Kennzeichnungsschwäche (bzw. eine Steigerung des Schutzumfangs) fehlt; die Widersprechende hat sich auf diesen Gesichtspunkt auch nicht berufen. Die sich gegenüberstehenden Zeichenwörter sind sich ähnlich, weil sie in den ersten vier Buchstaben "PERO" übereinstimmen und jeweils auf "X" enden. Allerdings unterscheiden sich beide Zeichen von der Länge her (7 gegen 5 Buchstaben), wobei vor allem die Abweichung in der Anzahl der Silben (3 gegen 2) sich klanglich auswirkt. Die bei jeder Betonung des Gesamtzeichens markante Endung "TEX" der jüngeren Marke (gesprochen wie "tecks") klingt völlig anders wie die Endsilbe "ROX" (= „rocks“) der Widerspruchsmarke. Von daher scheidet in Übereinstimmung mit der Auffassung des Erinnerungsbeschlusses der Markenstelle eine klangliche Verwechslungsgefahr aus. Aber auch im schriftbildlichen Vergleich wird der Verkehr - selbst aus der Erinnerung heraus - in der Lage sein, beide Marken auseinanderzuhalten. Zwar kann nicht ausschließlich auf die - generell aufmerksamen - Fachkreise abgestellt werden, an welche die Widersprechende ihre Produkte veräußert, weil sich eine entsprechende Einschränkung hinsichtlich des Vertriebs nicht aus dem Register ergibt. Aber auch in allgemeinen Publikumskreisen ist nach dem maßgeblichen Verbraucherleitbild des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 173 m. w. Nachw.) auf normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher im Bereich der einschlägigen Waren abzustellen. Wenngleich Waschmittel an sich eher niedrigpreisige Massenprodukte sind, ist die Aufmerksamkeit der Kunden (vor allem auch der Kundinnen) bei deren Erwerb generell erhöht; das Waschmittel muss für die jeweilige Wäsche und den Waschvorgang, d.h. in der Regel die Waschmaschine, geeignet sein. Diese produktbezogene Aufmerksamkeit erstreckt sich - fast zwangsläufig - auch auf die Marken. Der auf diesem Produktsektor markenbewusste Verbraucher wird daher die Kennzeichnungen " PEROTEX " und " PEROX " auch schriftbildlich nicht verwechseln. Die Gesamtabwägung ergibt, dass vorliegend wegen des geringen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke und des deutlichen Zeichenabstands selbst im Bereich identischer und ähnlicher Waren keine Verwechslungsgefahr besteht. Somit verbleibt es bei der Zurückweisung des Widerspruchs. 3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006152
BPatG
München
30. Senat
20100506
30 W (pat) 73/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "VitalWelt" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 306 05 760.3 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortmarke VitalWelt für die Waren und Dienstleistungen "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel; Arzneimittel, pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Pflaster und Verbandsmaterial; orthopädische Artikel; Vermarktung einschließlich Werbung über das Internet, elektronische Ein- und Verkäufe und insbesondere elektronischer Handel im Apotheken-, Kosmetik-, Wellness- und Sanitätsbereich, Verwaltung von elektronischen Geschäften, Präsentation, Ausstellung und Verkauf von Waren über das Internet, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses, eines Internetversenders und einer Versandapotheke; Dienstleistungen eines Apothekers, einer orthopädischen Werkstatt, eines Sanitätshauses und eines Kosmetikinstituts; Gesundheits- und Schönheitspflege, Beratung in der Pharmazie, im Sanitäts- sowie im Wellnessbereich, Ernährungsberatung, Gesundheitsberatung, Betrieb einer Versand- und Internetapotheke, eines Versand- und Internetsanitätshauses sowie eines Internetshops mit Versand für Kosmetik- und Wellnessartikel". Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen – einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, die Anmeldemarke setze sich aus den Elemente "Vital" mit den Bedeutungen von u. a. "lebenskräftig, lebensnotwendig" und dem Bestandteil "Welt" zusammen und weise in ihrer Gesamtheit lediglich auf Waren und Dienstleistungen zur Steigerung der Vitalität hin, die in Geschäften oder Einrichtungen bereitgehalten würden. Der Erinnerungsprüfer hat ergänzend angeführt, auch wegen der Vielzahl bereits existierender Zusammensetzungen mit dem Begriff "Vital", wie z. B. "Vital-Food", "Vital-Frühstück", "Vital-Hotel", "Vital-Wanderwochen", "Vital-Drink", "Vital-Kur", "Vital-Küche" lasse sich der angemeldeten Bezeichnung " VitalWelt " sofort und ohne weiteres Nachdenken der Begriffsinhalt einer Welt, in der es um Wellness, Wohlfühlen u. ä. geht, entnehmen. Zudem sei der Begriff der " VitalWelt " ein wichtiger und zentraler Begriff im Wellness- und medizinischen Gesundheitsbereich und damit ein "gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder der Werbung". Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der angemeldeten Kombination nicht um eine gebräuchliche Sachbezeichnung handle, sie sei lexikalisch nicht nachweisbar und auch grammatikalisch nicht korrekt gebildet. Der Bestandteil "vital" (lebenskräftig) werde auch nur im Zusammenhang mit Personen verwendet, Produkte könnten nicht "vital" sein. Der weitere Bestandteil "Welt" habe eine Vielzahl von Bedeutungen und werde im Sinne von Vertriebsstätte nur im Zusammenhang mit Sachangaben (Waren) verwendet. Die vorliegende Zusammensetzung sei schon daher diffus und unklar, die Kombination gehe jedenfalls in ihrer Wirkung über die jeweilige Bedeutung der Einzelteile hinaus. Bei " VitalWelt " handle es sich um einen abstrakten Begriff, der Assoziationen wecke, aber keine beschreibende Bedeutung habe. Die Anmeldemarke sei daher auch nicht freihaltebedürftig. Er nimmt hierzu Bezug auf Voreintragungen mit dem Bestandteil "Welt, world". Der Anmelder beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 21. Februar 2008 und vom 7. April 2009 aufzuheben. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. 1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2006, 220 Nr. 27 - BioID; BGH MarkenR 2004, 39 - City Service; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (BGH 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - Berlin Card) oder wenn es sich um beschreibende Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 465, 468 - Bonus; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. - City Service). Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor). Die angemeldete Wortmarke erfüllt nach den obengenannten Grundsätzen selbst diese geringen Anforderungen nicht, da sie sich in werbemäßig anprei-sender Form auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt beschränkt (vgl. BGH a. a. O. – marktfrisch). 2. Die angemeldete Marke setzt sich aus allgemein geläufigen Wörtern der deutschen Sprache zusammen, die im inländischen Verkehr von jedermann in ihrer Bedeutung ("vital" bedeutet "voller Lebenskraft, im Besitz seiner vollen Leistungskraft; lebenswichtig, lebensnotwendig" - vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 CD-ROM) verstanden werden. "Vital" wird gerade auf dem Gesundheitssektor häufig verwendet, um einen Hinweis auf eine vitalisierende, gesundheits- und lebensfördernde Wirkung zu geben (vgl. BPatG 24 W (pat) 240/97 – Vital; 30 W (pat) 258/96 – VITAL PLUS; 33 W (pat) 94/05 - Vitalformel unter www. bundespatentgericht.de). Der Bestandteil "Welt" dient neben dem Hinweis auf die Erde regelmäßig zur Bezeichnung eines in sich geschlossenen Lebensbereiches (vgl. BPatG a. a. O. 30 W (pat) 191/00 - digiPhoto World). Der Begriff "Welt", der in Alleinstellung vielfältige Bedeutungen haben mag, wird nämlich in Kombination mit einem weiteren beschreibenden Begriff in seiner Bedeutung reduziert und zu einem Beiwort, das einen Bereich, eine Sphäre umschreibt - also z. B. "Welt der Gesundheit" (vgl. HABM, R0686/00-4 – wellness world - auf PAVIS PROMA) - bzw. den Gegenstand der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen bezeichnet (vgl. a. a. O. BPatG 32 W (pat) 224/03 – SKIWORLD ). Daher sind Wortzusammensetzungen mit dem Bestandteil "Welt" auch gebräuchlich zur Bezeichnung einer Vertriebsstätte mit einem hinsichtlich Qualität und Vielfalt umfassenden Warensortiment und entsprechendenden Dienstleistungsangeboten (vgl. BPatG 32 W (pat) 120/04 – The world of tea) sowie als Hinweis auf ein breitgefächertes Angebot von Waren und Dienstleistungen selbst (BPatG a. a. O. 32 W (pat) 259/99 – SNOW WORLD ; 32 W (pat) 020/00 – Wasserwelt; vgl. auch EuGH C - 494/08 P vom 9.12.2009 Nr. 44 - PRANAHAUS ). " VitalWelt " bedeutet daher "Welt der Gesundheits- und Lebensförderung", "Bereich zur Gesundheits- und Lebensförderung" und ist entsprechend den im Erinnerungsbeschluss genannten Zusammensetzungen mit dem Bestandteil "Vital" gebildet. Beide Markenbestandteile sind als im Gesundheitsbereich und in der Werbesprache bekannte Schlagworte lediglich werbemäßig aneinandergereiht, werden dabei in Übereinstimmung mit ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff. Nach der Rechtsprechung ist nämlich eine neue Wortkombination, deren Bestandteile jeweils für sich betrachtet Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, nur dann nicht als beschreibend anzusehen, wenn die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht (EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Nr. 96] - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 [Nr. 37] - BIOMILD; vgl. auch EuG, T – 0360/99 – Investorworld auf PAVIS PROMA CD-ROM). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. In diesem Sinne von "Bereich zur Gesundheits- und Lebensförderung" wird der Verkehr die angemeldete Marke " VitalWelt " ohne weiteres verstehen. Entgegen der Ansicht des Anmelders kommt es bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht darauf an, ob die Marke eine Neuschöpfung ist oder ob sie bereits im Verkehr verwendet wird oder lexikalisch nachweisbar ist. Das gilt um so mehr, als der Verkehr daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit neuen Begriffen und Abbildungen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden. Ebenso ist bekannt, dass sich solche Kreationen gerade nicht an grammatikalischen Regeln oder in einem ausgeprägten Stilempfinden orientieren. Demnach können auch bisher noch nicht verwendete oder grammatikalisch fehlerhafte, aber gleichwohl verständliche Sachaussagen durchaus als solche erkannt und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werden (vgl. BGH a. a. O. - marktfrisch; BPatG GRUR 1996, 489 - Hautactiv). Wie aus den dem Anmelder im Erinnerungsbeschluss der Markenstelle übersandten Ergebnissen einer Internet-Recherche ersichtlich, findet die beanspruchte Bezeichnung " VitalWelt " im Gesundheitsbereich sogar bereits Verwendung in einem rein sachbezogenen Sinne im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Wellnessbereich. Im Zusammenhang mit den vom Anmelder beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die sämtlich im weitesten Sinne der Wiederherstellung der Gesundheit, der Gesundheitspflege und Gesunderhaltung dienen bzw. darauf bezogen sein können, entnimmt der Verkehr einer entsprechenden Kennzeichnung dieser Waren und Dienstleistungen keinerlei betrieblichen Hinweis, sondern bezieht sie ausschließlich auf deren Art oder Gegenstand bzw. Verwendung oder Bestimmung. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, gibt " VitalWelt " einen werbemäßig anpreisenden Sachhinweis darauf, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einem Wellnessbereich angeboten, erbracht oder in diesem Zusammenhang verwendet werden bzw. dies zum Inhalt oder Thema haben. Dieser inhaltsbezogene Sachaussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung erschließt sich dem Verkehr auch sofort und ohne analysierende Zwischenschritte. Entgegen der Ansicht des Anmelders spielt eine mögliche Bedeutungsvielfalt in Anlehnung an die grundsätzliche Unerheblichkeit einer Mehrdeutigkeit bei beschreibenden Angaben i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch hier keine Rolle, da es für die Verneinung der Unterscheidungskraft ausreichend ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit (eindeutig) beschreibendem Charakter entnehmen können (vgl. BGH GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude). Auch eine gewisse begriffliche Unbestimmtheit kann die markenrechtlich erforderliche Unterscheidungskraft nicht begründen. Selbst relativ allgemeine Angaben können als verbraucherorientierte Sachinformation zu bewerten sein, insbesondere wenn sie sich auf allgemeine Sachverhalte beziehen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; a. a. O - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 192 -DOUBLEMINT; GRUR 2004, 222 - BIOMILD; a. a. O. - Postkantoor). Im vorliegenden Fall fehlt es somit an der erforderlichen Unterscheidungskraft, da der unmittelbare Bezug für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen für den Verkehr ohne weiteres ersichtlich ist und sich die Wortkombination " VitalWelt " in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in einer im Vordergrund stehenden sachbezogenen Aussage in werbemäßiger Form erschöpft. 3. Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine seiner Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS ; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. - BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] - American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; 25 W (pat) 65/08 – Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 – Volksflat , veröffentlicht unter www.bundespatentgericht.de). 4. Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltebedürfnis haben. Angesichts der übrigen behandelten Gesichtspunkte kann diese Frage jedoch offen bleiben. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006153
BPatG
München
24. Senat
20100316
24 W (pat) 73/07
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG, § 116 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "HAUSHALT & TECHNIK (Wort-Bild-Marke)/Haus (Bildmarke/IR-Marke)" – unterstellte rechtserhaltende Benutzung – Waren- und Dienstleistungsidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine klangliche, begriffliche und bildliche Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 303 66 092 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die Wort-/Bildmarke ist am 25. Mai 2004 unter der Nummer 303 66 092 für die Waren und Dienstleistungen 07 Haushalts- und Küchenmaschinen und -geräte (soweit in Klasse 7 enthalten); Staubsauger, elektrische Bodenpflegegeräte; elektrische Reinigungs- und Poliergeräte; Geschirrspülmaschinen; Waschmaschinen; Wäscheschleudern, Bügelmaschinen; Nähmaschinen; elektromechanische Geräte für die Zubereitung von Getränken und Nahrungsmitteln; Teile aller vorgenannten Waren (soweit in Klasse 7 enthalten); 11 Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs-, Klima- und Wasserleitungsgeräte; Haushalts- und Küchenmaschinen und -geräte (soweit in Klasse 11 enthalten); Wäschetrockner, Haartrockner, Händetrockner; Küchenherde, Grillgeräte, Abzugshauben; elektrische Kaffeemaschinen, elektrische Wasserkessel; elektrische Bettwärmer, Heizdecken und Heizkissen (nicht für medizinische Zwecke); sanitäre Apparate und Anlagen; Beleuchtungslampen, Leuchten; elektrische Leuchtmittel; 20 Möbel, Spiegel, Rahmen, Vorhangstangen und -schienen, Möbelteile (soweit in Klasse 20 enthalten); Waren (soweit in Klasse 20 enthalten) aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Bernstein Perlmutter, Meerschaum oder Kunststoff; Behälter, Kästen und Dosen aus Holz oder Kunststoff; 37 Reparatur und Wartung von Rundfunk- und Fernsehgeräten; Installation, Reparatur und Wartung von Heizungs-, Klima- und Kühlanlagen; Installation, Reparatur und Wartung von Elektrogeräten; Gebäude- und Fensterreinigung; 42 Dienstleistungen eines Architekten; Planung von Kücheneinrichtungen in technischer und gestalterischer Weise; Beratung und Einrichtung von Küchen“ in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen und am 25. Juni 2004 veröffentlicht worden. Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälteren, international registrierten Bildmarke IR 670 510 die in Deutschland für die Waren und Dienstleistungen „06 Métaux communs et leurs alliages; matériaux de construction métalliques; construction transportables métalliques; matériaux métalliques pour les voies ferrées; câbles et fils métalliques non électriques; serrurerie et quincaillerie métalliques; tuyaux métalliques ; coffres-forts; produits métalliques non compris dans d'autres classes; minerais. 07 Machines et machines-outils; moteurs (à l'exception des moteurs pour véhicules terrestres); instruments agricoles; couveuses pour les oeufs; appareils électromécaniques à usage domestique tels que mixeurs électriques, machines à laver le linge, machines à laver et sécher le linge, machines à laver la vaisselle, moulins à café électriques, broyeurs ménagers électriques; pompes (machines ou parties de machines). 09 Appareils et instruments scientifiques, nautiques, géodésiques, électriques, photographiques, cinématographiques, optiques, de pesage, de mesurage, de signalisation, de contrôle (inspection), de secours (sauvetage) et d'enseignement; appareils pour l'enregistrement, la transmission, la reproduction du son ou des images; supports d'enregistrement magnétiques, disques acoustiques; distributeurs automatiques et mécanismes pour appareils à prépaiement; caisses enregistreuses, machines à calculer, équipement pour le traitement de l'information et les ordinateurs; extincteurs; appareils électromécaniques à usage domestiques utilisés pour le nettoyage, tels qu'aspirateurs électriques, cireuses; résistances électriques; thermostats; fers à repasser électriques. 11 Appareils d'éclairage, de chauffage, de production de vapeur, de cuisson, de réfrigération, de séchage, de ventilation, de distribution d'eau et installations sanitaires, en particulier sèche-cheveux, hottes, congélateurs, cuisinières à gaz et/ou électriques, cuiseurs pour oeufs, réchauds à gaz et/ou électriques, fours à gaz et/ou électriques, fours à micro-ondes, réfrigérateurs-congélateurs, réfrigérateurs, grils, plans de cuisson, réchauffe-biberons, grille-pain, accessoires pour la régulation et la sécurité pour gaz, cabines de douche, brûleurs, chaudières pour le chauffage et la climatisation, conditionneurs d'air, éviers, panneaux solaires, plaques chauffantes, bacs de douche, pompes à chaleur, radiateurs, chauffe-bain et chauffe-eau, baignoires, machines à sécher le linge, éviers en acier, machines pour café électriques, éviers en aeier à installer sur le plan des meubles de cuisine . 20 Meubles, glaces (miroirs), cadres; produits non compris dans d'autres classes en bois, liège, roseau, jonc, osier, corne, os, ivoire, baleine, écaille, ambre, nacre, écume de mer, succédanés de toutes ces matiéres ou en matières plastiques; meubles pour la salle de bains; meubles pour la cuisine; étagères, rayonnages. 21 Ustensiles et récipients pour le ménage ou la cuisine (ni en métaux précieux, ni en plaqué); peignes et éponges; brosses (à l'exception des pinceaux); matériaux pour la brosserie; matériel de nettoyage; paille de fer; verre brut ou mi-ouvré (à l'exception du verre de construction); verrerie, porcelaine et faïence non comprises dans d'autres classes; mixeurs non électriques; machines pour café non électriques; moulins à café non électriques; broyeurs ménagers non électriques; brosseuses électriques pour tapis. 37 Construction; réparation; services d'installation . 40 Traitement de matériaux . 42 Restauration (alimentation); hébergement temporaire; soins médicaux, d'hygiène et de beauté; services vétérinaires et d'agriculture; services juridiques; recherche scientifique et industrielle; programmation pour ordinateurs.“ Schutz genießt, Widerspruch erhoben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat gegen den Widerspruch mit Schriftsatz vom 4. Januar 2005 die Einrede der mangelnden Benutzung geltend gemacht. Die mit einem Beamten im höheren Dienst besetzte Markenstelle für Klasse 11 des DPMA hat mit Beschluss vom 10. Juli 2007 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend gewesen seien, um im Sinne von §§ 43 Abs. 1, 26 MarkenG eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchmarke glaubhaft zu machen. Die Widersprechende hat gegen den Beschluss der Markenstelle vom 10. Juli 2007 Beschwerde eingelegt und weitere Benutzungsunterlagen vorgelegt. Sie ist ferner der Auffassung, dass aufgrund der teilweisen Identität bzw. Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren als auch wegen der hochgradigen bildlichen Ähnlichkeit der Marken in ihren charakteristischen Merkmalen von einer Verwechslungsgefahr auszugehen sei. Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Juli 2007 aufzuheben und die Löschung der Marke 303 66 092 anzuordnen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht weder in bildlicher und begrifflicher noch in anderer Hinsicht eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat in zulässiger Weise die nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG i. V. m. § 116 Abs. 1 MarkenG mögliche Einrede der mangelnden Benutzung erhoben, weshalb bei der Entscheidung über den vorliegenden Widerspruch gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nur solche Waren und Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke in Deutschland registriert ist und zu denen die Widersprechende eine ernsthafte Benutzung glaubhaft gemacht hat, zugrunde gelegt werden dürfen. In welchem Umfang der Widersprechenden eine Glaubhaftmachung der Benutzung gelungen ist, kann jedoch vorliegend dahingestellt bleiben, da die angegriffene Marke - selbst bei unterstellter ernsthafter Benutzung der Widerspruchsmarke im Bereich der identischen Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 11, 20 und 37 - in jeder Hinsicht den für den Ausschluss einer Verwechslungsgefahr notwendigen Abstand einhält. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. u. a. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) „Marca/Adidas“; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) „THOMSON LIFE “; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) „ PICASSO “; BGH GRUR 2008, 258, 260 (Nr. 20) „INTERCONNECT/T-InterConnect“; GRUR 2009, 484, 486 (Nr. 23) „Metrobus”; GRUR 2010, 235 (Nr. 15) „ AIDA/AIDU “). Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist unterdurchschnittlich. Bei den mit der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen handelt es sich, soweit hier von Interesse, im weitesten Sinne um Haushaltsgeräte, Haushaltsgegenstände sowie um Installations- und Reparaturdienstleistungen, unter deren Oberbegriff auch solche für den häuslichen Bereich fallen können. Bezogen auf diese Waren und Dienstleistungen stellt die Widerspruchsmarke, die im Wesentlichen die stilisierte Darstellung eines Hauses ist, ein geläufiges, originalitätsschwaches Motiv dar. Darüber hinaus wird beim Verkehr auch durch die piktogrammartige, einfache Gestaltung der Widerspruchsmarke vordergründig der Eindruck erweckt, mit ihr werde eine waren- und dienstleistungsbezogene Information gegeben. Der beschreibende Bezug zu den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen wird noch dadurch unterstrichen, dass sich im Zentrum der Widerspruchsmarke die umrissartige Darstellung eines zweipoligen Elektrosteckers befindet und auf dem Dach des Hauses eine stilisierte Flamme erkennbar ist. Auch bei diesen Details handelt es sich um Markenbildungselemente mit deutlich beschreibendem Sinngehalt. Die beiderseitigen Marken weisen in klanglicher Hinsicht keine und in begrifflicher und bildlicher Hinsicht nur eine geringe Ähnlichkeit auf. Auszugehen ist vorliegend von dem Erfahrungssatz, dass beim Vorliegen einer Kombination von Wort- und Bildbestandteilen, wie sie die angegriffene Marke darstellt, sich der Verkehr nicht nur in klanglicher, sondern auch in begrifflicher Hinsicht an dem Wortbestandteil orientieren wird, wenn dieser hinreichend kennzeichnungskräftig ist (BGH GRUR 2006, 859, 862 (Nr. 29) „Malteserkreuz“). Zwar wird man vorliegend davon ausgehen müssen, dass dies auf den Wortbestandteil „ HAUSHALT & TECHNIK “ der angegriffenen Marke nicht ohne weiteres zutrifft, jedoch führt dieser Bestandteil in begrifflicher Hinsicht auch nicht näher an die Widerspruchsmarke hieran, deren Bildbestandteil sich begrifflich deutlich anders als ein „Haus mit Elektrostecker und Flamme“ umschreiben lässt. Auch in bildlicher Hinsicht kommen sich die Vergleichsmarken nicht sehr nahe. Der Verkehr orientiert sich bei rein visueller Wahrnehmung von Bild- oder Wortbildmarken, die aus mehreren grafisch gleichgewichtigen Bestandteilen bestehen, an allen ihren Bestandteilen gleichermaßen (vgl. BGH GRUR 2002, 1067 (1069) „DKV/OKV“; GRUR 2006, 859, 862 (Nr. 30) „Malteserkreuz“). Eine geringe Ähnlichkeit der Vergleichsmarken in bildlicher Hinsicht folgt aus dem Umstand, dass beide Marken die piktogrammartige Darstellung eines Elektrosteckers in einem skizzierten Haus enthalten. Über diesen gemeinsamen Motivansatz hinaus unterscheiden sich die Vergleichsmarken jedoch erheblich. Die angegriffene Marke besteht im Wesentlichen aus einer quadratischen, schwarzen Fläche, die an zwei nebeneinander liegenden Seiten von dem Schriftzug „ HAUSHALT & TECHNIK “ begrenzt wird, wobei innerhalb der quadratischen Fläche mit einer weißen Spirale (negativ) die Form eines Hauses mit einem flachen Giebeldach skizziert ist. Die Widerspruchsmarke weicht hiervon in charakteristischer Weise ab, indem sie ausschließlich aus zwei grauen, parallel geführten Linien besteht, wobei die beiden Linien (positiv) die stilisierte Darstellung eines Hauses mit spitzem Giebeldach und einer hierauf befindlichen Flamme liefern. Die Gesamtabwägung führt vorliegend zur Feststellung, dass die angegriffene Marke - eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke unterstellt - selbst im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke noch einhält und eine Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen ausgeschlossen werden kann. Auch die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden und insoweit mittelbar miteinander verwechselt werden, ist nicht zu besorgen. Die Widerspruchsmarke ist - wie vorstehend bereits dargestellt - in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen kennzeichnungsschwach, was auch einer Gefahr von mittelbaren Verwechslungen entgegensteht (vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1070 (Nr. 46) „Kinderzeit“; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 395). Daher verbleibt es bei der Zurückweisung des Widerspruchs.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006153&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006154
BPatG
München
33. Senat
20100601
33 W (pat) 127/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "Wunschlage" - Unterscheidungskraft, keine beschreibende Angabe
In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 30 2008 013 033.4 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 1. Juni 2010 beschlossen: Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des DPMA vom 3. September 2008 insoweit aufgehoben als die Anmeldung in Bezug auf die Dienstleistungen Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte (Klasse 36); Telekommunikation (Klasse 38) sowie Entwurf und Entwicklung von Computerhardware (Klasse 42) zurückgewiesen wurde.
I. Am 28. Februar 2008 hat der Anmelder die Wortmarke Wunschlage für das nachfolgende Verzeichnis von Dienstleistungen angemeldet: Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen. Klasse 38: Telekommunikation. Klasse 42: Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software. Mit Beschluss vom 3. September 2008 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Anmeldung zurückgewiesen. Sie hat dies damit begründet, dass das Zeichen in der Gesamtheit die folgende Bedeutung habe: „Lage oder Beschaffenheit, die den eigenen Wünschen entspricht oder als optimal bezeichnet werden kann“, „Zustand hinsichtlich der Lage, den jemand hegt oder äußert“ oder aber „Beschaffenheit, die jemand hegt oder äußert“. Der begehrten Marke fehle die Unterscheidungskraft, weil die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen allesamt individuell angeboten oder erbracht würden und speziell auf die Interessenlage des Kunden ausgerichtet oder zugeschnitten sein könnten. Gerade im Versicherungs- und Finanzierungsbereich sowie im Bereich der Telekommunikation und der Geldgeschäfte würden häufig individuell auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene Versicherungs- und Finanzprodukte bzw. Telekommunikationslösungen angeboten. Dies gelte auch bei der Entwicklung von Computerhard- und -software. Im Bereich des Immobilienwesens könne sich die Auswahl von Immobilien ebenfalls an der Interessenlage des Kunden orientieren. Demzufolge stünde der anpreisende Charakter des Wortes im Vordergrund. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit sei ebenfalls nicht zu erkennen, da das angemeldete Zeichen im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen sei. Mit Schreiben vom 7. April 2010 hat der Senat den Anmelder unter Vorlage von Belegen (im Folgenden als Anlagen zitiert) aus dem Internet darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nach vorläufiger Auffassung des Senats im Hinblick auf die Dienstleistungen „Immobilienwesen“, sowie „Entwurf und Entwicklung von Computersoftware“ keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte, weil der angemeldeten Marke jedenfalls die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlen dürfte. Darauf hin hat der Anmelder die Beschwerde und die Anmeldung im Hinblick auf die Dienstleistungen „Immobilienwesen“, sowie „Entwurf und Entwicklung von Computersoftware“ zurückgenommen. Der Anmelder ist der Ansicht, dass gerade im Versicherungs- und Finanzdienstleistungsbereich sowie im Bereich der Telekommunikation regelmäßig Standardprodukte und keine individuellen Dienstleistungen angeboten werden würden. Darüber hinaus handele es sich nicht um eine eindeutige Sachinformation, weil verschiedene abweichende Bedeutungen denkbar seien. Insbesondere der Wortbestandteil „Lage“ könne ganz allgemein zur Beschreibung der augenblicklich bestehenden Verhältnisse (verzweifelte Lage, rechtliche/wirtschaftliche Lage, „die Lage ist ernst“, „die Lage peilen“, „nicht in der Lage sein“, „jemanden in die Lage versetzen“) dienen. Darüber hinaus beschreibe „Lage“ eine Anzahl von Papierbögen, eine Runde, eine Lage Bier und es würden Wortzusammensetzungen wie „Haushaltslage“, „Feindlage“, „Bedarfslage“ und „Sachlage“ existieren. Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Marke für die Dienstleistungen Versicherungswesen, Finanzwesen; Geldgeschäfte; Telekommunikation sowie Entwurf und Entwicklung von Computerhardware einzutragen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist im Hinblick auf die nach der teilweisen Rücknahme der Beschwerde und der Anmeldung noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen begründet. Der angemeldeten Marke steht hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aus dem Bereich Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Telekommunikation sowie Entwurf und Entwicklung von Computerhardware nicht das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b MarkenRL) entgegen, weil es ihr nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehlt. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wären von der Eintragung diejenigen Marken ausgeschlossen, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (137 Nr. 29) Maglite; EuGH GRUR 2004, 428 (429 f. Nr. 30 f.) Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (1043 Nr. 23, 24) Thomson LIFE ; EuGH GRUR 2004, 943 (944 Nr. 23) SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) VISAGE ). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist. Bei der Auslegung der absoluten Schutzhindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 MarkenRL das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) EUROHYPO m. w. N.). In Anbetracht des Umfangs des einer Marke verliehenen Schutzes gehen das Allgemeininteresse, das § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugrunde liegt, und die wesentliche Funktion der Marke, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, um diese ohne Verwechslungsgefahr von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, offensichtlich ineinander über (EuGH, GRUR 2004, 943 (Nr. 23, 27) SAT.2). Die Prüfung der Herkunftsfunktion hat streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59); Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline). Soweit der BGH insoweit einen großzügigen Maßstab postuliert hat (BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 18) FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 417 (418) BerlinCard), hat er nunmehr klargestellt, dass gleichwohl - entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59) Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline) - eine strenge und umfassende Prüfung zu erfolgen hat (BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 11) My World). Die hier beanspruchte Wortkombination ist bei Zugrundelegung des dargelegten Prüfungsmaßstabs hinreichend unterscheidungskräftig, denn das angesprochene Publikum wird ihr im Hinblick auf die noch beanspruchten Dienstleistungen den Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen können. Abzustellen ist dabei auf die Auffassung des beteiligten inländischen Verkehrs, wobei dieser alle Kreise umfasst, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) Henkel). Dabei handelt es sich um den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) Matratzen Concord/ Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.). Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen zählen im vorliegenden Fall sowohl der Geschäftsverkehr als auch allgemeine und breite Verbraucherkreise. Diese werden das Zeichen „Wunschlage“ dahingehend verstehen, dass eine Situation oder ein Zustand, der dem zugrundeliegenden Wunsch oder Begehren entspricht, beschrieben wird. Bei dem Begriff handelt es sich um eine sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung, deren Gebrauch in bestimmten Zusammenhängen durchaus üblich ist. Am häufigsten wird das Wortzeichen zur Beschreibung eines gewünschten räumlichen Standortes eingesetzt. Dies geschieht insbesondere in Zusammenhang mit Immobilien (Anlage 1:4090 Treffer bei Google; Anlagen 1a - 1d), aber auch zur Bezeichnung der begehrten räumlichen Position eines Hotels oder Hotelzimmers (Anlagen 2 bis 2b). Zudem kann auch die Positionierung eines Gegenstandes durch den Begriff „Wunschlage“ bezeichnet werden (Anlagen 3 bis 6). Darüber hinaus, wenngleich selten, findet sich auch die Verwendung der Wortzusammensetzung zur Beschreibung eines wünschenswerten Zustandes ohne räumlichen Bezug. So z. B. in Zusammenhang mit Fahrplanzeiten (Anlagen 7 bis 8) und Kunden-/ bzw. Nutzervorstellungen (Anlagen 9 bis 10). Im Hinblick auf die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen handelt es sich jedoch nicht um eine gebräuchliche dienstleistungsbezogene Sachaussage zu einer Eigenschaft der Dienstleistung selbst. Zwar kann mit dem Begriff „Wunschlage“ umschrieben werden, dass die Dienstleistung so beschaffen ist, dass sie dem Kundenwunsch entspricht. Indessen erschließt sich ein derartiges Sinnverständnis nicht unmittelbar, sondern würde weitere gedankliche Zwischenschritte erfordern, weil die grammatikalische Verbindung der Begriffe „Wunsch“ und „Lage“ eher auf den statischen Zustand eines Objekts und weniger auf die Eigenschaft oder das Ergebnis einer Dienstleistung zu deuten geeignet ist. Eine Interpretation dahingehend, dass die Dienstleistung der Wunschlage des Kunden entspricht, ist daher eher ungebräuchlich in Zusammenhang mit den noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aus dem Bereich Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Telekommunikation sowie Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, weil vom angesprochenen Verkehr hierfür üblicherweise Begriffe wie „kundengerecht“, „wunschgerecht“ oder schlicht „Kundenwunsch“ oder „Kundeninteresse“ benutzt werden. Auch im Rahmen der Internetrecherche des Senats konnte daher nur in seltenen Einzelfällen die Wortkombination „Wunschlage“ zur allgemeinen Umschreibung von Kundenwünschen ermittelt werden (Beispiele hierfür: Anlage 9, 10). Wenn es sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr in Zusammenhang mit den maßgeblichen Dienstleistungen stets nur als solches verstanden wird, handelt, gibt es keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung fehlt (BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU m. w. N.). Dies gilt insbesondere, wenn der Produktbezug - wie hier - nur schwach ausgeprägt ist und die Werbebotschaft nur unterschwellig vermittelt wird (BPatG GRUR 2001, 511 - Energie mit Esprit). Insbesondere genügt für die Anwendbarkeit von § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG auch nicht allein der Umstand, dass es sich um einen Werbehinweis mit einer schlagwortartigen Aussage handelt, da kein grundsätzliches Freihaltebedürfnis an allgemeinen nicht produktbezogenen und in verschiedenen Bereichen einsetzbaren Ausdrücken anzunehmen ist (EuGH C-398/08 v. 21.01.2010 - Vorsprung durch Technik (Nr. 35); EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 41) - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Dies gilt insbesondere, wenn - wie hier - trotz gedanklicher Überlegungen keine isolierte Eigenschaft der Dienstleistung selbst, sondern lediglich das Verhältnis zwischen der Dienstleistung und dem Kunden bezeichnet werden könnte. Auch im Übrigen kann die Eintragung der Marke nicht gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG versagt werden, weil es sich im Hinblick auf die jetzt noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen nicht um eine Angabe handelt, die ein Merkmal dieser Dienstleistungen unmittelbar beschreibt. Wie bereits oben dargelegt, ist die Bezeichnung „Wunschlage“ im Sinne von „dem Kundenwunsch entsprechend“ zur Beschreibung der begehrten Dienstleistungen weder üblich, noch würde dadurch ein Merkmal unmittelbar beschrieben, weil die grammatikalische Verbindung von „Wunsch“ und „Lage“ nach herkömmlichem Sprachverständnis des angesprochenen Verkehrs einen statischen Zustand beschreibt und daher nicht ohne zusätzliche Gedankenschritte ein Bezug zum Kundenwunsch hergestellt werden kann.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006154&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006155
BPatG
München
30. Senat
20100520
30 W (pat) 49/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Max Cell (Wort-Bild-Marke)/maxell (Gemeinschaftsmarke, Wort-Bild-Marke)" – Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit - klangliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache betreffend die angegriffene Marke 306 16 372 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Hartlieb beschlossen: Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Januar 2009 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke EU 002713956 zurückgewiesen worden ist. Wegen dieses Widerspruchs wird die Löschung der angegriffenen Marke 306 16 372 insgesamt angeordnet.
I. Am 13. Juni 2006 unter der Nummer 306 16 372 in das Register als Wort-/Bildmarke, farbig (schwarz, rot) eingetragen und am 14. Juli 2006 veröffentlicht worden ist: Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen für folgende Waren und Dienstleistungen: „Klasse 09: Akkumulatoren (elektrisch), Akkumulatorengefäße, Akkumulatorenkästen, Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren Klasse 35: Durchführung von Auktionen und Versteigerungen im Internet Klasse 38: Bereitstellen von Informationen im Internet, Bereitstellung von Plattformen im Internet, Bereitstellung von Portalen im Internet, Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshoppingdienste, Betrieb eines Teleshoppingkanals“. Gegen die Eintragung ist am 8. September 2006 Widerspruch erhoben worden aus der am 9. September 2003 als Bildmarke eingetragenen Gemeinschaftsmarke 002713956: Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Das Warenverzeichnis lautet: „Lichtempfindliche Filme, unbelichtet; chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand; Dünger; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke. Magnetaufzeichnungs- und/oder -wiedergabemedien in Form von Bändern, Karten und Platten zum Aufzeichnen von Ton und/oder Bildern und/oder Daten beziehungsweise in Form von Bändern, Karten und Platten mit aufgezeichnetem Ton und/oder Bildern und/oder Daten für die Wiedergabe; optische Aufzeichnungs- und/oder -wiedergabemedien in Form von Karten und Platten zum Aufzeichnen von Ton und/oder Bildern und/oder Daten beziehungsweise in Form von Karten und Platten mit aufgezeichnetem Ton und/oder Bildern und/oder Daten für die Wiedergabe; Batterien aller Art; Daten- und/oder Ton- und/oder Bilddatenträger mit IC-Speicher für die Aufzeichnung und/oder Wiedergabe einschließlich IC-Karte und Speicherkarte; Computer; Tastaturen, Bildschirmfilter, CD-R, CD-ROM-Laufwerke, Kameras für Personalcomputer, digitale Kameras, Mäuse, Lese- und Schreibgeräte für Magnetkarten, PC-Lautsprecher, MP3-Spieler; wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zur Leitung, Schaltung, Transformierung, Akkumulierung, Regulierung oder Steuerung von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte. Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke.“ Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Verwechslungsgefahr teilweise bejaht und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet für die Waren „Akkumulatoren (elektrisch), Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren“ und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Begründend ist hinsichtlich der Zurückweisung ausgeführt, dass es an der für die Bejahung einer Verwechslungsgefahr erforderlichen Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Produkten bzw. Dienstleistungen fehle. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält mit näheren Ausführungen auch soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist, Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen und damit Verwechslungsgefahr für gegeben. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben, soweit der Widerspruch zurückgewiesen worden ist und die Eintragung der angegriffenen Marke in vollem Umfang zu löschen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich nicht geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht auch über den Umfang der ausgesprochenen Teillöschung hinaus die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125b Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren bzw. Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., vgl. u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) - Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) - Marca/Adidas; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) - PICASSO; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2002, 626, 627 - IMS; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz; GRUR 2007, 321, 322 - COHIBA; GRUR 2008, 903 (Nr. 10) - SIERRA ANTIGUO ; GRUR 2008, 905, 906 (Nr. 12) - Pantohexal; GRUR 2008, 909 (Nr. 13) - Pantogast: GRUR 2009, 766, 768 (Nr. 26) - Stofffähnchen; GRUR 2009, 772, 776 (Nr. 51) - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl. § 9 Rdn. 32 f. m. w. N.). In die Betrachtung einzubeziehen ist auch die bei der Auswahl zu erwartende Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs. 1. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte als von Haus aus durchschnittlich einzustufen. 2. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (BGH GRUR 2008, 258 (Nr. 26) - INTERCONNECT/T-InterConnect; a. a. O. (Nr. 12) - Pantohexal; a. a. O. (Nr. 13) - Pantogast). Eine markenrechtlich erhebliche Zeichenähnlichkeit kann sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliegen, wobei schon die Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsrichtung eine Verwechslungsgefahr hervorrufen kann (vgl. BGH a. a. O. (Nr. 17) - SIERRA ANTIGUO ; GRUR 2008, 803, 804 (Nr. 21) - HEITEC ). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der klangliche, der bildliche und der begriffliche Gesamteindruck einer Marke wie auch die insoweit gegebenenfalls prägenden Elemente sich unterschiedlich darstellen können (vgl. BGH GRUR 2007, 235, 237 (Nr. 22) - Goldhase; GRUR 2008, 254, 257 (Nr. 36) - THE HOME STORE) . Die sich gegenüberstehenden Marken sind zwar grafisch gestaltet. Es bestehen jedoch keine Anhaltepunkte dafür, dass vorliegend der Gesamteindruck der angegriffenen Marke im Rahmen der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen aus Rechtsgründen nicht durch das Wort „ MaxCell“ (bzw. „MaxxCell“ ) geprägt wird und dass die - im Übrigen kennzeichnungsschwache - grafische und farbliche Gestaltung der angegriffenen Marke einer kollisionsbegründenden Bedeutung des Wortes entgegenstehen könnte (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 336, 337 m. w. N.). Das gilt auch hinsichtlich der Widerspruchsmarke. Zudem ist bei Wort-Bild-Marken von dem allgemein anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 332 m. w. N.). In klanglicher Hinsicht sind die sich gegenüberstehenden Markenwörter nahezu identisch, unabhängig davon, ob deutsche oder englische Aussprache zu Grunde gelegt wird; es stehen sich, gleich ob die angegriffene Marke als mit einem oder doppelten Buchstaben „x“ geschrieben angesehen wird, die Wörter „Max(x)cell und „maxell“ gegenüber; die gewisse Zäsur, die durch die die Konsonantenfolge „-x-c“ in der angegriffenen Marke entsteht, wirkt sich im Klang kaum differenzierend aus. Unter diesen Umständen bedarf es im Bereich der Waren und Dienstleistungen eines deutlichen Abstandes, um die Gefahr von Verwechslungen mit hinreichender Sicherheit ausschließen zu können. 3. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich im Beschwerdeverfahren noch gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen ist von der Registerlage auszugehen. Von einer Ähnlichkeit von Waren ist nach gefestigter Rechtsprechung dann auszugehen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei identischer Kennzeichnung der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben Unternehmen oder würden zumindest unter ihrer Kontrolle hergestellt werden (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Tz 23] - Canon; GRUR 2006, 582, 584 [Tz 65] - VITAFRUIT; BGH GRUR 2003, 428, 432) - BIG BERTHA). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist von Ähnlichkeit der Waren „Batterien; Apparate und Instrumente zur Akkumulierung von Elektrizität“ der Widerspruchsmarke mit den Waren „Akkumulatorengefäße, Akkumulatorenkästen“ der jüngeren Marke auszugehen. Bei Akkumulatoren wie auch Batterien handelt es sich um Energiespeicher; beide Produkte werden zumeist eingesetzt, um elektrische oder elektronische Geräte ohne Verbindung zu einem festen Stromnetz zu betreiben; demgemäß hat die Markenstelle die Ähnlichkeit zwischen diesen Produkten wie auch entsprechenden Ladegeräten bejaht und insoweit die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Beide Waren setzen indessen bereits als solche eine Umhüllung der Speicherelemente voraus; zudem können bei beiden Produkte zur Erhöhung der Kapazität mehrere Zellen zusammengeschaltet werden (vgl. Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl., Band 3 S 353 f.); dafür stehen Behältnisse zur Verfügung, die auf die jeweiligen Produkte abgestimmt sind und regelmäßig von den Herstellern des Ausgangsprodukts als Zubehör hergestellt und vertrieben werden. Von der Ähnlichkeit zwischen Zubehör und Hauptprodukt ist deshalb auszugehen, und damit auch von der Ähnlichkeit zwischen „Batterien; Apparate und Instrumente zur Akkumulierung von Elektrizität“ der Widerspruchsmarke einerseits und den Waren „Akkumulatorengefäße, Akkumulatorenkästen“ der angegriffenen Marke andererseits (vgl. auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl. S. 356). Was die Frage der Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen anbetrifft, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass trotz der grundlegenden Abweichung zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware grundsätzlich eine Ähnlichkeit in Betracht kommt (vgl. BGH, GRUR 1999, 731, 733 - Canon II, GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS). Maßgebend für die Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen ist dabei insbesondere, ob der Verkehr bei der Begegnung mit den Marken der Fehlvorstellung unterliegt, der Hersteller der Waren, für die die ältere Widerspruchsmarke Schutz genießt, trete auch als Erbringer der Dienstleistungen auf, die unter Verwendung der angegriffenen Marke erbracht und beworben werden, oder umgekehrt. Nur wenn der Verkehr insoweit zu der Auffassung gelangt, die miteinander in Berührung kommenden Waren und Dienstleistungen könnten auf einer selbständigen gewerblichen Tätigkeit desselben oder eines wirtschaftlich verbundenen Unternehmens beruhen, kann er einer unzutreffenden Vorstellung über deren betriebliche Zuordnung unterliegen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 93). Auf dieser Grundlage geht der Senat davon aus, dass die Waren „Computer; Datenverarbeitungsgeräte und Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel“ der Widerspruchsmarke mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 deutliche Berührungspunkte aufweisen können und ähnlich sind. Von Bedeutung hierbei ist allerdings nicht die Tatsache, dass eine Dienstleistung elektronisch gestützt oder mittels Computer erbracht wird; allein hieraus kann nicht gefolgert werden, der Verkehr glaube, dass die betreffende Hardware und die Dienstleistung aus demselben oder aus einem wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammten (vgl. BGH a. a. O. - GeDIOS). Entscheidend ist vielmehr, dass dem Verkehr die vielfache Übung unterschiedlichster Anbieter von Waren bekannt ist, neben der angebotenen Ware insbesondere auch für das Bereitstellen und Übermitteln von Informationen im Internet eigenständige Dienstleistungen anzubieten, sei es im Bereich des elektronischen Handels als Online-Anbieter oder im Bereich der Kundenbetreuung, und diese eigenständig zu bewerben und zu vermarkten. So wird Ähnlichkeit zwischen „Internetdiensten“ und „Telekommunikation“ einerseits und „Datenverarbeitungsgeräten“, „EDV-Hardware“ und „Druckereierzeugnissen andererseits in der Rechtsprechung bejaht (vgl. Richter/Stoppel a. a. O. S 374 f.; 383; vgl. auch die Entscheidungen des BPatG 29 W (pat) 104/02, 25 W (pat) 49/03 und 25 W (pat) 32/08, veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts). Aus diesen Gründen geht der Senat von deutlichen Berührungspunkten und damit von Ähnlichkeit zwischen den genannten Waren und Dienstleistungen aus. 4. Unter Zugrundelegung all dieser Umstände hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Selbst wenn man danach zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke einen Abstand der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen unterstellt und die Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand reduziert, ist die Annahme einer Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht wegen der nahezu klanglichen Identität der Marken begründet. Da die angegriffene Marken bereits in klanglicher Hinsicht keinen ausreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke einhält und es zur Begründung einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ausreicht, dass eine hinreichende Markenähnlichkeit in einer der möglichen Richtungen besteht, bedarf es keiner Erörterung, ob die Marken auch in anderer Hinsicht hinreichende Gemeinsamkeiten aufweisen. 5. Zu einer Kostenauferlegung (§ 71 Abs. 1 MarkenG) bestand kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006155&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006156
BPatG
München
30. Senat
20100610
30 W (pat) 71/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Audiosensogramm" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 307 32 948.8 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Juni 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden ist die Bezeichnung Audiosensogramm . Das Waren-/ Dienstleistungsverzeichnis lautet: „Tonträger; Ausbildung und Unterricht im Bereich Psychologie, Heilkunde, Alternativmedizin; Dienstleistungen eines Psychologen, Dienstleistungen eines Heilpraktikers, alternativmedizinische Dienstleistungen.“ Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, weil die Marke beschreibend auf eine Diagnosestellung durch Sensogramm im Hörbereich hinweise. Der Bestandteil „Audio-“ (lateinisch: ich höre) werde im Zusammenhang mit dem Hören und der Tontechnik verwendet; der weitere Markenbestandteil „ Sensogramm “ sei ein Fachbegriff der Audiologie für eine Methode zur Anpassung von Hörgeräten; die Hörwahrnehmung werde dargestellt. Mit der Marke werde damit auf die Bestimmung der Tonträger sowie der Dienstleistungen hingewiesen. Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Mit näheren Ausführungen ist er der Auffassung, dass das Wort „Audiogramm“ sich auf das Hörvermögen beziehe, aber keinerlei Bezug zu beanspruchten Waren/Dienstleistungen aufweise; der Begriff „ Sensogramm “ werde in völlig unterschiedlichen Bereichen verwendet und weise damit keinen klaren Bedeutungsgehalt auf, jedenfalls keinen mit beschreibendem Bezug zu hier maßgeblichen Produkten/Dienstleistungen. Damit ergäbe sich auch für die Gesamtbezeichnung kein beschreibender Bedeutungsgehalt. Der Anmelder beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Bezeichnung Audiosensogramm ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2006, 229, 230 [Nr. 27 ff.] - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Nr. 18] - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710 [Nr. 12] - VISAGE ; GRUR 2009, 411 [Nr. 8] - STREETBALL ; GRUR 2009, 778, 779 [Nr. 11] - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 952 [Nr. 9] - DeutschlandCard ). Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2009, 952, 953 [Nr. 10] - DeutschlandCard ). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu der betreffenden Ware oder Dienstleistung hergestellt wird (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 411 [Nr. 9] - STREETBALL ; BGH GRUR 2009, 949, 951 [Nr. 20] - My World). Die Eignung, Produkte ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 [Nr. 10] - DeutschlandCard ). Nach diesen Grundsätzen muss der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben. Das aus der lateinischen Sprache stammende Markenelement „audio“ ist in entsprechend gebildeten Fremdwörtern ein Wortbildungselement mit der Bedeutung „Gehör, Hör-, Ton-“ und wird in diesem Sinn in Begriffen wie „Audiologie“ (Teilgebiet der Medizin, das sich mit Funktion und Störungen des Gehörorgans befasst), „Audiometrie“ (Verfahren zur Prüfung der Gehörfunktion) oder „Audiogramm“ (Darstellung der Hörschwelle) verwendet, die Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. S. 160). Im Bereich der Tontechnik bzw. Tonwiedergabe gibt es Begriffe wie „Audiotechnik“ oder „Audioanlage“. Mit dem aus dem Lateinischen stammenden Wort „ sensus “ wird das Empfindungsvermögen eines bestimmten Sinnesorganes bezeichnet (vgl. Duden Fremdwörterbuch a. a. O. S. 1230; Duden, Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe, 8. Aufl. S. 711). Daraus hergeleitet wird „Senso-“ als Wortbildungselement verwendet, wenn es um die Sinnesorgane oder das Sinnesempfinden geht; mit dem Begriff „Sensomotorik“ wird das Zusammenspiel von Empfindungen und Bewegungsabläufen bezeichnet, „sensorisch“ bedeutet „die Aufnahme von Sinnesempfindungen betreffend“ (vgl. Duden Fremdwörterbuch a. a. O. S. 1229, 1230). Ein „Sensor“ ist ein elektronischer Fühler zur Messung physikalischer Größen (vgl. Duden Fremdwörterbuch a. a. O. S. 1229). Der Begriff „-gramm“ weist in Wortzusammensetzungen auf eine Darstellung oder Abbildung hin (vgl. Duden Fremdwörterbuch a. a. O.); ein „Diagramm“ ist die grafische Darstellung von Daten, Sachverhalten oder Informationen, ein „Piktogramm“ ist ein Bildsymbol. Das Wort „ Sensogramm “ wird, worauf der Anmelder zutreffend hinweist, in unterschiedlichen Bereichen verwendet, stets aber im Zusammenhang mit grafischen Darstellungen von Messungen, wie der Aufruf des Begriffs „ Sensogramm “ im Internet bei der Suchmaschine „Google“ zeigt. So heißt es zum Beispiel in einer Untersuchung zur DNA: „Das Ergebnis einer Reihe solcher Messungen zeigt das Sensogramm in Abbildung 23“ (vgl. http://deposit.d-nb.de/cgi-bin/dokserv?idn=973166282&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=973166282.pdf). Ein Hörgerätehersteller bietet bei der Anpassung eines Hörgerätes im Rahmen einer Hörschwellenmessung ein Sensogramm an (vgl. den vom Erstprüfer übersandten Nachweis aus dem Internet, http://www.innovativ-in.de/p.2858.htm). Im Bereich der Audiopädagogik wird zur Nutzung optimaler technischer Hilfen auf ein Sensogramm Bezug genommen (vgl. http://www.usz.ch/non_cms/orl/ci-zentrum/Assets/images/veranstaltungen/cifobi_2009/Audiopaedagogik.pdf, dort S. 21). Ferner wird das Wort „ Sensogramm “ im Zusammenhang mit der Darstellung von Wahrnehmung durch die Sinnesorgane verwendet. In einem Bericht über Lebensmittelpräferenzen ist die Komplexität der sinnlichen Wahrnehmung in einem „ Sensogramm “ dargestellt (vgl. http://opus.haw-hamburg.de/volltexte/2007/321/pdf/ern_y_526.pdf, dort S 6). Zur Prüfung der emotionalen Wirkung einer Marke bietet, worauf sich schon die Markenstelle bezogen hat, ein Marketing-Unternehmer die Aufstellung eines Sensogramms an (vgl. http://www.innovativ-in.de/p.2858.htm). Insgesamt stellt sich die angemeldete Bezeichnung damit als Hinweis auf in einem Sensogramm dargestellte Messungen im Bereich „Audio“ dar, sei es Audiotechnik oder das Gehör betreffend. Mit Bezug auf das beanspruchte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis, das Oberbegriffe verwendet, ergibt sich für die Ware „Tonträger“ die zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass zum Nachweis der Tonqualität eine in einem Sensogramm dargestellte Messung erfolgt ist. Die Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 können derartige Darstellungen von Messungen im Gebiet „Audio“ (Gehör) zum Gegenstand haben, was für Heilkunde, Alternativmedizin, Dienstleistungen eines Heilpraktikers und alternativmedizinische Dienstleistungen ohne weiteres nahegelegt ist. Dies gilt entgegen der Auffassung des Anmelders aber auch für den Bereich der Psychologie, deren Anwendungsgebiet unter anderem das Gesundheitswesen und damit auch das Gebiet von Hörorganschäden sein kann, zum Beispiel im Bereich der Audiopädagogik angeboten bei Hörschäden von Kindern (vgl. http://www.usz.ch/non_cms/orl/ci-zentrum/Assets/images/veranstaltungen/cifobi_2009/Audiopaedagogik.pdf, dort S 4). Die Durchführung und Darstellungen von Messungen im Gebiet „Audio“ (Gehör) kann demzufolge auch das Dienstleistungsangebot eines Psychologen umfassen. Die Markenstelle hat die angemeldete Marke nach alledem zu Recht von der Eintragung ausgeschlossen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006171
BPatG
München
30. Senat
20100429
30 W (pat) 74/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Senioren- & Krankenpflege Riu (Wort-Bild-Marke)/RIU (Gemeinschaftsmarke)" – enge Dienstleistungsähnlichkeit und -identität – Prägung durch Wortbestandteil – klangliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 306 43 659 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 29. April 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Gegen die für die Dienstleistungen „Ambulante Pflegedienstleistungen, Betrieb von Pflegeheimen, Krankenpflegedienste, Seniorenpflegedienste“ am 31. August 2006 unter der Nummer 306 43 659 registrierte Wort/Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren für „Schallplatten; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten; Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen; Gesundheits- und Schönheitspflege; Persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen“ registrierten Gemeinschaftsmarke 004165346 RIU . Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Löschung der angegriffenen Marke aufgrund des Widerspruchs angeordnet. Da der klangliche Gesamteindruck der mehrteiligen angegriffenen Marke durch das Wort „RIU“ bestimmt werde, bestehe bei klanglicher Identität der Vergleichsmarken, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und ähnlichen Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen. Sämtliche Dienstleistungen der angegriffenen Marke fielen unter die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Oberbegriffe „Gesundheits- und Schönheitspflege“, so dass hochgradige, bis zur Identität reichende Ähnlichkeit vorliege. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe keine Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke beträfen Pflegedienste im Sinne der Pflegeversicherung, die der Widerspruchsmarke hingegen „Gesundheits- und Schönheitspflege“, die im Zusammenhang mit Wellness angeboten oder z. B. in Nagelstudios erbracht würden. Der Bereich der „Medizinischen Fußpflege“ könne hier die einzige Verbindung sein; die Widersprechende werde vom Verkehr jedoch vor allem mit Hoteldienstleistungen in Verbindung gebracht. Körper- und Gesundheitspflege, wie sie auch in Hotels erbracht würden, hätten dagegen nichts mit medizinischen Pflegeleistungen und der Pflege alter Menschen zu tun. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Mai 2009 aufzuheben. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Widersprechende bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen der Markenstelle. (Ambulante) Pflegedienstleistungen und Krankenpflegedienste bildeten eine wesentlichen Teil des weiten Bereichs der „Gesundheits- und Schönheitspflege“, zudem würden auch in Pflegeheimen Gesundheits- und auch Schönheitsdienstleistungen erbracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. 1. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; MarkenR 2008, 12 - T-Interconnect; GRUR 2008, 906 - Pantohexal). Das bedeutet, dass bei starker Ähnlichkeit oder gar Identität der Marken und einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Gefahr von Verwechslungen schon bei einer geringeren Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen anzunehmen sein kann. Nach diesen Grundsätzen ist hier die Gefahr von Verwechslungen zu bejahen. 2. Bei seiner Entscheidung hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt. a) Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Demzufolge kann auch ein Bestandteil, der eine beschreibende Angabe ist, zum Gesamteindruck beitragen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). b) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich beide Marken aufgrund des zusätzlichen vorangestellten Wortelementes „Senioren- & Krankenpflege“ sowie der grafischen Ausgestaltung des Wortelementes „RIU“ und der zusätzlichen Bildelemente in Form von fliegenden Möwen vor einer strahlenden Sonne - hinterlegt mit einer farbigen teils kreisförmigen Abbildung und oben begrenzt mit einer dachartigen Darstellung - auf Seiten der angegriffenen Marke deutlich, da die Widerspruchsmarke entsprechende Elemente nicht enthält. Bei Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in einer Marke in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 905 (Nr. 25) - SIERRA ANTIGUO ; Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl., § 9 Rdn. 296 m. w. N.). Dem steht in der angegriffenen Marke auch die Größe und der Umfang des Bildelementes im Verhältnis zu den Wortbestandteilen nicht entgegen, da diese Bildelemente weder durch ihre Größe noch durch ihre kennzeichnende Wirkung die Gesamtmarke derart beherrschen, dass die beiden Wortelemente nicht mehr beachtet würden (vgl. Ströble /Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 333 m. w. N.). Es handelt sich bei den Bildelementen um werbeübliche graphische Gestaltungsmittel, die lediglich der Hervorhebung der Wortelemente dienen. In ihren Wortbestandteilen „RIU“ und „Senioren- & Krankenpflege RIU“ unterscheiden sich die beiden Vergleichsmarken hinsichtlich der zusätzlichen Wortfolge „Senioren- & Krankenpflege“ in Buchstaben-, Silben- und Vokalanzahl deutlich, so dass insoweit sowohl klangliche als auch schriftbildliche Verwechslungsgefahr ausscheiden. c) Somit kommt Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn der Widerspruchsmarke „RIU“ allein der identische Wortbestandteil „RIU“ der angegriffenen Marke gegenüberzustellen wäre. Denn die Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken als Ganzes anhand eines Vergleichs ihres Gesamteindrucks schließt nicht aus, dass unter Umständen ein Bestandteil oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für den Gesamteindruck prägend sein können, den das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorruft (vgl. BGH, BGHZ 167, 322 - Malteserkreuz; MarkenR 2008, 436 - Pantohexal). Dies setzt weiter voraus, dass die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 279 ff. m. w. N.). Dies ist hier der Fall, da es sich bei dem Markenelement „Senioren- & Krankenpflege“ um eine Wortfolge handelt, in der der Verkehr in Zusammenhang mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen nur einen beschreibenden Hinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen bzw. deren Inhalt und Thematik sehen wird. Daher tritt dieser beschreibende Bestandteil hinter dem Phantasiebegriff „RIU“, der zudem graphisch hervorgehoben ist, zurück und ist für den Gesamteindruck zu vernachlässigen. Somit stehen sich die identischen Wörter „RIU“ und „RIU“ gegenüber. 3. Insoweit ist in klanglicher Hinsicht festzustellen, dass identische Marken vorliegen. Im Hinblick darauf reicht der Unterschied im Bereich der Dienstleistungen nicht aus. Ausgehend von der Registerlage können die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teils identischer teils ähnlicher Dienstleistungen verwendet werden. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Dienstleistungen ist - entsprechend den zur Warenähnlichkeit entwickelten Grundsätzen (vgl. BGH GRUR 2002, 544, 546 - BANK 24) - entscheidend, ob angesichts objektiver Kriterien wie Art, Erbringung, Einsatzzweck, Inanspruchnahme und wirtschaftlicher Bedeutung die beteiligten Verkehrskreise der Auffassung sein können, die beiderseitigen Dienstleistungen würden üblicherweise von denselben Unternehmen bzw. unter derselben betrieblichen Verantwortung erbracht. Dabei spielen bei Dienstleistungen Gemeinsamkeiten in der Beschaffenheit oder der Erbringungsstätte weniger eine entscheidungserhebliche Rolle als die wirtschaftliche Bedeutung, also die Art und der Zweck der Leistungen, die sich vor allem in dem Nutzen für den Empfänger der Dienstleistungen niederschlagen (vgl. BGH GRUR 2001, 164, 165 - Wintergarten). Daneben bleibt die branchenmäßige Nähe beider Dienstleistungen von wesentlicher Bedeutung (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 90 m. w. N). Wie die Markenstelle bereits festgestellt hat, handelt es sich bei der von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistung „Gesundheitspflege“ um einen Obergriff, der sämtliche von der angegriffen Marke beanspruchten Dienstleistungen aus dem Bereich Pflege mitumfasst, da diese Pflegedienstleistungen der Gesunderhaltung alter oder pflegebedürftiger Menschen oder der Wiederherstellung der Gesundheit kranker Menschen dienen. Somit ergeben sich für die gegenüberzustellenden Dienstleistungen Übereinstimmungen hinsichtlich des angesprochenen Personenkreises und hinsichtlich der Zweckbestimmung. Daher ist hinsichtlich der Pfegedienstleistungen von enger Ähnlichkeit bis hin zu möglicher Identität auszugehen, hinsichtlich des Betriebs von Pflegeheimen ist jedenfalls Ähnlichkeit anzunehmen. Selbst wenn man mit der Auffassung der Beschwerdeführerin ein einschränkendes Verständnis der Gesundheitspflege im Sinne von Wellnessanwendungen zugrundelegt, wäre in jedem Fall von Ähnlichkeit auszugehen, da auch diese Anwendungen begleitend oder ergänzend mit Pflegemaßnahmen angeboten werden können. Unter diesen Umständen kam es auf die Frage der Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen „Schönheitspflege“ und den angegriffenen Dienstleistungen nicht mehr an. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin ist im vorliegenden Verfahren von den im Register eingetragenen Dienstleistungen auszugehen, nicht von denen, für welche die Marken tatsächlich im Verkehr eingesetzt werden (vgl. BGH GRUR 1999, 166 - John Lobb; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 61 m. w. N.), so dass es nicht darauf ankommt, ob der Verkehr die Widerspruchsmarke möglicherweise vorrangig mit Hoteldienstleistungen in Verbindung bringt. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006172
BPatG
München
24. Senat
20100608
24 W (pat) 85/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "ProdFLOW" - Unterscheidungskraft - keine beschreibende Angabe
In der Beschwerdesache betreffend die Markenanmeldung 30 2008 005 711.4 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Richters Viereck als Vorsitzenden, des Richters Eisenrauch und der Richterin am OLG Kortge in der Sitzung vom 8. Juni 2010 beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Juli 2008 aufgehoben.
I. Die am 30. Januar 2008 angemeldete Wortmarke ProdFLOW ist für Dienstleistungen in Klasse 42 bestimmt. Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung zunächst mit Bescheid vom 9. April 2008 gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beanstandet worden. Die Anmelderin hat dem Dienstleistungsverzeichnis daraufhin folgende Fassung gegeben: „42: wissenschaftliche und industrielle Analysedienstleistungen, Durchführung von wissenschaftlichen und technologischen Forschungsarbeiten“. Mit Beschluss der Markenstelle - besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes - vom 9. Juli 2008 ist die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist ausgeführt, „Prod“ sei eine gebräuchliche Abkürzung für die Begriffe „produktiv, produzieren, Produkte, Produktion, Produktivität, Produzent“; das englische Wort „ FLOW “ bedeute „Fluss“. Der inländische Verkehr verstehe das angemeldete Zeichen ohne Weiteres als „Produktionsfluss“ (i. S. v. kontinuierlicher Ablauf der Produktion). Der entsprechende englischsprachige Begriff laute „production flow“. Die angemeldete Bezeichnung sage in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen aus, dass diese sich inhaltlich mit einem Produktionsfluss befassten bzw. darauf ausgerichtet seien, einen solchen herzustellen oder zu optimieren. Dem Beschluss waren einige Internet-Ausdrucke (5 Blatt) beigefügt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Juli 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke in das Markenregister einzutragen. Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein großzügiger Maßstab anzulegen. „ ProdFLOW “ sei eine neue Wortbildung ohne eindeutigen Begriffsinhalt. Es sei fraglich, ob es sich bei dem ersten Wortelement „Prod“ um eine Abkürzung handele, zumal es im Englischen ein entsprechendes Verb mit der Bedeutung „anstacheln, anstoßen“ gebe. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen sei der Sinngehalt der angemeldeten Bezeichnung in der maßgeblichen Gesamtheit vage; eine analysierende Betrachtung sei nicht geboten. Ergänzend wird auf die Entscheidung des BPatG vom 29. Oktober 2003 (32 W (pat) 260/02 - PASSflow ) hingewiesen. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Die Schutzhindernisse der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und der unmittelbar dienstleistungsbeschreibenden Angabe (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) greifen im vorliegenden Fall - entgegen der Auffassung der Markenstelle - nicht ein. Die angemeldete Bezeichnung verfügt über ein ausreichendes Maß an Unterscheidungskraft, um die betriebliche Herkunft der betroffenen Dienstleistungen in Klasse 42 anzeigen zu können. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt (EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 - Maglite; GRUR 2005, 763, Nr. 25 - Nestlé/Mars; BGH GRUR 2009, 952, Nr. 9 - Deutschland-Card). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 - SAT 2). Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen (und Waren) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 27 - BioID; BGH GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL ). Allerdings folgt das Vorhandensein von Unterscheidungskraft im vorliegenden Fall noch nicht aus der besonderen Schreibweise der angemeldeten Marke. Denn der Wechsel von Normalschrift und Großschreibung stellt ein gebräuchliches Mittel (vor allem in der Werbung) dar, um zusätzliche Aufmerksamkeit hervorzurufen (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 127). Auf eine betriebliche Herkunftsangabe wird allein deshalb nicht geschlossen. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei „ ProdFLOW “ um eine neue Wortbildung (der Anmelderin) handelt; die Verwendung von „ prodflow “ seitens verschiedener Unternehmen, wie sie aus dem Internet ersichtlich ist, spricht gegen diese Behauptung der Anmelderin. Hierauf kommt es aber letztlich nicht an. Eine glatt beschreibende (bzw. Merkmals-) Bezeichnung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stellt „ ProdFLOW “ nicht dar; der angefochtene Beschluss ist nicht (mehr) auf dieses Schutzhindernis gestützt. Mithin kann unter diesem Aspekt auch nicht ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft, das nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Registrierung ausreicht, verneint werden. Gleichfalls nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen lässt sich ein enger beschreibender Bezug des Markenworts zu den beanspruchten Dienstleistungen. Die Bezeichnung „ ProdFLOW “ weist für den hier maßgeblichen deutschen Verkehr keinen ohne Weiteres naheliegenden oder sich unmittelbar aufdrängenden Sinngehalt auf. Zwar wird die Bedeutung des englischen Verbs „to prod“ (= jemanden stoßen, antreiben; vgl. PONS, Wörterbuch für Schule und Studium, Teil 1, Englisch-Deutsch, 1. Aufl., S. 1010) deutschen Interessenten betreffender Dienstleistungen wohl überwiegend nicht bekannt sein, so dass die Annahme der Markenstelle, der erste Wortteil werde als Abkürzung verstanden (z. B. für Produkt oder Produktion), nicht fernliegen dürfte. Auch kann nicht zweifelhaft sein, dass „product flow“ und „production flow“ im Englischen geläufige technologische (u. U. auch ökonomische) Fachbegriffe verkörpern. Jedoch fehlt es an Belegen, dass „prod flow“ - in dieser oder in zusammengeschriebener Form - die allgemein gebräuchliche Abkürzung oder Kurzform dieser Fachbegriffe, international und auch im deutschen Sprachbereich, darstellt. Auch ergänzende Recherchen des Senats (mit Hilfe einer Internet-Suchmaschine) haben insoweit keine verwertbaren Erkenntnisse für eine entsprechende Annahme erbracht. Die Eingabe von „ prodflow “ ergibt so gut wie ausnahmslos Treffer, die auf einen marken- oder firmenmäßigen Gebrauch hindeuten. Dass „ prodflow “ ein häufig (oder auch nur gelegentlich) verwendeter (Fach-) Begriff - zumindest im englischen Sprachbereich - ist, ergibt sich daraus nicht. Die Annahme der Markenstelle, die vorliegend beanspruchten Analyse- und Forschungsdienstleistungen würden sich inhaltlich mit einem Produktionsfluss (etwa bei Inline-Messungen in großtechnischen Anlagen) befassen, erscheint somit nicht unmittelbar naheliegend. Die angemeldete Bezeichnung kann viel eher - als sog. sprechendes Zeichen - in einem ganz anderen Sinn verstanden werden, nämlich dahingehend, dass die betreffenden Dienstleistungen „flüssig“ (d. h. zügig und zielstrebig) erbracht werden. Der Beschluss der Markenstelle kann somit keinen Bestand haben und ist auf die Beschwerde hin aufzuheben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006173
BPatG
München
24. Senat
20100608
24 W (pat) 95/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 125b MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "ISOBLOC/ISO-BLOCO (Gemeinschaftsmarke)" – zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität - unmittelbare Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 304 37 390 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Richters Viereck als Vorsitzenden, des Richters Eisenrauch und der Richterin am OLG Kortge auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2010 beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Die am 30. Juni 2004 angemeldete Wortmarke ISOBLOC ist am 4. Oktober 2004 unter der Nr. 304 37 390 für folgende Waren in das Markenregister eingetragen worden: „17: Dichtleisten; Wärmedämmleisten; Wärmedämmdichtleisten; vorgenannte Waren aus Metall, Kunststoff, EPDM, Moosgummi, Polyethylen, Polyurethan, oder aus Verbundmaterial, insbesondere aus den vorgenannten Materialien, vorgenannte Waren insbesondere für Fassaden“. Die Veröffentlichung erfolgte am 5. November 2004. Widerspruch erhoben ist aus der am 2. September 2002 angemeldeten und am 23. Oktober 2006 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 2 837 425 ISO-BLOCO die für Waren der Klassen 16, 17 und 20 Schutz genießt, in Klasse 17 u. a. für „Dichtungs-, Packungs- und Isoliermaterial; Dichtungsmittel; Isoliermittel“. Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren der jüngeren Marke. Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts - Beamtin des höheren Dienstes - vom 29. August 2008 ist die Löschung der jüngeren Marke wegen Verwechslungsgefahr angeordnet worden. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei in ihrer Gesamtheit, unter Mitberücksichtigung des zweiten Bestandteils „ BLOCO “, durchschnittlich. Die sich gegenüberstehenden, jeweils in Klasse 17 registrierten Waren seien einander hochgradig ähnlich bis identisch. Die jeweiligen Zeichen stimmten insbesondere in klanglicher Hinsicht weitgehend überein. Der einzige Unterschied, das „O“ am Ende der Widerspruchsmarke, verändere den klanglichen Eindruck nur unwesentlich, wobei Wortenden ohnehin weniger Beachtung fänden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 17 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. August 2008 aufzuheben und den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 2 837 425 zurückzuweisen. Ihrer Ansicht nach besteht bereits keine Warenähnlichkeit. Bei den Waren der jüngeren Marke müsse die spezielle Bestimmung (für Fassaden) berücksichtigt werden. Derartige Nischenprodukte würden von den angesprochenen Verkehrskreisen mit erhöhter Aufmerksamkeit erworben. Sie ließen sich nicht unter Oberbegriffe einordnen, sondern nur unter die Begrifflichkeiten, welche den Bestimmungszweck exakt widerspiegelten. Weiterhin liege keine Zeichenähnlichkeit vor. Der schriftbildliche Unterschied beider Marken falle sofort und ohne näheres Nachdenken auf. Die Widerspruchsmarke sei durch den Bindestrich in zwei Teile getrennt, was klanglich zu einer Zäsur in der Aussprache führe. Der nur in der Widerspruchsmarke enthaltene Vokal „O“ am Wortende sei für deutsche Kunden ungewöhnlich. Dem Bestandteil “ BLOCO “ komme daher eine den Gesamteindruck der Marke prägende Stellung zu. Fachkreise, an die sich beide Zeichen richteten, begegneten Marken generell mit größerer Aufmerksamkeit als Durchschnittsverbraucher. Sie seien auch bei vorhandenen Übereinstimmungen in der Lage, die jeweils angebotenen Waren nach Herkunft, Herstellungsart und Verwendungszweck zu unterscheiden. Die Widerspruchsmarke verfüge nur über eine geringe Kennzeichnungskraft, weil beide Bestandteile deutlich beschreibende Anklänge an die Wörter „isolieren“ und „blockieren“ aufwiesen. Angesichts dessen reichten die Unterschiede der Vergleichsmarken zum Ausschluss einer Verwechslungsgefahr aus. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Ihrer Auffassung nach liegt Verwechslungsgefahr vor, wie der Beschluss der Markenstelle zutreffend festgestellt habe. Im Übrigen verweist sie auf ihr Vorbringen im patentamtlichen Verfahren. In der mündlichen Verhandlung hat die Markeninhaberin den Ausdruck einer Internet-Seite der Südtirol Fenster GmbH (in I 39 030 Gais ) vom 7. Juni 2010 vorgelegt. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken - in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markenstelle - der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125 b MarkenG unterliegen. 1. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE ; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO ; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 32, 33). a) Maßgeblich für die Beurteilung der Warengleichheit bzw. -ähnlichkeit ist im vorliegenden Registerverfahren (das im Vergleich zum Verletzungsprozess vor den Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit stärker formalisiert ist) auf Seiten beider Marken ausschließlich die Fassung des Registers, nicht aber die Frage der tatsächlichen Tätigkeitsschwerpunkte der Beteiligten. Es mag zwar sein, dass die Waren der jüngeren Marke (als Spezialprodukte) nur für die Abdichtung und Dämmung von Fassaden gedacht sind. Aus der Fassung des Registers ergibt sich dies aber wegen der Verwendung des Begriffs „insbesondere“ nicht; die betreffenden Erzeugnisse können von daher auch für andere Verwendungszwecke bestimmt und geeignet sein. Mithin lassen sich die „Dichtleisten; Wärmedämmleisten; Wärmedämmdichtleisten“ der jüngeren Marke ohne weiteres unter die (allgemeiner gehaltenen) Oberbegriffe der Widerspruchsmarke „Dichtungs- und Isoliermaterial; Dichtungsmittel; Isoliermittel“ subsumieren, so dass in vollem Umfang Warenidentität gegeben ist. b) Was die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung anbetrifft - für eine Steigerung des Schutzumfangs infolge umfangreicher Benutzung fehlt es an Anhaltspunkten -, so ist auf die Bezeichnung „ISO- BLOCO “ in der Gesamtheit beider Wortteile abzustellen. Die - offensichtlich gewollte - Anspielung auf die Zweckbestimmung der so gekennzeichneten Produkte (isolieren und blockieren) tritt zwar deutlich zu Tage, andererseits liegt aber im zweiten Wortteil eine beachtliche Verfremdung vor. Von einer glatt beschreibenden Angabe kann nicht ausgegangen werden, vielmehr handelt es sich um ein sog. sprechendes Zeichen. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke liegt daher zwar unterhalb des durchschnittlichen Bereichs, tendiert aber keineswegs gegen Null; der älteren Marke ist mithin auch Schutz gegen solche jüngeren Marken zu gewähren, welche - wie hier - mit der Widerspruchsmarke weitgehend, wenn auch nicht vollständig übereinstimmen. Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Internet-Ausdruck eines in Italien (Südtirol) ansässigen Unternehmens, welches offensichtlich Isolierfenster herstellt, gibt zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Selbst wenn die betreffenden, mit „ISO-bloc ® “ gekennzeichneten Produkte auf dem deutschen Markt vertreten wären, ergäbe sich allein daraus keine (weitere) Schwächung der Widerspruchsmarke „ISO- BLOCO “. c) Die einander gegenüberstehenden Zeichen sind sich in jeder Hinsicht - schriftbildlich, klanglich und auch von der begrifflichen Anspielung her - deutlich ähnlich. Die Buchstabenfolge stimmt, bis auf den nur in der Widerspruchsmarke vorhandenen Endvokal „O“, mithin in sämtlichen (sieben) Buchstaben der jüngeren Marke, vollständig überein. Angesichts dessen kommt der abweichenden Endung der Widerspruchsmarke keine verwechslungsausschließende Bedeutung zu, zumal Wortenden generell geringere Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Der Bindestrich in der Widerspruchsmarke wird bei visueller Aufnahme leicht übersehen; vor allem aber im - manchmal ungenauen - Erinnerungsbild tritt er vollständig zurück. Klanglich wirkt er sich in keiner Weise aus; die Argumentation der Markeninhaberin mit einer angeblichen Zäsur bei der Aussprache (nur der Widerspruchsmarke, nicht aber der jüngeren Marke) ist fernliegend. d) Der Fassung des Registers lässt sich nicht entnehmen, dass sich die jeweiligen Waren - ausschließlich oder überwiegend - an Fachkreise (d. h. vor allem an Handwerksbetriebe zur Weiterverarbeitung) richten würden. Vielmehr wird Dichtungs- und Isoliermaterial aller Art, einschließlich der Erzeugnisse, für welche die jüngere Marke Schutz genießt, auch an allgemeine Publikumskreise, z. B. in Baumärkten, veräußert. Folglich kann - entgegen der Auffassung der Markeninhaberin - nicht nur auf die Wahrnehmung des generell aufmerksameren Fachverkehrs abgestellt werden. Im übrigen sind angesichts der hochgradigen Zeichenähnlichkeit Fälle des Sich-Verhörens auch in diesen Kreisen nicht sicher auszuschließen. e) Die Gesamtabwägung der Einzelfaktoren ergibt, dass angesichts der Warenidentität und der beträchtlichen Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken auch bei unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke anzunehmen ist. Von daher kann dahingestellt bleiben, ob für einen weiteren Teil des Verkehrs auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Altern. 2 MarkenG) besteht. Nach allem ist der Beschwerde der Markeninhaberin der Erfolg zu versagen. 2. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006174
BPatG
München
24. Senat
20100504
24 W (pat) 31/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "LiveLink (Wort-Bild-Marke/LIVELINK (Gemeinschaftsmarke)" – zur Kennzeichnungskraft – keine Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache betreffend die Marke 303 49 124 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch in der Sitzung vom 4. Mai 2010 beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die am 24. September 2003 angemeldete Bildmarke (farbig: rot, grau, schwarz) ist am 15. Januar 2004 unter der Nr. 303 49 124 für folgende Waren und Dienstleistungen in das Markenregister eingetragen worden: „09: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild und Ton, Magnetaufzeichnungsträger, CD-ROMs; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software; Set-Top-Boxen, DVD-Recorder; Unterrichtsapparate und -instrumente; 35: Werbung; Unternehmensberatung; 38: Telekommunikation; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Vermietung von Geräten zur Nachrichtenübermittlung, Telekommunikation; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Dienstleistungen eines Onlineanbieters, nämlich Sammeln und Bereitstellen und Übermittlung von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern über Waren und Dienstleistungen; E-Mail-Datendienste; Bereitstellung einer Hotline; Pagingdienste; 42: Design und Programmierung von Internetseiten für On- und Offlineauftritte ; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers, Informationsmaklers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung der Zugriffsseiten zu Datennetzen und Computerbanken, insbesondere im Internet; Internet-bezogene Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen eines Zugangs zu Texten, Grafiken, audiovisuellen und Multimedia-Informationen, Dokumenten, Datenbanken und Computerprogrammen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Computerberatungsdienste; Wartung, Design und Aktualisierung von Software“. Widerspruch erhoben ist aus der am 31. Oktober 2002 angemeldeten und am 16. Mai 2006 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 2 915 338 LIVELINK die für folgende Waren und Dienstleistungen Schutz genießt: „9 Computerhardware und -software; Computersoftware für eine internetbasierte Unternehmensportalschnittstelle zur Bereitstellung eines personalisierten Zugangs zu Informationen aus verschiedenen Quellen; Netzknoten für die Navigation zu Informationsquellen, die es den Benutzern ermöglichen, den Zugang zu Firmendaten, Verbraucher-Links und Nachrichten den eigenen Wünschen anzupassen und verschiedene Informationsbereiche aus anderen Systemen verbinden; alles vorstehend Genannte in Bezug auf Dokument- und Informationsverwaltung. 16 Druckereierzeugnisse; Kataloge, Broschüren und Prospekte; Magazine und Zeitschriften; Benutzerhandbücher und Bedienungsanleitungen; alles vorstehend Genannte in Bezug auf Dokument- und Informationsverwaltung. 38 Bereitstellung von Zugang zu Computerdatenbanken in Bezug auf Dokument- und Informationsverwaltung. 42 Forschung, Entwicklung und Beratung in Bezug auf Computerhardware und -software; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Leasing von Zugangszeiten zu einer Computerdatenbank, nicht von einem Internetdiensteanbieter; Bereitstellung von gehosteten und verwalteten Softwarelösungen; Support für Computersoftware; Implementierung, Konfiguration und kundenspezifische Softwareanpassung; alles in Bezug auf Dokument- und Informationsverwaltung.“ Der Widerspruch ist auf alle vorgenannten Waren/Dienstleistungen gestützt und richtet sich gegen sämtliche Waren/Dienstleistungen der jüngeren Marke. Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts ist in einem ersten Beschluss vom 2. Januar 2007 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke, nämlich für die Waren und Dienstleistungen „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild und Ton, Magnetaufzeichnungsträger, CD-ROMs; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Software; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers, Informationsmaklers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung der Zugriffszeiten zu Datennetzen und Computerbanken, insbesondere im Internet; Internet bezogene Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen eines Zugangs zu Texten, Grafiken, audiovisuellen und Multimedia-Informationen, Dokumenten, Datenbanken und Computerprogrammen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Computerberatungsdienste; Wartung, Design und Aktualisierung von Software“ wegen Verwechslungsgefahr angeordnet worden. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen, da insoweit teils überhaupt keine, teilweise nur mittlere Warenähnlichkeit vorliege. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei schwach, deren Schutzumfang mithin gering. Die Bezeichnung „ LIVELINK “ (= direkter Link, unmittelbare Verbindung) weise einen deutlich beschreibenden Charakter auf. Dem Beschluss waren einige Belegstellen (Ausdrucke von Internet-Seiten) beigefügt. Die Erinnerung der Widersprechenden ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle - besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes - vom 2. April 2009 zurückgewiesen worden. Der genaue Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen könne dahingestellt bleiben, da selbst bei Identität keine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Die Kennzeichnungskraft der beschreibend verwendeten Bezeichnung „ LIVELINK “ sei gering. Die Ausführungen der Widersprechenden hinsichtlich einer intensiven Verwendung und Bekanntheit der Widerspruchsmarke seien mangels Liquidität der zugrundeliegenden Tatsachen nicht geeignet, eine Steigerung der Kennzeichnungskraft zu belegen. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke beschränke sich aus Rechtsgründen auf die konkret eingetragene Form und erfasse die - graphisch besonders gestaltete und als Ganzes zu betrachtende - jüngere Marke nicht. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Eine - zunächst angekündigte - Begründung ist nicht zur Gerichtsakte gelangt. Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden, die bei sach- und interessengerechter Auslegung auf die vollständige Löschung der jüngeren Marke, auch soweit der Widerspruch von der Markenstelle teilweise zurückgewiesen wurde, gerichtet ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. 1. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens ist die angegriffene Marke 303 49 124 bezüglich der Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer die Markenstelle im Erstbeschluss die Löschung verfügt hat; da der Markeninhaber keine Erinnerung eingelegt hat, ist die Löschungsanordnung insoweit rechtskräftig. 2. Hinsichtlich der übrigen, jetzt noch verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen ist die Beschwerde nicht begründet, weil die sich gegenüberstehenden Marken insoweit keiner Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b MarkenG unterliegen. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke und des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren/Dienstleistungen und der bei der Auswahl/Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE ; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO ; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 32, 33). Eine gänzlich fehlende Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen kann allerdings nicht durch die anderen Tatbestandsmerkmale der Verwechslungsgefahr ausgeglichen werden (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon; vgl. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 27 und 57 m. w. Nachw.). Daher scheidet die Annahme einer Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Dienstleistungen der jüngeren Marke in Klasse 35 („Werbung, Unternehmensberatung“), die im Verzeichnis der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finden, von vornherein aus. Aber auch bezüglich der sonstigen verbleibenden Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke, die mit den Produkten und Angeboten der Widerspruchsmarke in unterschiedlichem Grade ähnlich sind - wobei diese Ähnlichkeit bezüglich einiger Dienstleistungen in Klasse 38 fast an Identität heranreichen kann -, besteht angesichts der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke, wie die Markenstelle im Ergebnis zutreffend angenommen hat, keine (unmittelbare oder mittelbare) Verwechslungsgefahr. Den Sinngehalt der Wortbildung „ LIVELINK “ (= direkter Link, unmittelbare Verbindung) hat bereits der Erstbeschluss der Markenstelle zutreffend aufgezeigt; hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Für sämtliche hier betroffenen Waren und Dienstleistungsangebote auf den Gebieten der elektronischen Datenverarbeitung und der Informationsübermittlung, unabhängig davon, ob „ LIVELINK “ als englischsprachiger Begriff oder als Kunstwort verstanden wird, ist die Widerspruchsmarke daher von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, kennzeichnungsschwach. Diese Beurteilung gilt auch für Dienstleistungen, welche sich auf den Vorgang der Programmierung oder auf die EDV-Beratung beziehen, weil diese online (d. h. auch mittels eines Livelinks) erfolgen können. Der Feststellung, dass der Widerspruchsmarke von Haus aus ein unterdurchschnittlicher Schutzumfang zukommt, steht die Tatsache ihrer Eintragung nicht entgegen, da einer Marke hierfür nur nicht jede Unterscheidungskraft zu fehlen braucht, also bereits ein geringer Grad an Kennzeichnungskraft für die Registrierung genügt (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs; vgl. z. B. GRUR 2007, 1066, Nr. 30 - Kinderzeit; GRUR 2008, 905, Nr. 20 - Pantohexal). Für eine Gemeinschaftsmarke - wie hier - gilt insoweit gegenüber einer nationalen Marke nichts Abweichendes. Der Widerspruchsmarke kann allerdings der Schutz nicht gänzlich versagt werden. Denn im Widerspruchsverfahren sind das Deutsche Patent- und Markenamt und in der Beschwerdeinstanz das Bundespatentgericht - ebenso wie die Zivilgerichte im Verletzungsverfahren - hinsichtlich der Eintragungsvoraussetzungen und Eintragungshindernisse an die Registrierung der Marke gebunden (vgl. BGH GRUR 2007, 780, Nr. 14 - Pralinenform; GRUR 2008, 798, Nr. 14 - POST ). Nicht von der Bindungswirkung berührt wird hingegen die Frage des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, der von der jeweiligen Instanz im Widerspruchsverfahren selbständig bestimmt werden kann und muss (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Nr. 20 - Pantohexal). Für eine Kompensation der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke oder gar eine Steigerung des Schutzumfangs auf ein zumindest durchschnittliches, wenn nicht gar überdurchschnittliches Maß - von der die Widersprechende im patentamtlichen Verfahren (Schriftsatz vom 19. April 2007) ausgegangen ist - fehlt es an Anhaltspunkten. Die Widersprechende ist insoweit ihrer Mitwirkungslast zur Beibringung aussagekräftiger Tatsachenbelege, die eine derartige Schlussfolgerung für die maßgeblichen Zeitpunkte der Kollision (d. h. der Anmeldung der jüngeren Marke) und der Entscheidung des Senats rechtfertigen könnten, nicht nachgekommen (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 121, 122). Die Ergebnisse der von der Widersprechenden durchgeführten Google-Recherche können eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht belegen, da die Trefferquote von der geschickten Platzierung und Verlinkung der Bezeichnung abhängt, also nicht zwingend mit einer großen Bekanntheit und umfangreichen Benutzung der Marke in Zusammenhang stehen muss (vgl. BGH GRUR 2009, 772, Nr. 63 - Augsburger Puppenkiste; BPatG GRUR 2010, 441, 443 re. Sp. - printnet/PRINECT ). Mithin verbleibt es dabei, dass vorliegend der Grad der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als niedrig anzusetzen ist und ihr daher nur ein sehr enger Schutzumfang zugebilligt werden kann (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 965 - AntiVir/AntiVirus; GRUR 2008, 803, Nr. 22 - HEITEC; BPatG GRUR 2002, 68, 69 - COMFORT HOTEL; BPatG, 24 W (pat) 79/07 - THERMARIVM/THERMARIUM; 24 W (pat) 71/08 - systech/Systec ). Eine Marke, die - wie hier die Widerspruchsmarke - lediglich aus einer beschreibenden Angabe besteht, welche das Maß der ihr die Schutzfähigkeit verleihenden Eigenprägung und Unterscheidungskraft bildet, kann daher Schutz nur gegen identische Kennzeichnungen erlangen. Die jüngere Marke ist aber - als Wort-/Bildmarke - nicht völlig identisch mit der Widerspruchsmarke. Bereits der Wortbestandteil unterscheidet sich durch die besondere Schreibweise (Normalschrift mit Binnengroßschreibung des zweiten Wortelements) und die Schriftgestaltung von der Widerspruchsmarke; hinzu kommt der, auch von der Größe her nicht völlig zurücktretende, Bildbestandteil. Jedenfalls beides zusammen führt aus dem - wie ausgeführt engen - Schutzumfang der Widerspruchsmarke heraus. Die Frage, ob die jüngere Marke durch den Wortbestandteil „ LiveLink “ geprägt wird, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn dies so wäre, könnte der Tatbestand einer Kollision nur dann angenommen werden, wenn der Schutzumfang der älteren Marke dies rechtfertigte, d. h. diese mindestens durchschnittlich kennzeichnungskräftig wäre (vgl. BGH GRUR 1998, 930 - Fläminger; BPatG GRUR 2010, 441 - printnet/PRINECT ). Vorliegend ist aber - wie oben dargelegt - der Schutzumfang der Widerspruchsmarke äußerst gering, so dass die jüngere Kombinationsmarke nicht in den Schutzbereich der älteren Marke eingreift. Mithin verbleibt es bei der Zurückweisung des Widerspruchs hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, die jetzt noch Gegenstand des Verfahrens sind. 3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006174&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006175
BPatG
München
35. Senat
20100609
35 W (pat) 429/09
Beschluss
§ 1 Abs 1 GebrMG
nachgehend BGH, 20. Dezember 2011, Az: X ZB 6/10, Beschluss
DEU
Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen" - kein erfinderischer Schritt
In der Beschwerdesache betreffend das Gebrauchsmuster 201 21 189 (hier: Löschungsantrag) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Müllner sowie die Richter Dipl.-Ing. Groß und Dipl.-Ing. Müller beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchmusterabteilung I - vom 4. Dezember 2008 aufgehoben. 2. Das Gebrauchsmuster 201 21 189 wird in vollem Umfang gelöscht. 3. Die Kosten des Löschungsverfahrens in beiden Rechtszügen trägt der Antragsgegner. 4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I Der Antragsgegner und Beschwerdegegner ist Inhaber des Gebrauchsmusters 201 21 189, das am 18. April 2002 unter der Bezeichnung „Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen“ in das Register eingetragen worden ist. Der Antragsgegner hat das Gebrauchsmuster 201 21 189 mit Anmeldetag 15. Februar 2001 am 29. Januar 2002 aus der Patentanmeldung 101 07 912 für die die innere Priorität vom 18. April 2000 (Az: 100 19 028.6) in Anspruch genommen ist, abgezweigt. Der Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag - eingereicht in der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamtes am 4. Dezember 2009 - lautet unter Einfügung der Gliederungsbuchstaben a) bis g) entsprechend einer Merkmalsanalyse der Beschwerdeführerin: „a) Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen für mehrere Arbeitsplätze, b) insbesondere miteinander und/oder mit einer zentralen Einrichtung verbundene Computer-Arbeitsplätze oder dergleichen in einem Raum, c) wobei ein aus vorbereiteten Elementen gerüstartig aufbaubares System vorgesehen ist, d) das unterhalb einer Decke(12) des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle(18) zur Aufnahme von Versorgungsleitungen und/oder Datenleitungen und f) an die Kanäle anschließbare nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen zugeordnete Säulen(21), die mit Versorgungsanschlüssen(23) versehen sind, enthält, e) wobei für die Kanäle(18) Hängehalter(19) zum Aufhängen an der Decke(12) des Raumes vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet , g) dass die Säulen(21) um eine im Bereich der Kanäle(18) befindliche, horizontale Achse(53) verschwenkbar angeordnet sind, um die Versorgungsanschlüsse(23) in Greifhöhe zu bringen.“ Im patentamtlichen Löschungsverfahren hat sich die Antragstellerin auf folgende Druckschriften berufen: D1: DE 94 11 771 U1 D2: DE 197 48 480 A1 D3: US 4 252 989 D4: DE 196 01 467 A1 D5: Schweizer Ingenieur und Architekt Nr. 24 vom 11. Juni 1998, S. 1, 10-12 D6: US 5 299 338 A D7: US 4 801 815 D8: US 3 599 922 D9: WO 99/50587 A1 D10: DE 2 061 662 A D11: Leimbach „Gestaltung und Einrichtung naturwissenschaftlicher Unterrichtsräume“, Phywe-Verlag, Göttingen, 1954, S. 34-37 D12: US 3 534 319 D13: DVE 8031/32 Deckenversorgungseinheiten, Dräger Medizintechnik GmbH, Lübeck, Druckvermerk 9048294/PP6923.54D/059E D14: DE 1 791 040 A D15: US 3 082 290 Am 4. Dezember 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung I beschlossen, dass das Streitgebrauchsmuster teilgelöscht wird, soweit es über die Fassung gemäß Hauptantrag des Antragsgegners vom 4. Dezember 2008 hinausgeht, dass der Löschungsantrag im Übrigen zurückgewiesen wird und dass die Antragstellerin ¾ der Verfahrenskosten und der Antragsgegner ¼ der Verfahrenskosten zu tragen hat. Mit ihrer Beschwerde vom 27. Februar 2009, eingegangen per Fax am selben Tag, verfolgt die Antragstellerin ihren Löschungsantrag weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 9. Juni 2010 hat der Antragsgegner neue Schutzansprüche gemäß Hilfsanträgen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 3, 3a, 3b eingereicht. Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass an ihn - unter Ersetzung des Punktes durch ein Komma - das mit dem Gliederungsbuchstaben h) versehene Merkmal „h) wobei den Säulen(21) Rast- oder Arretiermittel(54) zugeordnet sind, um sie sowohl in der horizontalen Stellung parallel unterhalb eines Kanals(18) als auch in der vertikalen Stellung zu arretieren.“ angehängt ist. Der nebengeordnete Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass er - unter Ersetzen des Punktes durch ein Komma - das mit dem Gliederungsbuchstaben h1) versehene Merkmal „h1) wobei die Säulen (21) zwischen einer horizontalen Stellung parallel unterhalb eines Kanals (18) und einer vertikalen Stellung mit motorischen Schwenkantrieben (56) verschwenkbar sind.“ zusätzlich aufweist. Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist gleich dem Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1; der nebengeordnete Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass sich an ihn - unter Ersetzen des Punktes durch ein Komma - das mit dem Gliederungsbuchstaben h2) bezeichnete Merkmal „h2) wobei weiter die Schwenkantriebe von einer von den Arbeitsplätzen entfernten Stelle aus betätigbar sind.“ anschließt. Die Schutzansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 unterscheiden sich von den Schutzansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 2 jeweils dadurch, dass an sie - unter Ersetzen des Punktes durch ein Komma - das mit dem Gliederungsbuchstaben i) versehene Merkmal „i) wobei die Versorgungsanschlüsse (23) in einem Anschlusskasten (22) zusammengefasst sind, der eine flache, im wesentlichen horizontale Gestalt aufweist und der auf einer Seite mit den in einer oder zwei übereinanderliegenden Reihen angeordneten Versorgungsanschlüssen (23) versehen ist.“ angehängt ist. Die Hilfsanträge 1a, 1b bzw. 2a, 2b bzw. 3a, 3b beinhalten jeweils nur einen der beiden nebengeordneten Schutzansprüche 1 oder 2 gemäß den Hilfsanträgen 1 bzw. 2 bzw. 3. An den jeweiligen Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag und an die jeweiligen Schutzansprüche 1 und 2 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3, sowie an den jeweiligen Schutzanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1a, 1b, 2a, 2b und 3a, 3b sollen sich noch anzupassende Unteransprüche anschließen. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass es sich bei dem hier zuständigen Fachmann um einen Konstrukteur oder Ingenieur handele, der mit der Versorgung von Arbeitsplätzen, nicht nur für Schulen befasst sei und der sich auch im Bereich der Medizintechnik, des Labor- und Werkstattbedarfs auskenne. Wenn ein solcher Fachmann ausgehend von einer Einrichtung, wie sie in der DE 94 11 771 U1 oder der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O oder der US 5 299 338 A beschrieben sei, vor die Aufgabe gestellt sei, Räume mehrfach zu nutzen, habe er aus dem Stand der Technik - zu dem sie auf den Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O, die US 3 534 319, das Lehrbuch von Leimbach a. a. O oder die US 4 801 815 verweist - genügend Hinweise, die Säulen verschwenkbar zu gestalten, um die Versorgungsanschlüsse aus der Greifhöhe heraus bzw. wieder in Greifhöhe zu bringen. Zu der Einrichtung gemäß dem Lehrbuch von Leimbach a. a .O. weist er darauf hin, dass die dortigen Kugelgelenke für die Pendel im oberen Bereich angeordnet seien. Hinsichtlich der in den Schutzansprüchen gemäß der Hilfsanträge gegenüber dem Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzlich angegebenen Merkmale verweist die Antragstellerin auf ihren schriftsätzlichen Vortrag im Löschungsverfahren zu inhaltlich gleichen Schutzansprüchen. Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag aus der Beschwerdeschrift - dem Schriftsatz vom 27. Februar 2009 (Bl. 24 d.A.). Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise den Löschungsantrag im Umfang der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsanträge 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 3, 3a und 3b zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner stellt in Abrede, dass es der Zweck der Einrichtung nach der US 3 534 319 sei, Verschwenkbarkeit der Versorgungsanschlüsse aus der Greifhöhe heraus zu erreichen. Auch die Pendel gemäß dem Lehrbuch von Leimbach a. a. O sieht er - auch nach Vorhalt des Senats, dass Pendel schwingen können müssen - nicht am oberen Ende durch Kugelgelenke angelenkt, sondern als starre Rohre. Ebenso finde nach seiner Auffassung bei der Einrichtung nach der US 4 801 815 kein Verschwenken statt, sondern eine Verschiebung. Die Mediensäule gemäß der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O müssten demontiert werden, um die Versorgungsanschlüsse aus Greifhöhe zu bringen. Dies sei insbesondere unter dem Gesichtspunkt des in Schulen betriebenen Vandalismus umständlich. Weiterhin ist der Antragsgegner der Auffassung, dass es für den Fachmann Anstöße, Hinweise, oder Anregungen bedürfe, um im Stand der Technik beschriebene Maßnahmen auf das ihm Bekannte anzuwenden. Der insgesamt genannte Stand der Technik gebe dem Fachmann keinen Anstoß, keinen Hinweis und keine Anregung, die Säule verschwenkbar anzuordnen um die Versorgungsanschlüsse aus oder in Greifhöhe zu bringen. Er verweist bezüglich dieser Auffassung auf folgende Rechtsprechung: BGH - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung Xa ZR 92/05, BGH - Bauschalungsstütze Xa ZR 140/05 und BGH - Airbag-Auslösesteuerung Xa ZR 56/05. Mehrfach trägt der Antragsgegner vor, dass scheinbar einfach anmutende Maßnahmen nicht notwendig auf keinem erfinderischen Schritt beruhten. Der Antragsgegner regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an und trägt dazu vor, dass die Rechtsfrage zu klären sei, inwieweit es für den Fachmann Anstöße, Hinweise oder Anregungen durch den Stand der Technik bedürfe, um die dort beschriebene Maßnahmen auf das ihm Bekannte anzuwenden. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze verwiesen. II Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. 1. Dem Gegenstand des Schutzanspruchs 1 bzw. 2 nach den jeweiligen Anträgen liegt jeweils die Aufgabe zugrunde, eine Einrichtung der oberbegrifflichen Art zu schaffen, die einen flexiblen Aufbau und eine flexible Installation von Versorgungsleitungen ermöglicht, die leicht zu bedienen ist und die zu möglichst geringen Behinderungen führt (S. 2 Abs. 2 der Streit-Gbm-Schrift). 2. Der für die Beurteilung maßgebende Fachmann ist ein Maschinenbau-Fachhochschulingenieur, der als Konstrukteur und Planer für Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen für verschiedene Anwendungsgebiete mit Versorgungsmedien aller Art zuständig ist. 3. Den Schutzansprüchen liegt folgendes Verständnis zugrunde: Die Angabe in den Schutzansprüchen 1 bzw. 2 (Merkmal g), dass die „Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe zu bringen“ seien, versteht der Fachmann so, dass die Versorgungsanschlüsse zumindest soweit aus dem Arbeitsbereich zu bringen sind, dass sie nicht mehr stören. Dass sie soweit aus Greifhöhe zu bringen sind, dass sie überhaupt nicht mehr erreicht werden können, ist damit aber nicht umfasst. Denn auch das Streit-Gebrauchsmuster (S. 2 Abs. 1) sieht als oberhalb der Greifhöhe einer erwachsenen Person gelegenen Bereich lediglich eine Höhe von 190 bis 215 cm vor. Unter nach unten gerichteten Säulen (Merkmal f) sind im Gegensatz zur Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung (Beschluss S. 7 vorle. Abs.) nicht notwendig senkrecht ausgerichtete Säulen zu verstehen. Diese verworrene Annahme der Gebrauchsmusterabteilung ist nicht begründet, da es in der Technik auch Säulen gibt, die nicht senkrecht verlaufen; etwa die A- oder B-Säule eines Kraftfahrzeugs oder die vier Säulen, auf denen der Eiffelturm ruht. Im Übrigen verlaufen auch die Säulen gemäß dem Gebrauchsmustergegenstand nicht senkrecht, sondern waagrecht; zumindest dann, wenn sie sich in dem Zustand befinden, in dem die Versorgungsanschlüsse außer Greifhöhe gebracht sind (Fig. 10: strichpunktierte Darstellung). Nach Auffassung des Senats kann eine Säule nicht durch ihre Lage oder Richtung definiert werden, damit ist auch die von der Gebrauchsmusterabteilung (Beschluss S. 9 vorle. Abs) getroffene Unterscheidung zwischen Arm und Säule hinfällig. 4. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht nicht auf einem erfinderischen Schritt i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG. Aus der schweizerischen Bauzeitung a. a. O. ist bekannt eine a) Einrichtung zum Installieren von Versorgungsleitungen (Abb. 4 i. V. m. S. 11 li. Sp. Abs. 3: Elektro) und/oder Datenleitungen (Abb. 4 i. V. m. S. 11 li. Sp. Abs. 3: Kommunikation) für mehrere Arbeitsplätze (Abb. 2: drei Arbeitsplätze), c) wobei ein aus vorbereiteten Elementen (S. 11 li. Sp. Abs. 3: z. B. Flugzeug- und Messebau) gerüstartig aufbaubares System (Abb. 2, 3) vorgesehen ist, d) das unterhalb einer Decke (Abb. 2: Decke, gekreuzt schraffiert dargestellt) des Raumes und oberhalb einer normalen Greifhöhe anbringbare Kanäle (Abb. 2, 3: Kanäle im Deckenraster i. V. m. S. 11 li. Sp. Abs. 3; weitere Ausführungen siehe unten) zur Aufnahme von Versorgungsleitungen (Elektro) und/oder Datenleitungen (Kommunikation) und f) an die Kanäle anschließbare nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen (Abb. 2, 3: drei Arbeitsplätze) zugeordnete Säulen (Abb. 2: drei Säulen bzw. Abb. 4: Mediensäulen), die mit Versorgungsanschlüssen (Abb. 4: Versorgungsanschlüsse für Elektro, Gas, Wasser Kommunikation usw.) versehen sind, enthält, e) wobei für die Kanäle (Abb. 2, 3: Kanäle im Deckenraster) Hängehalter (Abb. 2: nicht bezeichnete Halter für Abhängung) zum Aufhängen an der Decke (Abb. 2: Decke, gekreuzt schraffiert dargestellt) des Raumes vorgesehen sind (weitere Ausführungen unten). Zu Merkmal d): Aus Abbildung 3 der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O. ist ersichtlich, dass sich im Bereich des Deckenrasters keine frei verlegten Leitungen befinden. Angesichts der zusätzlichen Angaben auf Seite 11 (li. Sp. Abs. 3), dass auf Konstruktionen aus dem Maschinen-, Flugzeug- und Messebau sowie der Halbleiterindustrie zurückgegriffen werde, entnimmt der Fachmann der Druckschrift, dass Kanäle vorgesehen sein müssen, in denen die Leitungen verlegt sind. Zu Merkmal e): Insbesondere in Abbildung 3 ist zu erkennen, dass die Säulen an den über ihnen und parallel zu den Lampen verlaufenden Kabelkanal angeschlossen sind, d. h. anschließbar sind. Von der aus der Schweizerischen Bauzeitung bekannten Einrichtung unterscheidet sich die Einrichtung gemäß dem Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag somit lediglich dadurch, g) dass die Säulen um eine im Bereich der Kanäle befindliche, horizontale Achse verschwenkbar angeordnet sind, um die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe zu bringen. Ausgehend von einer Einrichtung, wie sie in der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O. beschrieben ist, steht der Fachmann - wie der Antragsgegner selbst ausführt - vor dem Problem, dass die dort beschriebenen Säulen, wenn sie sich in Unterrichtsräumen befinden, einem Vandalismus ausgesetzt sind. Zumindest könnten sie durch nicht sachgerechte Manipulation in ihrer Funktion beeinträchtigt werden, etwa in den Unterrichtspausen. Die Aufgabe, dem entgegenzuwirken, d. h. eine Einrichtung zu schaffen, die einen flexiblen Aufbau und eine flexible Installation von Versorgungsleitungen ermöglicht, die leicht zu bedienen ist und die zu möglichst geringen Behinderungen führt (S. 2 Abs. 2 der Streit-Gbm-Schrift), stellt sich demnach dem Fachmann in der Praxis von selbst. Dem hier zuständigen Fachmann sind als Konstrukteur und Planer von Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen, nicht nur Einrichtungen zur Versorgung von Arbeitsplätzen für Unterrichtsräume, sondern auch solche für andere Anwendungsgebiete bzw. Anwendungsorte bekannt. Ein so verstandener Fachmann kennt daher aus eigener Praxis - d. h. hier: aus allen technischen Gebieten, die sich mit Säulen zur Versorgung von Arbeitsplätzen beschäftigen - geeignete Lösungen, um den als nachteilig erkannten Stand der Technik durch vorhandene konkrete Maßnahmen zu ändern (vgl. Jestaedt: Die erfinderische Tätigkeit in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; GRUR 2001, Seite 939, 942). Zu Fachgebieten, die ihm geläufig sind, gehört nach Auffassung des Senats auch die Medizintechnik. Wie durch den Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O belegt ist, kennt der Fachmann eine Einrichtung mit Versorgungsleitungen (S. 2 le. Abs.), die nach unten gerichtete, Arbeitsplätzen (Deckblatt: Arbeitsplatzsystem für die Anästhesie und Chirurgie, sowie Abb. auf S.5) zugeordnete Säulen (S. 4 untere Abbildungen: um 600mm höhenverstellbare und im dargestellten Betriebszustand nach unten gerichtete Säule), die mit Versorgungsanschlüssen (S. 2 le. Abs Gas, Elektrosteckdosen) versehen sind, enthält und bei der vorgesehen ist, dass die Säulen (S 4 untere Abbildungen: um 600mm höhenverstellbare Säule) um eine horizontale Achse verschwenkbar angeordnet sind (S. 4 untere Abbildungen: Säule ist um horizontale Achse derart verschwenkbar, dass sich eine Höhenverstellung von 600mm ergibt), um die Versorgungsanschlüsse (Gas, Elektrosteckdosen) in Greifhöhe zu bringen (S. 4 untere Abbildungen: 1400mm als Greifhöhe einer durchschnittlichen Person). Bei der in dem Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O beschriebenen Einrichtung können also die Versorgungsanschlüsse sowohl in eine Höhe von 2 m als auch in eine Höhe von 1,4 m gebracht werden (Abbildungen auf S. 4). Dazu ist auf Seite 5 ausgeführt, dass die Geräte - und mithin auch die Versorgungsanschlüsse - je nach Bedarf optimal am OP-Tisch positioniert oder aber in eine hohe Parkposition hinaus aus dem Arbeitsbereich entfernt werden können. Das heißt, die bekannte Einrichtung ermöglicht es, die Versorgungsanschlüsse außer und in Greifhöhe zu bringen. Außerhalb der Greifhöhe gelegenen und damit nicht leicht zugänglichen Versorgungsanschlüssen wohnt dabei inne, dass sie für Vandalismus oder Manipulationen, die zu Funktionsbeeinträchtigungen führen, wenig anfällig sind. Diese Tatsache gibt dem Fachmann nach Auffassung des Senats die Anregung oder den Anstoß (BGH - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung Xa ZR 92/05), die aus der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O. bekannte und in Unterrichtsräumen (Labor der ETH Zürich) eingesetzte Einrichtung mit den Merkmalen a) bis f) durch die aus dem Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O als bekannt nachgewiesene Maßnahme zu ertüchtigen. Bei diesem Vorgehen ergibt es sich dann zwangsläufig, die horizontale Achse dort zu belassen, wo die Säule bei der Einrichtung nach der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O schon angelenkt ist, nämlich im Bereich der Kanäle. Damit bedarf es für den Fachmann keines erfinderischen Schritts, um die Einrichtung nach der Schweizerischen Bauzeitung a. a. O. (Merkmale a bis f) derart auszugestalten, dass die Säulen um eine im Bereich der Kanäle befindliche horizontale Achse verschwenkbar angeordnet sind, um die Versorgungsanschlüsse in Greifhöhe zu bringen (Merkmal). 5. Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 oder 2 nach Hilfsantrag 1 beruht jeweils nicht auf einem erfinderischen Schritt. 5.1 Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, dass er zusätzlich das Merkmal „h) wobei den Säulen Rast- oder Arretiermittel zugeordnet sind, um sie sowohl in der horizontalen Stellung parallel unterhalb eines Kanals als auch in der vertikalen Stellung zu arretieren.“ aufweist. Die Maßnahme, die Säule in verschiedenen Stellungen zu arretieren ist bereits aus dem Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O (z. B. Deckblatt oder Abbildungen auf S. 4) zu entnehmen, sodass auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 keines erfinderischen Schrittes des Fachmanns bedarf. 5.2 Der Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 umfasst gegenüber dem Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag zusätzlich das Merkmal „h1) wobei die Säulen zwischen einer horizontalen Stellung parallel unterhalb eines Kanals und einer vertikalen Stellung mit motorischen Schwenkantrieben verschwenkbar sind.“ Auch eine elektromotorische Verstellung ist aus dem Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O (S. 2 Abs. 1) bekannt. Damit beruht der Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 ebenfalls auf keinem erfinderischen Schritt. 6. Auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 oder 2 nach Hilfsantrag 2, beruht jeweils nicht auf einem erfinderischen Schritt. 6.1 Der Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist gleich dem Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1; für ihn gilt das dort Gesagte. 6.2 Der Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Schutzanspruch 2 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass sich an ihn das Merkmal „h2) wobei weiter die Schwenkantriebe von einer von den Arbeitsplätzen entfernten Stelle aus betätigbar sind.“ anschließt. Eine Fernbedienung ist auch aus dem Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O (S. 2 Abs. 1: Kabelfernbedienung) bekannt. Damit beruht der Gegenstand des Schutzanspruchs 2 nach Hilfsantrag 2 ebenfalls auf keinem erfinderischen Schritt. 7. Ebensowenig enthält der Gegenstand gemäß den Schutzansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 etwas Erfinderisches. Die Schutzansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 unterscheiden sich von den Schutzansprüchen 1 und 2 nach Hilfsantrag 2 dadurch, dass sie jeweils das Merkmal „i) wobei die Versorgungsanschlüsse in einem Anschlusskasten zusammengefasst sind, der eine flache, im wesentlichen horizontale Gestalt aufweist und der auf einer Seite mit den in einer oder zwei übereinanderliegenden Reihen angeordneten Versorgungsanschlüssen versehen ist.“ zusätzlich aufweisen. Genau dieses Merkmal ist auch aus dem Prospekt der Dräger Medizintechnik GmbH a. a. O (Deckblatt: Anschlusskasten überhalb des Geräteträgers weist flache, „im Wesentlichen“ horizontale Gestalt auf, Versorgungsanschlüsse in zwei übereinanderliegenden Reihen sind deutlich erkennbar). Damit muss der Fachmann keinen erfinderischen Schritt zurücklegen, um auch zu den Gegenständen der Schutzansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 3 zu gelangen. 8. Der jeweilige Schutzanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1a, 1b, 2a, 2b, 3a, 3b wurde gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 bereits abgehandelt. 9. Die sich an den jeweiligen Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag und an die jeweiligen Schutzansprüche 1 und 2 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3, sowie an den jeweiligen Schutzanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1a, 1b, 2a, 2b und 3a, 3b anschließenden Unteransprüche haben nach Wegfall des sie tragenden Schutzanspruchs keinen Bestand. 10. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, weil es sich bei der Frage, inwieweit es für den Fachmann Anstöße, Hinweise oder Anregungen im Stand der Technik bedarf, um die dort beschriebenen Maßnahmen auf das ihm Bekannte anzuwenden, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt. 11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG, § 91 Abs. 1 ZPO.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006176
BPatG
München
6. Senat
20100629
6 W (pat) 327/06
Beschluss
§ 109 Abs 1 S 1 PatG, § 21 Abs 1 GKG, § 21 Abs 2 GKG
DEU
Patenteinspruchsverfahren – "Kosten der Rechtsbeschwerde" – Zurückverweisung an BPatG – Entscheidung über Auferlegung der außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen – Prüfung der Nichterhebung der Gerichtskosten - unrichtige Sachbehandlung
Patenteinspruchsverfahren – "Kosten der Rechtsbeschwerde" – Zurückverweisung an BPatG – Entscheidung über Auferlegung der außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen – Prüfung der Nichterhebung der Gerichtskosten - unrichtige Sachbehandlung
In der Einspruchssache betreffend das Patent 199 14 504 … hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Guth, Dipl.-Ing. Schneider und Dipl.-Ing. Hildebrandt beschlossen: 1. Das Patent 199 14 504 wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 bis 4 sowie übrige Unterlagen, wie erteilt. 2. Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Verfahrensbeteiligten tragen ihre durch die Rechtsbeschwerde veranlassten Kosten selbst.
I. Gegen das am 22. Dezember 2005 veröffentlichte Patent 199 14 504 mit der Bezeichnung "Hydraulischer Schwingungsdämpfer mit einstellbarer Dämpfungskraft" ist am 21. März 2006 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 sowie des erteilten nebengeordneten Anspruchs 5 sei nicht neu und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. In der Einspruchsbegründung verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften: E1: EP 0 490 262 B1 E2: DE 40 24 920 A1 E3: DE 42 08 886 A1. Die Einsprechende beantragt, das angegriffene Patent zu widerrufen. Die Patentinhaberin legt in der mündlichen Verhandlung einen neuen Anspruch 1 vor und beantragt, das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten: neuer Patentanspruch 1 vom 29. Juni 2010, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüche 2 bis 4 sowie übrige Unterlagen wie erteilt. Weiterhin beantragt die Patentinhaberin, anzuordnen, dass Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht erhoben werden. Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 sowohl neu als auch erfinderisch sei. Der geltende Anspruch 1 lautet: "Hydraulischer Schwingungsdämpfer mit einstellbarer Dämpfungskraft, der einen Zylinder (2) aufweist, in welchen ein öliges Fluid eingefüllt ist, einen gleitbeweglich in dem Zylinder (2) angeordneten Kolben (5), eine Kolbenstange (6), deren eines Ende mit dem Kolben (5) verbunden ist, und deren anderes Ende nach außerhalb des Zylinders (2) verläuft, einen Hauptfluidkanal (16, 17, 18) und einen Hilfsfluidkanal (34a, 35a, 37a, 40), die beide mit dem Zylinder (2) verbunden sind, und in denen ein öliges Fluid infolge der Gleitbewegung des Kolbens fließt, ein Dämpfungsventil (34) des Vorsteuertyps, welches in dem Hauptfluidkanal angeordnet ist, eine Rückdruckkammer (40), wobei ein Innendruck der Rückdruckkammer (40) als ein Steuerdruck für das Dämpfungsventil (34) des Vorsteuertyps derart wirkt, dass der Steuerdruck auf das Dämpfungsventil (34) in der Schließstellung des Dämpfungsventils (34) wirkt, eine feste Öffnung (34a), die in dem Hilfsfluidkanal angeordnet ist, und ein Drucksteuerventil (A), wobei der Druck zwischen der festen Öffnung (34a) des Hilfsfluidkanals und dem Drucksteuerventil (A) als Vorsteuerdruck für das Dämpfungsventil (34) des Vorsteuertyps dient, wobei das Drucksteuerventil (A) ein Magnetsteuerventil (26) mit einem Plungerkolben (46) aufweist, der gemäß einem Schub der Magnetspule (55) bewegbar ist, und direkt den Druck zum Öffnen eines Plattenventils (48) in Übereinstimmung mit dem an die Magnetspule (55) angelegten Strom steuert, wobei das Plattenventil (48) in einem Hilfsfluidkanal (34a, 35a, 37a, 40) vorgesehen ist und derart gebogen wird, dass es geöffnet wird, wenn sich der Innendruck der Rückdruckkammer (40) erhöht." Wegen der Unteransprüche 2 bis 4 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen. Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurden noch folgende Druckschriften berücksichtigt: DE 197 34 522 A1 DE 197 11 293 A1 DE 196 54 300 A1 DE 196 52 819 A1 DE 41 14 305 A1 DE 41 04 110 A1 WO 85/04 698 A1. Der Senat hat das Patent mit Beschluss vom 29. Juli 2008 im schriftlichen Verfahren widerrufen. Diesen Beschluss hat der Bundesgerichtshof auf die Rechtsbeschwerde der Patentinhaberin mit Beschluss vom 22. September 2009 wegen Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Patentgericht zurückverwiesen. II. 1. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 859, 861 f. - Informationsübermittlungsverfahren I; BGH GRUR 2007, 862 f. - Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 2009, 184 f. - Ventilsteuerung). Nach der Zurückverweisung der Sache hat der Senat über diese erneut zu entscheiden. 2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist ausreichend substantiiert und auch im Übrigen zulässig. Dies ist seitens der Patentinhaberin nicht bestritten worden. 3. Der geltende Anspruch 1 ist zulässig. Er ergibt sich aus dem erteilten Anspruch 1 sowie aus Abs. [0048], letzter Satz der Streitpatentschrift bzw. den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 sowie S. 15, Abs. 1, letzter Satz der Anmeldungsunterlagen. Die Zulässigkeit des geltenden Anspruchs 1 ist im Übrigen seitens der Einsprechenden nicht mehr bestritten worden. 4. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt eine patentfähige Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG dar. a. Der Schwingungsdämpfer nach Anspruch 1 ist neu, da keine der genannten Druckschriften sämtliche nunmehr im Anspruch 1 enthaltenen Merkmale zeigt. Als Ergebnis der mündlichen Verhandlung konnte festgestellt werden, dass ein wesentlicher Aspekt der vorliegenden Erfindung darin zu sehen ist, dass die Dämpfungskraft des Schwingungsdämpfers kontinuierlich steuerbar ist. Dies ergibt sich insbesondere aus den Merkmalen des geltenden Anspruchs 1, wonach das Drucksteuerventil (A) ein Magnetsteuerventil (26) mit einem Plungerkolben (46) aufweist, der gemäß eines Schubes einer Magnetspule (55) bewegbar ist und direkt den Druck zum Öffnen eines Plattenventils (48) in Übereinstimmung mit dem an die Magnetspule (55) angelegten Strom steuert. Eine kontinuierliche Steuerbarkeit der Dämpfungskraft ist im nachgewiesenen Stand der Technik aber nicht beschrieben. Die (E1) EP 0 490 262 B1 offenbart einen Schwingungsdämpfer, bei dem das Drucksteuerventil 38 entweder geöffnet oder geschlossen ist (vgl. Figur 2 i. V. m. S. 11, Z. 8 bis 35). D. h., es gibt zwei unterschiedliche Dämpfungseinstellungen, aber keine Zwischenstellungen. Somit ist dort die Dämpfungskraft nicht kontinuierlich steuerbar. Folglich können auch dort die Merkmale, wonach das Drucksteuerventil (A) ein Magnetsteuerventil (26) mit einem Plungerkolben (46) aufweist, der gemäß eines Schubes einer Magnetspule (55) bewegbar ist und direkt den Druck zum Öffnen eines Plattenventils (48) in Übereinstimmung mit dem an die Magnetspule (55) angelegten Strom steuert, nicht verwirklicht sein. Die (E2) DE 40 24 920 A1 und die (E3) 42 08 886 A1 gehen beide in ihrem Offenbarungsgehalt nicht über das hinaus, was bereits aus der (E1) EP 0 490 262 B1 bekannt ist. Der übrige im Prüfungsverfahren angezogene, im Einspruchsverfahren nicht mehr aufgegriffene Stand der Technik offenbart ebenfalls keinen Schwingungsdämpfer, bei dem eine kontinuierliche Steuerbarkeit der Dämpfungskraft möglich ist. Der Gegenstand des geltenden Anspruch 1 ist somit neu. b. Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Schwingungsdämpfer gemäß dem geltenden Anspruch 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Wie bereits beim Neuheitsvergleich ausgeführt, unterscheidet sich die erfindungsgemäße Ausgestaltung zumindest dadurch vom nachgewiesenen Stand der Technik, dass die Dämpfungskraft kontinuierlich steuerbar ist. Eine solche Ausgestaltung ist weder dem seitens der Einsprechenden genannten, noch dem im Prüfungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik zu entnehmen. Somit kann auch von keiner dieser Druckschriften eine Anregung in diese Richtung ausgehen. Folglich kann vom nachgewiesenen Stand der Technik weder einzeln noch in einer Zusammenschau eine Anregung zu der erfindungsgemäßen Ausgestaltung ausgehen. Der geltende Anspruch 1 ist somit gewährbar. c. Zusammen mit dem Anspruch 1 sind auch die rückbezogenen Unteransprüche gewährbar, da sie nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen des Patentgegenstandes betreffen. 5. Durch den Zurückverweisungsbeschluss des Bundesgerichtshofes vom 22. September 2009 ist dem Senat auch die Verhandlung und Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens übertragen worden. a. Für die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens gilt § 109 PatG. § 109 Abs. 1 Satz 1 PatG geht - wie § 80 Abs. 1 Satz 1 PatG und § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG für sämtliche Kosten - davon aus, dass im Regelfall jeder Beteiligte die bei ihm durch das Rechtsbeschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. etwa Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 109 Rn. 16; BPatG 8 W (pat) 46/99 Beschluss v. 3.2.2004, veröffentlicht in juris Das Rechtsportal). Da besondere Umstände - etwa grob sorgfaltswidrige Vorgehensweise eines Verfahrensbeteiligten -, die unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit eine abweichende Kostenverteilung gebieten würden, weder dargetan noch sonst ersichtlich sind, bleibt es hier hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beim allgemeinen Grundsatz (so auch BPatG 8 W (pat) 46/99 Beschluss v. 3. Februar 2004, veröffentlicht in juris Das Rechtsportal). b. Allerdings trifft § 109 PatG seinem Wortlaut nach lediglich eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten. Anders als etwa § 80 Abs. 1 Satz 1 PatG und § 62 Abs. 1 Satz 1 PatG werden in § 109 Abs. 1 PatG die Gerichtskosten nicht erwähnt. Es besteht aber Einigkeit darüber, dass auch über die durch die Rechtsbeschwerde entstandenen Gerichtskosten eine Entscheidung getroffen werden kann. Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, § 109 Rn. 14, 15 will diese Lücke durch analoge Anwendung des § 90 MarkenG ausfüllen. Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, § 109 Rn. 9 will § 80 PatG analog anwenden (so auch Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 109 Rn. 2, 4). Beide Vorschriften enthalten die Möglichkeit einer Entscheidung nach Billigkeitsgrundsätzen über außergerichtliche Kosten und über die Gerichtskosten. c. Vorliegend braucht jedoch die Frage nicht entschieden werden, ob und welche dieser Vorschriften des Patentgesetzes analog anzuwenden ist, denn die Entscheidung über die Gerichtskosten richtet sich hier jedenfalls nach § 21 Abs. 1 GKG, der die hinsichtlich der Gerichtskosten bestehende Lücke des § 109 PatG ausfüllt. § 21 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 GKG bestimmt nämlich zwingend, dass Kosten nicht erhoben werden, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären und dass das Gericht diese Entscheidung trifft. Wenn die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 GKG vorliegen, ist eine ausdrückliche Kostenentscheidung von Amts wegen zwingend erforderlich (Schulte, a. a. O, § 109 Rn. 11). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Zwar rechtfertigt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Instanzgericht eine Nichterhebung der Gerichtskosten. Es muss sich vielmehr um ein erkennbares Versehen oder einen offensichtlichen Verstoß gegen eindeutige Rechtsvorschriften handeln, der offen zutage tritt (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage, § 21 GKG Rn. 8 ff.; BFH X E 11/09 Beschluss v. 19.10.2009, veröffentlicht in juris Das Rechtsportal). Hierunter fallen etwa auch Verstöße gegen die Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) oder eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (vgl. Hartmann, a. a. O., Rn. 16, 30, 31). Der Bundesgerichtshof hat vorliegend die Sache wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs aufgrund einer Verletzung der Aufklärungs- und Hinweispflicht durch den Senat aufgehoben und zurückverwiesen. Er hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass sich dem Senat Zweifel an der Formulierung von neu eingereichten Patentansprüchen hätten aufdrängen müssen, so dass er vor seiner Entscheidung bei der Patentinhaberin nochmals konkret nachfragen hätte müssen, ob diese Formulierung tatsächlich gewollt sei. Nach dieser rechtlichen Beurteilung, an die der Senat gebunden ist (§ 108 Abs. 2 PatG), liegt somit eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 21 Abs. 1 GKG vor, die für die Rechtsbeschwerde und die damit verbundenen Gerichtskosten kausal geworden ist. Die Anordnung der Nichterhebung der Gerichtskosten für die Rechtsbeschwerde ist daher nach dieser Vorschrift zwingend geboten.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006183
BPatG
München
3. Senat
20100518
3 Ni 54/08 (EU)
Urteil
Art 54 EuPatÜbk
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - europäisches Patent - Kriterien für die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent 1 252 939 (DE 502 03 718) hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 2010 unter Mitwirkung des Richters Engels als Vorsitzenden, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster sowie der Richterinnen Dr. Schuster und Prietzel-Funk für Recht erkannt: Das europäische Patent 1 252 939 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die Patentansprüche 1 bis 6 insoweit für nichtig erklärt, als sie über folgende Fassung hinausgehen: 1. Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von flüssigkeitsdicht abgedeckten Deponien mit verteilt angeordneten Gasbrunnen zur Abschöpfung des durch den biochemischen Abbauprozess entstehenden Deponiegases, dadurch gekennzeichnet, dass die in einzelne abgetrennte Versickerungsfelder eingeteilte Deponieoberfläche in Abhängigkeit von der lokalen Gasergiebigkeit flächig von oben mit Wasser infiltriert wird, wobei das Infiltrationswasser derart rasch aufgebracht wird, dass sich über das gesamte Versickerungsfeld ein freier Wasserspiegel aufstaut. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zur Infiltration deponiespezifische Wässer, insbesondere austretendes Sickerwasser, verwendet wird. 3. Deponieanlage zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Deponieoberfläche in durch flüssigkeitsdichte Trennschürzen (14) voneinander getrennte Versickerungsfelder (2, 3, 4, 5, 6, 7) aufgeteilt ist, denen jeweils eine getrennt mit Infiltrierwasser beaufschlagbare Speiseleitung (19, 20, 21, 22, 23, 24) zugeordnet ist. 4. Deponieanlage nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Versickerungsfelder (2, 3, 4, 5, 6, 7) eine Länge ≤ 60 m und eine Breite ≤ 10 m aufweisen. 5. Deponieanlage nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass in jedem Versickerungsfeld (2, 3, 4, 5, 6, 7) wenigstens ein Gasbrunnen (28) angeordnet ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 22. April 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 10120107 vom 25. April 2001 beim europäischen Patentamt angemeldeten, mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 252 939 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 502 03 718 geführt wird. Das Streitpatent betrifft „Verfahren und Vorrichtung zur verbesserten Bewirtschaftung von Deponien“ und umfasst 18 Patentansprüche. Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 des Streitpatents lauten in der erteilten Fassung: 1. Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von flüssigkeitsdicht abgedeckten Deponien mit verteilt angeordneten Gasbrunnen zur Abschöpfung des durch den biochemischen Abbauprozess entstehenden Deponiegases, dadurch gekennzeichnet, dass die in einzelne abgetrennte Versickerungsfelder eingeteilte Deponieoberfläche in Abhängigkeit von der lokalen Gasergiebigkeit flächig von oben mit Wasser infiltriert wird. 4. Deponieanlage zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Deponieoberfläche in durch flüssigkeitsdichte Trennschürzen (14) voneinander getrennte Versickerungsfelder (2, 3, 4, 5, 6, 7) aufgeteilt ist, denen jeweils eine getrennt mit Infiltrierwasser beaufschlagbare Speiseleitung (19, 20, 21, 22, 23, 24) zugeordnet ist. Die Patentansprüche 2 bis 3 und 5 bis 18 betreffen besondere Ausgestaltungen des Verfahrens und der Vorrichtung nach den Ansprüchen 1 und 4. Die Klägerin, die das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 6 angreift, bestreitet die Patentfähigkeit dieser Ansprüche 6 wegen fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit. Sie stützt sich auf die Druckschriften: T1 Vorwort und Inhaltsverzeichnis der „Trierer Berichte zur Abfallwirtschaft“, Bd. 13 - Deponiegas 2001, T2 K. Drexler, Vortrag auf der Fachtagung „Deponiegas“ vom 20./21. Februar 2001: Erfahrungen mit der Sickerwasserinfiltration in Bayern, T2a „Trierer Berichte zur Abfallwirtschaft“, Rettenberger/Stegmann (Hrsg.), Deponiergas 2001, Verlag Abfall Aktuell, Stuttgart 2001, S. 3 bis 5, 115 bis 121 (Vortrag von K. Drexler) und rückwärtiger Buchdeckel, T3 Landgericht Nürnberg-Fürth Akz: 3 O 4762/08 Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Januar 2009 zum parallelen Verletzungsprozess, T4 Email der Ingenieurgruppe RUK zum Herausgabedatum von T2a vom 5. Februar 2009, T5 Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen: Vorhaben E9: Optimierung von biologischen Umsetzvorgängen in abgedichteten Deponien durch Reinfiltration von Sickerwasser, Schlussbericht (1996), Kap. 1 S. 1 bis 3, Kap. 2 S. 1 bis 5, Kap. 3 S. 1 bis 14, Kap. 4 S. 1 bis 2, Kap. 5 S. 1 bis 62, Kap. 6 S. 1 und 2, Kap. 7 S. 1 bis 2 und Anhang 1, T6 Lueger Lexikon der Bautechnik, Bd. 10 A-K (1966), S. 707, 708 Stichwort: Kerndichtung Die Klägerin bestreitet die Neuheit des Verfahrens zur verbesserten Bewirtschaftung von Deponien nach Anspruch 1 und der Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 4 gegenüber T2/T2a. Sie hat die von dem Beklagten zunächst bestrittene Vorveröffentlichung dieser Druckschrift T2/T2a unter Beweis gestellt. Die Klägerin behauptet außerdem, dass die Lehre des Streitpatents durch die Deponie „Im Dienstfeld“ - Landkreis Ansbach offenkundig vorbenutzt sei und im Übrigen im Hinblick auf den vorgelegten druckschriftlichen Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Klägerin beantragt: das europäische Patent 1 252 939 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 6 für nichtig zu erklären, Der Beklagte, der das Streitpatent ausschließlich nach Hauptantrag in der im Urteilsausspruch wiedergegebenen Fassung verteidigt, beantragt, die Klage in dem Umfang abzuweisen, soweit sie über die nunmehr verteidigte Fassung hinausgeht. Der Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und verweist auf die Druckschriften: B1 EP 1 252 939 A3 (Recherchebericht zum Streitpatent) B2 US 5 201 609 A B3 DE 39 21 949 A1 B4 Merkmalsanalyse der Patentansprüche 1 bis 6 B5 Bauer/Meisinger: Abfallwirtschaft in Forschung und Praxis, Bd. 114, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1999, Vorwort, Inhaltsverzeichnis S. 14, 15 und 57 bis 60 B6 Prof. Dr. H. Hoins „Oberflächenabdichtung von Deponien in Verbindung mit einer gezielten Rückbefeuchtung“, Vortrag auf der Tagung zur Deponienachsorge am 30. November 2000, S. 1, 9, 10, 17 und 18 B7 Vortrag Universität Trier „Grundlagen der Wasserinfiltration mittels Sickerwasserrückführung im Zuge der neuen Deponieverordnung“ (nachveröffentlicht) B8 Baubeschreibung und Bauplan der Hausmülldeponie in Dettendorf, Landkreis Neustadt/Aisch vom 17. März 2006 B9 Zeichnungen 5.1 A, B, 5. 2 A, B und 6.1 Der Beklagte bestreitet, dass die Deponie „Im Dienstfeld“ - Landkreis Ansbach - eine offenkundige Vorbenutzung der patentgemäßen Lehre darstelle, insbesondere relevante Informationen öffentlich gemacht worden seien. Das anfängliche Bestreiten der Vorveröffentlichung der Druckschriften T2/T2a hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung fallen gelassen. Diese könne allerdings - wie auch der weitere Stand der Technik - weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit der Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 und 3 in Frage stellen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie des Wortlauts der weiteren Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der von der Klägerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit, Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang (Art. 138 Abs. 1, lit a, Abs. 2 EPÜ), Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da sich die gemäß Hauptantrag zulässig beschränkt verteidigte patentgegenständliche Lehre als neu und erfinderisch (Art. 54, 56 EPÜ) erweist. I. 1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von flüssigkeitsdicht abgedeckten Mülldeponien mit verteilt angeordneten Gasbrunnen zur Abschöpfung des durch den biochemischen Abbauprozess entstehenden Deponiegases sowie eine Deponieanordnung zur Durchführung dieses Verfahrens. Deponien werden seit geraumer Zeit großflächig abgedeckt, damit kein Oberflächenwasser ständig in den Müllberg eindringt, das dann kontaminiert als Sickerwasser zu entsorgen ist, und um unerwünschte Kontaminationen der Umwelt durch den Müllberg selbst zu vermeiden. Bei der großflächigen Abdeckung zeigt sich in kurzer Zeit, dass der biochemische Abbauprozess abklingt und folglich die Methangasproduktion versiegt, da die im Müllberg abgelagerten organischen Bestandteile bei Wasserentzug nicht umgesetzt werden und mumifizieren. Es wurden in verschiedenen Deponien Versuche unternommen, mit eingebohrten Metalllanzen bzw. Gräben oder Brunnen punktuell bzw. linear Sickerwasser in die Deponie zurückzuführen. Dabei bauen sich aber infolge der Inhomogenität der Müllschüttung Wasserwegsamkeiten auf, durch die ein Kurzschluss zur Deponiebasis entsteht, worüber infiltriertes Wasser ohne Befeuchtungseffekt wieder versickert. Auch haben diese Techniken wegen ihrer geringen Grundfläche gegenüber der grundsätzlich relativ großen Deponieoberfläche nur ein geringes Wirkungsspektrum (Streitpatent Abs. [0001] bis [0004]). 2. Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Deponieanlage zur Durchführung des Verfahrens zur verbesserten Bewirtschaftung von flüssigkeitsdicht abgedeckten Deponien zu schaffen, welches eine optimale Durchfeuchtung des Müllbergs im Sinne einer gezielten biochemischen Umsetzung der Inhaltsstoffe gewährleistet (Streitpatent Abs. [0005]). 3. Zuständiger Fachmann ist ein Tiefbauingenieur mit speziellen Kenntnissen der Abfallentsorgung sowie dem Bau und Betrieb von Deponien. 4. Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von Deponien nach Patentanspruch 1 und eine Deponieanlage zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 3 der ausschließlich nach Hauptantrag verteidigten Fassung mit folgenden Merkmalen gelöst: 1. Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von flüssigkeitsdicht abgedeckten Deponien 1.2. mit verteilt angeordneten Gasbrunnen zur Abschöpfung des durch den biochemischen Abbauprozess entstehenden Deponiegases, dadurch gekennzeichnet, dass 1.3. die in einzelne abgetrennte Versickerungsfelder eingeteilte Deponieoberfläche in Abhängigkeit von der lokalen Gasergiebigkeit flächig von oben mit Wasser infiltriert wird, 1.4. wobei das Infiltrationswasser derart rasch aufgebracht wird; dass sich über das gesamte Versickerungsfeld ein freier Wasserspiegel aufstaut. 3. Deponieanlage zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass 3.1 die Deponieoberfläche in durch flüssigkeitsdichte Trennschürzen (14) voneinander getrennte Versickerungsfelder (2, 3, 4, 5, 6, 7) aufgeteilt ist, 3.2. Denen jeweils eine getrennt mit Infiltrierwasser beaufschlagbare Speiseleitung (19, 20, 21, 22, 23, 24) zugeordnet ist. II. 1. Die Patentansprüche 1 bis 5 beruhen auf einer zulässigen Beschränkung des Streitpatents. Der Patentanspruch 1 geht aus den erteilten und ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 hervor. Die Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den erteilten und ursprünglichen Ansprüchen 2 und 4 bis 6. 2. Die Neuheit der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 ist gegeben. Es kann dahinstehen, ob der Vortrag T2 bzw seine Veröffentlichung in den Trierer Berichten zur Abfallwirtschaft T2a vorveröffentlichten Stand der Technik darstellen, denn auch unter Einräumen der von dem Beklagten nicht mehr bestrittenen Vorveröffentlichung kann T2/T2a die Neuheit der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 nicht in Frage stellen. In T2/T2a ist nämlich jedenfalls kein Verfahren zur verbesserten Bewirtschaftung von flüssigkeitsdicht abgedeckten Deponien beschrieben, bei dem das Infiltrationswasser auf einzelne abgetrennte Versickerungsfelder derart rasch aufgebracht wird, dass sich über das gesamte Versickerungsfeld ein freier Wasserspiegel aufstaut, und keine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit durch flüssigkeitsdichte Trennschürzen voneinander getrennten Versickerungsfeldern beschrieben, denen jeweils eine getrennt mit Infiltrierwasser beaufschlagbare Speiseleitung zugeordnet ist. Diese Merkmale sind auch T5 nicht zu entnehmen. Das gleiche gilt für T6, die Kerndichtungen von Staudämmen betrifft, und dem von dem Beklagten selbst angegebenen Stand der Technik. Dies gilt auch für die im Klageschriftsatz von der Klägerin lediglich angedeutete Behauptung einer offenkundigen Vorbenutzung durch die Deponie „Im Dienstfeld“, die auch im Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens und in der mündlichen Verhandlung nicht mehr präsentiert worden ist. 3. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 3 beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. 3.1 Für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist entscheidend, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert wird, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können (BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung;) und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen und es - abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür bedarf, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann insbesondere nicht schon deshalb als nahegelegt bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von dem im Stand der Technik Bekannten zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Diese Wertung setzt vielmehr voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (BGH GRUR 2010, 487 - einteilige Öse). 3.2 Zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist hier von dem in T5 und T2/T2a, ihre Vorveröffentlichung eingeräumt, beschriebenen Stand der Technik auszugehen. T5 betrifft den Schlussbericht über das bei der Hausmülldeponie E… durchgeführte Vorhaben zur Optimierung von biologischen Umsetzvorgängen in abgedichteten Deponien durch Reinfiltration von Sickerwasser. Dabei sollte die Eignung von Infiltrationsanlagen unterhalb der Oberflächendichtung zur definierten Zugabe von Reaktionswasser in den Müllkörper untersucht werden, wobei nur so viel Reaktionswasser zugegeben werden soll, wie der Müllkörper aufnehmen kann (Kap. 1 S. 2 Abs. 4, Kap. 2 S. 1 Abs. 1). Fünf Methoden zur Reinfiltration von Wasser in einen bestehenden Deponiekörper werden dabei beschrieben, wobei nur die Bewässerung mittels Lanzen praktisch durchgeführt wurde, da hierfür unter Abwägung der Vor- und Nachteile nur geringfügige Eingriffe in die Oberflächenabdichtungsschicht des bestehenden Müllkörpers erforderlich waren (Kap. 5 Abschnitt 5.2 S. 25 Abs. 2 bis 4 i. V. m. S. 36). Bei einer weiteren diskutierten Methode erfolgt die Bewässerung mittels Bewässerungsleitungen in die gasgängige Stützschicht über das Sickerwasser parallel zu den Höhenlinien weitgehend flächendeckend. In der Oberflächenabdeckungsschicht werden dazu Gräben angelegt, in die die Dränleitungen eingebaut werden, wobei die gasgängige Stützschicht als Füllkörper dient (Kap. 5 S. 30 Abs. 1 und 2 i. V. m. Abb. 5.9 auf S. 31). In T5 wird damit zwar entsprechend Merkmal 1.3 die Deponieoberfläche flächig von oben mit Wasser infiltriert. T5 liefert aber keinen Hinweis darauf, zur Lösung der Aufgabe die Deponieoberfläche in einzelne Versickerungsfelder gemäß Merkmal 1.3 einzuteilen und das Infiltrationswasser gemäß Merkmal 1.4 derart rasch aufzubringen, dass sich über das gesamte Versickerungsfeld ein freier Wasserspiegel aufstaut. In T2/T2a wird auf den Schlussbericht T5 Bezug genommen (T2a: S. 115 bis 116 Abschnitt 2.). Davon ausgehend werden vier technische Einrichtungen zur Sickerwasserinfiltration diskutiert, nämlich Bewässerungslanzen, Bewässerungsschächte, Bewässerungsrigolen und Bewässerungsfelder. Bei der technischen Einrichtung der Bewässerungsfelder werden großflächige Bewässerungsfelder unter der Abdeckung mit Kunststoffdichtungsbahn zur besseren Steuerung in mehrere Felder unterteilt, die aus einer Kies- oder Schotterschicht bestehen, wobei in die Felder zur Beschickung Bewässerungsleitungen verlegt sind. Die Wasserzugabe hat dabei so zu erfolgen, dass die Energiemenge des erfassten Deponiegases pro Zeiteinheit (berechnet aus Gasmenge und Methankonzentration) maximiert wird. Dies wird an den betreffenden Gasbrunnen gemessen (T2a: S. 117 Abschnitt 4. bis S. 118 Abschnitt 6, insbesondere S. 118 Abs. 1 und 7, i. V. m. S. 120 Anhang 1 Punkt 6.). Damit sind in T2a die Merkmale 1.1 bis 1.3 beschrieben. Einen Hinweis darauf aber, dass, wenn der Fachmann die Einrichtung einzelner abgetrennter Bewässerungs- bzw. Versickerungsfelder zur Lösung der Aufgabe in Betracht zieht, dann gemäß Merkmal 1.4 das Infiltrationswasser derart rasch aufzubringen, dass sich über das gesamte Versickerungsfeld ein freier Wasserspiegel aufstaut, liefert auch T2/T2a nicht. Gerade durch diese Maßnahme werden nach den Ausführungen im Streitpatent die Nachteile der punktuellen Wasserzuführung vermieden und eine im Wesentlichen gleichmäßige Durchfeuchtung des Müllberges unterhalb des gefluteten Versickerungsfeldes erreicht, wodurch sich optimale Bedingungen für die biochemische Umsetzung der abgelagerten organischen Bestandteile ergeben (Streitpatent Sp. 2 Abs. [0007]). Der weitere dem Senat vorliegende Stand der Technik liegt ferner und kann daher das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 des geltenden Hauptantrags ebenfalls nicht nahelegen. 3.3 Das Gleiche gilt für den Gegenstand des Patentspruchs 3, die Deponieanlage zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 2. Durch den Rückbezug auf das Verfahren nach Patentanspruch 1 muss die Deponieanlage gegenständlich in der Weise ausgestaltet sein, dass sie zur Durchführung des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 geeignet ist. Dies bedeutet zumindest, dass die Speiseleitungen zur Beaufschlagung mit Infiltrierwasser und die flüssigkeitsdichten Trennschürzen entsprechend ausgestaltet sind, damit das Infiltrationswasser gemäß Merkmal 1.4 derart rasch aufgebracht werden kann, dass sich über das gesamte Versickerungsfeld ein freier Wasserspiegel aufstaut. Es handelt sich damit hier um ein funktionelles technisches Merkmal, das geeignet ist die Vorrichtung vom Stand der Technik zu unterscheiden (vgl Schulte PatG 8. Aufl. § 1 Rdn. 228, § 34 Rdn. 131). Die erfinderische Tätigkeit der Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 wird damit bereits durch das erfinderische Verfahren gemäß Anspruch 1 getragen. Darüber hinaus sind weder in T5 noch in T2/T2a flüssigkeitsdichte Trennschürzen gemäß Merkmal 3.1 beschrieben, noch geht aus diesen Druckschriften hervor, dass den getrennten Versickerungsfeldern gemäß Merkmal 3.2 auch eine jeweils getrennt mit Infiltrierwasser beaufschlagbare Speiseleitung zugeordnet ist. B2 ist lediglich zu entnehmen, dass Mülldeponien mittels flüssigkeitsdichten Trennwänden in einzelne Zellen unterteilt werden können (Ansprüche 1, 9, 27, 37 und 50). Eine Bewässerung ist dabei nicht vorgesehen. T6 liegt noch weiter entfernt, da daraus nur hervorgeht, dass z. B. Staudämme mittels Kerndichtungen flüssigkeitsdicht abgedichtet werden können. 3.4 Nach alledem werden die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 des Hauptantrags vom Stand der Technik nicht nahegelegt. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 haben danach Bestand. Mit ihnen haben die darauf rückbezogenen, vorteilhafte Ausführungsformen der Patentansprüche 1 und 3 betreffenden Ansprüche 2, 4 und 5 ebenfalls Bestand. Soweit das Streitpatent nicht verteidigt worden ist, war der über die Beschränkung hinausgehende Teil ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, wonach die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben waren. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006183&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006186
BPatG
München
17. Senat
20100429
17 W (pat) 6/04
Beschluss
§ 1 PatG, § 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten" - zur Frage der Berücksichtigung von außerhalb der Technik liegenden Anweisungen - mangelnde erfinderische Tätigkeit
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 56 215.2-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterin Eder und des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung: "Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten" ist am 15. November 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts im Beschluss vom 14. Oktober 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar sei. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin hatte der erkennende Senat mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Verfahren in den Fassungen nach Hauptantrag und erstem Hilfsantrag Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG seien und deshalb nicht als patentfähige Erfindung angesehen werden dürften. Hinsichtlich der Verfahren nach dem zweiten und dritten Hilfsantrag führte der Senat aus, dass diese über das Verfahren zur Bearbeitung medizinisch relevanter Daten hinaus auch das Vorsehen von Kommunikationsverbindungen vorschlügen, über die von der Datenverarbeitungseinrichtung ausgewählte Protokolle an die Untersuchungsmodalitäten übertragen und fallweise zur Anzeige oder Ansteuerung verwendet würden. Im Vordergrund dieser Verfahren stehe aber nach wie vor der auf Fachwissen beruhende medizinische Auswahlprozess. Deshalb sei das Verfahren in diesen Fassungen nicht als Erfindung auf technischem Gebiet i. S. d. § 1 Abs. 1 PatG anzuerkennen. Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hin hat der Bundesgerichtshof dem Gegenstand der Anmeldung die erforderliche Technizität zugebilligt und die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das BPatG zurückverwiesen (BGH X ZB 22/07 - "Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten", GRUR 2009, 479). Die Anmelderin verfolgt ihr Patentbegehren weiter und stellt den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 bis 15 und Beschreibung Seiten 1 bis 16, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2007, 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 1A, 1B, 2 vom Anmeldetag. Der Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung (bisheriger Hilfsantrag 3) lautet: "Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten im Rahmen einer durchzuführenden Untersuchung eines Patienten, dadurch gekennzeichnet, dass ein in einer Datenverarbeitungseinrichtung abgelegtes Programmmittel anhand von eingegebenen symptomspezifischen und/oder diagnosespezifischen Informationen unter Verwendung einer symptom- und/oder diagnosebasierten Datenbank eine oder mehrere zur Untersuchung des Patienten durchzuführende Untersuchungsmodalitäten auswählt, die an einer Wiedergabeeinrichtung ausgegeben werden, wobei zu einer bestimmten Untersuchungsmodalität ein oder mehrere die Untersuchung definierende Untersuchungs- oder Messprotokolle durch die Datenbank ausgewählt und ausgegeben werden und wobei die Untersuchungs- oder Messprotokolle von der Datenverarbeitungseinrichtung an eine Datenverarbeitungs- und/oder Steuerungseinrichtung einer ausgewählten Untersuchungsmodalität, die zur Untersuchung des Patienten verwendet wird, übertragen werden, wo sie wiedergegeben und zur Steuerung der Untersuchungsmodalität verwendet werden." Der nebengeordnete Patentanspruch 13 lautet: "System zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten im Rahmen einer durchzuführenden Untersuchung eines Patienten, umfassend eine Datenverarbeitungseinrichtung (1) mit einem abgelegten Programmmittel und einer Wiedergabeeinrichtung, ausgebildet zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei die Datenverarbeitungseinrichtung (1) mit einer Datenverarbeitungs- und/oder Steuerungseinrichtung einer oder mehrerer medizinischer Untersuchungsmodalitäten (4, 5, 6) zur Übertragung von Daten in Kommunikationsverbindung steht." In Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin aus, dass das beanspruchte Verfahren auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Dabei sei nicht allein der Umstand in Betracht zu ziehen, dass die Untersuchungsprotokolle an die Untersuchungsmodalitäten übertragen würden und diese ansteuerten, sondern auch die Auswahl der in den Untersuchungsprotokollen enthaltenen Betriebsparameter mit zu berücksichtigen. Denn diese Auswahl trage wesentlich zur Qualität der Untersuchung und der Diagnose bei. Die Auswahl der Untersuchungsprotokolle orientiere sich an den technischen Möglichkeiten der Untersuchungsmodalitäten. Deshalb müsse sie auch bei der Frage der erfinderischen Tätigkeit mit einbezogen werden. II. Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand der Anmeldung in der verteidigten Fassung nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§§ 1, 4 PatG). 1. In der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde stellt der Bundesgerichtshof fest, dass es für das Technizitätserfordernis unerheblich sei, ob der Gegenstand einer Anmeldung neben technischen Merkmalen auch nichttechnische aufweise. Ob Kombinationen von technischen und nichttechnischen bzw. vom Patentschutz ausgeschlossenen Merkmalen im Einzelfall patentfähig seien, hänge - abgesehen von den Ausschlusstatbeständen des § 1 Abs. 3 PatG - allein davon ab, ob sie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten (vgl. Abs. [0010]). Eine Anmeldung, die ein Computerprogramm oder ein durch Software realisiertes Verfahren zum Gegenstand habe, müsse über die für die Patentfähigkeit unabdingbare Technizität hinaus verfahrensbestimmende Anweisungen enthalten, welche die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand hätten. In Hinsicht auf das angemeldete Verfahren stellt der Bundesgerichtshof fest, dass das angemeldete Verfahren ein konkretes technisches Problem löse, weil es "nach Auswahl von Untersuchungsmodalität und Untersuchungs- bzw. Messprotokollen auch den Einsatz der jeweiligen Untersuchungsmodalität" steuere (vgl. Abs. [0012]). Die Schutzfähigkeit der angemeldeten Erfindung sei daher keine Frage der Technizität oder des Patentierungsausschlusses, sondern der erfinderischen Tätigkeit. 2. Das Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten nach dem Anspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. 2.1 In der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde wird in Hinsicht auf die Frage der erfinderischen Tätigkeit von Anmeldungen, die ein Computerprogramm oder ein durch Software realisiertes Verfahren zum Gegenstand haben, ausgeführt, dass bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit die Lösung (eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln) in den Blick zu nehmen sei. Außerhalb der Technik liegende Anweisungen genügten in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht; sie seien nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie auf die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nähmen (vgl. Abs. [0011]). Diese grundsätzliche Auffassung zur Frage der erfinderischen Tätigkeit hat der BGH bereits in der Entscheidung "Elektronischer Zahlungsverkehr" vertreten (vgl. GRUR 2004, 667, II 3. b) (2)); sie entspricht auch der Auffassung, die in der Entscheidung "Auktionsverfahren/HITACHI" der Beschwerdekammer 3.5.1 des EPA vertreten wird (vgl. GRUR Int. 2005, 332, Abschnitt 5). Der vorliegende Patentanspruch 1 bezieht sich auf ein Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten, die im Rahmen einer bei einem Patienten durchgeführten Untersuchung erhoben werden. Diese Daten bzw. symptom- und/oder diagnosespezifischen Informationen werden durch ein Programm von einer Datenverarbeitungseinrichtung unter Verwendung einer symptom- und/oder diagnosebasierten Datenbank derart ausgewertet, dass eine oder mehrere Untersuchungsmodalitäten (z. B. ein Computertomograf) ausgewählt und an einer Wiedergabeeinrichtung ausgegeben werden. Weiterhin werden unter Benutzung der Datenbank zugehörige Untersuchungs- oder Messprotokolle ausgewählt und ausgegeben. Insoweit beschreibt der Anspruch 1 ein medizinisches Expertensystem, das den Arzt bei der Auswertung von gesundheitsrelevanten Informationen und der Auswahl der für eine weitere medizinische Diagnose förderlichen Untersuchungsmodalitäten unterstützt (vgl. hierzu die Ausführungen im vorangegangenen Senatsbeschluss 17 W (pat) 6/04 "Expertensystem" abgedruckt in GRUR 2008, 330, 331). Die Anweisung, aus medizinischen Symptomen und Diagnosen unter Einsatz von medizinischem Expertenwissen eine bestimmte Untersuchungsmodalität und ein Protokoll für diese auszuwählen, liegt nicht auf technischem Gebiet, sondern ist durch medizinische Erwägungen bestimmt. In der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde werden diese Vorgänge der Sammlung, Speicherung, Auswertung und Verwendung von Daten als "außertechnische Vorgänge" bezeichnet (vgl. "Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten" Abs. [0013]). Allein die Anweisung, ein Expertensystem für medizinische Zwecke zu verwenden, vermag daher das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit des Verfahrens nach Anspruch 1 nicht zu stützen. 2.2 Über die Verwendung eines medizinischen Expertensystems hinaus schlägt der Patentanspruch 1 weiter vor, die Untersuchungs- oder Messprotokolle von der Datenverarbeitungseinrichtung an eine Datenverarbeitungs- und/oder Steuerungseinrichtung einer ausgewählten Untersuchungsmodalität zu übertragen, dort wiederzugeben und zur Steuerung zu verwenden. In diesem Umstand erkennt der Bundesgerichtshof die Lösung eines konkreten technischen Problems. Denn "die programmgesteuerte Einstellung solcher Geräteparameter führt, an die Stelle der manuellen Einstellung durch das Bedienungspersonal tretend, einen technischen Erfolg herbei" (vgl. Abs. [0012]). Sofern man diese Lösung des konkreten technischen Problems nicht dem Bereich des Fachkönnens des zuständigen Fachmanns, eines Datenverarbeitungsingenieurs mit praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet der Medizintechnik, zuordnen will, so ist sie jedenfalls durch die Ausführungen in der DE 199 04 090 A1 (D4) nahe gelegt. Diese vorveröffentlichte Druckschrift beschreibt ein Verfahren zur automatischen Steuerung und Verwaltung medizinischer Geräte, mit dem eine wesentliche Vereinfachung der Systembedienung für den Operationssaal erreicht werden soll, indem alle Geräte automatisch auf die für eine Operation benötigte Geräteeinstellung gebracht werden (vgl. S. 2, Z. 29 - 32). Hierzu schlägt diese Druckschrift in Übereinstimmung mit dem Patentanspruch 1 vor, eine Datenverarbeitungseinrichtung (Leitrechner) vorzusehen, die mit den Untersuchungsmodalitäten (programmgesteuerte medizinische Geräte) durch eine Kommunikationsverbindung (Netzwerk) verbunden ist. Die Geräte bzw. Untersuchungsmodalitäten können von der als Leitrechner bezeichneten zentralen Steuereinheit verwaltet und bedient werden, was voraussetzt, dass sie jeweils mit einer Datenverarbeitungs- und/oder Steuerungseinrichtung ausgestattet sind. Über die Kommunikationsverbindung können auch Texteinblendungen übertragen und wiedergegeben werden (vgl. insb. Anspruch 1 und S. 3, Z. 44 - 50). Die D4 legt folglich dem Fachmann zumindest nahe, zur programmgesteuerten Einstellung von Parametern der Untersuchungsmodalitäten die Datenverarbeitungseinrichtung und die Untersuchungsmodalitäten durch eine Kommunikationsverbindung zu verbinden, über die die Einstellprotokolle übertragen werden. Das Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten nach dem Patentanspruch 1 beruht daher zumindest nicht auf erfinderischer Leistung. 2.3 Die Anmelderin führt hiergegen an, dass es einer über die Übertragung der Untersuchungs- und Messprotokolle an die Untersuchungsmodalitäten und dortige Verwendung zur programmgesteuerten Einstellung hinaus gehenden technischen Leistung bedurfte, um zum Verfahren nach Anspruch 1 zu gelangen. Unter Hinweis auf Sp. 3, Z. 5 - 8 der Offenlegungsschrift macht sie geltend, dass "die Qualität der Untersuchung und der letztendlichen Diagnose stark von der Wahl des richtigen Untersuchungs- oder Messprotokolls abhängig" sei. Sie führt weiter an, dass bei der Wahl der Protokolle zu berücksichtigen sei, welcher Art die Untersuchungsmodalität sei und welche technischen Möglichkeiten sie habe, bspw. über welche technische Auflösung ein bestimmter Computertomograf verfüge. Die Anmelderin nimmt damit Bezug auf Ausführungen in der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde. Dort wird in Absatz [0011] erläutert, dass bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit außerhalb der Technik liegende Anweisungen "nur in dem Umfang von Bedeutung [sind], in dem sie auf die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nehmen". In Abs. [0013] wird darauf hingewiesen, dass bei der Erörterung der Frage der erfinderischen Tätigkeit nunmehr auch auf die "bisher nicht behandelte Frage einzugehen sein [könnte], ob die Anmeldung über die außertechnischen Vorgänge der Sammlung, Speicherung, Auswertung und Verwendung von Daten hinaus für deren Umsetzung eine dem Patentschutz zugängliche Lehre offenbart und, falls das der Fall sein sollte, ob deren Auffindung die Entfaltung erfinderischer Tätigkeit erforderte". Was das Argument der Anmelderin anbelangt, dass bei der Wahl der Protokolle nicht nur medizinische, sondern auch technische Randbedingungen zu berücksichtigen seien, also bspw. bei einem Computertomografen nur eine Auflösung gewählt werden dürfe, die das Gerät auch leisten könne, so fehlt es dem Anspruch 1 an einer Handlungsanweisung, mit der diese (technische) Problemstellung gelöst werden könnte. Der Anspruch spricht nur generell von einer Auswahl der Protokolle. Ob und in welcher Weise technische Randparameter der Untersuchungsmodalitäten berücksichtigt werden, ergibt sich aus dem Anspruch nicht. Es ist auch nicht erkennbar, dass die im Anspruch enthaltenen, außerhalb der Technik liegenden Anweisungen, insbesondere die Auswahl der Untersuchungs- oder Messprotokolle, in einer Weise in eine technische Anordnung umgesetzt wurde, die von dem üblichen Einsatz von Mitteln zur Datenverarbeitung, wie er in der D4 beschrieben ist, abweicht. Das "Verfahren zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten im Rahmen einer durchzuführenden Untersuchung eines Patienten" konnte daher nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anerkannt werden. 3. Der Anspruch 13 ist auf ein "System zur Verarbeitung medizinisch relevanter Daten im Rahmen einer durchzuführenden Untersuchung eines Patienten" gerichtet, das zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 ausgebildet sein soll. Über die im Anspruch 1 genannten Merkmale hinaus werden dort eine Wiedergabeeinrichtung und eine Kommunikationsverbindung genannt, mit denen die ausgewählten Protokolle an die Untersuchungsmodalitäten übertragen und angezeigt werden sollen. Eine solche Ausgestaltung des zur Durchführung des Verfahrens verwendeten Systems unterstellte der Fachmann bereits durch die Angaben im Anspruch 1, dass die Protokolle zu den Untersuchungsmodalitäten übertragen bzw. wiedergegeben werden. In soweit ergibt sich kein Anlass für eine andere Bewertung der Patentfähigkeit des Systems nach Anspruch 13 gegenüber dem Verfahren nach Anspruch 1. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006198
BPatG
München
25. Senat
20100701
25 W (pat) 4/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "Bringing Flavor to life" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die international registrierte Marke IR 842 286 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Bringing Flavor to life ist am 31. Mai 2004 für die Waren der Klassen 29 und 30 "Edible oils and fats, milk products, meat for human consumption (fresh, chilled or frozen), eggs, edible aquatic animals (not live), fresh, chilled or frozen, frozen vegetables, frozen fruits, processed meat products, processed fisheries products; processed vegetables and fruits; fried tofu pieces (abura-age), freeze-dried tofu pieces (Kohri-dofu), jelly made from devils' tongue root (Konnyaku), soybean milk (soy milk), tofu, fermented soybeans (Natto), processed eggs, stew and soup mixes, dried flakes of laver for sprinkling on rice in hot water (Ochazuke-nori), fermented soybean foods as side dishes (Name-mono), raw pulses, protein for human consumption. Binding agents for ice cream, meat tenderizers for household purposes, preparations for stiffening whipped cream, aromatic preparations for food (not from "essential oils"), tea, coffee and cocoa, ice, confectionery, bread and buns, seasonings, spices, ice cream mixes, sherbet mixes, unroasted coffee (unprocessed), cereal preparations, almond paste, Chinese stuffed dumplings (Gyoza, cooked), sandwiches, Chinese steamed dumplings (Shumai, cooked), sushi, fried balls of batter mix with small pieces of octopus (Takoyaki), steamed buns stuffed with minced meat (Niku-manjuh), hamburgers (prepared), pizzas (prepared), box lunches prepared with foodstuffs included in this class, hot dogs (prepared), meat pies (prepared), ravioli (prepared), yeast powder, fermenting matted rice (Koji), yeast, baking powder, instant confectionery mixes, by-product of rice for food (sake lees), husked rice, husked oats, husked barley, flour for food, gluten for food, curry mixes, seasoned powder made mainly from seaweed, sesame and dried egg for sprinkling on rice (Furi-kake)" unter der Nummer IR 842 286 als Marke international registriert worden. Die Markenstelle für Klasse 30 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der IR-Marke mit zwei Beschlüssen vom 17. November 2006 und vom 7. August 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass sich die Schutz suchende IR-Marke aus bekannten Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammensetze und von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres als Werbeslogan "Bringt Geschmack ins/zum Leben" verstanden werde. Bei Werbeslogans werde der Verkehr jedoch nur dann einen Hinweis auf eine betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren sehen, wenn die Werbewirkung der fraglichen Wortfolge nicht im Vordergrund stehe. Der Slogan "Bringing Flavor to Life" lasse aber in Verbindung mit den beanspruchten Waren, die alle dem Nahrungsmittelbereich zuzuordnen seien, einen eindeutigen Sinngehalt in Form einer werbeüblichen Anpreisung erkennen, nämlich, dass die so gekennzeichneten Waren einen intensiven und hervorragenden Geschmack hätten und dadurch Würze ins Leben brächten. Die Werbewirkung stehe hierbei im Vordergrund, so dass dem als IR-Marke registrierten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle und ihr der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu verweigern sei. Dagegen richtet sich die von der Markeninhaberin erhobene Beschwerde. Sie beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und der Schutz suchenden IR-Marke Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu bewilligen. Sie ist der Auffassung, dass der IR-Marke ausreichende Unterscheidungskraft zukomme. Bei der Wortfolge "Bringing Flavor to life" handele es um einen phantasievoll gebildeten Slogan. Die Bedeutungsvielfalt des Wortes "flavor", nämlich "Wohlgeruch", "Duft", "Aroma", "Blume", "Wohlgeschmack", "Würze" und "Geruch", stehe in Verbindung mit dem Wort "life", welches nicht nur konkret das Leben, sondern vielmehr das Lebensgefühl als solches bezeichne. Der Anfangsbestandteil "bringing" stelle eine Art Aufforderung zur Darbietung einer hiermit in Verbindung stehenden Dienstleistung dar. Die unter Berücksichtigung des englischen und amerikanischen Sprachgebrauchs sprachunüblich gebildete und zudem spruchartige Wortfolge sei für die beteiligten Verkehrskreise einprägsam und erinnerungsfähig. Dies vermittle den beteiligten Verkehrskreisen sinnfällig eine Herkunftsfunktion, wodurch auch die Unterscheidungskraft der IR-Marke begründet sei. Ferner sei der IR-Marke in Ländern wie den USA, Australien und Kanada, welche Englisch als Muttersprache hätten, Schutz gewährt worden. Mithin sei die Auffassung der Markenstelle, dass die Wortfolge "Bringing Flavor to Life" ohne weiteres von den inländischen Verkehrskreisen in dem von der Markenstelle unterstellten Sinne verstanden werde, nicht zutreffend; ansonsten wäre die Schutzfähigkeit in den genannten Ländern nicht bejaht worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Markeninhaberin, die zur mündlichen Verhandlung am 1. Juli 2010 nicht erschienen ist, und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin weist die IR-Marke 842 286 keine Unterscheidungskraft auf, so dass die Markenstelle zu Recht der IR-Marke den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert hat. (§§ 107, 113, 124, 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] - "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen - wie die vorliegend als IR-Marke registrierte Wortfolge - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 143 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Es ist auch nicht erforderlich, dass Slogans einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, wenn sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Slogans unterliegen aber auch keinen geringeren Schutzvoraussetzungen. So ist auch bei Werbeslogans die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn hinsichtlich der jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt: Diese kann z. B. darin bestehen, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK nicht entscheidend modifiziert. Auch wenn allein aus der Tatsache, dass es sich bei dem jeweiligen Zeichen um einen Werbeslogan handelt, nicht auf die fehlende Schutzfähigkeit dieses Zeichens geschlossen werden kann, so setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Hiervon ausgehend kommt der IR-Marke 842 286 keine Unterscheidungskraft zu. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, wird der Verkehr die aus einfachen Wörtern der englischen Sprache gebildete Wortfolge "Bringing Flavor to life" ohne weiteres und in erster Linie im Sinne von "Bringt Geschmack ins/zum Leben" verstehen. Dies stellt in Bezug auf die beanspruchten Waren, die allesamt entweder als Nahrungs- und Lebensmittel (einschl. Fertiggerichte und Tiefkühlgerichte bzw. -beilagen) oder als Bestandteile von bzw. Zutaten zu Nahrungs- und Lebensmitteln einschließlich auch geschmackgebender Zutaten dem Lebensmittelbereich zuzuordnen sind, eine deutlich beschreibende, naheliegende und von den beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres als solche zu verstehende Sachaussage dar. Denn damit wird in einer anpreisenden Weise die Beschaffenheit und die Eigenschaften dieser Waren als etwas, was Geschmack ins oder zum Leben bringt, ausgedrückt, wobei sich diese Bedeutung den beteiligten Verkehrskreisen in Bezug auf die konkreten, vorgenannten Waren hier geradezu aufdrängt. Auch wenn der verfahrensgegenständlichen IR-Marke in den USA, in Kanada und in Australien - aus welchem Grund auch immer - der Schutz nicht verweigert wurde, ändert dies nichts daran, dass es sich bei der vorgenannten Wortfolge um eine einfache Sachaussage in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren handelt, die der Verkehr als Anpreisung der Eigenschaften und Beschaffenheit dieser Waren sofort und ohne jede analysierende Betrachtungsweise erkennt, ohne dass ein darüber hinausgehender Sinngehalt ohne einen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren vermittelt wird. Ausländische Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken haben im Übrigen hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 30 und 34 m. w. N.). Die vorliegend als IR-Marke registrierte Wortfolge erschöpft sich mithin in einer gewöhnlichen Werbemitteilung und weist weder Originalität noch Prägnanz auf, die zumindest einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern würde. Die beteiligten Verkehrskreise werden diese Wortfolge daher nicht als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der vorliegend beanspruchten und mit dieser Wortfolge gekennzeichneten Waren sehen. Die Beschwerde bleibt daher ohne Erfolg.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006199
BPatG
München
26. Senat
20100714
26 W (pat) 51/10
Beschluss
§ 64 MarkenG, § 91 MarkenG, § 6 Abs 2 PatKostG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Zahlung der Erinnerungsgebühr – Arbeitsanweisung zur Führung eines Fristenkalenders – kein Organisationsverschulden – kein zurechenbares Verschulden des Markeninhabers
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 306 47 028 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 14. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: 1. Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. April 2010 aufgehoben. 2. Dem Markeninhaber wird Wiedereinsetzung in die Frist zur Einzahlung der Erinnerungsgebühr gewährt.
I Mit Beschluss vom 21. April 2008 hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts dem Widerspruch der Widersprechenden aus der Bildmarke EM 005 596 011 Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen gegen die Wortmarke 306 47 028 „MERNAYA“ stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Hiergegen legte der Markeninhaber mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 27. Mai 2008 Erinnerung ein. Die Erinnerungsgebühr wurde erst am 26. September 2008 entrichtet. Mit Schriftsatz vom selben Tage hat der Markeninhaber Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr beantragt. Zur Begründung wurde ausgeführt, die mit der Überwachung der Fristen in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten des Markeninhabers beauftragte, stets zuverlässige Büroleiterin H… habe unter Missachtung einer entsprechenden Weisung von Rechtsanwalt S… versäumt, neben der Frist zur Einlegung der Erinnerung auch die Frist zur Einzahlung der Erinnerungsgebühr im Fristenkalender zu vermerken. Die ausstehende Einzahlung der Erinnerungsgebühr sei infolgedessen erst nach Fristablauf entdeckt worden. Mit Beschluss vom 1. April 2010 hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und festgestellt, dass die Erinnerung des Markeninhabers als nicht erhoben gelte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Versäumnis liege ein Organisationsverschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Markeninhabers zugrunde, das sich dieser zurechnen lassen müsse. Dessen Vortrag lasse sich nämlich nicht entnehmen, dass ein Erledigungsvermerk hinsichtlich der Bezahlung der Erinnerungsgebühr in die Handakte einzutragen sei, um dem Anwalt bei Vorlage der Fristsache vor Fristablauf eine wirksame Fristenkontrolle anhand der Handakte zu ermöglichen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Seiner Auffassung nach stelle das Deutsche Patent- und Markenamt zu hohe Anforderungen an die im Zusammenhang mit der Fristenkontrolle einzuhaltenden Sorgfaltspflichten eines Anwalts. Diesem sei unbenommen gewesen, die Büroleiterin mit der selbständigen Erledigung der Zahlungsfristen zu beauftragen. Nach Erteilung der Anweisung, die Zahlungsfristen in den Fristenkalender einzutragen, sei sein Verfahrensbevollmächtigter nicht gehalten gewesen, die ordnungsgemäße Ausführung dieser Anweisung anhand eines Erledigungsvermerks in der Handakte im Einzelfall zu überwachen. Der Markeninhaber beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. April 2010 aufzuheben und ihn in die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr wiedereinzusetzen. II Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist begründet. 1. Der Markeninhaber hat die Frist zur Einzahlung der Erinnerungsgebühr versäumt. Gemäß § 64a MarkenG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG wird die Erinnerungsgebühr mit der Einlegung der Erinnerung fällig. Sie ist nach § 64a MarkenG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG innerhalb der einmonatigen Erinnerungsfrist des § 64 Abs. 2 MarkenG einzubezahlen (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 64 Rn. 6). Der mit der Erinnerung angegriffene Beschluss der Markenstelle vom 21. April 2008 ist dem Markeninhaber über seinen Verfahrensbevollmächtigten am 30. April 2008 zugestellt worden. Die Einzahlung der Erinnerungsgebühr vom 26. September 2008 erfolgte nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses vom 21. April 2008 und war mithin verspätet. 2.a) Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig, insbesondere ist die Antragsfrist des § 91 Abs. 2 MarkenG eingehalten. Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn der Säumige oder sein Vertreter bei der Aufwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann (vgl. Schulte , PatG, 8. Aufl. 2008, § 123 Rn. 27). Hindernis für die versäumte Zahlung der Erinnerungsgebühr war der fehlende Eintrag der Zahlungsfrist in den Fristenkalender, der den Angaben des Markeninhabers zufolge erst nach Zugang der Mitteilung des Markenstelle vom 31. Juli 2008, wonach die Erinnerungsgebühr nicht einbezahlt sei, am 6. August 2008 entdeckt wurde. Hiervon ausgehend ist der Wiedereinsetzungsantrag vom 26. September 2008 rechtzeitig. Dies gilt auch für die am 29. September 2008 erfolgte Zahlung der Erinnerungsgebühr, mit der die versäumte Handlung nachgeholt wurde (§ 91 Abs. 4 Satz 1 MarkenG). b) Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Antragsteller glaubhaft darlegt, dass er ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten, deren Versäumnis nach den gesetzlichen Vorschriften einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Dem Antragsteller ist dabei das Verschulden eines Bevollmächtigten im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Bei der Beurteilung des Verschuldens ist als Maßstab die Beachtung der üblichen, im Einzelfall zumutbaren Sorgfalt zugrunde zu legen, wobei die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden dürfen (vgl. BGH NJW 1985, 1709, 1710; BPatGE 24, 127, 129; BPatGE 24, 140, 142; Schulte a. a. O., § 123 Rn. 78 m. w. N.). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Anwalt einfache Verrichtungen wie die Notierung und Überwachung der üblichen und häufig vorkommenden Fristen grundsätzlich seinem Büropersonal zur selbständigen Erledigung übertragen kann, sofern es sich hierbei - was den glaubhaft gemachten Ausführungen des Markeninhabers in Richtung auf die Büroleiterin H… zutrifft - um geschultes, zuverlässig erprobtes und sorgfältig überwachtes Personal handelt (vgl. BGH GRUR 2008, 837, 838 - Münchner Weißwurst ; BGH NJW 2006, 1070; NJW 2006, 1520; NJW 2007, 1453). Aufgrund - wie ebenfalls glaubhaft gemacht wurde - entsprechender Arbeitsanweisungen und weiterer im Rahmen der Büroorganisation getroffener Maßnahmen wie das Führen eines Fristenkalenders war in ausreichendem Maße dafür Sorge getragen worden, dass bei normalem Verlauf der Dinge die Frist zur Einzahlung der Erinnerungsgebühr gewahrt worden wäre (vgl. Kober-Dehm in Ströbele/Hacker a. a. O., § 91 Rn. 15). Bei dieser Sachlage bedurfte es entgegen der Auffassung der Markenstelle keiner Überprüfung durch den Verfahrensbevollmächtigten des Markeninhabers, ob seine Anweisungen zur Führung des Fristenkalenders im Einzelfall von seinem Personal auch beachtet wurden. Ebenso wenig war der Anwalt des Markeninhabers gehalten, auf einen Erledigungsvermerk in Richtung auf die Bezahlung der Erinnerungsgebühr in der Handakte hinzuwirken. Mangels eines dem Markeninhaber zuzurechnenden Verschuldens seines Verfahrensbevollmächtigten am verfahrensgegenständlichen Fristversäumnis war der Beschwerde stattzugeben und gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Markeninhaber in die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr wiedereinzusetzen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006203
BPatG
München
27. Senat
20100628
27 W (pat) 31/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PhotoPerfect" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 307 45 251.4 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. Juni 2010 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden und die Richter Lehner und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zunächst mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 10. Dezember 2007 die für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Computer; Computerbetriebsprogramme (gespeichert); Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); Computersoftware (gespeichert); optische Apparate und Instrumente; Objektive; Spielprogramme für Computer; Videokameras Klasse 16: Bilder; Bücher; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Handbücher; Kalender; Karten; Kataloge; Lehr- und Unterrichtsmittel; Papier; Postkarten; Prospekte; Zeitschriften; Zeitungen Klasse 28: Spiele; Spielzeug Klasse 35: Aktualisieren von Werbematerial; Dateienverwaltung mittels Computer; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Erstellen von Statistiken; Herausgabe von Werbetexten; kommerzielle Verwaltung und Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Kundengewinnung und  pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing (Absatzforschung); Marketing auch in digitalen Netzen; Marktforschung; Meinungsforschung; Merchandising; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; Organisation von Ausstellungsmessen für wirtschaftliche und Werbezwecke; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Präsentation von Waren in Kommunikationsmedien, für den Einzelhandel; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verfassung von Werbetexten; Verkaufsförderung (Salespromotion) (für Dritte); Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet (Bannerexchange); Vermietung von Werbeflächen; Vermietung von Werbematerial; Vermittlung von Adressen; Werbung im Internet für Dritte; Werbung; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken Klasse 38: Bereitstellen des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im Internet; Bereitstellen von Internetzugängen (Software); Bereitstellen von Internet-Chatrooms; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internetadressen Klasse 40: Erstellen von fotografischen Abzügen; Filmbearbeitung; Fotosatzarbeiten Klasse 41: Aufzeichnung von Videobändern; Bereitstellen von elektronischen Publikationen; Betrieb von Feriencamps; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Dienstleistung bezüglich Freizeitveranstaltung; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); digitaler Bilderdienst; Erstellen von Bildreportagen; Erstellen von Untertiteln; Fernkurse; Fernunterricht; Filmproduktion; Filmverleih (Vermietung von Kinofilmen); Fotografieren; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form, ausgenommen für Werbezwecke; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronsicher Form auch im Internet; Information über Veranstaltungen (Unterhaltung); Onlinepublikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien; Unterhaltung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung, Unterhaltung); Verfassen von Drehbüchern; Verfassen von Texten; Veröffentlichung von Büchern Klasse 42: Aktualisieren von Computersoftware; Aktualisieren von Internetseiten; Benutzer- und Rechteverwaltung in Computernetzwerken; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Computersoftwareberatung; Design von Computersoftware; Dienstleistung eines Grafikers; digitale Bildbearbeitung; Erstellung von Computeranimationen; Hard- und Softwareberatung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Installation und Wartung von Software für Internetzugänge; Installieren von Computerprogrammen; Recherchen in Datenbanken und im Internet für Wissenschaft und Forschung; Pflege und Installation von Software; Vermietung von Computersoftware; Vermietung von Webservern; Wartung von Computersoftware Klasse 45: Lizenzierung von Software erfolgte Anmeldung der Kennzeichnung PhotoPerfect teilweise für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Computer; Computerbetriebsprogramme (gespeichert); Computerprogramme (gespeichert); Computerprogramme (herunterladbar); Computersoftware (gespeichert); optische Apparate und Instrumente; Objektive; Spielprogramme für Computer; Videokameras Klasse 16: Bilder; Bücher; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Handbücher; Kalender; Karten; Kataloge; Lehr- und Unterrichtsmittel; Papier; Postkarten; Prospekte; Zeitschriften; Zeitungen Klasse 35: Aktualisieren von Werbematerial; Dateienverwaltung mittels Computer; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Herausgabe von Werbetexten; kommerzielle Verwaltung und Lizenzierung von Waren und Dienstleistungen für Dritte; Kundengewinnung und -pflege durch Versandwerbung (Mailing); Marketing auch in digitalen Netzen; Merchandising; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Präsentation von Waren in Kommunikationsmedien, für den Einzelhandel; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Verfassung von Werbetexten; Verkaufsförderung (Salespromotion) (für Dritte); Vermietung von Werbematerial; Vermittlung von Adressen; Werbung im Internet für Dritte; Werbung; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken Klasse 38: Bereitstellen des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im Internet; Bereitstellen von Internetzugängen (Software); Bereitstellen von Internet-Chatrooms; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Portalen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internetadressen Klasse 40: Erstellen von fotografischen Abzügen; Filmbearbeitung; Fotosatzarbeiten Klasse 41: Aufzeichnung von Videobändern; Bereitstellen von elektronischen Publikationen; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); digitaler Bilderdienst; Erstellen von Bildreportagen; Erstellen von Untertiteln; Fernkurse; Fernunterricht; Filmproduktion; Fotografieren; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form, ausgenommen für Werbezwecke; Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form auch im Internet; Onlinepublikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung, Unterhaltung); Verfassen von Drehbüchern; Verfassen von Texten; Veröffentlichung von Büchern Klasse 42: Aktualisieren von Computersoftware; Aktualisieren von Internetseiten; Benutzer- und Rechteverwaltung in Computernetzwerken; Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten; Computersoftwareberatung; Design von Computersoftware; Dienstleistung eines Grafikers; digitale Bildbearbeitung; Erstellung von Computeranimationen; Hard- und Softwareberatung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; Recherchen in Datenbanken und im Internet für Wissenschaft und Forschung; Wartung von Computersoftware nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 17. November 2009 den vorgenannten Beschluss aufgehoben, soweit hierin die Anmeldung für „Spielprogramme für Computer“ zurückgewiesen worden war; im Übrigen hatte die Erinnerung keinen Erfolg. Die teilweise Zurückweisung ist damit begründet, dass das aus dem Substantiv „Photo“ und dem als „ideal, ohne Fehler; frei von Mängeln; vollkommen“ zu verstehenden Adjektiv „Perfect“ bestehende Zeichen vom Publikum in seiner Gesamtheit nur als ein Hinweis auf ein „Foto ohne Fehler“, also ein „perfektes Foto“ aufgefasst werde. Hierbei handele es sich um eine Aneinanderreihung von schlagwortartigen Ausdrücken mit beschreibendem Charakter, wie sie in der Werbung auf allen Gebieten allgemein üblich seien, was auch für die Hintanstellung des Adjektivs gelte; die grammatikalische Abweichung führe daher nicht dazu, dass das angesprochene Publikum in der angemeldeten Bezeichnung „PhotoPerfect“ lediglich ein Phantasiewort und keinen Sachhinweis erkenne. An dem erkennbaren Sinngehalt ändere sich auch nichts durch die Binnengroßschreibung und den fehlenden lexikalischen Nachweis. In dieser Bedeutung liege aber für alle zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen ein bloßer Sachhinweis vor. Denn diese Waren könnten dazu eingesetzt werden, „perfekte Fotos“ durch Bearbeitung zu erzielen, zu erstellen oder wiederzugeben, und die zurückgewiesenen Dienstleistungen könnten das „perfekte Foto“ zum Gegenstand haben oder sich thematisch hiermit befassen. An der fehlenden Schutzfähigkeit ändere sich auch nichts durch den Hinweis der Anmelderin auf die Eintragung „WORDPERFECT“, da zum einen diese erst aufgrund einer Entscheidung des Bundespatentgerichts erfolgt sei und damit keine Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamt widerspiegele, und zum anderen aus Voreintragungen kein Anspruch auf Eintragung später angemeldeter Marken hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie über ausreichende Unterscheidungskraft verfüge. Sie sei sprachregelwidrig gebildet und eigentümlich und werde vom Verkehr als Unterscheidungsmittel verstanden. Die angefochtenen Entscheidungen ließen einen hinreichend engen beschreibenden Bezug zu den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nicht erkennen und führten dies auch nicht konkret für diese Waren und Dienstleistungen aus. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts 17. November 2009 aufzuheben, soweit die Erinnerung zurückgewiesen worden sei, und die Eintragung der angemeldeten Marke auch für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu beschließen. II. A. Da die Anmelderin keinen (Hilfs-)Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat eine solche auch nicht für sachdienlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. B. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Umfang ihrer Zurückweisung mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist. a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD). c) Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt und was auch die Anmelderin im Beschwerdeverfahren nicht bestritten hat, ist die Anmeldemarke für den Verkehr erkennbar aus den beiden Bestandteilen „Photo“ und „Perfect“ gebildet, was sich insbesondere aus der Binnengroßschreibung des Buchstabens „P“ ergibt, bei dem es sich um eine insbesondere in der Werbung vielfältig benutzte Schreibweise handelt. Da die beiden Wörter nicht nur zum einfachsten englischen Grundwortschatz gehören, sondern auch ihren deutschen Übersetzungen („Foto“ und „perfekt“) weitgehend entsprechen, werden breiteste Teile des von den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen angesprochenen Publikums die Marke ohne Weiteres im Sinne von „Foto perfekt“ und damit als „perfektes Foto“ verstehen. Dass das Adjektiv hintangestellt ist, ändert an diesem spontanen Verständnis der Anmeldemarke nichts. Die Ansicht der Anmelderin, es handele es sich hierbei um eine sprachregelwidrige Bildung, ist schon für die englische Sprache nicht richtig; zwar ist dort üblicherweise - wie in der deutschen Sprache - das Adjektiv dem Substantiv vorangestellt, trotzdem findet sich - wie dem Senat aus eigener Kenntnis bekannt ist - die in der Anmeldemarke gewählte grammatikalische Form - wie im Übrigen auch im deutschen Sprachkreis - vielfältig etwa in poetischen Texten, an denen sich wiederum die Werbesprache sowohl in englisch- als auch in deutschsprachigen Ländern bevorzugt orientiert, weil in beiden Fällen ein sprachliches Bedürfnis an der möglichst knappen, einprägsamen und möglichst umfassenden Benennung von Sachverhalten besteht. Ungeachtet dessen ist es dem menschlichen Sprachverständnis eigen, auch bislang ungewohnten Sprachgebilden eine Bedeutung zuzuweisen, die in aller Regel ausgehend von den bisherigen Sprachgewohnheiten gebildet wird (vgl. BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Bei der erkennbaren Hintanstellung von Adjektiven liegt es für denjenigen, welcher der Bezeichnung entgegentritt, aber insbesondere aufgrund seiner Gewöhnung aus poetischen und Werbetexten nahe, die Hintanstellung durch die sprachübliche Voranstellung aufzulösen und die entsprechend gebildete Substantiv-Adjektiv-Kombination wie eine Adjektiv-Substantiv-Kombination zu verstehen. Es ist daher nichts dafür zu erkennen, was dagegen spräche, dass das angesprochene Publikum die Anmeldemarke „PhotoPerfect“ nicht im Sinne von „perfect photo“ bzw. - weitgehend gleichlautend in der deutschen Sprache von: - „perfektes Foto“ spontan versteht. c) In dieser Bedeutung liegt es für den Verkehr aber nahe, der Anmeldemarke für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nur einen beschreibenden Hinweis auf ihre möglichen einzelnen Merkmale zu entnehmen. Die Markenstelle hat dies im Einzelnen zutreffend ausgeführt; diesen Ausführungen schließt sich der Senat an, da es offensichtlich ist, dass die Erstellung „perfekter Fotos“ als Inhalt, Gegenstand, Thema oder Ziel von konkreten einzelnen Waren und Dienstleistungen, welche unter die von der Zurückweisung betroffenen Oberbegriffe im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldemarke fallen können, in Betracht kommen kann. Soweit die Anmelderin hiergegen in ihrer Beschwerdebegründung Einwendungen erhoben hat, verkennt sie, dass es für die Zurückweisung bereits ausreicht, wenn eine einzige konkrete Ware, welche unter die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen Oberbegriffe fallen kann, in einem einzigen von mehreren ihnen möglicherweise zukommenden Merkmalen durch die angemeldete Bezeichnung beschrieben werden kann. Soweit sie sich darauf beruft, unter diese Oberbegriffe fielen auch Waren, für welche die Eignung zur Herstellung perfekter Fotos nicht in Betracht komme, ist dies daher irrelevant. Teilweise sind die Einwendungen auch unzutreffend, wie etwa dass es Computer nur zur Erstellung von Fotos nicht gebe und dem Verbraucher nicht bekannt sei; denn wie etwa der bekannte „Kodak Picture Kiosk“ zeigt, der sich in vielen Geschäften - darunter zahlreiche Drogeriemärkte - findet und allein der unmittelbar vom Verbraucher bedienten und hierbei durch Computer gesteuerten Herstellung von Papierabzügen von digital aufgenommenen Fotografien dient, ist das Gegenteil der Fall. Insgesamt sind die Einwendungen der Anmelderin damit nicht geeignet, die zutreffenden Feststellungen der Markenstelle in Frage zu stellen. d) Soweit die Anmelderin sich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Ungeachtet der von der Markenstelle (im Ansatz aber zutreffend) aufgeworfenen Frage, ob die erst durch einen Beschluss des Bundespatentgerichts bewirkte Eintragung hierfür überhaupt ausreichen kann, leitet sich aus der Schutzgewährung für andere Marken kein Anspruch auf Eintragung ab. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus); GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS). 2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006205
BPatG
München
21. Senat
20100708
21 W (pat) 328/06
Beschluss
§ 7 Abs 2 PatG, § 20 Abs 1 Nr 3 PatG, § 21 Abs 1 Nr 3 PatG, § 59 PatG, § 61 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren – "Chirurgisches Krallenschneidwerkzeug" - auf widerrechtliche Entnahme gestützter Einspruch - Patent wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen - Einsprechenden hat Rechtsschutzbedürfnis für rückwirkenden Widerruf des Patents - ein solcher Widerruf eröffnet die Möglichkeit einer prioritätserhaltenden Nachanmeldung
In der Einspruchssache gegen das Patent DE 10 2004 011 012 … hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Baumgärtner, Dipl.-Phys. Dr. Müller und Dipl.-Ing. Veit beschlossen: Das Einspruchsverfahren ist in der Hauptsache erledigt.
I. Gegen das Patent DE 10 2004 011 012 mit der Bezeichnung "Chirurgisches Krallenschneidwerkzeug", dessen Erteilung am 9. März 2006 veröffentlicht worden ist, hat der Einsprechende am 3. Juni 2006 Einspruch erhoben, den er auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützt hat. Zur Begründung trägt er vor, er habe wesentliche Inhalte des Streitpatents entwickelt, die er dem Patentinhaber im Vertrauen auf eine vertragliche Vereinbarung, die u. a. seine Benennung als Miterfinder zum Gegenstand gehabt habe, offenbart habe. Nachdem er auf der Patentschrift jedoch nicht als Miterfinder genannt worden sei, müsse er davon ausgehen, dass der Patentinhaber die Erfindung widerrechtlich als alleiniger Erfinder angemeldet habe. Der Einsprechende hat sinngemäß beantragt, das Patent DE 10 2004 011 012 zu widerrufen, während der Patentinhaber der Auffassung war, der Einspruch sei als unzulässig zu verwerfen jedenfalls aber sei das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten. Der Patentinhaber trägt vor, dass der Einsprechende für sich eine Miterfinderschaft, d. h. eine Mitberechtigung an dem Streitpatent beanspruche. Daher komme ein Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme nicht in Betracht. Im Übrigen sei das Patent von dem berechtigten Patentbesitzer angemeldet und diesem auch erteilt worden. Das Streitpatent ist mittlerweile wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr für das fünfte Patentjahr erloschen. Der Einsprechende hat auf die Aufforderung des Senatsrechtspflegers vom 20. November 2009, innerhalb von 4 Wochen ein Rechtsschutzbedürfnis für den rückwirkenden Widerruf des Patents geltend zu machen, nicht geantwortet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen. II. 1. Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 449 f. - Rundsteckverbinder). Dies gilt auch für die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs (vgl. BPatGE 46, 247 ff.). 2. Das Streitpatent ist wegen der Nichtzahlung der Jahresgebühr gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG seit 1. Oktober 2009 mit Wirkung für die Zukunft erloschen. Damit ist das Einspruchsverfahren erledigt. 2.1. Die Frage, ob nur bei einem zulässigen Einspruch die Erledigung eines Einspruchsverfahrens festgestellt werden kann, kann hier offen bleiben (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 30. Aufl. 2009, § 91a Rn. 33). Denn entgegen der Auffassung des Patentinhabers war der Einspruch zulässig. Der Einsprechende hat zum Einen ausdrücklich den Widerrufsgrund des § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG geltend gemacht und zum Anderen innerhalb der Einspruchsfrist mit den am 3. und am 7. Juni 2006 eingegangenen Schriftsätzen den Sachverhalt im Einzelnen dargelegt, durch den er den Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme als gegeben ansieht. Dies ist für die Zulässigkeit des Einspruchs ausreichend (BGH GRUR 2009, 1098 ff. - Leistungshalbleiterbauelement).Eine Einspruchsbegründung genügt der formellen gesetzlichen Anforderung, wenn sie die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt, dass der Patentinhaber und das Patentamt oder das Bundespatentgericht daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen des geltend gemachten Widerrufsgrunds ziehen können (BGH GRUR 1993, 651 ff. - Tetraploide Kamille). Der Vortrag muss erkennen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann (BGH GRUR 1997, 740 - Tabakdose). Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe liege vor, muss die überprüfbare Tatsachenangabe sich außerdem auf den geltend gemachten Widerrufsgrund beziehen (BGHZ 100, 243, 246 - Streichgarn). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die vom Patentinhaber zitierte Entscheidung BPatGE 47, 28 ff. – Mehrheit von Erfindungsbesitzern, betrifft einen anderen Sachverhalt und ist daher hier nicht einschlägig. Ob die vom Einsprechenden vorgetragenen Tatsachen den Widerruf auch tatsächlich rechtfertigen, ist keine Frage der an die Einspruchsschrift zu stellenden förmlichen Anforderungen mehr, sondern eine solche der Begründetheit BGH a. a. O. - Leistungshalbleiterbauelement). 2.2. Obwohl der Einspruch auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme gestützt ist, der nur vom Verletzten geltend gemacht werden kann, und trotz dessen grundsätzlich bestehenden Nachanmelderechts führt das Erlöschen des Patents im vorliegenden Fall zur Erledigung des Einspruchsverfahrens. 2.2.1. Denn in der Person des Einsprechenden besteht nach dem Wegfall des Patents kein weiteres rechtliches Interesse für einen Widerruf für die Restlaufzeit, da insoweit das mit dem Einspruch angestrebte Ziel erreicht ist. 2.2.2. Zwar hat ein wegen widerrechtlicher Entnahme Einsprechender wegen des Nachanmelderechts des § 7 Abs. 2 PatG stets ein Rechtsschutzbedürfnis für einen rückwirkenden Widerruf, da – mit Ausnahme eines hier nicht gegebenen Verzichts – nur ein solcher Widerruf die Möglichkeit einer prioritätserhaltenden Nachanmeldung eröffnet. Es ist daher im Allgemeinen nie erforderlich, dass bei einem auf widerrechtliche Entnahme gestützten Einspruch nach Erlöschen des Patents wie im vorliegenden Fall ein solches Rechtsschutzinteresse ausdrücklich geltend gemacht wird. Hiervon besteht nach Auffassung des erkennenden Senats allerdings dann eine Ausnahme, wenn durch die Fortsetzung des Einspruchsverfahrens das Ziel des Widerrufs aufgrund des eigenen Sachvortrags des Einsprechenden nicht erreicht werden kann, da dann auch die Möglichkeit einer Nachanmeldung nach § 7 Abs. 2 PatG nicht besteht. Der Einsprechende macht vorliegend nicht geltend, er sei der alleinige Erfinder des chirurgischen Schneidwerkzeugs gewesen. Vielmehr räumt er einen eigenen Beitrag des Anmelders und Patentinhabers und damit ein, dass dieser Miterfinder ist. Daher ist der Einsprechende kein "anderer" im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG. Bei dieser Sachlage scheidet ein Widerruf des Patents aus (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl. 2006, Rn. 21 zu § 21; Busse, PatG, 6. Aufl. 2003, Rn. 51 zu § 21, je m. w. N.). Auf die vom Patentinhaber behauptete Alleinberechtigung kommt es für die hier allein relevante Frage, ob der Einsprechende einen Widerruf des Streitpatents erreichen könnte nicht an. 3. Das Einspruchsverfahren ist damit erledigt, was nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats im Beschlusswege auszusprechen ist (BPatGE 51, 128 ff. - Radauswuchtmaschine).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006206
BPatG
München
27. Senat
20100607
27 W (pat) 99/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Heidjer Cup" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 40 165.7 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2010 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden, Richter Lehner und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 21. Mai 2008 und vom 16. Dezember 2008 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Durchführung von Werbeveranstaltungen für Dritte; Erziehung und Unterricht, nämlich Erwachsenenbildung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Organisation und Durchführung von Workshops; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Kommunikations- und Führungstraining" zurückgewiesen worden ist.
I. Die am 28. Juni 2006 für die Dienstleistungen "Durchführung von Werbeveranstaltungen für Dritte; Coaching; Dienstleistungen im Bereich der Freizeitgestaltung; Organisation und Durchführung von Incentive Veranstaltungen und Teamtraining; Organisation und Durchführung von sportlichen Wettbewerben und Wettbewerben zu Zwecken der Unterhaltung und des Teamtrainings; Erziehung und Unterricht, insbesondere in der Erwachsenenbildung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Organisation und Durchführung von Workshops; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Kommunikations- und Führungstraining" angemeldete Wortmarke Heidjer Cup ist von der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts mit zwei Beschlüssen vom 21. Mai 2008 und vom 10. Dezember 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren erging, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Die Gesamtbezeichnung " Heidjers Cup" sei aus einem Begriff der plattdeutschen Sprache " Heidjer " und dem englischen "Cup" zusammengesetzt, der jedoch bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. " Heidjer " bezeichne einen "Heidebewohner" allgemein, der Begriff stehe nicht nur - aber auch - für die Einwohner der Lüneburger Heide. Der Bestandteil "Cup" habe die Bedeutung "Pokalwettbewerb" bzw. bezeichne den Pokal selbst. Die angemeldete Bezeichnung " Heidjer Cup" bringe zum Ausdruck, dass die Dienstleistungen geeignet seien, rund um einen Pokalwettbewerb zwischen und für Bewohner der (Lüneburger) Heide erbracht zu werden. Als Werbung verstandenen Ausdrücken der deutschen Sprache, auch in einer Mundart, fehle die Unterscheidungskraft. Es sei naheliegend, mit mundartlichen Bezeichnungen zu werben, um unterschwellig die mit der Region verbundenen positiven Vorstellungen anzusprechen. Dies treffe auch auf den vorliegend angemeldeten Ausdruck " Heidjer Cup" bezüglich Veranstaltungsdienstleistungen zu, es solle damit für sportliche/Freizeitveranstaltungen geworben werden, die in einer Heide-Region (auch der Lüneburger Heide) unter Pokalverleihung durchgeführt würden. In jeder der aufgezeigten Verständnisvarianten (Heide allgemein oder Lüneburger Heide) komme dem Wort ein dienstleistungsbeschreibender Sinngehalt zu, der die Eignung zur Betriebskennzeichnung ausschließe. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Amtsverfahren vertritt der Anmelder weiterhin die Auffassung, die angemeldete Bezeichnung sei unterscheidungskräftig. Das Gesamtzeichen " Heidjer Cup" sei eine besondere, für den Durchschnittsverbraucher unerwartete Wortzusammenstellung, als Gesamtzeichen sei es im Verkehr und/oder in der Werbung nicht gebräuchlich und ihm könne für die fraglichen Dienstleistungen kein im Vordergrund beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden. Das erkennbar plattdeutsche, mithin eine bodenständige Anmutung hervorrufende Wort " Heidjer " stehe generell für den Heidebewohner bzw. für den Heidebauern ohne einen konkreten örtlichen Bezug, erst recht nicht für die Lüneburger Heide. In der Zusammensetzung mit "Cup", einem erkennbar mehrdeutigen "modern"-assoziativen Anglizismus erfahre die Wortkombination in den Anmutungen eine ungewöhnliche Spannung, die sich der Festlegung eines konkreten Inhalts in den Weg stelle. Damit sei zugleich belegt, dass durch das Gesamtzeichen ein von der bloßen Zusammenfügung seiner Bestandteile wesentlich abweichender Eindruck entstehe. Die im angefochtenen Beschluss angenommene Bedeutung von "Cup" im Sinne von "Pokalwettbewerb" stehe beim Verständnis der Wortkombination " Heidjer Cup" ganz sicher nicht im Vordergrund. "Cup" habe keineswegs nur diesen Aussagegehalt, innerhalb der Gesamtbezeichnung ohnehin nicht. Die vom angefochtenen Beschluss vorgenommene Reduktion, die Gesamtkombination beschreibe einen "Pokalwettbewerb zwischen und für Bewohner der (Lüneburger) Heide" und die mit der Marke so bezeichneten Dienstleistungen seien (daher) solche, die geeignet seien, "rund um (so) einen Pokalwettbewerb erbracht zu werden", sei demgemäß eine unzulässig analytisch-zergliedernde Betrachtungsweise der Einzelbestandteile der Marke. Dass das erst recht nicht für die Gesamtheit der im Eintragungsantrag aufgeführten Dienstleistungen gelten könne, liege auf der Hand. Die Schwammigkeit und Mehrdeutigkeit der Bezeichnung mache sie als bloß beschreibende Angabe gerade ungeeignet. In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder auf Vorschlag des Senats das Dienstleistungsverzeichnis auf folgende Dienstleistungen beschränkt: "Durchführung von Werbeveranstaltungen für Dritte; Erziehung und Unterricht, nämlich Erwachsenenbildung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Organisation und Durchführung von Workshops; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Kommunikations- und Führungstraining". II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung eingeschränkten Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg. Insoweit stehen einer Eintragung weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, noch das einer Merkmalsbezeichnung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (EuGH GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das (die) vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Für die erforderliche Unterscheidungskraft reicht es aus, dass der der Wortmarke entnehmbare Bedeutungsgehalt unscharf ist und ohne ergänzende weitere Angaben sich ein eindeutig beschreibender Inhalt nicht erkennen lässt (BGH GRUR 2000, 323 - Partner with the Best). Für die jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen stellt " Heidjer Cup" keine im Vordergrund des Verständnisses stehende Sachangabe dar. Mit der Markenstelle geht der Senat zwar davon aus, dass jedenfalls erhebliche Teile der norddeutschen Bevölkerungskreise und damit ein nicht unbedeutender Teil des angesprochenen Publikums die Marke " Heidjer Cup" als Hinweis auf einen Pokalwettbewerb in einer Heideregion (z. B. der Lüneburger Heide) verstehen wird. Es liegt jedoch nicht wirklich nahe, dass anlässlich von Veranstaltungen auf dem Gebiet von Werbung, Ausbildung, Workshops, Seminaren und Personalführung ein Pokal verliehen wird. Dies lässt sich auch nicht den von der Markenstelle ermittelten Internetbelegen entnehmen, die sich im Wesentlichen mit den nicht mehr beanspruchten Dienstleistungen auf dem Gebiet von sportlichen Wettkämpfen befassen. Für ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sieht der Senat mangels eines inhaltsbeschreibenden Gehalts der Marke für die jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
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JURE109006207
BPatG
München
27. Senat
20100628
27 W (pat) 200/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Gekreuzte Schwerter mit Fisch (Bildmarke)/Gekreuzte Schwerter (Bildmarke)" – Warenidentität – hohe Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 32 894 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Kruppa und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die am 22. Mai 2006 angemeldete und am 18. Oktober 2006 eingetragene Wort-/Bildmarke 306 32 894 hat die Widersprechende am 19. Dezember 2006 aus ihrer am 20. August 1990 angemeldeten Wort-/Bildmarke 1184201 die seit 17. März 1992 für Kaffee-, Tee-, Mokka- und Speiseservices sowie Figuren aus Porzellan, Plastiken aus Porzellan und Feinsteinzeug; Geschenkartikel aus Porzellan, Glas und Feinsteinzeug; Vasen, Schalen, Dosen, Trinkgläser, auch aus Glas; Essbestecke aus Silber, versilbert und aus Stahl; Wandplatten und Wandbilder aus Porzellan und Keramik; Fliesen; Spiele, ganz oder teilweise aus Porzellan oder Feinsteinzeug; Spielzeug, nämlich Figuren aus Porzellan oder aus Porzellan und Glas/Keramik; Beleuchtungsgeräte; Haus- und Küchengeräte aus Porzellan, Glas, Keramik, Edelmetallen; Kunstgegenstände, Kochgeräte, Baustoffe, Uhren aus Porzellan, Glas und Keramik; Modeschmuck, Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Papierwaren, nämlich Schreibpapier; Plastiktüten, Druckereierzeugnisse, Büroartikel, nämlich nichtelektrische Bürogeräte; Aufkleber, Lederwaren, nämlich Taschen, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Koffer, Gürtel; Textilstoffe, Textilhandtücher, Tisch- und Bettwäsche; Tabakdosen; Zigarettenartikel, nämlich Zigarettenpapier, Zigarettenhülsen, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Zigarren- und Zigarettenetuis, Aschenbecher (sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert); Feuerzeuge, Streichhölzer, Parfüme, Kosmetika eingetragen ist, Widerspruch eingelegt, den sie am 24. Juni 2008 auf die von der angegriffenen Marke u. a. beanspruchten Waren der Klasse 21 beschränkt hat, nämlich auf Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und/oder Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Putzzeug; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Abfalleimer; Abschminkgeräte (nicht elektrisch); Aerosolzerstäuber, nicht für medizinische Zwecke; Babybadewannen (tragbare); Babyflaschenwärmer (nicht elektrisch); Becher, nicht aus Edelmetall; Behälter für Haushalt und Küche, nicht aus Edelmetall; bemalte Glaswaren; Bierkrüge; Blumentöpfe und Blumenübertöpfe, nicht aus Papier; Bonbonnieren, nicht aus Edelmetall; Brotbretter; Brotkästen; Brotkörbe; Bürsten und Bürstenwaren, soweit in Klasse 21 enthalten; Büsten, Figuren, Statuen und/oder Statuetten aus Porzellan, Ton oder Glas; Butterdosen; Eierbecher, nicht aus Edelmetall; Eimer aller Art; Eiskübel; Flaschen; Flaschenöffner; Gefäße, nicht aus Edelmetall, für Haushalt oder Küche; Gießkannen; Glasbehälter; Gläser (Gefäße); Glaskugeln; Glasmosaiken, nicht für Bauzwecke; Isolierbehälter, -gefäße, -flaschen, insbesondere Kühltaschen; Kämme; Kammetuis; Kannen, Krüge und/oder Karaffen, nicht aus Edelmetall; Keksdosen; Keramikerzeugnisse für den Haushalt; Kochgeschirr; Korkenzieher; kosmetische Geräte; Kristallglaswaren; Kuchenformen; Nachttöpfe; Nagelbürsten; Obstschalen; Opalglaswaren; Papier- oder Plastikbecher; Papierteller; Picknickkoffer (Geschirr); Plätzchen-, Keksausstechformen; Proviantdosen; Puderdosen, nicht aus Edelmetall; Schilder aus Porzellan oder Glas; Schuhanzieher; Schuhbürsten; Schuhspanner; Schüsseln und Schalen, nicht aus Edelmetall; Seifendosen, -halter, -schalen, -spender; Sparbüchsen, nicht aus Metall; Tafelservice, nicht aus Edelmetall; Teeservice, nicht aus Edelmetall; Toilettenecessaires; Toilettengeräte (Körperpflege); Töpfe; Töpferwaren; Topflappen; Vasen, nicht aus Edelmetall; Waschwannen; Zahnbürsten; Zahnseiden. Die Markenstelle hat den Widerspruch mit Beschluss vom 28. Mai 2009 mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, hinsichtlich Tee- und Speiseservices bestehe Warenidentität, die Widerspruchsmarke verfüge bei Porzellanwaren und Geschirr über eine erhöhte Kennzeichnungskraft, und die angesprochenen Verkehrskreise würden viele der strittigen Waren ohne große Aufmerksamkeit erwerben, aber die Bilder seien sich nicht ähnlich genug, um eine Verwechslungsgefahr anzunehmen. Das Motiv der gekreuzten Schwerter sei üblich, wie das Beispiel Wilkinson zeige. Dieser Beschluss wurde der Widersprechenden am 4. Juni 2009 zugestellt. Sie hat am 2. Juli 2009 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Widerspruchsmarke verfüge über eine extrem gesteigerte Kennzeichnungskraft. Die Marken stimmten in ihrem jeweiligen bildlichen Gesamteindruck überein. Die gekreuzten Schwerter seien im angegriffenen Zeichen dominierend. Ihnen komme nach der EuGH-Rechtsprechung (GRUR 1998, 387 - Sabel) sogar Motivschutz zu. Jedenfalls werde das angegriffene Zeichen als Abwandlung der Widerspruchsmarke empfunden, so dass eine mittelbare, begriffliche bzw. assoziative Verwechslungsgefahr bestehe. Dass gekreuzte Schwerter als Motiv verbraucht seien, habe die Inhaberin des angegriffenen Zeichens lediglich behauptet. Eine tatsächliche Benutzung der von ihr zitierten Zeichen habe sie nicht dargetan. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 4. Juni 2009 aufzuheben und die Löschung der Marke 306 32 894 anzuordnen. Demgegenüber beantragt die Inhaberin des angegriffenen Zeichens, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, es fehle jede Zeichenähnlichkeit. Das angegriffene Zeichen weise durch den Fisch mit Augenklappe und die wuchtigen Säbel auf Piraten hin, was der Widerspruchsmarke völlig fremd sei. Diese habe auch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft, da das Motiv gekreuzter Stich- und Hiebwaffen verbraucht sei. Entsprechend habe das LG Köln in seinem Urteil vom 29. April 2009 eine Löschung des angegriffenen Zeichens abgelehnt und dazu ausgeführt, es könne unterstellt werden, dass es sich bei der Klagemarke „Gekreuzte Schwerter“ um eine Marke mit einem hohen Bekanntheitsgrad handle. Auch könne unterstellt werden, dass zwischen den beanspruchten Waren teilweise Identität, zumindest Ähnlichkeit bestehe. Die Marken seien sich aber dennoch nicht ähnlich. Dies ergebe schon der Vergleich der dargestellten Waffen. Die Klagemarke beinhalte zwei gekreuzte Schwerter. Deren Darstellung sei filigran und stilisiert ohne Ausprägungen im Detail. Die Marke der Beklagten bilde demgegenüber Säbel ab. Deren Darstellung zeige ausgeprägte und wuchtige Griffe sowie Klingen. Als weiteres den Gesamteindruck prägendes Bildelement enthalte die Marke der Beklagten einen Haifisch, der in gleicher Weise wie die Säbel wahrgenommen werde; beide Elemente bildeten eine Einheit. Die Assoziation „Piratenmotiv“ sei bei der Marke der Beklagten eindeutig. An Meissner Porzellan werde der Verbraucher dabei nicht denken, so dass auch keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn bestehe. II 1) Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Es besteht nach Auffassung des Senats keine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerksamkeit des beteiligten Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann etwa ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Dienstleistungen oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life; BGH GRUR 2005, 326 - Il Patrone / Portone). Danach ist vorliegend keine Gefahr von Verwechslungen gegeben. Selbst im Bereich der Warenidentität und hoher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reichen die von der Markenstelle zutreffend angeführten Unterschiede in den Marken aus, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Bildlich unterscheiden sich die Marken aufgrund der graphischen Gestaltung der Widerspruchsmarke und des angegriffenen Zeichens ausreichend. Der Fisch im angegriffenen Zeichen geht neben den Krummsäbeln weder von der Größe noch von der Anordnung her optisch unter. Die als Hilfsüberlegung zur unmittelbaren Verwechslungsgefahr zu prüfende komplexe Ähnlichkeit ist ebenfalls nicht gegeben. Hier führt gerade das Zusammenwirken aller Umständen zur Unterscheidbarkeit der Marken, da das angegriffene Zeichen ein „Piratenimage“ aufweist und sich auch damit von der filigran eleganten Widerspruchsmarke absetzt. Mittelbare Verwechslungsgefahr ist nicht gegeben. Diese Art der Verwechslungsgefahr könnte gegeben sein, wenn die Verbraucher zwei an sich unterschiedliche Marken wegen eines gemeinsamen charakteristischen Bestandteils derselben betrieblichen Ursprungsstätte zuordnen. Einen solchen Bestandteil bilden die unterschiedlichen Schwerter/Säbel nicht. Irrige Herkunftsvorstellungen können nur entstehen, wenn die Abweichungen so unauffällig sind, dass sie nicht bemerkt werden. Das ist hier nicht der Fall. Beide Marken enthalten zwar gekreuzte Säbel, Schwerter oder Degen; diese sind aber so verschieden gezeichnet, dass der Verbraucher keiner assoziativen Verwechslungsgefahr unterliegen wird. Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, würden von § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG ohnehin nicht erfasst (EuGH GRUR 1998, 387, 389, Nr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/ BeyChem ; GRUR 2002, 544, 547 – BANK 24). In der Graphik des angegriffenen Zeichens wurde nicht die bekannte Schwerterform der Widerspruchsmarke in einen anderen Kontext gestellt. Im angegriffenen Zeichen verbinden sich Fisch und Säbel. Die Verwechslungsgefahr ist aber umso geringer einzustufen, je mehr sich der Bestandteil in die jüngere Gesamtkombination integriert und je weniger er der Widerspruchsmarke ähnelt. Die Gefahr, dass die Marken im Sinn des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, wäre nur gegeben, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen würden, den die Verbraucher als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansehen und deshalb nachfolgende Bezeichnungen mit einem gleichen oder wesensgleichen Stamm demselben Zeicheninhaber zuordnen (vgl. BGH GRUR 1996, 200 – Innovadiclophlont; vgl. ferner Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 466 ff.). Die Widersprechende hat aber nicht dargetan, dass sie unterschiedliche Hieb- und Stichwaffen in gekreuzter Form oder ergänzt durch verschiedene thematische Darstellungen verwendet. Insgesamt besteht deshalb ein so geringer Ähnlichkeitsgrad der Marken, dass selbst bei Identität der Waren und hoher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie Berücksichtigung allgemeiner Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr besteht. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, sondern eine Einzelfallentscheidung anhand von tatsächlichen Gegebenheiten getroffen worden ist. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006207&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006208
BPatG
München
27. Senat
20100621
27 W (pat) 259/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "Lisa Live (Wort-Bild-Marke)/L1VE (Wort-Bild-Marke)" – teilweise Waren- und Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr vor dem Hintergrund der Markenusurpation/selbständig kennzeichnenden Stellung oder der Serienmarke - kein gedankliches In-Verbindung-Bringen
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 302 46 500.6 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die farbige (rot, weiß) Wort-Bild-Marke 302 46 500 Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen wurde am 16. Januar 2003 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 eingetragen, nämlich für Computer und Datenverarbeitungsgeräte; Speicher für Datenverarbeitungsanlagen; Computer-Software, insbesondere für die Abfrage, Darstellung, Bearbeitung und Ausgabe multimedialer Daten in Computernetzwerken einschließlich des Internets; mit Informationen versehene maschinell lesbare Datenträger aller Art sowie Ton- und Bildaufzeichnungsträger, insbesondere Disketten, CD-ROMs, DVDs, Chip-Karten, Magnet-Karten, Video-Kassetten, Compact-Disks und Video-Disks; auf Datenträgern aufgezeichnete Informationssammlungen und Datenbanken, elektronische Publikationen (herunterladbar); Druckereierzeugnisse, Druckschriften, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher; Buchbinderartikel, Poster, Aufkleber, Kalender; Schilder und Modelle aus Papier und Pappe; Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; Papier, Pappe, Schreibwaren und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), soweit in Klasse 16 enthalten; E-Commerce-Dienstleistungen, nämlich Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Handelsgeschäften über Online-Shops; Werbung einschließlich Rundfunkwerbung sowie Print- und Internetwerbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Vermietung von Werbeflächen im Internet; Marketing, auch für Dritte in digitalen Netzen (Web-Advertising), Marktforschung und -analyse; Verteilung von Waren zu Werbezwecken, Verkaufsförderung; Öffentlichkeitsarbeit; Durchführung von Werbeveranstaltungen; Geschäftsführung für andere, Unternehmensverwaltung; Dienstleistung einer Multimediaagentur, nämlich Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Telekommunikation; Übermittlung von Informationen an Dritte, Verbreitung von Informationen über drahtlose oder leitungsgebundene Netze; Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Online-Dienste, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; E-Mail-Datendienste (= elektronischer Postversand); Internet-Dienstleistungen, nämlich Bereitstellen von Informationen im Internet, jeweils soweit in Klasse 38 enthalten, Dienstleistung einer Multimediaagentur, nämlich Präsentation von Firmen in Internet und anderen Medien; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern, sowie von Lehr- und Informationsmaterial, jeweils einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation und auch in elektronischer Form; Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Vorführung und Vermietung von Ton- und Bildaufzeichnungen; Produktion von Rundfunksendungen, Zusammenstellen von Rundfunk-Programmen; Unterhaltung, insbesondere Rundfunkunterhaltung; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturelle und sportliche Live-Events, Schulungsveranstaltungen, Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, soweit in Klasse 41 enthalten; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar), Online-Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern, zur Verfügung stellen und Aktualisieren von Daten und sonstigen Informationen; Erstellen und Design von Programmen für die Datenverarbeitung (Computer-Software); Pflege und Aktualisierung von Programmen für die Datenverarbeitung sowie Online-Updating-Service für EDV- Programme; Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Datenverarbeitung; Entwurf, Entwicklung und Beratung im Bereich von Computersystemen, Computerberatungsdienste; Konfiguration von Computer-Netzwerken durch Software; Dienstleistungen eines Netzwerkbetreibers und Providers, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Erstellung, Design und Einrichtung von Internetpräsentationen; Konzeption, Wartung und Pflege von Internet- Inhalten; Erstellen von Dokumentationen, im Rahmen einer redaktionellen Betreuung von Internetauftritten; Dienstleistung einer Multimediaagentur, nämlich Sammeln, Speichern und Zurverfügungstellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und Videoinformationen. Dagegen hat die Widersprechende aus ihrer farbigen (pink und schwarz) Wort-/Bild-Marke 300 91 078 (Anmeldetag 13. Dezember 2000; eingetragen am 10. September 2001; Widerspruchsverfahren abgeschlossen am 21. März 2007) Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsmarke ist nach einer Teillöschung noch geschützt für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 18, 20, 21, 24-26, 28-30, 35, 38 und 41, nämlich für Bespielte magnetische, magneto-optische, optische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten, einschließlich CDs, CD-ROM, Video- und Audiokassetten sowie -platten; Datenbanken; Waren aus Papier und Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten, Papierhandtücher, Servietten, Filterpapier, Verpackungsbehälter aus Papier und Pappe (Karton), Verpackungstüten und Einwickelpapier; Druckereierzeugnisse, Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Bücher, Plakate, Telefonkarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten; Postkarten; Ausweise, Aufkleber, Gütesiegel, Anhänger, Sticker; Wandtafeln; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Taschen, Folien; Spielkarten, Kartenspiele; Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen und nicht an den aufzunehmenden Inhalt angepasste Behältnisse, einschließlich Handtaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Reisetaschen, Sporttaschen, Schulranzen, Packsäcke und Rucksäcke, Gürtel, Hosenträger; Kleinlederwaren, einschließlich Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Reisenecessaires, Toilettenbeutel und -taschen, ferner Schreibgeräteköcher und -schalen, Zettelhalter und -behälter, Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke; Waren aus Kunststoff oder Holz, soweit in Klasse 20 enthalten, nämlich Figuren, Flaschenverschlüsse, Scherzartikel, Untersetzer, Tisch-Sets, Tischdecken, Mouse-Pads, Abziehbilder, Aufkleber, auch teilweise transparent, Seifendosen und -schalen, Zahnputzbecher, Zahnbürstenköcher; Papierkörbe; Waren aus Glas, Porzellan und Steingut für Haushalt und Küche, soweit in Klasse 21 enthalten, kleine handbetätigte Geräte sowie Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), nämlich Dosen, Schüsseln, Frischhalteboxen; Pappteller und -becher; Textilwaren, nämlich Textilstoffe, Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche; Bett- und Tischdecken, Sets, Kochschürzen, Topflappen, Badetücher, Fahnen und Wimpel; Bekleidungsstücke, einschließlich Sport- und Freizeitbekleidung; Schuhe, Schuhwaren und Stiefel, einschließlich Sport- und Freizeitschuhe und -stiefel; Strümpfe, Strumpfhosen, Socken; Krawatten, einschließlich Binder bzw. Fliegen; Hosenträger und Gürtel (Bekleidung); Handschuhe; Kopfbedeckungen, einschließlich Stirn- und Schweißbänder; Buttons; Spielzeuge, Spiele auch in elektrischer und elektronischer Form, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielwaren, Spielzeug, einschließlich Stoff- und Gummitiere sowie Maskottchen; Turn-, Fitness- und Sportgeräte; Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Gallerten, Konfitüren, Fruchtsaucen, Speiseöle und Fette, Mayonnaisen, Salatsaucen, Ketschups und Dressings, Fertigsuppen, Eier, Milch und Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Käsezubereitungen, Quark, Joghurt, Sahne, nicht alkoholische Milch-Mix-Getränke, verarbeitete Nüsse, Feinkostprodukte, Feinkostsalate, Saucen als kochfertige Lebensmittelzubereitungen, Suppen mit Fleisch, Fisch, Gemüse oder Geflügel, Wurstwaren, Schinkenwaren, Pasteten, verarbeitete Weich- und Schalentiere; Kartoffelklöße und Fleischklöße; Kaffee, Tee und Kräutertees; Kakao, Kakaopräparate und -getränke, Schokolade und Schokoladewaren, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Honig, Melassesirup; für die menschliche Ernährung zubereitetes Getreide, insbesondere Haferflocken und andere Getreideflocken, Getreidepräparate, Müslipräparate, Brot, Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Hefe, Backpulver, Aromastoffe, Gewürze, Salz, Senf, Essig, Saucen, Würzmittel, Kühleis; Teigwaren, Pastagerichte, Nudelzubereitungen; Lebensmittel in Konserven und als tiefgekühlte Fertig- oder Teilfertigprodukte, soweit in Klasse 29 und 30 enthalten; diätetische Erzeugnisse zu nicht medizinischen Zwecken auf der Basis von Kohlehydraten; Grießklöße, Pizzen und Sojaprodukte, soweit in Klasse 30 enthalten; Werbung, einschließlich Hörfunk- und Fernsehwerbung, Marketing; Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen über drahtlose und/oder drahtgebundene digitale und analoge Netze; Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über drahtlose und/oder drahtgebundene digitale und analoge Netze; Übermittlung von Daten sowohl online als auch offline; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Vernissagen, Lesungen; Veranstaltung von Sportwettbewerben. Mit Schriftsatz vom 2. August 2007 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der mangelnden Benutzung erhoben. Mit Beschlüssen vom 24. November 2008 sowie vom 23. Juli 2009, letzterer ist im Erinnerungsverfahren ergangen, hat die Markenstelle für Klasse 41 den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Das ist damit begründet, das Wort „live“ sei je nach Waren und Dienstleistungen schutzunfähig oder zumindest kennzeichnungsschwach. Daher könne auf die Einbeziehung der graphischen Gestaltung und der Zahl „1“ in der Widerspruchsmarke nicht verzichtet werden. Selbst bei Identität der Waren und Dienstleistungen ließen sich die Zeichen auf Grund der zusätzlichen Bestandteile „Lisa“ und „1“ ohne weiteres auseinanderhalten. Die Nichtbenutzungseinrede sei derzeit nicht zulässig. Eine selbständig kennzeichnende Stellung komme dem Bestandteil „live“ in der angegriffenen Marke nicht zu. Insbesondere liege keine identische Übernahme des älteren Zeichens vor. Für die Kennzeichnungskraft des Bestandteils „live“ sei die Thomson-Live-Entscheidung unerheblich. Auch eine mittelbare Verwechslung oder eine Verwechslung im weiteren Sinne komme nicht in Betracht. Am 13. August 2009 hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, der Bestandteil „live“ sei nicht kennzeichnungsschwach, was sich u. a. aus der EuGH-Entscheidung zu Thomson-Life ergebe. „Live“ präge beide Marken. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke 302 46 500 zu löschen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss. Unter Bezugnahme auf das Vorbringen im Amtsverfahren vertritt sie die Auffassung, die Marken seien nicht verwechselbar. Im Übrigen erhebt sie die Einrede der mangelnden Benutzung. II. 1. Da die Beteiligten keine mündliche Verhandlung beantragt haben und diese nach Wertung des Senats auch nicht geboten ist, kann ohne diese entschieden werden. Die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs gebietet es, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben und ihre eigene Auffassung zu den entsprechenden Rechtsfragen darzulegen, sowie Anträge zu stellen. Dazu bestand hinreichend Gelegenheit, nachdem die Beschwerdeerwiderung der Markeninhaberin der Widersprechenden am 23. November 2009 zugestellt worden ist. 2. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). a) Die Nichtbenutzungsrede ist unzulässig. Das Widerspruchsverfahren gegen die Widerspruchsmarke endete am 21. März 2007. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1, § 26 Abs. 5 MarkenG ist eine Nichtbenutzungseinrede erst fünf Jahre nach Ablauf aller Widerspruchsverfahren gegen die Widerspruchsmarke zulässig, d. h. im vorliegenden Fall nicht vor dem 21. März 2012. b) Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f - Picasso; BGH GRUR 2007, 321, 322 - Cohibar ). Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. aa) Die Waren und Dienstleistungen sind größtenteils identisch bzw. weisen eine relativ große Ähnlichkeit auf (vgl. Klassen 9, 16, 35, 38 und 41). Allerdings sind einige Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marken im Verzeichnis der Widerspruchsmarke weder enthalten noch überdurchschnittlich ähnlich zu diesen. Dies gilt insbesondere für die Dienstleistungen der Klasse 42. Für die Dienstleistungen E-Commerce, Marktforschung und -analyse, Öffentlichkeitsarbeit, Geschäftsführung für andere und Unternehmensverwaltung der Klasse 35 besteht allenfalls durchschnittliche Ähnlichkeit mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke. bb) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat in Bezug auf einen Großteil der Widerspruchswaren und -dienstleistungen für deutlich geschwächt, da „L1VE“ von dem angesprochenen Publikum im Sinne von „live“ (= direkt) und damit glatt beschreibend verstanden wird. Dies trifft insbesondere für die bespielten Träger für Ton und/oder Bild (die Live-Aufnahmen enthalten können), Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, etc. (die Live-Veranstaltungen ankündigen, besprechen oder bewerben können), Veranstaltung von Fernseh- und Hörfunksendungen, Film- Ton-, Video- und Fernsehproduktion und die Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen zu. Die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke beruht insoweit nur auf der graphischen Ausgestaltung und ist demgemäß gering. Für einen Teil der relevanten Widerspruchswaren und -dienstleistungen, z. B. Waren aus Papier und Pappe oder Marketing/Werbung, ist ein beschreibender Bezug zu „L1VE“ nicht direkt ersichtlich, so dass insoweit von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen ist. cc) Eine Verwechslungsgefahr zwischen „L1VE“ und „ LisaLive “ besteht weder in klanglicher noch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Selbst bei identischen Waren und Dienstleistungen und unterstellter durchschnittlicher Kennzeichnungskraft ist ein ausreichender Zeichenabstand gegeben. Schriftbildlich scheitert eine Verwechslungsgefahr bereits an den unterschiedlichen graphischen Ausgestaltungen beider Marken, nämlich dem in der jüngeren Marke vorhandenen Bestandteil „Lisa“ und der „1“ in der Widerspruchsmarke. Auch klanglich und begrifflich halten die Marken einen ausreichenden Abstand ein, da jedenfalls die angegriffene Marke nicht durch den Bestandteil „live“ geprägt wird. Trotz der relativ kleinen Schrift ist das Element „Lisa“ klar und deutlich zu erkennen. Die optische Einbindung in den ersten Buchstaben von „Live“ bewirkt eine Fokussierung des Betrachters auf das eingeblendete „Lisa“, so dass die Verbraucher die Marke als „Lisa live“ wahrnehmen. Somit ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen. dd) Eine Verwechslungsgefahr vor dem Hintergrund der Markenusurpation/selbständig kennzeichnenden Stellung oder der Serienmarke liegt ebenfalls nicht vor. Weder ist das ältere Zeichen ein bekanntes Unternehmenskennzeichen noch behält der übernommene Anteil in dem jüngeren Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung. Gegen letzteres spricht auch, dass „L1VE“ nicht identisch übernommen wurde. Zwar kann eine (unmittelbare) Verwechslungsgefahr auch gegeben sein, wenn der Gesamteindruck der mehrbestandteiligen Marke gerade durch den mit der Gegenmarke übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund treten und für den Gesamteindruck des Zeichens vernachlässigt werden können. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich grundsätzlich allein anhand der betreffenden Marke selbst, d. h. ohne Rücksicht auf die Vergleichsmarke. Nach diesen Grundsätzen kann aber eine den Gesamteindruck prägende und damit kollisionsbegründende Stellung des Bestandteils „ LIVE “ im vorliegenden Fall nicht bejaht werden. Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Marke nicht um einen geschlossenen Gesamtbegriff, denn „ LisaLive “ oder „ LiveLisa “ vermitteln keinen verständlichen Sinngehalt. Inhaltlich stehen die Wörter eher unverbunden nebeneinander. Dennoch wird der Gesamteindruck der jüngeren Marke entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht durch den Bestandteil „ LIVE “ geprägt. Ein beschreibender Sinngehalt des Bestandteils „Lisa“ ist nicht ersichtlich. Dementsprechend haftet dem Bestandteil „Lisa“ keine Kennzeichnungsschwäche an, die zur Folge hätte, dass der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch den Bestandteil „ LIVE “ geprägt würde. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfährt jedoch der Grundsatz, wonach die gegebenenfalls den Gesamteindruck einer Marke prägenden Elemente ohne Rücksicht auf die Gegenmarke zu ermitteln sind, eine Einschränkung, wenn der übereinstimmende Bestandteil als isoliertes Zeichen aufgrund seiner tatsächlichen Benutzung für einen Dritten eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat. Eine solche Stärkung wirkt sich nicht nur auf die Kennzeichnungskraft der älteren einbestandteiligen Marke aus, sondern bewirkt gleichzeitig, dass dem Zeichen auch dann ein Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnommen wird, wenn es als Bestandteil eines anderen, jüngeren Zeichens auftritt (grdl. BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; s. ferner BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 60, 61 - Nr. 14 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 862 - Nr. 31 - Malteserkreuz; GRUR 2007, 888, 889 - Euro Telekom). Auch nach diesen Kriterien scheidet im vorliegenden Fall die Annahme einer Verwechslungsgefahr aus. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke lässt sich weder für den zunächst maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke noch für den ebenfalls relevanten Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch feststellen. Die dazu vorliegenden Angaben sind nicht geeignet, eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu belegen. Die Widerspruchsmarke weist vielmehr eine deutlich geminderte Kennzeichnungskraft auf. Von einer Anhebung kann mangels tragfähiger Nachweise nicht ausgegangen werden. Dementsprechend kann dem Bestandteil „ LIVE “ eine den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägende Stellung auch nicht auf der Grundlage einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zuerkannt werden. Über die Grundsätze der (modifizierten) Prägetheorie hinaus kann eine Verwechslungsgefahr auch dann anzunehmen sein, wenn die jüngere Marke neben anderen Elementen einen mit der Widerspruchsmarke identischen Bestandteil enthält und dieser in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein seinen Gesamteindruck zu prägen, eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält (EuGH GRUR 2005, 1042, - Thomson Life; BGH GRUR 2006, 859, - Malteserkreuz). Damit ist indessen nicht gemeint, dass jede Übernahme einer älteren Marke in ein jüngeres Kombinationszeichen zwangsläufig zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führt; es bedarf vielmehr besonderer Anhaltspunkte dafür, dass der betreffende Bestandteil in dem jüngeren Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt (Hacker, Markenrecht, 1. Aufl. 2007, Rn. 440). Das kann etwa der Fall sein, wenn der älteren Marke lediglich der Handelsname oder eine bekannte Marke des Jüngeren hinzugefügt wird. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Sonstige Anhaltspunkte, die den - wenn man die 1 als i nimmt - übereinstimmenden Bestandteil „ LIVE “ in der angegriffenen Marke als selbständig kennzeichnend erscheinen lassen könnten, liegen ebenfalls nicht vor. Vielmehr wird der Gesamteindruck der angegriffenen Marke durch die Zusammenstellung bestimmt. Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Vergleichsmarken im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbs. MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Diese Art von Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass der Verbraucher die Unterschiede beider Marken zwar wahrnimmt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung jedoch Anlass hat, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinn einer gemeinsamen Verantwortung für das Waren- und Dienstleistungsangebot, zu schließen. Eine derartige Verwechslungsgefahr wird regelmäßig bejaht, wenn der Widersprechende bereits mit einer Serie von Marken aufgetreten ist, die das in den Vergleichsmarken übereinstimmende Element als Stammbestandteil enthalten und unter Berücksichtigung auch der abweichenden Bestandteile damit zu rechnen ist, dass die jüngere Marke als ein davon abgeleitetes Serienzeichen  wirkt. Dies ist vorliegend jedoch nicht gegeben. 3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006209
BPatG
München
28. Senat
20100616
28 W (pat) 123/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Froschkönig" – Freihaltungsbedürfnis – keine Verkehrsdurchsetzung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 12 582 hier: Löschungsverfahren hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 307 12 582 Froschkönig die für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 14 „Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente“ am 23. Februar 2007 angemeldet und am 2. Mai 2007 eingetragen wurde. Die Beschwerdegegnerin hat die Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt. Als Bezeichnung einer berühmten Märchenfigur der Gebrüder Grimm könne die angegriffene Marke die Form bzw. Gestaltung der beanspruchten Waren beschreiben. Dieser Zusammenhang werde sich den angesprochenen Verbrauchern bei Konfrontation mit dem Markenwort auch ohne weiteres Nachdenken aufdrängen, zumal das fragliche Motiv bereits vor dem Anmeldetag für die einschlägigen Produkte verwendet worden sei. Dem Wettbewerb müsse es unbenommen bleiben, für seine entsprechend ausgestalteten Konkurrenzprodukte ebenfalls mit der Bezeichnung „Froschkönig“ werben zu können, ohne hierfür auf weniger nahe liegende Begriffe angewiesen zu sein. Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch jegliche Unterscheidungskraft. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen. Sie trägt vor, es fehle an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dazu, dass die behaupteten Schutzhindernisse bereits zum Eintragungstag vorgelegen hätten. Ein beschreibender Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren bestehe nicht. Im Übrigen habe sich die Kennzeichnung „Froschkönig" zum Zeitpunkt der Eintragung bereits für die Markeninhaberin im Verkehr durchgesetzt, so dass der Löschungsantrag schon aus diesem Grund scheitern müsse. Der Löschungsantrag erweise sich letztlich als untauglicher Versuch der Antragstellerin, sich den legitimen, gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsansprüchen der Markeninhaberin zu entziehen. Nachdem die Markeninhaberin von der Markenabteilung im Laufe des patentamtlichen Verfahrens darauf hingewiesen wurde, dass eine Verkehrsdurchsetzung des angegriffenen Zeichens als nicht hinreichend belegt angesehen werde, teilte die Antragsgegnerin mit, dass kein weiterer Vortrag zur Verkehrsdurchsetzung erfolgen werde. Mit Beschluss vom 11. September 2009 hat die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, schon vor der Anmeldung der hier angegriffenen Marke sei es branchenüblich gewesen, Schmuckwaren in der Form bekannter Märchenfiguren zu gestalten. Selbst die Antragsgegnerin habe offensichtlich schon Jahre vor der Anmeldung der angegriffenen Marke entsprechend geformte Schmuckwaren in Verkehr gebracht, darunter auch Produkte im Froschkönig-Design. Der Begriff „Froschkönig" stelle sich somit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren schlicht als die einfache und ohne weiteres verständliche Bezeichnung eines Schmuckmotivs bzw. eines mit dieser Märchenfigur gestalteten Schmuckstücks dar und könne damit zur unmittelbaren Beschreibung der hier in Rede stehenden Waren der Klasse 14 dienen. Als beschreibende und freihaltebedürftige Angabe sei die angegriffene Marke somit sowohl zum Eintragungs- als auch zum jetzigen Zeitpunkt als freihaltungsbedürftig und damit als schutzunfähig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzusehen. Dieses Schutzhindernis sei vorliegend auch nicht durch eine Verkehrsdurchsetzung der Marke im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG zugunsten der Antragsgegnerin überwunden worden. Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin Beschwerde eingelegt und trägt zur Begründung sinngemäß vor, die Schutzfähigkeit von Namen fiktiver Figuren, wie etwa Romanhelden oder Märchengestalten, sei in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt. Es fehle zudem an jeglichem beschreibenden Produktbezug der Bezeichnung „Froschkönig“ zu den hier konkret beanspruchten Waren. Das Markenwort weise keinen hinreichend eindeutigen Aussagegehalt auf, da es keine figürliche Festlegung gäbe, wie die gleichnamige Märchengestalt wiederzugeben sei. Dies werde auch durch die Tatsache belegt, dass es eine große Zahl unterschiedlicher Illustrationen des „Froschkönigs“ gebe. Somit könnten die Verbraucher gerade keine unmittelbaren, hinreichend eindeutigen Rückschlüsse aus dem Markenwort auf die konkrete Ausgestaltung der verfahrensgegenständlichen Waren ziehen. Allenfalls über eine analysierende Betrachtungsweise könnte ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Markenwort und den einschlägigen Waren hergestellt werden. Eine solche Vorgehensweise dürfe der Schutzfähigkeitsprüfung aber nicht zugrunde gelegt werden. Ein Freihaltungsbedürfnis an der angegriffenen Marke scheide somit aus. Ihr könne auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, zumal insoweit schon eine geringe Unterscheidungskraft ausreichend sei, um die Schutzfähigkeit einer Marke zu bejahen. Dieses Maß an Unterscheidungskraft weise die Marke in jedem Fall auf. Zudem seien vergleichbare Markenwörter in der Vergangenheit bereits mehrfach eingetragen worden. Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts, vom 11. September 2009, aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin, beantragt sinngemäß die Beschwerde zurückzuweisen. Die Markenabteilung habe völlig zu Recht und mit überzeugender Begründung die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Diese weise einen glatt beschreibenden Produktbezug auf und sei deshalb für sämtliche verfahrensgegenständlichen Waren als schutzunfähig zu werten. Insoweit müsse auch berücksichtigt werden, dass durch ein Monopol an dem angegriffenen Markenwort ein ganzer Markt unzulässig behindert werden könnte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Markenabteilung hat zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da ihr sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch aktuell das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen stand bzw. steht. Die zentrale Aufgabe des Markenrechts ist es, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu sichern (vgl. hierzu den 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie). Angaben oder Zeichen, wie die Bezeichnung der allgemein bekannten Märchenfigur „Froschkönig“, sind deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH GRUR 2008, 900, Rdn. 12 – SPA II, m. w. N.). Dadurch soll dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung getragen und der Verbleib eines ausreichenden Gestaltungsspielraums sichergestellt werden. Auf dem vorliegend einschlägigen Schmuck- und Uhrensektor spielt motivorientiertes Design eine besonders wichtige Rolle. Als ohne Weiteres verständliche Motivbezeichnung ist die angegriffene Wortmarke „Froschkönig“ geeignet, darauf hinzuweisen, dass es sich bei den beanspruchten Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente sowie aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren um mit entsprechenden Motiven ausgestaltete Produkte handelt. Die darüber hinaus beanspruchten Edelmetalle und deren Legierungen sowie Edelsteine können zur Herstellung derartiger Produkte bestimmt sein. Sinntragende Motive und esoterisches Design sind auf dem fraglichen Warensektor besonders beliebt und waren dies auch bereits vor dem Eintragungszeitpunkt des angegriffenen Zeichens, was auch die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat (vgl. hierzu auch die bereits im patentamtlichen Verfahren von der Antragstellerin eingeführten Nachweise). Beispielhaft kann hier etwa auf den so genannten Elfen- oder Märchenschmuck verwiesen werden. Auch die beiden Verfahrensbeteiligten bieten Produkte an, deren „mystischer“ bzw. märchenhafter Charakter ausdrücklich herausgehoben und beworben wird, wie etwa goldene oder silberne Froschkönigringe mit facettiertem Topas (vgl. unter hierzu unter http://www.drachenfels-design.de/de/) oder „Feenringe“ aus Silber mit Perlen und Edelsteinen (vgl. unter http://www.feenschmuck.de). Darüber hinaus besitzt die Markeninhaberin zahlreiche Geschmacksmuster für „Froschkönig-Produkte“, wie bspw. die Geschmacksmuster mit der Registernummer 402008001855-0048 für Schmuckwaren, sowie 402008003459-0012 für Broschen oder 402008006007-0008 für Juwelierwaren, Ohrgehänge und Schmuckanhänger. Diese Gesichtspunkte sind für das vorliegende Verfahren zwar nicht entscheidend, da es für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht darauf ankommt, ob ein Markenwort bereits beschreibend verwendet wird oder nicht (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdn. 57 – Postkantoor). Die genannten Umstände sind aber durchaus geeignet, das schutzwürdige Interesse der Wettbewerber an der freien Verwendbarkeit des Markenwortes zu veranschaulichen. Denn gerade die Figur des Froschkönigs, die für das inländische Publikum quasi sinnbildlich für die Hoffnung steht, dass sich ein auf den ersten Blick eher fremd erscheinender Mensch letztlich doch als die Verkörperung der eigenen Wunschträume erweist, ist auch auf dem hier einschlägigen Warensektor als „Sehnsuchtsmotiv“ sehr beliebt und wird entsprechend häufig für die figürliche Ausgestaltung von Produkten verwendet. Zwar wird das Grundmotiv dabei jeweils in unterschiedlichen Varianten ausgestaltet bzw. wiedergegeben – all diesen Varianten ist aber gemeinsam, dass sie bei ihrer Bewerbung oder Beschreibung mit dem Begriff „Froschkönig“ benannt werden müssen. Dies verdeutlicht, dass ein markenrechtlicher Schutz dieses Begriffs in der Praxis letzten Endes auf einen weitgehenden Schutz des Motivs an sich hinauslaufen würde, wie ihn das Markenrecht nicht vorsieht. Ein solcher als Motivschutz wirkender Markenschutz, mit seiner grundsätzlich zeitlich unbefristeten Monopolwirkung, wäre mit dem Allgemeininteresse am Erhalt eines funktionsfähigen Wettbewerbs, insbesondere am Verbleib eines hinreichenden Gestaltungsspielraums für die Wettbewerber, nicht in Einklang zu bringen. Das „passende“, d. h. vom Gesetzgeber für Produktdesign speziell vorgesehene Schutzrecht ist nicht die Marke, sondern das Geschmacksmuster sowie ggf. der Urheberschutz. Wenn die Markeninhaberin sinngemäß geltend macht, die angegriffene Marke sei bereits deshalb als schutzfähig anzusehen, weil es sich bei dem Wort „Froschkönig“ um einen lediglich assoziativen Begriff handle, der keine exakt umrissene Produktbeschreibung beinhalte, verkennt sie, dass der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keineswegs nur Angaben erfasst, die den angesprochenen Verbrauchern abschließende Rückschlüsse über die fraglichen Produkte ermöglichen. Ebenso wie Angaben, die noch keine exakte begriffliche Konturen erlangt haben oder zu deren Bedeutungsgehalt sich noch keine einhellige Auffassung entwickelt hat, können auch Oberbegriffe mit einer gewissen Unschärfe diesem Schutzhindernis unterfallen (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 14 ff. – SPA II). Der Markeninhaberin ist zwar darin zuzustimmen, dass der Begriff „Froschkönig“ tatsächlich keine abschließend festgelegte Formbeschreibung der verfahrensgegenständlichen Waren vermittelt, da eine exakte Definition dessen, was die figürliche Darstellung dieser Märchenfigur letztlich ausmacht, nicht existiert (wie etwa ein Frosch mit einer Krone oder mit einem goldenen Ball). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Begriff „Froschkönig“ ein feststehendes, eindeutig besetztes Motiv benennt und in diesem Sinne ohne weiteres geeignet ist, als Verbalisierung eines bestimmten Themenkomplexes ein wesentliches Merkmal der hier einschlägigen Produkte zu benennen, nämlich ihre Beschaffenheit (konkret: ihre Ausgestaltung) bzw. ihre Zweckbestimmung. Dass der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG durch die Durchsetzung des Zeichens im Verkehr i. S. v. § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden wäre, hat die Markeninhaberin zu keinem Zeitpunkt schlüssig dargelegt und war auch sonst nicht festzustellen. Für die Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG ist eine markenmäßige Benutzung des fraglichen Zeichens unabdingbare Voraussetzung, wobei der bloße Verkauf eines Produkts noch keine markenmäßige Benutzung impliziert (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2008, 710, 711, Rdn. 23 – VISAGE , m. w. N.). Zwar hat die Markeninhaberin eine Benutzung der Marke seit 1997 behauptet und sinngemäß eine besondere Bekanntheit ihres Unternehmens für die entsprechend ausgestalteten Produkte geltend gemacht. Konkrete Angaben zu den für eine Verkehrsdurchsetzung maßgeblichen Kriterien, wie den mit der Marke (also nicht etwa mit den für sie registrierten Produkten) erzielten Umsätzen oder dem für die Marke erbrachten Werbeaufwand, ist sie jedoch schuldig geblieben. Auch zum Durchsetzungsgrad der angegriffenen Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen hat die Markeninhaberin im gesamten Verfahrensverlauf keine substantiierten Angaben gemacht. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vortrags der Markeninhaberin ergeben sich somit keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die angegriffene Marke als markenmäßiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der verfahrensgegenständlichen Waren im Verkehr durchgesetzt hätte. Selbst wenn die Markeninhaberin – möglicherweise – das fragliche Motiv als erstes Unternehmen in größerem Umfang in den Schmuckbereich eingeführt hat, vermag die markenrechtliche Schutzfähigkeitsprüfung nicht zu beeinflussen, da der Markenschutz im Unterschied zum Patenschutz keinen „Erfinderschutz“ kennt. Für die markenrechtliche Schutzfähigkeit ist es vielmehr maßgeblich, ob einer Marke ein beschreibender Bedeutungsgehalt zuzumessen ist – oder nicht (vgl. hierzu BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 63/05 – Turbobrake BPatGE 37, 44, 48 – VHS; BPatGE 33, 12, 17 – IRONMAN TRIATHLON ). Der angegriffenen Marke stand somit zum Eintragungszeitpunkt das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, das aktuell noch fortbesteht. Da die Marke somit bereits deshalb im Register zu löschen ist, kommt es auf die Frage, ob ihr die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, nicht mehr an. Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen der angegriffenen Marke in anderen Ländern. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Auch das von der Markeninhaberin angeführte Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juli 2008 bleibt für das vorliegende Verfahren ohne Einfluss. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Marken steht eine Wertung in Frage, die der erkennende Senat eigenverantwortlich vorzunehmen hat, wobei es diese Wertung auch erforderlich machen kann, entgegenstehende Entscheidungen für unerheblich zu halten. Weder die Verletzungsgerichte noch das Bundespatentgericht müssen ihre Beurteilungen bzw. ihre Entscheidungen insoweit gegenüber derjenigen anderer Gerichte oder Behörde rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil v. 24.03.2009 – X ZB 7/08 –, Rdn. 12 – Deck- und Fassadenplatte). Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006210
BPatG
München
27. Senat
20100617
27 W (pat) 510/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "TESSARA/TEESAR" – Warenidentität und -ähnlichkeit – schriftbildliche und klangliche Verwechslungsgefahr - Phantasiebegriffe
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 80 178 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Oktober 2009 wird aufgehoben. Die Marke Nr. 307 80 178 ist aufgrund des Widerspruchs aus der Marke Nr. 1 138 520 zu löschen.
I. Die Widersprechende hat gegen die am 29. Februar 2008 veröffentlichte Eintragung der am 10. Dezember 2007 angemeldeten, für Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten, insbesondere Baumwollstoffe, Futterstoffe, Gewebe für textile Zwecke, Glasfaserstoffe für Textilzwecke, Stoffe, Strickstoffe, Textilstoffe, Vliesstoffe (Textilien), Webstoffe (elastisch), Webstoffe (heiß verklebbar), Wollstoffe, Wäschestoffe (verarbeitet), Wäschestoffe Klasse 25: gewirkte und gestrickte Bekleidungsstücke (sowohl Ober- wie Unterbekleidungsstücke), insbesondere Sport- und Freizeitbekleidung und Kopfbedeckungen, vor allem für die Bereiche des Radsports, Schwimmens, Inline Skatings, Fitness, Laufen, Triathlon sowie Teamsport und Promotion, insbesondere Trikotbekleidungen aller Art (insbesondere Lang- und Kurzarmtrikots, ärmellose Trikots für Herren, Damen und Kinder), Hosen, insbesondere Radfahrhosen (kurz und lang), Radfahrerüberschuhe, Laufhosen und -hemden, kurze Hosen und Shorts, T-Shirts, Pullover, Wirkwaren (Bekleidung), Überzieher (Bekleidung), Westen und Jacken, Regen- und Windbekleidung für Sportler, Trainings-, Jogging- und Schwitzanzüge, Gymnastikbekleidung, Bodys, Badehosen, Badezweiteiler und Badeanzüge, Unterbekleidungsstücke, Unterbekleidungsstücke (schweißaufsaugend), Unterhosen, Unterwäsche, Socken, Strümpfe, Strumpfhosen, Handschuhe (Bekleidung), Sportmützen, Kappen, Bandanas, Kopfbedeckungen, Stirnbänder (Bekleidung) geschützten Marke Nr. 307 80 178 TESSARA Widerspruch eingelegt aus ihrer am 22. April 1988 angemeldeten und seit 24. April 1989 für Bekleidungsstücke einschließlich Lederbekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Gürtel, Schals, Handschuhe, Krawatten, Hosenträger, Schuhe; Taschen, Rucksäcke, Kartentaschen, Umhängetaschen, Koppeltaschen, Seesäcke, sämtliche vorgenannten Waren aus Armeebeständen, insbesondere amerikanischen, oder im Aussehen militärischer Ausrüstungsgegenstände; Schlafsäcke, Hängematten, Zelte; Campingartikel, nämlich Campinggeschirr; Messerschmiedewaren, Stichwaffen, Spaten, Beile; Reparatur von Bekleidung eingetragenen Marke eingetragenen Nr. 1 138 520 TEESAR . Die Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 2. Oktober 2009 den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, die gegenüberstehenden Marken seien nicht in dem Maße einander ähnlich, dass die Gefahr von Verwechslungen zu befürchten sei. Die Anmeldemarke werde dreisilbig wiedergegeben wie „TES-SA-RA“ und die Widerspruchsmarke zweisilbig wie „TEE-SAR“. Die Anmeldemarke habe die Vokalfolge von „E-A-A“ und die Widerspruchsmarke von „E-E-A“, wobei der zweite Vokal „E“ nicht gesondert anklinge. Nachdem die erste Silbe der Widerspruchsmarke „TEE“ betont und lang gesprochen werde und bei der Anmeldemarke lediglich die zweite Silbe „SA“ betont gesprochen werde, wichen die Vergleichsmarken auch in ihrem Sprech- und Betonungsrhythmus wesentlich voneinander ab. Diese Unterschiede seien klanglich nicht zu überhören. Auch scheide eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr aus, da die Marken in der Markenmitte und am Wortende wesentlich voneinander abwichen, was nicht übersehen werden könne. Für den klanglichen Gesamteindruck einer Marke komme es weniger auf einzelne Laute als vielmehr auf die Silbengliederung und Vokalfolge an. Wenn auch im allgemeinen den Selbstlauten eine größere Bedeutung für das Klangbild zufalle, könnten sie doch im Einzelfall durch andere Umstände, wie z. B. abweichende Verbindungskonsonanten oder unterschiedliche Betonung, derart an Gewicht verlieren, dass eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Nach alledem sei selbst bei Berücksichtigung ungünstiger Übermittlungsbedingungen und unter Zugrundelegung des Erinnerungsbildes mit Verwechslungen der beiderseitigen Kennzeichnungen nicht oder zumindest nicht in einem markenrechtlich beachtlichen Umfang zu rechnen. Mit ihrer Beschwerde macht die Widersprechende im Wesentlichen geltend, die Marken seien schriftbildlich und klanglich hochgradig ähnlich; im Schriftbild unterschieden sie sich nur geringfügig, auch sei eine erhebliche Klangnähe vorhanden. Da die einander gegenüberstehenden Waren teils identisch, teils hochgradig ähnlich seien und der Widerspruchsmarke eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme, halte die angegriffene Marke den erforderlichen Markenabstand nicht ein. Es sei daher nicht gerechtfertigt, den Widerspruch zurückzuweisen. Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Oktober 2009 aufzuheben und die Marke Nr. 307 80 178 wegen des Widerspruchs aus der eingetragenen Marke Nr. 1 138 520 zu löschen. Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Seiner Auffassung nach ist eine Markenähnlichkeit aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zu verneinen. II. A. Da nur die Widersprechende, nicht aber der Inhaber der angegriffenen Marke hilfsweise um die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung gebeten hat und der Senat eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, nachdem der Inhaber der angegriffenen Marke ausreichend Gelegenheit hatte, zu der Beschwerde der Widersprechenden schriftlich Stellung zu nehmen. B. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht verneint werden. 1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] - Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] - Adam Opel/Autec). 2. Nach diesen Grundsätzen ist entgegen der Ansicht der Markenstelle der Grad der Markenähnlichkeit nicht so gering, dass eine Verwechslungsgefahr auszuschließen wäre. Da die einander gegenüberstehenden Waren, bei denen, da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, von der Registerlage auszugehen ist, teils identisch teils hochgradig ähnlich sind und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke mangels Anhaltspunkten für eine Schwächung als durchschnittlich anzusetzen ist, käme eine Verneinung der Verwechslungsgefahr nur in Betracht, wenn der Grad der Ähnlichkeit der beiden Marken nur äußerst gering wäre oder sie gar als einander unähnlich anzusehen wären. Hiervon kann aber entgegen der Auffassung der Markenstelle und des Inhabers der angegriffenen Marke nicht ausgegangen werden. a) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der Erinnerung von nicht nur unmaßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, so stark überwiegen, dass die betreffenden Verkehrskreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 118 m. w. N. [Fn. 311]). b) Nach diesen Grundsätzen kann eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Zeichenähnlichkeit kaum verneint werden. Die Unterschiede zwischen beiden Marken reduzieren sich auf die Verdopplung des E in der Widerspruchsmarke (gegenüber einfachem E in der angegriffenen Marke) und des S in der angegriffenen Marke (gegenüber einfachem S in der Widerspruchsmarke) sowie dem zusätzlichen Vokal A am Wortende der angegriffenen Marke. Diese Unterschiede wird das Publikum, welches in aller Regel nicht beiden Marken gleichzeitig gegenübertritt, sondern sich bei Wahrnehmung einer der beiden Marken nur an die jeweils andere Marke erinnert, wobei das Erinnerungsbild häufig undeutlich ist, visuell nur nach genauem Hinsehen und direktem Vergleich wahrnehmen, so dass es sich bei der Betrachtung einer der beiden Marken leicht an die andere erinnert fühlen wird. Klanglich sind die Unterschiede sogar noch weniger wahrnehmbar; denn die Verdopplung des ersten Vokals E in der Widerspruchsmarke wirkt sich ebenso wie die Verdopplung des Konsonanten S in der angegriffenen Marke im Klangbild beider Marken nicht deutlich aus, und die aus einem einzigen Vokal bestehende Endsilbe in der angegriffenen Marke, welche in der Widerspruchsmarke fehlt, kann leicht überhört werden, weil sie unbetont ist und zudem nur den in der vorangegangen Silbe bereits vorhandenen Vokal wiederholt. Damit fallen die leicht unterschiedliche Vokalfolge und die geringfügig veränderte Silbenzahl bei der klanglichen Wahrnehmung aber kaum noch ins Gewicht, so dass auf diese Unterschiede nicht entscheidend abgestellt werden kann. Soweit die Markenstelle auf eine unterschiedliche Betonung abgestellt hat, ist diese nicht zwingend. Da es sich bei beiden Markenworten um Phantasiebegriffe handelt, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die angegriffenen Marke nicht nur wie TES-SÁ-RA, sondern auch als TÉS-SA-RA betont wird. Zu einer solchen Betonung wird derjenige, welcher die angegriffene Marke klanglich wiedergibt, schon dann neigen, wenn er sich bei der - der akustischen Wiedergabe stets vorausgehenden - visuellen Wahrnehmung bereits an die ihm bekannte Widerspruchsmarke erinnert glaubt. Eine solche Betonung der angegriffenen Marke unterscheidet sich nicht mehr von der Betonung der Widerspruchsmarke, so dass der Teil des Publikums, welcher die angegriffene Marke nur akustisch wahrnimmt, die vorgenannten tatsächlichen Unterschiede kaum noch registrieren wird. Da beide Marken Phantasiebegriffe enthalten, wird das Publikum sie auch nicht anhand eines deutlich wahrnehmbaren unterschiedlichen Begriffsinhalts ohne Mühe auseinander halten (vgl. hierzu EuGH GRUR 2006, 413, 415 [Rn. 35] - SIR/Zirh). Im Ergebnis spricht damit alles dafür, eine zumindest mittlere, wenn nicht gar engere Zeichenähnlichkeit anzunehmen. Angesichts der zumindest hochgradigen Warenähnlichkeit und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reicht dieser Grad an Markenähnlichkeit aber nicht mehr aus, um eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. 3. Da die Markenstelle somit zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr verneint hat, war die Entscheidung der Markenstelle auf die Beschwerde der Widersprechenden aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. C. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
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BMJV
public
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BPatG
München
28. Senat
20100602
28 W (pat) 34/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Masterpiece (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 61 550.2 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2010 unter Mitwirkung der Richterinnen Martens und Winter sowie des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet ist die Wort-/Bildmarke für folgende Waren der Klassen 10, 11 und 20 „ Wasserbetten, -kissen und Wasserbettmatratzen, für medizinische Zwecke, Wasserbeutel für medizinische Zwecke; Wasserbettheizungen; Möbel und Zubehörteile für Wasserbetten, insbesondere Bettgestelle, Bettzeug (ausgenommen Bettwäsche), Kopfstützen, Matratzen, Nackenrollen; Kanapees und Liegen; Kommoden; Nachttische; Schränke; Wasserbetten nicht für medizinische Zwecke“. Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das englische Wort „Masterpiece“ habe im Inland nicht nur bezogen auf künstlerische Leistungen, sondern ganz allgemein die Bedeutung, „Meisterwerk, Meisterstück“ und stelle im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren einen ohne Weiteres verständlichen Sachhinweis auf meisterhaft gefertigte Produkte dar. Die graphische Ausgestaltung könne nicht schutzbegründend wirken, da es sich um einen einfach gestalteten Schriftzug handele, der den sachbezogenen Charakter der Marke insgesamt nicht aufhebe, so dass der Verkehr der Kennzeichnung keine betriebliche Hinweisfunktion entnehme. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, dem Begriff „Masterpiece“ fehle nicht die Unterscheidungskraft und er sei auch nicht lediglich beschreibend. Die einzelnen Wörter „Master“ und „Piece“ seien nicht zwanglos so zu übersetzen, wie vom DPMA vorgenommen. „Master“ spreche eher für eine lobende Anpreisung, die jedoch keine konkrete Beschreibung der Waren enthalte. Es sei unüblich, in dem doch sehr speziellen Bereich des Wasserbettenmarktes solche Produkte mit diesem Begriff zu bezeichnen, so dass bereits die Wortmarke hätte eingetragen werden müssen. Dies gelte erst recht für die Marke in ihrer grafischen Ausgestaltung, die originell ausfalle und wegen der besonders gestalteten Schriftart sowie der persönlichen Handschrift einen phantasievollen Überschuss besitze. Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stehe der Eintragung nicht entgegen, denn der Verkehr könne dem Zeichen in seiner Ausgestaltung zunächst keine konkrete Bedeutung entnehmen. Die Anmelderin weist auf zahlreiche ihrer Ansicht nach vergleichbare Voreintragungen hin. Die Marke sei auch unterscheidungskräftig, da sie keinen bekannten Ausdruck der englischen oder deutschen Sprache enthalte. Sie trete dem Verkehr im Übrigen in einer besonderen grafischen Gestaltung gegenüber. Im Ladungszusatz wurde auf die „ Capolavoro “-Entscheidung des Senats sowie auf die Zurückweisung der Anmeldung „Meisterstück“ durch das HABM hingewiesen. Ihrer Ankündigung im Schriftsatz vom 12. April 2010 folgend ist die Anmelderin im Termin nicht erschienen. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben. II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen. Obwohl Marken daneben auch noch weitere rechtlich geschützte Funktionen ausüben, ist die Herkunftsfunktion nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE ). Die Eintragung einer Marke kommt somit nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen die notwendige Unterscheidungskraft aufweist, um diese Herkunftsfunktion erfüllen zu können (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist diese Voraussetzung bei einer angemeldeten Marke nicht erfüllt, widerspricht es dem Allgemeininteresse, dieses Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen. Ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist stets im Hinblick auf die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen und aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Wort „Masterpiece“, das der angemeldeten Marke ohne Weiteres zu entnehmen ist, um einen Ausdruck der englischen Sprache, der in der deutschen Übersetzung mit dem Begriff „Meisterwerk, Meisterstück“ wiedergegeben wird. Da dieses Wort als zusammenbesetzter Ausdruck in der Fremdsprache existiert, kann dahinstehen, welcher Aussagegehalt den einzelnen Bestandteilen „master“ bzw. „piece“ zukommt. Das Wort „Masterpiece“ ist dem allgemeinen Verkehr, an den sich die vorliegenden Waren richten, auch geläufig. Dies liegt nicht nur daran, dass das englische Wort aus einfachen Begriffen besteht, sondern in seiner Wortbildung und Aussage dem deutschen „Meisterstück“ vollständig entspricht. In beiden Sprachen wird es dabei nicht nur auf den künstlerischer Bereich beschränkt verstanden. Vielmehr benennt es ganz allgemein Spitzenleistungen, etwa handwerklicher, technischer oder auch sportlicher Art, die sich auch auf solche Waren beziehen können, die sich durch eine meisterhafte Ausführung oder ein meisterliches Design auszeichnen. Dass das englische Wort als solches im Deutschen in der dargestellten Bedeutung gebräuchlich ist, zeigt etwa auch die dem Erinnerungsbeschluss beiliegende Abbildung von Designerstühlen unter dem Titel „100 Masterpieces aus der Sammlung des Vitra Design Museums“. Es wird damit als ein unmittelbar auf die Waren bezogenes Werteversprechen verstanden und erschöpft sich in der Anpreisung von deren meisterlicher Qualität (vgl. hierzu auch Senatsentscheidung vom 11. Juli 2007, 28 W (pat) 99/06 - „ Capolavoro “ mit den dort recherchierten Verwendungsbeispielen sowie BPatG 33 W (pat) 215/98 - MASTER STROKE ; HABM, R0866/05-2 - MEISTERSTÜCK , alle Entscheidungen veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM). Jedenfalls bringt der Verkehr, zu dem neben den angesprochenen Endverbrauchern auch der mit den fraglichen Waren befasste Handel (EuGH GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 44 - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 - Chiemsee) gehört, „Masterpiece“ nicht mit der Herkunft der hier beanspruchten Waren aus einem bestimmten Unternehmen in Zusammenhang. Entgegen der Ansicht der Anmelderin haben diese Feststellungen auch auf dem vorliegenden Warengebiet Gültigkeit. Schon mit Möbeln allgemein verbindet der Verkehr nicht nur eine bestimmte Funktionalität, sondern in erster Linie handwerkliches Können und besondere Designansprüche, alles Produkteigenschaften, die meisterliches Arbeiten vom Entwurf bis zur Herstellung voraussetzen. Für Wasserbetten, deren Teile und Zubehör, für die die Anmelderin im Wesentlichen Schutz begehrt, gilt das so eben Gesagte jedenfalls gleichermaßen, da der Verkehr im Zusammenhang mit diesen nicht alltäglichen Möbelstücken vom Hersteller neben großer Erfahrung in der Konstruktion spezielle Kenntnisse darüber erwartet, welche Anforderungen etwa an die verwendeten unterschiedlichen Werkstoffe und deren Verbindung mit dem Element Wasser zu stellen sind. Um diese komplexen Erwartungen erfüllen zu können, sind handwerkliche Leistungen auf hohem Niveau erforderlich, die sich in einem meisterhaften Endprodukt niederschlagen. Dementsprechend bewirbt die Anmelderin ihr mit „Masterpiece“ gekennzeichnetes Produkt unter der produktanpreisenden Überschrift „Das Meisterstück“ als „ein vollvolumiges Polster-Wasserbett der Spitzenklasse deutscher Handwerkskunst“ (vgl. …). Vor diesem Hintergrund kann auch die konkrete Gestaltung der angemeldeten Marke deren Eintragbarkeit nicht begründen, da sie sich im Rahmen des Werbeüblichen bewegt. Sie tritt nicht so deutlich hervor, dass durch eine Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke der schutzunfähige Charakter des Wortes „Masterpiece“ insgesamt aufgehoben werden könnte. Sowohl bei der schwarzen rechteckförmigen Umrahmung des in weißen Buchstaben gehaltenen Schriftzugs wie auch bei der leicht von links unten nach rechts oben verlaufende handschriftähnlichen Schreibweise handelt es sich um einfache grafische Mittel und übliche Verzierungen, die die Marke lediglich ansprechend gestalten sollen, ihr jedoch eine herkunftskennzeichnende Eigenart nicht beimessen können. Entgegen der Ansicht der Anmelderin verlässt die an eine Handschrift erinnernde Wiedergabe des Wortes „Masterpiece“ den Rahmen der üblichen Gestaltungsmittel nicht und ist daher ebenso wie die auf Seite 5 des Erinnerungsbeschlusses gezeigten Beispiele aus der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts nicht in der Lage, die fehlende Unterscheidungskraft von „Masterpiece“ aufzuwiegen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKALK sowie I ZB 32/09 v. 14.1.2010 - „hey!“). Soweit sich die Anmelderin zur Begründung ihrer Beschwerde auf Voreintragungen zum Markenwort „Masterpiece“ z. B. für Waren der Klassen 2, 14 oder 34 beruft, begründet dieser Vortrag kein anderes Prüfungsergebnis. Sowohl der EuGH als auch der BGH haben immer wieder bestätigt, dass Voreintragungen generell keine Bindungswirkung zukommen kann, sondern stattdessen ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Eintragungshindernisse und nicht einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen sind (zuletzt EuGH GRUR Int. 2010, 45ff Rdn. 57 - American Clothing). Dies gilt sogar im Extremfall, dass die identische Marke für denselben Anmelder bereits einmal eingetragen wurde (vgl. BGH GRUR 2009, 411f, Rdn 14 -STREETBALL). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus schutzbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Gleiches gilt für die von der Anmelderin hilfsweise erklärte Beschränkung der Anmeldung auf die Waren der Klasse 10, die keinen positiven Einfluss auf das bestehende Schutzhindernis haben kann. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006212
BPatG
München
28. Senat
20100712
28 W (pat) 83/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Dynamic" – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 013 809. 2 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird  zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Register für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 19, 27 und 35 „Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Platten, Leisten, Stangen und Tafeln (nicht aus Metall) für Bauzwecke; Holzwaren, nämlich Bauholz, Nutzholz, Bretter (Bauholz), Schnittholz, Sperrholz; Holzwerkstoffe, nämlich Holz (geformt, pressbar, teilweise bearbeitet); Holz oder Holzwerkstoffe enthaltende Spanplatten, Pressplatten und Faserplatten für Bauzwecke bestimmt; Boden-, Wand- und Deckenverkleidungen nicht aus Metall für Bauzwecke; Holz oder Holzwerkstoffe enthaltende Fußbodenbeläge, soweit in Klasse 19 enthalten; Parkettplatten und -tafeln; Holz oder Holzwerkstoffe enthaltende Profil- und Fußleisten für Bauzwecke; furnierte Holzplatten mit Melaminoberfläche für Bauzwecke; Klasse 27: Bodenbeläge (Oberböden); Wand- und Deckenverkleidungen für Einrichtungszwecke aus Holzwerkstoffen (soweit in Klasse 27 enthalten); Laminatpaneele, Hochdrucklaminate und direkt verpresste Laminate als Bodenbeläge; Klasse 35: Präsentation von Waren in Kommunikationsmedien für den Einzel- und Großhandel; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken; Zusammenstellung der vorbezeichneten Waren in den Klassen 19 und 27 (ausgenommen deren Transport) für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern“ ist die Wortmarke Dynamic . Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Der Begriff „Dynamic“ weise im Zusammenhang mit den beanspruchten Baumaterialien und Bodenbelägen auf eine schwungvolle und lebhafte Optik bzw. Gestaltung und/oder eine fortschrittliche, moderne, innovative Beschaffenheit des Designs bzw. der Funktionsweise der fraglichen Waren hin. Bezüglich der beanspruchten Dienstleitungen bringe „Dynamic“ lediglich zum Ausdruck, dass die Dienstleistungen mit Energie und Tatkraft erbracht werden und/oder eine gewisse Fortschrittlichkeit und Modernität aufwiesen. Bei der angemeldeten Marke handle es sich somit um ein allgemeines, für das Publikum ohne weiteres verständliches Werteversprechen. Das Markenwort werde von den angesprochenen Verkehrskreisen deshalb nur als werbemäßige Anpreisung der von der Anmelderin angebotenen Waren und Dienstleistungen verstanden, nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis. Ob der Marke darüber hinaus auch noch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe, könne bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Gegen diese Zurückweisung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und trägt zur Begründung vor, bei dem englischsprachigen Begriff „Dynamic“ handle es sich um eine mehrdeutige Angabe, die für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinerlei beschreibenden Aussagegehalt beinhalte. So zeichneten sich die fraglichen Produkte gerade durch statische Eigenschaften aus und auch im Hinblick auf die maßgeblichen Dienstleistungen ergebe sich keinerlei beschreibender Bezug des Begriffs „Dynamic“. Es bedürfe vielmehr mehrerer analysierender Zwischenschritte, um von dem Begriff „Dynamic“ auf die vom Amt unterstellten Begriffsbedeutungen zu gelangen. Auch die Markenstelle habe im Rahmen ihrer Zurückweisungsentscheidung dem Markenwort eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungsgehalte zuordnen müssen, um einen produktbezogenen Zusammenhang konstruieren zu können. Eine solche zielgerichtet analysierende Betrachtungsweise sei jedoch unzulässig. Der angemeldeten Marke stehe das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG somit nicht entgegen, zumal an die notwendige Unterscheidungskraft keine hohen Anforderungen zu stellen seien, sondern bereits eine geringe Unterscheidungskraft ausreiche, die das Markenwort in jedem Fall aufweise. Da der Begriff „Dynamic“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine beschreibende Angabe darstelle, bestehe auch kein Bedürfnis der Mitbewerber, das Markenwort frei verwenden zu können, denn unter das so genannte Freihaltebedürfnis fielen nur eindeutig beschreibende Angaben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin gerügt, dass die von der Markenstelle angesprochenen Internetbelege dem Beschluss nicht angefügt gewesen seien. Der Senat hat der Anmelderin daraufhin diese Nachweise sowie weitere Recherchebelege im Termin übergeben und ihr eine Schriftsatzfrist zur Stellungnahme bis zum 15. Juni 2010 nachgelassen. In ihrem Schriftsatz vom 3. Juni 2010 hat die Anmelderin daraufhin zu den fraglichen Belegen ausgeführt, diese zeigten lediglich eine Verwendung des Wortes „dynamisch“ als inhaltsleere Werbephrase, der das Publikum keinerlei unmittelbaren, konkreten Sachbezug entnehmen könne. Eine Verwendung als eindeutiges Werteversprechen sei darin nicht zu erkennen. Auch vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könnte der angemeldeten Marke somit keine absoluten Schutzhindernisse mehr entgegengehalten werden, wie sich dies vor allem aus der Entscheidung „Vorsprung durch Technik“ ergebe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2010 Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Angaben oder Zeichen, wie das englische Wort „Dynamic“, sind nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH GRUR 2008, 900, Rdn. 12 – SPA II, m. w. N.). Ausgeschlossen sind insoweit auch Angaben, die zwar in der jeweils einschlägigen Fachterminologie noch nicht nachweisbar sind, deren beschreibender Aussagegehalt aber so eindeutig und unmissverständlich hervortritt, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; sowie Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 335 m. w. N.). Dadurch soll dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung getragen und der Verbleib eines ausreichenden Gestaltungsspielraums für die Mitbewerber sichergestellt werden. Zu diesem Zweck erfasst der Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht nur ein von vornherein festgelegtes, abschließend definiertes Spektrum von Produkteigenschaften, sondern alle Merkmale, die im geschäftlichen Verkehr mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen von Bedeutung sind. Deshalb können unter dieses Schutzhindernis auch durchaus Angaben fallen, die in ihrem Aussagegehalt eine gewisse Unschärfe aufweisen oder noch keine exakten begrifflichen Konturen erlangt haben (vgl. nochmals BGH a. a. O., Rdn. 14 ff. – SPA II). Anhaltspunkte, ob ein Merkmal verkehrswesentlich sein kann, lassen sich insbesondere aus den jeweils einschlägigen Branchengegebenheiten gewinnen. Auch wenn es für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keineswegs entscheidend ist, ob eine Angabe bereits tatsächlich beschreibend genutzt wird (vgl. EuGH MarkenR 2010, 85, 89, Rdn. 52, 56 – Prana Haus; EuGH GRUR 1999, 723, 726, Rdn. 37 – Chiemsee), spricht deshalb die Nachweisbarkeit einer solchen Verwendung eindeutig für ein schutzwürdiges Interesse der Wettbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit. Fremdsprachige Begriffe unterliegen dem Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nur dann, wenn die beschreibende Bedeutung der Marke von den inländischen Verkehrskreisen ohne Weiteres erkannt wird oder wenn die Mitbewerber das Markenwort für den Import/Export bzw. für den inländischen Absatz zur ungehinderten beschreibenden Verwendung benötigen. Insoweit sind nicht nur die allgemeinen Endverbraucher, sondern stets auch die am Handel mit den fraglichen Waren beteiligten Fachkreise zu berücksichtigen, die über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 24, 26, 32 – Matratzen Concord/Hukla). Da das englische Wort „Dynamic“ weitgehende Übereinstimmungen mit seinem deutschsprachigen Pendant aufweist, ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass sowohl die angesprochenen Endverbraucher als auch die genannten Fachkreise das Markenwort in seinem naheliegendsten Bedeutungsgehalt „dynamisch“ verstehen werden. Der Begriff „dynamisch“ ist zum einen als Werteversprechen bzw. werbeübliche Anpreisung einer entsprechenden, d. h. durch besonderen Schwung und Energie gekennzeichneten Erbringung von Dienstleistungen sowie als Hervorhebung eines „dynamischen“ Unternehmungsgeists (vgl. hierzu Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., 2006 [CD-ROM]) seit langem gebräuchlich und den angesprochenen Verbrauchern in diesem Sinne bekannt. Nach den Feststellungen der Markenstelle und des Senats wird der fragliche Begriff darüber hinaus aber u. a. auch im geschäftlichen Verkehr zur Produktbeschreibung der hier einschlägigen Waren verwendet, die sich unter die Oberbegriffe „Baumaterialien“ und „Bodenbeläge“ einordnen lassen. So wird etwa die Optik eines Industrieparketts aus Eiche als „modern und dynamisch“ beworben, die Ausstrahlung von Holzböden als „Urban dynamisch“ sowie die optische Wirkung von Bodenbelägen aus unterschiedlichen Materialien als „Subtil, dynamisch, glänzend“, „ästhetisch, sinnlich, dynamisch“ oder „Dynamisch und einladend“ beschrieben. Des Weiteren finden sich Hinweise auf die „dynamische Ader“ eines Parketts oder die dynamische Wirkung eines Laminats. Entsprechende Belege wurden der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung übergeben und mit ihr erörtert. Wenn die Anmelderin diesen Nachweisen entgegenhält, sie zeigten lediglich eine Verwendung des Wortes „dynamisch“ als inhaltsleere Werbephrase, der das Publikum keinen unmittelbaren Sachbezug entnehmen könne, lässt sie unberücksichtigt, dass der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keineswegs nur Zeichen erfasst, die abschließende Rückschlüsse auf konkrete Waren- oder Dienstleistungsmerkmale ermöglichen. Ebenso wie Angaben, zu deren Bedeutungsgehalt sich noch keine exakte, einhellige Auffassung entwickelt hat, können auch Begriffe mit einer gewissen Unschärfe diesem Schutzhindernis unterfallen (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 14 ff. – SPA II). Der Anmelderin ist zwar darin zuzustimmen, wenn sie sinngemäß geltend macht, das Wort „Dynamic“ bzw. sein deutschsprachiges Pendant „dynamisch“ vermittelten letztlich keine exakt definierbare Merkmalsbeschreibung der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Solche eher allgemein gehaltenen Angaben kommen als verbraucherorientierte Sachinformationen jedoch umso mehr in Betracht, als sie unter Werbe- und Marketinggesichtspunkten häufig in besonderem Maße geeignet sind, ein wenn auch nicht präzises, dafür aber weit gefasstes Merkmalsspektrum zu umschreiben. Es entspricht deshalb dem allgemeinen Werbestandard, zur Anpreisung von Produkten und Serviceleistungen derartige Begriffe zu verwenden. In diesem Sinne ermöglicht es das Markenwort „Dynamic“ den angesprochenen Verbrauchern, sofort und ohne weiteres Nachdenken einen unmittelbaren, sachbezogenen Zusammenhang zu den hier verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen herzustellen. Die mit einer – wie im vorliegenden Fall – allgemein gehaltenen Umschreibung als „ dynamisch “ verbundene begriffliche Unbestimmtheit steht der Annahme einer beschreibenden Sachangabe somit nicht entgegen (vgl. hierzu BGH GRUR 2009, 952, Rdn. 15 – DeutschlandCard ). Als merkmalsbeschreibende Angabe steht der angemeldeten Marke daher bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob ihr zudem die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist. Aus diesem Grund erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der von der Anmelderin besonders hervorgehobenen Entscheidung „Vorsprung durch Technik“ (vgl. EuGH GRUR 2010, 228) und dessen Ausführungen zu den maßgeblichen Kriterien für die Prüfung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus Werbeslogans bestehen. Die Beschwerde war zurückzuweisen. Die beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr kam vorliegend nicht in Betracht, da es selbst bei Annahme einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Anmelderin an der erforderlichen Kausalität zwischen Verfahrensfehler und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung fehlen würde.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006212&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006213
BPatG
München
27. Senat
20100713
27 W (pat) 188/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Klassik4Kids" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 23 189.5 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke Klassik4Kids ist am 5. April 2007 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 41, nämlich für "Tonträger; Compact-Disks (Ton, Bild); Compact-Disks (ROM, Festspeicher); Schallplatten; DVDs; Magnetaufzeichnungen, Druckereierzeugnisse; Konzertprogramme; Booklets; Bücher; Kalender; Kataloge; Prospekte; Tickets; Zeitschriften; Zeitschriften (Magazine); Zeitungen; kulturelle Aktivitäten; Konzertaufführungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke; Rundfunkunterhaltung; Produktion von Shows; Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen; Komponieren von Musik; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Durchführung von Live-Veranstaltungen" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 7. April 2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei der Wortzusammensetzung "Klassik4Kids" liege ein beschreibender Hinweis dahingehend vor, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handle, die klassische Literatur oder Musik Kindern nahebringen sollten. Es liege also ein beschreibender Hinweis auf das Thema und die Zielgruppe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor. Bei den hier angesprochenen Verkehrskreisen handle es sich überwiegend um breite Verkehrskreise, die die Wortkombination ohne Weiteres verstünden. "4" werde auch häufig für das englische "for" verwendet, was dementsprechend dem deutschen Wort "für" klanglich sehr ähnlich sei und "Kids" für "Kinder" sei bereits in die deutsche Sprache eingegangen. Somit sei der angemeldete Markenbegriff auch ohne weitergehende Englischkenntnisse unmittelbar verständlich. Dem Beschluss beigefügt sind mehrere Internetausdrucke, die eine Verwendung von "4Kids" belegen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. April 2009 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen. Die Anmelderin hält die Bezeichnung "Klassik4Kids" für unterscheidungskräftig, da es sich hierbei um eine lexikalisch nicht nachweisbare Bezeichnung handle. Entgegen den Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss werde die Verwendung dieser Bezeichnung auch nicht durch die dem Beschluss beigefügten Internetausdrucke belegt. Der Beschluss habe nicht berücksichtigt, dass sich die Anmelderin die Marken "Klassik für Kids Justus Frantz" und "Klassik4Kids Justus Frantz" habe eintragen lassen. Die Unterscheidungskraft der Marke ergebe sich auch aus der Mehrdeutigkeit des Begriffs "Klassik", der über den Bereich von Literatur und Musik hinaus noch eine Vielzahl von möglichen Bedeutungen habe. Die Anmelderin verweist schließlich auch noch auf die vom Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Marke "Doc 4 Kids". II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, dass der angemeldeten Marke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn. 27 ff. - BioID; GRUR 2006, 850 - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 24 - SAT 2). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdn. 53 - Henkel). Enthält eine Bezeichnung einen Begriffsinhalt, der für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn es sich um Angaben handelt, welche die Verbraucher als übliche Begriffe, aber nicht als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 109). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke "Klassik4Kids" für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Waren und Dienstleistungen einen ohne Weiteres erkennbaren Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Die Anmeldemarke besteht aus dem allgemein geläufigen Wort "Klassik", dem allgemeinen, insbesondere auch in der Werbung gebräuchlichen Ziffernkürzel "4" für "for" und dem als sog. Lehnwort in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen ursprünglich englischsprachigen Begriff "Kids", der mit „Kinder“ übersetzt wird. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Bezeichnung ohne Schwierigkeiten im Sinne von "Klassik für Kinder" verstehen. In Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos einen Bezug zur Klassik haben können, liegt somit ein Hinweis auf das Thema und die Zielgruppe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor (ebenso 27 W (pat) 85/09 - fashion 4 EVA), den die angesprochenen Verbraucher auch nicht wegen seiner Kombination aus den Wörtern mit der 4 für „for“ als Herkunftshinweis verstehen. Ob der Gesamtbegriff "Klassik4Kids" lexikalisch nachweisbar ist oder gar bereits im vorgenannten Sinne verwendet wird, ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ohne jede Bedeutung (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rdn. 32 - DOUBLEMINT). Entgegen der Auffassung der Anmelderin begründet auch der Umstand, dass das Wort "Klassik" mehrere Bedeutungen hat, keine Unterscheidungskraft. Im Rahmen der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke nach § 8 Abs. 2 MarkenG ist nämlich stets zu fragen, welchen Sinngehalt diese in Bezug zu den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweist. Dass die Anmelderin die Marke mit Zustimmung des angeblichen Erfinders der angemeldeten Bezeichnung angemeldet hat, spielt für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft keine Rolle, da diese grundsätzlich unabhängig von der Person des Anmelders zu erfolgen hat (BGH GRUR 2006, 503 - Casino Bremen). Aus der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnlich gebildete deutsche Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung abzuleiten. Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben (BGH BlPMZ 1998, 248 - Today). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts Abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. MarkenR 2009, 201 - Schwabenpost; GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 - Henkel). Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006213&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006214
BPatG
München
27. Senat
20100621
27 W (pat) 191/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Miss Tuning" –Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – zur Kostenentscheidung
Parallelverfahren: 29 W (pat) 67/10
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 36 867 hier: Löschungsverfahren S 156/08 Lö hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: 1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Mai 2009 wird insoweit aufgehoben, als damit die Marke 303 36 867 gelöscht wurde. Der Löschungsantrag des Antragstellers wird zurückgewiesen. 2. Die Anträge beider Beteiligten, dem jeweiligen Gegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, werden jeweils zurückgewiesen.
I. Der Antragsteller hat am 16. Mai 2008 die Löschung der am 13. Januar 2004 für die Antragsgegnerin für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen eingetragenen Wortmarke 303 36 867 Miss Tuning nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG mit der Begründung beantragt, die Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden. Dem ihr am 9. Juni 2008 zugestellten Löschungsantrag hat die Inhaberin des angegriffenen Zeichens am 25. Juni 2008 widersprochen. Mit Beschluss vom 15. Mai 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Löschung des angegriffenen Zeichens für die Waren und Dienstleistungen Druckereierzeugnisse, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher; Briefmarken, Kalender, Alben, Sammelbücher, Fähnchen, Wimpel, Spielen, Spielkarten, Fotografien, Poster; Post- und Grußkarten, Tauschkarten, Bücher- und Lesezeichen; Abziehbilder (auch zum Aufbügeln und als vorübergehende Tätowierung), Rubbelbilder, Papier- und PVC-Aufkleber; Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung; Marketing, Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Werbung für Aussteller und Werbemittlung; Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet ( Bannerexchange ); Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien; Vermittlung von Adressen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Verträgen über die Inanspruchnahme von Dienstverträgen; Versendung von Werbemitteln; Verteilung von Werbemitteln; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren und Dienstleistungspräsentationen; Anzeigenvermittlung; Marktkommunikation (Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen) für andere; Geschäftsführung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personal- und Wirtschaftsberatung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Sekretariatsdienstleistungen; Dekoration von Messeständen und Bühnen; Veranstaltung von Messen zu Werbe- und Gewerbezwecken; Vermietung von Ausstellungs- und Kongressräumen; Errichten, Bau von Messeständen, Bühnen und -läden; Elektroinstallation, Installation von Anlagen für die Produktion und Reproduktion von Ton und Bild; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Ausstrahlung von Hörfunksendungen, Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Übermittlung von Nachrichten; Satellitenübertragung; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; E-mail-Dienste; interaktive Onlinedienste, nämlich Betreiben eines Teleshopping-Kanals; Leitungs-, Routing- und Verbindungsdienstleistungen für die Telekommunikation; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; Bereitstellen von Internetzugängen; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellen von Portalen im Internet; Bereitstellen von Plattformen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; Durchführung von Videokonferenzen; Konferenzschaltungen; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten und Pressemeldungen; Vermietung von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Webmessaging); Unterhaltung; Produktion, Reproduktion, Vorführung und Vermietung von Filmen, Produktion und Reproduktion von Ton- und Bildaufnahmen auf anderen Bild- und/oder Tonträgern, Vorführung und Vermietung dieser Bild und/oder Tonträger; Betrieb und Vermietung von Studios einschließlich von Einrichtungen, Apparaten und Geräten für die Produktion von Ton- und Bildaufnahmen; Vermietung von Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie von Geräten für die Aufnahme, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Theateraufführung, Musikdarbietung; Organisation und Veranstaltung von Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und/oder Musikdarbietungen sowie Unterhaltungsshows; Vermietung von Bühnendekorationen, Musikinstrumente, Ton-Verstärkeranlagen sowie von elektronischen und elektrotechnischen Anlagen zur Erzeugung von Spezialeffekten; Organisation und Veranstaltung kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe; Herausgabe und Veröffentlichung von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Katalogen und Broschüren; Verwaltung, Verwertung und Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten und Urheberrechten; Lizenzierung von Software; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen wegen fehlender Unterscheidungskraft angeordnet und im Übrigen den Löschungs- sowie den Kostenantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Löschungsantrag habe teilweise Erfolg, weil anhand der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und des vom Patentamt ermittelten Sachverhalts festzustellen sei, dass der Wortmarke für die genannten Waren und Dienstleistungen im Zeitpunkt der Eintragung am 13. Januar 2004 sowie im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gefehlt habe und noch fehle. Der aus dem Wort „Miss“, welches (häufig in Verbindung mit einem Ländernamen) für eine Schönheitskönigin stehe, und dem Bestandteil „Tuning“, unter dem „das Frisieren“, also die technische Aufrüstung eines Kraftfahrzeuges verstanden werde, zusammengesetzten angegriffenen Marke komme die Bedeutung eines Schönheitswettbewerbs im Bereich des Kfz-Tunings zu. Die Durchführung von Miss-Wahlen stelle nämlich eine bereits im Eintragungszeitpunkt gängige Form der Unterhaltung dar, die auch zu dem Zweck durchgeführt werde, auf ein Thema aufmerksam zu machen oder als verkaufsfördernde Maßnahme Produkte und Dienstleistungen zu präsentieren; so gebe es Miss-Wahlen in den unterschiedlichsten Bereichen, wobei die gekürte Schönheitskönigin den Titel „Miss“ mit einem entsprechenden auf die Branche oder den Bereich bzw. das Thema hinweisenden Zusatz trage und auch die Veranstaltung so betitelt werde; gerade in der Kfz-Branche spielten Models zur Präsentation und Bewerbung von Produkten und Dienstleistungen eine große Rolle. In Bezug auf die zu löschenden Waren und Dienstleistungen weise das angegriffene Zeichen damit lediglich darauf hin, dass die angebotenen Waren sich inhaltlich mit dem Thema einer Misswahl in Zusammenhang mit getunten Kraftfahrzeugen beschäftigten oder aber die angebotenen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer derartigen Miss-Wahl erbracht würden. Das angesprochene Publikum werde der Bezeichnung damit keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragsgegnerin die Aufhebung des ihr am 28. Mai 2009 zugestellten Beschlusses und die Zurückweisung des Löschungsantrages. Ihrer Ansicht nach zeigten bereits die Entscheidungen des Bundespatentgerichts in Sachen „Miss Cognac“ und „Miss Germany“ (26 W (pat) 139/04 und 33 W (pat) 172/03), dass Kombinationen wie die angegriffene Marke jedenfalls für die Waren und Dienstleistungen, die keinen unmittelbaren Bezug zu Schönheitswettbewerben hätten, Unterscheidungskraft besäßen. Aber auch für solche Waren und Dienstleistungen, für welche ein solcher Bezug bestünde, sei dies der Fall, wie Gerichtsentscheidungen insbesondere von Verletzungsgerichten bestätigt hätten. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Wie bereits der Umstand, dass es - insbesondere auch in Österreich und der Schweiz - zahlreiche „Miss Tuning“-Wahlen gebe, zeige, werde der inländische Verbraucher unter der angegriffenen Bezeichnung nur die Durchführung eines Schönheitswettbewerbs für getunte Fahrzeuge verstehen. Soweit es Eintragungen von Marken, die das Wort „Miss“ und einen weiteren, insbesondere geografischen Begriff enthielten, gebe, handele es sich ausschließlich um Wortbildmarken, die allein wegen ihrer grafischen Gestaltung eingetragen worden seien. Der Verbraucher habe keinen Anlass, die angegriffene Marke als Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen aufzufassen. Daher habe die Markenabteilung zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Unrecht auf den Antrag des Beschwerdegegners die Löschung der angegriffenen Marke für einen Teil der eingetragenen Waren und Dienstleistungen angeordnet. Zwar war der Löschungsantrag zulässig, insbesondere innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt, ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 MarkenG lag aber entgegen der Auffassung der Markenabteilung nicht vor. 1. Nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG kann eine Marke auf Antrag nur gelöscht werden, wenn sie u. a. entgegen § 8 MarkenG eingetragen wurde, wenn also zum Zeitpunkt der Eintragung ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 MarkenG bestand. Wie sich aus § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ergibt, muss dieses Schutzhindernis dabei sowohl im Eintragungszeitpunkt bestanden haben als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbestehen. Der Eintragung der angegriffenen Marke steht und stand aber weder das absolute Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegen noch bestand und besteht ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, dass das Zeichen die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren und Dienstleistungen beschreibt, also zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] – DOUBLEMINT ; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] - HAIRTRANSFER ) ausschließlich aus Angaben bestand und besteht, die zur Bezeichnung von Merkmalen dieser Waren oder Dienstleistungen dienen können und für den Markt wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände bezeichnen (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER ), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Darüber hinaus fehlte und fehlt ihr auch nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft, also in der nach Art. 101 GG, Art. 234 EGV allein maßgeblichen und alle Gerichte bindenden Auslegung des Europäischen Gerichtshofs die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID); nur dann wäre es aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs allein gerechtfertigt, das Allgemeininteresse an der freien Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten, einzuschränken (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2). 2. Das englische Wort "Miss" bezeichnet eine "unverheiratete Frau". Darüber hinaus wird es - häufig in Verbindung mit einem Orts- oder Ländernamen oder einem sonstigen Zusatz mit geografischem oder sachlichem Bezug - auch als Angabe einer "Schönheitskönigin" für den durch den Zusatz näher umschriebenen Bereich ("Miss-World"; "Miss-Europa") oder für eine weibliche Person, die für eine bestimmte Ware oder Sache als „Botschafterin“ auftreten soll, verwendet. Schließlich kann "Miss" auch der (scherzhafte) Titel für eine Frau sein, die die Verkörperung von etwas darstellt, wie das Beispiel "Miss Tagesschau" zeigt (vgl. zum Vorstehenden insgesamt Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort „Miss“). Der in der angegriffenen Marke weiter enthaltene Begriff "Tuning" steht in der englischen Sprache für das Stimmen von Musikinstrumenten sowie das Einstellen des Radios oder eines Motors (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch. 3. Aufl. Mannheim 2005 [CD-ROM] Stichwort „tuning“). In letztgenannter Bedeutung ist dieses Wort mittlerweile auch in die deutsche Sprache eingegangen (vgl. Duden, a. a. O., Stichworte „Tuning“ und „tunen“). 3. In diesen Bedeutungen beschreibt die angegriffene Marke aber nicht Merkmale der von der Löschungsanordnung der Markenabteilung betroffenen Waren und Dienstleistungen. Dabei kann dahinstehen, ob - wie die Inhaberin der angegriffenen Marke geltend macht - alle diese Waren und Dienstleistungen tatsächlich in Zusammenhang mit Schönheitswettbewerben stehen, da selbst für die Dienstleistungen, die - wie die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltene Dienstleistung „Organisation und Veranstaltung kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe“ - unmittelbar eine solche Veranstaltung bezeichnen, ein Schutzhindernis nicht besteht. Bei der Beurteilung ist zu beachten, dass die beiden Wörter „Miss“ und „Tuning“ in der angegriffenen Marke zu einem Gesamtbegriff verschmelzen, also sprachlich aufeinander bezogen sind. Damit käme eine beschreibende Bedeutung für einen Schönheitswettbewerb zum einen in Betracht, wenn damit ein mit dem Gesamtbegriff erschöpfend wiedergegebenes Merkmal (irgend-)eines Schönheitswettbewerbs - insbesondere sein Gegenstand - allgemein bezeichnet würde. Darüber hinaus wäre eine beschreibende Bedeutung nach der BIOMILD-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH GRUR 2004, 680, 681 [Rz. 39 f.]) auch zu bejahen, wenn das Publikum die Marke als Sachhinweis auf zwei verschiedene Merkmale der betreffenden  Dienstleistung unmittelbar - d. h. ohne analysierende Betrachtung - verstehen würde. Beides ist indessen nicht der Fall. a) Es ist für einen Schönheitswettbewerb kennzeichnend, dass aus einer Vielzahl von Bewerbern oder Bewerberinnen der- oder diejenige ausgesucht wird, der oder die nach Ansicht der jeweiligen Jury der oder die „Schönste“ der Bewerber oder Bewerberinnen sein soll. Die hierbei ausgewählte Person wird dabei in der Regel mit einem Titel benannt, wobei sich bei Schönheitswettbewerben unter weiblichen Teilnehmerinnen ein aus dem Begriff „Miss“ und einer weiteren Angabe gebildeter Titel eingebürgert hat. Soweit es damit den auch in der angegriffenen Marke enthaltenen Begriff „Miss“ betrifft, bezeichnet dieser mithin unmittelbar ein wesentliches (allgemeines) Merkmal solcher Schönheitswettbewerbe, bei welchen die Auswahl unter weiblichen Kandidatinnen - bzw., soweit es sich um Wettbewerbe im Transvestiten- oder Transsexuellen-Bereich handelt, unter als Frauen verkleideten oder sich wie Frauen empfindenden Männern - getroffen werden soll. Eine solche allgemeine Benennung eines möglichen unmittelbaren Merkmals (irgend-) eines Schönheitswettbewerbs kann demgegenüber dem weiteren Bestandteil „Tuning“ nicht entnommen werden. Anders als etwa geografische Angaben, die etwa in dem Titel „Miss Germany“ (vgl. BPatG 29 W (pat) 220/93 - Miss Germany) als Hinweis darauf verstanden werden können, dass die weiblichen Kandidatinnen aus Deutschland stammen müssen, also deutsche Staatsbürgerinnen sind oder jedenfalls dort ihren Wohnsitz haben, und, weil ein solches Verständnis der geografischen Angabe naheliegt, damit - auch dann, wenn eine solche Teilnahmebedingung tatsächlich (ähnlich wie bei den bekannten Fernsehshows „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germany´s Next Topmodel“, bei denen auch andere Personen teilnehmen können) nicht besteht - den Inhalt des Schönheitswettbewerbs bezeichnen können, lässt sich eine solche, den Gegenstand (irgend-)eines Schönheitswettbewerbs unmittelbar bezeichnende Angabe mit dem Begriff „Tuning“ ebenso wenig verbinden wie im Fall der Marke „Miss Cognac“ (vgl. BPatG 26 W (pat) 139/04). Dass die Kandidatinnen selbst „getunt“ sein sollen, wird das Publikum kaum annehmen, zumal wegen des oben genannten Begriffsinhalts sich selbst bei - immer zu berücksichtigendem - analogem Verständnis eine bestimmte Bedeutung dieses Begriffs in Bezug auf Menschen nicht zwingend herstellen lässt; selbst soweit der Schönheitswettbewerb etwa zwischen Frauen aus dem Sport- oder Bodybuilding-Bereich stattfinden sollte, wäre der Begriff „tuning“ nicht unmittelbar beschreibend, da er bislang als Angabe körperlicher Merkmale der Kandidatinnen soweit ersichtlich weder gebräuchlich noch nahegelegt ist. b) Eine unmittelbar beschreibende Angabe für Schönheitswettbewerbe wird das Publikum mit dem Bestandteil „Tuning“ aber auch dann nicht verbinden können, wenn es diesen Bestandteil in Zusammenhang mit der Kfz-Branche bringt, welche sich mit der Leistungssteigerung von Kraftfahrzeugen durch Feinabstimmung des Motors, der Aerodynamik einer Karosserie oder des Fahrwerks befasst. Eine beschreibende Bedeutung in Bezug auf den Kreis der Kandidatinnen - und damit auf Inhalt und Gegenstand eines Schönheitswettbewerbs - wird es damit nicht verbinden. Allerdings käme ein solches Verständnis bei Branchen, die über einen nicht unerheblichen Anteil an weiblichen Beschäftigten verfügen, durchaus in Betracht; so läge es etwa nahe, mit der Angabe „Miss Sparkasse“ einen Sachhinweis auf die Durchführung eines Schönheitswettbewerbs unter weiblichen Sparkassen-Angestellten zu verstehen. Davon kann aber in der hier relevanten Branche keine Rede sein. So ist der Frauenanteil im (gesamten) Kfz-Handwerk traditionell äußerst gering und lag etwa 2008 bei 2 % (vgl. http://www.autosieger.de/ article14581.html). Auch wenn der Frauenanteil „auf niedrigem Niveau“ (vgl. den vorgenannten Artikel) zunimmt, wird es auf absehbare Zeit kaum als naheliegend erscheinen, den Begriff „Miss Tuning“ als bloßen Sachhinweis auf den Kreis der Kandidatinnen zu verstehen. Vielmehr ist der Verbraucher daran gewöhnt, dass Frauen in diesem Bereich Gegenstand der (häufig über Gebühr sexuell aggressiven) Werbung sind und somit als bloßes Werbemittel missbraucht werden. Damit wird er den Begriff „Tuning“ allenfalls als Hinweis auf den Ausrichter des Schönheitswettbewerbs ansehen; bei einem solchen Verständnis verbindet er aber mit der angegriffenen Marke keine Sachaussage, die unmittelbare Merkmale (irgend-) eines Schönheitswettbewerbs benennt, sondern einen Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Dienstleistung „Veranstaltung eines Schönheitswettbewerbs“ aus einem bestimmten Unternehmen der Tuning-Branche. c) Allerdings schiede auch mit diesem Verständnis eine Schutzfähigkeit aus, falls sich der Begriff „Miss Tuning“ bereits bei Eintragung der angegriffenen Marke im Jahr 2004 als allgemeiner Hinweis auf die Durchführung eines Schönheitswettbewerbs durch eine Vielzahl von Unternehmen aus der Tuning-Branche entwickelt hätte. Der Antragsteller hat aber nichts vorgetragen, was einen solchen Schluss nahelegen würde. Die von ihm eingereichten Unterlagen stammen zum einen überwiegend erst aus jüngster Zeit und sind somit als Nachweis für eine fehlende Schutzfähigkeit zum Eintragungszeitpunkt - was für eine Löschung der eingetragenen Marke aber zwingend wäre - nicht geeignet. Zum anderen geben seine Verwendungsbeispiele aus Österreich und der Schweiz für das Verständnis des inländischen Publikums, das der Beurteilung allein zugrunde gelegt werden kann, nichts erhebliches her. Da sonstige Anhaltspunkte für eine Verwendung des Begriffs „Miss Tuning“ als allgemeiner Hinweis auf eine Vielzahl von Schönheitswettbewerben durch Unternehmen der Tuning-Branche weder vorgetragen noch seitens der Markenabteilung oder des Senats feststellbar sind, kann sich auch aus diesem Gesichtspunkt eine Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke nicht ergeben. d) Schließlich lässt sich eine Schutzunfähigkeit auch nicht, wie der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 17. März 2010 vorgetragen hat,  aus der Überlegung herleiten, das Publikum verstehe die Angabe „Miss Tuning“ im Sinne eines Schönheitswettbewerbs für getunte Fahrzeuge. Zwar mag es Schönheitswettbewerbe geben, bei denen insbesondere unter ästhetischen Gesichtspunkten das „schönste Fahrzeug“ ausgewählt wird. Insoweit könnte dann zwar dem Bestandteil „Tuning“ eine beschreibende Bedeutung beigemessen werden, nicht aber dem weiteren Bestandteil „Miss“, weil die am Wettbewerb teilnehmenden Fahrzeuge hiermit weder unmittelbar noch in analogem Sinne bezeichnet zu werden pflegen. 3. Da somit eine Schutzunfähigkeit der angegriffenen Marke schon zum Eintragungszeitpunkt nicht feststellbar ist, war auf die Beschwerde der ihre teilweise Löschung anordnende Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und der Löschungsantrag zurückzuweisen. B. Die Anträge beider Beteiligten, dem jeweiligen Gegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, waren zurückzuweisen, da Gründe für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, die nach ständiger Rechtsprechung nur unter engen Voraussetzungen aus Billigkeit in Frage kommt, weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Die für eine Billigkeitsentscheidung erforderlichen Umstände liegen dabei - anders als in Zivilverfahren gem. § 91 ZPO - nicht schon dann vor, wenn einer der Beteiligten mit seinem Verfahrensziel nicht durchzudringen vermag (vgl. BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur). Eine Kostenauferlegung kommt vielmehr nur in Betracht, sofern ein Beteiligter gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten verstößt; dies kann selbst bei einer nach bisherigen Rechtsgrundsätzen aussichtslosen Beschwerde oder Verteidigung der angegriffenen Marke nur bejaht werden, wenn Anhaltspunkte dafür festgestellt werden können, welche den Schluss nahelegen, dass ein Beteiligter mit seinem Verhalten vorrangig verfahrensfremde Ziele wie Verzögerung einer Entscheidung oder Behinderung der Gegenseite verfolgt (zutr. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 71 Rn. 16). Anhaltspunkte dafür sind vorliegend aber weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006215
BPatG
München
27. Senat
20100713
27 W (pat) 198/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Leaving The Comfort Zone" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 032 660.3 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2009 wird insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für die Waren "Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen" zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die am 19. Mai 2008 für die Waren und Dienstleistungen "Wissenschaftliche Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Messungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten" angemeldete Wortmarke Leaving The Comfort Zone ist von der mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 18. Mai 2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammengesetzte Wortfolge ohne weiteres mit der Bedeutung "Verlassen der Komfortzone" verstehen. Dem Beschluss beigefügt sind umfangreiche Internetausdrucke, in denen von einem Verlassen der Komfortzone die Rede ist. Das Verlassen der Komfortzone bezeichne dabei einerseits das körperliche Hinausbegeben aus einem geographischen Bereich mit Annehmlichkeiten und Behaglichkeiten in einen anderen Bereich, in dem diese nicht vorhanden seien (z. B. bei Überlebenstrainings oder Abenteuerreisen in die Wildnis oder fremde Umgebung). Es bezeichne aber auch die bewusste Vornahme von Veränderungen im täglichen Leben, das bewusste Ausprobieren von etwas Neuem, das bewusste Kennenlernen von fremden Menschen usw., um eine persönliche Weiterentwicklung und Bereicherung zu erfahren. Als Komfortzone würden in diesem Zusammenhang die gewohnte, angestammte Umgebung bzw. die bekannten Gewohnheiten im Handeln, Denken und Fühlen bezeichnet. Wie sich aus den dem Beschluss beigefügten Anlagen ergebe, sei das Verlassen der Komfortzone - weil es zur persönlichen Weiterentwicklung beitragen könne - ein viel diskutiertes und beachtetes Konzept, das nicht nur im Deutschen, sondern auch im englischen Sprachraum verbreitet sei. Es habe eine Kommerzialisierung erfahren, z. B. durch Lebens- und Unternehmensberater, Anbieter von Outdoortraining , Autoren usw. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weise das Zeichen nur eine sachbezogene Werbefunktion auf, hinter der die Herkunftsfunktion zurücktrete. Hinsichtlich der Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" sei das Zeichen eine Zweckangabe. Es drücke aus, dass die Waren zum Einsatz außerhalb bequemer und komfortabler Umgebungen geeignet und bestimmt seien, z. B., dass es sich um Bekleidungsstücke speziell für Aufenthalte in der Wildnis bzw. Natur (sog. Outdoorkleidung ) handle. Dies gelte auch hinsichtlich der Waren "Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Messungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Verkaufsautomaten und Mechaniken über geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte". Auch dabei könne es sich um speziell für den Aufenthalt in der Natur, Wildnis und sonstigen nicht komfortablen Umgebung entwickelte Instrumente oder Apparate handeln (z. B. solche, die besonders wasser-, kälte-, oder hitzebeständig seien oder die über Akkumulatoren verfügten, die mittels Sonnenenergie aufgeladen werden könnten, usw.). Für die Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten" könne das Zeichen eine Inhaltsangabe darstellen. Wie dargelegt, sei das Verlassen der Komfortzone ein viel beachtetes Konzept zur persönlichen Fortentwicklung, zu dem mehrere Publikationen existierten, die auch auf anderen Datenträgern - wie Magnetaufzeichnungsträger oder Schallplatten - publiziert werden könnten. Für die Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten" könne das angemeldete Zeichen ebenfalls als Inhalts- oder Themenschwerpunkt dienen. Sowohl Erziehungs- als auch Ausbildungsmaßnahmen könnten auf dem dargestellten Prinzip der persönlichen Weiterentwicklung durch das Verlassen der Komfortzone beruhen. Im Rahmen der Recherche habe sich ergeben, dass es zahlreiche Anbieter für Ausbildung, Weiterbildung und Erziehung gebe, deren Konzepte auf diesem Ansatz beruhten. Dies gelte auch für Anbieter von Unterhaltungsdienstleistungen und sportlichen und kulturellen Aktivitäten. So sei das Grundprinzip eines Überlebenstrainings das Verlassen komfortabler Gebiete. Ein solches Training könne Erziehungs- oder Ausbildungsmaßnahme sein, es könne aber auch mit sportlichen oder kulturellen Aktivitäten verbunden sein und der Unterhaltung (z. B. eine Sendung über Überlebenstraining, vgl. etwa Dschungelcamp) dienen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Amtsverfahren vertritt er weiterhin die Auffassung, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Es fehle an einem unmittelbaren Produktbezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Dem Anmelder sei es vor allem durch die Bestimmung des § 23 Nr. 2 MarkenG verwehrt, mit Hilfe des Markenschutzes gegen beschreibende Angaben einzuschreiten, nicht aber über eine weite Auslegung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 3 MarkenG. II. 1. Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG) und ohne zeitliche Bindung. Der Anmelder hat eine mündliche Verhandlung nicht beantragt. Diese ist nach Wertung des Senats auch nicht dienlich. Der Senat musste dem Anmelder den beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung nicht zuvor mitteilen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt es lediglich, Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahme zum Sachverhalt abzugeben, ihre Auffassung zu Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen. Hierzu bestand seit Beschwerdeeinlegung hinreichend Gelegenheit. 2. Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die von der Markenstelle versagten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn. 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden oder gebräuchlichen Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Derartige Angaben verstehen die Verbraucher nicht als Unterscheidungsmittel (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). a) Nach diesen Grundsätzen kommt der Bezeichnung "Leaving The Comfort Zone" hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen - mit Ausnahme der im Tenor genannten Waren - nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zu. Den Bedeutungsgehalt der aus der zum Grundwortschatz der englischen Sprache zusammengesetzten Wortfolge "Leaving The Comfort Zone" im Sinne von "Verlassen der Komfortzone" hat die Markenstelle zutreffend dargelegt. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden keine Schwierigkeiten haben, die Wortfolge in diesem Sinne zu übersetzen. Die Markenstelle hat durch die dem Beschluss beigefügten umfangreichen Internetausdrucke belegt, dass die Wortfolge "Verlassen der Komfortzone" im Inland bereits vielfach von Dritten verwendet wird. Das Publikum wird der Wortfolge im Bezug auf die weiterhin zu versagenden Waren und Dienstleistungen die allgemeine Werbeaussage entnehmen, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen dazu geeignet und bestimmt sind, außerhalb einer Komfortzone eingesetzt zu werden. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen der Markenstelle wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Der Hinweis des Anmelders auf die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der absoluten Schutzhindernisse hat (EuGH GRUR 2004, 946, 947 - Nichols). b) Eine andere Beurteilung ist für die Waren "Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen" angezeigt. Für diese Waren entbehrt die Wortfolge "Leaving The Comfort Zone" nicht des notwendigen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft. Dass diese Geräte in der Wildnis oder Natur zum Einsatz kommen, hält der Senat entgegen der Auffassung der Markenstelle für abwegig. Mangels eines im Vordergrund stehenden beschreibenden und werbemäßigen Sinngehalts kann der Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Insoweit ist die Marke auch nicht geeignet, Merkmale der Waren unmittelbar zu beschreiben und unterliegt damit auch keinem Freihaltungsbedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006216
BPatG
München
30. Senat
20100610
30 W (pat) 58/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Heringsdorfer Jod Sole" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 305 29 703.1 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Juni 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende sowie der Richterin Hartlieb und des Richters Paetzold beschlossen: Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortfolge Heringsdorfer Jod Sole für die Waren und Dienstleistungen „Pharmazeutische Erzeugnisse, Gesundheitspflegemittel; Mineralwasser; Dienstleistungen eines Fitnessstudios; Betrieb von Kosmetiksalons, von Kurkliniken, von Erholungsheimen; Dienstleistungen eines Heil- und Kurbades, Gesundheits- und Schönheitspflege; Beherbergung und Bewirtung von Gästen“. Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Wortfolge enthalte in eindeutiger und typischer Weise den bloßen beschreibenden Hinweis, dass die so gekennzeichneten Waren Jod Sole - eine nach eigenem Vortrag des Anmelders wässrige Salzlösung unter Beimengung von Jod - aus dem Ort Heringsdorf enthielten bzw. die beanspruchten Dienstleistungen unter Verwendung einer solchen Jod Sole erbracht würden. Es sei üblich, dass Kurorte ihre Jod Sole im Rahmen ihrer Gesundheits- und Heilangebote anpriesen. Hiergegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und ausgeführt, auch wenn die einzelnen Wortbestandteile „Jod“, „Sole“ und „Heringsdorf“ für sich beschreibend und nicht schutzfähig seien, so gelte dies für die Kombination mit dem Begriff „ Heringsdorf er “ nur im Hinblick auf die Ware „Mineralwasser“, nicht jedoch für die übrigen Waren und Dienstleistungen. Hierfür bestehe auch kein Freihaltebedürfnis. Denn die Jodsolequelle, von der die Bezeichnung der Marke abgeleitet sei, befinde sich schon seit Jahrhunderten auf dem Territorium und im Besitz der Gemeinde OT Heringsdorf; aus geologischen Gründen gebe es auch dort nur diese eine Quelle. Ohnehin sei die Wortfolge bereits für die Dienstleistungen der Klasse 44 eingetragen. Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. Mai 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist und darüber hinaus jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehrt. 1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER ; GRUR 2001, 735, 736 - Test it). Dabei nimmt der Verkehr Kennzeichen von Waren und Dienstleistungen regelmäßig in der Form auf, wie sie ihm entgegentreten und ist erfahrungsgemäß wenig geneigt, sie begrifflich zu analysieren, um beschreibende Bedeutungen herauslesen zu können, so dass die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und keine zergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - 164 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ). Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort oder einer Wortfolge mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Hinsichtlich einer geographischen Herkunftsangabe muss die für die Bejahung eines Freihaltungsbedürfnisses erforderliche Beziehung zwischen den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und dem fraglichen Ort nicht notwendigerweise auf der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistung in diesem Ort beruhen, sondern kann sich auch aus anderen Anknüpfungspunkten ergeben. Letztlich besteht ein Freihaltungsbedürfnis nicht nur an geographischen Angaben, die sich unmittelbar auf konkrete Eigenschaften der einschlägigen Waren und Dienstleistung beziehen, sondern auch an Ortsbezeichnungen, welche die Vorlieben der Verbraucher in anderer Weise beeinflussen können, z. B. dadurch, dass diese eine Verbindung zwischen Waren und Dienstleistungen und einem Ort herstellen, mit dem sie positiv besetzte Vorstellungen verknüpfen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 - Chiemsee; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 8 Rdn. 279 m. w. N.). Dabei besteht bei Namen von Ländern oder sonst wirtschaftlich bedeutenden Örtlichkeiten eine grundsätzliche Vermutung dafür, dass sie als geographische Herkunftsangaben zur freien Verwendung benötigt werden (vgl. EuG GRUR 2004, 148 - OLDENBURGER ; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 283 m. w. N.). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“. Davon ausgehend ist im vorliegenden Fall ein rechtserhebliches Freihaltungsbedürfnis an der angemeldeten Wortfolge zu bejahen. „Heringsdorf“ ist der Name eines Seebades auf der Insel Usedom; als adjektivierte Form stellt „ Heringsdorfer “ einen beschreibenden geografischen Bezug her. Unter „Sole“ versteht man eine Salzwasserlösung. „Jod“ ist ein Spurenelement, das im Bereich der Medizin zur Behebung von Jodmangel eingesetzt wird; es gibt auch jodiertes Speisesalz zur Vorbeugung gegen Jodmangel. Demnach ist „Jod Sole“ eine Bezeichnung für eine Salzwasserlösung, die Jod enthält. In seinem Schriftsatz vom 10. Juli 2008 hat der Anmelder selbst die „Jodsolequelle“ in Heringsdorf erwähnt. Andere Kurorte in Deutschland haben Jod-Sole-Thermen eingerichtet (Bad Bernsen, Bad Schwartau, Dangast), bei denen das Jod-Sole-Heilwasser im Mittelpunkt von Heilanwendungen steht. Die angesprochenen Verkehrskreise entnehmen der sprachüblich gebildeten Kombination aus der Bezeichnung „Jod Sole“ und der Ortsangabe „Heringsdorf“ ohne weiteres die Bedeutung „Jod Sole aus Heringsdorf“. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, soweit die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 - BioID). Die Wortfolge in ihrer Gesamtheit enthält keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht, was für die Schutzfähigkeit erforderlich wäre (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rdn. 29 - BioID). Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, ergibt die angemeldete Wortfolge die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich bei den beanspruchten Waren nach Art und Beschaffenheit um solche handelt, die aus Jodsole aus Heringsdorf bestehen oder unter deren Verwendung hergestellt worden sind. Das Gleiche gilt für die Dienstleistungen, die unter Verwendung der Heringsdorfer Jodsole erbracht werden können. Schließlich gilt dies auch für die auf Fitness oder Schönheitspflege bezogenen Dienstleistungen, bei denen auch Heilwasserbehandlungen angeboten werden können, beim Betrieb eines Fitness-Studios z. B. durch Wassergymnastik im Heilwasserbecken. Es muss auch anderen Marktteilnehmern möglich sein, ohne Behinderung durch Monopolrechte Dritter darauf hinweisen zu können, dass ihre Waren und Dienstleistungen unter Verwendung der Heringsdorfer Jod Sole erbracht werden. Dagegen spricht nicht die vom Anmelder geltend gemachte Monopolstellung hinsichtlich der Jodsolequelle, denn dadurch ist keineswegs ausgeschlossen, dass die Mitbewerber die von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen unter Verwendung der Jodsole erbringen. Ohnehin wird das Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit von Angaben über Örtlichkeiten, die im Alleinbesitz stehen, in der Regel nicht ausgeschlossen, weil sich die Rechtslage mit Rücksicht auf die Möglichkeit von Besitzwechseln und angesichts der freien Übertragbarkeit von Marken jederzeit ändern kann (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 8 Rdn. 289, 294). Auch lässt die getrennte Schreibweise des Wortes „Jodsole“ das Freihaltungsbedürfnis nicht entfallen; denn die Trennung wird bereits bei Großschreibung der Wortmarke, die in allen üblichen Schrifttypen Schutz für sich beanspruchen könnte, nicht mehr ohne weiteres erkennbar sein oder zumindest kaum auffallen. Das Gleiche gilt für das Anhängsel „er“, welches dem Ortsnamen „Heringsdorf“ in sprachüblicher Weise angefügt ist, was bei der Herkunftsumschreibung von Waren völlig gängig ist (Lübecker Marzipan, Aachener Printen, etc.). 2. Darüber hinaus liegt aber auch der weitere Versagungsgrund der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG vor. Wie die Markenstelle zurecht ausgeführt hat, wird die Wortfolge wegen ihrer ohne weiteres erkennbaren und im Vordergrund stehenden Sachaussage sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht und zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann, nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden, sondern lediglich als allgemeiner Sachhinweis, wofür Markenschutz nicht gewährt werden kann. 3. Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine identische Voreintragung berufen. Selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken entsteht unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS ; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene Dietrich; EuGH GRUR 2009, 667 f. - Schwabenpost; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; GRUR 2010, 425 - Volksflat ; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 8 Rdn. 25, 26 m. w. N.). Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006217
BPatG
München
29. Senat
20100630
29 W (pat) 69/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "firstprint" – Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 78 941.1 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. Juni 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: 1. Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 und 22. April 2009 aufgehoben, soweit die Anmeldung für nachfolgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist: Klasse 16: Papier; Pappe (Karton); Waren aus Papier und/oder Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Klasse 40: Materialbearbeitung; Klasse 41: Ausbildung; Fortbildung. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Dezember 2007 die Wortmarke firstprint für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Papier; Pappe (Karton); Waren aus Papier und/oder Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Klasse 40: Materialbearbeitung; Dienstleistungen einer Druckerei, nämlich Druckarbeiten; Klasse 41: Ausbildung; Fortbildung. Durch Beschlüsse vom 20. November 2008 und 22. April 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass das aus den beiden englischen, in die deutsche Sprache eingegangenen Wörtern "first" und "print" sich zusammensetzende Anmeldezeichen soviel wie "Erstdruck" oder "erstklassiger Druck" im Sinne einer Qualitätsberühmung bedeute. Nicht nur diese Kombination, sondern auch andere Wortverbindungen mit dem Begriff "first", wie " FIRST DRIVE " oder "first class", seien gebräuchlich. Ebenso seien Zusammenschreibungen von Einzelwörtern werbeüblich. Damit weise das angemeldete Zeichen auf die Thematik, die Bestimmung und die Qualität der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin. Sie könnten der Gewährleistung einer erstklassigen Druckqualität oder dem Erstdruck dienen, diesen ausführen, ihn dokumentieren, hierfür ausbilden oder die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen liefern. Die geltend gemachte Mehrdeutigkeit begründe nicht die Schutzfähigkeit der Wortfolge, da es ausreiche, wenn eine Bedeutung einen beschreibenden Sinngehalt vermittle. Es handele sich bei ihr nur um die gewöhnliche Aneinanderreihung rein beschreibender Bestandteile. Gegen den Beschluss vom 22. April 2009 hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, mit der er die Eintragung des angemeldeten Zeichens für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen beantragt. Zur Begründung trägt er vor, dass die Bedeutung des Begriffs " firstprint " vom inländischen Verkehr nicht verstanden werde, da er lexikalisch nicht nachweisbar und sprachregelwidrig zusammengesetzt sei. Ihm komme auf Grund der mit den beiden Bestandteilen "first" und "print" verbundenen Übersetzungsmöglichkeiten eine gewisse Mehrdeutigkeit zu. Folglich sei der von der Markenstelle angenommene Sinngehalt "Erstdruck" oder "erstklassiger Druck" nicht zwingend. Das angemeldete Zeichen weise keinerlei Sachbezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf. Auch als gebräuchliches Wort der Alltagssprache könne es auf Grund seines breiten Bedeutungsspektrums nicht angesehen werden. Ebenso wenig bestehe an der sprachunüblich gebildeten Wortkombination ein Freihaltungsbedürfnis. Dem Beschwerdeführer ist die vorläufige Rechtsauffassung des Senats unter Beifügung der recherchierten Belege vorab zur Stellungnahme zugeleitet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. 1. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch im Hinblick auf die Zurückweisung der Anmeldung für "Druckereierzeugnisse" und "Dienstleistungen einer Druckerei, nämlich Druckarbeiten" nicht begründet. Das angemeldete Zeichen ist insoweit eine freihaltungsbedürftige Merkmals- und Eigenschaftsangabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - Doublemint). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD). a) Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens ist von der Bedeutung "Erstdruck" auszugehen. Der englischsprachige Zeichenbestandteil "first" kann ein Adjektiv, ein Adverb oder ein Substantiv mit den im Vordergrund stehenden Bedeutungen "erste(r, s), erstklassig", "zuerst, großartig" bzw. "der/die/das Erste" sein (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seiten 322 und 323; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage, CD-ROM). Eine Interpretation im Sinne des deutschen Wortes "First", also der obersten waagrechten Kante eines geneigten Daches, scheidet auf Grund des nachfolgenden Elements "print" aus (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, CD-ROM). Dieses kann entweder als Substantiv u. a. mit "Gedruckte(s), Druck, photographischer Abzug, Druckmuster" oder als Verb u. a. mit "drucken, veröffentlichen" übersetzt werden (vgl. Pons Großwörterbuch, a. a. O., Seite 694; Duden-Oxford, a. a. O.). Demzufolge kann die beanspruchte Wortkombination zwar u. a. die Bedeutungen "erster Druck", "erstklassiges Gedrucktes", "großartig drucken" oder "das Erste veröffentlichen" vermitteln. Allerdings lässt sich lexikalisch nur die Bedeutung "Erstdruck" für die Wortfolge "first print" nachweisen (vgl. "dict.cc" unter "http://www.dict.cc/? s=first+print "). In diesem Sinne wird sie - wie nachfolgende Belege zeigen - überwiegend auch im inländischen Verkehr verwendet (vgl. " Linguee " unter "http://www.linguee.de/uebersetzung/deutsch/first+print.html"): - "…, first print the top page is at the correct distance…" (vgl. " FixYa " unter "http://www.fixya.com/search/…"), - "Tiertafel Deutschland e.V. News. Ausgabe 7 - Juli 2009 - FIRST PRINT " (vgl. "Tiertafel Deutschland" unter "http://www.tiertafel.de/tt-news/Ausgabe_07_2009.pdf") oder - "Edelweiss (First Print Limited Edition)" (vgl. "GAMEPILOT.DE" unter "http://www.cheatpilot.de/?id=31130&p=1"). Die darüber hinaus ermittelten Verwendungen im Sinne eines Kennzeichens (" FIRSTPRINT you think - we print" unter "http://www. firstprint .de/?sid=e1101000336aba7888d699e600c1a23c"), im Zusammenhang mit dem schnellen Druck der ersten Seite durch einen Laserdrucker ("Quick First Print bedeutet damit für die meisten gängigen Druckjobs ein kaum erreichbares Drucktempo, selbst wenn die reine Seitengeschwindigkeit pro Minute eines anderen Druckers höher ist." unter "http://www.canon.de/For_Home/Product_Finder/Multifunctionals/Laser/Features/…") oder in Verbindung mit einer Kinder-Handschrift ("Kids First Print aus der Kategorie Handschriften" unter "http://fonts.rahty.de/Handschriften/Kids+First+Print.html") treten demgegenüber deutlich in den Hintergrund. Es kommt nicht darauf an, ob die beiden Bestandteile "first" und "print" zusammengeschrieben sind oder nicht. Der Verkehr ist mittlerweile daran gewöhnt, dass in der Werbung auf Grammatikregeln nicht oder nur beschränkt Rücksicht genommen wird, zumal vorliegend die Zusammensetzung aus den beiden Wörtern "first" und "print" deutlich erkennbar bleibt. b) Unter Zugrundelegung der Bedeutung "Erstdruck" beschreibt das angemeldete Zeichen die von der Zurückweisung der Beschwerde umfassten Waren und Dienstleistungen. Wie die unter 1.a) genannten Belege zeigen, gibt es verschiedene Druckereierzeugnisse, wie beispielsweise der Newsletter der Tiertafel Deutschland e.V., bei denen der Begriff " firstprint " zum Ausdruck bringt, dass es sich bei ihnen nicht um einen Nachdruck, sondern um eine Erstausgabe handelt. Des Weiteren kann unter einem Erstdruck auch der erste Abzug eines gedruckten Werkes, insbesondere im Sinne eines Korrekturabzugs oder eines Probedrucks, verstanden werden (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.). Demzufolge lässt sich dem Anmeldezeichen lediglich eine Information über die Art, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Druckereierzeugnisse entnehmen. Dementsprechend wird es auch im Zusammenhang mit den "Dienstleistungen einer Druckerei, nämlich Druckarbeiten" nicht als Herkunftshinweis aufgefasst. Der Verkehr geht vielmehr davon aus, dass die Druckarbeiten der Erstellung von Erstdrucken dienen. Insoweit macht die Zusammensetzung " firstprint " lediglich den Zweck der eben genannten Dienstleistungen deutlich. c) Die von dem Beschwerdeführer geltend gemachte, Schutz begründende Mehrdeutigkeit liegt nicht vor. Die neben "Erstdruck" in Betracht kommenden Übersetzungsmöglichkeiten sind - wie oben unter 1.a) bereits ausgeführt - von so untergeordneter Bedeutung, dass sie vorliegend die Annahme einer Mehrdeutigkeit nicht rechtfertigen. Vielmehr weist das beanspruchte Zeichen im Verkehr einen bestimmten deutlich im Vordergrund stehenden Sinngehalt auf. Im Übrigen würde auch eine etwaige Mehrdeutigkeit nicht zur Eintragbarkeit des angemeldeten Zeichens für "Druckereierzeugnisse" und "Dienstleistungen einer Druckerei, nämlich Druckarbeiten" führen. Für die Zurückweisung einer Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG reicht es aus, wenn das angemeldete Wortzeichen zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. zur entsprechenden Regelung des Art. 7 Abs. 1 lit. c VO (EG) Nr. 40/94: EuGH - Doublemint, a. a. O., Rdnr. 32). 2. Demgegenüber ist die Beschwerde begründet, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Anmeldung für die in Ziffer 1. des Tenors genannten Waren und Dienstleistungen richtet. a) Dem gegenständlichen Zeichen kommt diesbezüglich unter Zugrundelegung der Bedeutung "Erstdruck" nicht die Funktion einer freihaltungsbedürftigen unmittelbar beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu. Es konnten keine Belege ermittelt werden, die darauf schließen lassen, dass die Waren der Klasse 16 "Papier; Pappe (Karton); Waren aus Papier und/oder Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren" spe-ziell für die Erstellung von Erstdrucken entwickelt werden oder dafür bestimmt sind. Das gleiche gilt für die Dienstleistungen der Klasse 35 "Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet" und die Dienstleistungen der Klasse 41 "Ausbildung; Fortbildung". Selbst wenn sie sich mit der Ausgabe von Erstdrucken beschäftigen sollten, so werden sie dadurch nicht charakterisiert. Die Recherchen des Senats lassen darauf schließen, dass die Dienstleistungen nicht nach einem theoretisch möglichen Gegenstand benannt werden (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2009, 949, 951, Rdnr. 24 - My World). Zur Dienstleistung der Klasse 40 "Materialbearbeitung" weist das gegenständliche Zeichen ebenso keinen Sachbezug auf, da unter Material normalerweise nicht Erstdrucke verstanden werden (vgl. Duden - Deut-sches Universalwörterbuch, a. a. O.) und sie dementsprechend nicht mit dieser Tätigkeit in Verbindung gebracht werden. b) Zudem fehlt dem angemeldeten Zeichen insoweit nicht die notwendige Unterscheidungskraft, so dass auch das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht vorliegt. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 - Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Ver-kehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Aus den unter 2.a) genannten Gründen besteht kein ausreichend enger Sachzusammenhang zwischen dem angemeldeten Zeichen und den in Ziffer 1. des Tenors aufgeführten Waren und Dienstleistungen. Auch als gebräuchliches Wort ist " firstprint " ausweislich der Beleglage nicht anzusehen, so dass ihm insoweit das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft noch zukommt. Der Beschwerde war demzufolge teilweise stattzugeben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006218
BPatG
München
30. Senat
20100610
30 W (pat) 31/08
Beschluss
Art 5 Abs 1 EGV 510/2006, Art 5 Abs 2 EGV 510/2006, Art 5 Abs 5 EGV 510/2006
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Markenbeschwerdeverfahren – "Altbayerischer Senf" – Antrag auf Eintragung einer geographischen Angabe – zu einzelnen Tatbestands-Voraussetzungen der VO (EG) 510/2006 (juris-Abkürzung: EGV 510/2006): ‚Vereinigung’ erfordert Zusammenschluss mehrerer Erzeuger/Verarbeiter gleicher Lebensmittel – genaue Definition des ‚geografischen Gebiets’ erforderlich – ‚Ansehen’: Nachweis einer konkreten Qualitätserwartung des Verkehrs erforderlich - nach Veröffentlichung des Antrags erfolgte Änderungen der Spezifikation erfordern vor der Entscheidung keiner erneuten Veröffentlichung
Markenbeschwerdeverfahren – "Altbayerischer Senf" – Antrag auf Eintragung einer geographischen Angabe – zu einzelnen Tatbestands-Voraussetzungen der VO (EG) 510/2006 (juris-Abkürzung: EGV 510/2006): ‚Vereinigung’ erfordert Zusammenschluss mehrerer Erzeuger/Verarbeiter gleicher Lebensmittel – genaue Definition des ‚geografischen Gebiets’ erforderlich – ‚Ansehen’: Nachweis einer konkreten Qualitätserwartung des Verkehrs erforderlich - nach Veröffentlichung des Antrags erfolgte Änderungen der Spezifikation erfordern vor der Entscheidung keiner erneuten Veröffentlichung
In der Beschwerdesache … betreffend den Antrag auf Eintragung einer geografischen Angabe 306 99 001.6 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Juni 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Schutzgemeinschaft Altbayerischer Senf als Antragstellerin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt für das Erzeugnis "Senfpaste" für die Bezeichnung Altbayerischer Senf am 14. Februar 2006 Antrag auf Eintragung als geographische Angabe in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsangaben und der geschützten geographischen Angaben eingereicht, das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel geführt wird. Die Eintragung ist beantragt worden unter Bezugnahme auf Art. 5 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2081/92 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und 2 der VO (EWG) 2037/93 vom 27. Juli 1993; als einzige Erzeugerin von Altbayerischem Senf im geografischen Gebiet ist die H… GmbH & Co. KG angegeben. In der mit dem Antrag eingereichten Spezifikation heißt es auszugsweise: "Altbayerischer Senf ist eine aus Senfkörnern, Meerrettich und Wacholderbeeren gewonnene, verzehrfertige Paste. Altbayerischer Senf besteht vornehmlich aus grob gemahlenen Senfsaaten, Meerrettich, Wacholderbeeren, Wasser, Zucker, Branntweinessig, Salz und Gewürzen. Seine Konsistenz ist körnig-zähflüssig. ….Das typisch süß-pikante Aroma verdankt der Altbayerische Senf …insbesondere dem regional hergestellten Meerrettich und den Wacholderbeeren… Die Besonderheit des Altbayerischen Senfs ist die …Verwendung von Meerrettich und Wacholderbeeren… Den pikanten Geschmack erhält der Altbayerische Senf durch den Meerrettich und die Wacholderbeeren… …Die entölte Senfsaat ist mit den restlichen festen Komponenten der Rezeptur, insbesondere den Wacholderbeeren, vorzumischen… …Nach langwierigen Experimenten erfand 1996 …den Altbayerischen Senf, indem er dem Bayerischen süßen Senf Meerrettich und Wacholderbeeren zu bestimmten Zeitpunkten der Herstellung und in bestimmten Mengen beimischte….." Ferner sind in der Spezifikation u. a. die Analysewerte für die salz-, fett- und zuckerfreie Trockensubstanz mit mindestens 11g/100g und der Fettgehalt des Senfs mit mindestens 0,8g/100g angegeben. Die Markenabteilung 3.2. des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach § 130 Abs. 3 MarkenG Stellungnahmen sachkundiger und interessierter Stellen eingeholt (RAL - Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., St. Augustin; LfL - Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut für Ernährungswirtschaft und Markt, München; Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, München; Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Erlangen; Deutsches Institut zum Schutz von geographischen Herkunftsangaben e. V., Köln; Verband der Essig- und der Senfindustrie e. V., Bonn; Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, München; Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband e. V., München; Bayerischer Industrie- und Handelskammertag IHK, München). In der Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 5. April 2006 heißt es unter anderem: "Wir weisen darauf hin, dass die Richtlinie zur Beurteilung von Senf in Abschnitt II Allgemeine Beurteilungsmerkmale unter Nr. 6 einen Fettgehalt von mindestens 1,6g/100g fordert, ausgehend von … % Mindestgehalt an salz- und fettfreier Trockensubstanz. Auch für süßen Senf mit einer salz-, fett- und zuckerfreien Trockensubstanz von … % errechnet sich ein Fettgehalt von 1,6g/100g. Der Antragsteller gibt für sein Produkt "Altbayerischer Senf" einen Fettgehalt von 0,8g/100g an; das würde bedeuten, dass die Grundanforderungen an Senf nicht erfüllt wären und die Bezeichnung "Senf" somit irreführend wäre". Nach Übersendung der Stellungnahmen hat die Antragstellerin mit einem Schriftsatz, Datum 14. Februar 2006, am 20. September 2006 eine geänderte Fassung der Spezifikation eingereicht. Darin sind u. a. die Analysewerte für die salz-, fett- und zuckerfreie Trockensubstanz mit mindestens 11g/100g und der Fettgehalt des Senfs mit mindestens 1,6g/100g angegeben. Die Markenabteilung 3.2 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluss vom 31. Januar 2007 den Antrag der Schutzgemeinschaft Altbayerischer Senf auf Eintragung der Bezeichnung "Altbayerischer Senf" als geografische Angabe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 zurückgewiesen. Zur Begründung ist unter Anderem ausgeführt, dass erhebliche Zweifel an der Antragsbefugnis beständen, da nur ein einziger Erzeuger keine Schutzgemeinschaft im Sinn VO Art. 5 Abs. 1 der VO (EG) 510/2006 sei. Die Frage der Antragsbefugnis könne aber dahingestellt bleiben. Denn die Voraussetzungen für den Schutz als geografische Angabe gemäß Art. 2 Abs. 1b der VO (EG) Nr. 510/2006 lägen nicht vor. Mit der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde vom 7. März 2007 hat die Antragstellerin in erster Linie Aufhebung der Entscheidung des Patentamts wegen unterbliebener Veröffentlichung des Antrags nach Art. 5 Abs. 5 Satz 1 der VO (EG) Nr. 510/2006 beantragt. Durch Beschluss vom 24. Mai 2007 hat der Senat den Beschluss der Markenabteilung nach § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG aufgehoben, weil über den Antrag ohne die in § 130 Abs. 4 a. F. MarkenG vorgeschriebene Veröffentlichung entschieden worden sei; gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 und 4 der VO (EG) Nr. 510/2006 gehe der Entscheidung über den Antrags in der Sache eine Veröffentlichung voraus. Mit Email vom 23. März 2007 übersandte die Antragstellerin eine weitere "angepasste Spezifikation". Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Verfügung vom 1. August 2007 die Veröffentlichung des Antrags mit der Spezifikation in der Fassung vom 23. März 2007 angeordnet. Die Veröffentlichung des Antrags auf Eintragung einer geographischen Angabe oder einer Ursprungsbezeichnung der Schutzgemeinschaft Altbayerischer Senf erfolgte im Markenblatt vom 31. August 2007. Darin heißt es auszugsweise: "Altbayerischer Senf ist eine verzehrfertige Paste zum Würzen von Speisen. Der Altbayerische Senf besteht im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf vornehmlich aus entölten Senfsaaten, Bayerischem Meerrettich, Bayerischen Wacholderbeeren, Wasser, Zucker, Branntweinessig, Salz und Gewürzen. Seine Konsistenz ist körnig und viskos…. Der Altbayerische Senf schmeckt süß-pikant und deutlich wahrnehmbar nach Meerrettich und Wacholderbeeren. Der Altbayerische Senf erlangt seine Besonderheit im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf durch spezielle Verfahren: • Die Senfsaat wird entölt, • der Senfmaische werden Bayerische Wacholderbeeren zuzugeben und • die Erzeuger der Senfmaische lassen in offenen Wannen mit einem vom Erfinder des Altbayerischen Senfs entwickelten, eine Art groß dimensionierten "Schneebesen" in Handarbeit Bayerischen Meerrettich unterrühren…. …. Zunächst sind die Senfkörner zu reinigen und für die anschließende Vermengung zu entölen. Die Entölung verstärkt den süß-pikanten Geschmack des Altbayerischen Senfs. Die entölte Senfsaat ist mit den restlichen festen Komponenten, insbesondere den Bayerischen Wacholderbeeren, vorzumischen…. … Nach langwierigen Experimenten erfand 1996…den Altbayerischen Senf, indem er dem Bayerischen Süßen Senf Bayerischen Meerrettich und Bayerische Wacholderbeeren zu bestimmten Zeitpunkten der Herstellung, in bestimmten Mengen und in einem speziellen, handwerklichen Verfahren beimischte. Dadurch entstand das besondere Know-how des regionalen Erzeugers zur Herstellung des Altbayerischen Senfs.…. Folgende Etikettierungen sind insbesondere unzulässig:…die Zusätze "Ur-"…" Zwischenzeitlich hat die Antragstellerin am 10. August 2007 eine weitere "aktualisierte Fassung des Einzigen Dokuments und der Produktspezifikation" eingereicht. Am 24. September 2007 ging ein Einspruch der B… GmbH in K… …, ein. Begründend ist ausgeführt, dass sie seit mehr als … Jahren Bau mann´s Urbayerischen Hausmachersenf vertreibe und durch das in der Beschreibung enthaltene Verbot der Etikettierung mit dem Zusatz "Ur-" in ihrer Existenz gefährdet sei. Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008 hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass ein weiterer Erzeuger – nämlich die Einsprechende - der Schutzgemeinschaft beigetreten sei und eine weitere "aktualisierte, schriftliche Ausfertigung des Einzigen Dokuments, der Produktspezifikation und der Angaben zur antragstellenden Vereinigung Altbayerischer Senf" eingereicht. Darin heißt es auszugsweise: "Altbayerischer Senf ist eine verzehrfertige Paste zum Würzen von Speisen. Der Altbayerische Senf besteht vornehmlich aus entölten gelben und braunen Senfsaaten, Bayerischem Meerrettich, Wasser, Zucker in kristalliner und/oder in flüssiger Beschaffenheit, Branntweinessig, Salz und Gewürzen. Seine Konsistenz ist körnig und viskos…. Der Altbayerische Senf schmeckt süß-pikant und deutlich wahrnehmbar nach Meerrettich. Der Altbayerische Senf erlangt seine Besonderheit durch spezielle regionale Verfahren, wie zum Beispiel Entölung, die ursächlich für den Erhalt der Schärfe und damit des süß-pikanten Meerrettich-Geschmacks sind: • Die gelbe und braune Senfsaat wird daher entölt, • der Senfmaische wird der Bayerische Meerrettich in Handarbeit beigemengt oder dem ausgekühlten Senf  zuzugeben und in offenen Wannen und/oder Banzen mit einem speziell entwickelten, einer Art großdimensionierten "Schneebesen" in Handarbeit untergerührt…. …. Zunächst sind die Senfkörner zu reinigen und für die anschließende Vermengung zu entölen. Die Entölung verstärkt den süß-pikanten Geschmack des Altbayerischen Senfs. Die entölte Senfsaat ist mit den restlichen festen Komponenten, insbesondere den Bayerischen Wacholderbeeren, vorzumischen…. Der Altbayerische Senf ist …als "Altbayerischer Senf",…"Als "Urbayerischer Hausmachersenf" zu etikettieren…" Die Einsprechende hat mit Schreiben vom 22. Februar 2008 mitgeteilt, dass sie der Schutzgemeinschaft beigetreten sei und ihren Einspruch zurückgenommen. Durch Beschluss vom 7. März 2008 hat die Markenabteilung 3.2 des Deutschen Patent- und Markenamts in Sachen des Antrags der Schutzgemeinschaft Alt- bayerischer Senf den Antrag auf Eintragung der Bezeichnung "Altbayerischer Senf" als geografische Angabe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 zurückgewiesen. Zur Begründung ist unter Anderem ausgeführt, dass – nach wie vor - erhebliche Zweifel an der Antragsbefugnis als Schutzgemeinschaft beständen, da nur ein einziger Erzeuger keine Schutzgemeinschaft im Sinn VO Art. 5 Abs. 1 der VO (EG) 510/2006 sei. Auch die Aufnahme der B… GmbH in die Schutzgemeinschaft führe nicht zu einer "Vereinigung", da diese mit der Herstellung von "Urbayerischem Hausmachersenf" nicht Erzeuger desselben Lebensmittels sei; "urbayerisch" sei keine geografische Herkunftsangabe und kein Synonym für "Altbayern"; zudem stehe die abweichende charakteristische Zusammensetzung des Produkts der Annahme desselben Lebensmittels entgegen; die Firma B… verwende nur Meerrettich als besondere Zutat, während die Firma H… dem Erzeugnis – nach der ursprünglichen Fassung der Spezifikation –  Wacholderbeeren beifüge, die danach den typischen Geschmack dieses Senfprodukts deutlich wahrnehmbar präge und dadurch auch maßgeblich zu seinem ei-genständigen Charakter und Ansehen beitrage. Mit der sich daraus ergebenden Produktion von "Altbayerischem Senf" allein in Regensburg, und nicht im gesamten benannten Gebiet, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr mit der Bezeichnung eine Spezialität aus ganz Altbayern und ein hierauf gegründetes Ansehen verbinde. Zudem erfülle die Bezeichnung "Altbayerischer Senf" aber auch die Voraussetzungen für den Schutz als geografische Angabe gemäß Art. 2 Abs. 1) b) der VO (EG) 510/2006 nicht. Ein auf das geografische Gebiet bezogener Zusammenhang des Produkts mit dem Gebiet sei nicht nachgewiesen. Dieser Beschluss ist durch Beschluss vom 19. März 2008 antragsgemäß hinsichtlich der Angabe der Auflage der zitierten Fundstelle Duden berichtigt worden. Gegen diese ihr am 12. März bzw. 26. März 2008 zugestellten Beschlüsse richtet sich die am 11. April 2008 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Sie meint mit näheren Ausführungen zunächst, das Patentamt habe gemeinschaftsrechtswidrig geprüft. Weiter ist sie der Auffassung, dass der Antrag in jeder Hinsicht die Anforderungen der Verordnung erfülle. Insbesondere hält sie die Veröffentlichung des "abgeänderten" Antrags vom 20. Februar 2008 für erforderlich. Die Beschwerdeführerin beantragt, 1. den Beschluss des DPMA vom 7. März 2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des DPMA vom 19. März 2008 aufzuheben, 2. nach Art. 5 V UA 1 VO (EG) Nr. 510/2006 für eine angemessene Veröffentlichung des nach dem nationalen Einspruch abgeänderten Eintragungsantrags Altbayerischer Senf zu sorgen und eine ausreichende Frist für nationale Einsprüche zu setzen sowie 3. nach Art. 5 IV UA 2 VO (EG) Nr. 510/2006 den nach dem nationalen Einspruch abgeänderten Eintragungsantrag Alt- bayerischer Senf auf geeignete Art und Weise zu prüfen, um sicherzustellen, dass er gerechtfertigt ist und die Anforderungen der VO (EG) Nr. 510/2006 erfüllt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die nach §§ 133a S. 1, S. 3 a. F., 66 Abs. 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache nicht begründet. Gegenstand des Verfahrens ist, worauf die Antragstellerin zutreffend hinweist, der Antrag der Schutzgemeinschaft Altbayerischer Senf mit den angegebenen Erzeugern H… GmbH & Co. KG in R…, und B1… …, B… GmbH in K…. Der ursprünglich eingereichte Antrag gemäß VO (EWG) 2081/92 i. V. m. VO (EWG) 2037/93 unter Angabe der Firma H… als einziger Erzeugerin ist nach Zusammenschluss mit der Firma B… nicht aufrecht erhalten und vom Patentamt auch in der Sache nicht beschieden worden und somit nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. I. Die Beschwerde ist schon deshalb unbegründet, weil die Grundvoraussetzung für die Stellung des Antrags gemäß Art. 5 Abs. 1 der VO (EG) 510/2006 nicht erfüllt ist. Danach kann ein Antrag auf Eintragung nur von einer Vereinigung gestellt werden. Die Antrag stellende Schutzgemeinschaft Altbayerischer Senf ist keine Vereinigung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 und 2 der VO (EG) 510/2006 (vgl. auch Art. 5 Abs. 1 der VO (EWG) 2081/92). Danach ist eine "Vereinigung" im Sinn der Verordnung jede Art des Zusammenschlusses von Erzeugern oder Verarbeitern des gleichen Lebensmittels; eine Vereinigung kann nur für die von ihr erzeugten Lebensmittel einen Antrag auf Eintragung stellen (Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 510/2006). Zusammengeschlossen haben sich im Verlauf des Verfahrens vor dem Patentamt zwar die Firmen H… und B…. Die weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer "Vereinigung" im Sinne der Verordnung - "mehrere Erzeuger /Verarbeiter des gleichen Lebensmittels" – liegt aber nicht vor. Maßgebliches Lebensmittel ist hier Senfpaste mit dem Namen Altbayerischer Senf. Vorliegend kann schon nicht festgestellt werden, dass sich mehrere Erzeuger des gleichen, von ihnen erzeugten Lebensmittels zusammengeschlossen haben. Es bestehen nach den verschiedenen eingereichten Dokumenten bereits erhebliche Unklarheiten darüber, mit welcher Rezeptur die Firma H… … das nach den Angaben seit 1998 vermarktete Produkt mit der Bezeichnung "H.´s Altbayerischer Senf" tatsächlich hergestellt hat und gegenwärtig herstellt. Zweifelhaft ist zunächst, ob bis zur Einreichung der geänderten Fassung der Spezifikation vom 20. September 2006 überhaupt ein Produkt erzeugt wurde, das die Bezeichnung "Senf" führen darf. In der "Richtlinie zur Beurteilung von Senf" (Abschnitt II. "Allgemeine Beurteilungsmerkmale" unter Nr. 6 und Abschnitt III. "Besondere Beurteilungsmerkmale" unter Nr. 1. a)) heißt es: "Die salz- und fettfreie Trockensubstanz von Senf beträgt, soweit die Richtlinie nichts anderes vorsieht, mindestens 12g/100g. Der Fettgehalt von Senf beträgt mindestens 1,6g/100g. …"Süßer Senf"… weist folgende Merkmale auf: - Der Gehalt an salz-, fett- und zuckerfreier Trockensubstanz beträgt mindestens 11g/100g. - Der Fettgehalt des Senfes beträgt mindestens 1,6g/100g." Im Antrag vom 14. Februar 2006 sind die Analysewerte des nach den weiteren Angaben seit 1998 eingeführten Produkts Altbayerischer Senf für die "salz-, fett- und zuckerfreie Trockensubstanz" mit "mindestens 11g/100g" und für den Fettgehalt mit "mindestens 0,8g/100g" angegeben. Dazu ist in der Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 5. April 2006 darauf hingewiesen worden, dass mit dem in der Spezifikation angegebenen Fettgehalt von 0,8g/100g kein Senf im Sinn der Richtlinie zur Beurteilung von Senf vorliege; auch für süßen Senf mit einer salz-, fett- und zuckerfreien Trockensubstanz von … % errechne sich ein Fettgehalt von … %. Daraufhin hat die Antragstellerin ohne weitere Angaben hierzu am 20. September 2006 eine geänderte Fassung der Antragsunterlagen eingereicht, die bei den Analysewerten den Fettgehalt des Senfs mit "mindestens 1,6g/100g" angibt. Die Antragstellerin hat auch auf Hinweis des Gerichts keine Ausführungen dazu gemacht, mit welchen Analysewerten insoweit tatsächlich produziert wurde und wird. Allein die Änderung der Analysewerte in den Dokumenten stellt dies nicht klar. Weiterhin sind in vier Fassungen der Produktbeschreibung Wacholderbeeren als Zutat genannt, die nach den weiteren Angaben zusammen mit Meerrettich den pikanten Geschmack des Altbayerischen Senfs bewirken; demgegenüber sind in den zuletzt am 20. Februar 2008 eingereichten Unterlagen die Wacholderbeeren insoweit nicht enthalten; hervorgehoben wird allein der Geschmack nach Meerrettich. Da schon unklar ist, was und wie die Firma H. Senfpaste hergestellt hat und herstellt, ist nicht feststellbar, ob die Firma B… Erzeuger oder Verarbeiter des gleichen Lebensmittels ist. Hinzu kommt noch, dass in allen Fassungen der Antragsunterlagen für die Herstellung bei der Firma H… … das regionale Verfahren der Entölung der Senfsaaten beschrieben ist; demgegenüber wurde ausweislich der Etikettierung von der Firma B… Senfmehl verwendet, was bedeutet, dass sie selbst den Verarbeitungsschritt der Entölung nicht vornimmt (vgl. Etikett, dem Einspruch vom 20. September 2007 beigefügt, Rückseite Blatt 150 der Amtsakte; zur Herstellung vgl. A. Iburg, Dumonts Kleines Gewürzlexikon S. 265 f.; J. Seidemann, Gewürzmittellexikon S. 443). Die regionale Entölung ist nach den Beschreibungen unter anderem "der Grund für den Erhalt der Schärfe und damit des süß-pikanten Geschmacks des Altbayerischen Senfs nach Meerrettich und Wacholderbeeren" (vgl. zum Beispiel unter "b) Beschreibung" der Unterlagen vom 14. Februar 2006 und vom 20. September 2006; Ziffern 3.2 der Unterlagen vom 23. März 2007 und vom 10. August 2007) und auch des Geschmacks allein nach Meerrettich (vgl. Unterlagen vom 20. Februar 2008). Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass Erzeuger oder Verarbeiter des gleichen, von ihnen erzeugten Lebensmittels sich zusammengeschlossen haben. Darüber hinaus ist die Firma B… auch nicht Erzeuger einer Senfpaste mit dem vorgeschriebenen Namen "Altbayerischer Senf". Das von ihr hergestellte Produkt ist mit der Bezeichnung "Baumann’s Urbayerischer Hausmachersenf" versehen (vgl. Etikett, dem Einspruch vom 20. September 2007 beigefügt, 150 Rückseite von Blatt 150 der Amtsakte). So lauten auch die Angaben in der mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008 eingereichten Fassung der Antragsunterlagen. Das ist eindeutig nicht die Bezeichnung, für die Schutz beansprucht wird. Während nach den Angaben in den Unterlagen "Altbayern" ein geografisches Gebiet mit den Regierungsbezirken Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz bezeichnen soll und "altbayerisch" hierzu das Adjektiv wäre, kommt dem Wort "urbayerisch" eine andere Bedeutung zu; die Vorsilbe "ur-" drückt in Bildungen mit Adjektiven eine Verstärkung im Sinn von "sehr" aus, zum Beispiel in Adjektiven wie "uralt, urgemütlich, urdeutsch, urkomisch, urplötzlich"; in Bildungen mit Substantiven kennzeichnet "Ur-" etwas sehr Starkes ("Urgewalt, Urknall"), etwas weit Zurückliegendes ("Urerlebnis, Urzeit"), oder etwas als Erstes ("Uraufführung, Urbevölkerung, Urmensch, Urzelle"; vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. S. 1783 ff.). Lexikalisch ist die Bezeichnung "Urbayern, urbayerisch" nicht einmal in einem Speziallexikon nachweisbar (z. B. Einsle , Das Bayerische Lexikon). In zunächst eingereichten Unterlagen vom 20. September 2006, vom 23. März 2007 und vom 10. August 2007 war zudem bei der Etikettierung die Verwendung des Zusatzes "Ur-" als unzulässig festgelegt. Die Zulassung einer Kennzeichnung "Urbayerischer Hausmachersenf" für Altbayerischen Senf in der zuletzt eingereichten Fassung vom 20. Februar 2008 ändert am Verkehrsverständnis des Begriffs nichts; "Urbayerischer Hausmachersenf" kann damit nicht als inhaltlich entsprechende Verwendung der Bezeichnung "Altbayerischer Senf" angesehen werden. Schließlich sollen danach weiterhin Etikettierungen mit "Urbayrischer Hausmachersenf" und "Urbairischer Hausmachersenf" unzulässig sein. Eine "Vereinigung" im Sinne der Verordnung liegt damit nicht vor. Es fehlt deshalb an der Antragsbefugnis als Schutzgemeinschaft. II. Es kann nicht festgestellt werden, dass die weiteren Anforderungen der Verordnung erfüllt sind (Art. 5 Abs. 5 Unterabsatz 3 der VO (EG) 510/2006). Unklarheiten bestehen bereits darüber, ob die Bezeichnung "Altbayerischer Senf" der Name einer definierbaren Gegend und damit eine geografische Angabe im Sinn der Verordnung ist (vgl. Art. 1 Abs. 1 b) VO EG 510/2006). Historisch ist "Altbayern" ein geografisch nicht exakt abzugrenzender Raum, der ein Stammesgebiet mit besonderer Mundart bezeichnet, nicht aber ein politischer Begriff (vgl. Bertelsmann Lexikon in 15 Bänden, Band 1 Stichwort "Altbayern"; H. Einsle , Das Bayerische Lexikon S. 19). Der politische Verwaltungsbegriff "Altbayern" umfasst heute zwar die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz (vgl. Brockhaus Enzyklopädie, Band 1 S. 615; Einsle a. a. O.; http://www.bayportal.de/inhalt/4-infos-ueber-bayern.-html); die Gebietsreform hat aber die Übereinstimmung von Regierungsbe-zirksgrenzen und Sprach- bzw. Kulturgrenzen gestört. Da "Altbayern" vor allem auf die sprachliche und kulturelle Unterscheidung zu den Stämmen der Franken und Schwaben abzielt, können auch kleinere Gebietsteile in den Regierungsbezirken Schwaben, Oberfranken und Mittelfranken hinzugerechnet werden. "Altbayern" bezeichnet also nur ungefähr die heutigen Regierungsbezirke (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon Band 1 S. 818); aus soziologischer Sicht ist das zusammenhängende Gebiet Altbayern indes größer (vgl. EuG T-109/97 vom 15. September 1998 Nr. 71 - Molkerei Großbraunshain - zur Ursprungsbezeichnung "Altenburger Ziegenkäse"). Von daher kann es durchaus zu Differenzen kommen, wenn Erzeuger aus fränkischen Gebieten sich der Schutzgemeinschaft anschließen wollten. In der Stellungnahme der L… (L…) ist auch darauf hingewiesen, dass Altbayerischer Senf von einer Firma in Oberfranken angeboten werde. Dazu hat die Antragstellerin allerdings mitgeteilt, dass dieser Anbieter den angebotenen Altbayerischen Senf von ihr beziehe; zudem hat sie sich in der Spezifikation für das geografische Gebiet Altbayern auf die Regierungsbezirke Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz festgelegt, ohne dass dagegen Einspruch erhoben wurde; das Produktionsgebiet dürfte damit trotz fehlender Deckung zwischen historischem und verwaltungspolitischem Umfang des Gebiets "Altbayern" genau abgegrenzt sein. Letztlich bedarf diese Frage aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn der Antrag entspricht auch im Weiteren nicht der Verordnung. Es fehlt an den nach Art. 2 Abs. 1b 2. Spiegelstrich und Art. 4 Abs. 2 f.) ii) der VO (EG) 510/2006 erforderlichen Nachweisen. Nach Art. 2 Abs. 1b der VO 510/2006 bedeutet "geografische Angabe" - unter Anderem - den Namen einer Gegend, der zur Bezeichnung eines Agrarerzeugnisses oder eines Lebensmittels dient, bei dem sich - unter Anderem - eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus dem geografischen Ursprung ergeben und das in dem abgegrenzten geografischen Gebiet erzeugt und/oder verarbeitet und/oder hergestellt wurde. Dass Zutaten aus dem Gebiet Altbayern eine bestimmte Qualität des Produkts bewirken könnten, ist nicht beschrieben; soweit Meerrettich aus dem Freistaat Bayern als Zutat genannt ist, ist damit keine Festlegung auf Altbayern erfolgt. Ausreichend wäre aber auch ein Bezug zwischen Ansehen und geografischer Herkunft; geltend gemacht ist hier das Ansehen, das sich aus langer Tradition durch Erfindung 1996 in Altbayern und damit verbundener Herstellungstradition, durch Vermarktung seit 1998 sowie Bekanntheit, und Beliebtheit des Erzeugnisses ergeben soll. Wann "Ansehen" im Sinn von Art. 2 Abs. 1 b) 2. Spiegelstrich der VO (EG) 510/2006 vorliegt, ist in der Verordnung nicht geregelt. Nicht ausreichend ist es nach Auffassung des Senats, dass die Kennzeichnung eines Erzeugnisses mit einer geografischen Angabe erfolgt und der Verkehr allein mit der geografischen Angabe eine allgemeine Wertschätzung verbindet (vgl. Ch. Mikorey, Der Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in der Europäischen Gemeinschaft nach der Verordnung 2081/92, S. 51). Vielmehr ist eine konkrete Qualitätserwartung des Verkehrs zu verlangen, die sich auf zusätzliche Merkmale stützen muss. Denn Sinn und Zweck der Verordnung ist nach den Erwägungsgründen die Förderung von Erzeugnissen mit besonderen Merkmalen (2. und 3. Erwägungsgrund der VO (EG) 510/2006). Insoweit können traditionelle Herstellungsverfahren oder die Bekanntheit der Gegend für das Produkt die Wertschätzung des Verkehrs begründen (vgl. Mikorey a. a. O. S. 52). Da, wie oben ausgeführt, unklar ist, was für ein Erzeugnis und mit welchen Zutaten von der Firma H… unter der Bezeichnung "Altbayerischer Senf" überhaupt erzeugt wurde und wird, sind Feststellungen zum Ansehen eines konkreten Lebensmittels, das mit dem Namen "Altbayerischer Senf" hergestellt wurde, nicht möglich. Um zu Ansehen zu kommen, bedarf es einer längeren Dauer der Vermarktung eines Erzeugnisses gemäß einer bestimmten Rezeptur für den Aufbau konkreter Qualitätsvorstellungen der Verbraucher. Wenn, wie oben schon ausgeführt, noch bei Einreichung des Antrags vom 14. Februar 2006 mit der Bezeichnung "Altbayerischer Senf" ein Produkt erzeugt und vermarktet wurde, das wegen seines zu niedrigen Fettgehalts gar kein "Senf" im Sinn der maßgeblichen Bestimmungen war, kann auch für Altbayerischen Senf kein Ansehen erworben worden sein. Soweit das Ansehen auch auf das know-how über Menge und Zeitpunkt bei der Hinzufügung von Meerrettich und Wacholderbeeren gestützt ist, sind Wacholderbeeren nach den eingereichten Unterlagen vom 20. Februar 2008 als Zutat nicht mehr enthalten. Auch hieraus ergeben sich – von der fehlenden Senfeigenschaft abgesehen – Unklarheiten, mit welcher Rezeptur das Lebensmittel erzeugt wurde und wird und was für ein Erzeugnis beim Verbraucher Beliebtheit genießt. Auch den vom Patentamt eingeholten Stellungnahmen ist konkret nichts da-rüber zu entnehmen, aus welchen Merkmalen sich eine bestimmte Eigenschaft des Produkts ergibt. Erwähnenswert ist insbesondere das Ergebnis der Befragung des B1… (B1…). Danach waren … von … befragten Unternehmen der Meinung, dass "Alt- bayerischer Senf" keine bestimmten Eigenschaften oder Qualitätsmerkmale aufweist, die ihn von anderen Senfarten (z. B. Bayerischem süßen Senf) unterscheiden. Soweit … Unternehmen die Frage bejaht haben, fehlen indessen konkrete Angaben. Die Stellungnahme des Bayerischen Staatministeriums für Landwirtschaft und Forsten deutet darauf hin, dass sich Ansehen vor allem auf die Firma H. bezieht, nicht aber auf das Erzeugnis. Die eingereichten Anpreisungen (Bl. 151 ff. AA) sind für die Frage von Beliebtheit und Ansehen schon deshalb nicht aussagekräftig, weil auch hier wegen der oben dargestellten Unklarheiten über das hergestellte Produkt offen ist, auf welche Rezeptur sich die Aussagen beziehen. Abgesehen davon handelt es sich nicht um eine repräsentative Verkehrsbefragung; es ist zudem nicht angegeben, unter welchen Umständen die Befragung erfolgte; auch sind ersichtlich Verbraucher berücksichtigt worden, die das Produkt kannten. Ein sich aus dem geografischen Ursprung ergebendes Ansehen ist im Ergebnis nicht feststellbar (Art. 2 Abs. 1b VO 510). III. Das Verfahren vor dem Patentamt leidet nicht an einem wesentlichen Mangel, der zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könnte, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Nach § 130 Abs. 4 S. 1 MarkenG veröffentlicht das Patentamt den Antrag im Markenblatt. Insoweit weist die Antragstellerin zwar zutreffend auf die unterbliebene Veröffentlichung des abgeänderten Eintragungsantrags hin, eingereicht mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008. Dies trifft übrigens auch auf die zwischen der Verfügung der Veröffentlichung und der Veröffentlichung am 10. August 2007 eingereichten Antragsunterlagen zu. Dies begründet indessen keinen Verfahrensmangel. Ungeachtet der Frage, ob ein Antrag, bei dem noch nicht einmal die Antragsbefugnis gegeben ist, – ein Gesichtspunkt, den das Patentamt erwogen, aber nicht entschieden hat -, überhaupt der Veröffentlichung bedarf - woran auch der Senat Zweifel hat -, ist das Patentamt hier mit der Veröffentlichung eines zuvor eingereichten Antrags der Schutzgemeinschaft Altbayerischer Senf im Markenblatt vom 31. August 2007 der vorgeschriebenen Verpflichtung zur Veröffentlichung nachgekommen. Die später eingereichten, geänderten Spezifikationen bedurften keiner erneuten Veröffentlichung. Änderungen der Spezifikation, die nach Veröffentlichung des Eintragungsantrags erfolgen, sind grundsätzlich nur im Fall der positiven Entscheidung mit dieser zusammen zu veröffentlichen (vgl. Art. 5 Abs. 5 Unterabsätze 4 und 5 der VO (EG) 510/2006, die mit Wirkung vom 31. März 2006 in Kraft getreten ist und die VO (EWG) 2081/92 ersetzt hat). Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass die Firma B… als weitere Erzeugerin im veröffentlichten Antrag noch nicht genannt war, ist darauf hinzuweisen, dass "andere Beteiligte" sich – jederzeit - der Vereinigung anschließen können (vgl. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der VO (EG) 510/2006; auch Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 2 Satz 2 der VO (EWG) 2081/92); ihre Nennung gehört nicht zu den in Art. 5 Abs. 3 der VO (EG) 510/2006 genannten Mindestanforderungen (vgl. auch; Art. 5 Abs. 3 der VO (EWG) Nr. 2081/92; auch § 47 Abs. 2 a. F. MarkenVO). IV. Zu einer Auferlegung von Kosten besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG). V. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG nicht vor.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006219
BPatG
München
30. Senat
20100506
30 W (pat) 46/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Tadalis/CIALIS" – zur Einrede der Nichtbenutzung - zur Kennzeichnungskraft – Warenidentität und –ähnlichkeit - keine Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 306 12 003 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Gegen die u. a. für die Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Arzneimittel; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide" am 21. Juli 2006 unter der Nummer 306 12 003 registrierte Wortmarke - veröffentlicht am 25. August 2006 - Tadalis ist beschränkt Widerspruch eingelegt worden gegen die obengenannten Waren der Klasse 5 aus der prioritätsälteren Wortmarke CIALIS eingetragen unter der Nummer 399 76 947.1 für die Waren "pharmazeutische und medizinische Präparate, insbesondere zur Vorbeugung und Behandlung sexueller Dysfunktion; veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide", deren rechtserhaltende Benutzung bestritten wurde mit Ausnahme eines Arzneimittels zur Behandlung der erektilen Dysfunktion. Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren Benutzungsunterlagen eingereicht für ein Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion für den Zeitraum ab 2003 und hieraus eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beansprucht, eine weitergehende Benutzung wurde nicht geltend gemacht. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Unabhängig von der Benutzungslage seien selbst bei Warenidentität und zu unterstellender erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die zu fordernden sehr strengen Anforderungen an den Markenabstand eingehalten. Zwar stimmten die Vergleichsmarken in ihren Wortenden "- alis " überein, gleichwohl unterschieden sich die Marken in klanglicher Hinsicht aufgrund der Unterschiede in den Zeichenanfängen "Tad-" und "CI-" , in den klangstarken Anfangskonsonanten, in der Vokalfolge "a-a-i" sowie "i-a-i" und Silbenzahl (3/2silbig) und -gliederung (Ta-da-lis/Cia-lis ) in ihrem jeweiligen Gesamteindruck hinreichend. Sie unterschieden sich zudem in ihrem Sprech- und Betonungsrhythmus. Während die angegriffene Marke auf der ersten und dritten Silbe betont werde, liege die Betonung der Widerspruchsmarke auf dem "a". Ebenso scheide eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr bereits aufgrund der deutlich unterschiedliche  Zeichenlängen sowie der verschiedenen Oberlängen aus. Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe Warenidentität zwischen "Urologika", für die sie eine Benutzung nachgewiesen habe, und den angegriffenen Waren "pharmazeutische Erzeugnisse und Arzneimittel", im übrigen Warenähnlichkeit in Klasse 5. Die Markenstelle habe zwar eine erhöhte Kennzeichnungskraft zugunsten der Widersprechenden unterstellt, dies aber bei der Entscheidung nicht zutreffend berücksichtigt. Die Widerspruchsmarke genieße weltweite Bekanntheit, ihr Marktanteil habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke bei vierzig Prozent gelegen. Es bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr. Hinsichtlich der klanglichen Ähnlichkeit habe die Markenstelle die Unterschiede der Vergleichsmarken überbetont, die Übereinstimmungen seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Unterschiede in der Vokalfolge seien wegen der Verdoppelung des "a" bei der jüngeren Marke nicht so groß, die Silbengliederung sei ähnlich, da die Aussprache "CI-A-LIS" laute. Bei beiden Marken liege die Betonung auf dem mittleren "a". Auch schriftbildlich wiesen die Marken mehr Übereinstimmungen als Unterschiede auf. Aus dem undeutlichen Erinnerungsbild könnten sich Verwechslungen ergeben, da die jüngere Marke ein Element "- alis " übernommen habe. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die jüngere Marke den wesentlichen Bestandteil der Widerspruchsmarke "– alis " mit dem kennzeichnungsschwachen Anfangsbestandteil "Tad –" kombiniert habe, der zum einen auf den INN "Tadalafil" hinweise, zum anderen ein Firmenbestandteil sei, so dass assoziative Verwechslungsgefahr bzw. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn gegeben sei. Desweiteren orientiere sich der Verkehr wegen des kennzeichnungsschwachen Wortanfangs und der abweichenden Betonung auf dem Vokal "a" verstärkt am identischen Wortende "- alis ", das als lateinische Endung nicht bekannt sei und auch keine verbrauchte Endung im Pharmabereich darstelle. Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Januar 2009 aufzuheben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie führt aus, die Widerspruchsmarke könne keinen erweiterten Schutzbereich beanspruchen, für die Annahme einer hohen Bekanntheit sei das Vorliegen einer Verkehrsbefragung erforderlich, hohe Umsatzzahlen oder ein hoher Marktanteil seien hierfür nicht ausreichend, zumal es nur wenige vergleichbare Produkte gebe. Es bestehe nur eine teilweise Übereinstimmung mit den Waren "pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel" der jüngeren Marke. Selbst wenn die Widerspruchsmarke dreisilbig ausgesprochen werde, bestünde wegen der Unterschiede der ersten Silben "Ta-" und "CI-" sowie des zusätzlichen Konsonanten "d" ein ausreichender Abstand, was auch in schriftbildlicher Hinsicht gelte. Es bestehe auch keine assoziative Verwechslungsgefahr; der Bestandteil "- alis " sei in einer Vielzahl von Marken enthalten. Auch Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn bestehe nicht, da die Widerspruchsmarke gerade nicht in der jüngeren Marke enthalten sei. Der Verkehr kenne die Markenbildung der Markeninhaberin unter Verwendung des Firmenbestandteils TAD am Wortende. Im vorliegenden Fall sei der Firmenbestandteil TAD durch die Verklammerung mit dem nachfolgenden Bestandteil aber nicht mehr erkennbar, der Verkehr werde möglicherweise auch eine Anspielung auf den Wirkstoff Tadalafil annehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; MarkenR 2008, 12 - T-Interconnect; GRUR 2008, 906 - Pantohexal). 1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zulässig erhoben und hiervon lediglich Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion ausgenommen. Nachdem die Widersprechende im Rahmen der Geltendmachung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Benutzung lediglich für Urologika geltend gemacht und eine Benutzung für ein Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion mit eidesstattlicher Versicherung vom 20. April 2010 für den Zeitraum 2003 bis 2009 glaubhaft gemacht hat, ist von diesen Waren auszugehen. Die mit der Marke "CIALIS" benutzten Waren "Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion" lassen sich unter den Begriff "pharmazeutische und medizinische Präparate" des Warenverzeichnisses subsumieren. Bei der Entscheidung sind "Urologika" generell zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), da entsprechend der so genannten erweiterten Minimallösung eine Benutzung für einen weiteren Bereich anerkannt wird, der der jeweiligen Hauptgruppe in der Roten Liste entspricht (Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 26 Rdn. 161 ff. m. w. N.). Danach sind für die Beurteilung der Warenähnlichkeit den mit Widerspruch angegriffenen, von der jüngeren Marke " Tadalis " beanspruchten Waren gemäß der erweiterten Minimallösung die Waren "Urologika" gegenüber zu stellen. Eine weitergehende Benutzung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht. Auf die Frage der Benutzung kommt es hier aber letztendlich nicht an, da selbst bei Identität oder enger Ähnlichkeit der Waren eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben ist. 2.  Bei seiner Entscheidung hat der Senat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und einen normalen Schutzumfang zugrunde gelegt, da sich in der Widerspruchsmarke "CIALIS" kein beschreibender Anklang in Bezug auf die Widerspruchswaren feststellen lässt. Anhaltspunkte dafür, dass die ursprünglich normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch langjährige und intensive Benutzung für die als benutzt anzusehenden Waren deutlich gesteigert wäre, ergeben sich nicht. Wie sich aus den von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen ergibt, kann die Widersprechende sich zwar auf beachtliche und steigende Umsatzzahlen berufen, dies kann jedoch eine hohe Bekanntheit der Widerspruchsmarke "CIALIS" für die benutzten Widerspruchswaren und eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht begründen. Für die Annahme, der Widerspruchsmarke komme, wie vorgetragen, ein weiter Schutzbereich zu, fehlen für den maßgeblichen Zeitpunkt die erforderlichen konkreten Angaben der Widersprechenden zu Umsatzzahlen, Marktanteilen und Werbeaufwendungen im Vergleich zu Mitbewerbern (vgl. EuGH MarkenR 1999, 236, 239 (Nr. 23, 24) - Lloyd; GRUR 2002, 804, 808 (Nr. 60 - 62) - Philips; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV; GRUR 2003, 1040, 1044 - Kinder; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. § 9 Rdn. 114 ff. m. w. N.). Maßgeblich ist insoweit nicht allein der Bereich der PDE-5-Hemmer Viagra, Levitra und CIALIS, sondern der gesamte Produktbereich "erektile Dysfunktion; denn des Warenverzeichnis enthält keine entsprechende Einschränkung. 3. Ausgehend von den als benutzt anzusehenden Waren und damit einer möglichen Verwendung der Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teils identischer, teils ähnlicher Waren sowie eines normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke sind hohe Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke jedoch gerecht wird. a) Zwar ist hierbei zu berücksichtigen, dass für die vorliegenden Vergleichswaren keine Rezeptpflicht besteht, so dass allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Dabei ist aber davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 ATTACHÉ/TISSERAND) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH GRUR 1995, 50 - Indorektal/Indohexal). b) Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die sich gegenüberstehenden Marken in ihrem klanglichen Gesamteindruck ausreichende Unterschiede aufweisen. So stimmen die Marken zwar bei gleicher Silbenzahl sowie gleicher Betonung auf dem Mittelvokal "a" in der Endung "-a-lis" überein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Übereinstimmung in dem Endbestandteil "-alis" bei der Beurteilung des jeweiligen Gesamteindrucks und der Markenähnlichkeit weniger ins Gewicht fällt, da es sich hierbei um ein im Zusammenhang mit lateinischen und griechischen Begriffen und hiervon abgeleiteten medizinischen Fachbegriffen um ein gebräuchliches Suffix handelt, das auch vom Verkehr nur als solches und nicht als Phantasiebestandteil erkannt wird (vgl. Duden Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe, 8. Aufl. 2007 S. 62, 63). Auch wenn kennzeichnungsschwache Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berücksichtigen sind, so bewirken sie doch eine Verlagerung der Aufmerksamkeit auf die vorderen Markenteile "Ta - d-" und "Ci-". Dies entspricht dem geltenden Erfahrungssatz, dass Wortanfänge ohnehin mehr als nachfolgende Wortteile beachtet werden (vgl. BGH a. a. O. – Indorektal/Indohexal), so dass die hier vorhandenen Unterschiede um so eher wahrgenommen werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die an sich dreisilbige Widerspruchsmarke "Cialis" durch die direkte Abfolge der beiden Vokale "i" und "a", die auch in ihrer Aussprache ineinander übergehen, kürzer erscheint. Auch die in beiden Marken übereinstimmende Betonung auf dem Mittelvokal "a" kann kein wesentliches Gewicht haben, sie sorgt vielmehr in der jüngeren Marke " Ta- da –lis " noch für besondere Beachtung des Anfangskonsonanten "d" der betonten Mittelsilbe "-da-", der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat. Gegenüber diesen geringen Übereinstimmungen sind die Unterschiede in den vorderen Markenteilen besonders markant. So werden insbesondere die beiden unterschiedlichen Anfangssilben "Ta-" und "Ci-" sowie der in der jüngeren Marke sich daran anschließende Konsonant "d" wegen ihrer deutlich unterschiedlichen Klangeigenschaften – einmal ein heller Vokal "i" gegenüber einem dunklen Vokal "a", zum anderen ein harter Sprenglaut "T" gegenüber einem weichen Zungenlaut "C" - sicher wahrgenommen und führen zu einem nicht verwechselbaren klanglichen Gesamteindruck der Marken. In schriftbildlicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 954 - ACELAT /Acesal). Zudem steht beim schriftlichen Markenvergleich der Fachverkehr, der aufgrund seiner beruflichen Praxis und Erfahrung im Umgang mit Arzneimittelmarken über ein erhöhtes Unterscheidungsvermögen verfügt, im Vordergrund (vgl. BGH a. a. O. Indorektal/Indohexal). Unter diesen Voraussetzungen sind auch bei einer schriftlichen Wiedergabe die Abweichungen in den Wortanfängen so deutlich, dass eine Unterscheidbarkeit der Marken gewährleistet ist. 4. Entgegen der Ansicht der Widersprechende kann auch der in der Widerspruchsmarke sowie in der angegriffenen Marke identische Wortbestandteil "-alis" keine Verwechslungsgefahr begründen. Verwechslungsgefahr kommt nur dann in Betracht, wenn dieser Bestandteil die Widerspruchsmarke allein kollisionsbegründend prägt, indem er eine selbständig kennzeichnende Funktion aufweist, und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; BGH GRUR 2008, 719, 722 (Nr. 37) idw Informationsdienst Wissenschaft; Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 9 Rdn. 279 ff. m. w. N.). Bei der Frage der Prägung des Gesamteindrucks durch Bestandteile ist kein Unterschied zwischen der älteren und der jüngeren Marke zu machen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 289). a) Fraglich erscheint im vorliegenden Fall, ob sich die Grundsätze zur selbständig kollisonsbegründenden Prägung von Einzelbestandteilen auf die hier vorliegende formal einteilige ältere Marke anzuwenden sind. So erscheint es bei dem zusammengeschriebenen Wort in Normalschrift "Cialis" schon zweifelhaft, ob es sich aus mehreren getrennten Bestandteilen zusammenfügt (vgl. BGH GRUR 2008, 905, 907 (Nr. 26) - Pantohexal), da es sich bei dem Bestandteil "Ci-" lediglich um eine Anfangssilbe handelt und bei dem Suffix "- alis " lediglich um einen unselbständigen Anhang, so dass die jüngere Marke nicht als mehrteilige Marke sondern als in sich geschlossener, einheitlicher Phantasiebegriff erscheint (vgl. BGH GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus; BPatG GRUR 2002, 438, 440 - WISCHMAX/Max; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 248). b) Aber unabhängig von dieser Frage und bei Anwendung der Grundsätze zur Würdigung der Bestandteile mehrgliedriger Marken auf den vorliegenden Fall, kann eine prägende Bedeutung der Endung "- alis " für den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke "CIALIS" nicht festgestellt werden. Wie oben erläutert, handelt es sich bei dem Suffix "- alis " um einen unselbständigen Bestandteil, der dem Verkehr als gebräuchliche Wortendung aus lateinischen Begriffen und medizinischen Fachbegriffen bekannt ist. Auch wenn beschreibende und kennzeichnungsschwache o-der schutzunfähige Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berück-sichtigen sind, kann allein die Übereinstimmung in solchen kennzeichnungsschwachen oder schutzunfähigen Bestandteilen eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr nicht begründen (BGH GRUR 2007, 1071, 1073 (Nr. 36) - Kinder II; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 279, 283 m. w. N.). Somit kann hieraus schon aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr hergeleitet werden. Aber selbst dann, wenn dem Verkehr der Bestandteil "- alis " nicht als gebräuchliches Suffix bekannt sein und er ihn als eigenständigen Bestandteil werten sollte, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der andere Bestandteil "Ci-" demgegenüber für den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke zurücktreten würde. Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann nämlich auch dann nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit den anderen Markenteilen darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 52, 53 - EKKO BLEIFREI ; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 281). 5. Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Fälle der Verwechslungsgefahr ergeben sich nicht. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden können die Grundsätze des EuGH aus der "THOMSON-LIFE"- Entscheidung zur selbständig kennzeichnenden Stellung einer älteren Widerspruchsmarke in einer jüngeren Kombinationsmarke vorliegend nicht herangezogen werden, da die Widerspruchsmarke "CIALIS" nicht mit einem Bestandteil in der jüngeren Marke übereinstimmt (vgl. auch Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 276). Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006276
BPatG
München
12. Senat
20100617
12 W (pat) 33/09
Beschluss
§ 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Schubzentrifuge" – Zusammenschau einer 2 Jahre alten Druckschrift mit einer 40 Jahre alten Druckschrift - zur Frage der erfinderischen Tätigkeit
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 100 66 391.5 … hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Ipfelkofer, der Richterin Bayer sowie der Richter Dr.-Ing. Baumgart und Dr.-Ing. Krüger beschlossen: Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B04B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2003 wird, soweit sie die Teilanmeldung 10066391 betrifft, zurückgewiesen.
I Der Beschwerdeführer ist Anmelder der Patentanmeldung 100 66 391.5 mit der Bezeichnung „Schubzentrifuge“. Diese ist am 1. März 2007 durch Teilung aus der Anmeldung 100 43 077.5 mit gleicher Bezeichnung hervorgegangen, die am 1. September 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist und die Priorität der früheren Patentanmeldung 199 47 606.3 vom 4. Oktober 1999 in Anspruch nimmt. Mit Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B04B vom 17. Dezember 2003 wurde die Stammanmeldung 100 43 077.5 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 27. Februar 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Beschwerde des Anmelders. Der Anmelder hat die Stammanmeldung ein weiteres Mal am 25. September 2007 geteilt. Mit Beschluss vom 9. September 2009 hat der 12. Senat des Bundespatentgerichts die Verfahren betreffend die Teilanmeldungen 100 66 391.5 und 100 66 416.4 abgetrennt. Der Anmelder beantragt zuletzt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B04B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2003 in dem die Teilanmeldung 100 66 391 betreffenden Umfang aufzuheben und hinsichtlich der Teilanmeldung 100 66 391 ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 bis 7 vom 15. Juni 2010, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2010, Beschreibung, Seiten 1 und 2 vom 2. Juni 2010, eingegangen am 9. Juni 2010 sowie die Seiten 3 bis 6 und Zeichnung mit Figuren 1 bis 2b, eingegangen am 1. März 2007. Der geltende Anspruch 1 lautet: Schubzentrifuge mit einem Schubboden (25) und einer Materialführungsfläche (23) zur Festflüssigtrennung von verschiedenen Materialien mit einer flüssigkeitsdichten Wanne (26), in welcher eine mit dem Schubboden (25) und der Materialführungsfläche (23) ausgestattete Aufnahmetrommel (21), welche über ein Mantelteil (19) aus Spaltsieben verfügt, angeordnet ist, wobei der Schubboden (25) und die Materialführungsfläche (23) längs verschiebbar sind, wobei in die Aufnahmetrommel (21) eingebrachtes Material, das sich an die Materialführungsfläche (21) anlegt, mittels des periodisch heb- und senkbaren Schubbodens (25) nach oben geschoben wird und über einen oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21) durch einen von einem Flüssigkeitsauslauf getrennten Materialauslauf (12) die Schubzentrifuge verlässt und eine Einrichtung (36) zum mechanischen Austrag der Feststoffe vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der mechanische Austrag durch komplettes Hochfahren des Schubbodens (25) bis zum oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21) erfolgt. Die Ansprüche 2 bis 7 sind mittelbar oder unmittelbar auf den geltenden Anspruch 1 rückbezogen. Im Verfahren sind unter anderem die folgenden Entgegenhaltungen: E1: DE 197 07 388 A1 E8: DE 89 08 470 U1 E12: DE 1073964 A Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II 1) Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist auch im Übrigen zulässig; sie hat jedoch hinsichtlich der Teilanmeldung 100 66 391 keinen Erfolg. 2) Die Teilung wurde hinsichtlich der Teilanmeldung 100 66 391 wirksam erklärt. 3) Der Senat ist zuständig für die Entscheidung über die Teilanmeldung, weil deren Gegenstand mit der Beschwerde in der Beschwerdeinstanz angefallen ist (BGH GRUR 1998, 458 - Textdatenwiedergabe). 4) Der geltende Anspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern: M1 Schubzentrifuge mit einem Schubboden (25) und einer Materialführungsfläche (23) zur Festflüssigtrennung von verschiedenen Materialien M2 mit einer flüssigkeitsdichten Wanne (26), in welcher eine mit dem Schubboden (25) und der Materialführungsfläche (23) ausgestattete Aufnahmetrommel (21), welche über ein Mantelteil (19) aus Spaltsieben verfügt, angeordnet ist, M3 wobei der Schubboden (25) und die Materialführungsfläche (23) längs verschiebbar sind, M4 wobei in die Aufnahmetrommel (21) eingebrachtes Material, das sich an die Materialführungsfläche (21)[23] anlegt, mittels des periodisch heb- und senkbaren Schubbodens (25) nach oben geschoben wird und über einen oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21) durch einen von einem Flüssigkeitsauslauf getrennten Materialauslauf (12) die Schubzentrifuge verlässt M5 und eine Einrichtung (36) zum mechanischen Austrag der Feststoffe vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass M6 der mechanische Austrag durch komplettes Hochfahren des Schubbodens (25) bis zum oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21) erfolgt. 5) Als Fachmann ist vorliegend ein Maschinenbau-Ingenieur (FH) mit Erfahrung in der Konstruktion und Entwicklung von Schubzentrifugen angesprochen. 6) Zum Verständnis des geltenden Anspruchs 1 Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist gemäß den Merkmalen M1 bis M4 eine Schubzentrifuge zur Festflüssigtrennung von verschiedenen Materialien. Diese weist eine mit einem Schubboden (25) ausgestattete Aufnahmetrommel (21) auf. Im Betrieb der Schubzentrifuge werden der Aufnahmetrommel (21) Materialien zugeführt, die sich infolge der Fliehkraftwirkung ringförmig an den Mantel (15) der Aufnahmetrommel (21) anlegen. Der Schubboden (25) schiebt diese mittels einer - im Vergleich zur Höhe der Aufnahmetrommel kleineren - periodischen Heb- und Senkbewegung mit jedem Heben ein Stück nach oben und fördert sie so absatzweise über den oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21) aus dieser heraus (geltende Unterlagen, Beschreibung Seite 3, 2. Absatz, bis Seite 4, 2. Absatz). Weiter ist gemäß Merkmal M5 eine Einrichtung (36) zum mechanischen Austrag der Feststoffe vorgesehen. Dies soll bei einem Materialwechsel eine sortenreine Trennung der Feststoffe ermöglichen (geltende Unterlagen, Beschreibung Seite 2, 1. Absatz). Es handelt sich dabei also - im Gegensatz zu dem im kontinuierlichen Betrieb der Schubzentrifuge durch die periodische Heb- und Senkbewegung des Schubbodens erfolgenden Materialaustrag mit begrenztem Hubweg - um einen vollständigen Austrag der Feststoffe mit einer einzigen Hubbewegung. Erfindungsgemäß erfolgt nach Merkmal M6 der mechanische Austrag durch komplettes Hochfahren des Schubbodens (25) bis zum oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21). Merkmal M6 ist als Verfahrensschritt formuliert. Der Fachmann erkennt hier jedoch wenigstens insoweit ein gegenständliches Merkmal, als dafür die Schubzentrifuge so aufgebaut sein muss, dass ein komplettes Hochfahren des Schubbodens bis zum oberen Rand der Aufnahmetrommel möglich ist. 7) Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ergibt sich aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 und 4 sowie aus Seite 4 der ursprünglich eingereichten Beschreibung in Verbindung mit der Figur 1. Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 2 bis 7 ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 4 bis 9. 8) Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist neu gemäß § 3 PatG, denn keine der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen offenbart eine Schubzentrifuge mit sämtlichen Merkmalen des geltenden Anspruchs 1. 9) Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß § 4 PatG. Die E1 offenbart, siehe den Anspruch 1, die Figur 1 und die Beschreibung, Spalte 2, Zeile 57, bis Spalte 3, Zeile 16, eine Schubzentrifuge mit einem Schubboden (25) und einer Materialführungsfläche (23) zur Festflüssigtrennung von verschiedenen Materialien, mit einer flüssigkeitsdichten Wanne (26), in welcher eine mit dem Schubboden (25) und der Materialführungsfläche (23) ausgestattete Aufnahmetrommel (21), welche über ein Mantelteil (19) aus Spaltsieben verfügt, angeordnet ist, wobei der Schubboden (25) und die Materialführungsfläche (23) längs verschiebbar sind, entsprechend den Merkmalen M1 bis M3. Die E1 offenbart weiter, siehe die Figur 1 und Spalte 3, Zeilen 17 bis 44, dass in die Aufnahmetrommel (21) eingebrachtes Material, das sich an die Materialführungsfläche (23) anlegt, mittels des periodisch heb- und senkbaren Schubbodens (25) absatzweise nach oben geschoben wird und über einen oberen Rand (22) der Aufnahmetrommel (21) durch einen von einem Flüssigkeitsauslauf getrennten Materialauslauf (12) die Schubzentrifuge verlässt, entsprechend Merkmal M4. Die E1 offenbart auch eine Einrichtung zum vollständigen Austrag der Feststoffe, insoweit entsprechend Merkmal M5. Diese ist im Fall der E1, siehe Spalte 1, Zeilen 59 bis 66, und die Figur 2 in Verbindung mit Spalte 4, Zeilen 22 bis 32, als pneumatischer Austrag in Form eines Sauggebläses (34) mit einem Saugrüssel (32) ausgeführt, der zur vollständigen Entleerung der Aufnahmetrommel das Restmaterial absaugt. Davon unterscheidet sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 dadurch, dass der für die vollständige Entleerung vorgesehene Austrag der Feststoffe nicht durch einen Saugrüssel, sondern gemäß den Merkmalen M5 und M6 als mechanischer Austrag durch komplettes Hochfahren des Schubbodens bis zum oberen Rand der Aufnahmetrommel erfolgt. Diese Lösung offenbart die E1 nicht. Der Fachmann hatte jedoch einen Anlass, nach einer Alternative zu dem in E1 offenbarten Saugrüssel zu suchen: Die E1 nennt als Stand der Technik und Ausgangspunkt der in E1 beschriebenen Schubzentrifuge in Spalte 1, Zeilen 5 ff., die E8, die eine Schubzentrifuge zum Entölen von Metallspänen offenbart. Der Fachmann, der zum besseren Verständnis der Schubzentrifuge nach E1 auch die E8 zu Rate zieht, entnimmt der E8, siehe Seite 3, letzter Absatz, dass solche Metallspäne sich verklumpen und zusammenballen können. Da solchermaßen verklumpte und zusammengeballte Metallspäne sich nicht mit einem Saugrüssel absaugen lassen, sucht der Fachmann je nach Beschaffenheit des zentrifugierten Austragsguts nach anderen Lösungen, welche die gemäß E1 bei einem Materialwechsel vorgesehene vollständige Entleerung der Schubzentrifuge ermöglichen. Er stößt dabei auf die E12. Diese offenbart, siehe die Bezeichnung und Spalte 1, Zeilen 36 bis 49, eine Schubzentrifuge, die absatzweise betrieben wird, bei der also die Trommel abwechselnd erst gefüllt und dann vollständig entleert wird. Für diese vollständige Entleerung ist in E12 eine Einrichtung zum mechanischen Austrag der Feststoffe vorgesehen, wobei der mechanische Austrag gemäß dem Ausführungsbeispiel, Figur 1 und Spalte 1, Zeilen 41 bis 46, dadurch erfolgt, dass der Mantel (3) der Aufnahmetrommel komplett, nämlich mit seinem oberen Rand bis zum Boden (15) heruntergefahren wird, siehe in der Figur 1 die links gezeigte Auswurfstellung. Der Fachmann entnimmt der E12 weiter, siehe Spalte 1, Zeilen 1 bis 4, dass auch umgekehrt, anstelle der Verschiebung des Mantels (3) der Aufnahmetrommel nach unten, eine mitumlaufende Ausschubvorrichtung, also im Ausführungsbeispiel der Boden (15), nach oben verschoben werden kann. Er erhält so aus E12 die Anregung, bei der aus E1 bekannten Schubzentrifuge mit Schubboden (25) die in E1 zur vollständigen Entleerung vorgesehene Absaugung zu ersetzen durch eine Einrichtung zum mechanischen Austrag der Feststoffe, der entsprechend den Merkmalen M5 und M6 durch komplettes Hochfahren des Schubbodens bis zum oberen Rand der Aufnahmetrommel erfolgt. Er gelangt so ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Anspruchs 1. Dem steht auch nicht entgegen, dass die E12 einen geeigneten Antrieb zum Hochfahren eines Schubbodens nicht offenbart; denn die aus E1 bekannte Schubzentrifuge verfügt bereits über einen hydraulischen Antrieb zum Heben und Senken ihres Schubbodens (25), siehe Spalte 1, Zeile 67, bis Spalte 2, Zeile 26, bei dem zum kompletten Hochfahren des Schubbodens (25) lediglich der Hub verlängert werden muss. Auch die Tatsache, dass die E12 fast 40 Jahre vor dem Prioritätstag der Teilanmeldung 100 66 391 veröffentlicht wurde, kann nicht als Indiz für erfinderische Tätigkeit gewertet werden, da der Fachmann, wie oben ausgeführt, erst durch die Lehre der lediglich zwei Jahre vor dem Prioritätstag veröffentlichten E1 dazu angeregt wurde, zur vollständigen Entleerung einer ansonsten kontinuierlich arbeitenden Schubzentrifuge gemäß E1 nach einer anderen Lösung als dem dort offenbarten, für verklumpte Metallspäne nicht geeigneten Saugrüssel zu suchen. 10) Mit dem Anspruch 1 fallen auch die rückbezogenen Ansprüche, da diese zusammen mit dem Anspruch 1 Gegenstand desselben Antrags auf Erteilung des Patents sind, und über einen Antrag auf Erteilung eines Patents nur als Ganzes entschieden werden kann.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006279
BPatG
München
27. Senat
20100625
27 W (pat) 521/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "LATINA (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 30 2008 003 798.9 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes (Markenstelle für Klasse 18) vom 8. Dezember 2009 wird aufgehoben.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 vom 8. Dezember 2009 die Anmeldung der in den Farben braun und weiß beanspruchten Darstellung für die Waren und Dienstleistungen Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die Bezeichnung „LATINA“ sei eine geografische Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, weil es sich hierbei um den Namen der Hauptstadt der gleichnamigen italienischen Provinz handele. Der somit bestehenden Vermutung, dass an der freien Verwendbarkeit der genannten Ortsangabe ein schützenswertes Allgemeininteresse bestehe, stünden keine konkreten Anhaltspunkte entgegen, denen zufolge das Publikum wegen entsprechender Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem maßgeblichen Warengebiet oder wegen der Eigenschaften des Ortes mit der fraglichen geografischen Angabe keinen beschreibenden Aussagegehalt verbinde; vielmehr spräche sogar einiges dafür, dass die geografische Angabe „Latina“ für die beteiligten Verkehrskreise als beschreibender Herkunftshinweis in Frage komme, da es sich bei „Latina“ um eine bedeutende und bekannte, am Tyrrhenischen Meer gelegene Urlaubsregion handele und die Textil- und Lederindustrie in Italien stark vertreten sei. Es könne daher zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass sich künftig einschlägige Betriebe in der Region oder der Stadt Latina ansiedelten. Wegen ihrer Eignung zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sei die Anmeldemarke in Bezug auf die fraglichen Waren auch wegen fehlender Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung auszuschließen. Mit ihrer Beschwerde macht  die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil der Bestandteil „LATINA“ nicht als geografische Angabe in Betracht komme. Die entsprechende italienische Kleinstadt sei dem inländischen Publikum nicht bekannt und für die beanspruchten Waren auch nicht renommiert. Es handele es sich auch nicht um eine bedeutende und bekannte Urlaubsregion; auch treffe nicht zu, dass dort bereits eine Textilindustrie ansässig oder dies in Zukunft zu erwarten sei. Der inländische Verbraucher werde den Begriff „LATINA“ daher in der Regel als Fantasiebezeichnung ansehen. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 18 vom 8. Dezember 2009 aufzuheben. Zu dem Hinweis des Senats, dass der Begriff „LATINA“, der im Inland vorrangig als Bezeichnung einer Hispanoamerikanerin bekannt sei, auch als Hinweis auf weibliche Frauenmode in Betracht komme, hat die Anmelderin innerhalb der eingeräumten Frist keine Stellung genommen. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet. Die angemeldete Kennzeichnung ist für die beanspruchten Waren weder wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft noch als mögliche beschreibende Angabe nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. 1. Entgegen der Auffassung der Markenstelle steht der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung nicht das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, denn die angemeldete Bezeichnung besteht nicht zumindest in einer ihrer möglichen Bedeutungen (vgl. EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2008, 160, 162 [Rz. 35] - HAIRTRANSFER ) ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, sofern es sich hierbei um für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER ), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Dabei kann dahinstehen, ob der in der Anmeldemarke enthaltene Begriff „LATINA“ eine beschreibende Angabe darstellt. Selbst wenn dies der Fall wäre, hat die Markenstelle verkannt, dass es sich bei der Anmeldemarke um eine Bildmarke handelt. Wie sich jedoch aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG („ausschließlich“) ergibt, sind Bildmarken von der Eintragung nach dieser Vorschrift nur dann ausgeschlossen, wenn auch ihre Bildbestandteile - bei denen es sich ebenfalls um „Zeichen“ i. S. d. Wortlauts des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handelt - einen beschreibenden Inhalt haben. Weder die ausschmückende Schreibweise des Wortes noch der hellbraune Hintergrund noch die dem Wort unterlegte Grafik weisen aber beschreibende Bezüge zu den beanspruchten Waren auf, so dass ein Freihaltungsbedürfnis i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von vornherein ausscheidet. 2. Entgegen der Ansicht der Markenstelle ist die angemeldete Bezeichnung auch nicht nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen. a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Entgegen der Ansicht der Markenstelle lässt sich dies für die vorliegend zu beurteilende angemeldete Bezeichnung wegen ihrer grafischen Ausgestaltung nicht feststellen. c) Dabei kann letztlich dahinstehen, ob der in der Anmeldemarke enthaltene Begriff „LATINA“ nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ). Allerdings spricht vieles dafür, dass dieser Begriff von maßgeblichen Teilen der inländischen Abnehmern der beanspruchten Waren - dies ist nach deren Art die Gesamtbevölkerung - in einer seiner möglichen Bedeutungen nur als Hinweis auf ein mögliches Merkmal der beanspruchten Waren verstanden wird (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD). Denn worauf der Senat die Anmelderin bereits hingewiesen hatte, ist das Wort „LATINA“ in der deutschen Umgangssprache als Bezeichnung für Hispanoamerikanerinnen geläufig (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort „Latina“ unter Verweisung auf die männliche Form „Latino“; Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. Mannheim 2007 [CD-ROM], Stichwort „Latina“). Jedenfalls bei Teilen der beanspruchten Waren aus Klasse 18 sowie bei allen beanspruchten Waren der Klasse 25 wird der Verkehr diesen Begriff daher ohne Mühe nur als Hinweis auf eine lateinamerikanische Modelinie verstehen. d) Auch wenn damit der Schutzumfang der Anmeldemarke zumindest für die vorgenannten Waren den Begriff „LATINA“ nicht umfasst und der Anmelderin aus diesem gegenüber Dritten keine Rechte herleiten kann, bedeutet dies noch nicht, dass die Anmeldemarke aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung völlig vom Markenschutz ausgenommen ist. Da es sich bei ihr um eine Bildmarke handelt, können die bildlichen Bestandteile nämlich bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht außer Betracht gelassen werden. Allerdings können auch grafische Elemente den Schutz einer angemeldeten Kennzeichnung nicht begründen, wenn es sich bei ihnen nur um werbeübliche Gestaltungsformen handelt oder diese den an sie zu stellenden Anforderungen, die umso höher sind, je stärker der beschreibende Gehalt der Wortelemente ist, nicht gerecht werden (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 - anti-KALK). Beides ist indessen vorliegend nicht der Fall, weil die in der Anmeldemarke enthaltene konkrete Gestaltung eine den Schutz begründende hinreichende Komplexität aufweist. Zwar ist die Hinterlegung eines in weißen Buchstaben wiedergegebenen Begriffs mit einer farbigen Hintergrundfarbe, die vorliegend sich zudem von der üblichen schwarzen bzw. dunkelgrauen Farbe kaum abhebt, und die Ausschmückung einzelner Buchstaben - wie hier bei den jeweils äußeren Buchstaben „L“ und „A“ sowie „N“ und „A“ - in der Werbung üblich. Dies lässt sich allerdings von dem vergleichsweise aufwändig gehaltenen Ornament, welches unter dem Wort angeordnet ist und wie eine Unterstreichung wirkt, nicht mehr sagen. Schließlich ist auch die in der vorliegend zu beurteilenden Anmeldemarke ganz konkret gewählte Anordnung einzelner Gestaltungsmittel als solche nicht werbeüblich, selbst wenn sie sich üblicher Gestaltungsmittel bedient. In ihrer Gesamtheit kann der aus mehreren Mitteln bestehenden bildlichen Gestaltung der Anmeldemarke eine hinreichende Eigenart nicht abgesprochen werden, so dass dieser infolge ihrer Grafik die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft letztlich nicht abgesprochen werden kann. Der danach zu bejahenden Schutzfähigkeit stehen auch Belange der Allgemeinheit (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 51] – Libertel) nicht entgegen, weil die Anmelderin bei einer ungerechtfertigten Geltendmachung angeblicher Rechte aus dem für sich genommen schutzunfähigen Wortbestandteil oder aus einzelnen Gestaltungsmitteln gegenüber der von Dritten vorgenommenen - auch markenmäßigen - Verwendung von Kennzeichnungen, welche einen identischen oder ähnlichen Wortbestandteil enthalten oder sich identischer oder ähnlicher einzelner Gestaltungsmittel bedienen, ohne die allein schutzbegründende konkrete Gestaltungsform der Anmeldemarke aufzuweisen, mit zivil- (vgl. BGH GRUR 2005, 882 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung) und ggf. auch mit strafrechtlichen (§§ 263, 22, 23 StGB) Folgen zu rechnen hätte. 3. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zu Unrecht die Eintragung wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG versagt hat, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
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JURE109006280
BPatG
München
28. Senat
20100616
28 W (pat) 131/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Seven Jeans/SEVEN (Wort-Bild-Marke, Gemeinschaftsmarke)" – zur Kennzeichnungskraft - Warenidentität und -ähnlichkeit - Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 33 388 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 14 vom 15. Mai 2008 und 1. September 2009 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 3489 234 für die Waren „Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Reise- und Handkoffer, Dokumentenkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Handtaschen; Aktentaschen; Rucksäcke; Brieftaschen; Schlüsseletuis (Lederwaren); Geldbörsen“ zurückgewiesen worden ist. 2. Wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 3 489 234 wird die Löschung der Marke 306 33 388 für die genannten Waren angeordnet 3. Hinsichtlich der Zurückweisung des Widerspruchs für die Waren „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle“ werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 14 vom 15. Mai 2008 und 1. September 2009 für gegenstandslos erklärt.
I. Gegen die als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 14, 18 und 25 „14:  Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente; 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer, Dokumentenkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Handtaschen; Aktentaschen; Rucksäcke; Brieftaschen; Schlüsseletuis (Lederwaren); Geldbörsen; 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ am 15. September 2006 eingetragene Wortmarke Seven Jeans wurde Widerspruch erhoben aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 3 489 234 die u. a. für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 18 „Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Rucksäcke, Minirucksäcke, Schultaschen, Taschen, Kindertragetaschen, Ausgehtaschen, Einkaufstaschen, Reisetaschen, Sporttaschen; Handtaschen, Campingtaschen; Rucksäcke für Bergsteiger; Schultaschen, Aktenmappen, Brieftaschen, Geldbörsen, nicht aus Edelmetall; Schlüsseletuis, Hüfttaschen, Handkoffer, Regenschirme und Sonnenschirme; Reisekoffer, Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Kunststoffköfferchen“ geschützt ist. Der Widerspruch wurde dabei gezielt ausschließlich gegen die von der angegriffenen Marke in der Klasse 18 beanspruchten Waren gerichtet. Auf den Widerspruch hin hat die Markenstelle die angegriffene Marke zunächst mit Erstprüferbeschluss vom 15. Mai 2008 für die Waren der Klasse 25 gelöscht - was von der Widersprechenden allerdings beantragt worden war – und der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende – nicht jedoch der Markeninhaber – Erinnerung eingelegt und beantragt, die jüngere Marke für die angegriffenen Waren der Klasse 18 zu löschen. Mit Beschluss vom 1. September 2009 hat die Markenstelle die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Verwechslungsgefahr bestehe trotz hochgradiger Warenähnlichkeit bereits deshalb nicht, weil die Widerspruchsmarke nur einen verminderten Schutzumfang beanspruchen könne. Das in beiden Vergleichsmarken klanglich übereinstimmend vorhandene Wortelement „Seven“ sei als Zahlwort, mit seinem für die beteiligten Verkehrskreise ohne Weiteres verständlichen Bedeutungsgehalt „Sieben“ als kennzeichnungsschwach zu werten und daher nicht geeignet, eine kollisionsrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zu begründen. Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde und führt aus, für die hier ausschließlich verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 18 seien Anhaltspunkte für eine Beschreibungseignung des Markenworts „Seven“ nicht ersichtlich. Auch die Markenstelle habe hierzu keine konkreten Feststellungen getroffen, so dass von normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen sei. Angesichts identischer Vergleichswaren und dem in beiden Marken übereinstimmend vorhandenen Wortbestandteil „Seven“ könne eine Verwechslungsgefahr keinesfalls ausgeschlossen werden. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Widersprechende ihren Widerspruch hinsichtlich der Waren „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle“ zurückgenommen. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit der Widerspruch für die nun noch angegriffenen Waren der Klasse 18 zurückgewiesen wurde und die angegriffene Marke auf den Widerspruch hin für diese Waren im Register zu löschen. Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist begründet. Die Löschung der angegriffenen Marke ist für sämtliche nun noch verfahrensgegenständlichen Waren anzuordnen, da zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr i: S: v. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Die markenrechtliche Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, der Ähnlichkeit der Vergleichsmarken sowie der Ähnlichkeit der gegenseitigen Waren zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2004, 594 – Ferrari-Pferd). Die genannten Faktoren stehen dabei zueinander in einer gewissen Art von Wechselwirkung, so dass ein geringerer Grad des einen Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Rdn. 18 f. – PICASSO ; BGH WRP 2009, 616, Rdn. 23 – METROBUS; sowie Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 32 m. w. N.). Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muss stets konkret, d. h. bezogen auf die verfahrensgegenständlichen Vergleichswaren des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. BGH WRP 2009, 616, Rdn. 83 – METROBUS; sowie Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rdn. 195, m. w. N.). Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung, Zahlwörtern wie dem hier maßgeblichen Markenwort „Seven“ dann einen verminderten Schutzumfang zuzuordnen, wenn sie hinsichtlich der fraglichen Waren als beschreibende Angabe dienen können, z. B. als Größenangabe für Bekleidungsstücke bzw. als Mengenangabe oder als Typenbezeichnung für andere Produkte. Hierfür bedarf es aber in jedem Einzelfall belastbarer Anhaltspunkte, die eine solche Eignung belegen können. Solche Anhaltspunkte sind aber weder den angefochtenen Beschlüssen der Markenstelle zu entnehmen, noch haben die Recherchen des Senats entsprechende Feststellungen dafür ergeben, dass der Begriff „Seven“ für die hier maßgeblichen Waren als beschreibende Angabe verwendet wird oder zumindest zur Produktbeschreibung dienen könnte . Vielmehr erscheint eine beschreibende Verwendung des englischen Zahlwortes „Seven“ im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Produkte als ausgeschlossen und geradezu sinnwidrig, so dass ein Verständnis des genannten Markenwortes als bloße Merkmalsangabe zu kurz greift. Somit liegen im vorliegenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, der Widerspruchsmarke unter kollisionsrelevanten Gesichtspunkten nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzumessen. Im Rahmen des gezielt eingelegten und im Beschwerdeverfahren weiter präzisierten Widerspruchs stehen sich identische bzw. hochgradig ähnliche Vergleichswaren gegenüber, so dass die angegriffene Marke zum Widerspruchszeichen einen deutlichen Abstand einhalten muss, um die Gefahr von Verwechslungen ausschließen zu können. Diesen Anforderungen wird sie jedoch nicht gerecht. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Vergleichsmarken sind die sich jeweils gegenüberstehenden Kennzeichen als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 315, Rdn. 41 – Limoncello; BGH GRUR 2008, 1002, Rdn. 23 – Schuhpark). Trotz dieses kollisionsrechtlichen Grundsatzes ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall ein Bestandteil eines mehrgliedrigen Zeichens dessen Gesamteindruck prägt bzw. in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl. EuGH a. a. O. Rdn. 30, 31 – THOMSON LIFE ; BGH GRUR 2009, 772, 776, Rdn. 57 – Augsburger Puppenkiste; BGH GRUR 2007, 888 Rdn. 22, 31 – Euro Telekom). Für die Beantwortung der Frage, ob einem Bestandteil einer Kombinationsmarke eine solche isoliert kollisionsbegründende Wirkung zuzumessen ist, kommt es vor allem auf die Kennzeichnungskraft der einzelnen Markenteile an. Da produktbeschreibenden Elementen grundsätzlich die Eignung fehlt, den Gesamteindruck einer Marke wesentlich mitzubestimmen, kann die bloße Hinzufügung solcher Elemente zu einem mit dem Widerspruchszeichen übereinstimmenden Bestandteil eine Verwechslungsgefahr grundsätzlich nicht ausschließen (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT ). Aus diesem Grund ist auch der Bestandteil „Jeans“ der angegriffenen Marke nicht geeignet, eine hinreichend sichere Unterscheidbarkeit der beiden Marken zu gewährleisten. Denn als glatt beschreibender Hinweis auf einen (neben Leder) verwendeten Stoff oder als werbeüblichen Hinweis auf den „Look“ bzw. die Stilrichtung der hier einschlägigen Produkte, wird der angesprochene, an solche Stilbezeichnungen gewöhnte Verkehr, diesem Markenteil keine die jüngere Marke mitbestimmenden Charakter beimessen. Damit stehen sich klanglich identische Marken gegenüber. Diese klangliche Übereinstimmung ist ausreichend, um eine relevante Verwechslungsgefahr zu begründen (vgl. BGH GRUR 2008, 803, 804, Rdn. 21 – HEITEC , m. w. N.). Die angefochtenen Beschlüsse waren somit antragsgemäß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für die im Tenor genannten Waren anzuordnen. Mit der Rücknahme des Widerspruchs für die Waren „Leder und Lederimitationen; Häute und Felle“ hat sich das Widerspruchsverfahren insoweit in der Hauptsache erledigt, so dass die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts im Hinblick auf die genannten Waren für gegenstandlos zu erklären war. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
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JURE109006283
BPatG
München
20. Senat
20100607
20 W (pat) 364/05
Beschluss
§ 59 Abs 1 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren - "Ultraschallsensor" – zur Zulässigkeit eines Einspruchs - pauschaler Verweis auf eine Druckschrift und Behauptung ihrer Bekanntheit ohne Benennung konkreter Textstellen
In der Einspruchssache … betreffend das Patent 199 17 862 hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, des Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Werner sowie des Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt beschlossen: Der Einspruch gegen das deutsche Patent 199 17 862 wird als unzulässig verworfen.
I. Gegen das Patent 199 17 862 mit der Bezeichnung „Ultraschallsensor“, dessen Erteilung am 31. März 2005 im Patentblatt veröffentlicht wurde, hat die Einsprechende am 27. Juni 2005 Einspruch eingelegt. Die Einsprechende macht geltend, dass der Patentgegenstand nicht patentfähig sei (fehlende erfinderische Tätigkeit), § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG. Sie stützt ihr Vorbringen im Einspruchsschriftsatz auf die Druckschriften: E1 JP 9-284896 A E2 DE 35 05 872 C2 E3 DE 43 30 745 C1 Im Schriftsatz vom 16. April 2007 nennt die Einsprechende zusätzlich die Druckschrift DE 37 32 410 A1. Die Einsprechende beantragt, das deutsche Patent 199 17 862 zu widerrufen. Die Patentinhaberin hält den Einspruch für unzulässig, widerspricht dem Einspruch im Übrigen vollumfänglich und beantragt das deutsche Patent 199 17 862 aufrechtzuerhalten. Das erteilte Patent umfasst einen unabhängigen Sachanspruch 1 und diesem untergeordnete Unteransprüche 2 bis 8. Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet: „1. Ultraschallsensor (30; 50; 60), mit folgenden Merkmalen: einem Gehäusebauglied (31; 51) mit einem Hohlraum (33 ; 53) in demselben und einem einstückig mit dem Gehäusebauglied (31; 51) ausgebildeten Bodenabschnitt (32; 52), der an einem Ende des Hohlraums (33; 53) vorgesehen ist, wobei der Bodenabschnitt (32; 52) einen dicken Abschnitt (32a; 52a), der sich entlang einer ersten Richtung erstreckt, und ein Paar von dünnen Abschnitten (32b; 52b), die eine kleinere Dicke aufweisen als der dicke Abschnitt (32a; 52a) und die auf bezüglich des dicken Abschnitts (32a; 52a) gegenüberliegenden Seiten des Bodenabschnitts (32; 52) entlang einer zweiten Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet, vorgesehen sind, aufweist; und einem piezoelektrischen Element (35) zum Abstrahlen und/oder Erfassen von Ultraschall, wobei das piezoelektrische Element (35) in einem Zentrum des dicken Abschnitts (32a; 52a) auf einer inneren Oberfläche des Bodenabschnitts (32; 52) vorgesehen ist.“ Bezüglich des Wortlauts der sonstigen erteilten Patentansprüche wird auf die Patentschrift verwiesen. II. Der Einspruch war als unzulässig zu verwerfen. Die Einsprechende hat ihren Einspruch zwar in rechter Frist und Form erhoben (§ 59 Abs. 1, Satz 1 und 2 PatG) und zulässigerweise auch auf mangelnde Patentfähigkeit als einen der Widerrufsgründe des § 21 PatG gestützt (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG). Den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen wird der Einspruch jedoch nicht gerecht. 1. Die Erfindung betrifft einen Ultraschallsensor. Derartige Sensoren dienen dem Abstrahlen und/oder Erfassen von Ultraschallenergie, insbesondere, um die Existenz von Objekten zu erfassen oder einen Abstand zu einem Objekt zu messen, der beispielsweise als ein Hinderniserfassungssensor, ein Fahrzeugrückwärtssonar oder ein Eckensonar usw. verwendet wird (Absatz [0001] der Patentschrift). Die Erfindung geht aus von bekannten Ultraschallsensoren, wie sie in den Druckschriften E1 JP 9-284896 A und DE 41 20 681 A1 beschrieben sind (beide Druckschriften werden in den Absätzen [0002] bis [0009] der Patentschrift genannt). Hierbei wird besonderer Bezug auf die Druckschrift JP 9-284896 A (im Folgenden „Druckschrift E1“ genannt) genommen. Aus dieser Druckschrift ist ein in den Figuren 1 bis 3 dargestellter Ultraschallsensor 11 bekannt, der ein Gehäusebauglied 13 aufweist, in dem ein Hohlraum 12 ausgebildet ist. Ein scheibenförmiges piezoelektrisches Element 2 ist an einem unteren Abschnitt 13a des Gehäusebauglieds 13 angebracht (Absatz [0005] der Patentschrift). Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Ultraschallsensor zu schaffen, der anisotrope Strahlungs- und Erfassungs-Charakteristika bezüglich einer horizontalen und einer vertikalen Richtung aufweist, selbst wenn der Sensor klein ist (Absatz [0010] der Patentschrift). Üblicherweise verliert sich die Richtungsabhängigkeit der Strahlungs- und Erfassungs-Charakteristik bei zunehmender Miniaturisierung des Sensors immer mehr. Dazu schlägt die Erfindung einen Ultraschallsensor (30; 50; 60) vor, der folgende Merkmale aufweist: 1. ein Gehäusebauglied (31; 51) mit einem Hohlraum (33; 53) in demselben und 2. ein einstückig mit dem Gehäusebauglied (31; 51) ausgebildeter Bodenabschnitt (32; 52), der an einem Ende des Hohlraums (33; 53) vorgesehen ist, 3. wobei der Bodenabschnitt (32; 52) a) einen dicken Abschnitt (32a; 52a), b) der sich entlang einer ersten Richtung erstreckt, und c) ein Paar von dünnen Abschnitten (32b; 52b), d) die eine kleinere Dicke aufweisen als der dicke Abschnitt (32a; 52a) und e) die auf bezüglich des dicken Abschnitts (32a; 52a) gegenüberliegenden Seiten des Bodenabschnitts (32; 52) entlang einer zweiten Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet, vorgesehen sind, aufweist; und 4. ein piezoelektrisches Element (35) zum Abstrahlen und/oder Erfassen von Ultraschall, wobei das piezoelektrische Element (35) in einem Zentrum des dicken Abschnitts (32a; 52a) auf einer inneren Oberfläche des Bodenabschnitts (32; 52) vorgesehen ist. 2. a) Die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen sollen, sind bis zum Ablauf der Einspruchsfrist „im Einzelnen“ anzugeben, § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG. Die Begründung des Einspruchs genügt diesen gesetzlichen Anforderungen nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann, wenn die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrunds maßgeblichen Umstände darin so vollständig dargelegt sind, dass der Patentinhaber und das Patentamt daraus abschließende Folgerungen in Bezug auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrunds ziehen können (BGHZ 100, 242 - Streichgarn [unter II.2.c]; BGHZ 102, 53 - Alkyldiarylphosphin [unter II.2]; BGH, Beschluss vom 26. Mai 1988 - X ZB 10/87, BlPMZ 1988, 289 - Messdatenregistrierung [unter II.1]). Dasselbe gilt im Rahmen der hier anzuwendenden Regelung des § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung bezogen auf den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts. b) Im Hinblick auf die Merkmale des Patentanspruchs 1 hat die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist vorgetragen: „Aus der - im Prüfungsverfahren berücksichtigten und in der Einleitung des Streitpatents ausführlich und zutreffend diskutierten - JP 92-84896 A (E1) ist ein Ultraschallsensor mit anisotropen Eigenschaften (siehe dazu [0005] der Streitpatentschrift) mit folgenden (in der etwas mühsamen Terminologie des Streitpatents) Merkmalen bekannt: einem Gehäusebauglied mit einem Hohlraum in demselben und einem einstückig mit dem Gehäusebauglied ausgebildeten Bodenabschnitt, der an dem einen Ende des Hohlraums vorgesehen ist, wobei der Bodenabschnitt einen ersten Abschnitt, der sich entlang einer ersten Richtung erstreckt und ein Paar von zweiten Abschnitten, die eine kleinere Dicke aufweisen als der erste Abschnitt und die auf bezüglich des ersten Abschnitts gegenüberliegenden Seiten des Bodenabschnitts entlang einer zweiter Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet, vorgesehen sind, aufweist; und einem piezoelektrischen Element zum Abstrahlen und/oder Erfassen von Ultraschall, wobei das piezoelektrische Element in einem Zentrum des ersten Abschnitts auf einer inneren Oberfläche des Bodenabschnitts vorgesehen ist.“, um sodann zu schlussfolgern, dass sich der Gegenstand des Hauptanspruchs des Streitpatents von dem nach der Druckschrift E1 nur dadurch unterscheide, dass der zweite Bodenabschnitt eine geringere Dicke als der erste, das piezoelektrische Element tragende Bodenabschnitt habe (Merkmal 3d). Konkrete Textstellen oder Zeichnungen der Entgegenhaltung E1, aus denen die in Form einer Wiederholung des Anspruchswortlauts angegebenen Merkmale hervorgehen würden, hat die Einsprechende nicht benannt. Zur Druckschrift DE 35 05 872 (E2) trägt sie noch wie folgt vor: Aus dieser Druckschrift sei die Ausbildung des Bodens mit Abschnitten unterschiedlicher Dicke bekannt. Außerdem werde dem Fachmann durch diese Druckschrift nahegelegt, die zweiten Bodenabschnitte so auszubilden, dass sie auf bezüglich des ersten Bodenabschnitts gegenüberliegenden Seiten entlang einer zweiten Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheide, mit einer gegenüber dem ersten Abschnitt geringeren Dicke auszubilden seien, um so die aus der Druckschrift E1 bekannte anisotrope Ausbildung zu bewirken. Das gälte insbesondere deswegen, weil der Fachmann der Druckschrift E2 bereits in Spalte 4, Absatz 2 die anisotrope Wirkung eines neben und längs des Außenumfangs angeordneten (dünneren) Abschnitts, nämlich die Querschwingung, die vom Umfang des piezoelektrischen Elements ausgehe, am ringförmigen Abschnitt zu absorbieren oder abzumildern, entnehmen könne; daran könne der Fachmann erkennen, dass Ultraschallsensoren mit Bodenabschnitten unterschiedlicher Dicke anisotrope Eigenschaften besäßen. c) Nach der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts genügt grundsätzlich eine pauschale Bezugnahme auf eine dem Oberbegriff eines Patentanspruchs zugrundeliegende Vorveröffentlichung in der Regel nicht dem Erfordernis der Angabe der Tatsachen im einzelnen, die den Einspruch rechtfertigen (BPatGE 49, 202 - Türantrieb). Dabei ist es unerheblich, ob die Vorveröffentlichung bereits in der Streitpatentschrift genannt ist. Es obliegt vielmehr der Einsprechenden, anhand konkret bezeichneter Textstellen vorzutragen, wo die ihrer Meinung nach bekannten Merkmale in der Entgegenhaltung vorbeschrieben sind. Dies gilt auch, wenn der Anspruch einteilig aufgebaut ist und die Bekanntheit aller Merkmale außer einem behauptet wird. Als unzureichend hat das Bundespatentgericht auch die bloße Wiederholung des Anspruchswortlauts angesehen (so BPatGE 22, 119 für den Fall der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung; BPatGE 47, 186 - Leiterplattenbeschichtung - für den Fall der behaupteten widerrechtlichen Entnahme). Dies gilt auch für den Fall einer druckschriftlichen Vorveröffentlichung. In Ausnahmefällen hat das Bundespatentgericht zwar eine pauschale Bezugnahme auf eine Vorveröffentlichung zugelassen, nämlich dann, wenn ein kurzer Oberbegriff nicht weiter diskussionswürdigen „herkömmlichen“ Stand der Technik betraf und die erfindungswesentlichen Merkmale im kennzeichnenden Teil des Anspruchs zu finden waren (BPatGE 49, 202 - Türantrieb). In einem solchen Fall könne auch ein pauschaler Verweis auf Patentschriften oder andere Druckschriften als Tatsachenvortrag anerkannt und bei einfachen Sachverhalten auf die Angabe der relevanten Textstellen in der Vorveröffentlichung verzichtet werden (Schulte Patentgesetz, 8. Aufl. § 59, Rdn. 104), wenn sich der Zusammenhang aus einer kurzen Textstelle für den sachkundigen Leser von selbst ergibt und sich als Beleg für den behaupteten Einspruchsgrund geradezu aufdrängt (BGH GRUR 1972, 593 „Sortiergerät“). d) Den genannten Anforderungen an die Substantiierungspflicht genügt der Einspruch nicht. Der Einspruch hat sich zwar vollumfänglich mit dem Gegenstand des einzigen unabhängigen Patentanspruchs 1 auseinandergesetzt. Zum überwiegenden Teil der Merkmale des Patentanspruchs 1 hat die Einsprechende jedoch unter pauschalem Verweis auf Absatz [0005] der Patentschrift lediglich deren Bekanntheit aus der Druckschrift E1 behauptet, ohne hierfür konkrete Textstellen zu benennen. Vielmehr hat sie einfach den Anspruchswortlaut, soweit sie ihn für aus der Druckschrift E1 vorbekannt hält, wortwörtlich wiederholt. Es kann dahinstehen, ob sich die Merkmale 1, 2 und 4 dem Fachmann beim Betrachten der Figuren 1 bis 3 der Druckschrift E1 geradezu aufdrängen und es deshalb keiner näheren Angaben dazu bedurfte, aus welcher konkreten Textstelle oder Figur die Merkmale bekannt seien. Denn die behauptete Ausgestaltung des Bodenabschnitts des Sensors in der Form, dass „der Bodenabschnitt einen ersten Abschnitt, der sich entlang einer ersten Richtung erstreckt und ein Paar von zweiten Abschnitten, die auf bezüglich des ersten Abschnitts gegenüberliegenden Seiten des Bodenabschnitts entlang einer zweiter Richtung, die sich von der ersten Richtung unterscheidet, vorgesehen sind, aufweist“, geht jedenfalls aus der japanischsprachigen Druckschrift E1 nicht ohne weitere Erläuterungen hervor. Aus welcher Textpassage oder welcher Zeichnung sich ergeben soll, dass der Bodenabschnitt 13a in irgendeiner Weise in Abschnitte - einen ersten Abschnitt und ein Paar von zweiten Abschnitten - untergliedert oder strukturiert wäre, gibt die Einsprechende nicht an. Sie hat es vielmehr der Patentinhaberin und dem Senat überlassen, eine entsprechende Offenbarungsstelle zu identifizieren. Auf nähere Darlegungen zum genannten Merkmal konnte vorliegend auch nicht ausnahmsweise verzichtet werden, da sich die Gliederung des Bodenabschnitts in einen ersten Abschnitt und ein Paar von zweiten Abschnitten auch nicht ohne Weiteres aus der Druckschrift E1 oder dem Wissen des Fachmanns ergibt - hier eines Diplom-Ingenieurs (FH) der Fachrichtung Elektronik oder eines Physiker, der über mehrjährige Berufserfahrungen bei der Entwicklung und Fertigung von Ultraschall-Sensoren verfügt. Eine Untergliederung des Bodenabschnitts in die genannten Abschnitte ist für den Gegenstand der Druckschrift E1 nämlich ohne Belang und an keiner Stelle angesprochen. Die Druckschrift E1 offenbart vielmehr lediglich einen homogenen, ungegliederten Bodenabschnitt. Worin die Einsprechende dennoch die maßgeblichen Abschnitte erblicken möchte, hätte zumindest mit Hinweis auf konkrete Textstellen oder Zeichnungsdetails, z. B. anhand von Bezugszeichen, angegeben werden müssen, um es der Einsprechenden und dem Senat zu ermöglichen, das Vorkommen dieses Merkmals zu prüfen. Dies ist nicht geschehen. Damit sind die Angaben der „Tatsachen im Einzelnen“ unvollständig. Auf den weiteren Vortrag zu dem aus Sicht der Einsprechenden einzigen Unterscheidungsmerkmal 3d („dass der Bodenabschnitt eine geringere Dicke als der erste, das piezoelektrische Element tragende Bodenabschnitt hat“), in dem die Einsprechende auf konkreten Textstellen aus der Druckschrift E2 verwiesen hat und erläutert hat, warum sie es als durch die Druckschrift E2 nahegelegt ansieht, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an. Nach alledem war der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Für eine Sachprüfung ist unter diesen Umständen kein Raum.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006283&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006284
BPatG
München
25. Senat
20100708
25 W (pat) 14/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 83 Abs 2 MarkenG, § 91 Abs 1 S 1 MarkenG, § 91 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Complete" – Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Zahlung der Beschwerdegebühr - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 076 847.9 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters k.A. Metternich beschlossen: 1. Der Anmelderin wird Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Fristen zur Einlegung der Beschwerde und zur Einzahlung der Beschwerdegebühr gewährt. 2. Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Complete ist am 9. Dezember 2008 zur Eintragung in das Markenregister für eine Reihe von  Waren der Klassen 5 und 10 angemeldet worden. Nachdem die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung des Beschwerdeverfahrens die Anmeldung teilweise zurückgenommen hat, ist die Anmeldung noch in Bezug auf die folgenden Waren anhängig: "Windeln, Windeleinlagen, Höschenwindeln und Saugvorlagen, im Wesentlichen bestehend aus Papier, Zellstoff oder anderen Fasermaterialien als Einmalartikel, Fixierhöschen, gewirkt und oder gestrickt aus Textilfäden oder bestehend aus Zellstoff, zur Fixierung von Saugvorlagen, sämtliche vorgenannten Waren für die Inkontinentenversorgung." Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2008 076 847.9 geführte Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 2. April 2009 und vom 17. Juli 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren erging, zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). "Complete" sei ein Wort des englischen Grundwortschatzes und habe die Bedeutung von "komplett, vollständig, vollkommen". Selbst Endverbrauchern ohne vertiefte Englischkenntnisse sei diese Bedeutung wegen der gemeinsamen Etymologie und der sprachlichen Nähe zum deutschen Wort "komplett" ohne weiteres verständlich und bedürfe keiner weiteren Interpretation. "Complete" werde in der Werbung vielfältig als anpreisender Hinweis auf eine komplette, umfassende, vollkommene Wirkung oder Ausstattung verwendet und zwar in einer erheblichen Bandbreite von Produkten (chem. Wasserreinigung, Dünger, elektrische Zahnbürsten bis hin zur Körper- und Schönheitspflege). Dieses Wort sei für die beanspruchten Waren glatt beschreibend und werde als Hinweis auf die Ware selbst und nicht auf deren betriebliche Herkunft aufgefasst. Der Verkehr werde es als werbemäßigen Hinweis dahingehend auffassen, dass diese Waren eine komplette, umfassende, vollkommene Wirkung, Zusammensetzung oder Ausstattung aufwiesen bzw. umfassend wirkten (z. B. desinfizierend und schonend zugleich oder komplett gegen Bakterien, Viren, Pilze). Voreintragungen, auf die sich die Anmelderin berufen habe, hätten keine Bindungswirkung, zumal es auch Bezugsfälle für Beanstandungen, Rücknahmen oder Zurückweisungen hinsichtlich der Bezeichnung "Complete" gebe. Der Erinnerungsbeschluss der Markenstelle vom 17. Juli 2009 ist der Anmelderin am 28. Juli 2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2010, eingegangen am 27. Januar 2010, beantragt die Anmelderin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss und zur Zahlung der Beschwerdegebühr. Zugleich legt sie Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss ein; dem Schriftsatz war eine Einzugsermächtigung zur Abbuchung der Beschwerdegebühr beigefügt. Zur Begründung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung trägt die Anmelderin folgendes vor: Die Bevollmächtigte der Anmelderin habe am 7. August 2009 die Beschwerdeschrift und die Einzugsermächtigung unterzeichnet und an eine stets zuverlässige, gut ausgebildete und langjährig erfahrene Kanzleiangestellte zur Aufgabe zur Post weitergegeben. Die weiteren Abläufe seien in der Kanzlei der Bevollmächtigten der Anmelderin wie folgt organisiert: Sämtliche an das DPMA gerichteten Eingaben würden in einer fortlaufend nummerierten Liste ("Amtsliste") erfasst und zusammen mit der Liste an das DPMA gesandt. Wenn die Post herausgegangen sei, werde die jeweilige Frist im Fristenkalender erst nur abgehakt, aber noch nicht gestrichen. Die Rücksendung der vom DPMA abgestempelten Amtsliste werde von den Bürokräften der Bevollmächtigten ständig überwacht. Die im kanzleiinternen Fristenkalender notierten Fristen würden erst dann gestrichen, wenn bei auf dem Postweg übersandten Eingaben die abgestempelte Amtsliste, in der die jeweilige Eingabe vermerkt sei, wieder vorliege. Der Postversand werde vom Sekretariat der Kanzlei selbständig durchgeführt. Die Fristenkontrolle sei auf eine Kanzleiangestellte, und zwar eine ausgebildete Patentanwalts-Fachangestellte delegiert, wobei die Anwältinnen der Kanzlei die Fristenkontrolle laufend stichprobenartig überprüften, insbesondere bei den Fristen für Widersprüche und Rechtsmittel; dabei habe sich bisher noch kein Fehler seitens dieser Kanzleiangestellten ergeben. Zwar sei die Frist für die Einlegung der Beschwerde im vorliegenden Fall korrekt im Fristenkalender vermerkt worden. Jedoch sei aus nicht nachvollziehbaren Gründen zum einen die Beschwerdeschrift in der "Amtsliste" vom 7. August 2009 und der folgenden Tage nicht erfasst worden und zum anderen die vorgemerkte Frist im Fristenkalender von der vorgenannten Kanzleiangestellten gestrichen worden. Nachdem die Akte am 18. Dezember 2009 routinemäßig wieder vorgelegt worden sei, sei festgestellt worden, dass das Aktenzeichen der Beschwerde noch nicht vorgelegen habe. Dies sei wegen der "latenten" Arbeitsüberlastung von DPMA und Bundespatentgericht als nicht ungewöhnlich erachtet worden. Bei einer routinemäßigen Überprüfung der Buchhaltung sei am 19. Januar 2010 festgestellt worden, dass die Beschwerdegebühr noch nicht abgebucht worden sei. Die daraufhin am 20. Januar 2010 durchgeführte Nachfrage beim DPMA habe ergeben, dass die Beschwerde dort noch nicht eingegangen war. Der Verbleib des Originals der Beschwerdeschrift und der zugehörigen Einzugsermächtigung sei nicht erklärbar. Zur Glaubhaftmachung legte die Anmelderin eidesstattliche Versicherungen ihrer Bevollmächtigten und der vorgenannten Kanzleiangestellten, Kopien einer Beschwerdeschrift mit Datum 7. August 2010 und der entsprechenden Einzugsermächtigung, einen Auszug aus dem Fristenkalender, Kopien sog. "Amtslisten" und einen Ausdruck aus dem kanzleiinternen IT-System vor. Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin vor, dass die Bezeichnung "Complete" hinsichtlich der beanspruchten Waren unterscheidungskräftig sei und insoweit auch kein Freihaltebedürfnis vorliege. Diese kurze, leicht aussprechbare und prägnante Bezeichnung habe in Bezug auf die beanspruchten Waren in Alleinstellung keinen im Vordergrund stehenden Sinngehalt. Sie werde – anders als in der Anmeldung – im Sprachgebrauch nicht in Alleinstellung benutzt, sondern müsse gedanklich ergänzt oder in einen sonstigen Kontext gestellt werden, um ihr eine warenbeschreibende Aussage entnehmen zu können. Ein konkreter Sinngehalt bleibe auch bei analysierender Betrachtung unklar. Eine die Unterscheidungskraft begründende Originalität und Prägnanz könne diesem Begriff nicht abgesprochen werden. Aufgrund einer fehlenden konkreten substantivischen Ergänzung stehe kein beschreibender Aussagekern im Vordergrund. Vielmehr werde der von der Markenstelle unterstellte Bedeutungsgehalt dem angesprochenen Durchschnittsverbraucher allenfalls nach Art eines sprechenden Zeichens in sehr vager und unterschwelliger Form nahe gebracht. Die Bezeichnung "Complete" sei mehrdeutig, denn sie könne aufgrund der fehlenden Erläuterung sowohl produkt- als auch personenbezogen verstanden werden. Bei einem produktbezogenen Verständnis ergäben sich allenfalls unspezifische subjektive Gefühle auf Seiten des angesprochenen Verbrauchers, was jedoch nicht ausreiche, um ein Schutzhindernis zu begründen. Auch ein enger beschreibender Bezug sei aufgrund der begrifflichen Unschärfe des angemeldeten Zeichens nicht gegeben. Jedenfalls nach der Teil-Rücknahme der Anmeldung ergebe sich kein beschreibender Aussagehalt im Sinne eines "Komplettangebots", mehr, was ohnehin nur eine Aussage zur Vertriebsmodalität darstelle, die als solche kein Schutzhindernis begründe. Es liege auch kein Freihaltebedürfnis vor. Aus den vorgenannten Gründen ergebe sich, dass sich das angemeldete Zeichen nicht als Merkmalsangabe für die beanspruchten Waren anbiete. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Mitbewerber das angemeldete Zeichen als Sachhinweis für die beanspruchten Waren benötigten. Die Mitbewerber seien insbesondere nicht gehindert, den angemeldeten Begriff in Verbindung mit weiteren sachbezogenen Angaben als Hinweis auf ein Komplettangebot oder ein Kombiset zu benutzen. Die von der Markenstelle ermittelten Bezugsfälle führten zu keinem anderen Ergebnis; dies gelte insbesondere auch in Bezug auf zurückweisende Entscheidungen betreffend die Bezeichnung "Complete". Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass der englischsprachige Begriff "Complete" hinsichtlich der hier beanspruchten Waren für einen Lizenznehmer der Anmelderin in den USA als Marke geschützt sei. Die Anmelderin beantragt, ihr Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Beschwerdefrist und der versäumten Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren sowie die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2009 und vom 17. Juli 2009 aufzuheben. In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat sie ferner die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt. Wegen der übrigen Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, das Sitzungsprotokoll vom 8. Juli 2010 und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Der Anmelderin war gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG Wiedereinsetzung hinsichtlich der versäumten Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren. Jedoch fehlt der angemeldeten Bezeichnung "Complete" auch in Bezug auf die Waren, für die die Anmeldung noch anhängig ist, jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG). 1. Die Anmelderin hat die Monatsfrist zur Einlegung der Beschwerde (§ 66 Abs. 2 MarkenG) und zur Zahlung der gemäß § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. Nr. 401 300 des Verzeichnisses zu § 2 Abs. 1 PatKostG zu entrichtenden Beschwerdegebühr (§§ 66 Abs. 2, 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG) versäumt. Ihr war allerdings auf ihren Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich dieser Fristen zu gewähren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Sie konnte glaubhaft machen, dass diese Versäumnisse weder durch sie selbst bzw. ihre Organe noch durch ihre Verfahrensbevollmächtigte verschuldet  waren (§§ 91 Abs. 3, 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO). Insbesondere konnte sie glaubhaft machen, dass ihre Bevollmächtigte die Abläufe in ihrer Kanzlei im Zusammenhang mit Fristsachen ordnungsgemäß gestaltet, verfügt und überwacht hat und sich dabei geeigneter Angestellter bedient; insgesamt fällt ihr und ihrer Verfahrensbevollmächtigten kein Organisations-, Überwachungs- oder Auswahlverschulden zur Last. Soweit durch ein nicht aufklärbares Versehen eine Kanzleiangestellte gegen diese Organisation verstoßen hat, ist dies der Bevollmächtigten und der Anmelderin nicht zuzurechnen. Im übrigen hat die Anmelderin fristgemäß die Wiedereinsetzung beantragt und die versäumten Handlungen nachgeholt (§ 91 Abs. 2, 4 und 5 MarkenG). 2. In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg, da der angemeldeten Bezeichnung "Complete" in Bezug auf die nach der Teilrücknahme noch beanspruchten Waren der Klasse 5 keine Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG hat. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] " FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] - " FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Zumindest unter dem letztgenannten Gesichtspunkt fehlt der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft. Das englische Wort "Complete" hat die Bedeutung "komplett, vollkommen, völlig, ganz, total". Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass diese Bedeutung vom maßgeblichen Verkehr, auch wenn man hier ausschließlich auf die Endverbraucher abstellen und den Fachverkehr außer Acht lassen würde, ohne weiteres erkannt wird, zumal die Bezeichnung von der Wortbildung her auch erkennbar eng verwandt ist mit dem entsprechenden deutschen Wort "komplett". Dass diese Bezeichnung gerade auch in Bezug auf die beanspruchten Waren, die aus Artikeln zur Inkontinentenversorgung bestehen, vom Verkehr als eine werbliche Anpreisung und glatte Beschreibung der gewünschten Beschaffenheit und Eigenschaften dieser Waren aufgefasst wird, liegt auf der Hand. Zum einen wird damit ein Komplettangebot zur Inkontinentenversorgung suggeriert. Komplettangebote gibt es in nahezu allen Warenbereichen und selbstverständlich auch im Bereich der Waren zur Inkontinenzversorgung. Ein Komplettangebot in diesem Warenbereich kann dahingehend gegeben sein, dass verschiedene sich einander ergänzende Waren zur entsprechenden Rundumversorgung angeboten werden, wobei die einzelnen Waren dann Bestandteil des Komplettsortiments sind. Ein Komplettangebot in diesem Warenbereich kann unter anderem auch dahin-gehend gegeben sein, dass die einzelne Ware bereits so vollkommen gestaltet ist, dass keine Wünsche mehr offen blieben oder sie so innovativ und vollständig gestaltet ist, dass sie mehrere ansonsten notwendige und einander ergänzende Waren ersetzt. Zum anderen ist es für den Verkehr auch ohne weiteres naheliegend, in der angemeldeten Bezeichnung einen Hinweis auf Eigenschaften der beanspruchten Waren dahingehend zu erkennen, dass diese einen umfassenden Schutz hinsichtlich der Folgen der Inkontinenz gewährleisten. Dieser umfassende Schutz kann sich darauf beziehen, dass die beanspruchten Waren sowohl ein Höchstmaß an Nässe- bzw. Feuchtigkeitsschutz als auch - ohne dass es weiterer Stoffe oder Einlagen bedarf - ein Höchstmaß an Geruchshinderung gewährleisten. Dies gilt gerade auch in Bezug auf die nach der Teil-Rücknahme der Anmeldung noch beanspruchten Waren. Denn bei Windeln, Windeleinlagen, Höschenwindeln und Saugvorlagen zur Inkontinentenversorgung sind die vorgenannten Eigenschaften für die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen neben Inkontinenzkranken auch Personen zählen, die mit deren Pflege befasst sind, von vorrangiger Bedeutung. Ein Komplettschutz in dem vorgenannten Sinn ist für diese Verkehrskreise das, was sie von den beanspruchten Waren erwarten oder jedenfalls in besonderer Weise wünschen. Dann aber drängt es sich für diese Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken auf, in der Bezeichnung "Complete" einen zwar schlagwortartigen, aber dennoch glatt beschreibenden Hinweis auf diese gewünschten Eigenschaften der vorgenannten Waren und keinen Hinweis auf deren betriebliche Herkunft zu sehen. Die in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2010 erklärte Teil-Rücknahme führt daher nicht zur Schutzfähigkeit hinsichtlich der danach noch beanspruchten Waren. Im übrigen ist es für ein beschreibendes Verständnis unerheblich, dass sich der angemeldeten Bezeichnung nicht konkret entnehmen lässt, unter welchem Gesichtspunkt die Waren "komplett" bzw. "vollkommen" sind. Denn die mit einer verallgemeinernden und insbesondere auch mit einer werbenden Aussage einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe steht der Beurteilung als Sachbegriff nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2008, 900 [Tz. 15] - SPA II). Auch die Mehrdeutigkeit einer Bezeichnung führt nicht zur Bejahung der Unterscheidungskraft und zur Eintragungsfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Waren beschreibenden Charakter hat (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 93; siehe auch die entsprechenden Überlegungen zum Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG EuGH GRUR 2004, 147 - DOUBLEMINT und BGH, SPA II a. a. O.). In diesem Zusammenhang darf die Verständnisfähigkeit des Verkehrs nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 252), zumal er daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit - unter Umständen auch neuen - Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm lediglich sachbezogene Informationen in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Auch wenn die Bezeichnung "Complete" in den USA für einen Lizenznehmer der Anmelderin - aus welchem Grund auch immer - als Marke geschützt wurde, ändert dies nichts daran, dass es sich bei dieser Bezeichnung aus den vorgenannten Gründen um eine eindeutige Sachaussage in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren handelt, die der Verkehr als Anpreisung der Eigenschaften und Beschaffenheit dieser Waren sofort und ohne jede analysierende Betrachtungsweise erkennt. Ausländische Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken haben im Übrigen hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 30 und 34 m. w. N.). Soweit die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach und zuletzt auf ein dahingehend gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen ausdrücklich nochmals bestätigt (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS  unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 (Nr. 47 - 51) - BioID; GRUR 2004, 674 (Nr. 42 - 44) - Postkantoor; GRUR 2004, 428 (Nr. 63) - Henkel). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 (Nr. 18) - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya mit ausführlicher Begründung und mit zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen). Mehrere Senate des BPatG, u. a. auch der erkennende Senat, haben sich zur Frage der Voreintragungen erst in jüngster Zeit intensiv auseinandergesetzt (vgl. dazu GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt), wobei in diesen Entscheidungen teilweise darauf hingewiesen wird, dass sich auch Äußerungen zur Schutzfähigkeit von im Register eingetragenen Marken verbieten, weil diese Marken durch ihre Nennung nicht verfahrensgegenständlich werden und deren Inhaber nach den markenrechtlichen Verfahrensbestimmungen auch nicht am Verfahren beteiligt werden können. Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Aus den vorgenannten Gründen spricht einiges dafür, dass auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt ist. Einer abschließenden Entscheidung hierüber bedarf es aber nicht, da der Eintragung der Markenanmeldung 30 2008 076 847.9 bereits die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlende Unterscheidungskraft entgegensteht. 3. Der Zulassung der Rechtsbeschwerde bedarf es hier nicht (§ 83 Abs. 2 MarkenG). Zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke geht der Senat von der maßgeblichen Rechtsprechung zur Frage der Unterscheidungskraft von Zeichen aus, bei denen es sich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entweder um eine beschreibende Angabe handelt, oder um eine Angabe, die jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug zu diesen Waren und Dienstleistungen aufweist. Hierbei wurde die konkrete Sachlage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung berücksichtigt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war hier nicht zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Auch sind hier keine Besonderheiten ersichtlich, aufgrund derer zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Rechtsbeschwerde erforderlich sein könnte (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006285
BPatG
München
25. Senat
20100722
25 W (pat) 507/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Der perfekte Start zum Wunschgewicht" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 050 673.3 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin  wird zurückgewiesen.
I. Die Wortfolge Der perfekte Start zum Wunschgewicht ist am 8. August 2008 für die Waren und Dienstleistungen "Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Druckereierzeugnisse; Kochbücher; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis, Süßspeisen; Müslis; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Ausarbeitung von Ernährungsplänen; Ernährungsberatung; Gewichtsreduktionsschulungen; Verpflegung, Beherbergung von Gästen; Gesundheits- und Schönheitspflege; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Nach Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG ist die Anmeldung durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 05 vom 11. Dezember 2009 zurückgewiesen worden, weil der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren bereits das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Die aus geläufigen Wörtern des deutschen Sprachschatzes regelgerecht gebildete und allgemein verständliche Wortfolge "Der perfekte Start zum Wunschgewicht" werde von den hier überwiegend angesprochenen breiten Verbraucherkreisen für sämtliche angemeldete Waren und Dienstleistungen nächstliegend und unmissverständlich als (anpreisende) Werbeaussage allgemeiner Art verstanden, nämlich dass mit Hilfe bzw. durch Beanspruchung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen der erste Schritt getan werde, um das (eigene) Wunschgewicht zu erreichen. So könnten die Waren der Klasse 5 ihrer Art nach dazu bestimmt sein, als unterstützende Produkte zur Gewichtsreduzierung eingesetzt zu werden. Gleiches gelte für die Waren der Klassen 29, 30 und 32. Bei diesen könne es sich beispielsweise um speziell fett- und zuckerreduzierte Nahrungsmittel handeln, mit deren Verzehr ein erster Schritt in Richtung Wunschgewicht gemacht werde. In Bezug zu den Waren der Klasse 16 wirke die Wortfolge lediglich als Titel, der z. B. bei "Kochbüchern" mit kalorienreduzierten Rezepten und Kochideen in schlagwortartiger Weise Aufschluss hinsichtlich des Inhaltes dieser Waren gebe und dem angesprochenen Verkehr suggeriere, dass mit dem Erwerb bzw. mit Hilfe dieser Waren der Grundstein gelegt sei bzw. werde, um sein (Über-)Gewicht in den Griff zu bekommen. Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen enthalte das angemeldete Zeichen nur einen allgemeinen Sachhinweis auf deren Inhalt, Gegenstand und Bestimmung. Soweit sich dabei der Wortfolge nicht genau entnehmen lasse, inwiefern oder um was für eine Art Start zu einem Wunschgewicht es sich handeln solle, ergebe sich daraus keine schutzbegründende Interpretationsbedürftigkeit; vielmehr handele es sich um eine dem Verständnis als rein werblich anpreisende Aussage nicht entgegenstehende begriffliche Unbestimmtheit, welche erforderlich und gewollt sei, um einen möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften, Vorteile oder Leistungsinhalte zu erfassen und/oder eine positive Erwartungshaltung des Kunden zu fördern, ohne diese im Einzelnen zu benennen. Soweit die Anmelderin sich auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Eintragungen berufe, könnten diese bereits aus Rechtsgründen keinen Anspruch auf Eintragung begründen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Dezember 2009 begehrt, ohne dass sie ausdrücklich einen entsprechenden Antrag stellt. In rechtlicher Hinsicht sei im Hinblick auf die aktuelle Entscheidung des EuGH GRUR 2010, 228 ff. - "Vorsprung durch Technik" bereits zu beachten, dass einer als Werbeslogan ausgestalteten Wortfolge eine Unterscheidungskraft nicht allein deswegen abgesprochen werden könne, weil sie auch einen sachbezogenen Aussagegehalt vermittele. Einem rein sachbezogenen Verständnis der Wortfolge wirke zudem entgegen, dass diese zum Nachdenken anrege und damit interpretationsbedürftig sei. Denn der Verbraucher wisse nicht, inwiefern oder um was für eine Art Start zu einem Wunschgewicht es sich handele. In welcher Art und Weise ein "Start" gegeben sein soll, sei anhand der Wortfolge nicht zu erkennen. Zu einem Gewicht könne man nicht starten. Es würden daher keine Eigenschaften der mit der Anmeldung der Marke begehrten Waren und Dienstleistungen beschrieben. Aufgrund der dadurch erforderlichen Überlegungen und eröffneten Interpretationsmöglichkeiten fehle es der Wortfolge damit weder an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch handele es sich um eine freihaltungsbedürftige Angabe i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Dementsprechend seien auch eine Reihe vergleichbar gebildeter Slogans wie z. B. "Gewicht in Balance" oder body-coach die gewicht-optimierer" eingetragen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Wortfolge verfügt in Bezug auf die beanspruchten Waren bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] " FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] " FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Werbeslogans - wie die angemeldete Wortfolge - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 143 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK ). Es ist auch nicht erforderlich, dass Slogans einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, wenn sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK ). Slogans unterliegen aber auch keinen geringeren Schutzvoraussetzungen. So ist auch bei Werbeslogans die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn hinsichtlich der jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn der Slogan eine bloße Werbefunktion ausübt: Diese kann z. B. darin bestehen, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen, es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK nicht entscheidend modifiziert. In dieser Entscheidung hat der EuGH im Anschluss an die Entscheidung " DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT " bestätigt, dass Werbewirkung und Identifizierungsfunktion sich nicht gegenseitig ausschließen und daher, sofern (Hervorhebung durch Senat) der Verkehr die Marke als Herkunftshinweis wahrnimmt, es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (GRUR 2010, 228, Tz. 45). Auch wenn daher allein aus der Tatsache, dass es sich bei dem jeweiligen Zeichen um einen Werbeslogan handelt, nicht auf die fehlende Schutzfähigkeit dieses Zeichens geschlossen werden kann, so setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft jedoch unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK ). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK ). Hiervon ausgehend kommt der angemeldeten Wortfolge keine Unterscheidungskraft zu. Der Spruch "Der perfekte Start zum Wunschgewicht" setzt sich - in grammatikalisch korrekter Form - aus allgemein geläufigen Wörtern der deutschen Sprache zusammen. Der ursprünglich aus dem Englischen stammende Ausdruck "Start" (Langenscheidts Handwörterbuch, Englisch-Deutsch, 1999, S. 620) wird im Deutschen neben seiner ursprünglichen Bedeutung ("Beginn eines Wettlaufs") als Synonym für "Anfangszeit", "Beginn, Anlaufen einer Unternehmung" oder auch "Aufbrechen, Sich-in-Bewegung-Setzen im Hinblick auf ein Ziel" benutzt (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. S. 1602). Die Wortkombination "Wunschgewicht" wird vom Verkehr ohne weiteres i. S. von "wünschens- bzw. erstrebenswertes Körpergewicht" verstanden. In Zusammenhang mit Diät-, Fitness- oder sonstigen Schlankheitsprodukten bzw. -programmen dient dieser Begriff ebenso wie die gleichbedeutenden Begriffskombinationen "Traumgewicht", Wunschfigur" oder "Traumfigur" als schlagwortartiger Hinweis darauf, dass diese dazu bestimmt und geeignet sind, allein oder in Kombination mit weiteren Maßnahmen wie z. B. regelmäßige körperliche Betätigung und kontrollierter Ernährung/Diät das gewünschte, d. h. in aller Regel geringere Körpergewicht herbeizuführen, wobei es regelmäßig einer längeren An- bzw. Verwendung dieser Produkte bedarf, da eine nachhaltige Verringerung des Körpergewichts regelmäßig nur über einen längeren Zeitraum hinweg erreicht werden kann. Der Begriff "Wunschgewicht" bezeichnet daher das Ziel, welches durch An- bzw. Verwendung der so beworbenen Waren- und Dienstleistungsprodukte erreicht werden soll und wozu diese einen perfekten Start ermöglichen sollen. Vor diesem Hintergrund werden die vorliegend maßgeblichen allgemeinen inländischen Verkehrskreise die Wortfolge in ihrer Gesamtheit in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen naheliegend als Hinweis darauf verstehen, dass diese einen idealen, d. h. perfekten Beginn in ein solches Vorhaben mit dem Ziel einer Verringerung des Körpergewichts bzw. - wie die Markenstelle es kurz und prägnant formuliert hat - einen ersten Schritt auf dem Weg zum eigenen Wunschgewicht ermöglichen. Sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen können ihrer Art und Beschaffenheit nach auch einem solchen Vorhaben ohne weiteres dienen bzw. - was z. B. die beanspruchten Waren "Druckereierzeugnisse, Kochbücher" oder die Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" betrifft - sich thematisch/inhaltlich damit beschäftigen. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche und zutreffende Begründung der Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss Bezug. Die sprachregelgerecht gebildete Wortfolge beschränkt sich damit in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf eine werblich anpreisende und rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt. Sie weist keine ungewöhnliche Struktur oder weitere Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Es handelt sich in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen um eine einfache Sachaussage, die der Verkehr als Anpreisung der Eigenschaften und Beschaffenheit dieser Waren und Dienstleistungen sofort und ohne jede analysierende Betrachtungsweise erkennt, ohne dass ein darüber hinausgehender Sinngehalt ohne einen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen vermittelt wird. Sie ist insoweit weder unklar noch interpretationsbedürftig. Unerheblich ist, dass der Wortfolge als solcher nicht näher die dahinter stehenden Inhalte entnommen werden können, da auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke und Wortfolgen einen beschreibenden und sachbezogenen Charakter in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen haben können (vgl. BGH, GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; 2008, 397, 398 Tz. 15 - SPA II; WRP 2009, 960, 962 Tz. 15 - DeutschlandCard ). Die vorliegend angemeldete Wortfolge erschöpft sich mithin in einer gewöhnlichen Werbemitteilung und weist weder Originalität noch Prägnanz auf, die zumindest einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern würde. Die beteiligten Verkehrskreise werden diese Wortfolge daher nicht als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der vorliegend beanspruchten und mit dieser Wortfolge gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sehen. Bei den seitens der Anmelderin zum Beleg einer Eintragungsfähigkeit benannten Zeichen handelt es sich um zum einen um Wort-/Bildmarken, die zudem auch hinsichtlich ihrer Wortelemente bis auf die Tatsache, dass es sich ebenfalls um sloganartige Wortfolgen handelt, keine Gemeinsamkeiten mit der vorliegenden Wortfolge aufweisen. Da - wie bereits dargelegt - sloganartige Wortfolgen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen unterliegen, kommt es für die Beurteilung der Schutzfähigkeit ebenso wie bei anderen Wortmarken stets auf den Einzelfall an, so dass aus der Eintragung anderer Werbeslogans in Bezug auf konkret angemeldete Wortfolgen nichts hergleitet werden kann. In rechtlicher Hinsicht ist ferner noch zu beachten, dass Voreintragungen identischer oder vergleichbarer Marken hinsichtlich der Schutzfähigkeit weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung haben (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 [Tz. 47 - 51] - BioID; GRUR 2004, 674 [Tz. 42 - 44] - Postkantoor; GRUR 2004, 428 [Tz. 63] - Henkel; BGH GRUR 2008, 1093 [Tz. 18] - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 25 m. w. N.). Die Beschwerde bleibt daher ohne Erfolg.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006286
BPatG
München
26. Senat
20100630
26 W (pat) 106/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 9 MarkenG, Art 3 UrsprBezAbk FRA
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Schampaqua (Wort-Bild-Marke)" – gesetzliches Benutzungsverbot – kein Verstoß gegen das bilaterale Handelsabkommen: deutsch-französischer Staatsvertrag über den Schutz von Herkunftsangaben – keine konkreten Anhaltspunkte für Feststellung der Beeinträchtigung des in der geschützten Ursprungsbezeichnung "Champagne" liegenden Werbewerts
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 39 684.3 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2009 und vom 12. Februar 2008 aufgehoben.
I Für die Waren „alkoholfreies Getränk“ ist die Wort-/Bildmarke 307 39 684 angemeldet worden. In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen. Einer Eintragung stehe nach Auffassung des Amtes das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG entgegen. In der fraglichen Darstellung der angemeldeten Marke mit dem hervorgehobenen Wortelement „ Schampaqua “ sei ein Verstoß gegen das deutsch-französische Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geografischen Bezeichnungen vom 08. März 1960 (BlPMZ 1960, 209) zu sehen. Hiernach dürfe die Bezeichnung „Champagne(r)“ für Erzeugnisse aus einem anderen Land als Frankreich nicht - auch nicht wie vorliegend geschehen in abgewandelter Form - verwendet werden, sofern diese ihrem Sinn nach den gleichen Eindruck wie die geschützte Bezeichnung hervorrufe oder geeignet sei, deren Werbewert zu beeinträchtigen. Die Ausgestaltung der angemeldeten Marke lehne sich ersichtlich an die besondere Exklusivität der geschützten Bezeichnung „Champagne(r)“ an und sei daher geeignet, deren Werbewert zu beeinträchtigen. Der Wortbestandteil " Schampaqua " verweise in der grafischen Ausgestaltung der einzelnen Buchstaben sowie in Verbindung mit deren Anbringung auf einer für Champagner typischen Flaschenform im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren "alkoholfreie Getränke" erkennbar auf die geschützte Bezeichnung "Champagne(r)". Der an das besonders verschnörkelt ausgestaltete "S" anschließende Kleinbuchstabe "c" sei - im Vergleich zu den nachfolgenden Kleinbuchstaben - so weit nach oben gezogen, dass er fast wie ein großer Anfangsbuchstabe erscheine. Dadurch trete das Wort " Champaqua " gesondert in Erscheinung. Hinzu komme, dass auch die Kleinbuchstaben "q" und "u" in " Champaqua " den an entsprechender Wortstelle in "Champagner" stehenden Buchstaben "g" und "n" vom Umrissbild her sehr nahe kämen. Auch wenn dies von den Anmeldern nicht beabsichtigt sein sollte, werde zudem im Internet das mit " SchampAqua " bezeichnete Getränk als ""S" champagner ohne Alkohol" bezeichnet. Hiergegen wenden sich die Anmelder mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach sei durch die Endsilbe „aqua“ (lat. = Wasser) und die Hervorhebung des Buchstaben „a“ im Wortbestandteil der angemeldeten Marke für den angesprochenen Verkehr ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei dem solchermaßen gekennzeichneten Getränk nicht um Champagner, sondern um ein alkoholfreies Getränk handle. Die Gefahr von Verwechslungen mit Champagner oder Schaumwein sei nahezu auszuschließen. Durch seine besondere Hervorhebung beherrsche zudem der Anfangsbuchstabe „S“ den gesamten Schriftzug des Wortbestandteils der Anmeldemarke. Demgegenüber trete der nachfolgende Buchstabe „C“ optisch zurück und werde vom Verkehr nicht als Anfangsbuchstabe wahrgenommen. Auch erstrecke sich der Schutz der Bezeichnung „Champagne(r)“ nur auf ihren vollständigen Wortlaut und nicht auf einzelne Buchstabenfolgen. Die Anmelder beantragen sinngemäß, die angegriffenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2009 und vom 12. Februar 2008 aufzuheben. II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet. Die den Eintragungsantrag zurückweisenden verfahrensgegenständlichen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts waren daher auf die Beschwerde der Anmelder hin aufzuheben. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG - hierauf stützen sich die angegriffenen Beschlüsse - sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, deren Benutzung ersichtlich nach im öffentlichen Interesse liegenden Vorschriften untersagt werden kann. Unter die „sonstigen Vorschriften“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG fallen auch bilaterale Handelsabkommen wie der deutsch-französische Staatsvertrag über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geografischen Bezeichnungen vom 08. März 1960 (BlPMZ 1960, 209; vgl. Senat, GRUR 2007, 789, 790 - Miss Cognac ; Fuchs-Wissemann in HK-MarkenR, 2. Aufl. 2009, § 8 Rn. 79; Ströbele /Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 526). Hiernach ist die Verwendung der in der Anlage B zu Art. 3 aufgeführten geografischen Herkunftsbezeichnung „Champagne“ grundsätzlich Erzeugnissen französischen Ursprungs vorbehalten. Zwar beschränkt sich der Schutzbereich der Bezeichnung „Champagne“ nicht nur auf die im Abkommen explizit aufgeführten Waren, sondern umfasst alle Warenbereiche, in denen eine Beeinträchtigung des Werbewerts der Angabe zu befürchten ist (vgl. BGH GRUR 1969, 611, 612 ff. - Champagner-Weizenbier ; GRUR 1970, 311, 312 - Samos ; GRUR 1983, 768, 769 - Capri-Sonne ; GRUR 2005, 957, 958 - Champagner Bratbirne ; BPatG GRUR 1991, 145, 146 - Mascasano ; Ströbele /Hacker a. a. O., § 8 Rn. 526 m. w. N.). Die geografische Herkunftsbezeichnung „Champagne“ ist auch nicht nur gegen die Verwendung identischer Kennzeichnungen geschützt. Vielmehr werden auch Abwandlungen der genannten Bezeichnung vom Schutz des deutsch-französischen Handelsabkommens erfasst, soweit sie denselben Eindruck wie die geschützte Angabe hervorrufen und deshalb deren Werbewert beeinträchtigen können (vgl. BGH GRUR 1969, 957, 958 - Champi-Krone ; BGH a. a. O. - Champagner Bratbirne , S. 958). Allerdings muss es sich um einen eindeutigen und im registermäßigen Markeneintragungsverfahren ohne weiteres ersichtlichen Verstoß handeln (vgl. Fuchs-Wissemann a. a. O., § 8 Rn. 79; Ströbele /Hacker a. a. O., § 8 Rn. 526). Entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts fehlt es hieran im Streitfall. Konkrete Anhaltspunkte für die Feststellung, dass mit der Eintragung der Wort-/Bildmarke 307 39 684 „ Schampaqua “ für die angemeldeten Waren „alkoholfreies Getränk“ eine Beeinträchtigung des in der geschützten Bezeichnung „Champagne“ liegenden Werbewerts zu befürchten sei, liegen nicht vor. Hierzu hätte es eingehender Ermittlungen bedurft, die dem summarischen Charakter des auf eine Vielzahl von Eintragungen ausgerichteten summarischen Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt fremd sind (vgl. Senat a. a. O. - Miss Cognac , S. 791). Eine Beeinträchtigung des Werbewerts der Bezeichnung „Champagne“ lässt sich entgegen der Auffassung der Markenstelle auch nicht daraus ableiten, dass die Prüfmarke „ Schampaqua “ denselben Eindruck erwecken soll, wie die geschützte Angabe (vgl. Ströbele /Hacker a. a. O., § 8 Rn. 526 m. w. N. a. a. O.). Dem widerspricht bereits der Umstand, dass der Verkehr mit der letzten Silbe des Wortbestandteils der Marke „-aqua“ die Vorstellung eines nichtalkoholischen Getränks verbindet, da dieses lateinische Wort in zahlreichen Produktbezeichnungen in der jüngeren Vergangenheit Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden hat und vom Verbraucher in seiner Bedeutung „Wasser“ verstanden wird. Soweit die Marke in ihrer bildlichen Ausgestaltung und im Schriftbild ihres Wortbestandteils im Einzelfall möglicherweise allgemeine Assoziationen an „Champagner“ hervorrufen könnte, reicht dies für sich genommen nicht aus, um im registermäßigen Markeneintragungsverfahren einen eindeutigen und ohne weiteres ersichtlichen Verstoß gegen das deutsch-französische Handelsabkommen zu begründen (vgl. Ströbele /Hacker a. a. O., § 8 Rn. 526).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006287
BPatG
München
27. Senat
20100621
27 W (pat) 32/09
Beschluss
§ 37 Abs 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "Neue Post (Wort-Bild-Marke)" - grafische Ausgestaltung führt umso eher zur Schutzfähigkeit, je komplexer die Grafik ist
Neue Post Die grafische Ausgestaltung einer Marke führt umso eher zur Schutzfähigkeit, je komplexer die Grafik ist, auch wenn die einzelnen grafischen Elemente, jeweils für sich genommen werbeüblich sind.
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 46 412 (hier: Löschungsverfahren S 127/06 Lö) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Beschwerdeführerin hat am 15. Mai 2006 die teilweise Löschung der am 3. August 2005 angemeldeten und seit 21. Oktober 2005 im Register für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 7 bis 9, 11, 14, 16, 18, 21, 24, 25, 28, 34, 35, 38, 39, 41 bis 44  in den Farben weiß, rot, grün und gelb eingetragenen Bildmarke für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt: Klasse 09: Brillen; Brillenetuis; Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art (ausgenommen unbelichtete Filme), insbesondere Tonbänder, Kassetten, Compactdiscs (ROM, Festspeicher, Ton, Bild); Video-Discs, Schallplatten, DAT-Bänder, Audio- und Videoplatten, Audio- und Videokassetten, Audio- und Videofilme sowie Audio- und Videobänder, Disketten, CD-Roms, Digital Versatile Discs (DVDs), sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form; Computerhard- und -software; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerperipheriegeräte; Datenerfassungs-, Dateneingabe-, Datenausgabe-, Datenübermittlungs- und Datenspeichergeräte sowie Eingabebildschirme, Monitore, Grafikkarten, Filecards, Interfacekarten, Schnittstellengeräte, Festplatten, Massenspeicher, Computer-Tastaturen, Mäuse, Touchpads, optische Lesegeräte, Barcodeleser, Schriftenleser, Scanner, Drucker, Plotter, Platten-, Band- und Diskettenlaufwerke, Netzgeräte, Modems; Computerbetriebsprogramme; Computerprogramme; mit und ohne Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art; magnetische Aufzeichnungsträger, insbesondere Magnetbänder, Magnetscheiben, Magnetplatten und Magnetkarten; elektronische Apparate und Instrumente zur Verarbeitung, Aufzeichnung, Speicherung, Übertragung, zum Empfang, zur Überwachung oder zum Ausdrucken von Daten; Kodier- und Dekodierapparate und -instrumente; Chips (integrierte Schaltkreise); codierte Identifikationskarten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten aller Art; optische Platten (Datenverarbeitung); Smartcards (Karten mit integrierten Schaltkreisen); Telekommunikationsgeräte, Registrierkassen, Rechenmaschinen, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; wissenschaftliche Apparate und Instrumente; Schifffahrtsapparate und -instrumente, Vermessungsapparate und -instrumente, Filmapparate und -instrumente; Computerspiele und Videospiele, die über Computernetze und weltweite Kommunikationsnetze zugänglich sind und heruntergeladen werden können; Folienschweißgeräte (elektrisch) Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, insbesondere Servietten, Taschentücher, Toilettenpapier, Haushaltspapier, Papierhandtücher (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Büchern, Kataloge und Prospekte; Buchbinderartikel; Photographien, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Schreibwaren; Plakate; Abziehbilder; Sammelkarten; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern, Druckstöcke Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Turn- und Sportartikel, Gymnastikgeräte (soweit in Klasse 28 enthalten), Christbaumschmuck Klasse 35: Meinungsforschung; Verteilung von Waren (insbesondere Flugblättern, Prospekten, Drucksachen und Warenproben) zu Werbezwecken; Werbemittlung; Werbung, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, Videotext- und Teletextwerbung; Werbevermarktung, nämlich Werbung, Public Relations und Marketing mit dem Ziel der Vermarktung, insbesondere in vorbenannten Medien und über vorbenannte Medien; Werbefilmvermietung; (telefonische) Bestellannahme für Teleshopping-Angeboten; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Systematisierung und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Werbeforschung Klasse 39: Reisebegleitung; Beratung bezüglich Reisen, nämlich hinsichtlich Reisezielen, Unterkünfte und Transportmittel und Buchung von Reisen (soweit in Klasse 39 enthalten), Vermittlung von Verkehrsdienstleistungen, nämlich Vermittlung von Reisetransportmitteln wie Kraftfahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge und Schienenbahnen und Reisen, insbesondere von Geschäfts- und Freizeitreisen; Reservierungsdienste (soweit in Klasse 39 enthalten), insbesondere bei Geschäfts- und Freizeitreisen; Reservierungs- und Buchungsdienste (soweit in Klasse 39 enthalten) im Bereich der Touristik und der Geschäftsreise; Beförderung von Personen und Gütern, insbesondere mit Kraftfahrzeugen, Schienenbahnen, Schiffen und Flugzeugen; alle vorgenannten Dienstleistungen ausgenommen Postdienstleistungen Klasse 41: Bereitstellung von Informationen über Computerspiele, Videospiele und verwandte Produkte im Internet; Unterhaltung, insbesondere Rundfunk- und Fernsehunterhaltung sowie Unterhaltung über das Internet; Produktion von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Teletext-Programmen oder -Sendungen; Filmvermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Zeitschriften, Zeitungen, Büchern, Katalogen und Prospekten; Ausbildung, Erziehung und Unterricht, insbesondere in Bezug auf Gesundheits- und Schönheitspflege; Durchführung von Trainings-, Fitness- und Sportprogrammen, insbesondere Körpertraining, Entspannungstraining, Gymnastik- und Tanzunterricht; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Vorträgen, Kursen und Seminaren, insbesondere bezüglich Körpertraining, Entspannungstraining und Ernährungsfragen; Durchführung von über Computernetze und weltweite Kommunikationsnetze zugänglichen Spielen einschließlich Durchführung von Computerspielen und Videospielen; online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk) einschließlich Computerspielen und Videospielen, die über Computernetze und weltweite Kommunikationsnetze zugänglich sind bzw. gespielt werden können (soweit in Klasse 41 enthalten); Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, Liveevents, Schulungsveranstaltungen, Bildungsveranstaltungen sowie kulturellen und sportlichen Veranstaltungen, Veranstaltung von Wettbewerben im Internet (soweit in Klasse 41 enthalten); Durchführung von Wettbewerben (soweit in Klasse 41 enthalten); Durchführung von Spielen im Internet. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 11. Juni 2007 den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Marke sei ungeachtet eines möglichen beschreibenden Begriffsinhalts der in ihr enthaltenen Wortfolge, der ohnehin nur bei einem Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Betracht kommen könne, jedenfalls aufgrund ihrer Grafik bei ihrer Eintragung schutzfähig gewesen, da diese eine hinreichende prägnante Eigenart aufweise. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie hält die angegriffene Marke für nicht schutzfähig, weil die Wortfolge für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend sei und die Grafik allein für eine Schutzfähigkeit nicht ausreiche, denn letztere unterscheide sich nicht von den zahlreichen, von ihr im Einzelnen benannten angemeldeten Bildmarken mit schutzunfähigen Wortbestandteilen, bei denen ebenfalls eine Schutzfähigkeit allein aufgrund ihrer mit derjenigen der hier angegriffenen Marke vergleichbaren Grafik verneint worden sei. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 11. Juni 2007 aufzuheben. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält bereits eine beschreibende Bedeutung der Wortbestandteile der angegriffenen Marke für die angegriffenen Waren und Dienstleistungen für nicht gegeben und erachtet die Grafik im Übrigen für (ebenfalls) schutzbegründend, weil sie sich sogar von den eingetragenen Marken mit dem Bestandteil „Post“, die aufgrund ihrer deutlich geringeren Grafik für schutzfähig erachtet worden seien, erheblich absetze. In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Löschung der angegriffenen Marke nach §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. 1. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass die angemeldete Bezeichnung bei ihrer Eintragung nicht nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen war, sondern ungeachtet eines möglichen beschreibenden Begriffsinhalts ihrer Wortbestandteile, die auf sich beruhen können, zumindest  aufgrund ihrer Grafik zu Recht eingetragen worden war. a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.02.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Dies war bei der vorliegend zu beurteilenden Kennzeichnung bei ihrer Eintragung der Fall, weil sie ungeachtet eines möglichen beschreibenden Begriffsinhalts ihrer Wortbestandteile jedenfalls schon deshalb schutzfähig war, weil sich die grafischen Elemente, die in ihrer ganz konkreten Ausgestaltung nicht werbeüblich sind, bereits einen Schutz der angemeldeten Kennzeichnung begründeten (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 - anti-KALK). c) Zwar gilt der Grundsatz, dass an die Grafik umso stärkere Anforderungen zu stellen sind, je beschreibender die Wortbestandteile eines Bildzeichens sind. Selbst wenn hier aber zugunsten der Antragstellerin von einem - allerdings nicht ohne Weiteres ersichtlichen - glatt beschreibenden Begriffsinhalt der Wortbestandteile ausgegangen würde, so dass an die Grafik die strengsten Anforderungen zu stellen wären, ist wegen der Komplexität der konkreten Gesamtgestaltung eine Schutzfähigkeit der Marke zu bejahen. Zwar mögen die einzelnen Gestaltungsmittel, aus denen die vorliegend zu beurteilende Bildmarke zusammengesetzt ist - insbesondere die Inverswiedergabe der Wortbestandteile (d. h. in Form von weißen Buchstaben auf dunklem farbigen Hintergrund) und die Schreibweise der Buchstaben, welche üblichen Schreibtypen entspricht - je für sich genommen noch als werbeüblich anzusehen sein. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke ist aber nicht in einer analysierenden Betrachtung allein auf die für sich genommen schutzunfähigen Bestandteile abzustellen, vielmehr ist der Beurteilung der Schutzfähigkeit im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung die ganz konkrete Gesamtgestaltung zugrunde zu legen; nur sofern diese selbst ebenfalls als werbeüblich anzusehen ist, kommt eine Schutzversagung in Betracht. Dabei ist auch die Komplexität der Gestaltung ein Indiz für die Schutzfähigkeit, denn je höher diese ausfällt, umso eher wird der Verkehr geneigt sein, in der grafischen Wiedergabe der Gesamtmarke nicht nur den beschreibenden Inhalt der Wortbestandteile wahrzunehmen, sondern sie als Herkunftshinweis aufzufassen. Eine solche Komplexität kann vorliegend aber nicht verneint werden. So werden die Wortbestandteile nicht nur auf zwei Zeilen aufgeteilt, sondern auch die jeweiligen Hintergründe verschiedenfarbig gehalten. Hinzu tritt die zusätzliche Umrahmung der Gesamtmarke durch ein mit dickem gelbem Strich gehaltenes Quadrat. Schließlich kann auch für die Farbzusammenstellung von weiß, rot, grün und gelb eine Werbeüblichkeit nicht festgestellt werden; in der Verbindung von vier Farben unterscheidet sich im Übrigen auch die angegriffene Marke von den von der Antragstellerin genannten zurückgewiesenen Bildmarken, welche in aller Regel nur eine geringere Zahl an Farben - häufig nur zwei, höchstens drei - enthielten. Die ganz konkrete Zusammenstellung verschiedenster Gestaltungsmittel auch wenn sie für sich genommen werbeüblich sein mögen, genügten damit noch, um eine Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke im Eintragungszeitpunkt selbst dann noch zu begründen, wenn ein beschreibender Begriffsinhalt ihrer Wortbestandteile unterstellt wird. Damit scheidet aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schon infolge der Grafik der angegriffenen Marke aus. 2. Da die Markenabteilung somit zu Recht den Löschungsantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen hatte, war deren hiergegen gerichteten Beschwerde der Erfolg zu versagen. B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligten ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006288
BPatG
München
27. Senat
20100706
27 W (pat) 43/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Innenweltreisen" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 59 285 (hier Löschung S 165/08) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa am 6. Juli 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die am 10. September 2007 angemeldete und am 23. Januar 2008 für Klasse 16: Druckerzeugnis, Zeitung, Zeitschrift zu Forschungsarbeiten und wissenschaftlichen Dienstleistungen, zur Erziehung und Ausbildung in der Technik des Synergetischen Innenweltsurfens (Synergetik-Therapeut und Synergetik-Profiler) und zur psychobiotischen Kennlinien-Optimierung (Anleitung zur Selbstheilung durch Synergetik-Therapeut und Synergetik-Profiler). Klasse 35: Werbung und Information für Werbezwecke über die Technik des Synergetischen Innenweltsurfens und ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse im Bereich der Selbsterfahrung in der Innenwelt, die eine Auslösung von Selbstorganisationsprozessen in den neuronalen Informationsstrukturen bewirkt. Klasse 41: Auskünfte über die Erziehung und Ausbildung zum/zur Synergetik-Therapeuten/in (Synergetik Profiler/in), Auskünfte über Fort- und Weiterbildung bei bestehendem Berufsabschluss sowie Ausbildung zum/zur Ausbilder/in des/der Synergetik-Therapeuten/in (Synergetik-Profiler). Klasse 45: Beratung, Unterweisung und Anleitung zur Selbstheilung, nämlich Durchführung der Technik des Synergetischen Innenweltsurfens (spezifische Form der Selbsterfahrung in der Innenwelt, die eine Auslösung von Selbstorganisationsprozessen in den neuronalen Informationsstrukturen bewirkt) eingetragene Wortmarke Innenweltreisen hat der Beschwerdegegner am 27. Mai 2008 Löschungsantrag gestellt. Dazu hat er ausgeführt, die angegriffene Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden. Der Begriff „Innenweltreisen“ sei im Bereich der alternativen Heilkunde weit verbreitet. Er komme im Zusammenhang mit psychologischen Verfahren, Klangtherapie, Meditation, Hypnose, Kinesiologie vor und bezeichne seit langem bestehende Verfahren. Auf die ihm am 6. Juni 2008 zugegangene Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 MarkenG hat der Inhaber der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag am 25. Juni 2008widersprochen. Er ist der Auffassung, den Begriff „Innenweltreisen“ verwende ausschließlich er selbst für das von ihm entwickelte Verfahren Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 15. Januar 2010 die Marke 307 59 285.5 auf Grund des Löschungsantrags insgesamt gelöscht und dies u. a. damit begründet, der angegriffenen Marke entnehme der Verbraucher nur einen Hinweis auf eine Therapieform. Der sprachüblich gebildete Begriff kombiniere den für den psychischen Bereich stehenden Ausdruck „Innenwelt“ mit „Reise“ und entspreche damit nachweisbaren Wendungen wie „Reise/Flucht/Expedition in die Innenwelt“. Die Markenstelle hat einen Bericht von Martina Schmitt aus dem Jahr 2006 über sog. Innenweltreisen im Netzwerk Gesamtheitlich-Lexikon ermittelt, ferner eine Darstellung im Berliner Magazin für Gesundheit und bewusstes Leben vom Februar 2007. Infoblätter des Anmelders aus dem Jahr 2006 beschreiben Innenweltreisen als Surfen im eigenen Gehirn, ein seit 1988 entwickeltes Handwerkzeug. In twoday.net sind Berichte darüber von Dezember 2006 nachgewiesen sowie eine Diskussion über die streitgegenständliche Markenanmeldung, in der Therapeuten zum Ausdruck bringen, dass Innenweltreisen gängige und vielfach eingesetzte Mittel seien. Frau E. K. T. hat der Markenstelle mitgeteilt, sie selbst habe „Innenweltreisen“ in ihrem 2004 erschienenen Buch „Die Leiter im Sand“ beschrieben. S. H. hat darauf hingewiesen, in spirituellen Selbsthilfebüchern (2005, 2007) Gleiches getan zu haben - wie auch Gerda Jun in „Unsere inneren Resourcen “ (Okt. 2006). N. K. wies darauf hin, dass Charlos Castaneda in den 70er Jahren Innenweltreisen aus dem Schamanismus der westlichen Welt näher brachte. Damit habe im Zeitpunkt der Anmeldung jedenfalls die Unterscheidungskraft gefehlt; dies gelte bis heute. Dieser Beschluss ist dem Antragsgegner am 22. Januar 2010 zugestellt worden. Er hat am 18. Februar 2010 Beschwerde eingelegt und u. a. vorgetragen, „Innenweltreisen“ grenze sich von Wendungen, wie „Flucht in die Innenwelt“ und „sich in die Innenwelt zurückziehen“, deutlich ab und habe einen Wiedererkennungswert sowie Unterscheidungskraft. Die von ihm herausgegebene Zeitschrift trage dementsprechend den Titel „Innenweltreisen“ . Die erforderliche individualisierende und kennzeichnende Wirkung der streitgegenständlichen Wortmarke ergebe sich aus der spezifischen Dienstleistung, die er unter dem Begriff „Innenweltreisen“ anbiete. Es sei unbestritten, dass es sich um ein von ihm entwickeltes Verfahren mit dem Prinzip der Selbstorganisation handle. Die professionelle Anwendung dieses Verfahrens setze eine dreijährige Berufsausbildung voraus, da es sich keineswegs um einen einfachen Imaginierungs- oder Visualisierungsvorgang handle, sondern um konkrete Handlungen und Tätigkeiten, die aufgrund ihrer hohen Komplexität als Mindestanforderung die Kenntnis und das Umsetzungsvermögen von 108 verschiedenen Arbeitsschritten des synergetischen Handwerkszeugs voraussetzten. Die von der Gegenseite ins Feld geführten Methoden und Verfahren der alternativen Heilkunde, Psychologie und Psychotherapie würden sprachüblich nicht unter dem Begriff „Innenweltreisen“ angeboten, sondern unter Begriffen wie „Klang-Therapie“, „Meditation“, „Geistheilen“, „Hypnose“, „Body Mind Centering“, „Skinner Release“, Feldenkrais“, „ Kinesologie “, „Verhaltenstherapie“, „Psychotherapie“, „ Katahym imaginative Psychotherapie“ oder „psychodynamische imaginative Traumtherapie“. Innerhalb dieser verschiedenen Methoden grenze sich „Innenweltreisen“ ab. Der Begriff der „Innenweltreise“ sei zur Abgrenzbarkeit sogar zwingend notwendig. Er werde damit nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch entzogen, sondern diene ausschließlich der Definition des Wirkprinzips (Selbstorganisation), welches ein Alleinstellungsmerkmal darstelle, das in keinem der von der Gegenseite benannten Verfahren aufzufinden sei. „Innenweltreise“ definiere gerade keine simple Visualisierung, sondern umfasse einen hochkomplexen Vorgang, dessen Besonderheit in gezielten und mit Hilfe der synergetischen Technik jederzeit reproduzierbaren Transformationen, d. h. in Bildveränderungen durch das Wirkprinzip der Selbstorganisation bestehe. Transformationen seien das Herzstück der synergetischen Technik und damit zentraler Gegenstand der „Innenweltreise“, was durch kein anderes Verfahren erzielt werden könne. Der Begriff „Innenweltreise“ definiere eine eigenständige Technik, die sich von herkömmlichen Therapieverfahren deutlich unterscheide. Das widerlege auch die Behauptung von Prof. Dr. A. M., der Begriff „Innenweltreise“ beziehe sich auf keine neuen Verfahren. Die Technik der „Innenweltreise“ sei 1982 begründet worden und werde seit 1992 in beruflicher Ausbildung gelehrt. Sie schließe Erkenntnisse jüngerer Wissenschafts- und Forschungsgebiete, wie der Epigenik und Hirnforschung, ein und stelle eine derzeit noch weitgehend unbekannte, höchst innovative Technik dar. Die Wortmarke „Innenweltreisen“ sei nicht entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden. Allein die Bedeutung der einzelnen Worte „Innenwelt“ und „Reisen“ ergebe nicht, dass auch ihre Zusammensetzung zu einem Wort bereits allgemein bekannt sei. Der Begriff „Innenweltreisen“ sei außerhalb des Anwendungsbereichs, den der Markeninhaber erfunden und hierfür vorgesehen habe, nicht zu finden. Deshalb ergebe eine Suchanfrage bei Google eine Ergebnisquote von über 95% zugunsten der vom Markeninhaber entwickelten Synergetik-Therapie. Dies zeige, dass eine Individualisierung des Sinngehalts der „Innenweltreisen“ stattgefunden habe. Das Zeichen sei absolut geeignet, auf Herkunft der Dienstleistung Synergetik-Therapie als Therapieform hinzuweisen. „Innenweltreise“ sei auch kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache. Dass es sich um einen zusammengesetzten deutschen Begriff handle, der so nicht iin der Deutschen Sprache existiere, ergebe eine individualisierende und kennzeichnende Wirkung. Auf eine anderweitige Benutzung des Begriffs „Innenweltreise“ verzichte auch die Union Deutscher Heilpraktiker gänzlich. So sei er unter den 139 auf der Homepage der Union Deutscher Heilpraktiker aufgeführten Therapieverfahren nicht verzeichnet. Gerade zwischen verschiedenen Therapieverfahren diene der Begriff der Abgrenzung. Mithin sei die Aufrechterhaltung der Wortmarkeneintragung sogar zum Schutz der Allgemeinheit notwendig geworden. Dürfte nunmehr jeder eine irgendwie geartete Therapieform unter diesem Begriff anbieten, wären Täuschungen und Irrtümer bei den Verbrauchern unumgänglich. Dies führe zu erheblichen gesundheitlichen Folgen. Einer Eintragung stehe auch kein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, da es sich bei der Wortmarke „Innenweltreisen“ gerade nicht um eine Marke, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehe, die zur Bezeichnung der in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG genannten Varianten dienen, handle. So ergebe sich aus der Zusammensetzung der Begriffe „Innenwelt“ und „Reisen“ ein bisher unbekannter Inhalt. Gerade die „Reise“ im Zusammenhang mit psychologischen Therapieverfahren, der Beschäftigung mit sich selbst, sei sicherlich nichts, was sich aus dem gemeinen Sprachgebrauch und -verständnis ergebe. Vielmehr werde durch die Kombination der beiden Wörter der Begriff „Reise“ nur noch im übertragenen Sinn verstanden. Darüber hinaus sei „Innenweltreisen“ auch der Titel der Fachzeitschrift, die der Markeninhaber herausgebe, was die ebenfalls angemeldeten Klasse 16 (Druckerzeugnisse) umfasse. Auch deshalb bedürfe es für die Aufrechterhaltung der Individualisierung dieser Zeitschrift und der damit verbundenen Dienstleistungen und Erzeugnisse einer Beibehaltung der Markeneintragung zugunsten des Markeninhabers. Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Januar 2010 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. II Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Der Löschungsantrag war zulässig. Den Antrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Der Löschungsantrag wurde auch innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt. Die Markenstelle hat auf den Löschungsantrag hin zu Recht die angegriffene Marke gelöscht. Nach § 50 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 i. V. m. § 54 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 3 oder § 8 MarkenG eingetragen wurde und wenn das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) ist für die Waren der Klasse 16 und die Auskunftsdienstleistungen der Klasse 41 gegeben, bei denen die angegriffene Marke Thema und Inhalt beschreibt, sowie für die Dienstleistungen der Klasse 45, die sog. Innenweltreisen zum Gegenstand haben können. Dieses Eintragungshindernis bestand und besteht insoweit bis heute. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schließt Marken von der Eintragung aus, die zur Bezeichnung der Art, Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - Individuelle). Unter „ Merkmale “ fallen dabei alle wichtigen und für die angesprochenen Kreise irgendwie bedeutsamen Umstände mit Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2000, 231, 233 - Fünfer). § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG errichtet eine hohe Hürde für die Erlangung des Markenschutzes; die darin enthaltenen Formulierungen „ dienen können “ und „ Bezeichnung sonstiger Merkmale “ bilden einen sehr weit gefassten Versagungsgrund. Deshalb muss jegliche beschreibende Funktion einer Marke zur Subsumtion unter die zweite Alternative des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG führen (vgl. Sekretaruk, Farben als Marken, 2005, S. 54 Rn. 96). Dass ein beschreibender Ausdruck einen Wiedererkennungswert hat, berührt seine beschreibende Aussage nicht. Ebenso hat hierauf die Zeit, die zum Erlernen der so beschriebenen Tätigkeit erforderlich ist, keine Auswirkungen. Dass die Aussage benötigt wird, um eine Methode von anderen abzugrenzen, ist einer beschreibende Angabe immanent. Unerheblich ist dabei, ob die vom Anmelder zitierten Methoden ebenfalls „Innenweltreisen“ ermöglichen, einsetzen etc. Dass es Vorgehensweisen gibt, bei denen mit „Innenweltreise“ beschreibbare Dinge passieren, haben die Markenabteilung und die Antragstellerin ausreichend belegt. Zur Beschreibung geeignet sind auch noch nicht im Duden verzeichnete Wörter (vgl. BGH GRUR 2004, 146, 147 f. (Rz. 32) - DOUBLEMINT). „Innenweltreise“ ist sprachüblich (vgl. Weltreise, Kulturreise, Erholungsreise etc.) gebildet und somit ohne Weiteres in dem Sinn verständlich, dass hier das Innere (Seele, Geist) eines Menschen erkundet wird. Bei der Beurteilung des Freihaltungsbedürfnisses spielt es auch keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale bezeichnet werden können. Nach Art. 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG muss die Marke zwar, um unter das dort genannte Eintragungshindernis zu fallen, „ausschließlich“ aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung von Merkmalen der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können, doch verlangt dies nicht, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500 LS 5, Tz. 57, 102 - Postkantoor). Dem Inhaber der angegriffenen Marke kann es auch nicht nützen, dass die beschreibende Verwendung von „Innenweltreisen“ Dritten gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG unbenommen ist. § 8 Abs. 2 Nr. 2 und § 23 Nr. 2 MarkenG haben unterschiedliche Regelungsgehalte. § 23 Nr. 2 MarkenG enthält als Vorschrift über die Schranken eines bestehenden Markenschutzes im Sinn von §§ 14 ff. MarkenG lediglich eine zusätzliche Sicherung der Mitbewerber im Verletzungsprozess gegenüber möglicherweise zu Unrecht eingetragenen Marken und damit eine Beschränkung des Markeninhabers im Zivilprozess (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 -Fläminger). Im Gegensatz dazu soll § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bereits im Registerverfahren Fehlmonopolisierungen verhindern. § 23 MarkenG verhindert keine gründliche und umfassende Prüfung der Schutzhindernisse im Registrierungsverfahren. Als gebräuchlichem Begriff fehlt „Innenweltreisen“ zudem für die Dienstleistungen der Klasse 35 die Unterscheidungskraft. Das ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Hat eine Marke einen für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt oder handelt es sich bei ihr um einen gebräuchlichen Begriff, den die Verbraucher stets nur als solchen und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, so fehlt ihr jegliche Unterscheidungseignung und Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 – Individuelle). Die Markenabteilung hat ihrer Entscheidung zur Begründung mangelnder Unterscheidungskraft im Zeitpunkt der Anmeldung und heute zutreffend Aussagen zu Grunde gelegt, die sogar eine rein beschreibende Bedeutung des Begriffs „Innenweltreisen“ belegen und so auch den Schutzversagungsgrund nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG tragen. Sie zeigen aber auch, dass „Innenweltreisen“ jedenfalls ein gebräuchlicher Begriff ist, den die angesprochenen Verkehrskreise wie „Hypnose“ o. ä. nicht als Herkunftshinweis verstehen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Folgendes: Der Präsident der Internationalen Gesellschaft für integrative tiefenpsychologische Therapie in Hypnose, Werner Meinhold, hat im April 2008 bestätigt, dass die Begriffe "Innenwelt" und „Innenweltreise“ im psychotherapeutischen Sprachgebrauch verbreitet seien. Dr. Weishaupt, Dozent für Psychotherapie definiert im Februar 2009 „Innenweltreise“ als Sammelbegriff für verschiedenste Formen imaginativer Arbeit. Prof. Dr. M., Präsident der Deutschen Gesellschaft für Hypnosetherapie nennt im März 2009 „Innenweltreisen“ eine Bezeichnung für eine große Zahl von Verfahren in der Psychotherapie und eine Vielfalt von Methoden. Der Europäische Verband für Kinesiologie hat dem Deutschen Patent- und Markenamt im März 2009 mitteilen lassen, „Innenweltreisen“ sei zur Beschreibung wesentlicher Arbeitsinhalte und Arbeitsschritte bei verschiedenen Therapiemethoden in Gebrauch. Ferner hat die Markenabteilung Belege dazu recherchiert, dass „Innenwelt“ ein in der Psychotherapie gebräuchlicher Begriff ist (vgl. Wintels , Individualismus und Narzissmus - Analyse zur Zerstörung der Innenwelt (2000); Tagung der Evangelischen Akademie Tutzing (1999) „Die Innenwelt bewegen - Träume wahrnehmen“; Hemminger, Hansjörg, Flucht in die Innenwelt (1980); Krucker , Wolfgang, Partner der Innenwelt (analytische Imaginationstherapie (1995); Ulitzkaja , Reise in den siebenten Himmel (Fantasiereisen 1, Klassiker unter den Reisen in die Innenwelt, 2001); Huemer, Expedition Innenwelt (2001); Frieling, Lebensbreite. Umwelt und Innenwelt der Tiere und des Menschen, 1938; Uni Freiburg, Sommersemester 2000, Die Innenwelt der Subjekte. Den Begriff „Reise in die Innenwelt“ hat die Markenabteilung zudem durch eine Buchbesprechung von Baldur Gscheidle vom April 2006 nachgewiesen, wo davon die Rede ist, dass eine Reise in die Innenwelt ein tieferes Bewusstsein schaffe, ferner hat sie unter Berufung auf die Brockhaus Enzyklopädie, 21. Aufl., 2006, S. 313 „Innenwelt“ als einen Bereich des Psychischen nachgewiesen. Die Wortkombination verdichtet sich damit zu einer Aussage über eine Therapieform. Sie weist insoweit keine Mehrdeutigkeit auf, die die Bezeichnung zur Beschreibung der Waren oder Leistungen ungeeignet erscheinen ließe (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Dass sich die Wortkombination nicht in den einschlägigen Nachschlagewerken findet, begründet noch nicht die Schutzfähigkeit im Sinn des Markengesetzes. Auch Wortneubildungen können vom Markenschutz ausgenommen sein, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ohne Weiteres verstanden werden. Es stünde dem auch nicht entgegen, wenn „Innenweltreisen“ ursprünglich für die fraglichen Dienstleistungen nicht beschreibend gewesen wäre. Wird ein Name als Synonym für eine bestimmte Methode benutzt, entfaltet er im Zusammenhang mit den entsprechenden Dienstleistungen - auch schon ohne am Markt durchgesetzt zu sein - eine beschreibende Funktion, zumal schon vor der Eintragung der Marke der Begriff verwendet wurde und damit zur Entwicklung des beschreibenden Begriffsinhalts beigetragen hat (BGH MarkenR 2003, 66 - Feldenkrais). Dass sich Literaturstellen auf den Markeninhaber und eine von ihm begründete Schule beziehen, kann unterstellt werden; selbst diese Verwendungsform macht den Begriff allgemein bekannt. Die Verwendung durch Fachleute mag eine Folge davon sein, sie zeigt aber, dass „Innenweltreisen“ ein üblicher Begriff war und ist. Rechercheergebnisse, die auf den Markeninhaber und die von ihm begründete Schule zurückgehen, stehen der Bewertung der angemeldeten Bezeichnung als Fachausdruck daher nicht entgegen (BPatG, Beschluss vom 25. Juli 2001, Az: 32 W (pat) 111/00,  - Aurikolo-Medizin). Auch wenn die angesprochenen Kreise von vornherein nicht genau wissen, um welche Therapieform es sich genau handelt, verstehen sie „Innenweltreisen“ nicht als Herkunftshinweis. Wer sich mit Therapieformen befasst, für den liegt eine Bedeutung im Sinn einer Therapieform nahe. Dies zeigen auch die von der Markenstelle ermittelten Literatur-Nachweise. Es kann daher mit der für eine Löschung erforderlichen hohen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass das Publikum im Anmeldezeitpunkt „Innenweltreisen“ als Marke verstand und heute versteht und - soweit eine rein beschreibende Aussage vorliegt - der Begriff für andere Anbieter freizuhalten war und ist. Wettbewerbern muss es unbenommen bleiben, frei von Zeichenrechten Dritter mit der Bezeichnung „Innenweltreisen“ darauf hinzuweisen, dass sich ihre Angebote auf eine derartige Therapiemethode beziehen. Billigkeitsgründe für eine Kostenauferlegung sind ebenso nicht ersichtlich (§ 71 Abs. 1 MarkenG) wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG i. V. m. § 574 ZPO), weil keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen und der Senat mit dieser Entscheidung nicht von Entscheidungen anderer Gerichte abweicht.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006289
BPatG
München
35. Senat
20100629
35 W (pat) 22/09
Beschluss
§ 91 Abs 1 S 1 ZPO, § 84 Abs 2 PatG, § 18 Abs 2 S 2 GebrMG
DEU
Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzungsverfahren - zur Erstattungsfähigkeit der Doppelvertretungskosten
In der Kostenbeschwerdesache … … betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Kostenfestsetzungsverfahren) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Juni 2010 durch den Richter Baumgärtner als Vorsitzenden sowie die Richter Eisenrauch und Guth beschlossen: 1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
I. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung "…", dessen Schutzansprüche 1, 4, 5 und 8 mit Löschungsantrag vom 24. Dezember 2007 von der Antragstellerin angegriffen worden sind. Den zunächst dagegen eingelegten Widerspruch hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 17. Juni 2008 zurückgenommen. Daraufhin ist das Streitgebrauchsmuster im beantragten Umfang gelöscht worden und die Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 20. November 2008 der Antragsgegnerin die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Die Antragstellerin hat eine Kostenrechnung samt Belegen eingereicht und Kostenfestsetzungsantrag beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt, wobei sie zuletzt von einem Gegenstandswert von 500.000,-- €, jedenfalls aber nicht unter 250.000,-- € ausgegangen ist und Kosten für die Mitwirkung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt geltend gemacht hat. Mit Beschluss vom 5. Mai 2009 hat die Gebrauchsmusterabteilung die von der Antragsgegnerin der Antragstellerin zu erstattenden Kosten des ersten Rechtszugs auf 2.996,-- € festgesetzt, wobei sie der Berechnung einen Gegenstandswert von 125.000,-- € zu Grunde gelegt, die Notwendigkeit einer Doppelvertretung verneint und lediglich den 1,0-fachen Satz der Verfahrensgebühr angesetzt hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Die Antragstellerin ist der Ansicht, der Kostenfestsetzungsbeschluss gehe zu Unrecht von einem Gegenstandswert von nur 125.000,-- € aus. Angemessen seien 500.000,-- €. Wie schon im Kostenfestsetzungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt argumentiert sie, der Gegenstandswert des Löschungsverfahrens müsse auf jeden Fall höher sein als der Streitwert des parallelen zivilgerichtlichen Verletzungsverfahrens vor dem Landgericht Mannheim, der mit 250.000,-- € angenommen worden sei. Denn das angegriffene Gebrauchsmuster sei Grundlage für alle Ansprüche, die im Verletzungsverfahren geltend gemacht werden. Außerdem seien in den Gegenstandswert des Löschungsverfahrens auch sämtliche Rechtsbeziehungen zu anderen Wettbewerbern einzubeziehen. Weiterhin legt die Antragsgegnerin eine Liste der mit dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters erzielten Umsätze vor, die - hochgerechnet auf die Gesamtlaufzeit - Umsätze von über einer Million € ergäben. Auch sei im angefochtenen Beschluss der Satz für die Verfahrens- bzw. Geschäftsgebühr mit 1,0 zu niedrig angesetzt worden. Es sei nicht einzusehen, warum der Regelansatz in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr zu reduzieren sein sollte, denn ein Gebrauchsmusterlöschungsverfahren gehöre zu den schwierigeren Verfahren, so dass man sogar an eine Erhöhung des Regelsatzes hätte denken können. Außerdem hätten die Kosten der zusätzlichen Vertretung der Antragstellerin durch einen Rechtsanwalt - wie auch im Nichtigkeitsverfahren üblich - berücksichtigt werden müssen. Nach der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise sei die Mitwirkung des Rechtsanwalts Dr. H… geboten gewesen, weil gleichzeitig ein paralleles mit dem Löschungsverfahren eng verzahntes Verletzungsverfahren vor dem Zivilgericht anhängig gewesen sei. Die Mitwirkung des Rechtsanwalts, der schon am Löschungsantrag mitgewirkt, seine Mitwirkung aber erst später angezeigt habe, sei notwendig gewesen, weil der Löschungsantrag lediglich eine Reaktion auf die zivilgerichtlichen Verletzungsklage gegen die Antragstellerin gewesen sei. In beiden Angelegenheiten hätten der patentanwaltliche und der rechtsanwaltliche Vertreter der Antragstellerin zusammengearbeitet. Die beiden Verfahren hätten eine intensive Abstimmung erfordert. Außerdem sei es für den geltend gemachten Löschungsgrund der offenkundigen Vorbenutzung auf eine sehr diffizile und mehrschichtige Beweiskette unter Einbeziehung mehrerer Zeugen angekommen. Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Kosten entsprechend der Rechtsauffassung der Antragstellerin neu festzusetzen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, der im zivilgerichtlichen Verfahren angenommene vorläufige Streitwert könne keinen zuverlässigen Aufschluss über den Gegenstandswert im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren geben. Wertmindernd sei u. a. zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Streitgebrauchsmuster um ein ungeprüftes Schutzrecht handele und im zivilgerichtlichen Verfahren zusätzliche und vollständig andersgelagerte Ansprüche geltend gemacht würden. Auch habe die Beschwerdeführerin nicht im Einzelnen vorgetragen, aus welchem Grund sie einen höheren Gegenstandswert als 125.000,-- € für angemessen halte. Bestimme man auf der Grundlage der behaupteten Umsätze im Wege der Lizenzanalogie den Gegenstandswert, so komme man bei üblichen Lizenzsätzen auf einen weit niedrigeren Wert. Die Mitwirkung eines Rechtsanwaltes sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich nicht um einen technisch oder rechtlich besonders schwierigen Fall gehandelt habe und die entscheidungserhebliche Frage der offenkundigen Vorbenutzung im üblichen Arbeitsbereich zum eines Patentanwalts liege. Im Übrigen sei fraglich, ob die im Patentnichtigkeitsverfahren entwickelten Grundsätze zur Notwendigkeit einer Doppelvertretung im Gebrauchsmusterverfahren Anwendung finden könnten. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und im Beschwerdeverfahren sowie auf den Akteninhalt verwiesen. II. 1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. 1.1. Die Annahme eines Gegenstandswerts von 125.000,-- € durch die Gebrauchsmusterabteilung ist nicht zu beanstanden. Nach allgemeiner Ansicht hängt der Wert eines Gebrauchsmusters vom Einzelfall ab. Die Bemessung des Gegenstandswertes erfolgt gemäß §§ 23, 33 RVG i. V. m. §§ 3, 4 ZPO grundsätzlich nach freiem Ermessen. Sie richtet sich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Löschung des Gebrauchsmusters. Ausgangspunkt für die Bemessung des Werts ist der gemeine Wert des Gebrauchsmusters, wie er sich zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags für die restliche Laufzeit darstellt und für dessen Höhe die noch zu erwartenden Erträge des Schutzrechts, insbesondere durch Eigennutzung und Lizenzvergabe, aber auch aus Verletzungshandlungen, bis zum Ablauf seiner Schutzdauer und die bis zum Beginn des Verfahrens entstandenen Schadensersatzforderungen aus Verletzungshandlungen einen Anhalt geben. Dabei ist die Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters zu unterstellen (vgl. Bühring, Gebrauchsmustergesetz, 7. Auflage, § 17 Rn. 105 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Der Streitwert des Verletzungsstreits, auf den die Antragstellerin Bezug nehmen will, gibt keinen sicheren Anhalt für den Wert des Gebrauchsmusters, weil im Verletzungsstreit neben dem Anspruch auf Löschung weitere Ansprüche geltend gemacht sein können, zum Beispiel auf Unterlassung, auf Auskunft, auf Feststellung der Schadensersatzpflicht, auf Beseitigung, etc., die für den Wert des Gebrauchsmusters im Löschungsverfahren ohne Belang sind. Ist der Streitwert zudem - wie üblicherweise und wie auch hier - zu Beginn des Verletzungsverfahrens angegeben worden, so handelt es sich nur um eine vorläufige Festsetzung und es bestehen in der Regel keine konkreten Vorstellungen über den Wert der Klageansprüche, so dass auch aus diesem Grund keine Rückschlüsse auf den Gegenstandswert des Löschungsverfahrens möglich sind (vgl. zu allem Bühring, a. a. O., 7. Auflage, § 17 Rn. 105 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; Busse, Patentgesetz, 6. Auflage, § 17 GebrMG, Rn. 56, 57; § 84 PatG Rn. 48). Anhaltspunkt können jedoch die von der Antragstellerin vorgelegten mit dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters erzielten Umsätze sein. Nach allgemeiner Ansicht können Gewinne und Umsätze des Gebrauchsmusterinhabers bei der Wertermittlung mittelbar berücksichtigt werden, wenn beachtet wird, dass die Erträge aus einem Gebrauchsmuster nicht dem Umsatz entsprechen, der mit dem Gegenstand nach dem Gebrauchsmuster zu erzielen ist, sondern lediglich einen im Allgemeinen 5 bis 10 % nicht übersteigenden Umsatzanteil ausmachen (vgl. Bühring, a. a. O., § 17 Rn. 112; BPatGE 27, 61, 66; 196). Unterstellt man vorliegend zu Gunsten der Antragsgegnerin deren Einschätzung mit 1.000.000,-- € zu erwartendem Umsatz in der Zeit zwischen Stellung des Löschungsantrags und Ende der Laufzeit des Streitgebrauchsmusters als zutreffend, so kommt man selbst bei der Annahme eines sehr großzügig kalkulierten mit dem Gegenstand des Streitgebrauchsmusters erzielten Umsatzanteils von 10 % auf einem Gegenstandswert von 100.000,-- €. Dieser Gegenstandswert aber liegt sogar unter dem von der Gebrauchsmusterabteilung angenommenen Gesichtspunkte, weshalb im vorliegenden Fall ein höherer Satz gelten sollte, sind nicht konkret vorgetragen und auch nach der Lebenserfahrung kaum vorstellbar. Nach dem Grundsatz des Verbots der reformatio in peius muss es darum bei dem durch die Gebrauchsmusterabteilung der Kostenberechnung zu Grunde gelegten Gegenstandswert von 125.000,-- € bleiben. 1.2. Auch der Ansatz der Vergütung des Vertreters der Antragsgegnerin mit einem 1,0-fachen Gebührensatz ist vorliegend nicht zu beanstanden. Bei dem Löschungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts handelt es sich trotz seiner gerichtsähnlichen Ausgestaltung um ein Verwaltungsverfahren (vgl. BVerfG GRUR 2003, 723 - Rechtsprechungstätigkeit; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 26 Rn. 4, 5). Die für die Vertretung im Verwaltungsverfahren verdiente Geschäftsgebühr richtet sich darum nach Nr. 2300 VV RVG. Danach fällt gem. Nr. 2300 VV RVG eine Geschäftsgebühr in Höhe des 0,5- fachen bis 2,5-fachen Satzes an. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Demnach ist im Normalfall ein Regelsatz von 1,3 anzusetzen, der bei unterdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Fällen unterschritten werden kann. Nach § 14 Abs. 1 RVG erfolgt die Festsetzung der Gebühr nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Im vorliegenden Fall waren wegen der relativ schnellen Rücknahme des Widerspruchs gegen die Löschung kein umfangreicher Schriftwechsel oder umfangreichere Nachrecherchen erforderlich, wie sie in durchschnittlichen Fällen häufig notwendig sind. Eine Abweichung nach unten vom Durchschnittssatz ist daher gerechtfertigt. 1.3. Die Erstattung von außergerichtlichen Kosten kann nach § 18 Abs. 3 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, der auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO verweist, nur beansprucht werden, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. 1.3.1. Die Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten richtet sich im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nach § 18 Abs. 2 S. 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG, §§ 91 ff. ZPO. Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Zu diesen Kosten gehören nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechts- bzw. Patentanwalts der obsiegenden Partei. Sie gelten von Rechts wegen als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung. Für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des (hier) zusätzlich zum Patentanwalt mitwirkenden Rechtsanwalts kommt es daher gemäß §§ 18 Abs. 2 S. 2 GebrMG, 84 Abs. 2 PatG nach §91 Abs. 1 Satz1 ZPO darauf an, ob diese Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung notwendig waren, was sich nach einem objektiven Maßstab beurteilt. Bei Prüfung der Notwendigkeit ist darauf abzustellen, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung – also bei objektiver Betrachtung ex ante – als sachdienlich ansehen durfte, wobei die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen darf und lediglich gehalten ist, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH GRUR2005, 271 m. w. N.). Notwendig sind danach alle Kosten, ohne die die zweckentsprechenden Maßnahmen nicht getroffen werden könnten. Bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit ist grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen steht, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH GRUR 2005, 271 – Unterbevollmächtigter III; BGH NJW 2003, 901 – Auswärtiger Rechtsanwalt I; BGH GRUR 2005, 1072 – Auswärtiger Rechtsanwalt V; BGH WRP 2008, 363). 1.3.2. In der neueren Rechtsprechung der Nichtigkeitssenate des Bundespatentgerichts wird im Fall eines parallel zu einem Nichtigkeitsverfahren geführten Verletzungsverfahren die Doppelvertretung stets als notwendig angesehen und nur bei einem deutlichem Abweichen von dieser als Regelfall angesehenen Konstellation gilt anderes (vgl. BPatG GRUR 2009, 706 f.; GRUR 2009, 707 f.; BPatG GRUR 2008, 735 f.; BPatG Mitt. 2008, 570 f. – Kosten des mitwirkenden Patentanwalts; BPatG Beschluss vom 7. Dezember 2006, 4 ZA (pat) 33/06, abrufbar bei juris Das Rechtsportal; anders BPatG Mitt. 2008, 570 f. – Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts; BPatG Beschluss vom 29. Januar 2009, 4 ZA (pat) 81/08, abrufbar bei juris Das Rechtsportal). 1.3.3. Der 35. Senat folgt dieser Rechtsprechung nicht. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon auszugehen, dass auch bei parallelem Verletzungsverfahren im Verfahren vor dem Bundespatentgericht eine Doppelvertretung im Regelfall nicht notwendig i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO ist (vgl. dazu ausführlich z. B. BPatGE 51, 81 - Medizinisches Instrument). Der Kostengläubiger muss darum nach Auffassung des erkennenden Senats weiterhin substanziiert darlegen, warum im Einzelfall aufgrund welcher konkreten Umstände eine Doppelvertretung erforderlich ist. Dies stellt keine übermäßige Differenzierung im Rahmen von üblichen Geschehensabläufen dar, sondern dient dem Schutz des Kostenschuldners davor, außerhalb der vom Gesetz in § 91 Abs. 2 ZPO getroffenen grundsätzlichen Entscheidung, wonach nur die Aufwendungen eines Anwalts abgerechnet werden können, ohne besondere Umstände mit erheblichen Kosten belastet zu werden und damit vor allem Gerechtigkeitsgesichtspunkten (vgl. zu allem detailliert BPatGE 51, 81 - Medizinisches Instrument). Die Darstellung derartiger Umstände ist vorliegend nicht gelungen. 1.3.4. Die zutreffende Annahme der Antragstellerin, das Verletzungs- und das Verfahren über den Bestand des Schutzrechts seien aufeinander abzustimmen, es sei die Tragweite etwaiger Beschränkungen oder von Einzelheiten eines Vergleich mit Erledigung von beiden Verfahren zu verhandeln, lässt nicht erkennen, dass einem Patentanwalt die erforderliche Kompetenz dazu fehlt. Im Gegenteil ist er durch seine spezielle Ausbildung hierzu regelmäßig in besonderer Weise geeignet (vgl. insoweit die zutreffenden Ausführungen des 3. Senats, Mitt. 2008, 570f. und des 4. Senats im Beschluss vom 29. Januar 2009, 4 ZA (pat) 81/08, abrufbar bei juris Das Rechtsportal). Abstrakt denkbare im Verletzungsverfahren begründete taktische Überlegungen, Abstimmungsbedarf oder das mögliche Erfordernis, einen Vergleich zu formulieren, stellen regelmäßig ebenfalls keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten dar. Soweit innerhalb des Löschungsverfahrens das Schutzrecht gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen eingeschränkt verteidigt wird, folgt dies regelmäßig aus dem Vergleich mit dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, dessen Beurteilung in die Fachkompetenz des Patentanwalts fällt. Dass im Rahmen einer Neuformulierung der Ansprüche der Verletzungsgegenstand des parallelen Verletzungsverfahrens eine entscheidende Rolle spielt, ist selbstverständlich. Die hierbei zu bewertende Reichweite des Schutzumfangs und die Frage, innerhalb welcher Grenzen der Verletzungsgegenstand den Schutzbereich eines gegebenenfalls eingeschränkten Gebrauchsmusters noch ausfüllt, ist im Wesentlichen technischer Natur, die zusätzlichen juristischen Sachverstand nicht erfordert. Dies gilt auch für die Beurteilung der Frage der offenkundigen Vorbenutzung. Die Beurteilung des Vorliegens dieses Löschungsgrundes und die darauf bezogene Beweisführung einschließlich des eventuell erforderlichen Zeugenbeweises gehören zum typischen Tätigkeitsbereich eines Patentanwalts und sind Gegenstand der patentanwaltlichen Ausbildung. Solche Problemstellungen und rechtliche Schwierigkeiten allgemeiner Art, wie sie üblicherweise in einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren auftreten, muss nach dem Gesagten der hierfür ausgebildete und im Regelfall beauftragte Patentanwalt grundsätzlich eigenständig bewältigen (BPatG Mitt. 2008, 570f.; BPatG Beschluss vom 29. Januar 2009, 4 ZA (pat) 81/08, abrufbar bei juris Das Rechtsportal). 2. Im Übrigen entspricht die - insoweit auch nicht substantiiert angegriffene - Kostenfestsetzung dem Antrag der Beschwerdeführerin. 3. Die Antragstellerin hat entsprechend § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da sie unterlegen ist.
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30. Senat
20100628
30 W (pat) 519/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
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Markenbeschwerdeverfahren - "Pure Power" - keine Unterscheidungkraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2010 002 606.5 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. Juni 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden ist die Bezeichnung Pure Power für die Waren: „Elektrische Energie. Solarzellen, Photovoltaikzellen, Solarmodule, Photovoltaikmodule, jeweils zur Energieerzeugung (soweit in Klasse 9 enthalten)“. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beanstandet; die Marke sei in der Bedeutung „reine Energie“ eine beschreibende Angabe. Nachdem eine Stellungnahme der Anmelderin nicht einging, hat das Patentamt unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid die Anmeldung zurückgewiesen. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält ohne nähere Begründung die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren für schutzfähig. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. März 2010 aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG statthafte sowie zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Die angemeldete Wortmarke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; ihr fehlt hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klasse 9 jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. genannten Vorschrift. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 29 - Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf jede der beanspruchten Waren zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren abzustellen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83 m. w. Nachw.). Ausgehend hiervon besitzt eine Wortmarke u. a. dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihr die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 81, 86) - Postkantoor; GRUR 2008, 608, 611 (Nr. 56 ff.) - EUROHYPO; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18 f.) - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 (Nr. 10) - DeutschlandCard). Dies trifft auf die hier angemeldete Bezeichnung Pure Power in Bezug auf die mit ihr beanspruchten Waren zu. Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Was den Sinngehalt der als Marke angemeldeten Bezeichnung anbetrifft, so ist auf die Wortfolge in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. z. B. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Dies schließt es allerdings nicht aus, zunächst den Bedeutungsgehalt der einzelnen Wörter zu ermitteln und erst danach der Frage nachzugehen, ob sich - aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs - die Kombination in der bloßen Aneinanderreihung nicht unterscheidungskräftiger (warenbezogener) Angaben erschöpft oder einen darüber hinausgehenden herkunftshinweisenden Gesamteindruck vermittelt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl. § 8 Rdn. 124). Den Bedeutungsgehalt der Wörter „Pure" und „Power" in Verbindung mit den beanspruchten Produkten hat die Markenstelle - was die Anmelderin anscheinend auch nicht in Abrede stellen will - zutreffend ermittelt und aufgezeigt; der Senat hat jedenfalls keine abweichenden Feststellungen treffen können. Das englische Wort „Pure“ bedeutet im Bereich der Technik allgemein „rein, ohne Beimischung, sauber“, in Verbindungen wie „pure capacitance“ auch „verlustlose Kapazität“ (vgl. Kucera, Wörterbuch der exakten Naturwissenschaften und der Technik S. 28), in „pure air“ auch „saubere Luft“; als Fremdwort der deutschen Sprache ist die Bedeutung „rein, unverfälscht, nichts anderes als“ (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. S. 1124; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl. Band 7 S. 3056, „purer Neid, purer Zufall“; vgl. zur Bedeutung „rein“ auch BPatG 24 W (pat) 9/09 - PURE, veröffentlicht auf der Internetseite des Gerichts). Das englische Wort „Power“ bedeutet „Energie, Strom, Leistung, Kraft“ (vgl. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik S. 1054; Kucera a. a. O. S. 1202) und ist als Fremdwort in die deutsche Sprache in den Bedeutungen „Kraft, Stärke, Leistung, Leistungskraft“ eingegangen (vgl. Duden Fremdwörterbuch a. a. O. S 1085; HABM R0862/06-4 - POWER, veröffentlicht auf der Internetseite des HABM). Sowohl für die deutsche als auch für die englische Sprache ergibt sich die Bedeutung „reine Energie“ bzw. „nichts als Energie/Leistung“. Bei den beanspruchten Produkten aus dem Bereich der Energieerzeugung durch Solartechnologie geht es um die Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie; unter Photovoltaik versteht man die direkte Umwandlung von Sonnenenergie in elektrische Energie mittels Solarzellen. Die Strahlungsenergie der Sonne kann in Elektrizität umgewandelt werden, ohne dass Nebenprodukte wie Abgase (beispielsweise Kohlendioxid) entstehen. Die Anmeldung ist damit eine werblich anpreisende, beschreibende Angabe bezüglich der beanspruchten Produkte, die auf deren besondere Leistungsfähigkeit und/oder Reinheit hinweist; die angemeldete Bezeichnung Pure Power ist deshalb wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 1 Satz 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006382
BPatG
München
17. Senat
20100713
17 W (pat) 72/06
Beschluss
§ 1 PatG, § 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Anzeigevorrichtung und Historie-Sammelsystem für Spritzgussmaschinen" - zur Patentfähigkeit  - keine Erfindung auf technischem Gebiet - mangelnde erfinderische Tätigkeit
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2004 004 073.7-53 hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, der Richterin Eder sowie des Richters Dipl.-Ing. Baumgardt und der Richterin Dipl.-Ing. Wickborn beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung, welche die Priorität zweier Voranmeldungen in Japan vom 30. Januar 2003 und vom 8. Januar 2004 in Anspruch nimmt, wurde am 27. Januar 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt in englischer Sprache eingereicht. Die rechtzeitig eingegangene deutsche Übersetzung trägt die Bezeichnung: "Anzeigevorrichtung und Historie-Sammelsystem". Die Anmeldung wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts in der Anhörung vom 7. März 2006 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der geltende Hauptanspruch nicht gewährbar sei, da sein Gegenstand im Hinblick auf zwei bestimmte im Prüfungsverfahren entgegengehaltene Druckschriften nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet. Sie hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, worin sich der beanspruchte Gegenstand nach ihrer Auffassung vom Stand der Technik unterscheide. Da es keine Anregungen gegeben habe, eine Weiterbildung in der beanspruchten Richtung vorzunehmen, liege eine erfinderische Tätigkeit vor. Dies gelte erst recht für den Gegenstand der Patentansprüche nach Hilfsantrag. Die Anmelderin stellt den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: - gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 4 vom 2. Dezember 2005, noch anzupassender Beschreibung Seiten 1 - 18 und 7 Blatt Zeichnungen mit 10 Figuren, jeweils vom 27. April 2004, - gemäß Hilfsantrag mit Patentansprüchen 1 und 2 und Beschreibung Seiten 1 - 19, jeweils vom 12. Juli 2010, Zeichnungen mit Figuren wie Hauptantrag. In der Fassung gemäß Hauptantrag lautet der Patentanspruch 1, hier mit einer möglichen Gliederung versehen: " (a) Anzeigevorrichtung (2) für eine Spritzgussmaschine (1), die in Übereinstimmung mit einer Gussbedingung arbeitet, wobei die Anzeigevorrichtung (2) umfasst: (b) einen Eingangssignalcontroller (6), der eine geänderte Gussbedingung der Spritzgussmaschine und einen Zustand einer Gussqualität für die geänderte Gussbedingung eingibt; (c) eine Speicherprozesseinheit (91), die Historie-Daten speichert, die die Änderung in der Gussbedingung und den Zustand der Gussqualität angeben; und (d) eine Bildschirmanzeigeeinheit (3), die die Historie-Daten anzeigt, wenn ein Anzeigeanforderungssignal für die Historie-Daten empfangen wird." Zu den Unteransprüchen 2 und 3 sowie zum nebengeordneten, auf ein "Historie-Sammelsystem" gerichteten Patentanspruch 4 wird auf die Akte verwiesen. Dem Patentbegehren nach Hauptantrag soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine Anzeigevorrichtung einer Spritzgussmaschine bereitzustellen, die geeignet ist, ohne weiteres die Gussqualität der Maschine zu verstehen, deren Gussbedingungen geändert wurden (siehe Eingabe vom 2. Dezember 2005, Seite 2 Absatz 3). Gemäß Hilfsantrag lautet der Patentanspruch 1 (mit einer Gliederung angelehnt an die Gliederung nach Hauptantrag): " (a*) Spritzgussmaschine (1), die ausgestaltet ist, um in Übereinstimmung mit einstellbaren Gussbedingungen ein Gusserzeugnis herzustellen, das durch eine Mehrzahl von Gussqualitätszuständen gekennzeichnet ist, (x) mit einer Eingabeeinheit mit (b*) einem Eingangssignalcontroller (6), über den eine Änderung einer der Gussbedingungen und eines Gussqualitätszustandes für die geänderte Gussbedingung eingegeben werden können; (c*) einer Speicherprozesseinheit (91), die Historie-Daten speichert, die die Änderungen der Gussbedingungen und des Gussqualitätszustandes angeben; und (d) einer Bildschirmanzeigeeinheit (3), die die Historie-Daten anzeigt, wenn ein Anzeigeanforderungssignal für die Historie-Daten empfangen wird; (e) wobei die Gussqualitätszustände eine Mehrzahl von Qualitätseigenschaften eines Gusserzeugnisses darstellen; dadurch gekennzeichnet, dass (f) die Änderungen der Gussqualitätszustände als "Besser" und "Schlechter" eingegeben werden; und (g) wobei die Spritzgussmaschine (1) ausgestattet ist, um mittels Software aus den Historie-Daten einen Vorschlag einer Änderungsrichtung einer Gussbedingung zu erzeugen." Wegen seines Unteranspruchs 2 wird wiederum auf die Akte verwiesen. Diesen Patentansprüchen soll die Aufgabe zugrunde liegen, eine Spritzgussmaschine bereitzustellen, die geeignet ist, den Benutzer bei der Änderung der Gussbedingung zu unterstützen (siehe Beschreibung vom 12. Juli 2010, Seite 2 Zeile 21 - 25). Als Stand der Technik wurden im Prüfungsverfahren entgegengehalten: D1 DE 694 24 558 T2 D2 JP 2001 - 145 947 A (Abstract, Original-Figuren und elektronische Übersetzung) D3 DE 100 20 999 A1 Der Senat hat in einem Ladungszusatz und in der mündlichen Verhandlung noch folgende Dokumente zitiert: D4 US 5 870 698 A D5 US 6 381 512 B1 D6 US 5 062 784 II. Die rechtzeitig eingelegte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg, weil der jeweilige Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Haupt- und nach Hilfsantrag sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab. 1. Die vorliegende Patentanmeldung betrifft in der geltenden, eingeschränkten Fassung Spritzgussmaschinen und im speziellen ein zugehöriges Anzeigegerät (hier zu verstehen als ein Bedien- und Beobachtungsgerät für die Überwachung des Spritzguss-Prozesses und die Einstellung der Guss-Parameter). Dabei wird ausgegangen von einer Spritzgussmaschine mit einem solchen Anzeigegerät, wie es der selbstgenannte Stand der Technik gemäß D2 schildert (siehe Absatz [0002] bis [0006] der Offenlegungsschrift). Demnach war eine Anzeigeeinheit für Spritzgussmaschinen mit Eingabeelementen zur Einstellung von Gussbedingungen bekannt, welche in zwei separaten Fenstern Prozessparameter und Einstellmöglichkeiten anzeigt. Die "Gussbedingungen" sind hier als Prozessparameter zu verstehen, die Einfluss auf die Qualität des Endproduktes haben. Gemäß D2 insbesondere Absatz [0014] können die Prozessparameter angezeigt und auch in Datensätzen als "Prozesshistorie" abgespeichert werden. Nach den Angaben in der Anmeldung (siehe Absatz [0007] bis [0009] der Offenlegungsschrift) hat eine solche Aufzeichnung den Nachteil, dass aus den Datensätzen die Auswirkungen einer durchgeführten Änderung der Gussbedingungen auf das Endprodukt nachträglich nicht mehr erkennbar sind. Daher schlägt die Anmeldung vor, in den Datensätzen zusätzlich die Qualitätsänderung des erzeugten Produktes mit aufzuzeichnen (und zwar auf Basis einer Bewertung des Bedieners, von Hand durch Druck auf die Tastenfelder "besser" oder "schlechter", siehe Anmeldung Figur 6). Derart ergänzte Datensätze erlauben im Nachhinein eine Auswertung der Auswirkungen von bestimmten Änderungen der Gussbedingungen. Als Fachmann , der mit der Aufgabe betraut wird, ein Anzeigegerät für Spritzgussmaschinen so auszulegen, dass Auswirkungen von Einstellungsänderungen näher untersucht werden können, bzw. dass Benutzer bei der Änderung der Gussbedingung unterstützt werden können, sieht der Senat einen Maschinenbau-Ingenieur der Fachrichtung "Spritzgusstechnik" mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss und mehrjähriger Berufserfahrung an. 2. Ob die geltenden Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag zulässig sind, kann dahingestellt bleiben; zu Gunsten der Anmelderin interpretiert der Senat die Ansprüche so, wie sie ausgehend von der Offenbarung in der Anmeldung und den Ausführungen des Vertreters in der mündlichen Verhandlung verstanden werden sollten. 2.1 Im Erteilungsverfahren ist für Patentansprüche zu sorgen, die die unter Schutz gestellte Erfindung klar und deutlich umschreiben (BGH GRUR 1988, 757 "Düngerstreuer"). Die geltenden Formulierungen nach Haupt- und nach Hilfsantrag weisen jedoch noch Mehrdeutigkeiten, Ungenauigkeiten und Unklarheiten auf, wie sich teilweise bereits aus dem Ladungszusatz des Senats vom 28. Mai 2010 ergibt. 2.2 Nachdem sich das Gemeinte aber aus der ursprünglichen Offenbarung - wenn auch nicht immer "ohne weiteres" - erkennen lässt und zum Vergleich mit dem Stand der Technik herangezogen werden kann, konnte auf eine Umformulierung der Ansprüche verzichtet werden, da sich die (im Folgenden begründete) Beurteilung dadurch nicht verändert hätte. 3. Zum Hauptantrag Um zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag zu gelangen, war keine erfinderische Tätigkeit erforderlich. Der Hauptantrag hat daher keinen Erfolg. 3.1 Im Einvernehmen mit der Anmelderin wird als nächstkommender Stand der Technik die neu eingeführte D6 (US 5 062 784) angesehen. Sie beschreibt eine Spritzgussmaschine (1 bis 4) mit einem NC-Steuergerät (100), welches eine "Anzeigevorrichtung" im Sinne der vorliegenden Anmeldung (Merkmal (a) ) mit einem Eingangssignalcontroller (112), einer Speicherprozesseinheit (106) für Historie-Daten, und mit einer Bildschirmanzeigeeinheit (CRT in 114) zur Anzeige der Daten aufweist (siehe insbesondere Figur 1 und zugehörige Beschreibung). Gemäß Spalte 4 Zeile 56 ff. stellt der Bediener "Gussbedingungen" (Prozess-Parameter) über eine manuelle Eingabeeinheit (MDI in 114) ein, entsprechend denen die Spritzgussmaschine angesteuert wird ("one set of tentative molding conditions"); dabei hat die Eingabe neuer Einstellparameter die Bedeutung einer Eingabe von "geänderten Gussbedingungen" über den Eingangssignalcontroller im Sinne des Merkmals (b) des Patentanspruchs 1. Anschließend begutachtet der Bediener das mit diesen Parametern erzeugte Produkt und gibt ggf. die Art eines aufgetretenen Fehlers ("data representing a certain type of molding defect", siehe Spalte 5 Zeile 52 - 54) dazu über den Eingangssignalcontroller ein ("Zustand einer Gussqualität für die geänderte Gussbedingung" in der Formulierung der Anmeldung, noch Merkmal (b) ). Parameter-Datensätze mit solchen Fehlerinformationen werden gespeichert (teilweise Merkmal (c) ) und bei zukünftigen Einstellvorgängen zum Vergleich herangezogen; sollte der Bediener einen Parametersatz einstellen, der bereits mit Fehler gespeichert ist, wird ein Alarm ausgegeben (siehe Spalte 6 Zeile 43 - 66), dabei ist auch eine Anzeige der Historie-Daten möglich (Zeile 64 - 66: Merkmal (d) ). In Bezug auf Merkmal (c) wird in D6 noch als Stand der Technik dargestellt (siehe Spalte 1 Zeile 42 - 61), dass man nicht nur Parametersätze speichert, die zu Fehlern führen, sondern auch Parametersätze für "gute" Spritzgussergebnisse. D6 lehrt allerdings nicht speziell das Abspeichern von "Änderungen in der Gussbedingung", so wie es beispielsweise in Figur 7 der Anmeldung ("vorhergehender Einstellwert" → "Aktueller Einstellwert") zum Ausdruck kommt (Teil von Merkmal (c) des Patentanspruchs 1). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der in D6 beschriebene Einstellvorgang einer Spritzgussmaschine mit "Versuchseinstellungen" mehrfach nacheinander durchgeführt wird ("tentative injection molding process", siehe Spalte 5 Zeile 25 - 36), so dass mehrere Parametersätze aufeinanderfolgender Einstellungen gespeichert werden (siehe Spalte 4 Zeile 31 - 35). Demnach sind - durch Vergleich solcher Datensätze - gemäß D6 Daten auch über "Änderungen in der Gussbedingung" vorhanden. Dass sie anmeldungsgemäß ausdrücklich als Änderungen abgespeichert werden, kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen, zumal die Art der Darstellung von Daten "an sich" kein technisches Merkmal darstellt. 3.2 Möglicherweise könnte der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag noch so verstanden werden, dass er zusätzlich eine Erfassung und Speicherung der Änderung der Gussqualität (siehe Figur 7: "Qualität besser / schlechter") umfasst. Dies wäre aber eine Anweisung allein an den Bediener der Spritzgussmaschine, der hierfür eine auf seinem persönlichen Erfahrungsschatz beruhende Einschätzung vornehmen müsste, ob sich die Qualität des erzeugten Produktes nach der Änderung der Prozessparameter verbessert oder verschlechtert hat; die Einschätzung der Qualitätsänderung wäre von ihm einzugeben und im Gerät abzuspeichern. Solche Daten über eine Qualitäts änderung hätten lediglich einen anderen Bedeutungsinhalt als die bekannten Daten über die Qualität. Der Unterschied läge in der Art der Bedienung bzw. der Benutzeroberfläche, er hätte aber keine technischen Auswirkungen; ein technisches Problem müsste nicht gelöst werden, um den Vorschlag zu machen. Daher ließe sich auch mit einem solchen Verständnis des Anspruchs das Vorliegen einer erfinderische Tätigkeit nicht begründen. 3.3 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ergab sich sonach für den Fachmann in naheliegender Weise aus D6 , der Anspruch ist daher nicht patentierbar. Mit ihm fallen zwangsläufig auch die Unteransprüche 2 und 3 sowie der Nebenanspruch 4, da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann (BGH GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät"). 4. Zum Hilfsantrag Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag ergab sich für den Fachmann ebenfalls ohne erfinderische Tätigkeit aus dem Stand der Technik, so dass auch dem Hilfsantrag nicht gefolgt werden kann. 4.1 Die Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich von der Fassung nach Hauptantrag zunächst durch einige Klarstellungen. So ist der Anspruch nunmehr auf eine "Spritzgussmaschine … mit einer Eingabeeinheit" gerichtet, wobei diese Eingabeeinheit u. a. eine Bildschirmanzeigeeinheit aufweist und somit als das Bedien- und Beobachtungsgerät zu verstehen ist, dass im Anspruch 1 des Hauptantrags als "Anzeigeeinheit" bezeichnet worden war. Ferner stellt Merkmal (e) (im Sinne einer Definition, nicht eines besonderen Merkmals der Spritzgussmaschine) klar, dass der Begriff "Gussqualität" verschiedene Eigenschaften eines Gusserzeugnisses betrifft (wie Verwerfungen, Einfallstellen u. a. - vgl. dagegen den missverständlichen Begriff "Bedingung" in Figur 6 / 7 der Anmeldung). Des weiteren ist klargestellt, dass Änderungen eines Gussqualitätszustandes eingegeben und in den Historie-Daten abgespeichert werden können. Als Besonderheit wird mit dem Hilfsantrag beansprucht, dass die Änderungen der Gussqualitätszustände als "Besser" und "Schlechter" eingegeben werden (Merkmal (f) ), und dass dem Bediener mittels Software aus den Historie-Daten ein Vorschlag einer Änderungsrichtung einer Gussbedingung unterbreitet wird (Merkmal (g) - siehe Anmeldung Seite 7 "gussunterstützende AI-Software"). 4.2 Der Anmeldungsgegenstand weist neben technischen offensichtlich auch nicht-technische Merkmale auf, denen keine "auf technischen Überlegungen beruhende Erkenntnisse" zugrunde liegen (BGH BlPMZ 2000, 273 "Logikverifikation"), sondern die sich an den Benutzer richten und ihre Ausgestaltung erfahren, um ihm die Bedienung zu erleichtern. Für das Technizitätserfordernis an sich ist dies unerheblich (vgl. BGH BlPMZ 2009, 183 "Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten", Absatz 10), ein grundsätzlicher Patentierungsausschluss liegt nicht vor. Dass der Benutzer am Bedienverfahren beteiligt ist, stellt ebenfalls keinen Ausschlussgrund dar. "Dem technischen Charakter der Vorrichtung steht es nicht entgegen, dass ein Eingreifen des Menschen in den Ablauf des auf dem Rechner durchzuführenden Programms in Betracht kommt" (BGH BlPMZ 2000, 276 "Sprachanalyseeinrichtung"), bzw. "Dass ein Arbeitsgang durch einen Menschen eingeleitet oder ausgelöst wird, nimmt der Erfindung nicht die erforderliche Technizität" (BGH Mitt. 2002, 176 "Gegensprechanlage"). Jedoch ist "bei der Prüfung von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit diese [erg.: technische] Problemlösung in den Blick zu nehmen … Außerhalb der Technik liegende Anweisungen genügen in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht; sie sind nur in dem Umfang von Bedeutung, in dem sie auf die Lösung des technischen Problems mit technischen Mitteln Einfluss nehmen … Schutzfähig ist eine solche Lehre vielmehr erst dann, wenn die Lösung des konkreten technischen Problems neu und erfinderisch ist" (BGH "Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten", a. a. O., Absatz 11). "Anweisungen, die auf nichttechnischem Gebiet liegen, können das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen" (BPatG Mitt. 2009, 233 "Druckvorlagenerstellung", Leitsatz)). 4.3 Ausgehend von der Erläuterung unter 3.1 (s. o.), beschreibt die nächstkommende Druckschrift D6 eine Spritzgussmaschine mit den Merkmalen (a*) , (x) , (d) und (e) , die auch einen Eingangssignalcontroller (112) enthält, über den eine Änderung einer der Gussbedingungen durch Eingabe neuer Parameter eingegeben werden kann (vgl. Figur 2 / Spalte 7 Zeile 1 - 18); ferner kann der Gussqualitätszustand für die geänderte Gussbedingung eingegeben werden (Spalte 5 Zeile 47 - 58: "different types of molding defects or the absence of defects"); entsprechend werden die geänderten Gussbedingungen und der Gussqualitätszustand im Speicher (106) als Datensatz gespeichert (teilweise Merkmal (b*) und (c*) ). Darüber hinaus ist die in D6 beschriebene Spritzgussmaschine ausgelegt, um dem Bediener mittels Software aus den Historie-Daten eine Unterstützung bei der Einstellung von Guss-Parametern zu geben (Alarm mit Anzeige der gerade neu eingegebenen Parameter und der als ähnlich erkannten alten, fehlerverursachenden Parameter: siehe Spalte 6 Zeile 59 - 66) (teilweise Merkmal (g) ). Somit unterscheidet sich die Lehre des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag von diesem Stand der Technik in folgenden Punkten: (1) Gemäß D6 kann für geänderte Gussbedingungen der Gussqualitätszustand eingegeben und gespeichert werden; anmeldungsgemäß soll statt dessen die Änderung des Gussqualitätszustands eingegeben und gespeichert werden, und zwar gemäß Merkmal (f) als "Besser" bzw. "Schlechter"; (2) Gemäß D6 kann die Spritzgussmaschine mittels Software aus den Historie-Daten eine Unterstützung bei der Einstellung von Guss-Parametern geben; anmeldungsgemäß soll sie dazu einen Vorschlag einer Änderungsrichtung einer Gussbedingung erzeugen. Mit Recht weist die Anmelderin darauf hin, dass diese Unterschiede weder in D6 noch im Übrigen zitierten Stand der Technik vorbeschrieben sind; es findet sich auch keine konkrete Anregung, in dieser Richtung vorzugehen. Dennoch können die genannten Unterschiede das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit nicht begründen. 4.3.1 Wenn beansprucht wird, statt des Gussqualitätszustands die Änderung des Gussqualitätszustands einzugeben und zu speichern, richtet sich das als Anweisung an den Bediener, wie bereits unter 3.2 ausgeführt. Auch dass die Eingabe als "Besser" oder "Schlechter" erfolgen soll, betrifft wieder nur die Art der Bedienung und die Benutzeroberfläche; die Lösung eines technischen Problems kann darin nicht erkannt werden. Ob die eingegebenen Daten eine andere "Qualität" haben als die aus D6 bekannte Eingabe der Art des Fehlers (ohne Bewertung), hängt von den Fähigkeiten des Bedieners bei seiner Beurteilung des jeweiligen Gusserzeugnisses ab, nicht aber vom Aufbau der beanspruchten Spritzgussmaschine. Der genannte Unterschied (1) betrifft daher keine technische Lehre, die bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit berücksichtigt werden könnte. 4.3.2 Der zweite Unterschied besteht darin, statt eines Alarms mit Anzeige der aktuellen und vergleichbarer, zu einem fehlerhaften Erzeugnis führender Einstellparameter eine Hilfestellung zu geben, in welcher Richtung eine Gussbedingung geändert werden sollte. Hier ist zunächst festzustellen, dass die Anmeldung keine konkrete Lehre gibt, wie eine sinnvolle Einstellrichtung bestimmt werden kann; sie beschränkt sich allein auf die Idee und setzt voraus, dass eine AI- (Artificial Intelligence-) Software diese Information schon "irgendwie" bereitstellen können wird. Allein die Idee, eine für den Bediener geeignetere Hilfestellung als die aus D6 vorbekannte zu geben, liegt aber im Rahmen des Wissens und Könnens des Durchschnittsfachmanns. Dabei wird er abwägen, welche Informationen zur Verfügung stehen (Datensätze vorheriger Spritzgussvorgänge mit Bewertung) und welcher Aufwand zu treiben ist (AI-Software?), um für den Benutzer die Einstellung von Guss-Parametern möglichst zu vereinfachen. Derartige Abwägungen sind übliches fachmännisches Handeln. Hinzukommt, dass durch den anspruchsgemäßen Vorschlag , in welcher Richtung eine Gussbedingung zu ändern wäre, keine unmittelbare technische Wirkung auf die Spritzgussmaschine eingeleitet wird. Das objektiv gelöste Problem ist vielmehr darin zu sehen, dem Bediener eine "möglichst hilfreiche" Bedienunterstützung zu geben. Dieses Problem ist indessen nicht technischer Natur (vgl. BGH BlPMZ 2005, 77 "Anbieten interaktiver Hilfe", II. 4 b / c). Auch diese Sichtweise verbietet es daher, den Unterschied (2) als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend anzuerkennen. 4.3.3 Damit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag nicht in erfinderischer Weise vom Stand der Technik, so dass der Anspruch keinen Bestand haben kann. Mit ihm fällt zwangsläufig sein Unteranspruch 2. III. Sonach war die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006382&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006383
BPatG
München
19. Senat
20100621
19 W (pat) 45/06
Beschluss
§ 3 Abs 1 S 2 PatG, § 59 Abs 1 PatG, § 73 Abs 3 S 2 PatG, § 139 ZPO, Art 103 GG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - zur Zulässigkeit eines Einspruchs nach öffentlicher Zugänglichkeit vor dem Anmeldetag - Verfahrensfehler - Verletzung des rechtlichen Gehörs - fehlender Hinweis auf mögliche Unzulässigkeit des Einspruchs
In der Beschwerdesache … betreffend das Patent 196 14 128 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Bertl, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 1.32 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. Juni 2006 aufgehoben und das Patent 196 14 128 widerrufen. 2. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I. Für die am 10. April 1996 im Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents 196 14 128 am 1. März 2001 veröffentlicht worden. Es betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung einer Werkzeugmaschine, insbesondere einer Funkenerosionsmaschine. Gegen das Patent hat die V… GmbH in B…, mit Eingabe vom 31. Mai 2001, eingegangen am selben Tag, beim Deutschen Patent- und Markenamt Einspruch erhoben mit der Begründung, die Gegenstände der beiden unabhängigen Patentansprüche 1 sowie 10 seien nicht neu. Die Einsprechende hat ihre Behauptung zum Einen auf den im Prüfungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik gestützt, insbesondere auf die Entgegenhaltung E15 : Eversheim; Lenhart: "Objektorientiert programmieren", Industrie-Anzeiger 82/1991, S. 38-42, zum Anderen hat sie geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei durch zwei von ihr hergestellte und je an einen Kunden vor dem Anmeldetag des Streitpatents gelieferte Funkenerosionsmaschinen des Typs QM 71 P vorweggenommen. Zum Beleg dieser Behauptung hat sie folgenden Unterlagen eingereicht: Innerbetrieblicher Auftrag Nr. 110810, datiert mit: 22.08.95 Internationaler Frachtbrief, datiert mit: 08.12.95 Lieferschein Nr. 97263, datiert mit: 20.12.95 Betriebsanleitung QM 71 P, Ausgabe 07/95 (Auszug) Betriebsanleitung QWD 70 P, Ausgabe 10/96, Seiten 10-5, 10-6 (Auszug). Zur inhaltlichen Übereinstimmung eines Teils der nachveröffentlichten Betriebsanleitung QWD 70 P mit den vorbenutzten Maschinen des Typs QM 71 P hat die Einsprechende Zeugenbeweis angeboten. Die Einsprechende hat im Verfahren vor dem DPMA beantragt, das Streitpatent in vollem Umfang zu widerrufen, hilfsweise, eine mündliche Anhörung durchzuführen. Die Patentinhaberin hat in ihrer Entgegnung auf den Einspruchsschriftsatz bestritten, dass die von der Einsprechenden geltend gemachten Vorbenutzungen offenkundig geworden seien, im Übrigen sei ihre Erfindung gegenüber den vorbenutzten Gegenständen ohnehin neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Die Patentinhaberin hat im Verfahren vor dem DPMA beantragt, das Patent unverändert aufrechtzuerhalten, hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Ohne einen Hinweis auf eine mögliche Unzulässigkeit des Einspruchs und ohne Durchführung einer mündlichen Anhörung hat die Patentabteilung 1.32 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 30. Juni 2006 den Einspruch als unzulässig verworfen. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Patentinhaberin habe in ihrem Schreiben vom 5. Dezember 2001 die Offenkundigkeit der von der Einsprechenden behaupteten Vorbenutzung bestritten, was eine Frage der Substantiierung und damit der Zulässigkeit des Einspruchs sei. Die Einsprechende habe die behaupteten Widerrufsgründe innerhalb der Einspruchsfrist nicht hinreichend substantiiert dargelegt (§ 59 Abs. 1 PatG). Insbesondere fehle die Angabe von konkreten Tatsachen, welche die öffentliche Zugänglichkeit der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nach Art, Ort und Zeit erkennen ließen. Mangels Zuordnung der Betriebsanleitung (QM 71 P) zu den gelieferten Maschinen sei auch nicht erkennbar, welcher Gegenstand, also was offenkundig vorbenutzt worden sei. Soweit sich die Einsprechende auf Druckschriften aus dem Prüfungsverfahren berufe, habe sie hierauf nicht substantiiert Bezug genommen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie bringt vor, sie sei von dem Beschluss der Patentabteilung, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, überrascht worden. Ihr sei keine Gelegenheit gegeben worden, sich zu hierzu zu äußern, da die Patentabteilung weder einen Zwischenbescheid erlassen noch eine mündliche Anhörung anberaumt habe. Somit sei ihr das rechtliche Gehör nicht gewährt worden. Im Übrigen habe sie die Gründe, die aus ihrer Sicht den Widerruf des Patents rechtfertigen, hinreichend substantiiert. Zum Einen habe sie durch die von ihr mit dem Einspruchsschriftsatz eingereichten Dokumente belegt, was von wem, wann vorbenutzt worden sei. Auch habe sie im Einzelnen einen Bezug zwischen den von ihr vorbenutzten Maschinen und den in den Patentansprüchen genannten Merkmalen hergestellt sowie dargelegt, warum diese ihrer Auffassung nach keine Erfindung darstellten. Weiter betont die Einsprechende, die Tatsache, dass die vorbenutzten Maschinen offenkundig geworden seien, ergebe sich schon aus deren Lieferung an die beiden Firmen, da es selbstverständlich sei, dass derartige Maschinen von einem Mitarbeiter des Herstellers am Aufstellungsort in Betrieb genommen und das zukünftige Bedienpersonal in deren Handhabung eingewiesen werde. Ebenso sei es selbstverständlich, dass sich die Fachleute der Kundenfirma für die Funktionsweise einer neuartigen Maschine interessierten. Dies bedürfe keiner expliziten Erwähnung, sondern ergebe sich schon aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Im Übrigen sei der Wortlaut der unabhängigen Patentansprüche derart allgemein gehalten, dass die von ihr vorbenutzten Gegenstände alle darin genannten Merkmale aufwiesen, und für das Bedienpersonal erkennbar seien. In gleicher Weise ergebe sich die angebliche Erfindung in naheliegender Weise schon aus dem Artikel Eversheim; Lenhart: "Objektorientiert programmieren", Industrie-Anzeiger 82/1991, S. 38-42. Die Einsprechende beantragt, den Beschluss der Patentabteilung 1.32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2006 aufzuheben und das Patent 196 14 128 in vollem Umfang zu widerrufen, hilfsweise, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Sie regte weiterhin an, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das angegriffene Patent in der erteilten Fassung, hilfsweise beschränkt mit folgenden Unterlagen aufrecht zu erhalten: Patentansprüche 1 bis 12, gemäß Hilfsantrag 1, Patentansprüche 1 bis 10, gemäß Hilfsantrag 2, Hilfsantrag 1 und 2 überreicht in der mündlichen Verhandlung, angepasste Beschreibung, Spalten 3 und 4, zu Hilfsantrag 2, ebenfalls überreicht in der mündlichen Verhandlung, übrige Unterlagen, jeweils gemäß Patentschrift. Bezüglich der Vorbenutzungshandlungen ist die Patentinhaberin der Auffassung, es sei bei einer behaupteten Vorbenutzungshandlung unerlässlich, im Einzelnen die Umstände anzugeben, wie die Sache der Öffentlichkeit bekannt geworden sei, damit ein darauf gestützter Einspruch als zulässig angesehen werden könne. Dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, da die Einsprechende überhaupt keine nachprüfbaren Angaben gemacht habe, wie die beiden angeblich vorbenutzten Maschinen der Öffentlichkeit bekannt geworden seien. Abgesehen davon würden weder die Merkmale der beiden vorbenutzten Maschinen noch der Artikel aus dem Industrie-Anzeiger die Erfindung vorwegnehmen, da beide dem Programmierer keine auf ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt bezogene Liste von Ereignisdaten anböten, aus denen er auswählen könne, um wiederum eine Liste mit in diesem Kontext sinnvollen Aktionsdaten zur Verfügung gestellt zu bekommen, um so zuverlässig und rationell ein Steuerungsprogramm für Werkzeugmaschinen, das insbesondere Sonderfälle berücksichtigt, erstellen zu können. Der ihr entgegengehaltene Stand der Technik gehe nämlich nicht, wie die Erfindung, von Bearbeitungsobjekten, sondern von Bearbeitungsarten aus. Insofern handele es sich bei der Erfindung um die Vorstufe zu dem, was im Industrie-Anzeiger oder in der Benutzungsanleitung QM 71 P beschrieben sei. Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung: "1.0 Verfahren zur Steuerung von Werkzeugmaschinen durch eine Steuerungsvorrichtung, wobei 2.0 die Steuerungsvorrichtung (40) über 2.1 eine Liste von Ereignisdaten (20) 2.2 zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignisse), 2.3 die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten, und 3.0 eine Liste von Aktionsdaten (30) zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen) verfügt; 4.0 wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils 4.1 einem Bearbeitungsobjekt und/oder 4.2 einer Betriebsart der Werkzeugmaschine zugeordnet sind; und 5.0 für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt und/oder 5.1 eine bestimmte Betriebsart 5.2 Ereignisdaten ausgewählt und 6.0 so mit Aktionsdaten verknüpft werden, 7.0 dass bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse 7.1 eine oder mehrere Aktionen in vorgegebener Reihenfolge durchgeführt wird/werden." Der Patentanspruch 10 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung: "1.0 Vorrichtung zur Steuerung von Werkzeugmaschinen mit: je 2.0 - einem Speicher (20, 30) zum Speichern 2.1 einer Liste von Ereignisdaten (20) 2.2 zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignissen), 2.3 die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten, und 3.0 einer Liste von Aktionsdaten (30) zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen), 4.0 wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils 4.1 einem Bearbeitungsobjekt und/oder 4.2 einer Betriebsart der Werkzeugmaschine zugeordnet sind; und 8.0 - einer Benutzschnittstelle zur Auswahl von Ereignisdaten 5.0 für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt und/oder 5.1 eine bestimmte Betriebsart und 6.0 zur Verknüpfung mit Aktionsdaten, derart, dass 7.0 bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse 7.1 eine oder mehrere Aktionen durchgeführt wird/werden." Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet: "Verfahren zur Steuerung von Werkzeugmaschinen durch eine Steuerungsvorrichtung, wobei - die Steuerungsvorrichtung (40) über eine Liste von Ereignisdaten (20) zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignisse), die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten, und eine Liste von Aktionsdaten (30) zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen) verfügt; - wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils nach Bearbeitungsobjekten und und Betriebsart der Werkzeugmaschine sortiert und jeweils einem Bearbeitungsobjekt und einer Betriebsart der Werkzeugmaschine zugeordnet sind; und - für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt und/oder eine bestimmte Betriebsart Ereignisdaten aus der Liste ausgewählt und so mit Aktionsdaten aus der Liste verknüpft werden, dass bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse eine oder mehrere Aktionen in vorgegebener Reihenfolge durchgeführt wird/werden." Der Patentanspruch 10 gemäß Hilfsantrag 1 lautet: "Vorrichtung zur Steuerung von Werkzeugmaschinen mit: - je einem Speicher (20, 30) zum Speichern einer Liste von Ereignisdaten (20) zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignissen), die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten, und einer Liste von Aktionsdaten (30) zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen), wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils nach Bearbeitungsobjekten und Betriebsart der Werkzeugmaschine sortiert und jeweils einem Bearbeitungsobjekt und/oder einer Betriebsart der Werkzeugmaschine zugeordnet sind; und - einer Benutzerschnittstelle zur Auswahl von Ereignisdaten aus der Liste für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt und/oder eine bestimmte Betriebsart aus der Liste und zur Verknüpfung mit Aktionsdaten, derart, dass bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse eine oder mehrere Aktionen durchgeführt wird/werden." Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet: "Verfahren zur Steuerung von Werkzeugmaschinen durch eine Steuerungsvorrichtung, wobei - die Steuerungsvorrichtung (40) über eine Liste von Ereignisdaten (20) zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignisse) der Werkzeugmaschine, die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten, und eine Liste von Aktionsdaten (30) zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen) der Werkstückbearbeitung verfügt; - wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils einem Bearbeitungsobjekt und/oder einer Betriebsart der Werkzeugmaschine zugeordnet sind; und - für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt und/oder eine bestimmte Betriebsart Ereignisdaten ausgewählt und so mit Aktionsdaten verknüpft werden, dass bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse eine oder mehrere Aktionen in vorgegebener Reihenfolge durchgeführt wird/werden, wobei - durch Vorgabe eines bestimmten Bearbeitungsobjektes und einer bestimmten Betriebsart der Werkzeugmaschine eine Vorauswahl in der Ereignisliste getroffen und auf einer Anzeigevorrichtung dargestellt wird, und - durch Wahl eines oder mehrerer Ereignisse aus der Ereignisliste einer Vorauswahl in der Aktionsliste getroffen und auf der Anzeigeeinrichtung (50) dargestellt wird, und den Aktions- und/oder Ereignisdaten weitere individualisierende Merkmale zur Charakterisierung individueller Betriebsparameter zugeordnet werden." Der Patentanspruch 8 gemäß Hilfsantrag 2 lautet: "Vorrichtung zur Steuerung von Werkzeugmaschinen mit: - je einem Speicher (20, 30) zum Speichern einer Liste von Ereignisdaten (20) zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignissen) der Werkzeugmaschine, die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten, und einer Liste von Aktionsdaten (30) zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen) der Werkzeugbearbeitung, wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils einem Bearbeitungsobjekt und/oder einer Betriebsart der Werkzeugmaschine zugeordnet sind; und - einer Benutzerschnittstelle zur Auswahl von Ereignisdaten für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt und/oder eine bestimmte Betriebsart und zur Verknüpfung mit Aktionsdaten, derart, dass bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse eine oder mehrere Aktionen durchgeführt wird/werden, wobei - durch Vorgabe eines bestimmten Bearbeitungsobjektes und einer bestimmten Betriebsart der Werkzeugmaschine eine Vorauswahl in der Ereignisliste getroffen und auf einer Anzeigevorrichtung dargestellt wird, und - durch Wahl eines oder mehrerer Ereignisse aus der Ereignisliste einer Vorauswahl in der Aktionsliste getroffen und auf der Anzeigeeinrichtung (50) dargestellt wird, und den Aktions- und/oder Ereignisdaten weitere individualisierende Merkmale zur Charakterisierung individueller Betriebsparameter zugeordnet werden." Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen. II. 1. Der Einspruch ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig nach § 59 Abs. 1 PatG. Insbesondere sind - entgegen der Auffassung der Patentabteilung - in der innerhalb der Einspruchsfrist eingegangenen Einspruchsschrift die nach Meinung der Einsprechenden den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen hinreichend substantiiert dargetan. Eine Einspruchsbegründung genügt den formalen gesetzlichen Anforderungen der genannten Vorschrift, wenn darin die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt sind, dass die Patentinhaberin und das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können. Der Vortrag muss erkennen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann. Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, dass einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe vorliege (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG), müssen sich die Tatsachenangaben außerdem auf die geltend gemachten Widerrufsgründe beziehen (vgl. BGH GRUR 1987, 513, 514 - Streichgarn; GRUR 1997, 740 - Tabakdose). Beruft sich die Einsprechende wie hier darauf, dass der Gegenstand des erteilten Patents nicht neu sei, weil die dem Patent zugrunde liegende Erfindung auf Kenntnissen beruhe, die vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit durch Benutzung zugänglich gemacht worden seien (§ 3 Abs. 1 Satz 2 PatG), müssen die dazu im Einzelnen vorzutragenden Tatsachen die konkreten Umstände erkennen lassen, aus denen sich die behauptete Benutzung nach Art, Zeit sowie hinsichtlich ihres Zugänglichwerdens für die Öffentlichkeit ergeben soll (vgl. BGH a. a. O. – Streichgarn; a. a. O. - Tabakdose). Diesen Anforderungen ist in noch ausreichendem Maß genüge getan. Als Gegenstand der Vorbenutzung ist in dem Einspruchsschriftsatz eine Funkenerosionsmaschine QM 71 P der Einsprechenden genannt, deren Beschaffenheit und Funktionsweise im Vergleich mit den Merkmalen der Ansprüche des Streitpatents im Einzelnen anhand der miteingereichten Betriebsanleitung QM 71 P, Ausgabe 7/95, sowie zum Teil anhand der Betriebsanleitung QWD 70 P, Ausgabe 10/96, Abschnitt 10.3.2e, Seiten 10-5 und 10-6, erläutert ist, wobei zum Nachweis dafür, dass die vorbenutzte Maschine des Typs QM 71 P insoweit der nachveröffentlichten Betriebsanleitung QWD 70 P entspricht, eine Zeuge benannt worden ist. Zur Verdeutlichung der Merkmale der Funkenerosionsmaschine sind außerdem zwei - offensichtlich nachträglich angefertigte - Übersichten beigefügt worden. Damit hat die Einsprechende hinreichend konkrete Angaben zum "Was", d. h. zu Art und Beschaffenheit des Gegenstandes der offenkundigen Vorbenutzung gemacht. Ob die dazu herangezogenen Unterlagen belegen können, dass die fragliche Funkenerosionsmaschine tatsächlich die behaupteten Merkmale aufweist, ist eine Frage der Begründetheit des Einspruchs. Weiterhin genügen die Angaben zum Zeitpunkt der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung den formalen Zulässigkeitserfordernissen. Die Einsprechende hat die Bestellung der betreffenden Maschine QM 71 P durch zwei Firmen, zum Einen durch die U… S. N. C. in U…, I…, am 22. August 1995, zum Anderen durch die J… GmbH & Co., in O…, am 7. Februar 1995, sowie die Auslieferung der jeweiligen Maschine nach I… am 8. Dezember 2005 und an die Firma in O… am 20. Dezember 1995 behauptet. Demzufolge enthält die Einspruchsschrift auch konkrete Angaben zu zwei vor dem Anmeldetag 10. April 1996 liegenden Benutzungshandlungen, wobei es wiederum eine Frage der Begründetheit ist, ob sich diese Behauptung belegen lässt und ob es sich insoweit um eine rechtserhebliche Vorbenutzung handelt. Schließlich enthält die Beschwerdeschrift noch ausreichende Angaben dazu, wie der Gegenstand der Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sein soll. Dabei erachtet es der Senat für unschädlich, dass nicht dargetan ist, ob die mit der Lieferung nach I… angeblich mitgeschickte i… Betriebsanleitung mit der vorgelegten d… Betriebsanleitung der Maschine QM 71 P inhaltlich übereinstimmt und ob die d… Betriebsanleitung an den Kunden in O… mitgeliefert worden ist sowie ferner, ob Dritte bei den beiden Abnehmern Zugang zu den gelieferten Maschinen hatten. Denn nach ständiger Rechtsprechung genügt zur Behauptung der öffentlichen Zugänglichkeit des vorbenutzten Gegenstandes grundsätzlich, dass - wie vorliegend - eine Maschine oder dgl. an gewerbliche Abnehmer vorbehaltlos geliefert worden ist, die den Gegenstand selbst bestimmungsgemäß benutzen oder weiterveräußern. Nur wenn Lieferer und Abnehmer beiderseits an der Nichtweitergabe der Information über die betreffende Maschine oder dgl. interessiert sind, z. B. weil beide Beteiligte gemeinsam zu einer technischen Entwicklung beitragen, kommt es darauf an, ob außer dem bei den Abnehmern beschäftigtes Fachpersonal auch Dritte Gelegenheit zur Besichtigung der Maschine gehabt haben (vgl. BPatGE 5, 135; 31, 176; 31, 174, 175; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 59 Rdn. 124). Dafür dass die behaupteten Lieferungen der Funkenerosionsmaschine QM 71 P im Rahmen eines Entwicklungsobjektes unter Geheimhaltungsvorbehalt erfolgt sind, gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr spricht die Lieferung an zwei unterschiedliche Kunden im In- und Ausland gegen eine Geheimhaltungsvereinbarung, so dass implizit von vorbehaltslosen Lieferungen ausgegangen werden kann. Des Weiteren ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass es sich bei programmgesteuerten Werkzeugmaschinen der in Rede stehenden Art um kostspielige Investitionsgüter handelt, bei denen sich ein potentieller Kunde regelmäßig schon vor der Bestellung mit deren Funktionsweise, insbesondere auch mit der Benutzeroberfläche beschäftigt. Sollte er selbst nicht über den dazu notwendigen Sachverstand verfügen, wird er einen Sachverständigen hinzuziehen, beispielsweise durch Beauftragung eines externen Ingenieurbüros. Auch die nach der Inbetriebsetzung der Maschine übliche förmliche Abnahme bedingt die Anwesenheit eines sachverständigen Fachmanns auf Seiten des Abnehmers. Bei derartigen Maschinen ist es nach der Lebenserfahrung unerlässlich, dass diese am Aufstellungsort von einem Mitarbeiter der Herstellerfirma in Betrieb genommen und das zukünftige Bedienpersonal wie auch das Fachpersonal des Abnehmers in die Bedienung bzw. in die (Um-) Programmierung der Maschinen eingewiesen und geschult wird. Daher impliziert die Behauptung der Einsprechenden, die beiden Maschinen seien ausgeliefert worden, gleichzeitig die Behauptung, die Art der Steuerung dieser Maschinen sei durch ihre Inbetriebnahme und die damit notwendig verbundene Einweisung bzw. Schulung des Personals, mithin durch ihre bestimmungsgemäße Benutzung öffentlich geworden. Dies ist hier vor allem auch deshalb anzunehmen, weil der erteilte Patentanspruch 1 sehr breit gefasst ist und in seinem kennzeichnenden Teil keine programmspezifischen Merkmale enthält, die bei der vorbenutzten Maschine nicht ohne Weiteres der Benutzerschnittstelle entnommen werden könnten. 2. Die Einspruch hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 21, Abs. 1 Nr. 1 PatG zum Widerruf des Patents. 2.1. Wie von der Patentinhaberin vorgetragen, ist nach Überzeugung des Senats der hier zuständige Fachmann als Maschinenbauingenieur mit Hochschulbildung zu sehen, da nur ein solcher in der Lage ist, angesichts der allgemein gehaltenen, unspezifischen Angaben in der Streitpatentschrift die Erfindung nachzuarbeiten. 2.2. Der Beschlussfassung liegt folgendes Verständnis der Patentansprüche zugrunde: Die Bezeichnungen "Bearbeitungsobjekt" sowie "Bearbeitungsart" sind nicht aus sich selbst heraus verständlich. Laut Beschreibung (Spalte 4, Zeilen 17 bis 23), kann es sich bei einem Bearbeitungsobjekt um die ganze Maschine, ein Werkstück oder einen Bearbeitungsschritt handeln. Der Senat entnimmt dieser Aufzählung weder die Forderung, dass alle diese Bearbeitungsobjekte vorkommen müssen, noch dass nicht auch noch Anderes der unter subsumiert sein könnte, das nicht explizit erwähnt ist. Jedenfalls handelt es sich somit bei den Bearbeitungsverfahren Fräsen, Drehen und Bohren um Bearbeitungsobjekte im Sinne des Streitpatents, da diese Verfahren bei einer Werkzeugmaschine regelmäßig auftreten. Als "Betriebsarten" sind in der Beschreibung "Einrichtmodus", "Simulationsmodus" sowie "Arbeitsmodus" angegeben (Spalte 3, Zeilen 42 bis 45). Insofern sieht der Senat die Vorbehalte der Patentinhaberin, in dem Artikel im Industrieanzeiger sei im Sinne des Streitpatents nicht von Bearbeitungsobjekten, sondern lediglich von Bearbeitungsarten die Rede, nicht in Einklang mit den genannten Erläuterung aus dem Beschreibungsteil der Streitpatentschrift. Eine Sortierung der Betriebszustände bzw. Ereignisse nach den genannten Betriebsmodi ist ohnehin nicht nachvollziehbar, ebenso wenig die Verwendung des Begriffes Betriebsarten statt Betriebsmodi. Die Patentinhaberin hat dazu auch nichts vorgetragen. Außerdem steht der Begriff "Betriebsart" in den Patentansprüchen ausschließlich optional zu dem Begriff "Bearbeitungsobjekt". Daher kann sich die Beurteilung der Patentfähigkeit der erteilten Patentansprüche 1 und 10 auf die Variante " Bearbeitsobjekt " in den Merkmalen 4 und 5 unter dem Verständnis von Bearbeitungsobjekt als Bearbeitungsverfahren, wie beispielsweise Fräsen, Drehen oder Bohren beschränken. Unter Ereignisdaten sind laut Beschreibung alle Betriebszustände zu verstehen, die vor, während und/oder am Ende einer Werkstückbearbeitung eintreten (Spalte 3, Zeilen 24 bis 26). Eine Einschränkung auf Stör- oder Sonderfälle ist demnach für den Fachmann weder ursprünglich offenbart noch sinnvoll. Daher vermag der Senat dem Begriff "Sonderabläufe" nicht mehr Bedeutung zumessen, als dass die Steuerung auf die Eingabe eines Steuerbefehls, sei er durch einen Bediener eingegeben oder durch das Steuerprogramm selbst generiert, in geeigneter Form reagiert. 2.3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung ist bei Zugrundelegung des vorstehenden Auslegung nicht neu und damit nach § 1 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PatG nicht patentfähig. Der einschlägige Fachmann entnimmt dem Zeitschriftenartikel Eversheim; Lenhart: "Objektorientiert programmieren", Industrie-Anzeiger 82/1991, S. 38-42, ein Verfahren, wie es durch den Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag definiert ist; nämlich ein 1.0 Verfahren zur Steuerung von Werkzeugmaschinen durch eine Steuerungsvorrichtung (dies ist schon durch den Untertitel des Artikels deutlich, wonach es um NC-Programme geht, also um den Ablauf von Programmen in der Steuerung von Werkzeugmaschinen), wobei 2.0 die Steuerungsvorrichtung (der Ablauf eines Programms setzt immer eine Vorrichtung voraus, die das Programm liest und in Maschinenbefehle umsetzt) über 2.1 eine Liste von Ereignisdaten 2.2 zur Charakterisierung von Betriebszuständen (Ereignisse), 2.3 die vor, während und/oder am Ende der Werkstückbearbeitung eintreten (Beispielhaft wird dort ein Bearbeitungsobjekt "Bohren" mit dem Ereignis "Durchmesser verändern" genannt [Seite 42, Spalte 2, Satz 3 ff.]. Für das Bearbeitungsprojekt "Bohren" sind auch noch die Ereignisse "Bohren auf", Senken spitz 90°", "Gewindebohren", "Zentrieren" sowie "Bohren ins Volle" genannt. In der grafischen Darstellung, Seite 42, links unten ist dies zwar als Karteikasten dargestellt, es ist jedoch offensichtlich, dass dies bei der programmtechnischen Realisierung in Listenform angelegt ist. Es handelt sich somit im Wortlaut des Patentanspruchs 1 um eine Liste von Ereignisdaten.) und 3.0 eine Liste von Aktionsdaten zur Steuerung von Sonderabläufen (Aktionen) verfügt; (Für das Ereignis "Durchmesser verändern" innerhalb des Bearbeitungsobjekts "Bohren" wird a. a. O. erläutert, dass dies unter anderem Einfluss auf die Position, die Vorbereitung, das Werkzeug und auf die Schnittwerte hat und berücksichtigt werden muss. Das heißt nach Überzeugung des Senats, dass aufgrund des Ereignisses "Durchmesser verändern" entsprechende Aktionen ausgelöst werden, die den Einfluss dieses Ereignisses auf andere Programm- bzw. Maschinenteile berücksichtigen. Es ist selbstverständlich, dass auch diese Aktionen in der Steuerung als Liste hinterlegt sind.) 4.0 wobei die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils 4.1 einem Bearbeitungsobjekt zugeordnet sind (Siehe die Darstellung Seite 42, links unten, wonach die Ereignisse jeweils den Bearbeitungsobjekten "Fräsen", "Drehen" sowie "Bohren" zugeordnet sind. Der Fachmann liest selbstverständlich mit, dass jedes dieser Ereignisse wiederum Einfluss auf andere Programm- bzw. Maschinenteile hat, was durch entsprechende Aktionen berücksichtigt werden muss.) 5.0 für ein bestimmtes Bearbeitungsobjekt 5.2 Ereignisdaten ausgewählt und 6.0 so mit Aktionsdaten verknüpft werden, 7.0 dass bei Eintritt eines oder mehrerer Ereignisse 7.1 eine oder mehrere Aktionen in vorgegebener Reihenfolge durchgeführt wird/werden. (Um diese erwünschte Funktionalität der Steuerung zu erzielen, werden alle erdenklichen Betriebszustände der Werkzeugmaschine, nach Überzeugung des Senats einschließlich aller Stör- und Sonderfälle, durch eine weitgehende Strukturierung der Prozessbeschreibung mit mehreren Hierarchieebenen erfasst [Seite 42, Absatz 2], derart, dass ein "Werkzeug- beziehungsweise Bearbeitungszyklus" [Seite 42, letzter Absatz] generiert wird, also in Abhängigkeit vom Eintritt eines oder mehreren Ereignisse die dazugehörigen Aktionen von dem generierten Programm veranlasst und von der Werkzeugmaschine ausgeführt werden.) 2.4. Auch der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag ist aus den gleichen Gründen nicht neu und damit nach § 1 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PatG nicht patentfähig. Die in dem nebengeordneten erteilten Patentanspruch 10 gemäß Hauptantrag über den erteilten Patentanspruch 1 hinaus genannten Speicher sind bei einer Steuerungsvorrichtung selbstverständlich und werden daher vom Fachmann auch bei dem oben genannten Artikel stillschweigend mitgelesen. Schließlich ist in dem Artikel aus dem Industrie-Anzeiger [Seite 42, Brückensatz von der linken zur mittleren Spalte] auch bereits die Benutzerschnittstelle gemäß Merkmal 8.0 erwähnt, mit der ein Benutzer einem Bearbeitungsobjekt über einen Maskendialog beschreibende Attribute zuweisen kann. 2.5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist daher nach § 1 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 4 PatG nicht patentfähig. Im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hinaus angegeben, dass die Ereignis- und/oder Aktionsdaten jeweils nach Bearbeitungsobjekten und Betriebsart der Werkzeugmaschine sortiert sind, und dass die Auswahl der Ereignisdaten und die Verknüpfung mit den Aktionsdaten jeweils mittels einer Liste erfolgt. In der elektronischen Datenverarbeitung ist eine Sortierung von Daten gang und gäbe, da es andernfalls nicht möglich wäre, die eingelesenen Daten gezielt verarbeiten und wieder ausgeben zu können. Dem entsprechend ist auch aus den beiden graphischen Darstellungen auf Seite 42 des Artikels aus dem Industrie-Anzeiger eine Sortierung ersichtlich, links unten eine Sortierung nach Bearbeitungsobjekten, wobei die möglichen Aktionen in Listenform dargestellt sind; rechts oben, innerhalb der einzelnen Bearbeitungsobjekte, nach Bearbeitungsarten, ebenfalls mit einer Listendarstellung in verschiedenen Hierarchiestufen. Es mag dahin gestellt bleiben, ob der Inhalt dieser Listen, die im Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag gemeinten Listen vollständig vorwegnimmt. Es ist für den Fachmann jedenfalls selbstverständlich, dass er umfangreiches Datenmaterial in Form von Listen aufbereitet und einem Benutzer oder einem Verarbeitungsprogramm derart aufbereitet zur Verfügung stellt. Hierzu bedarf es keiner erfinderischen Tätigkeit. Da der Patentanspruch 10 nach Hilfsantrag 1 gegenüber dem Hauptantrag analog zum Patentanspruch 1 geändert ist, gilt hierzu das vorstehend Ausgeführte. 2.6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist daher nach § 1 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 4 PatG nicht patentfähig. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 fügt gegenüber dem Hauptantrag lediglich die Angaben hinzu, "dass durch Vorgabe eines bestimmten Bearbeitungsobjektes und einer bestimmten Betriebsart der Werkzeugmaschine eine Vorauswahl in der Ereignisliste getroffen und auf einer Anzeigeeinrichtung dargestellt wird, und dass durch Wahl eines oder mehrerer Ereignisse aus der Ereignisliste eine Vorauswahl in der Aktionsliste getroffen und auf der Anzeigeeinrichtung dargestellt wird, und dass den Aktions- und/oder Ereignisdaten weitere individualisierende Merkmale zur Charakterisierung individueller Betriebsparameter zugeordnet werden." Die Sortierung nach Bearbeitungsobjekten und Betriebsarten ist ohnehin explizit in dem Artikel im Industrieanzeiger dargestellt (Seite 42, links unten). Ebenso sind von der Darstellung rechts oben individualisierende Merkmale, wie Länge, Breite, Tiefe, Durchmesser, Konturbezeichnung umfasst. Somit verbleibt als einziger Unterschied des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 gegenüber dem Stand der Technik, der durch den Artikel in der Zeitschrift Industrie-Anzeiger dokumentiert ist, dass jeweils eine Vorauswahl in der Ereignisliste sowie in der Aktionsliste getroffen und auf der Anzeigeeinrichtung dargestellt wird. Spätestens mit dem intensiv beworbenen Betriebssystem Windows 95, also vor dem Anmeldetag des Streitpatents sind dem Fachmann sogenannte Kontext- oder Pop-Up-Menues bekannt, bei denen dem Benutzer abhängig von dem aktuellen Anwendungsfall gezielt ausgewählte Aktionen angeboten werden. Somit liegt es im Zuge des üblichen technischen Fortschritts, diese Option auch dem Benutzer einer Programmiervorrichtung für eine Werkzeugmaschine zur Verfügung zu stellen. Da der Patentanspruch 8 nach Hilfsantrag 2 gegenüber dem Patentanspruch 10 nach Hauptantrag analog zum Patentanspruch 1 geändert ist, gilt hierzu das vorstehend Ausgeführte. Somit war das Patent - wie geschehen - zu widerrufen. 3. Die Beschwerdegebühr war, wie von der Einsprechenden angeregt, aus Gründen der Billigkeit nach § 73 Abs. 3 Satz 2 PatG zurückzuzahlen, da das Verfahren vor der Patentabteilung an dem schwerwiegenden Verfahrensfehler der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) der Einsprechenden leidet und nicht auszuschließen ist, dass dieser Verfahrensfehler für die Einlegung der Beschwerde der Einsprechenden ursächlich war. Der Anspruch auf rechtliches Gehör eines Verfahrensbeteiligten beinhaltet insbesondere das Gebot, dass sich eine Entscheidung des Patentamts nur auf Umstände stützen darf, zu denen sich der betroffene Beteiligte vorher äußern konnte (vgl. Schulte, a. a. O., Einleitung Rdn. 238 m. N. w.). Zu den tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Patentabteilung hinsichtlich der Unzulässigkeit des Einspruchs mangels einer hinreichend substantiierten Einspruchsbegründung nach § 59 Abs. 1 PatG, mit denen die Entscheidung über die Verwerfung des Einspruchs begründet worden ist, hatte die Einsprechende jedoch nicht hinreichend Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Ein dahingehender Hinweis der Patentabteilung vor Erlass des Verwerfungsbeschluss in Form eines Zwischenbescheids ist nicht erfolgt. Ebenfalls ist die von der Einsprechenden hilfsweise beantragte mündlichen Anhörung nicht durchgeführt worden. Die Begründung der Patentabteilung für die Nichtdurchführung einer Anhörung, dass nämlich den Beteiligten alle der Entscheidung zugrunde gelegten Umstände bekannt gewesen seien und sie ausreichend Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung gehabt hätten, ist unzutreffend. Seitens der Patentabteilung wurde, wie gesagt, nicht auf die nach ihrer Ansicht mögliche Unzulässigkeit des Einspruchs hingewiesen. Ebenso wenig hat die Patentinhaberin explizit die Unzulässigkeit des Einspruchs gerügt. Soweit die Patentabteilung in diesem Zusammenhang, wenngleich an anderer Stelle in ihrem Beschluss, ausführt, die Patentinhaberin habe in ihrem Schreiben vom 5. Dezember 2001 die Offenkundigkeit der Vorbenutzung bestritten, was eine Frage der Substantiierung und damit der Zulässigkeit des Einspruchs sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Ob eine Vorbenutzung offenkundig ist oder nicht, ist in erster Linie eine Frage der Begründetheit, d. h. ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 1 2. Alternative PatG erfüllt sind oder nicht. Dies zumal dann, wenn die Patentinhaberin wie hier die Tatsache der Offenkundigkeit vorsorglich bestreitet, mit anderen Worten also geltend macht, dass die behauptete Offenkundigkeit tatsächlich nicht vorliegt bzw. nicht bewiesen ist. Eine Zulässigkeitsfrage wäre nur dann klar und eindeutig angesprochen worden, wenn die Patentinhaberin etwa gerügt hätte, dass die Einsprechende keine Angaben zu dem Erfordernis der Offenkundigkeit der behaupteten Vorbenutzung gemacht habe. Allein dem in einem Nebensatz erfolgten vorsorglichen Bestreiten der Offenkundigkeit der Vorbenutzung konnte die Einsprechende aber keinesfalls eindeutig und zweifelsfrei eine Zulässigkeitsrüge entnehmen. Die Patentabteilung wäre daher auch unter diesem Aspekt gehalten gewesen, vor Erlass ihrer Entscheidung eine aufklärenden Hinweis entsprechend § 139 ZPO auf die aus ihrer Sicht fehlende Zulässigkeit des Einspruchs zu geben oder im Hinblick auf den Hilfsantrag der Einsprechenden eine Anhörung durchzuführen, um insbesondere der Einsprechenden die Möglichkeit zu Äußerung zu geben. Es ist nicht auszuschließen, dass bei Gewährung des erforderliche rechtlichen Gehörs durch die Patentabteilung und der dann von den Beteiligten auch erörterten Frage der Zulässigkeit des Einspruchs die Entscheidung der Patentabteilung anders ausgefallen wäre und sich die Beschwerde der Einsprechende erübrigt hätte. Es entspricht daher der Billigkeit, der Einsprechenden die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006383&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006396
BPatG
München
4. Senat
20100429
4 Ni 53/08 (EU)
Urteil
nachgehend BGH, 21. Februar 2011, Az: X ZR 111/10, Beschluss
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent 1 255 510 (DE 601 28 069) hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Friehe, die Richter Dipl.-Phys. Dr. Morawek, Dipl.-Ing. Bernhart und Dipl.-Ing. Veit für Recht erkannt: I. Das europäische Patent 1 255 510 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 255 510 (Streitpatent), das am 31. Januar 2001 unter Inanspruchnahme der Priorität der US-Patentanmeldung US 179195 vom 31. Januar 2000 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 601 28 069 geführt. Es ist auf Antrag der Patentinhaberin vom Europäischen Patentamt durch Beschluss, veröffentlicht am 4. März 2009, beschränkt worden. Es betrifft eine Stentventilklappe, und umfasst nach der Beschränkung noch 32 Ansprüche, die insgesamt angegriffen sind. Der Anspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt: 1. A stent valve, suitable for placement in a vessel (80), the vessel further having diameter (84) and an inner lumenal surface, comprising: a) a radially expandable stent (20) having a proximal stent end (31) and a distal stent end (33), the stent having an expanded diameter (86) sized to permit contact with an inner lumenal surface of the vessel; b) a valve (41) having a proximal valve end (48) and a distal valve end (50), the valve being at least partially located within an inner portion of the stent , wherein the valve is formed with a collagen containing bio material (38), characterised in that said collagen containing bio material comprises pericardium and extends within said stent (20) substantially from said proximal stent end (31) to said distal stent end (33) and forms at least two valve leaflets (46) that extend substantially from said proximal stent end (31) to said distal stent end (33), with the proximal valve end (48) connected to the proximal stent end (31). In der deutschen Übersetzung hat der Anspruch 1 folgenden Wortlaut: 1. Stentventilklappe, die für eine Anordnung in einem Gefäß (80) geeignet ist, wobei das Gefäß außerdem einen Durchmesser (84) und eine innere Hohlraumfläche aufweist, aufweisend: a) einen radial expandierbaren Stent (20) mit einem proximalen Stentende (31) und einem distalen Stentende (33), wobei der Stent einen expandierten Durchmesser (86) aufweist, der so bemessen ist, dass ein Kontakt mit einer inneren Hohlraumfläche des Gefäßes gestattet wird; b) eine Ventilklappe (41) mit einem proximalen Ventilklappenende (48) und einem distalen Ventilklappenende (50), wobei die Ventilklappe mindestens teilweise innerhalb eines inneren Abschnittes des Stents angeordnet ist, wobei die Ventilklappe mit einem kollagenhaltigen Biomaterial (38) gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das kollagenhaltige Biomaterial Perikard umfasst und sich innerhalb des Stents (20) im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstreckt und mindestens zwei Ventilklappenblättchen (46) bildet, die sich im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstrecken, wobei das proximale Ventilklappenende (48) mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist. Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 32 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 255 510 B3 Bezug genommen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Priorität der US-Voranmeldung werde nicht wirksam beansprucht. Der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der Anmeldung in ihrer ursprünglichen eingereichten Fassung hinaus und sei auch nicht patentfähig. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik seien vor dem beanspruchten Prioritätszeitpunkt sowohl in einem Stent angeordnete biologische Ventilklappen mit den Merkmalen des Patentgegenstandes als auch künstliche Ventilklappen aus Perikard bekannt gewesen und das Ersetzen einer biologischen Ventilklappe durch eine künstliche Ventilklappe aus Perikard erfordere kein erfinderisches Tätigwerden. Hierfür beruft sie sich auf eine Vielzahl von Druckschriften und Dokumenten, u. a. Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 1 255 510 für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, das Patent in der geltenden Fassung aufrecht zu erhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent in folgender Fassung aufrecht zu erhalten (Hilfsantrag IIA) : 1. Stentventilklappe, die für eine Anordnung in einem Gefäß (80) geeignet ist, wobei das Gefäß außerdem einen Durchmesser (84) und eine innere Hohlraumfläche aufweist, aufweisend: a) einen radial expandierbaren Stent (20) mit einem proximalen Stentende (31) und einem distalen Stentende (33), wobei der Stent einen expandierten Durchmesser (86) aufweist, der so bemessen ist, dass ein Kontakt mit einer inneren Hohlraumfläche des Gefäßes gestattet wird; b) eine Ventilklappe (41) mit einem proximalen Ventilklappenende (48) und einem distalen Ventilklappenende (50), wobei die Ventilklappe mindestens teilweise innerhalb eines inneren Abschnittes des Stents angeordnet ist, wobei die Ventilklappe mit einem kollagenhaltigen Biomaterial (38) gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das kollagenhaltige Biomaterial Perikard umfasst und sich innerhalb des Stents (20) im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstreckt derart, dass das kollagenhaltige Biomaterial vom Stent umschlossen ist und mindestens zwei Ventilklappenblättchen (46) bildet, die sich im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstrecken, wobei das proximale Ventilklappenende (48) mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist, wobei die Ventilklappenöffnung (52) mindestens 1 mm von einem Stentumfang (34) endet und der Stent (20) zylindrisch ist. 2. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) ein selbstexpandierender Stent ist. 3. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der eine Hülle (42) teilweise den Stent bedeckt. 4. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der die Hülle (42) außerdem im Wesentlichen biokompatibles Material aufweist. 5. Stentventilklappe nach Anspruch 4, bei der der Stent (20) ein selbstexpandierender Stent ist. 6. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) einen expandierten Durchmesser (86) größer als der Gefäßdurchmesser (84) aufweist. 7. Stentventilklappe nach Anspruch 6, bei der der Stent (20) einen Durchmesser (86) um 110 Prozent größer als der Gefäßdurchmesser (84) aufweist. 8. Stentventilklappe nach Anspruch 6, bei der eine Hülle (42) teilweise die Außenfläche des Stents (20) bedeckt. 9. Stentventilklappe nach Anspruch 8, bei der die Hülle ein biologisches Material aufweist. 10. Stentventilklappe nach Anspruch 9, bei der die Hülle Perikard aufweist. 11. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der die Hülle (42) vollständig die Außenfläche des Stents (20) bedeckt. 12. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der die Ventilklappe drei Blättchen (46) aufweist. 13. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das proximale Ventilklappenende (48) auf das proximale Stentende (31) genäht ist. 14. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der eine Ventilklappenöffnung (52) am proximalen Ventilklappenende (48) angeordnet ist. 15. Stentventilklappe nach Anspruch 14, bei der sich die Ventilklappenöffnung (52) über dem Durchmesser des Stents (20) erstreckt, um so mindestens 1 mm von einem Stentumfang (34) zu enden. 16. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das distale Ventilklappenende (50) mit dem distalen Stentende (33) verbunden ist. 17. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das distale Ventilklappenende (50) auf das distale Stentende (33) genäht ist. 18. Stentventilklappe nach Anspruch 17, bei der das distale Ventilklappenende (50) mindestens 2-mal auf das distale Stentende (33) genäht ist. 19. Stentventilklappe nach Anspruch 17, bei der das distale Ventilklappenende (50) mindestens 3-mal auf das distale Stentende (33) genäht ist. 20. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der ein Zwischenabschnitt der Ventilklappe mit einem Zwischenabschnitt des Stents verbunden ist. 21. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der sich eine Ventilklappenöffnung (52) im Wesentlichen über den Stentdurchmesser (86) erstreckt. 22. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der eine Verstärkung (53, 54) im Allgemeinen an einer Ventilklappenöffnung (52) und einem Stentumfang angeordnet ist. 23. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) eine erste Konfiguration, die für eine Zuführung durch einen Hohlraum einer Verabreichungsvorrichtung (100) ausgelegt ist, und eine zweite Konfiguration für ein Anpassen an eine Innenwand eines Körpergefäße (80) aufweist. 24. Stentventilklappe nach Anspruch 22, bei der das Körpergefäß (80) eine Vene ist. 25. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das kollagenhaltige Biomaterial mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist. 26. Stentventilklappe nach Anspruch 25, bei der ein jedes der mindestens zwei Ventilklappenblättchen eine Tasche (46) aufweist. 27. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) ein nichtselbstexpandierender Stent ist. 28. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) eine Vielzahl von Biegungen (22) umfasst, die Bereiche bilden, in denen Streben (24) des Stents die Richtung umkehren. 29. Stentventilklappe nach einem der Ansprüche 1 bis 28 in Kombination mit einer einen Hohlraum aufweisenden Verabreichungsvorrichtung (100), und wobei die Stentventilklappe innerhalb des Hohlraumes aufgenommen wird. 30. Stentventilklappe nach einem der Ansprüche 1 bis 28, die eine Herzventilklappe ist. 31. Stentventilklappe nach einem der Ansprüche 1 bis 28, die eine Venenventilklappe ist. weiter hilfsweise, das Patent in folgender Fassung aufrechtzuerhalten (Hilfsantrag III) : 1. Stentventilklappe, die für eine Anordnung in einem Gefäß (80) geeignet ist, wobei das Gefäß außerdem einen Durchmesser (84) und eine innere Hohlraumfläche aufweist, aufweisend: a) einen radial expandierbaren Stent (20) mit einem proximalen Stentende (31) und einem distalen Stentende (33), wobei der Stent einen expandierten Durchmesser (86) aufweist, der so bemessen ist, dass ein Kontakt mit einer inneren Hohlraumfläche des Gefäßes gestattet wird; b) eine Ventilklappe (41) mit einem proximalen Ventilklappenende (48) und einem distalen Ventilklappenende (50), wobei die Ventilklappe mindestens teilweise innerhalb eines inneren Abschnittes des Stents angeordnet ist, wobei die Ventilklappe mit einem kollagenhaltigen Biomaterial (38) gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das kollagenhaltige Biomaterial Perikard umfasst und sich innerhalb des Stents (20) im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstreckt und mindestens zwei Ventilklappenblättchen (46) bildet, die sich im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstrecken, wobei das proximale Ventilklappenende (48) mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist, wobei die Ventilklappenöffnung (52) mindestens 1 mm von einem Stentumfang (34) endet, der Stent (20) zylindrisch ist, und eine Hülle (42) teilweise den Stent bedeckt. 2. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) ein selbstexpandierender Stent ist. 3. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der die Hülle (42) außerdem im Wesentlichen biokompatibles Material aufweist. 4. Stentventilklappe nach Anspruch 3, bei der der Stent (20) ein selbstexpandierender Stent ist. 5. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) einen expandierten Durchmesser (86) größer als der Gefäßdurchmesser (84) aufweist. 6. Stentventilklappe nach Anspruch 5, bei der der Stent (20) einen Durchmesser (86) um 110 Prozent größer als der Gefäßdurchmesser (84) aufweist. 7. Stentventilklappe nach Anspruch 5, bei der eine Hülle (42) teilweise die Außenfläche des Stents (20) bedeckt. 8. Stentventilklappe nach Anspruch 7, bei der die Hülle ein biologisches Material aufweist. 9. Stentventilklappe nach Anspruch 8, bei der die Hülle Perikard aufweist. 10. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der die Hülle (42) vollständig die Außenfläche des Stents (20) bedeckt. 11. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der die Ventilklappe drei Blättchen (46) aufweist. 12. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das proximale Ventilklappenende (48) auf das proximale Stentende (31) genäht ist. 13. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der eine Ventilklappenöffnung (52) am proximalen Ventilklappenende (48) angeordnet ist. 14. Stentventilklappe nach Anspruch 13, bei der sich die Ventilklappenöffnung (52) über dem Durchmesser des Stents (20) erstreckt, um so mindestens 1 mm von einem Stentumfang (34) zu enden. 15. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das distale Ventilklappenende (50) mit dem distalen Stentende (33) verbunden ist. 16. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das distale Ventilklappenende (50) auf das distale Stentende (33) genäht ist. 17. Stentventilklappe nach Anspruch 16, bei der das distale Ventilklappenende (50) mindestens 2-mal auf das distale Stentende (33) genäht ist. 18. Stentventilklappe nach Anspruch 16, bei der das distale Ventilklappenende (50) mindestens 3-mal auf das distale Stentende (33) genäht ist. 19. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der ein Zwischenabschnitt der Ventilklappe mit einem Zwischenabschnitt des Stents verbunden ist. 20. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der sich eine Ventilklappenöffnung (52) im Wesentlichen über den Stentdurchmesser (86) erstreckt. 21. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der eine Verstärkung (53, 54) im Allgemeinen an einer Ventilklappenöffnung (53) und einem Stentumfang angeordnet ist. 22. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) eine erste Konfiguration, die für eine Zuführung durch einen Hohlraum einer Verabreichungsvorrichtung (100) ausgelegt ist, und eine zweite Konfiguration für ein Anpassen an eine Innenwand eines Körpergefäße (80) aufweist. 23. Stentventilklappe nach Anspruch 21, bei der das Körpergefäß (80) eine Vene ist. 24. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der das kollagenhaltige Biomaterial mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist. 25. Stentventilklappe nach Anspruch 24, bei der ein jedes der mindestens zwei Ventilklappenblättchen eine Tasche (46) aufweist. 26. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der Stent (20) ein nichtselbstexpandierender Stent ist. 27. Stentventilklappe nach Anspruch 1, bei der der Stent (20) eine Vielzahl von Biegungen (22) umfasst, die Bereiche bilden, in denen Streben (24) des Stents die Richtung umkehren. 28. Stentventilklappe nach einem der Ansprüche 1 bis 27 in Kombination mit einer einen Hohlraum aufweisenden Verabreichungsvorrichtung (100), und wobei die Stentventilklappe innerhalb des Hohlraumes aufgenommen wird. 29. Stentventilklappe nach einem der Ansprüche 1 bis 27, die eine Herzventilklappe ist. 30. Stentventilklappe nach einem der Ansprüche 1 bis 27, die eine Venenventilklappe ist. und die Klage abzuweisen, soweit sie über den gewährten Antrag hinausgeht. Die Beklagte tritt dem Vortrag der Klägerin entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig, ggf. in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen.
I. Die zulässige Klage ist begründet. Sie führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung wie auch in den Fassungen nach den Hilfsanträgen IIA und III ist nicht patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 56 EPÜ). Sowohl in der geltenden Fassung als auch in den Fassungen der Hilfsanträge beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil er für den einschlägigen Fachmann, den der Senat als einen Dipl.-Ing. der Fachrichtung Medizintechnik sieht, der in Zusammenarbeit mit Medizinern künstliche Ventilklappen entwickelt, auf Grund einer Kombination der Patentschrift US 5 411 552 A ( Ni11 ) mit der Patentschrift US 5 480 424 A ( Ni57 ) jeweils nahe gelegt. Da diese Patentschriften bereits vor dem vom Streitpatent beanspruchten Prioritätsdatum (31. Januar 2000) veröffentlicht wurden, kann es dahinstehen, ob die Priorität der US-Patentanmeldung US 179 195 vom Streitpatent wirksam in Anspruch genommen wurde. II. 1. Das Streitpatent betrifft eine Stentventilklappe zum Ersetzen einer defekten Ventilklappe in bspw. einer Arterie oder Vene, die bspw. mittels eines Katheters zugeführt werden kann. Eine solche Ventilklappe sei aus der Druckschrift EP 0 808 614 A2 bekannt (Streitpatentschrift, Absätze [0001] bis [0003] und [0008]). Gemäß der Beschreibung des Streitpatents umfassen gegenwärtige Ventilklappen auf Druck ansprechende, druckgesteuerte Kugelventile. Das Problem bei mechanischen Kugelventilen sei, dass diese anfällig für die Bildung von Gerinnseln seien. Zusätzlich gebe es langfristig Probleme mit der Abnutzung dieser Ventile (vgl. a. a. O., Absatz [0004]). Künstliche biologische Ventilklappen, die homogene, allogene und xenogene Transplantate umfassen, seien ebenfalls bekannt. Einige dieser Ventilklappen hätten Probleme betreffend die Versorgung, Immunreaktionen oder die Abstimmung der Größe in Bezug auf den Spender. Ein weiteres Problem sei, dass die Ventilklappe nicht neu positioniert werden könne, sobald sie aus dem Katheter ausgestoßen sei. Außerdem könne eine Undichtigkeit um die Ventilklappe herum auftreten oder sich eine Embolie bilden (vgl. a. a. O., Absätze [0005] und [0006]). 2. Vor diesem Hintergrund besteht gemäß dem Streitpatent ein Bedarf an alternativen und verbesserten Vorrichtungen und Verfahren zur Realisierung einer Ventilklappenfunktion innerhalb von Körpergefäßen (vgl. a. a. O., Absatz [0007]). 3. Demzufolge wird mit Patentanspruch 1 in der geltenden und gemäß Hauptantrag der Beklagten verteidigten Fassung Folgendes beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt): M1 Stentventilklappe, M1a die für eine Anordnung in einem Gefäß (80) geeignet ist, M1b wobei das Gefäß außerdem einen Durchmesser (84) und eine innere Hohlraumfläche aufweist, aufweisend: M2 a) einen radial expandierbaren Stent (20) M2a mit einem proximalen Stentende (31) und M2b einem distalen Stentende (33), M2c wobei der Stent einen expandierten Durchmesser (86) aufweist, der so bemessen ist, dass ein Kontakt mit einer inneren Hohlraumfläche des Gefäßes gestattet wird; M3 b) eine Ventilklappe (41) M3a mit einem proximalen Ventilklappenende (48) und M3b einem distalen Ventilklappenende (50), M4 wobei die Ventilklappe M4a mindestens teilweise innerhalb eines inneren Abschnittes des Stents angeordnet ist, M4b wobei die Ventilklappe mit einem kollagenhaltigen Biomaterial (38) gebildet wird, dadurch gekennzeichnet, M5 dass das kollagenhaltige Biomaterial Perikard umfasst und M5a sich innerhalb des Stents (20) im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstreckt und M5b mindestens zwei Ventilklappenblättchen (46) bildet, M5c die sich im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstrecken, M6 wobei das proximale Ventilklappenende (48) mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist. Gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IIA wird eine Stentventilklappe mit den Merkmalen M1 bis M4b gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag und den folgenden Merkmalen beansprucht (Unterschiede zum Anspruch 1 nach Hauptantrag durch Unterstreichung gekennzeichnet): M5 dass das kollagenhaltige Biomaterial Perikard umfasst und M5a sich innerhalb des Stents (20) im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstreckt M5aa derart, dass das kollagenhaltige Biomaterial vom Stent umschlossen ist und M5b mindestens zwei Ventilklappenblättchen (46) bildet, M5c die sich im Wesentlichen vom proximalen Stentende (31) zum distalen Stentende (33) erstrecken, M6 wobei das proximale Ventilklappenende (48) mit dem proximalen Stentende (31) verbunden ist, M7 wobei die Ventilklappenöffnung (52) mindestens 1 mm von einem Stentumfang (34) endet M8 und der Stent (20) zylindrisch ist. Gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III werden zusätzlich zu den Merkmalen M1 bis M6 gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag noch folgende Merkmale beansprucht: M7 wobei die Ventilklappenöffnung (52) mindestens 1 mm von einem Stentumfang (34) endet, M8 der Stent (20) zylindrisch ist, und M9 eine Hülle (42) teilweise den Stent bedeckt. Hinsichtlich der jeweiligen Unteransprüche wird auf die Streitpatentschrift bzw. den Akteninhalt verwiesen. 4. Patentfähigkeit a) Patentanspruch 1 in der geltenden Fassung (Hauptantrag). Es kann dahinstehen ob der Gegenstand des Anspruchs 1 in der geltenden Fassung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, wie von der Klägerin behauptet, denn er ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Patentschriften Ni11 und Ni57 . Die Veröffentlichung der US-Patentschrift 5411552( Ni11 ) ist dabei entgegen der Meinung der Beklagten für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit heranzuziehen, denn nach Überzeugung des Senats hatte der Fachmann Veranlassung bei seinen Bemühungen nach einer Verbesserung von in Stents angebrachten künstlichen Ventilklappen - wie es sich auch das Streitpatent zum Ziel gesetzt hat (vgl. Absatz[0007]) - auch diese Patentschrift in Betracht zu ziehen (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger). Die dort beschriebene, in einem Stent angebrachte künstliche Ventilklappe ist für eine Implantation in den Körper mittels eines Katheters geeignet (vgl. Spalte 1, Zeilen 12 bis 17 und Spalte 2, Zeilen 21 bis 26). Somit liegt der bekannten Lösung und dem Streitpatent eine vergleichbare Problemstellung zugrunde (vgl. Streitpatent, Absatz[0008]). Da auch nach der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Beklagten diese bekannte Klappenprothese unstreitig als ein Meilenstein in der Entwicklung von künstlichen Ventilklappen, die in einem Stent angeordnet sind, anzusehen ist, drängte es sich dem Fachmann geradezu auf, diese Klappenprothese als einen Ausgangspunkt für sein Bestreben nach Verbesserungen bzw. nach alternativen Lösungen zu wählen. Die in der Patentschrift Ni11 beschriebene Klappenprothese (vgl. Fig. 2: cardiac valve prothesis 9)ist eine Stentventilklappe, die für eine Anordnung in einem Gefäß (vgl. Fig. 3: aorta 10) geeignet ist, wobei das Gefäß naturgemäß einen Durchmesser und eine innere Hohlraumfläche hat (vgl. die Figurenbeschreibung in Spalte 5, Zeilen 9 bis 49) [= Merkmale M1 , M1a und M1b ]. Die bekannte Stentventilklappe verfügt über einen radial expandierbaren Stent (vgl. Spalte 2, Zeile 56 ff: " stent is expanded by …") - der im Sinne des Streitpatents aus mehreren Stents (" multistent device"; vgl. Streitpatent: Fig. 12 und 17 mit Beschreibung, Absätze [0028] und [0037]), vorliegend aus zwei miteinander vernähten Stentringen, zusammengesetzt ist (vgl. Fig. 1: rings 7, 8; und Spalte 5, Zeilen 19 bis 22) - mit jeweils einem proximalen Stentende und einem distalen Stentende (vgl. Fig. 1), wobei der Stent einen expandierten Durchmesser besitzt, der so bemessen ist, dass ein Kontakt mit einer inneren Hohlraumfläche des Gefäßes gestattet wird (vgl. Fig. 3) [= Merkmale M2 , M2a , M2b und M2c ]. Des Weiteren weist die bekannte Stentventilklappe eine Ventilklappe (valve 6) mit einem proximalen Ventilklappenende und einem distalen Ventilklappenende auf (vgl. Fig. 2) [= Merkmale M3 , M3a und M3b ], wobei die Ventilklappe mindestens teilweise innerhalb eines inneren Abschnittes des Stents angeordnet ist (vgl. Fig. 2) und wobei die Ventilklappe als biologische; einem Schwein entnommene Ventilklappe mit einem kollagenhaltigen Biomaterial (vgl. Spalte 5, Zeilen 29 und 30: "biological valve 6") gebildet wird [= Merkmal M4 , M4a und M4b ]. Das kollagenhaltige Biomaterial (biological valve 6) bei der aus der Patentschrift Ni11 bekannten Stentventilklappe erstreckt sich innerhalb des oberen Stents (ring 8) im Wesentlichen vom proximalen Stentende (vgl. Fig. 2: commissural points 5, loops 4) zum distalen Stentende (vgl. Fig. 1 und 2: unteres Ende des oberen Stentrings (ring 8)) und bildet mindestens zwei (nämlich drei) Ventilklappenblättchen (vgl. Anspruch 4: "biological tri lobate valve"), die sich im Wesentlichen vom proximalen Stentende zum distalen Stentende erstrecken (vgl. Fig. 1 und 2: ring 8 (oberer Stentring)) [= Merkmale M5a , M5b und M5c ], wobei das proximale Ventilklappenende ( commissural points 5) mit dem proximalen Stentende (loops 4) verbunden ist [= Merkmal M6 ]. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist Figur 1 der Patentschrift Ni11 i. V. m. der Beschreibung, vgl. Spalte 5, Zeilen 9 bis 28) unzweifelhaft zu entnehmen, dass die drei längeren Biegungen (loops 4) des Drahtes (wire 2) des oberen Stents (ring 8) zu diesem Stent gehören, und nicht, wie von der Beklagten behauptet, vom oberen Stent unabhängige Pfosten darstellen. Denn sowohl der obere (ring 8) als auch der untere Stent (ring 7) besteht jeweils aus einem einzigen in Windungen gebogenen Draht (wires 2, 3). Beide Stents (rings 7, 8) sind an ihren Berührungspunkten miteinander vernäht (sutures) und bilden so einen aus zwei einzelnen Stents zusammengesetzten Multistent. Die Drahtwindungen des oberen Stents (ring 8) sind lediglich aus Gründen der Gewichtseinsparung ("reduction in weight", vgl. Spalte 5, Zeile 26) unterschiedlich lang ausgebildet, da zur Befestigung der Kommissurpunkte ( commissural points 5) der Klappensegel bei einer biologischen dreiblättrigen Ventilklappe (biological trilobate valve) drei längere Drahtwindungen (loops 4) am oberen Stent (ring 8) ausreichen. Hiervon unterscheidet sich die Stentventilklappe nach Patentanspruch1 des Streitpatents nur durch das zusätzliche MerkmalM5, wonach das kollagenhaltige Biomaterial Perikard umfasst. Dem Fachmann waren bereits vor dem vom Streitpatent beanspruchten Prioritätstag künstliche Stentventilklappen bekannt, die Perikard als Material für die Ventilklappen verwendeten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergaben sich aus dem Stand der Technik auch Anregungen und Hinweise für den Fachmann, die ihn dazu veranlassten (i. S. v. BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung), die aus der Patentschrift Ni11 bekannte biologische Ventilklappe eines Schweines durch eine künstliche Ventilklappe aus Perikardgewebe zu ersetzen. So ist in dem wissenschaftlichen Übersichtsartikel Ni30 eine künstliche Ventilklappe aus Perikard erwähnt (Carpentier-Edwards pericardial bioprosthesis ), die vollständig im Inneren eines Stents angeordnet ist und bessere Eigenschaften in Bezug auf die Dynamik des Blutflusses ( hemodynamic characteristics) als die von Schweinen transplantierten Ventilklappen aufweisen soll (vgl. Seite 497, rechte Spalte, zweiter Absatz). Diese Eigenschaft der Perikard-Ventilklappen soll besonders für ältere Patienten mit einem verengten Aorta-Durchmesser Vorteile bringen (vgl. Seite 497, rechte Spalte, erster Absatz). Auch in dem wissenschaftlichen Bericht Ni31 sind als Vorteile von Ventilklappen aus Perikardgewebe gegenüber Schweineventilklappen die besseren dynamischen Eigenschaften in Bezug auf den Blutfluss und ein höherer Anteil an Kollagen genannt, der das Perikardgewebe stabiler und haltbarer macht (vgl. Seite 348, dritter Absatz). Auch in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift Ni57 ist neben Ventilklappen aus Schweine-Aortaklappen Perikardgewebe als geeignetes Material für künstliche Ventilklappen genannt (vgl. ab Spalte 4, Zeile 39 bis Spalte 5, Zeile 5). Dort wird auch auf die aus dem oben erwähnten Übersichtsartikel Ni30 bekannte "Carpentier-Edwards-Perikard-Ventilklappe" hingewiesen. Der dort angegebene Nachteil der mangelnden Langzeit-Haltbarkeit von Ventilklappen aus Gewebe im Vergleich zu mechanischen Ventilklappen wird zugunsten von Ventilklappen aus Perikardgewebe relativiert (vgl. Spalte 4, Zeilen 65 bis 67). In der Fachwelt hatte sich somit eine klare Meinung über die Vorteile von Perikard-Gewebe gegenüber Schweineventilklappen-Transplantate bei künstlichen Ventilklappen herausgebildet. Nach alledem bestand daher für den Fachmann auch eine Veranlassung bei der aus der Patentschrift Ni11 bekannten Stentventilklappe die Schweineventilklappe durch eine Ventilklappe aus Perikard, wie sie bspw. in der Beschreibungseinleitung der Patentschrift Ni57 genannt ist, zu ersetzen [= Merkmal M5 ]. Damit war der Fachmann aber bereits in naheliegender Weise beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents angekommen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten, dass der Fachmann die Patentschrift Ni57 nicht in Betracht gezogen hätte, weil diese keine Stentventilklappe betreffe, sondern eine Ventilklappe ohne Stent aus Eigengewebe des Patienten. Diese Patentschrift hätte somit den Fachmann von der streitpatentgemäßen Lehre weggeführt. Dem kann nicht gefolgt werden. Zwar ist in der Patentschrift Ni57 eine Ventilklappe ohne Stent, die aus Eigengewebe des jeweiligen Patienten besteht, beansprucht (vgl. ab Spalte 13, Abschnitt "Summary of the Invention"). Die Beschreibungseinleitung dieser Schrift gibt jedoch daneben eine allgemeine Übersicht über die damals der Fachwelt bekannten Alternativen für den Ersatz einer Herzklappe (vgl. ab Spalte 3, Abschnitt: "Current Options for Heart Valve Replacement"). Diese allgemeine Übersicht, in der die Vor- und Nachteile der jeweiligen Alternativen aufgeführt sind, hat beim Fachmann, der mit der Weiterentwicklung der aus der Patentschrift Ni11 bekannten Stentventilklappe befasst war, daher auch entsprechende Beachtung gefunden. Da der Fachmann aufgrund seines durch bspw. die wissenschaftlichen Veröffentlichungen Ni30 und Ni31 belegten allgemeinen Fachwissens bereits um die Vorteile von Perikard bei künstlichen Ventilklappen wusste, hat er auch das in dieser Übersicht vermittelte Wissen bezüglich des Aufbaus von Stentventilklappen aus Perikardmaterial aufgegriffen (vgl. ab Spalte 4, Abschnitt "Artificial Tissue Valves"). b) Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag IIA. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IIA ist aus dem Anspruch 1 des Streitpatents unter Aufnahme der zusätzlichen Merkmale M5aa, M7 und M8 hervorgegangen und damit eingeschränkt. Diese Merkmale finden ihre Stütze in der Beschreibung (Merkmal M5aa: Spalte 5, Zeilen 44 bis 46; Merkmal M8: Spalte 2, Zeilen 46 bis 49), bzw. im Anspruch 22 (Merkmal M7) des Streitpatents. Die Stentventilklappe gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag IIA beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn sie ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Patentschriften Ni11 und Ni57 . Wie bereits zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ausgeführt, sind die Merkmale M1 bis M6 der beanspruchten Stentventilklappe dem Fachmann aus der Zusammenschau der Patentschriften Ni11 und Ni57 nahegelegt. Das zusätzliche Merkmal M5aa , wonach das kollagenhaltige Biomaterial vom Stent umschlossen ist, ist entgegen der Meinung der Beklagten auch bei der aus der Patentschrift Ni11 bekannten Stentventilklappe gegeben. Der Figur 2 in dieser Patentschrift ist nach Überzeugung des Senats eindeutig zu entnehmen, dass die im oberen Stentring (ring 8) befestigte Schweineventilklappe (valve 6) von diesem Stentring umschlossen ist. Die biologischen Schweineventilklappe ist ein flaches Gebilde aus dem sich lediglich die Kommissurpunkte ( commissural points 5), an denen die Klappensegel miteinander verbunden sind, erheben. Zum Befestigen dieser Kommissurpunkte sind daher auch drei längere Biegungen (loops 4) des Drahtes (wire 2) des oberen Stentrings (ring 8) vorgesehen. Die übrigen Biegungen sind aus Gründen der Gewichtseinsparung kürzer (vgl. Spalte 5, Zeilen 25 bis 28) und umschließen zusammen mit den drei längeren Drahtbiegungen (loops 4) die Schweineventilklappe vollständig. Der in den Figuren 1 und 2 dargestellte Multistent (rings 7, 8) weist auch eindeutig eine zylindrische Form auf (vgl. Spalte 2, Zeilen 30 bis 32) [= Merkmal M8 ]. Das noch verbleibende Merkmal M7 , wonach die Ventilklappenöffnung mindestens 1 mm von einem Stentumfang endet, ergab sich für den Fachmann schon allein aufgrund der Dicke des verwendeten biologischen Materials (bspw. Perikard) und wegen der vorzusehenden Kommissurpunkte an denen benachbarte Ventilblättchen miteinander verbunden sind, beim Zusammennähen einer künstlichen Ventilklappe und ihrem Vernähen mit dem Stentdraht. Daraus folgt zwangsläufig ein gewisser Abstand der Ventilklappenöffnung zum Stentdraht (Stentumfang), der bei entsprechender Dicke des verwendeten Biomaterials durchaus 1 mm erreichen kann. Dieses Merkmal war dem Fachmann aber auch durch die Patentschrift Ni57 nahegelegt. Dort ist angegeben, dass es bekannt ist, dass sich die Klappensegel (cusps) im geöffneten Zustand an die Arterienwand anlegen und dort haften bleiben können, so dass die Ventilklappe während der Diastole nicht mehr schließt und Blut zurückströmt (vgl. Spalte 24, Zeilen 2 bis 13). Zur Lösung dieses Problems kann als eine Möglichkeit ein die Klappensegel im geöffneten Zustand umgebender Stent außerhalb des tubusförmigen Ventilklappenabschnitts (SIS segment) in der Aorta befestigt werden. Dieser Stent ist mit Vorsprüngen (projections) versehen, die radial nach innen in Richtung auf die zentrale Achse der Aorta hervorstehen. Diese Vorsprünge sollen das Anhaften der geöffneten Klappensegel an der Wand der Aorta verhindern (vgl. Spalte 24, Zeilen 26 bis 40). Bei dieser Lösung muss daher sichergestellt sein, dass die nach oben geöffneten Klappensegel den Stent mit seinen Vorsprüngen (projections), und nicht die Aortawand, berühren. Bei dem aus der Patentschrift Ni57 bekannten Klappenventil wird dies dadurch erreicht, dass der zusätzliche Stent außerhalb des Klappenventils in der Aortawand befestigt wird (vgl. Spalte 24, Zeilen 28 bis 30: "outside the SIS segment 200"). Bei einer Stentventilklappe hingegen müsste der Stent das Klappenventil in seiner Länge entsprechend überragen, damit auch die nach oben geöffneten Klappensegel den Stent, und nicht die Aortawand, berühren. Bei der aus der Patentschrift Ni11 bekannten Stentventilklappe erstreckt sich der Stent hingegen, schon aus Gründen der Gewichtseinsparung (vgl. Spalte 5, Zeilen 25 bis 28), nicht über die Länge des Klappenventils (valve 6) hinaus. Eine Verlängerung des Stents, um ein Anhaften der Klappensegel an der Aortawand zu vermeiden, wäre bei dieser Stentventilklappe aus Sicht des Fachmann somit ausgeschieden. Für den Fachmann blieb daher nur die andere in der Patentschrift Ni57 angegebene Lösung zum Verhindern des Anhaftens der Klappensegel an der Aortawand, bei der die benachbarten Klappensegel (cusps) an ihren äußeren Enden (outer periphery) - das ist am Stentumfang - miteinander vernäht werden um die Ventilklappenöffnung teilweise zu verschließen (vgl. die Figur 6 i. V. m. der Beschreibung in Spalte 24, Zeilen 14 bis 25) [= Merkmal M7 ]. Damit war der Fachmann aber in naheliegender Weise auch beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag IIA angekommen. c) Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III ist aus dem Anspruch 1 des Streitpatents unter Aufnahme der zusätzlichen Merkmale M7, M8 und M9 hervorgegangen und damit eingeschränkt. Diese Merkmale finden ihre Stütze in der Beschreibung (Merkmal M8: Spalte 2, Zeilen 46 bis 49), bzw. in den Ansprüchen 22 (Merkmal M7) und 3 (Merkmal M9) des Streitpatents. Die Stentventilklappe gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag III beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn auch sie ergibt sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Patentschriften Ni11 und Ni57 . Wie zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsantrag IIA ausgeführt, sind die Merkmale M1 bis M8 der beanspruchten Stentventilklappe dem Fachmann aus der Zusammenschau der Patentschriften Ni11 und Ni57 nahegelegt. Das zusätzliche Merkmal M9 , wonach eine Hülle teilweise den Stent bedeckt, ist als eine fachübliche Maßnahme bei Stentventilklappen in der Beschreibungseinleitung der Druckschrift Ni57 genannt (vgl. Spalte 4, Zeilen 44 bis 47: "covered with cloth"). Für den mit der Weiterentwicklung von Stentventilklappen befassten Fachmann lag es daher nahe diese Anregung aufzugreifen und eine Hülle vorzusehen die den Stent bedeckt. Der Fachmann konnte auch unmittelbar erkennen und bspw. durch entsprechende Versuche überprüfen, dass mit einer den Stent bedeckenden Hülle, ein Rückstrom des Blutes bei geschlossener Ventilklappe durch ein mögliches Leck zwischen dem Stent und der Ventilklappe bzw. zwischen dem Stent und der umgebenden Gefäßwand verhindert werden kann. Einen entsprechenden Hinweis hierzu erhielt der Fachmann darüber hinaus aus der Druckschrift Ni35 (vgl. Figuren 6a bis 6d i. V. m. der Beschreibung auf Seite 22, Zeilen 11 bis 26). Dem Fachmann war klar, dass die abdichtende Wirkung dieser Hülle auch bei einer nur teilweisen Bedeckung des Stents gegeben ist. Es war für in daher auch naheliegend eine Hülle vorzusehen die, bspw. aus Gründen der Materialersparnis, nur teilweise den Stent bedeckt [= Merkmal M9 ]. Der Fachmann gelangte somit auf naheliegende Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag III. 5. Eine beschränkte Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang einer der auf Patentanspruch 1 (in der geltenden Fassung oder gemäß einem der Hilfsanträge) rückbezogenen Unteransprüche wurde von der Beklagten nicht geltend gemacht. Somit teilen diese Ansprüche das Schicksal des Hauptanspruchs. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006402
BPatG
München
27. Senat
20100302
27 W (pat) 272/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "PrintPerfection" – teilweise Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 51 801 (Lö S 242)(08) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 2. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppaden Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: 1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. Juli 2007 wird aufgehoben, soweit der Löschungsantrag hinsichtlich " Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, ausgenommen für Werbezwecke; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; " zurückgewiesen worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung ist die Marke 307 51 801 zu löschen. 3. Die weitergehende Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
I Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 30. Juli 2009 den Antrag der Beschwerdeführerin vom 13. August 2008 auf Löschung der am 7. August 2007 angemeldeten und seit 25. Januar 2008 im Register für die Dienstleistungen Klasse 35: Marketing; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratungsdienste im Bereich der Erstellung von Druckereierzeugnissen; Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen für Werbezwecke Klasse 41: Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, ausgenommen für Werbezwecke; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke) eingetragenen Wortmarke PrintPerfection zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Zwar werde die sich aus den beiden geläufigen englischen Worten "Print" und "Perfection" zusammensetzende angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit in der Bedeutung von "Druckperfektion" bzw. "perfekter Druck", "perfektes Drucken" verstanden, so dass sie im Zusammenhang mit Druckereierzeugnissen und Druck-Dienstleistungen nur als anpreisender Hinweis bzw. als Qualitätsversprechen wirke. In dieser Bedeutung sei sie aber nur - wie im Anmeldeverfahren auch geschehen - für die zunächst beanspruchte Ware "Druckereierzeugnisse" nicht eintragbar. Demgegenüber fehle ihr die Unterscheidungskraft hinsichtlich der in Frage stehenden Dienstleistungen nicht, weil diese keinen direkten Bezug zu Druckarbeiten aufwiesen. Bei den beanspruchten "Dienstleistungen eines Verlages" seien "Druckarbeiten" ausdrücklich ausgenommen; ferner spiele die Druckqualität bei der " Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, ausgenommen für Werbezwecke; Online-Publikation von elektronisch en Büchern und Zeitschriften" wegen der elektronischen Datenübermittlung keine Rolle, weshalb die Bezeichnung insoweit undeutlich und wenig aussagekräftig sei. Für den Verbraucher liege es daher näher, sie als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft zu verstehen, so dass der streitgegenständlichen Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft für diese Dienstleistungen nicht abgesprochen werden könne. Das Gleiche gelte in Bezug auf die Dienstleistungen "Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke); Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen für Werbezwecke". Zwar gehören Layoutgestaltungen auch zum Dienstleistungsangebot von Druckereien; doch handele es sich hierbei um ein vom eigentlichen Druckvorgang unabhängiges Dienstleistungsangebot, und die Dienstleistungen Drucken und Layoutgestaltung unterschieden sich ihrer Art nach wesentlich, denn während beim Druckvorgang die technische Ausführung im Vordergrund stehe, überwiege bei der Layoutgestaltung die schöpferische, kreative Tätigkeit. " PrintPerfection " beschreibe auch keine wesentlichen Merkmale der beanspruchten Dienstleistungen " organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratungsdienste im Bereich der Erstellung von Druckereierzeugnissen; Marketing", da hier die Unternehmensberatungsfunktion im Vordergrund stehe. Auch seien Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensberatung bzw. -verwaltung ihrer Art nach unabhängig von den vermittelten Inhalten, da die Festlegung auf ein bestimmtes Themengebiet die geschäftlichen Möglichkeiten unnötig einschränken würde. - Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die sie trotz mehrfacher Ankündigung nicht begründet hat. Der Beschwerdegegner hat bislang zur Beschwerde keine Stellung genommen. II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Entgegen der Auffassung der Markenabteilung kann eine teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die im Tenor genannten Dienstleistungen wegen des Bestehens eines absoluten Eintragungshindernisses nach §§ 54, 50 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht verneint werden, während im Übrigen der Löschungsantrag zutreffend zurückgewiesen wurde. 1. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass der angegriffenen Marke bei ihrer Eintragung für einen Großteil der geschützten Dienstleistungen nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlte. Eine hiervon abweichende Beurteilung ist lediglich bei den im Tenor genannten Dienstleistungen angezeigt, bei denen der streitgegenständlichen Marke bereits zum Eintragungszeitpunkt, neben den Druckereierzeugnissen, die Unterscheidungskraft abzusprechen war und noch ist (§ 50 Abs. 2 MarkenG). a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Unterscheidungskraft" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz.  33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden Kennzeichnung der Fall, weil Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden Kennzeichnung der Fall, weil sie nicht nur für Druckereierzeugnisse, sondern auch für die im Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden Kennzeichnung der Fall, weil sie nicht nur für Druckereierzeugnisse, sondern auch für die im Tenor genannten Dienstleistungen nur einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ), weil die streitgegenständliche Marke in einer ihrer möglichen Bedeutungen jeweils ein Merkmal dieser Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD). b) Wie die Markenabteilung im Ausgangspunkt zutreffend ausgeführt hat, wird das von den beanspruchten Dienstleistungen angesprochene Publikum, bei dem es sich zu einem großen Teil um Fachkreise handelt, die streitgegenständliche Marke " PrintPerfection " ohne weiteres Nachdenken im Sinne von "Druckperfektion" bzw. "perfekter Druck", "perfektes Drucken" verstehen. c) In dieser Bedeutung wird das Publikum die angegriffene Marke aber nur bei den Dienstleistungen "Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, ausgenommen für Werbezwecke; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften" als beschreibende Angabe von ihnen zukommenden möglichen Merkmalen sehen, während sie ihr eine unmittelbare beschreibende Bedeutung für die weiteren streitgegenständlichen Dienstleistungen nicht entnehmen kann. Als solche Sachangaben kommen dabei alle Merkmale in Betracht, die für den Verkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände bezeichnen (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER ), die mit der Ware oder Dienstleistung selbst hinreichend eng in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Hierzu zählen damit auch Angaben, welche den möglichen Inhalt oder Gegenstand von Dienstleistungen angeben. Dies ist aber nur für die im Tenor genannten Dienstleistungen zu bejahen. aa) Soweit es die Dienstleistungen "Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen für Werbezwecke" in Klasse 35 und "Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke)" in Klasse 41 betrifft, hat die Markenabteilung zutreffend einen unmittelbaren beschreibenden Sinngehalt der angegriffenen Marke verneint. Fraglos handelt es sich, wie die Markenabteilung ausgeführt und die Antragstellerin auch nicht in Abrede gestellt hat, bei der Layoutgestaltung, auf welche die Beratungsdienstleistung konkret eingeschränkt ist, nicht um den Druckvorgang selbst. Zwar mag bei der Layoutgestaltung das Druckbild insoweit bedeutsam sein, als seine technische Herstellbarkeit zu berücksichtigen ist. Auch wenn diese damit Einfluss auf die Layoutgestaltung haben mag, steht sie bei dieser doch nicht (unmittelbar) im Fokus, weil das Druckbild und seine technische Umsetzbarkeit entweder problemlos vorausgesetzt oder erst in einem zweiten Schritt nach dem Layoutentwurf thematisiert wird. Da ihm in beiden Fällen entweder eine nur untergeordnete oder nur nachrangige Bedeutung zukommt, erschlösse sich dem von den in Rede stehenden Dienstleistungen "Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen für Werbezwecke; Beratung bei der Layoutgestaltung von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke)" angesprochenen (Fach-) Publikum eine beschreibende Bedeutung der im Sinne von "Druckperfektion" verständlichen angegriffenen Marke nur nach einer eingehenden analytischen Betrachtung, zu der der Verkehr aber nach ständiger Rechtsprechung gerade nicht neigt (st.  Rspr., vgl. BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 - PROTECH). Bei der unmittelbaren Wahrnehmung der angegriffenen Marke liegt es damit auch für den Fachverkehr näher, die streitgegenständliche Kennzeichnung in Zusammenhang mit den vorgenannten Dienstleistungen als Herkunftshinweis und damit als Marke aufzufassen, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Dienstleistungen nicht abgesprochen werden kann. Insoweit ist der hiergegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin somit der Erfolg zu versagen. bb) Noch weiter entfernt liegt für den Verkehr ein beschreibendes Verständnis der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen "Marketing; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratungsdienste im Bereich der Erstellung von Druckereierzeugnissen" . Es ist schon fraglich, ob bei diesen Tätigkeiten drucktechnische Fragen überhaupt eine Rolle spielen. Jedenfalls steht bei ihnen die Werbeorganisation bzw. die Unternehmensberatung derart im Vordergrund, dass es nahezu ausgeschlossen erscheint anzunehmen, dem Publikum könne der Gedanke kommen, mit der angegriffenen Marke werde auf mögliche Merkmale dieser Dienstleistungen hingewiesen. cc) Demgegenüber teilt der Senat nicht die Ansicht der Markenabteilung, dass ein beschreibendes Verständnis der angegriffenen Marke für den Verkehr auch bei den weiteren streitgegenständlichen Tätigkeiten " Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Verlagsdruck- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet, ausgenommen für Werbezwecke; Online-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften" ausscheide. Zutreffend hat die Markenabteilung allerdings im Ansatzpunkt ausgeführt, dass diese Dienstleistungen nicht den (technischen) Druckvorgang selbst mit umfassen, zumal er u.a. bei der geschützten Verlagstätigkeit sogar ausdrücklich ausgenommen ist. Sie hat dabei aber übersehen, dass eine unmittelbare beschreibende Angabe nach ständiger Rechtsprechung auch dann vorliegt, wenn die fragliche Kennzeichnung als Thema in Betracht kommt, mit denen sich die mit ihr gekennzeichneten veröffentlichten Druckschriften befassen können. Da die "Druckperfektion" selbst aber gerade Inhalt und Gegenstand von Print- oder elektronische Medien sein kann, steht eine beschreibende Bedeutung der streitgegenständlichen Marke nicht nur bei Waren der Klasse 16, sondern auch bei den entsprechenden Dienstleistungen der Klasse 41 im Vordergrund, so dass ihr auch für die vorgenannten Dienstleistungen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Insoweit ist auf die Beschwerde der Antragstellerin der anderslautende Beschluss der Markenabteilung teilweise aufzuheben und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke ist für diese Dienstleistungen anzuordnen. 2. Da der angegriffenen Marke somit sowohl im Eintragungs- als auch im Entscheidungszeitpunkt über den Löschungsantrag die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nur für die im Tenor genannten Dienstleistungen fehlte, war der Beschwerde nur teilweise stattzugeben und ihr im Übrigen der Erfolg zu versagen. B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligten ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Berichtigungsbeschluss In der Beschwerdesache betreffend die Marke 307 51 801 wird der Tenor des Senatsbeschlusses vom 2. März 2010 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit (Schreibfehler) dahingehend berichtigt, dass es in Ziffer 1 statt des Datums "30. Juli 2007" richtig lauten muss: "30. Juli 2009". Gründe Wie im Tatbestand zutreffend ausgeführt, datiert der angefochtene und in der Entscheidung des Senats teilweise aufgehobene Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 30. Juli 2009 und nicht, wie im Tenor infolge eines Schreibfehlers irrtümlich genannt, vom 30. Juli 2007. Aus diesem Grund war der Tenor nach § 80 Abs. 1 MarkenG von Amts wegen entsprechend zu berichtigen. Dies konnte wegen des derzeitigen Urlaubs des am Beschluss vom 2. März 2010 mitwirkenden Vorsitzenden Richters am Bundespatentgericht Dr. Albrecht auch in der Vertretungsbesetzung erfolgen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl. 2009, § 80 RdNr. 5; zur parallelen Vorschrift der ZPO vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 319 RdNr. 22). München, 17. Juni 2010 Bundespatentgericht 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat)
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JURE109006403
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 76/10
Beschluss
§ 47 MarkenG, § 64a MarkenG, § 82 Abs 1 MarkenG, § 91 MarkenG, § 91 Abs 2 MarkenG, § 91 Abs 4 S 1 MarkenG, § 3 Abs 2 PatKostG, § 7 Abs 1 PatKostG, § 114 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – keine Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr – Gesetzesunkenntnis oder Rechtsirrtum stellen keine Wiedereinsetzungsgründe dar – im Falle der Erkrankung des Antragsstellers besteht das Erfordernis der Beauftragung einer dritten Person – Erfordernis der Nachholung der versäumten Handlung innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist – Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke... hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
I Die am 12. Januar 1998 angemeldete Wortmarke L... wurde am 15. April 1998 mit der Nummer ... in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts für Waren der Klasse 9 eingetragen. Nach Ablauf der Schutzdauer wurde die Marke wegen Nichtverlängerung gemäß Verfügung vom 6. Oktober 2008 gelöscht. Mit Schreiben vom 21. Juli 2009 beantragte der Antragsteller sinngemäß die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr/zur Zahlung des Zuschlags zur Verlängerungsgebühr. Zur Begründung trug er vor, er sei ständig krank und kenne sich nicht besonders gut aus. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom 22. Februar 2010 zurückgewiesen, da sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht ergebe, dass er die Frist unverschuldet versäumt habe. Die Unkenntnis der Fristen für die Zahlung der im markenrechtlichen Verfahren anfallenden Gebühren stelle prinzipiell keinen Wiedereinsetzungsgrund dar. Soweit der Antragsteller "sich nicht besonders gut auskenne", gehöre es zu der von ihm zu wahrenden üblichen Sorgfalt, sich entsprechend sachkundig zu machen bzw. entsprechend sachkundigen Rat einzuholen. Auch soweit der Antragsteller "ständig krank" gewesen sein möge, ergebe sich daraus keine schuldlose Fristversäumung. Die versäumten Fristen seien vom 31. Januar 2008 bis zum 31. Juli 2008 gelaufen, also ein halbes Jahr. Das pauschale Vorbringen des Antragstellers, "ständig krank" zu sein, könne daher nicht eindeutig eine Krankheitsdauer belegen, die den hier maßgeblichen Zeitraum durchgängig und vollständig erfasse. Sollte der Antragsteller jedoch tatsächlich vom 31. Januar 2008 bis zum 31. Juli 2008 durchgängig krank gewesen sein, dann hätte es die vom Antragsteller zu wahrende übliche Sorgfalt gefordert, eine dritte Person mit der Wahrnehmung seiner Geschäfte in dieser langen Zeit zu beauftragen. Darüber hinaus habe der Antragsteller die versäumte Handlung nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen nachgeholt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der sinngemäß vorträgt, er habe die Frist wegen seiner Erkrankung versäumt und beantrage insoweit ein Sachverständigengutachten. Eine Beschwerdegebühr ist ebenso wie die Verlängerungsgebühr bisher nicht gezahlt worden. Stattdessen hat der Anmelder Prozesskostenhilfe beantragt. II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Markenabteilung den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr zurückgewiesen. 1. Aufgrund der Anmeldung der Marke am 12. Januar 1998 war die Verlängerungsgebühr gemäß § 47 MarkenG i. V. m. §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG zum 31. Januar 2008 zu zahlen, wobei eine Zahlung mit Verspätungszuschlag gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG noch bis zum 31. Juli 2008 möglich war. Diese Zahlungsfristen hat der Antragsteller schuldhaft verletzt. Soweit sich der Antragsteller in seinem Wiedereinsetzungsantrag darauf beruft, er kenne sich nicht besonders gut aus, vermag dies seinem Wiedereinsetzungsantrag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Grundsätzlich ist jeder Verfahrensbeteiligte verpflichtet, sich die Kenntnisse über das Recht des jeweiligen Verfahrens zu verschaffen oder sich entsprechender fachkundiger Beratung zu bedienen. Demnach stellen Gesetzesunkenntnis oder Rechtsirrtum prinzipiell keine Wiedereinsetzungsgründe dar, zumal es insbesondere in speziellen Rechtsgebieten - wie dem Markenrecht - zur verkehrsüblichen Sorgfalt gehört, sich entsprechend sachkundig zu machen oder beraten zu lassen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 91 Rdn. 18). Mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat die Markenabteilung auch den Vortrag des Antragstellers, er sei ständig krank gewesen, nicht für ausreichend angesehen. Das von dem Antragsteller in diesem Zusammenhang in seiner Beschwerdebegründung beantragte Sachverständigengutachten vermag daran nichts zu ändern, da der Antragsteller im Falle der von ihm behaupteten Erkrankung eine dritte Person mit der Wahrnehmung seiner Geschäfte hätte beauftragen müssen. 2. Der Wiedereinsetzungsantrag war insbesondere auch deshalb zurückzuweisen, weil der Antragsteller die versäumte Handlung, nämlich die Zahlung der Verlängerungsgebühr, nicht innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist gemäß § 91 Abs. 2, Abs. 4 Satz 1 MarkenG nachgeholt hat. Nachdem der Antragsteller spätestens zum Zeitpunkt der Abfassung seines Schreibens vom 21. Juli 2009 von dem Fristversäumnis Kenntnis hatte, hätte er die Verlängerungsgebühr innerhalb von 2 Monaten zahlen müssen. 3. Der erstmals im Beschwerdeverfahren gestellte Prozesskostenhilfeantrag vom 26. April 2010 ist mangels Erfolgsaussichten des Wiedereinsetzungsantrags zurückzuweisen. Die Frage der Bedürftigkeit des Antragstellers kann daher ebenso dahingestellt bleiben wie die in Literatur und Rechtsprechung umstrittene Frage, ob eine Verfahrenskostenhilfe im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist oder nicht (so Ströbele/Hacker, a. a. O., § 82 Rdn. 12 ff.; a. A. BGH GRUR 2009, 88 - ATOZ ).
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Deutschland
deutsch
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JURE109006404
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München
27. Senat
20100607
27 W (pat) 231/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "AssayBuilder" – beschreibender Begriffsinhalt - keine Unterscheidungskraft - keine wirksame Einschränkung des Warenverzeichnisses
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 307 61 552.9 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. Juni 2010 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden und die Richter Lehner und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zunächst mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 15. April 2008 die Anmeldung der Bezeichnung AssayBuilder für die Waren Mikroskope und deren Teile; Software nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Anmelderin hat sie mit Beschluss vom 24. Juli 2009 den Erstbeschluss aufgehoben, soweit die Anmeldung für "Mikroskope und deren Teile" zurückgewiesen worden war; im Übrigen hatte die Erinnerung der Anmelderin keinen Erfolg. Dies ist damit begründet, dass "assay" das englische Wort für "Prüfung, Probe, Untersuchung, Prüfverfahren" sei und "builder" u.a. "Erbauer" bedeute. In Kombination bedeute das Zeichen daher "Probenersteller, Prüfverfahrenersteller". Damit eigne sich das Zeichen zur unmittelbaren Beschreibung der Ware "Software"; denn es bringe zum Ausdruck, dass die so gekennzeichnete Software dazu diente, Prüfverfahren zu erstellen bzw. zu entwickeln; es stelle daher eine Zweck- oder Inhaltsangabe für die Ware "Software" dar. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die von der Markenstelle angenommene Übersetzung der Anmeldemarke sei unzutreffend. So sei den deutschen Abnehmern von Software die (an sich mögliche) Übersetzung von "assay" als "Probe; Prüfverfahren" unbekannt; zudem beziehe sich "assay" auf chemische oder biologische Proben, wozu der weitere Begriff "builder" nicht passe. "Builder" könne nicht mit "Erbauer" übersetzt werden, sondern deute in Verbindung mit Software allenfalls auf Trainer oder Training hin. Die Übersetzung der Kombination als "Probenerbauer, Prüfverfahrenerbauer, Probentrainer, Probentraining, Prüfverfahrentrainer, Prüfverfahrentraining" sei inhaltsleer, da sie keinen sinnvollen Bedeutungsgehalt hätten; allenfalls könnten die Abnehmer Mutmaßungen über die Bedeutung der Bezeichnung anstellen, was aber für eine Schutzversagung nicht ausreiche. Im Ergebnis stelle die Anmeldemarke somit ein Kunstwort dar, welches sich für eine Beschreibung von Eigenschaften der beanspruchten Ware Software nicht eigne. Wegen des unklaren Bedeutungsgehalts könne ihr auch nicht die Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Für die Schutzfähigkeit spreche auch die Eintragung der englischsprachigen Bezeichnung als Marke in den USA. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin das Warenverzeichnis auf "Mikroskope und deren Teile; Software (ausgenommen Software zur Erstellung von Prüfverfahren und/oder Proben)" beschränkt. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. April 2008 und 24. Juli 2009 aufzuheben, soweit die Anmeldung hierin für die Ware "Software (ausgenommen Software zur Erstellung von Prüfverfahren und/oder Proben)" zurückgewiesen wurde. Ihren zunächst gestellten Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 27. Mai 2010 zurückgenommen. II. A. Nachdem die Anmelderin ihren Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat und auch der Senat eine solche nicht für sachdienlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. B. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat auch nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1 MarkenG teilweise für Software versagt, weil ihr jedenfalls die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt; ob sie daneben auch freihaltungsbedürftig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, kann dahinstehen. Die Beschwerdebegründung bietet ebensowenig wie die Einschränkung des Warenverzeichnisses Anlass für eine abweichende Beurteilung. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie auch nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchte Ware beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ). c) Soweit die Anmelderin behauptet, eine Schutzfähigkeit ergebe sich bereits daraus, dass es sich bei der Anmeldemarke um ein Kunstwort handele, welches bislang für die beanspruchten Ware nicht beschreibend verwendet werde, kann dem nicht gefolgt werden. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs reicht es für eine Schutzversagung bereits aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art - nicht hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 98] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 39 f.] – BIOMILD; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 28] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 29] - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 [Rz. 77 f.] - CELLTECH). Da es dem menschlichen Sprachvermögen aber eigen ist, auch neuen Wörtern eine Bedeutung zuzuweisen (vgl. BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I), kommt eine Schutzfähigkeit für eine Wortneubildung nur in Betracht, wenn feststeht, dass es dem Durchschnittsverbraucher auch auf der Grundlage dieses allgemeinen menschlichen Sprachvermögens nicht möglich ist, der als Marke angemeldeten neuen Bezeichnung irgendeine Bedeutung beizulegen, oder ihm dies erst nach umfänglichen intensiven analysierenden Gedankenschritten, zu denen der Verkehr aber nach ständiger Rechtsprechung gerade nicht neigt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 1992, 515, 516 – Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 – PROTECH) möglich ist. Hiervon kann aber bei der vorliegenden Anmeldemarke nach den nachfolgenden Ausführungen nicht ausgegangen werden. d) Schon aus der Binnengroßschreibung des Buchstabens "B" in der Anmeldemarke ergibt sich für das Publikum ohne Weiteres, dass die angemeldete Bezeichnung aus den zwei Wörtern "Assay" und "Builder" zusammengesetzt ist. Soweit die Anmelderin geltend macht, die Bedeutung eines dieser Begriffe oder gar beider Begriffe sei den Abnehmern von Software unbekannt, kann dem nicht gefolgt werden. Gerade auf dem Gebiet der Informationstechnologie ist die Verwendung englischer Wörter besonders häufig und damit allen potentiellen Abnehmern von Software geläufig. Da es für eine Schutzversagung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausreicht, wenn ein nicht nur unmaßgeblicher Teil des Publikums die im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung der Anmeldemarke versteht, kommt auf diesem Gebiet eine Schutzgewährung wegen fehlendem Verständnis eines verwendeten englischen Begriffs nur in Betracht, sofern es sich um ganz seltene Begriffe handelt, welche darüber hinaus auch bislang nicht in Zusammenhang mit der beanspruchten Hard- oder (wie hier) Software verwendet werden. Hierzu gehören aber die beiden englischen Wörter "assay" und "builder", die zum englischen Grundwortschatz zu zählen sind, nicht. e) Wie auch die Anmelderin letztlich nicht abstreitet, steht der Begriff "assay", wie von der Markenstelle unter Bezugnahme auf ein englisch-deutsches Großwörterbuch ausgeführt, für "Prüfung, Probe, Untersuchung, Prüfverfahren". Ob der weitere Begriff "builder" u. a. im Sinne von "(Er-)Bauer", wie die Markenstelle unter Hinweis auf das vorgenannte Wörterbuch ausgeführt hat und was auch aus weiteren bekannten Belegstellen ergibt (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch. 3. Aufl. Mannheim 2005 [CD-ROM], Stichwort "builder"; http://dict.leo.org/ende?lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&sectHdr=on&spellToler=&search=builder), oder, wie die Anmelderin meint, im Sinne von "Trainer, Training" zu verstehen ist, kann auf sich beruhen, da in beiden Fällen der Gesamtbezeichnung eine beschreibende Bedeutung zukommt. f) In ihrer Verbindung beider Begriffe wird das Publikum die Anmeldemarke aber ohne Mühe im Sinne von "Proben-(er-) bauer " oder "Probentrainer" verstehen. In beiden Bedeutungen ergibt sich für es aber damit nur eine im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung der Anmeldemarke. g) Dabei ist die Bedeutung der Anmeldemarke auf jegliche Art von Software zu beziehen. Soweit die Anmelderin mit Schriftsatz vom 27. Mai 2010 ihr Warenverzeichnis auf "Software (ausgenommen Software zur Erstellung von Prüfverfahren und/oder Proben)" einzuschränken meinte, handelt es sich nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 679 [Rz. 114 f.] - Postkantoor) um keine wirksame Einschränkung des Warenverzeichnisses. Danach kommt eine Einschränkung auf Waren, die bloß ein bestimmtes Merkmal - hierzu gehören nicht nur bestimmte Eigenschaften der betreffenden Waren oder Dienstleistungen, sondern auch Inhalts- oder Zweckbestimmungen - nicht haben sollen, nicht in Betracht. Bei Software handelt es sich aber um den Sammelbegriff für die Gesamtheit ausführbarer Programme und die zugehörigen Daten; sie dient dazu, Aufgaben zu erledigen, indem sie von einem Prozessor ausgewertet wird und so softwaregesteuerte Geräte, die einen Teil der Hardware bilden, in ihrer Arbeit beeinflusst (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Software). Da Software austauschbar, aktualisierungsfähig, korrigierbar und erweiterbar ist (vgl. a. a. O.), ist sie nicht von vornherein nur auf die Erledigung bestimmter Aufgaben begrenzbar. Damit handelt es sich aber bei Software nicht um eine Sammelbezeichnung für bestimmte Einzelwaren, die - ähnlich wie etwa bei Bekleidung die Einzelwaren Hemd, Hose, Jacke oder Kostüm - aus sich heraus gegeneinander abgrenzbar sind und aus diesem Grund auch auf dem Markt getrennt voneinander gehandelt würden; insbesondere wird eine bestimmte "Software zur Erstellung von Prüfverfahren und/oder Proben" nicht als Einzelware gehandelt. Damit handelt es sich aber bei der von der Anmelderin vorgenommenen Einschränkung nur um die Angabe von (an sich möglichen bzw. aufgrund der vorgenannten Veränderbarkeit von Software jederzeit integrierbaren) Merkmalen, welche die von ihr beanspruchten Ware nicht haben soll, indem sie nicht der Erledigung solcher Aufgaben dienen soll; ob die von ihr tatsächlich angebotene Software sich aber zur Durchführung solcher Aufgaben tatsächlich eignet oder nicht, kann der Abnehmer nicht von vornherein beurteilen, sondern erst, nachdem er die Software auf ihre vorhandenen Eigenschaften geprüft hat. Da die von der Anmelderin vorgenommene Einschränkung somit nicht wirksam ist, ist der Beurteilung der Schutzfähigkeit weiterhin Software als solche zugrunde zu legen. h) Damit hängt die Beurteilung der Schutzfähigkeit der Anmeldemarke davon ab, ob das Publikum, welches ihr in Zusammenhang mit Software begegnet, annehmen kann, mit ihr solle bloß in sachlicher Hinsicht darauf hingewiesen werden, dass sie sich für die Durchführung von Proben oder Prüfverfahren oder - soweit mit der Anmelderin die Anmeldemarke allenfalls im Sinne von "Probentrainer" bzw. "-training" verständlich sein soll - zum Trainieren (im Sinne einer intensiven Fortbildung) der Durchführung von Proben oder Prüfverfahren geeignet und bestimmt ist. Dies hält der Senat aber mit der Markenstelle für nahe liegend. Damit kann aber nicht angenommen werden, das Publikum werde die Anmeldemarke als Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Software aus einem bestimmten Unternehmen ansehen, was aber für die Bejahung der Unterscheidungskraft § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und damit der Eintragbarkeit der Anmeldemarke für die noch streitgegenständliche Ware erforderlich wäre. i) Soweit die Anmelderin hiergegen eingewandt hat, die Eintragung der Anmeldemarke im Markenregister der USA weise indiziell auf ein anderes Verständnis hin, kann dem nicht gefolgt werden. Eintragungen in Markenregistern belegen nur den Verwendungwillen der Anmelder und Inhaber der betreffenden Marken und sind somit als Nachweis für ein bestimmtes Verständnis der Abnehmer der mit der betreffenden Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von vornherein ungeeignet. Soweit die Eintragung auf der Prüfung dieses Verständnisses seitens der potentiellen Abnehmer durch die Eintragungsbehörde beruht, könnte die Eintragung zwar grundsätzlich als Indiz für dieses gewertet werden, dies setzt aber voraus, dass in nachprüfbarer Form die Einzelheiten des Prüfverfahrens bekannt sind. Die Markeneintragung in den USA ist aber schon nach ihren rechtlichen Voraussetzungen mit der Prüfung nach der europäischen Markenrichtlinie bzw. dem deutschen Markengesetz nicht vergleichbar; darüber hinaus käme der Eintragung in den USA nur ein Indiz für das Verständnis der nordamerikanischen Verbraucher zu, welches, auch soweit es um originär englischsprachige Begriffe geht, von dem hier allein maßgeblichen Verständnis der inländischen Verbraucher nicht nur in sprachlicher Hinsicht, sondern auch wegen der abweichenden Kennzeichnungsgewohnheiten auf den jeweiligen Märkten abweichen kann. Ungeachtet dessen würde selbst die nationale oder europäische Eintragung einer vergleichbaren Marke an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke nichts ändern, da ein Anmelder aus der Schutzgewährung für andere Marken keinen Anspruch auf Eintragung ableiten kann (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS; MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus ; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries ; GRUR 2010, 425 - Volksflat ). 2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen eines jedenfalls nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bestehenden Schutzhindernisses teilweise für die noch streitgegenständliche Ware "Software" versagt hat und sich hieran auch nichts durch die Einschränkung des Warenverzeichnisses auf - soweit im Beschwerdeverfahren gegenständlich - "Software (ausgenommen Software zur Erstellung von Prüfverfahren und/oder Proben )" ändert, war die Beschwerde zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006404&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006405
BPatG
München
29. Senat
20100721
29 W (pat) 125/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Teil eines Möbelstücks - L-förmiges Fußgestell (zweidimensionales Bildzeichen)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 015 799.2 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juli 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Januar 2010 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 20: Schränke, Bürocontainer (Möbel), Regale; Klasse 35: Großhandelsdienstleistungen und Einzelhandelsdienstleistungen mit Leuchten, mit Büroartikeln und Büroordnungsmaterialien, mit Taschen und Schultaschen, mit Schränken, Bürocontainern (Möbel), Regalen, mit Webstoffen und Textilwaren, mit Bekleidung, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; zurückgewiesen worden ist.
I. Das zweidimensionale Bildzeichen ist am 7. März 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Schreibwaren, Büroartikel, soweit in Klasse 16 enthalten, Schreibgeräte, Zeichenlineale, Schreibunterlagen, Büroordnungsmaterialien (soweit in Klasse 16 enthalten), Ordner, Ablegehefter; Klarsichthüllen; Ordnerregister; Hängehefter; Pendelhefter; Hängetaschen (Büroartikel); Ablegebehälter und Archivboxen für Bürozwecke, soweit in Klasse 16 enthalten; Klasse 20: Möbel, Sitzmöbel, Büromöbel, Kinder- und Jugendmöbel, Tische, Schreibtische, Computertische, Schränke, Bürocontainer (Möbel), Regale, Aktengestelle, Stühle; Klasse 35: Großhandelsdienstleistungen und Einzelhandelsdienstleistungen mit Leuchten, mit Büroartikeln und Büroordnungsmaterialien, mit Taschen und Schultaschen, mit Möbeln, einschließlich Büro-, Kinder- und Jugendmöbeln, mit Büroausstattung, mit Webstoffen und Textilwaren, mit Bekleidung, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet. Nach einer Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses in der mündlichen Verhandlung soll sie nunmehr nur noch für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Schreibwaren, Büroartikel, soweit in Klasse 16 enthalten, Schreibgeräte, Zeichenlineale, Schreibunterlagen, Büroordnungsmaterialien (soweit in Klasse 16 enthalten), Ordner, Ablegehefter; Klarsichthüllen; Ordnerregister; Hängehefter; Pendelhefter; Hängetaschen (Büroartikel); Ablegebehälter und Archivboxen für Bürozwecke, soweit in Klasse 16 enthalten; Klasse 20: Schränke, Bürocontainer (Möbel), Regale; Klasse 35: Großhandelsdienstleistungen und Einzelhandels-dienstleistungen mit Leuchten, mit Büroartikeln und Büroordnungsmaterialien, mit Taschen und Schultaschen, mit Schränken, Bürocontainern (Möbel), Regalen, mit Webstoffen und Textilwaren, mit Bekleidung, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; in das Markenregister eingetragen werden. Mit Beschluss vom 4. Januar 2010 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung teilweise, nämlich für die Klassen 20 und 35, gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, das angemeldete Zeichen zeige die naturgetreue Darstellung eines Fußgestells in der Seitenansicht mit einer Art "Stopper" am linken und einer Rolle am rechten Ende des unteren quer verlaufenden Elements. Der senkrecht auf dem unteren Element abgebildete Knopf/Knauf weise auf die Höhenverstellbarkeit hin. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise würden das Anmeldezeichen daher nur als Sachhinweis auf den handelsüblichen Fuß eines Stuhles oder anderer rollbarer und höhenverstellbarer Möbel und nicht als Herkunftshinweis verstehen. Zahlreiche funktionale Möbel würden mit einem solchen Fuß nebst Rollen und Stopper angeboten. Das hier abgebildete Fußgestell habe keine besonders auffällige Form oder Aufmachung, keinen Wiedererkennungseffekt und falle nicht aus dem Rahmen des Üblichen. Es handele sich daher lediglich um die übliche Darstellung eines Fußgestells für die Waren der Klasse 20 und symbolisiere die in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen des Handels mit diesen Waren. Hinsichtlich der in Klasse 16 angemeldeten Waren könnten Schutzhindernisse derzeit nicht festgestellt werden, so dass für diese das Eintragungsverfahren nach Rechtskraft des Beschlusses fortgesetzt werde. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Januar 2010 aufzuheben. Sie vertritt die Auffassung, das DPMA habe den Nachweis dafür, dass eine derartige Ausgestaltung eines Fußgestells am Markt befindlich sei, nicht erbracht. Wie eine eigene Internetrecherche unter www.google.de mit dem Stichwort "Schreibtisch Fuß Bilder" (Bl. 31 - 34 GA) ergeben habe, seien Fußgestelle mit L-förmigen Füßen im Zusammenhang mit Schreibtischen bekannt. Diese wiesen aber keine charakteristischen Merkmale auf, sondern reduzierten sich auf die Tragfunktion und die Abstützung des Möbelkorpus. Demgegenüber habe die vorliegende Ausgestaltung charakteristische, weil unübliche, einzigartige Merkmale, nämlich die an der Rückseite des Fußes angeordnete, oberseitig abgedeckte Rolle, die am vorderen, dem Benutzer zugewandten freien Ende des Fußschenkels angeordnete Prallschutz-Abdeckung und die tropfenförmige Kontur an der Seite des Fußgestells. Die technische Funktionalität lasse sich gestalterisch völlig anders realisieren. Durch die bereits dargestellten kennzeichnenden Merkmale, insbesondere das tropfenförmige seitliche Element, das nicht auf die Höhenverstellung reduziert werden könne, habe das Anmeldezeichen eine besondere, unterscheidungskräftige Charakteristik. Hinzu komme, dass außer dem Fuß eines Stuhles oder anderer rollbarer Möbel andere Möbel, wie ein Schrank oder ein Regal, mit einem Fuß in der Form der angemeldeten Marke kaum ausgestattet sein dürften. Auch die zugehörigen Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit den beanspruchten Waren sowie die Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet, könnten mit dem angemeldeten Zeichen unterscheidungskräftig gekennzeichnet sein. Dabei sei auch zu beachten, dass es sich um eine zweidimensionale Marke handele. Ein Freihaltebedürfnis bestehe ebenfalls nicht, weil es dem Wettbewerb frei bleibe, durch eine andersartige Ausgestaltung der betreffenden Waren den Hinweis auf ihr Unternehmen zu vermeiden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses im tenorierten Umfang Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG stehen hinsichtlich der noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen in den Klassen 20 und 35 keine absoluten Schutzhindernisse entgegen. 1. Der Umstand, dass das DPMA das Eintragungsverfahren hinsichtlich der in Klasse 16 angemeldeten Waren, bei denen es Schutzhindernisse derzeit nicht festgestellt hat, erst nach Rechtskraft der Entscheidung über den zurückgewiesenen Teil der Anmeldung fortsetzen will, rechtfertigt keine Zurückverweisung der Sache an das DPMA gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 MarkenG, weil das DPMA nach § 37 Abs. 5 MarkenG zur teilweisen Zurückweisung der Anmeldung berechtigt ist, wenn nach seiner Ansicht für einen Teil der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen absolute Schutzhindernisse bestehen. 2. Das angemeldete Bildzeichen ist markenfähig im Sinne von § 3 Abs. 1 MarkenG, weil es abstrakt geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von solchen anderer Unternehmen zu unterscheiden. 3. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der vorliegenden zweidimensionalen Abbildung in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL ; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel). Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nur dann nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH GRUR 2004, 507, 509 - Transformatorengehäuse; a. a. O. 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie den Verbrauchern aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche). Es kann aber auch eine naturgetreue Wiedergabe einer Ware unterscheidungskräftig sein, sofern sie über warentypische oder lediglich dekorative Merkmale hinausgehende charakteristische Merkmale aufweist (BGH GRUR 2008, 505, 508 Rdnr. 25 - TUC-Salzcracker), die erheblich von der Norm oder Branchenüblichkeit abweichen (EuGH GRUR Int. 2008, 43, 45 Rdnr. 37 - Rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalen Kern). Die Marke darf sich daher nicht in der Wiedergabe technisch-funktioneller oder typischer ästhetischer Formen der beanspruchten Ware erschöpfen, sondern muss davon erheblich abweichende charakteristische Merkmale aufweisen, die aus dem Rahmen der gebräuchlichen Gestaltungsvielfalt auf dem jeweiligen Warengebiet fallen und für die angesprochenen Verkehrskreise auch erkennbar sind. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. b) Das angemeldete Bildzeichen gibt in zweidimensionaler Darstellung den Teil eines Möbelstücks wieder, nämlich ein L-förmiges Fußgestell. Solche L-förmigen Fußgestelle sind vor allem im Büro- und Kinder-/Jugendmöbelbereich für Tische, insbesondere Schreib- oder Computertische, in vielen verschiedenen Gestaltungsvarianten zu finden, wie eine Recherche des Senats in Katalogen und auf Internetseiten von Möbelherstellern (Bl. 39 - 58 GA) sowie eine Recherche der Beschwerdeführerin unter www.google.de mit dem Stichwort "Schreibtisch Fuß Bilder" (Bl. 31 - 34 GA) ergeben hat. c) Da die noch in Klasse 20 angemeldeten Waren, nämlich "Schränke, Bürocontainer (Möbel), Regale", nicht mit L-förmigen Fußgestellen in der vorliegenden Art ausgestattet sind, gibt das angemeldete Bildzeichen weder einen Teil dieser Waren bildlich wieder (vgl. BGH a. a. O. - Transformatorengehäuse), noch handelt es sich bei dieser technischen Zeichnung um ein einfaches graphisches Gestaltungselement, das in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH a. a. O. - St. Pauli Girl; a. a. O. - Jeanshosentasche). In Verbindung mit den noch beanspruchten Waren wirkt das verfahrensgegenständliche Bildzeichen vielmehr derart ungewöhnlich, dass der Verkehr in ihm einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen wird. d) Die erforderliche Unterscheidungskraft kommt dem Bildzeichen auch für die noch in Klasse 35 angemeldeten "Großhandelsdienstleistungen und Einzelhandelsdienstleistungen mit Leuchten, mit Büroartikeln und Büroordnungsmaterialien, mit Taschen und Schultaschen, mit Schränken, Bürocontainern (Möbel), Regalen, mit Webstoffen und Textilwaren, mit Bekleidung, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet" zu. aa) Denn, wie bereits erörtert, weist das Bildzeichen für die noch in Klasse 20 beanspruchten Waren, nämlich "Schränke, Bürocontainer (Möbel), Regale", einen Herkunftshinweis auf, was sich auf die noch angemeldeten Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit diesen Waren überträgt. Denn die Tätigkeit des Groß- und Einzelhandels setzt zu veräußernde Gegenstände voraus. bb) Die von den Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen erfassten Waren, wie Leuchten, Büroartikel, Büroordnungsmaterialien, Taschen, Schultaschen, Webstoffe, Textilwaren, Bekleidung, Schuhwaren und Kopfbedeckungen, werden von dem Bildzeichen nicht ansatzweise wiedergegeben. Selbst wenn man in der am unteren Ende des senkrecht abgebildeten Stützelements angebrachten tropfenförmigen Kontur mit innenliegendem Doppelkreis eine Lampe erkennen sollte, wäre deren Anbringung und Umgebung derart ungewöhnlich, dass dem Bildzeichen aufgrund dieser Besonderheit ebenfalls nicht die Eignung abgesprochen werden könnte, die gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. cc) Ein Bezug zu der in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistung "Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet" kann dem Bildzeichen ebenfalls nicht entnommen werden. 2. Nach alledem ist auch nicht erkennbar, dass das Anmeldezeichen zugunsten von Mitbewerbern im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freizuhalten wäre.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006406
BPatG
München
29. Senat
20100625
29 W (pat) 505/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "klebewelten.de (Wort-Bild-Marke)" –Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 039 572.9 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. Juni  2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Dezember 2009 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur für Dritte; Marketing; Merchandising (Verkaufsförderung); Werbung; Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme in Bezug auf folgende Waren: Kosmetikwaren und Haushaltswaren, Brennstoffe und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Maschinen, Werkzeuge und Metallwaren, Gartenartikel, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tonträger und Datenträger, sanitäre Anlagen, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Feuerwerkskörper, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente, Schreibwaren, Einrichtungswaren, Zelte, Planen, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel. zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Das Wort-/Bildzeichen (rot, grau) Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist am 18. Juni  2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Aufkleber, soweit in Klasse 16 enthalten; Klasse 27: Tapeten, nicht aus textilem Material; Wandtattoos ; Klasse 35: Dienstleistungen einer Werbeagentur; Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme; Marketing; Merchandising (Verkaufsförderung); Werbung. Mit Beschluss vom 1. Dezember 2009 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich dieses Wortzeichen aus den leicht verständlichen und allgemein geläufigen Begriffen "klebe", " welten " und ".de" zusammensetze und von den deutschen Verkehrskreisen als beschreibender Sachhinweis auf eine Angebots-, Vertriebs- und Erbringungsstätte mit einer großen Auswahl und Vielfalt von auch über das Internet angebotenen Waren und Dienstleistungen rund ums (Be-/Auf-)Kleben verstanden werde. Dem Bestandteil ".de" komme als allgemein bekannter Top-Level-Domain in Form der Länderkennung für Deutschland keine unternehmenskennzeichnende Bedeutung zu. Die beanspruchten Druckereierzeugnisse könnten sich - auch abrufbar im Internet - inhaltlich mit Klebematerialien und -verfahren oder mit Internetangeboten zum Thema Kleben befassen. Bei den weiteren Waren der Klassen 16 und 27 werde der Verkehr nur erkennen, dass diese zum (Auf-/Be-)Kleben bestimmt oder geeignet seien. Die Werbe- und Marketingdienstleistungen könnten in Bezug auf eine Vielfalt von Klebematerialien und -vorgängen erbracht werden. Weder der Umstand, dass die Bezeichnung (möglicherweise) neuartig gebildet oder lexikalisch nicht nachweisbar sei, noch die Kleinschreibung oder die Verwendung der Rot- und Graufärbung der Buchstaben, könnten die Schutzfähigkeit begründen. Zum einen werde die Wortzusammensetzung als verständliche Sachaussage erkannt, zum anderen sei die vorliegende grafische Gestaltung des Schriftzuges werbeüblich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nachdem sie vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich der beanspruchten Waren in den Klassen 16 und 27 sowie auf die Ergänzungsbedürftigkeit der angemeldeten Dienstleistungen einer Werbeagentur um den Zusatz "für Dritte" und der angemeldeten E-Commerce-Einzelhandelsdienstleistungen um Warenoberbegriffe hingewiesen worden ist, hat sie ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis insofern ergänzt, als sie klargestellt hat, dass es sich bei den Dienstleistungen einer Werbeagentur um solche für Dritte handele, und als sie angegeben hat, dass sich die beanspruchten Einzelhandelsdienstleistungen auf folgende Waren bezögen: Chemische Erzeugnisse, Anstrichmittel, Drogeriewaren, Kosmetikwaren und Haushaltswaren, Brennstoffe und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Maschinen, Werkzeuge und Metallwaren, Bauartikel, Heimwerkerartikel und Gartenartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tonträger und Datenträger, sanitäre Anlagen, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Feuerwerkskörper, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente, Druckereierzeugnisse, Papierwaren und Schreibwaren, Büroartikel, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Einrichtungswaren und Dekorationswaren, Zelte, Planen, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel. Sie hat zwar keinen konkreten Sachantrag gestellt, ihr Vorbringen ist jedoch dahingehend auszulegen, dass sie auf der Grundlage des abgeänderten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sinngemäß beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Dezember2009 aufzuheben. Zur Begründung trägt sie vor, die Bezeichnung " klebewelten " sei kein gebräuchliches Wort der Alltagssprache. Es sei weder lexikalisch nachweisbar, noch werde es von Dritten verwendet. Der Bedeutungsinhalt sei unscharf und interpretationsbedürftig, zumal der Begriff sich auch auf Welten beziehen könne, die mit Hilfe der in Anspruch genommenen Waren erst geschaffen würden. Ohne Hinzufügung weiterer Angaben sei ihr ein eindeutig beschreibender Inhalt nicht zu entnehmen. Ferner beruft sie sich unter Hinweis auf vergleichbare Voreintragungen, wie z. B. die am 6. Mai 2008 u. a. für die Klassen 16 (Etiketten) und 35 (Einzelhandelsdienstleistungen mit Geschenkartikeln über das Internet oder mittels Katalog) eingetragene Wortmarke "Geschenkwelten" (307728536), auf einen angeblichen Gleichbehandlungsanspruch. Sämtliche von ihr angegebenen Waren eigneten sich auch als Geschenke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet. 1. Der Eintragung des vorliegenden Wort-/Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 im tenorierten Umfang kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL ; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – Buch-Partner). b) Das angemeldete Wort-/Bildzeichen weist für die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen im tenorierten Umfang weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann. aa) Die angemeldete Marke setzt sich aus "Klebe", einer konjugierten Form des Verbs "Kleben" (1. Person Präsens oder Imperativ Singular), " welten ", dem Plural des Substantivs "Welt", und dem Bestandteil ".de" zusammen. aaa) Der Begriff "Kleben" bedeutet durch die Wirkung eines Klebstoffes oder aufgrund eigener Klebkraft fest an etwas hängen bzw. an oder auf etwas haften, oder etwas so an, in, auf etc. anbringen, befestigen, dass es daran, darin, darauf etc. klebt oder etwas mit Klebstoff zusammenfügen (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). bbb) Der Begriff "Welt", der vom Anmeldezeichen im Plural verwendet wird, stellt eine im Markt bereits etablierte Bezeichnung einer Vertriebsstätte mit einem vielfältigen Warensortiment dar, wie z. B. "Bürowelt, Möbelwelt, Tabakwelt (BPatG 24 W (pat) 256/03 – tabakwelt ), Teewelt (BPatG 32 W (pat) 21/07 - Die ganze Welt des Tees; BPatG 32 W (pat) 120/04 - The world of tea; 29 W (pat) 117/10 - WORLD OF SWEETS ), Sportwelten, Spiele-Welten, Küchenwelten" (Anlagen A 1 bis A 3 zum Beschluss des DPMA vom 1. Dezember 2009) oder bezeichnet eine Dienstleistungseinrichtung, wie z. B. "Reisewelt, Badewelt, Fertighauswelt, World of Events" (BPatG 32 W (pat) 224/99 – World of Events) oder ein Informationsangebot in so genannten Portalen, Gates etc. im Internet, wie " fitnessworld ". Mit ihnen ist nichts anderes gemeint, als dass jeweils eine unter einem solchen Begriff zusammengefasste Fülle von Angeboten an Waren und Dienstleistungen für das Publikum auf Abruf bereit steht. Dabei kann es sich um ein klassisches Ladengeschäft oder ein Dienstleistungsinstitut im herkömmlichen Sinne handeln. Es kann damit aber auch ein Internetportal oder ein Online-Dienst sowie eine website oder homepage bezeichnet sein. Auch sie treten neben Phantasiebezeichnungen mit sachbezogenen Namen auf. Solche Info-Portale sind im Zuge der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung der Inanspruchnahme von Online-Diensten durch die Verbraucher den herkömmlichen Warenvertriebs- und Dienstleistungsstätten gleichzustellen. Das allgemein aufgeklärte und verständige Publikum im Sinne des europäischen Verbraucherleitbildes weiß um diese Bezeichnungsgewohnheiten aufgrund der Häufigkeit dieser Wahrnehmung im Marktauftritt (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051, 1052 - rheuma-world). ccc) Die zusätzliche Anfügung eines Punktes und der Buchstabenkombination "de" ist in der konkret angemeldeten Form typisch für die Bildung von Internetadressen und zeigt dem verständigen Durchschnittsverbraucher nur, dass es sich um einen Domain-Namen handelt. Denn die gängigen Top-Level-Domains weisen alle entweder ein geographisches (.de, .at, .it etc.) oder ein organisatorisches Zuordnungskriterium auf (.com, .org; vgl. BPatG 24 W (pat) 167/03 - handy.com). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundespatentgericht deshalb davon aus, dass "de" nur als Kürzel für den Teil einer Internetadresse steht und die aus der Einmaligkeit der Registrierung resultierende technische Adressfunktion eines Domain-Namens keinen Aufschluss über dessen Eintragungsfähigkeit gibt (BPatG 26 W (pat) 48/09 - beauty24.de; 29 W (pat) 124/02 - caqm4.de jeweils m. w. N.), so dass dieser Buchstabenfolge keine Bedeutung beigemessen werden kann und es für die Unterscheidungskraft lediglich auf den Bedeutungsgehalt der Second-Level-Domain " klebewelten " ankommt. ddd) Im Falle einer derartigen Wortverbindung, dass ein Element des Zeichens den inhaltlichen Sachzusammenhang in gattungsmäßiger Weise bezeichnet und das andere Element "world" oder "Welt" auf eine große Diversifikation hinweist, so dass sich mit seiner Inanspruchnahme das Publikum erschöpfend bedient, versorgt und/oder informiert fühlen kann, handelt es sich um die Bezeichnung eines "Geschäftslokals" oder "Etablissements", die als besondere Geschäftsbezeichnung grundsätzlich unter den Schutz des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG fällt, der sich darin aber auch erschöpft, es sei denn, es kommen weitere Elemente hinzu, damit das Publikum in dem Zeichen seinem Gesamteindruck nach einen auf die Waren oder Dienstleistungen bezogenen Herkunftshinweis sieht, so dass der weitergehende Schutz nach § 8 Abs. 2 MarkenG gerechtfertigt ist (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051, 1052 - rheuma-world). Das Zeichen " klebewelten .de" weist in seiner Gesamtbedeutung daher auf eine Einkaufsstätte im Internet hin, in der eine besonders große Vielfalt von Waren und Dienstleistungen rund um das "Kleben" angeboten und verkauft werden. bb) Bei den in Klasse 35 angemeldeten Werbedienstleistungen "Dienstleistungen einer Werbeagentur für Dritte; Marketing; Merchandising (Verkaufsförderung); Werbung" ist im Marktauftritt entscheidend, in welchem Medium die Werbung platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird (vgl. BGH GRUR a. a. O. 951 Rdnr. 24 – My World). Die Kennzeichnungsgewohnheiten lassen darauf schließen, dass mit Hilfe eines Zeichens nicht auf das Thema der Werbung hingewiesen wird, da eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Da Werbedienstleistungen nicht durch das beworbene Produkt - hier Klebematerialien im weitesten Sinne - charakterisiert werden, kommt dem Anmeldezeichen " klebewelten .de" in Bezug auf Werbung im Verkehr nicht die Bedeutung einer thematischen Sachangabe, sondern eines betrieblichen Herkunftshinweises zu. cc) Nachdem die Beschwerdeführerin durch Angabe der Warenoberbegriffe ihre "Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme" näher konkretisiert hat, weisen die im Tenor aufgeführten Waren "Kosmetikwaren und Haushaltswaren, Brennstoffe und Treibstoffe, Waren des Gesundheitssektors, Maschinen, Werkzeuge und Metallwaren, Gartenartikel, Elektrowaren und Elektronikwaren, Tonträger und Datenträger, sanitäre Anlagen, Fahrzeuge und Fahrzeugzubehör, Feuerwerkskörper, Uhren und Schmuckwaren, Musikinstrumente, Schreibwaren, Einrichtungswaren, Zelte, Planen, Bekleidungsartikel, Schuhe und Textilwaren, Spielwaren, Sportwaren, Lebensmittel und Getränke, landwirtschaftliche Erzeugnisse, gartenwirtschaftliche Erzeugnisse und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Tabakwaren und sonstige Genussmittel" keinerlei Verbindung zu einer Vertriebsstätte für Materialien rund ums Kleben auf. Die angemeldete Bezeichnung kann in Bezug auf die vorgenannten, beanspruchten Dienstleistungen also keine verständliche Sachaussage vermitteln, so dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. c) Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der vorgenannten Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. 2. Für sämtliche beanspruchten Waren der Klassen 16 und 27 sowie für die "Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme" in Bezug auf die Waren "Chemische Erzeugnisse, Anstrichmittel, Drogeriewaren, Bauartikel, Heimwerkerartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Druckereierzeugnisse, Papierwaren, Büroartikel, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Dekorationswaren" fehlt der angemeldeten Bezeichnung " klebewelten .de" allerdings die erforderliche geringe Unterscheidungskraft, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die vorgenannten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat. a) Die in Klasse 16 beanspruchten Waren "Druckereierzeugnisse" können sich - auch abrufbar im Internet - inhaltlich mit Klebematerialien, Klebeverfahren, Klebetechniken oder mit Internetangeboten zum Thema "Kleben" befassen, so dass der Großteil der Abnehmer der beanspruchten Waren und Dienstleistungen - dies sind hier alle inländischen Verbraucher - die angemeldete Bezeichnung nur als bloße Sachaussage über deren Gegenstand und Inhalt versteht. b) Auch für die übrigen Waren der Klasse 16 "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Aufkleber, soweit in Klasse 16 enthalten" und für die in Klasse 27 angemeldeten Waren "Tapeten, nicht aus textilem Material; Wandtattoos " steht der beschreibende Gehalt im Vordergrund. Denn sie sind alle zum (Ver-/Auf-/Be-/Zusammen-)Kleben bestimmt oder geeignet. c) Die schutzsuchende Marke erschöpft sich in Bezug auf die Waren "Chemische Erzeugnisse, Anstrichmittel, Drogeriewaren, Bauartikel, Heimwerkerartikel, Hobbybedarf und Bastelbedarf, Druckereierzeugnisse, Papierwaren, Büroartikel, Täschnerwaren und Sattlerwaren, Dekorationswaren", welche den angemeldeten "Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenpräsentation, Bestellannahme, Lieferabwicklung sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme" zugrunde liegen, ebenfalls in einer Sachaussage über den Gegenstand und die Vielfalt des Angebots. Denn von diesen Warenoberbegriffen werden auch Produkte zum (Ver-/Auf-/Be-/Zusammen-)Kleben, Klebehilfsmittel, Klebstoffe etc. erfasst. Dieser für die Waren beschreibende Begriffsinhalt erstreckt sich hier auch auf die angemeldeten E-Commerce-Einzelhandelsdienstleistungen. Denn die Tätigkeit des Einzelhandels im E-Commerce setzt zu veräußernde Gegenstände voraus. Wegen dieses engen funktionalen und damit beschreibenden Zusammenhangs (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 14 – print24) zwischen den angemeldeten Vertriebsdienstleistungen und den zu vertreibenden Waren wird der Verkehr die Bezeichnung " klebewelten .de" als reinen Sachhinweis auf den Handel mit Produkten rund ums Kleben und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Damit fehlt der angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Eignung, die in Bezug auf die vorgenannten Waren beanspruchten Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2010, 534 - Pranahaus ). 3. Der Umstand, dass das Anmeldezeichen " klebewelten .de" lexikalisch nicht nachweisbar ist, ändert nichts an seiner Schutzunfähigkeit für die unter Ziffer 2. aufgeführten Waren und Dienstleistungen. Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art  – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 – Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 – SAT.2; a. a. O. 230 Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. - CELLTECH). Die Bezeichnung " klebewelten .de" ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 26 W (pat) 90/09 – brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht besonders ungewöhnlich gebildeten Wortkombination (EuGH ebd. - Pramahaus ). 4. Auch die grafische Gesamtgestaltung des Anmeldezeichens ist nicht geeignet, dessen Eintragung in Bezug auf die unter Ziffer 2. aufgeführten Waren und Dienstleistungen zu rechtfertigen. Zwar ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke – unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente – als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 1153 - anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Aber dabei vermögen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der graphischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. 1153, 1154 – anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - VISAGE ). Daran fehlt es hier. Bei der Kleinschreibung am Anfang, der roten Farbe des zusammengesetzten Wortes " klebewelten " und dem in grauer Farbe davon abgesetzten Element ".de" handelt es sich um einfache, werbeübliche Schriftzuggestaltungen und nicht um über das normale Maß hinausgehende eigentümliche oder einprägsame Stilmittel, so dass sie nicht geeignet sind, der angemeldeten Bezeichnung trotz des waren- und dienstleistungsbeschreibenden Charakters der Wortelemente Unterscheidungskraft zu verleihen. 5. Da es bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob der angemeldeten Bezeichnung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). 6. Die Voreintragung der Wortmarke 307728536 "Geschenkwelten" am 6. Mai 2008 würde selbst bei Annahme einer Vergleichbarkeit nichts an der teilweise fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens ändern. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 - print 24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009,667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST ). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.
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JURE109006407
BPatG
München
29. Senat
20100810
29 W (pat) 524/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 125b Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Commarco/CONTARGO trimodal network (Gemeinschaftsmarke, Wort-Bild-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – kollisionsbegründende Stellung eines Markenbestandteils – klangliche Ähnlichkeit wird durch Sinngehalt der Widerspruchsmarke neutralisiert – keine Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 307 57 746 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen das für die Dienstleistungen der Klasse 35: Werbung, insbesondere Konzeption, Entwicklung und Erstellung von Werbekonzepten für alle Medien; Beratung beim Einsatz von Werbemaßnahmen als Dienstleistung einer Werbeagentur; Werbung durch Werbeschriften; Aktualisierung von Werbematerial; Dienstleistungen einer Werbeagentur, insbesondere Ausarbeitung textlicher und graphischer Entwürfe für Werbeslogans, Produktbeschreibungen und Unternehmensdarstellungen; Fernsehwerbung, einschließlich Product Placement; Herausgabe von Werbetexten; Kinowerbung, einschließlich Product Placement; Marketing (Absatzforschung) für Dritte; Marktforschung; Meinungsforschung; Merchandising (Verkaufsförderung); Öffentlichkeitsarbeit; Dienstleistungen einer PR-Agentur; Lobby-Arbeit, nämlich Interessenvertretung gegenüber politischen Entscheidungsträgern und anderen Personen; Medienarbeit, nämlich Präsentation von Waren und Dienstleistungen in allen Medien für Dritte sowie Entwicklung von multimedialen Werbekonzepten; Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; organisatorisches Projektmanagement im Rahmen der Entwicklung von Kommunikationskonzepten; Plakatanschlagwerbung; Planung und Gestaltung von Werbemaßnahmen; Präsentation von Firmen in allen anderen Medien; Produktion Werbespots und -filmen für alle Medien; Rundfunkwerbung; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln; Schaufensterdekoration; Sponsoring in Form von Werbung; Telemarketing; Unternehmensberatung als Dienstleistungen einer Agentur, nämlich betriebswirtschaftliche und organisatorische Be-ratung im Zusammenhang mit der Nutzung aller, auch digitaler, Medien sowie betriebswirtschaftliche und organisatorische Planung, Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Nutzung aller Medien; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verkaufsförderung in allen Medien (Sales Promotion für Dritte); Vermietung von Werbeflächen, auch im Internet; Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbezeit in Kommunikationsmedien; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Vermittlung von Zeitungsabonnements (für Dritte); Versandwerbung; Versenden von Werbesendungen; Verteilen von Werbemitteln; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Dienstleistungen einer Werbeagentur, nämlich Projektierung, Planung und Konzeption der Gestaltung und Einrichtung von Innenräumen und Außenflächen zur Präsentation von Produkten oder Dienstleistungen von Unternehmen, insbesondere von Messeständen und Erlebniswelten; Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen zu Werbezwecken, nämlich Zeitungen, Zeitschriften und Druckereierzeugnissen, auch gespeichert auf elektronischen Medien; betriebswirtschaftliche Beratung auf Franchise-Konzepte; Controlling; Klasse 36: Börsenkursnotierung; Beteiligungsmanagement, nämlich Verwaltung und Vermittlung von finanziellen Beteiligungen an Unternehmen; Einziehen von Miet- und Pachterträgen; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht (Facility management); Factoring; Finanzanalysen; finanzielle Beratung; finanzielles Sponsoring; Finanzierungen; Finanzwesen; Gebäudeverwaltung; Geldgeschäfte; Grundstücksverwaltung; Immobilienvermittlung; Immobilienverwaltung, sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien (Facility management); Immobilienwesen; Investmentgeschäfte; Mergers- und Akquisitionsgeschäfte, nämlich finanzielle Beratung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen sowie Unternehmensbeteiligungen; Finanzwesen, nämlich Portfoliomanagement (soweit in Klasse 36 enthalten); Sammeln von Spenden für Dritte; Sammeln von Spenden für Wohltätigkeitszwecke; Übernahme von Bürgschaften, Kautionen; Vergabe von Darlehen; Vermietung von Büros (Immobilien); Vermietung von Wohnungen; Vermögensverwaltung; Verpachtung von Immobilien; Klasse 38: Ausstrahlung von Fernsehprogrammen; Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen; Ausstrahlung von Rundfunk- und Hörfunksendungen; Ausstrahlung von Internet-Fernsehen (IPTV); Bereitstellung von Portalen im Internet; Bereitstellen von Internet-Chatrooms im Internet; Bereitstellen von elektronischen Foren im Internet; Bereitstellen von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Bereitstellung des Zugangs auf Datenbanken in Computernetzwerken; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Bereitstellung des Zugriffs auf globale und andere Computernetze; Austausch und Übermittlung von Daten über Telekommunikationsnetze; Dienste eines Internet-Providers (Telekommunikation); Dienste von Presseagenturen; elektronische Anzeigenvermittlung (Telekommunikation); elektronische Nachrichtenübermittlung; elektronische Übertragung von Informationen, Nachrichten oder Bildern; E-Mail-Dienste; interaktive Telekommunikationsdienste; Kommunikationsdienste mittels Computerterminals; Kommunikationsdienste mittels Telefon; Mobiltelefondienste; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Personenrufdienste (Rundfunk), Sprachübermittlungsdienste (Sprachmitteilungsdienste); Telefondienste; Telekommunikation; elektronische Datenübertragung- sowie Datenempfangsdienste (Telekommunikation); elektronische Übertragungsdienste von Daten in Bezug auf Computer und das Internet (Telekommunikation); Ausstrahlung von Film-, Musik- und sonstigen Unterhaltungssendungen und -produktionen; Klasse 41: Unterhaltung; Organisation und Veranstaltung sportlicher und kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe (Erziehung und Unterhaltung); Organisation und Veranstaltung von Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und/oder Musikdarbietungen sowie Unterhaltungsshows; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Betrieb von Tonstudios; Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer); Dienstleistungen eines Ton- und Fernsehstudios; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); digitaler Bilderdienst; Durchführung von Spielen im Internet; Entwicklung von Unterhaltungsshows und Unterhaltungsmedienformaten; Fernsehunterhaltung; Film-, Fernseh- und Radioproduktion; Fotografieren; Herausgabe und Veröffentlichung von Verlagserzeugnissen (ausgenommen zu Werbezwecken), nämlich Zeitungen, Zeitschriften und Druckereierzeugnissen, auch gespeichert auf elektronischen Medien; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern sowie deren Veröffentlichung, auch in elektronischer Form und im Internet; Komponieren von Musik; Montage (Bearbeitung) von Videobändern; online Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Organisation und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Organisation und Veranstaltung von Kongressen; Organisation und Veranstaltung von Symposien; Rundfunkunterhaltung; Produktion von Shows; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung); Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Veranstaltung von Unterhaltungsshows; Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung und Unterhaltung); Produktion von Industriefilmen; Klasse 42: Entwicklung und Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; Konzeption und Erstellung von Netzwerkseiten (Websites); technische Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung sowie Dienstleistungen eines EDV-Programmierers, nämlich digitale Bildbearbeitung (Grafikerdienstleistungen) und Erstellung von Computer-Animationen in Form von Texten, Bildern, Audio- und Videosignalen für Dritte; technische Beratung für Franchise-Konzepte; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Planungs- und sonstige Dienstleistungen eines Architekten; Planungs- und sonstige Dienstleistungen eines Innenarchitekten; technische Entwicklung von Prototypen von Werbemitteln, Gegenständen für die Inneneinrichtung, Messebauten und Computerhardware; Gestaltung (Design) von Werbematerial; am 4. September 2007 angemeldete und am 4. Februar 2008 unter der Nummer 307 57 746 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragene Wortzeichen Commarco dessen Eintragung am 7. März 2008 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der älteren, am 15. November 2007 für die Dienstleistungen der Klasse 35: organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen für den Güterverkehr, insbesondere im Bereich der Binnenschifffahrt, des Güterkraftverkehrs und des Schienenverkehrs; Klasse 37: Reparatur und Wartung von Transportmitteln, insbesondere Containern; Auskunft über die Reparatur und Wartung von Transportmitteln, insbesondere Containern; Klasse 39: Logistikdienstleistungen auf dem Transport- und Lagersektor, nämlich Dienstleistungen einer Spedition und eines Frachtführers, insbesondere Beförderung von Gütern mit Seeschiffen, Binnenschiffen, Lastkähnen, Eisenbahnen, Lastkraftwagen, Umschlag und Lagerung von Containern und Waren und Verpackung von Waren; Klasse 42: Technische Beratungsdienstleistungen für den Güterverkehr; unter der Nummer 005377734 eingetragenen Gemeinschaftswort-/bildmarke Widerspruch erhoben. Mit Beschluss vom 10. Februar 2010 hat die Markenstelle für Klasse 35 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Nach der maßgeblichen Registerlage bestehe zwischen den beiderseitigen Dienstleistungen "Ähnlichkeit in engerem Nähebereich bis hin zum Bereich der Dienstleistungsidentität". Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als durchschnittlich einzustufen. Selbst bei Dienstleistungsidentität sei der erforderliche Abstand der Vergleichsmarken gewahrt. Dem Bestandteil " CONTARGO " komme innerhalb der Gesamtmarke keine selbständig kollisionsbegründende Stellung zu, weil die Widerspruchsmarke mit dem weiteren Wortbestandteil "trimodal network" und dem aus drei kleinen, schwarzen Rechtecken bestehenden Bildelement eine kompakte, charakteristische Einheit bilde. Alle drei Elemente trügen gleichberechtigt zum Gesamteindruck bei. Dass der Bestandteil "trimodal network" für die eingetragenen Dienstleistungen rein beschreibend sei, lasse ihn nicht völlig in den Hintergrund treten. In (schrift-)bildlicher Hinsicht unterscheide sich die Widerspruchsmarke schon durch ihre Mehrteiligkeit und graphische Ausgestaltung, die in der jüngeren Marke keine Entsprechung finde. Auch eine klangliche Verwechslungsgefahr sei zu verneinen, weil unter Berücksichtigung der Wortfolge "trimodal network" Unterschiede bestünden in Bezug auf Markenlänge, Vokalfolge, Betonung und Sprechrhythmus. Selbst wenn die Wortfolge "trimodal network" beim klanglichen Vergleich unberücksichtigt bliebe, genügten trotz identischer Vokalfolge "o-a-o" und gleicher Silbenzahl die übrigen Unterschiede. Denn die Vergleichsbegriffe Commarco / CONTARGO unterschieden sich deutlich in Aussprache und Betonung der ersten beiden Silben durch die Verwendung der Konsonanten "N-T" bzw. "M-M". Während "N" und "T" Zahnlaute seien, welche deutlich erfassbar nebeneinander klanglich in Erscheinung träten, sei der Lippenlaut "M" nur einmal zu hören. "N" und "M" seien zwar beide stimmhaft, aber das stimmlose "T" mache den Unterschied in der Aussprache genügend auffällig. Da "c" ein harter, klangstarker Konsonant sei, während "G" klangschwach sei und weich ausgesprochen werde, vermieden alle diese Abweichungen die Gefahr einer Verwechslung. Anhaltspunkte für eine begriffliche oder mittelbare Verwechslungsgefahr seien ebenfalls nicht ersichtlich. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 10. Februar 2010 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Sie regt zudem die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Sie vertritt die Ansicht, dass der Wortbestandteil " CONTARGO ", der aufgrund seiner größeren und fett gedruckten Buchstaben über … % des Platzes des Gesamtzeichens einnehme, den Gesamteindruck ihrer Marke alleine präge. Während dem Zeichenelement " CONTARGO " als reiner Phantasiebezeichnung mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme, seien die weiteren Bestandteile nicht oder äußerst schwach kennzeichnend. Der Wortbestandteil "trimodal network" sei eine die fraglichen Dienstleistungen rein beschreibende Bezeichnung und die aus drei kleinen, schwarzen Rechtecken bestehende Graphik setze sich aus einfachen geometrischen Formen zusammen. Bei einem Vergleich der angegriffenen Marke mit dem prägenden Bestandteil " CONTARGO " ihrer Marke sei durch die Übereinstimmung der Zeichen in der Vokalfolge "o-a-o", im Zeichenanfang "Co", in der Zeichenendung "o" und in der Betonung der jeweils mittleren Silbe (TAR/mar) ein hoher Grad klanglicher Ähnlichkeit gegeben. Spreche man die Vergleichszeichen in einem Zug aus, so seien klangliche Unterschiede kaum feststellbar. Zudem träten sie hinter den quantitativ deutlich überwiegenden Gemeinsamkeiten beider Zeichen zurück. Aufgrund der Übereinstimmung in Wortlänge, Wortanfang und Wortende sowie dem ähnlichen Schriftbild der Konsonanten "m" und "N" sowie "c" und "G" wiesen die Vergleichszeichen auch in visueller Hinsicht eine hochgradige Ähnlichkeit auf. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des DPMA und ist der Auffassung, eine alleinige Prägung der Widerspruchsmarke durch das Wortelement " CONTARGO " könne nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin nehme insoweit eine unzulässige, zergliedernde Betrachtung vor und verkenne den Gesamteindruck ihrer Marke. Der Wortbestandteil "trimodal network" habe nicht die Bedeutung, dass auf drei verschiedene Transportmöglichkeiten, nämlich Schiff, Eisenbahn und Lkw, zurückgegriffen werde. Die Widersprechende gebe selbst an, dass "trimodal network" als "Drei-Modus-Netzwerk" verstanden werde. Ohne die erläuternde Selbstbeschreibung der Widersprechenden auf ihrer Internetseite, dass "trimodaler Verkehr" die Nutzung von Binnenschiffen und Zügen in Kombination mit Lkw bedeute, habe der Verkehr keine konkrete Vorstellung, was darunter zu verstehen sei, zumal der Begriff "network" aus unterschiedlichen Zusammenhängen, wie Computer-Netzwerk oder soziales oder berufliches Netzwerk, bekannt sei. Der Wortbestandteil "trimodal network" würde aber selbst dann nicht gänzlich in den Hintergrund treten, wenn er rein beschreibend wäre. Da " CONTARGO " nicht in ihre Marke übernommen worden sei, scheide eine mittelbare Verwechslungsgefahr selbst dann aus, wenn " CONTARGO " eine selbständig kennzeichnende Stellung zukäme. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet, weil zwischen beiden Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 125b Nr. 1 MarkenG besteht. Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2006, 60, 61 Rdnr. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 860 Rdnr. 16 - Malteserkreuz; MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO ; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260 Rdnr. 20 -INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2009, 484, 486 Rdnr. 23 - Metrobus; GRUR 2010, 235 Rdnr. 15 - AIDA / AIDU ; EUGH GRUR 2006, 237, 238 -PICARO/PICASSO). 1. Es ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen. Selbst wenn der Bestandteil "trimodal network" im Bereich der (Container-)Logistik die Aussage vermittelt, dass diese auf drei verschiedene Transportmöglichkeiten zurückgreift, nämlich Schiff, Eisenbahn und Lkw, und " CONTARGO " als Kunstwort aus den beiden Fachbegriffen "Container" und "Cargo" einen Sachhinweis auf die eingetragenen Dienstleistungen darstellt, erhält die Widerspruchsmarke ihre durchschnittliche originäre Kennzeichnungskraft zumindest aus der konkreten grafischen Ausgestaltung. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft fehlen jegliche Anhaltspunkte. 2. Ausgehend von der Registerlage werden die Vergleichsmarken u. a. zur Kennzeichnung teils identischer, teils hochgradig ähnlicher Dienstleistungen verwendet. Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN, GRUR 2004, 601 - d-c-fix/CD-FIX, EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rdnr. 65 -Edition Albert René). a) Zwischen der für die jüngere Marke in Klasse 35 geschützten Dienstleistungen "Unternehmensberatung als Dienstleistungen einer Agentur, nämlich betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung im Zusammenhang mit der Nutzung aller, auch digitaler, Medien sowie betriebswirtschaftliche und organisatorische Planung, Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur Nutzung aller Medien; betriebswirtschaftliche Beratung auf Franchise-Konzepte; Controlling", und den für sie in Klasse 36 eingetragenen Dienstleistungen "Finanzanalysen; finanzielle Beratung; Mergers- und Akquisitionsgeschäfte, nämlich finanzielle Beratung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen sowie Unternehmensbeteiligungen" einerseits und den Widerspruchsdienstleistungen "Organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen für den Güterverkehr" der Klasse 35 andererseits besteht teils Identität, teils hochgradige Ähnlichkeit. "Controlling" ist ein umfassendes Steuerungs- und Koordinationskonzept zur Unterstützung der Geschäftsführung und der führungsverantwortlichen Stellen bei der zielgerichteten Beeinflussung bestehender betrieblicher Prozesse ( http://de.wikipedia.org/wiki /Controlling) und stellt folglich einen Kernbereich betriebswirtschaftlicher Beratungsdienstleistungen dar. b) Hochgradige Ähnlichkeit ist anzunehmen zwischen den Widerspruchsdienstleistungen "Technische Beratungsdienstleistungen für den Güterverkehr" der Klasse 42 und den in derselben Klasse für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistungen "Entwicklung und Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung; Konzeption und Erstellung von Netzwerkseiten (Websites); technische Projektierung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung sowie Dienstleistungen eines EDV-Programmierers, nämlich digitale Bildbearbeitung (Grafikerdienstleistungen) und Erstellung von Computer-Animationen in Form von Texten, Bildern, Audio- und Videosignalen für Dritte; technische Beratung für Franchise-Konzepte", weil technische Beratungsdienstleistungen auch die Erstellung von Programmen umfassen können. c) Es kann sowohl dahingestellt bleiben, ob und in welchem Grad eine Ähnlichkeit besteht zwischen den für die jüngere Marke in Klasse 35 eingetragenen Werbedienstleistungen und den in derselben Klasse eingetragenen Widerspruchsdienstleistungen "Organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratungsdienstleistungen für den Güterverkehr" (vgl. dazu BPatG 29 W (pat) 71/87 - contex Betriebsberatung/contas) als auch, ob und in welchem Grad weitere Dienstleistungsähnlichkeiten festgestellt werden können. 3. Denn selbst bei Identität und hochgradiger Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen hält die angegriffene Marke unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. a) Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, in (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC ). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen (BGH GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). b) In ihrer Gesamtheit unterscheidet sich die Widerspruchsmarke bereits aufgrund ihrer besonderen grafischen Ausgestaltung und zusätzlicher Wortbestandteile von der Wortmarke " Commarco " deutlich, so dass eine Verwechslungsgefahr in (schrift-)bildlicher Hinsicht zu verneinen ist. c) Allerdings kommt eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht dann in Betracht, wenn der in der Widerspruchsmarke enthaltene Wortbestandteil " CONTARGO " eine kollisionsbegründende Stellung einnimmt, indem er eine die Gesamtmarke prägende Funktion aufweist und demzufolge die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2004, 865 - Mustang; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 279 ff. m. w. N.). In diesem Rahmen ist bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr zunächst davon auszugehen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in einer Marke in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (BGH GRUR 2008, 903, 905 Rdnr. 25 - SIERRA ANTIGUO ; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 332 m. w. N.), so dass vorliegend grafische Unterschiede der Marken unberücksichtigt bleiben können. Der Markenbestandteil "trimodal network" setzt sich aus dem englischen Substantiv "network" mit der Bedeutung "Netz" oder "Netzwerk" (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 586; http://dict.leo.org ) und der sowohl im englischen als auch im deutschen Sprachraum gleichbedeutenden adjektivischen Wortkombination "trimodal", bestehend aus der Vorsilbe "tri", also "drei" ( http://dict.leo.org ), und "modal" (Pons, a. a. O., S. 564; http://dict.leo.org ) für "die Art und Weise bezeichnend" (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]) zusammen. Dabei wird im Bereich des Verkehrswesens unter multimodalem Verkehr der Transport eines Gutes mit zwei oder mehr - hier drei - unterschiedlichen Verkehrsträgern (Schiene, Straße, Binnen- und Seeschiff, Flugzeug, Pipeline) verstanden ( http://de.wikipedia.org/wiki/Multimodaler Verkehr). Der Gesamtbegriff "trimodales Netz" oder "trimodales Netzwerk" ist daher für die von den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke angesprochenen Fachkreise ein beschreibender Hinweis darauf, dass Dienstleistungen auf dem Gebiet des "trimodalen" Güterverkehrs, also auf dem Gebiet des Gütertransports mittels drei verschiedener Transportmittel - hier Binnenschiff, Bahn und Lkw - angeboten werden. Diese beschreibende Angabe wird durch die drei kleinen, schwarzen Rechtecke, welche entweder drei Gütercontainer darstellen oder den Dreifachcharakter der Gütertransportmittel graphisch besonders unterstreichen, noch unterstützt. Diese ausschließlich beschreibende Angabe tritt neben dem Kunstwort " CONTARGO " zurück, so dass letzterer die Widerspruchsmarke prägt. In ihren verbleibenden Wortbestandteilen " Commarco " und " CONTARGO " unterscheiden sich die beiden Vergleichsmarken klanglich nicht hinreichend deutlich. Es bestehen Übereinstimmungen am Anfang und am Ende, weil beide mit "Co" beginnen und mit dem Buchstaben "o" enden. Beide Marken sind dreisilbig, enthalten eine zentrale Buchstabenfolge "AR", werden auf der jeweils mittleren Silbe (mar/TAR) betont und verfügen über die identische Vokalfolge "O-A-O". Unterschiede ergeben sich nur bei den unbetonten Konsonanten "mm" und "NT" in der ersten Hälfte und den unbetonten Konsonanten "c" und "G" in der zweiten Hälfte der jeweiligen Marke. Auch wenn "m" ein Lippenlaut und "N" ein Zahnlaut ist, sind beide stimmhafte Nasenlaute. Der stimmlose Zahnlaut "t" und der klangschwache Konsonant "g" in der Widerspruchsmarke bewirken zwar einen klanglichen Unterschied zum klangstarken Konsonsant "c" in der Mitte der angegriffenen Marke, aber diese Unterschiede sind gering und könnten überhört werden. d) Die klangliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken wird jedoch durch den Sinngehalt der Widerspruchsmarke neutralisiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen zwei Zeichen die zwischen ihnen bestehenden klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten neutralisieren können, wenn zumindest eines der Zeichen eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie ohne Weiteres erfassen können (EuGH GRUR Int 2009, 397, 402 Rdnr. 98 - OBELIX /MOBILIX; GRUR 2006, 237, 238 Rdnr. 20 - PICARO / PICASSO ). Vorliegend begegnen sich die beiden Marken auf dem Markt der Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, welcher aus Anbietern und Abnehmern auf dem Sektor des Güterverkehrs, insbesondere im Bereich der Binnenschifffahrt, des Güterkraftverkehrs und des Schienenverkehrs, besteht. Bei den Marktteilnehmern handelt es sich daher um einen Fachverkehr, welcher üblicherweise über einen erhöhten Grad der Aufmerksamkeit verfügt. Während dem Wortzeichen " Commarco " kein begrifflicher Inhalt entnommen werden kann - " commarco " oder "com" haben keine Bedeutung; " marco " ist der spanische Begriff für "Rahmen" oder die deutsche "Mark" ( http://dict.leo.org ) sowie der italienische Begriff für die deutsche "Mark" oder ein italienischer Vorname ( http://dict.leo.org; http://de.wikipedia.org/wiki/Marco ) -, ist der Begriff " CONTARGO " ein Kunstwort, das sich aus Bestandteilen der beiden Fachbegriffe "CONT( AINER )" und "(C) ARGO " zusammensetzt, welche den angesprochenen Verkehrskreisen, nämlich den Fachleuten auf dem Gebiet des Güterverkehrs, vertraut sind, da sie zu ihrem Fachjargon gehören. Sie werden daher diesen Sinngehalt ohne weiteres erfassen, den prägenden Markenbestandteil " CONTARGO " also sofort mit dem englischen, in die deutsche Sprache eingegangenen Fachbegriff " CONTAINER ", dem die Bedeutung "der rationelleren und leichteren Beförderung dienender [quaderförmiger] großer Behälter [in standardisierter Größe]" (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]) zukommt, und dem ebenfalls im Deutschen gebräuchlichen englischen Fachbegriff " CARGO " mit der Bedeutung "Fracht, Ladung" (Duden-Oxford, a. a. O.; Duden - Deutsches Universalwörterbuch, a. a. O.) in Verbindung bringen und ihn nicht mit der jeglichen Sinngehalt entbehrenden Bezeichnung " Commarco " verwechseln. 3. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG bestand keine Veranlassung. Sie kommt nur in Betracht, wenn ein Beteiligter gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten verstößt. Dies kann selbst bei Aussichtslosigkeit einer Beschwerde oder Verteidigung gegen eine solche nur bejaht werden, wenn ein Beteiligter mit seinem Verhalten vorrangig verfahrensfremde Ziele wie die Verzögerung einer Entscheidung oder die Behinderung der Gegenseite verfolgt (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rdnr. 16). Dafür sind hier aber keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich. 4. Die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kam ebenfalls nicht in Betracht, weil weder eine konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung  des  Bundesgerichtshofs erfordert  (§ 83 Abs. 2 Nr. 2  MarkenG). Vielmehr ging es im vorliegenden Verfahren nur um die Subsumtion des Sachverhalts unter das Markengesetz auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006407&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006408
BPatG
München
25. Senat
20100727
25 W (pat) 147/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Heimwerker Weltmeisterschaft" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung  307 26 418.1 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I. Die Wortfolge Heimwerker Weltmeisterschaft ist am 20. April 2007 für die Waren und Dienstleistungen "Spiele und Spielzeug einschließlich Spielkarten und Computerspiele, soweit in Klasse 28 enthalten; Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren; Speiseeis; Präparate zur Herstellung der vorgenannten Produkte, soweit in Klasse 30 enthalten; Durchführung von Spielen im Internet, Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; online angebotene Spieldienstleistungen; Durchführung von Gewinnspielen" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG  ist die Anmeldung durch zwei Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. November 2007 und 4. März 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen worden, weil der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bereits das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Auch wenn eine "Heimwerker Weltmeisterschaft" als solche noch unbekannt sei, verfüge die angemeldete Bezeichnung über einen einfach zu erfassenden Begriffsinhalt i. S. eines Wettbewerbs mit Beteiligung aus der ganzen Welt zum Gegenstand des Heimwerkens. Die angemeldete Marke stehe in einer Reihe mit bekannten Begriffen wie "Fußball Weltmeisterschaft", "Ski-WM", "Handball Weltmeisterschaft" oder - eher als Spaßveranstaltung bekannt - "Wok-WM". Hinsichtlich der Spiele als Ware und der Durchführung von Spielen als Dienstleistung bringe die Bezeichnung lediglich zum Ausdruck, dass Gegenstand des Spiels eine "Heimwerker Weltmeisterschaft" sei. Es sei möglich, dass ein Spiel vom Ablauf her wie eine Weltmeisterschaft ausgestaltet sei und die einzelnen Spielschritte Aufgaben auf dem Gebiet des Heimwerkens umfassten. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise habe das Spiel "Heimwerker Weltmeisterschaft" damit einen Wettbewerb mit weltweiter Beteiligung in den verschiedenen Disziplinen des Heimwerkens zum Gegenstand. Damit werde die angemeldete Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 28 und 41 als eine Beschreibung des Spielinhalts verstanden, nicht jedoch als ein Hinweis auf betriebliche Herkunft des Spiels. In Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 30 sei zu beachten, dass für den Verkehr eine Verknüpfung von Süßwaren mit Spielen oder Wettbewerben als Marketingmaßnahme nicht ungewöhnlich sei. So enthalte z. B. das Überraschungsei von Ferrero neben anderen Spielzeugen auch einen Code, der Zugang zu bestimmten Spielen im Internet verschaffe. Die Schokoladenmarke "Milka" werbe mit verschiedenen Spielen, die unter der Rubrik "Alpenspass" im Internet abgerufen werden könnten. Die Anmelderin selbst biete auf der Homepage ihrer Marke " Toffifee " unter der Rubrik "Schlechtwetterretter" Spiele an. Das angesprochene Publikum werde daher die angemeldete Marke in Zusammenhang mit diesen Waren als einen Hinweis darauf verstehen, dass mit der Ware auch Informationen, Zugangscodes oder ähnliches zu einer Heimwerker Weltmeisterschaft verbunden seien, darin jedoch keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware erkennen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. November 2007 und 4. März 2009 aufzuheben. Der angemeldeten Bezeichnung "Heimwerker Weltmeisterschaft" lasse sich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zuordnen. Es handele sich vielmehr um eine originäre Wortschöpfung. Eine "Heimwerker Weltmeisterschaft" existiere nicht und könne daher nicht mit der "Ski-WM", der "Handball Weltmeisterschaft" oder der noch populäreren "Fußball Weltmeisterschaft" gleichgesetzt werden, zumal "Heimwerken" kein Sport sei. Wie eine "Heimwerker Weltmeisterschaft" gestaltet sein könnte, sei völlig offen. Die angemeldete Bezeichnung vermittele daher einen Begriffsinhalt, der spekulativ und diffus sei, weil es in der Wirklichkeit keine "Heimwerker Weltmeisterschaft" gebe bzw. der Veranstalter, die Beteiligten, der Ablauf, die Regeln und die verlangten Fertigkeiten in dieser Meisterschaft völlig im Dunkeln blieben. Unabhängig davon könne die Angabe "Heimwerker Weltmeisterschaft" allenfalls eine Unterhaltungsveranstaltung und die darauf bezogenen Dienstleistungen beschreiben, nicht hingegen reale oder virtuelle Spiele, die als körperlich vorhandene Produkte im Sinne der Klasse 28 oder Leistungen im Internet im Sinne der Klasse 41 angeboten würden, und sie sei ganz sicher keine Angabe, die die Eigenschaft von Süßwaren beschreibe. Die angemeldete Marke "Heimwerker Weltmeisterschaft" weise auch keinen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf. Zum einen gebe es real keine Veranstaltung "Heimwerker Weltmeisterschaft", so dass der Verkehr sich kein konkretes Bild von einem solchen Wettbewerb machen könne, zum anderen fehle es auch an einem bestimmten Verwendungszweck, dem die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu dienen bestimmt sein könnten. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Waren der Klasse 30. "Heimwerker Weltmeisterschaft" sei auch keine Angabe, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde, da es sich anders als z. B. bei der Bezeichnung " Fussball WM 2006" nicht um eine bekannte Veranstaltung handele. Unter Beachtung insbesondere der aktuellen BGH - Entscheidungen I ZB 97/05 - "WM 2006" und "My World" (GRUR 2009, 949) könne der angemeldeten Bezeichnung eine Unterscheidungskraft daher nicht abgesprochen werden. Ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Terminsantrag hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 20. Juli 2010 zurückgenommen, worauf der auf den 29. Juli 2010 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung abgesetzt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Wortfolge verfügt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] " FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] " FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Schließlich fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen, die ohne beschreibend zu sein oder ohne engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Produkten zu haben aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind (siehe dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 49 und Rdn. 138 -142 mit zahlreichen Nachweisen), wozu auch die sog. Eventzeichen gehören können (siehe dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 160 - 165). Der Verkehr wird die angemeldete Bezeichnung ihrem Bedeutungs- und Sinngehalt nach ohne weiteres in dem von der Markenstelle dargelegten Sinn eines Heimwerkerwettbewerbs bzw. -wettkampfs auf weltweiter Ebene verstehen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Tätigkeit des Heimwerkens nicht um einen sportlichen Wettkampf handelt. Denn der Verkehr ist daran gewöhnt, dass Vergleichswettkämpfe in Form von deutschen, Europa- und/oder Weltmeisterschaften mittlerweile auch außerhalb des Sportbereichs z. B. auf dem Gebiet des Handwerks ausgetragen werden, wie die der Anmelderin im Parallelverfahren 25 W (pat) 146/09 ("Heimwerker Europameisterschaft") als Anlage 1 zur Terminsladung zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2010 übersandte Recherche - auf die der Senat auch bereits in der Ladungsverfügung zu diesem Verfahren Bezug genommen hat - belegt. Auch wenn es sich beim Heimwerken nicht um einen handwerklichen Beruf in einem spezifischen handwerklichen Bereich handelt, ist diese Tätigkeit nicht zuletzt aufgrund ihrer Nähe zur handwerklichen Tätigkeit ebenfalls einem solchen (Vergleichs-) Wettbewerb zugänglich. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 28 und 41 "Spiele und Spielzeug einschließlich Spielkarten und Computerspiele, soweit in Klasse 28 enthalten; …. Durchführung von Spielen im Internet, Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; online angebotene Spieldienstleistungen; Durchführung von Gewinnspielen" ist ferner zu beachten, dass sportliche Wettbewerbe und Wettkämpfe zunehmend Gegenstand von Computerspielen sind. So können sportliche Wettkämpfe wie z. B. Fußballspiele, Autorennen, Skirennen etc. als Computer-Spiel nachgespielt werden oder auch in Form von Online-Spielen als Wettbewerb/Wettkampf ausgetragen werden. Der Gegenstand solcher (Online-)Spiele ist dabei nicht auf sportliche Wettkämpfe begrenzt. So ist aus der Werbung z. B. auch die Form des "Online-Pokerspiels", bei dem die Spieler über eine Internet-Verbindung ihr Spiel austragen, bekannt. Online-Spiele werden weiterhin auch in Zusammenhang mit Werbung und Vermarktung von Produkten eingesetzt, wie die von der Markenstelle im Erinnerungsbeschluss genannten Beispiele sowie die der Anmelderin als Anlage 3 zur Ladung im Parallelvefahren 25 W (pat) 146/07 beigefügten Unterlagen, auf die der Senat ebenfalls in der Ladungsverfügung zu diesem Verfahren Bezug genommen hat, verdeutlichen. Vor diesem Hintergrund werden die vorliegend maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klasse 28 und 41 dann aber lediglich als Hinweis auf eine als Online-Spiel ausgestaltete "Heimwerker Weltmeisterschaft" und damit auf den Gegenstand und Inhalt der jeweiligen Waren und Dienstleistungen verstehen, darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen, selbst wenn ihnen eine solche Veranstaltung bisher unbekannt ist und sie demzufolge auch keine Kenntnisse über deren Inhalt, Ablauf, Regeln etc. haben. Die angemeldete Bezeichnung weist auch zu den weiteren beanspruchten Waren "Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren; Speiseeis; Präparate zur Herstellung der vorgenannten Produkte, soweit in Klasse 30 enthalten" einen so starken Sachbezug auf, dass der Gedanke an ein individuelles Herkunftszeichen fernliegt. Der Verkehr ist in Zusammenhang mit sportlichen Veranstaltungen, insbesondere internationalen Veranstaltungen wie z. B. Europa- oder Weltmeisterschaften daran gewöhnt, dass anlässlich einer solchen Veranstaltung Lebens- und Genussmittel hergestellt und vertrieben werden, die durch ihre Gestaltung oder Verpackung einen Bezug zu diesem Ereignis aufweisen (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 35/09 v. 25. November 2009 - EM 2012), wobei die Unternehmen, die in dieser Art Produktwerbung betreiben, häufig als Sponsoren - meist neben weiteren Sponsoren - solcher Veranstaltungen auftreten und mit diesem Umstand auch werben. So bewerben gerade auch Nahrungs-, Genussmittel- und Getränkehersteller vor allem in der Zeit sportlicher Großereignisse ihre Produkte häufig mit entsprechenden Hinweisen auf die entsprechende Veranstaltung (vgl. dazu vgl. BPatG PAVIS PROMA 32 W(pat) 238/04 v. 4. April 2007 - WM 2006). Angesichts dieser im hier maßgeblichen Warenbereich verbreiteten Werbegepflogenheiten wird der Verkehr dann aber auch bei Veranstaltungsbezeichnungen, die wie "Heimwerker Weltmeisterschaft" zwar keine Großereignisse bezeichnen, Gegenstand und Inhalt der Veranstaltung aber zweifelsfrei erkennen lassen, lediglich einen Hinweis auf die Art der Veranstaltung als solche, nicht aber auf den Anbieter einer so gekennzeichneten Ware erkennen. Anders als bei der von der Anmelderin ausdrücklich benannten Entscheidung des BGH zur Bezeichnung "WM 2006" (I ZB 97/05) handelt es sich bei der Bezeichnung "Heimwerker Weltmeisterschaft" auch nicht um eine abgekürzte Benennung einer Veranstaltung - wie z. B. "Heimwerker WM" - bzw. eine Buchstaben-/Zahlenkombination, welche u. U. interpretationsbedürftig sein könnte, sondern um die wörtliche Benennung der Veranstaltung, bei der von vornherein kein Anlass für interpretatorische Überlegungen hinsichtlich des Sinn- und Bedeutungsgehalts der einzelnen Begriffe besteht; vielmehr benennt "Heimwerker Weltmeisterschaft" Gegenstand und Art der Veranstaltung so klar und unmissverständlich, dass der Verkehr im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren selbst dann nicht auf die Idee kommt, diese Bezeichnung könne oder solle die Herkunft der damit versehenen Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen identifizieren, wenn er bisher von einem solchen Wettbewerb noch nichts gehört hat. Unabhängig davon hat der BGH auch in der Entscheidung I ZB 97/05 betreffend das Löschungsverfahren zu der Marke "WM 2006" die vorinstanzliche Entscheidung des BPatG, soweit diese die Löschung der auch hier maßgeblichen Waren abgelehnt hatte, aufgehoben mit der Begründung, dass die Bezeichnung "WM 2006" - anders als " FUSSBALL WM 2006" (GRUR 2006, 850) - in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr zwar nicht allgemein und grundsätzlich als nicht unterscheidungskräftiger Hinweis auf die Veranstaltung einer Weltmeisterschaft im Jahr 2006 verstanden werde, jedoch andererseits auch nicht angenommen werden könne, dass dieser Bezeichnung grundsätzlich für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die keinen Bezug zu der Veranstaltung einer Weltmeisterschaft im Jahr 2006 haben, stets hinreichende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zukomme. Entscheidend sei allein, ob der Verkehr aufgrund der Art, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der betreffenden Ware oder Dienstleistung Anlass habe, in der Bezeichnung einen Bezug zu der Fußball WM zu sehen, oder ob ein solcher Bezug fernliegend sei und der Verkehr daher für einzelne Waren oder Dienstleistungen "WM 2006" nicht als abkürzende Beschreibung einer "Weltmeisterschaft im Jahr 2006", sondern als unterscheidungskräftige Buchstaben- und Zahlenkombination verstehe. Danach fehlt auch nach dieser Entscheidung einer ihrem Begriffs- und Bedeutungsgehalt nach eindeutige und unmissverständlichen Bezeichnung einer Veranstaltung bzw. eines Events die Unterscheidungskraft, wenn der Verkehr die jeweiligen Waren und Dienstleistungen mit der entsprechenden Veranstaltung in einen sachbezogenen und damit in einen, einem Verständnis als betrieblicher Herkunftshinweis entgegenwirkenden Zusammenhang stellt. Dementsprechend hat dann auch das BPatG im Anschluss an diese Entscheidung des BGH die Marke "WM 2006" in Bezug auf diese Waren gelöscht (vgl. BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 238/04 v. 4. April 2007 - WM 2006, Seite 36). Auch die von der von der Anmelderin mehrfach zitierte BGH-Entscheidung betreffend die Wortfolge "My World" (GRUR 2009, 949) bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung, da es bei "My World" zum einen bereits nicht um eine Veranstaltungs-(Event-)Bezeichnung handelt, sondern um ein sloganartige Wortfolge, ferner der BGH in seiner Entscheidung von einer gewissen Mehrdeutigkeit bzw. einem unscharfen Bedeutungsgehalt dieser Wortfolge ausgegangen ist, an der es vorliegend jedoch aus den vorgenannten Gründen fehlt. Einem sachbezogenen Verständnis steht ferner nicht entgegen, dass Gegenstand, Inhalt und Ablauf einer solchen Veranstaltung nicht näher bekannt sind bzw. dazu der angemeldeten Bezeichnung nichts entnommen werden kann, da eine mit einer allgemeinen Bezeichnung wie "Heimwerker Weltmeisterschaft" verbundene begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegensteht (vgl. BGH GRUR 2009, 952, 953 Tz. 15 - DeutschlandCard ). Die Beschwerde bleibt daher ohne Erfolg. Die seitens der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 MarkenG ist nicht geboten. Es war keine Rechtsfrage zu entscheiden, die von grundsätzlicher Bedeutung ist oder deren Beantwortung zur Fortbildung des Rechts eine Befassung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 1. Alt. MarkenG). Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 83 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. MarkenG) ist nicht gegeben, da die Entscheidung aus den dargelegten Gründen nicht von der Rechtsprechung des BGH, insbesondere auch nicht von den Entscheidungen betreffend die Wortmarken "WM 2006" (I ZB 97/05) und "My World" (GRUR 2009, 949) abweicht. Inwieweit Waren und Dienstleistungen einen sachlichen und damit einen, dem Verständnis als betrieblicher Herkunftshinweis entgegenstehenden Bezug zu der zu beurteilenden Bezeichnung aufweisen, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, die für sich genommen die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig noch nicht einmal dann rechtfertigen könnte, wenn sie im Einzelfall von der Beurteilung eines anderen Senats oder Gerichts abweichen und zu einem anderen Ergebnis führen würde (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 83 Rdnr. 18).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006408&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006409
BPatG
München
25. Senat
20100727
25 W (pat) 146/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Heimwerker Europameisterschaft" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung  307 26 417.3 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin  wird zurückgewiesen.
I. Die Wortfolge Heimwerker Europameisterschaft ist am 20. April 2007 für die Waren und Dienstleistungen "Spiele und Spielzeug einschließlich Spielkarten und Computerspiele, soweit in Klasse 28 enthalten; Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren; Speiseeis; Präparate zur Herstellung der vorgenannten Produkte, soweit in Klasse 30 enthalten; Durchführung von Spielen im Internet, Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; online angebotene Spieldienstleistungen; Durchführung von Gewinnspielen" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG ist die Anmeldung durch zwei Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2007 und 4. März 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen worden, weil der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bereits das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Auch wenn eine "Heimwerker Europameisterschaft" als solche noch unbekannt sei, verfüge die angemeldete Bezeichnung über einen einfach zu erfassenden Begriffsinhalt i. S. eines Wettbewerbs mit Beteiligung aus ganz Europa zum Gegenstand des Heimwerkens. Die angemeldete Marke stehe in einer Reihe mit bekannten Begriffen wie "Fußball Europameisterschaft", "Ski-EM", "Handball Europameisterschaft" oder - eher als Spaßveranstaltung bekannt - "Wok-WM". Hinsichtlich der Spiele als Ware und der Durchführung von Spielen als Dienstleistung bringe die Bezeichnung lediglich zum Ausdruck, dass Gegenstand des Spiels eine "Heimwerker Europameisterschaft" sei. Es sei möglich, dass ein Spiel vom Ablauf her wie eine Europameisterschaft ausgestaltet sei und die einzelnen Spielschritte Aufgaben auf dem Gebiet des Heimwerkens umfassten. Aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise habe das Spiel "Heimwerker Europameisterschaft" damit einen Wettbewerb mit europaweiter Beteiligung in den verschiedenen Disziplinen des Heimwerkens zum Gegenstand. Damit werde die angemeldete Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 28 und 41 als eine Beschreibung des Spielinhalts verstanden, nicht jedoch als ein Hinweis auf betriebliche Herkunft des Spiels. In Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 30 sei zu beachten, dass für den Verkehr eine Verknüpfung von Süßwaren mit Spielen oder Wettbewerben als Marketingmaßnahme nicht ungewöhnlich sei. So enthalte z. B. das Überraschungsei von Ferrero neben anderen Spielzeugen auch einen Code, der Zugang zu bestimmten Spielen im Internet verschaffe. Die Schokoladenmarke "Milka" werbe mit verschiedenen Spielen, die unter der Rubrik "Alpenspass" im Internet abgerufen werden könnten. Die Anmelderin selbst biete auf der Homepage ihrer Marke " Toffifee " unter der Rubrik "Schlechtwetterretter" Spiele an. Das angesprochene Publikum werde daher die angemeldete Marke in Zusammenhang mit diesen Waren als einen Hinweis darauf verstehen, dass mit der Ware auch Informationen, Zugangscodes oder ähnliches zu einer Heimwerker Europameisterschaft verbunden seien, darin jedoch keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware erkennen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2007 und 4. März 2009 aufzuheben. Der angemeldeten Bezeichnung "Heimwerker Europameisterschaft" lasse sich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zuordnen. Es handele sich vielmehr um eine originäre Wortschöpfung. Eine "Heimwerker Europameisterschaft" existiere nicht und könne daher nicht mit der "Ski-EM", der "Handball Europameisterschaft" oder der noch populäreren "Fußball Europameisterschaft" gleichgesetzt werden, zumal "Heimwerken" kein Sport sei. Wie eine "Heimwerker Europameisterschaft" gestaltet sein könnte, sei völlig offen. Die angemeldete Bezeichnung vermittele daher einen Begriffsinhalt, der spekulativ und diffus sei, weil es in der Wirklichkeit keine "Heimwerker Europameisterschaft" gebe bzw. der Veranstalter, die Beteiligten, der Ablauf, die Regeln und die verlangten Fertigkeiten in dieser Meisterschaft völlig im Dunkeln blieben. Unabhängig davon könne die Angabe "Heimwerker Europameisterschaft" allenfalls eine Unterhaltungsveranstaltung und die darauf bezogenen Dienstleistungen beschreiben, nicht hingegen reale oder virtuelle Spiele, die als körperlich vorhandene Produkte im Sinne der Klasse 28 oder Leistungen im Internet im Sinne der Klasse 41 angeboten würden, und sie sei ganz sicher keine Angabe, die die Eigenschaft von Süßwaren beschreibe. Die angemeldete Marke "Heimwerker Europameisterschaft" weise auch keinen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf. Zum einen gebe es real keine Veranstaltung "Heimwerker Europameisterschaft", so dass der Verkehr sich kein konkretes Bild von einem solchen Wettbewerb machen könne, zum anderen fehle es auch an einem bestimmten Verwendungszweck, dem die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu dienen bestimmt sein könnten. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Waren der Klasse 30. "Heimwerker Europameisterschaft" sei auch keine Angabe, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde, da es sich anders als z. B. bei der Bezeichnung " Fussball WM 2006" nicht um eine bekannte Veranstaltung handele. Unter Beachtung insbesondere der aktuellen BGH - Entscheidungen I ZB 97/05 - "WM 2006" und "My World" (GRUR 2009, 949) könne der angemeldeten Bezeichnung eine Unterscheidungskraft daher nicht abgesprochen werden. Ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Terminsantrag hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 20. Juli 2010 zurückgenommen, worauf der auf den 29. Juli 2010 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung abgesetzt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die angemeldete Wortfolge verfügt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] " FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] " FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Schließlich fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen, die ohne beschreibend zu sein oder ohne engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Produkten zu haben aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind (siehe dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 49 und Rdn. 138 -142 mit zahlreichen Nachweisen), wozu auch die sog. Eventzeichen gehören können (siehe dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 160 - 165). Der Verkehr wird die angemeldete Bezeichnung ihrem Bedeutungs- und Sinngehalt nach ohne weiteres in dem von der Markenstelle dargelegten Sinn eines Heimwerkerwettbewerbs bzw. -wettkampfs auf europäischer Ebene verstehen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Tätigkeit des Heimwerkens nicht um einen sportlichen Wettkampf handelt. Denn der Verkehr ist daran gewöhnt, dass Vergleichswettkämpfe in Form von deutschen, Europa- und/oder Weltmeisterschaften mittlerweile auch außerhalb des Sportbereichs z. B. auf dem Gebiet des Handwerks ausgetragen werden. So gibt es Europameisterschaften der Fleischer, Zimmerer, Bäcker etc., wie die der Anmelderin mit der als Anlage 1 zur Terminsladung zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2010 übersandte Recherche belegt. Auch wenn es sich beim Heimwerken nicht um einen handwerklichen Beruf in einem spezifischen handwerklichen Bereich handelt, ist diese Tätigkeit nicht zuletzt aufgrund ihrer Nähe zur handwerklichen Tätigkeit ebenfalls einem solchen (Vergleichs-) Wettbewerb zugänglich. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 28 und 41 "Spiele und Spielzeug einschließlich Spielkarten und Computerspiele, soweit in Klasse 28 enthalten; …. Durchführung von Spielen im Internet, Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; online angebotene Spieldienstleistungen; Durchführung von Gewinnspielen" ist ferner zu beachten, dass sportliche Wettbewerbe und Wettkämpfe zunehmend Gegenstand von Computerspielen sind. So können sportliche Wettkämpfe wie z. B. Fußballspiele, Autorennen, Skirennen etc. als Computer-Spiel nachgespielt werden oder auch in Form von Online-Spielen als Wettbewerb/Wettkampf ausgetragen werden. Der Gegenstand solcher (Online-)Spiele ist dabei nicht auf sportliche Wettkämpfe begrenzt. So ist aus der Werbung z. B. auch die Form des "Online-Pokerspiels", bei dem die Spieler über eine Internet-Verbindung ihr Spiel austragen, bekannt. Online-Spiele werden weiterhin auch in Zusammenhang mit Werbung und Vermarktung von Produkten eingesetzt, wie die von der Markenstelle im Erinnerungsbeschluss genannten Beispiele sowie die der Anmelderin als Anlage 3 zur Ladung beigefügten Unterlagen verdeutlichen. Vor diesem Hintergrund werden die vorliegend maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klasse 28 und 41 dann aber lediglich als Hinweis auf eine als Online-Spiel ausgestaltete "Heimwerker Europameisterschaft" und damit auf den Gegenstand und Inhalt der jeweiligen Waren und Dienstleistungen verstehen, darin aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen, selbst wenn ihnen eine solche Veranstaltung bisher unbekannt ist und sie demzufolge auch keine Kenntnisse über deren Inhalt, Ablauf, Regeln etc. haben. In diesem Sinne hat die Anmelderin nach einer Recherche des Senats die Bezeichnung bereits selbst für einen entsprechenden (Online-)Wettbewerb benutzt, wenngleich diesem Umstand in Anbetracht ihres unmissverständlichen Sinngehalts keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Die angemeldete Bezeichnung weist auch zu den weiteren beanspruchten Waren "Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren; Speiseeis; Präparate zur Herstellung der vorgenannten Produkte, soweit in Klasse 30 enthalten" einen so starken Sachbezug auf, dass der Gedanke an ein individuelles Herkunftszeichen fernliegt. Der Verkehr ist in Zusammenhang mit sportlichen Veranstaltungen, insbesondere internationalen Veranstaltungen wie z. B. Europa- oder Weltmeisterschaften daran gewöhnt, dass anlässlich einer solchen Veranstaltung Lebens- und Genussmittel hergestellt und vertrieben werden, die durch ihre Gestaltung oder Verpackung einen Bezug zu diesem Ereignis aufweisen (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 35/09 v. 25. November 2009 - EM 2012), wobei die Unternehmen, die in dieser Art Produktwerbung betreiben, häufig als Sponsoren - meist neben weiteren Sponsoren - solcher Veranstaltungen auftreten und mit diesem Umstand auch werben. So bewerben gerade auch Nahrungs-, Genussmittel- und Getränkehersteller vor allem in der Zeit sportlicher Großereignisse ihre Produkte häufig mit entsprechenden Hinweisen auf die entsprechende Veranstaltung (vgl. dazu vgl. BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 238/04 v. 4. April 2007 - WM 2006). Angesichts dieser im hier maßgeblichen Warenbereich verbreiteten Werbegepflogenheiten wird der Verkehr dann aber auch bei Veranstaltungsbezeichnungen, die wie "Heimwerker Europameisterschaft" zwar keine Großereignisse bezeichnen, Gegenstand und Inhalt der Veranstaltung aber zweifelsfrei erkennen lassen, lediglich einen Hinweis auf die Art der Veranstaltung als solche, nicht aber auf den Anbieter einer so gekennzeichneten Ware erkennen. Anders als bei der von der Anmelderin ausdrücklich benannten Entscheidung des BGH zur Bezeichnung "WM 2006" (I ZB 97/05) handelt es sich bei der Bezeichnung "Heimwerker Europameisterschaft" auch nicht um eine abgekürzte Benennung einer Veranstaltung - wie z. B. "Heimwerker EM" - bzw. eine Buchstaben-/Zahlenkombination, welche u. U. interpretationsbedürftig sein könnte, sondern um die wörtliche Benennung der Veranstaltung, bei der von vornherein kein Anlass für interpretatorische Überlegungen hinsichtlich des Sinn- und Bedeutungsgehalts der einzelnen Begriffe besteht; vielmehr benennt "Heimwerker Europameisterschaft" Gegenstand und Art der Veranstaltung so klar und unmissverständlich, dass der Verkehr im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren selbst dann nicht auf die Idee kommt, diese Bezeichnung könne oder solle die Herkunft der damit versehenen Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen identifizieren, wenn er bisher von einem solchen Wettbewerb noch nichts gehört hat. Unabhängig davon hat der BGH auch in der Entscheidung I ZB 97/05 betreffend das Löschungsverfahren zu der Marke "WM 2006" die vorinstanzliche Entscheidung des BPatG, soweit diese die Löschung der auch hier maßgeblichen Waren abgelehnt hatte, aufgehoben mit der Begründung, dass die Bezeichnung "WM 2006" - anders als " FUSSBALL WM 2006" (GRUR 2006, 850) - in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr zwar nicht allgemein und grundsätzlich als nicht unterscheidungskräftiger Hinweis auf die Veranstaltung einer Weltmeisterschaft im Jahr 2006 verstanden werde, jedoch andererseits auch nicht angenommen werden könne, dass dieser Bezeichnung grundsätzlich für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die keinen Bezug zu der Veranstaltung einer Weltmeisterschaft im Jahr 2006 haben, stets hinreichende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zukomme. Entscheidend sei allein, ob der Verkehr aufgrund der Art, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der betreffenden Ware oder Dienstleistung Anlass habe, in der Bezeichnung einen Bezug zu der Fußball WM zu sehen, oder ob ein solcher Bezug fernliegend sei und der Verkehr daher für einzelne Waren oder Dienstleistungen "WM 2006" nicht als abkürzende Beschreibung einer "Weltmeisterschaft im Jahr 2006", sondern als unterscheidungskräftige Buchstaben- und Zahlenkombination verstehe. Danach fehlt auch nach dieser Entscheidung einer ihrem Begriffs- und Bedeutungsgehalt nach eindeutige und unmissverständlichen Bezeichnung einer Veranstaltung bzw. eines Events die Unterscheidungskraft, wenn der Verkehr die jeweiligen Waren und Dienstleistungen mit der entsprechenden Veranstaltung in einen sachbezogenen und damit in einen, einem Verständnis als betrieblicher Herkunftshinweis entgegenwirkenden Zusammenhang stellt. Dementsprechend hat dann auch das BPatG im Anschluss an diese Entscheidung des BGH die Marke "WM 2006" in Bezug auf diese Waren gelöscht (vgl. BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 238/04 v. 4. April 2007 - WM 2006, Seite 36). Auch die von der von der Anmelderin mehrfach zitierte BGH-Entscheidung betreffend die Wortfolge "My World" (GRUR 2009, 949) bietet keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung, da es bei "My World" zum einen bereits nicht um eine Veranstaltungs-(Event-)Bezeichnung handelt, sondern um ein sloganartige Wortfolge, ferner der BGH in seiner Entscheidung von einer gewissen Mehrdeutigkeit bzw. einem unscharfen Bedeutungsgehalt dieser Wortfolge ausgegangen ist, an der es vorliegend jedoch aus den vorgenannten Gründen fehlt. Einem sachbezogenen Verständnis steht ferner nicht entgegen, dass Gegenstand, Inhalt und Ablauf einer solchen Veranstaltung nicht näher bekannt sind bzw. dazu der angemeldeten Bezeichnung nichts entnommen werden kann, da eine mit einer allgemeinen Bezeichnung wie "Heimwerker Europameisterschaft" verbundene begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegensteht (vgl. BGH GRUR 2009, 952, 953 Tz. 15 - DeutschlandCard ). Die Beschwerde bleibt daher ohne Erfolg. Die seitens der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 MarkenG ist nicht geboten. Es war keine Rechtsfrage zu entscheiden, die von grundsätzlicher Bedeutung ist oder deren Beantwortung zur Fortbildung des Rechts eine Befassung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, 1. Alt. MarkenG). Auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 83 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. MarkenG) ist nicht gegeben, da die Entscheidung aus den dargelegten Gründen nicht von der Rechtsprechung des BGH, insbesondere auch nicht von den Entscheidungen betreffend die Wortmarken "WM 2006" (I ZB 97/05) und "My World" (GRUR 2009, 949) abweicht. Inwieweit Waren und Dienstleistungen einen sachlichen und damit einen, dem Verständnis als betrieblicher Herkunftshinweis entgegenstehenden Bezug zu der zu beurteilenden Bezeichnung aufweisen, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, die für sich genommen die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig noch nicht einmal dann rechtfertigen könnte, wenn sie im Einzelfall von der Beurteilung eines anderen Senats oder Gerichts abweichen und zu einem anderen Ergebnis führen würde (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 83 Rdnr. 18).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006412
BPatG
München
28. Senat
20100623
28 W (pat) 511/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "BAR ROMA (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 011 539.7 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 29 vom 8. Dezember 2009 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren der Klassen 29 und 30 zurückgewiesen worden ist. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet ist die Wort- Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 43 "Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Fertiggerichte; Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Kaffee, Kaffeegetränke, Tee, Teegetränke, Kakao, Kakaogetränke, Milchschokolade; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Pizza, Fadennudeln; Teigwaren, insbesondere Pasta, Wraps und Fertiggerichte aus Teigwaren; Nudeln; Kuchen; Sandwiches; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Partyservice; Catering; Dienstleistungen eines Franchisegebers für Gastronomiebetriebe, nämlich Vermittlung von organisatorischem, betriebswirtschaftlichem und technischem Know-how, Gestaltung der Nutzung von gewerblichen Schutzrechten des Franchisegebers durch den Franchisenehmer; Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung für Gastronomiebetriebe; Reservierung von Unterkunft für Reisende, die insbesondere durch Reisebüros oder Reisemakler vermittelt wird". Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Zeichen setze sich lediglich aus einer Kombination schutzunfähiger Bestandteile zusammen, die keinen über die bloße Summe der einzelnen Bestandteile hinausgehenden Charakter aufweise. In seiner Gesamtheit erschöpfe sich das Zeichen in einem beschreibenden Hinweis auf typisch römische, in einer Bar angebotene Produkte sowie damit zusammenhängende Dienstleistungen. Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und trägt zur Begründung vor, der angemeldeten Marke könnten keine absoluten Schutzhindernisse entgegen gehalten werden. Zwar sei der Wortbestandteil "BAR ROMA " von den Verbrauchern ohne Weiteres als beschreibender Hinweis auf einen Gastronomiebetrieb italienischer Art zu erkennen. Durch das auffällig platzierte Bildelement werde dem Zeichen aber eine schutzbegründende Gesamtwirkung vermittelt. Zudem werde auf die Voreintragung desselben Zeichens für den Anmelder unter der Registernummer 30 2008 008 184 für identische bzw. ähnliche Dienstleistungen verwiesen. Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle vom 8. Dezember 2009 aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde ist hinsichtlich der mit der Anmeldung beanspruchten Waren der Klassen 29 und 30 begründet. Im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. 1. Im Hinblick auf die in der Klasse 43 beanspruchten Dienstleistungen steht der beantragten Eintragung der angemeldeten Wort-Bildmarke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE ; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Kann eine angemeldete Marke diese Herkunftsfunktion nicht erfüllen, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR Int. 2004, 631, 634, Rdn. 48 – Dreidimensionale Tablettenform I). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist immer ihr Gesamteindruck maßgeblich. Um diesen Gesamteindruck genau bestimmen zu können, ist es bei Kombinationsmarken, wie etwa Wort-Bildzeichen, zweckmäßig und zulässig, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten. Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 – Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2). Die Prüfung erfolgt dabei im Hinblick auf die Auffassung derjenigen Verkehrskreise, in denen die angemeldete Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann, wobei auf die Sicht eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. hierzu Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdn. 23 ff.). Aus der Fokussierung auf die konkret mit der Marke angesprochenen Verkehrskreise ergibt sich gleichzeitig, dass auch die Bezeichnungsgewohnheiten der jeweils einschlägigen Branche zu berücksichtigen sind, da diese naturgemäß erhebliche Auswirkungen auf das maßgebliche Verbraucherverständnis haben. Durch die mit der Anmeldung beanspruchten Dienstleistungen werden neben allgemeinen Endverbraucherkreisen vor allem Fachkreise aus dem Gastronomiebereich angesprochen. Bei der Wortfolge "BAR ROMA " handelt es sich um eine sprachüblich gebildete Etablissementbezeichnung, wie sie für den Gastronomiesektor branchentypisch ist und dem Publikum häufig begegnet. Der Hintergrund für diese Branchenpraxis ist darin zu sehen, dass durch die Kombination von Sachbegriffen, wie z. B. "Hotel", "Restaurant", "Bar", "Bistro" oder "Cafe" mit einer – beim inländischen Publikum möglichst beliebten – geografischen Angabe den angesprochenen Verbraucherkreisen ein schlagwortartiger Hinweis auf deren spezifische, "regionale" Ausrichtung gegeben und gleichzeitig den jeweiligen Gastronomieeinrichtungen ein bestimmtes Flair vermittelt werden soll. Beispielhaft kann hierzu auf Gastronomiebetriebe wie "Cafe Bar Venezia" in München, "Restaurant Piräus" in Bad Neustadt, "Paris Bar" in Berlin, "Bar Italia" in Hamburg, "Bistro Roma" in Dinkelsbühl oder "Bar Roma" in München, Niedernhausen und Schweinfurt verwiesen werden. Zur Verstärkung der jeweiligen Sachaussage werden derartige Gastronomiebezeichnungen häufig mit einem logoartigen, der fraglichen Region entsprechenden Bildelement versehen. Das angemeldete Zeichen fügt sich in diese Praxis nahtlos ein, indem sein Wortbestandteil auf eine Lokalität mit thematischer Ausrichtung auf das beliebte Touristenziel Rom verweist und diese Sachaussage zusätzlich mit dem bekannten, für "Rom" stehenden Motiv der kapitolinischen Wölfin kombiniert. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen, die im weitesten Sinn mit der Führung von Hotel- und Gastronomiebetrieben zu tun haben können, ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen lediglich als Sachhinweis auffassen werden. Zum einen auf den Gegenstand dieser Dienstleistungen, nämlich ein gastronomisches Angebot landestypischer Snacks und Getränke, zum anderen auf deren spezifische Ausrichtung, wie etwa die Erstellung bzw. Vermittlung von Design- und Konstruktionsplanungen, Budget- und Businessplänen oder von Geschäftskonzepten für die Individual- bzw. Systemgastronomie mit einem thematisch auf "römisches" Ambiente und Flair ausgerichteten Schwerpunkt, einschließlich begleitender Dienstleistungen, wie die Regelung rechtlicher Modalitäten bei der Nutzung gewerblicher Schutzrechte (vgl. hierzu auch BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 370/03 – Cafe Brasil). Als unternehmensbezogenen Herkunftshinweis werden die beteiligten Verkehrsteilnehmer das angemeldete Zeichen dagegen nicht ansehen. Da es somit nicht über die Eignung verfügt, für die angesprochenen Verbraucher die Ursprungsidentität der fraglichen Dienstleistungen zu garantieren, widerspricht es dem im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigenden Allgemeininteresse, die Marke für die mit ihr beanspruchten Dienstleistungen der ungehinderten Verwendung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen. Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass grafische Elemente den beschreibenden Charakter von Wortbestandteilen "aufheben" und dadurch einen schutzfähigen Gesamteindruck der Marke bewirken können (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK ). Eine solche, schutzbegründende Wirkung scheidet im vorliegenden Fall jedoch schon deshalb aus, weil das hier verwendete, für die Stadt Rom stehende und allgemein bekannte Motiv der kapitolinischen Wölfin völlig originalgetreu wiedergegeben wurde, so dass es den beschreibenden Bedeutungsgehalt der Wortbestandteile sogar noch besonders hervorhebt. Der Zurückweisung des angemeldeten Zeichens steht auch nicht entgegen, dass die in ihm verkörperte Sachaussage möglicherweise nicht übermäßig konkret erscheinen mag. Derartige, eher unscharf formulierte Sachinformationen können unter Werbe- und Marketinggesichtspunkten häufig sogar in besonderem Maße geeignet sein, ein wenn auch nicht übermäßig präzises, dafür aber umso weiter gefasstes Merkmalsspektrum zu umschreiben. Es entspricht deshalb dem üblichen Werbestandard, zur Beschreibung bzw. Anpreisung von Produkten und Dienstleistungen eher allgemein gehaltene Zeichen zu verwenden, die es den angesprochenen Verbrauchern aber – wie im vorliegenden Fall – immer noch ermöglichen, ohne weiteres Nachdenken einen unmittelbaren, sachbezogenen Zusammenhang zu den fraglichen Waren oder Dienstleistungen herzustellen. Für eine Zurückweisung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es keineswegs erforderlich, dass ein Zeichen die mit ihm beanspruchten Waren oder Dienstleistungen direkt bezeichnet oder konkrete Produktmerkmale benennt (vgl. EuGH GRUR RR 2008, 47, Rdn. 32 – map&guide ). Der Eintragung der angemeldeten Marke steht im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen somit bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass es auf die Frage, ob an ihrer freien Verwendbarkeit auch ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, nicht mehr ankommt. 2. Eine andere Beurteilung ergibt sich jedoch in Bezug auf die mit der Anmeldung beanspruchten Waren der Klassen 29 und 30, mit denen die allgemeinen Endverbraucherkreise angesprochen werden. Insoweit weist das Zeichen weder einen hinreichend engen, beschreibenden Bedeutungsgehalt auf noch sind sonstige Anhaltspunkte dafür feststellbar, dass ihm die angesprochenen Verbraucher keine individualisierende, betriebliche Hinweiswirkung zuordnen werden. So werden die fraglichen Produkte üblicherweise nicht von Bars zum Kauf angeboten. Auch in anderer, markenrechtlich relevanten Weise ist das Zeichen nicht geeignet, die verfahrensgegenständlichen Waren zu beschreiben, etwa im Hinblick auf eine bestimmte, regionaltypische Zubereitungsart oder im Hinblick auf die Verwendung entsprechender Zutaten. Dass einige dieser Produkte möglicherweise in Bars als Snack oder Imbiss serviert bzw. angeboten werden können (z. B. Kaffee Wraps oder Sandwiches), ist unter das branchenübliche Dienstleistungsangebot gastronomischer Einrichtungen zu subsumieren und rechtfertigt es nicht, der Marke für die hier maßgeblichen Waren an sich die erforderliche Unterscheidungskraft anzusprechen. Dies käme allenfalls dann in Betracht, wenn es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine aus sich heraus verständliche Etablissementbezeichnung handeln würde, mit der eine Vertriebsstätte für ein entsprechendes Warensortiment beschrieben werden könnte, was jedoch nicht der Fall ist. Ebenso wenig erweist sich das fragliche Zeichen als bloße Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art. Vielmehr ist die angemeldete Marke vor dem dargestellten Hintergrund als hinreichend unterscheidungskräftig zu werten, um bei einer branchenüblichen Verwendung vom angesprochenen Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verstanden werden zu können (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rdn. 99 – Postkantoor; BGH GRUR 2002, 64, 65 – INDIVIDUELLE ). Mangels Eignung zur Merkmalsbeschreibung dienen zu können, scheidet auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an seiner freien Verwendbarkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Andere Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG sind ebenfalls nicht ersichtlich. Somit war der angefochtene Beschluss der Markenstelle hinsichtlich der mit der Anmeldung beanspruchten Waren der Klassen 29 und 30 aufzuheben, und die weitergehendere Beschwerde zurückzuweisen. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die für ihn im Jahr 2008 erfolgte Voreintragung des angemeldeten – in der Zwischenzeit auf eigenen Antrag wieder gelöschten – Zeichens beruft, begründet dies keine andere Wertung. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage von Voreintragungen zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing). Dies gilt sogar selbst für den Extremfall, dass die identische Marke für denselben Anmelder bereits einmal für schutzfähig erachtet und eingetragen wurde, wie dies der BGH klargestellt hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL ). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die vom Anmelder angeführte Voreintragung berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006413
BPatG
München
28. Senat
20100623
28 W (pat) 47/10
Beschluss
§ 8 Abs 1 MarkenG, § 32 Abs 2 MarkenG, § 33 Abs 1 MarkenG, Art 2 EWGRL 104/89, § 25 Nr 6 MarkenV 2004
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Positionsmarke "kontrastierende Farbfläche (Clip) auf einem Maschinengehäuse" – zum Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit – unbestimmte grafische Darstellbarkeit – im Wege mehrerer Hilfsanträge vorgenommene Neuformulierung der Markenbeschreibung führt zur unzulässigen Änderung des mit der Anmeldung festgelegten Schutzgegenstandes
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 62 771.3 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet als Positionsmarke (sonstige Markenform) ist das Zeichen als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 7 "Druckmaschinen, insbesondere Rollenoffset-Druckmaschinen für Zeitungs- und Illustrationsdruck, Bogenoffset-Druckmaschinen und Digitaldruckmaschinen; maschinelle Falzapparate; Gehäuse für Druckmaschinen, insbesondere für Rollenoffset-Druckmaschinen für Zeitungs- und Illustrationsdruck, für Bogenoffset-Maschinen und für Digitaldruckmaschinen; Gehäuse für maschinelle Falzapparate". Zur Beschreibung der Marke hat die Anmelderin folgende Erklärung hinzugefügt: "Markenschutz als Positionsmarke wird beansprucht für eine zur Grundfarbe eines Maschinengehäuses kontrastierende Farbfläche (im Folgenden genannt: Clip). Der Clip ist auf einer Seitenfläche des Maschinengehäuses angeordnet und eine Begrenzungslinie des Clip grenzt an eine Begrenzungslinie der Seitenfläche an. Die Formgebung des Clip ist eine um mehr als 50 % verkleinerte Darstellung der Formgebung der Seitenfläche des Maschinengehäuses. Sonstige auf dem Maschinengehäuse erkennbare Formgebungen, Farbgebungen und/oder Gestaltungsmerkmale sind nicht Bestandteil dieser Marke. Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dem Zeichen fehle die erforderliche grafische Darstellbarkeit gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG. Zwar habe die Anmelderin neben einer grafischen Wiedergabe auch eine wörtliche Beschreibung der beanspruchten Positionsmarke eingereicht. Dennoch lasse sich nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit feststellen, wie das beanspruchte Zeichen letztlich genau ausgestaltet sein solle, da von der Formulierung der Beschreibung zahlreiche unterschiedliche Gestaltungsvarianten umfasst würden. Die angemeldete Marke sei somit auf eine unbestimmte Anzahl unterschiedlicher Gestaltungsformen gerichtet, weshalb ihr neben der grafischen Darstellbarkeit auch die notwendige, markenrechtliche Bestimmtheit fehle. Die von der Anmelderin vorgeschlagene Neuformulierung der Beschreibung könne schon deshalb kein anderes Ergebnis begründen, weil sie als substantielle Änderung des ursprünglich angemeldeten Zeichens unzulässig sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung führt sie aus, der angemeldeten Marke könnten keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG entgegengehalten werden und seien auch in den angefochtenen Beschlüssen nicht dargelegt worden. Zudem fehle der Marke nicht die erforderliche grafische Darstellbarkeit, denn mit den vorgelegten Unterlagen seien alle Anforderungen an eine hinreichend eindeutige Bestimmbarkeit des Schutzgegenstands erfüllt worden. Entgegen der von der Markenstelle vertretenen Rechtsauffassung führten die von der Anmelderin vorgelegten Hilfsanträge zu keiner unzulässigen Änderung des Schutzgegenstandes. Vielmehr handle es sich dabei um bloße Klarstellungen, wie sie innerhalb der unveränderlichen Einheit aus Markenwiedergabe und Beschreibung durchaus vorgenommen werden könnten. Mit den Hilfsanträgen erfolge keine Änderung der Zeichenform oder des Schutzgegenstandes, da insoweit lediglich Erläuterungen von Gestaltungsmerkmalen vorgenommen würden, die in der bildlichen Wiedergabe des Zeichens bereits vorhanden seien. Soweit die grafische Darstellbarkeit nicht schon durch die ursprünglich eingereichte Beschreibung gewährleistet sei, müsse dies jedenfalls nach den vorgelegten Hilfsanträgen bejaht werden. Darüber hinaus rügt die Anmelderin, durch die Vorgehensweise der Markenstelle in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt zu sein, weil die Markenstelle sie vor dem Erstprüferbeschluss vom 8. November 2007 nicht auf den Zurückweisungsgrund der grafischen Darstellbarkeit hingewiesen und ihr zuvor auch keine Möglichkeit zur Behebung der entsprechenden Mängel gegeben habe. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Eintragung der Marke in der ursprünglich angemeldeten Form anzuordnen. Hilfsweise (1) die Eintragung der Marke mit folgender Beschreibung anzuordnen: "Markenschutz als Positionsmarke wird beansprucht für eine zur Grundfarbe eines Maschinengehäuses kontrastierende Farbfläche (im Folgenden genannt: Clip). Der Clip ist derart auf einer Seitenfläche des Maschinengehäuses angeordnet und eine Begrenzungslinie des Clip grenzt derart an eine Begrenzungslinie der Seitenfläche an, wie jeweils durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert. Die Formgebung des Clip ist eine derart um mehr als 50 % verkleinerte Darstellung der Formgebung der Seitenfläche des Maschinengehäuses wie durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert. Sonstige auf dem Maschinengehäuse erkennbare Formgebungen, Farbgebungen und/oder Gestaltungsmerkmale sind nicht Bestandteil dieser Marke.". weiterhin hilfsweise (2) mit der Beschreibung: "Markenschutz als Positionsmarke wird beansprucht für eine zur Grundfarbe eines Maschinengehäuses kontrastierende Farbfläche (im Folgenden genannt: Clip) wie durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert. Das Maschinengehäuse weist eine linke senkrechte Begrenzungslinie auf wie durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert. Die durch die graphische Wiedergabe der Marke definierte Formgebung des Clip ist eine um 76 % verkleinerte Darstellung der Formgebung der Seitenfläche des Maschinengehäuses. Der Clip ist derart auf einer Seitenfläche des Maschinengehäuses angeordnet und die linke senkrechte Begrenzungslinie des Clip grenzt derart an die linke senkrechte Begrenzungslinie der Seitenfläche an wie jeweils durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert, wobei der Abstand der obere Begrenzungslinie des Clip zur oberen Begrenzungslinie der Seitenfläche des Maschinengehäuses 17 % der linken senkrechten Begrenzungslinie der Seitenfläche beträgt. Sonstige auf dem Maschinengehäuse erkennbare Formgebungen, Farbgebungen und/oder Gestaltungsmerkmale sind nicht Bestandteil dieser Marke.". weiterhin hilfsweise (3) mit der Beschreibung: "Markenschutz als Positionsmarke wird beansprucht für eine zur Grundfarbe eines Maschinengehäuses kontrastierende Farbfläche (im Folgenden genannt: Clip) wie durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert. Das Maschinengehäuse weist eine linke senkrechte Begrenzungslinie auf wie durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert. Die durch die graphische Wiedergabe der Marke definierte Formgebung des Clip ist eine um 75 % verkleinerte Darstellung der Formgebung der Seitenfläche des Maschinengehäuses. Der Clip ist derart auf einer Seitenfläche des Maschinengehäuses angeordnet und die linke senkrechte Begrenzungslinie des Clip grenzt derart an die linke senkrechte Begrenzungslinie der Seitenfläche an wie jeweils durch die graphische Wiedergabe der Marke definiert, wobei der Abstand der obere Begrenzungslinie des Clip zur oberen Begrenzungslinie der Seitenfläche des Maschinengehäuses 15 % der linken senkrechten Begrenzungslinie der Seitenfläche beträgt. Sonstige auf dem Maschinengehäuse erkennbare Formgebungen, Farbgebungen und/oder Gestaltungsmerkmale sind nicht Bestandteil dieser Marke.". Darüber hinaus regt die Anmelderin für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2010 Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. 1. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil sie nicht grafisch darstellbar ist. Die Beschwerdeführerin begehrt die Eintragung einer im Anmeldeformular als "sonstige Markenform" kategorisierten Marke. Konkret handelt es sich bei dem beanspruchten Zeichen um eine so genannte Positionsmarke und damit um eine "sonstige Aufmachung" i. S. v. § 3 Abs. 1 MarkenG. Bei dieser Markenform soll die betriebliche Hinweiswirkung durch die Kombination eines Zeichens mit seiner konkreten Anordnung auf einem bestimmten Produkt gewährleistet werden. Markenrechtlicher Schutz wird also nicht etwa für die den Anmeldunterlagen zu entnehmende, bildhaft wiedergegebene Aufmachung in ihrer Gesamtheit beansprucht, sondern nur für das abgebildete Zeichen in einer ganz bestimmten, von vornherein festgelegten Position innerhalb der Gesamtaufmachung (vgl. hierzu Kirschneck in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 3 Rdn.  68). Damit unterscheidet sich diese Zeichenform von Bild- und Formmarken vor allem durch die festgelegte Art und Weise ihrer Anbringung bzw. ihrer räumlichen Positionierung auf den mit ihnen gekennzeichneten Produkten (vgl. hierzu auch Heise, GRUR 2008, 286; Bingener, MarkenR 2004, 377). Im vorliegenden Fall erfüllen die mit der Anmeldung vorgelegten Unterlagen die gesetzlichen Mindestanforderungen an eine wirksame Markenanmeldung gemäß §§ 32 Abs. 2, 33 Abs. 1 MarkenG, da mit der Anmeldung insbesondere auch eine bildliche Wiedergabe sowie eine Beschreibung der Marke eingereicht wurden. Damit ist die angemeldete Marke ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt als unveränderliche Einheit anzusehen (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 55, 57, Rdn. 25 f. - Farbmarke gelb/grün II). Das Verbot einer nachträglichen Änderung der angemeldeten Marke bezieht sich dabei grundsätzlich auch auf schutzunfähige oder unzulässige Angaben in der Anmeldung (vgl. Kirschneck, a. a. O., § 32, Rdn. 22 m. w. N.). Die von der Anmelderin eingereichte Markenbeschreibung stellt sich insoweit entgegen ihrer Auffassung nicht nur als ergänzende Erläuterung dar, sondern bildet einen untrennbaren Bestandteil der grafischen Darstellung i. S. v. § 8 Abs. 1 MarkenG sowie der grafischen Wiedergabe des Zeichens i. S. d. § 32 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn die für alle Markenformen notwendige grafische Darstellung im markenrechtlichen Registerverfahren kann bei Positionsmarken nicht allein durch ihre bildliche Wiedergabe gewährleistet werden, sondern bedarf zwingend einer zusätzlichen Beschreibung, da nur auf diese Weise die für die Bestimmung des beanspruchten Schutzgegenstandes unerlässlichen Angaben über die genaue Platzierung und Größe des Zeichens auf den beanspruchten Waren vermittelt werden können (vgl. BPatG Mitt. 2000, 114 – Blaue Linie auf Rohr; sowie Kirschneck, a. a. O., § 3 Rdn. 68; Fezer/Fink, Handbuch der Markenpraxis, Bd. 1, 1. Teil, 1. Kap., Rdn. 167, jeweils m. w. N.). Die grafische Darstellbarkeit ist nach Art. 2 Markenrechtsrichtlinie (MarkenRL) eine unabdingbare Eintragungsvoraussetzung für Registermarken, die der deutsche Gesetzgeber in § 8 Abs. 1 MarkenG übernommen hat. Danach muss der als Marke beanspruchte Schutzgegenstand stets eindeutig bestimmbar sein, um der Schutzfähigkeitsprüfung eine festgelegte Form zugrunde zu legen und die Eintragung der Marke ins Register überhaupt erst ermöglichen zu können. Zudem ist die grafische Darstellbarkeit nach § 8 Abs. 1 MarkenG notwendige Voraussetzung für die spätere Veröffentlichung des Zeichens, mit der die Allgemeinheit über die durch den Registereintrag begründeten Markenrechte unterrichtet werden soll, wobei auch eine in den Akten befindliche Beschreibung der Marke mitveröffentlicht wird (§ 25 Nr. 6 MarkenV). Um diese Funktionen erfüllen zu können, muss die grafische Darstellung eines Zeichens nach den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 606, Rdn. 29 – Libertel). Für die grafische Darstellung von Positionsmarken ergibt sich daraus, dass die Positionierung des Zeichens auf einem genau bestimmten Warenteil, in stets gleich bleibender Positionierung und in abschließend festgelegter Größe bzw. Größenrelation zur Ware definiert sein muss (vgl. BPatG, Mitt. 2000, 114 – Blaue Linie auf Rohr). Diesen Anforderungen wird die hier angemeldete Marke jedoch nicht gerecht. Denn gemäß der beigefügten Beschreibung handelt es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine "... mehr als 50 % verkleinerte Darstellung der Formgebung der Seitenfläche ... ". Das bedeutet, dass die Größe des Zeichens innerhalb der Werte 50% bis 0% variieren kann. Damit wird aber nicht etwa – wie erforderlich – ein ganz bestimmtes Zeichen beansprucht, stattdessen erstreckt sich der Gegenstand der Anmeldung auf eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen und ist daher unbestimmt (vgl. hierzu EuGH GRUR 2007, 231, Rdn. 37 – Dyson). Das Zeichen ist somit nicht grafisch darstellbar i. S. v. § 8 Abs. 1 MarkenG. Ob die mit der Anmeldung vorgelegte Beschreibung weitere Mängel aufweist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. 2. Die mit den Hilfsanträgen begehrte Änderung des Schutzgegenstands der angemeldeten Marke ist unzulässig. Mit ihren Hilfsanträgen will die Anmelderin den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die grafische Darstellbarkeit von Marken Rechnung tragen. Dabei lässt sie jedoch unberücksichtigt, dass sie sich auf die mit der Anmeldung vorgelegte Beschreibung festlegen lassen muss, denn diese Beschreibung ist ein wesentlicher Bestandteil der Markenwiedergabe geworden (vgl. nochmals Kirschneck, a. a. O., § 3 Rdn. 69). Die von der Anmelderin im Beschwerdeverfahren im Wege mehrerer Hilfsanträge vorgenommene Neuformulierung der Markenbeschreibung würden aber zu einer Änderung des mit der Anmeldung festgelegten Schutzgegenstandes führen, da dieser durch die beigefügte Beschreibung maßgeblich mitbestimmt wird. Deshalb bringt eine Änderung der Beschreibung zwangsläufig auch eine Änderung des beanspruchten Zeichens mit sich. Wegen des Charakters der angemeldeten Marke als unveränderliche und unteilbare Einheit ist eine solche Änderung jedoch unzulässig (vgl. BGH GRUR 2007, 55 ff., Rdn. 25 f. – Farbmarke gelb/grün II). Eine Sachlage, bei der die nachträgliche Änderung der Beschreibung eine lediglich klarstellende Bedeutung hat, ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, insbesondere stand die eingereichte Beschreibung nicht im Widerspruch zur bildlichen Wiedergabe. Die von der Anmelderin gestellten Hilfsanträge sind somit als nachträgliche Änderung des angemeldeten Zeichens unzulässig und können der Beschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen. Dies verdeutlicht im Übrigen auch, dass der Einwand der Anmelderin ins Leere geht, die Markenstelle sei ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, rechtzeitig auf diese Mängel hinzuweisen und ihr Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben. Denn ein solcher Beanstandungsbescheid hätte zwangsläufig zur Abänderung des mit der Anmeldung beanspruchten Schutzgegenstandes führen müssen und wäre damit unzulässig gewesen. Soweit sich die Anmelderin in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sieht, weil die Markenstelle sie vor dem Erstprüferbeschluss vom 8. November 2007 nicht auf den Zurückweisungsgrund der grafischen Darstellbarkeit hingewiesen habe, ist dieser Verfahrensfehler jedenfalls durch die Möglichkeit der Stellungnahme im Erinnerungsverfahren geheilt worden. Zudem fehlt es an der erforderlichen Kausalität zwischen Verfahrensfehler und der Notwendigkeit der Erinnerungseinlegung, da die Zurückweisung nach § 8 Abs. 1 MarkenG rechtlich zutreffend war und dementsprechend auch im Erinnerungsbeschluss vom 3. Februar 2010 bestätigt wurde. Das angemeldete Zeichen ist somit mangels grafischer Darstellbarkeit i. S. v. § 8 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Für die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den hierfür notwendigen Voraussetzungen, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006414
BPatG
München
30. Senat
20100812
30 W (pat) 91/09
Beschluss
§ 82 Abs 1 MarkenG, § 269 Abs 3 S 1 ZPO, § 269 Abs 4 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Antrag auf Ausspruch der Wirkungslosigkeit des Amtsbeschlusses nach Widerspruchsrücknahme im Beschwerdeverfahren" – Beschluss der Markenstelle wies Widersprüche zurück – kein falscher Rechtsschein – Unzulässigkeit des Antrags
In der Beschwerdesache … betreffend die angegriffene Marke 305 73 578 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. August 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Hartlieb beschlossen: Der Antrag der Widersprechenden, die Wirkungslosigkeit des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Mai 2009 auszusprechen, wird als unzulässig verworfen.
I. Durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Mai 2009 sind die von der Widersprechenden gegen die Eintragung der Marke 305 73 578 eingelegten Widersprüche zurückgewiesen worden. In dem dagegen gerichteten Beschwerdeverfahren hat die Widersprechende mit Schriftsatz vom 21. Juni 2010 die Rücknahme der Widersprüche erklärt und beantragt, die Wirkungslosigkeit des Beschlusses 26. Mai 2009 auszusprechen. Mit Zwischenbescheid vom 28. Juni 2010 ist der Widersprechenden mitgeteilt worden, dass nach Auffassung des Senats in Fällen der vorliegenden Art eine entsprechende Heranziehung von § 269 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO nicht gerechtfertigt sei. Die Antragstellerin hat den Antrag aufrechterhalten. II. Der Antrag, die Wirkungslosigkeit des Beschlusses 26. Mai 2009 auszusprechen, wird als unzulässig verworfen. Durch die Rücknahme der Widersprüche ist ihrer Zurückweisung im angefochtenen Beschluss nachträglich zwar die verfahrensrechtliche Grundlage entzogen; das Widerspruchsverfahren ist damit beendet und es ergeht keine Entscheidung mehr in der Sache (vgl. BGH GRUR 1998, 818 - Puma). Daraus ergibt sich im vorliegenden Fall jedoch kein Feststellungsanspruch analog § 269 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO hinsichtlich der nicht rechtskräftig gewordenen vorangegangenen Entscheidung. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene und von den Markenbeschwerdesenaten des Bundespatentgerichts in ständiger Praxis gehandhabte entsprechende Anwendung des § 269 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 269 Abs. 3 ZPO auf markenrechtliche Widerspruchsverfahren nach Rücknahme des Widerspruchs betrifft den Ausspruch der Wirkungslosigkeit eines bereits zugunsten der Widersprechenden ergangenen Widerspruchsbeschlusses (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl. § 42 Rdn. 39 m. w. N.). Sind aber - wie hier - die Widersprüche durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen worden, und werden sie im Beschwerdeverfahren zurückgenommen, kann in diesem Fall eine Rechtsunsicherheit bzw. eine Rechtsunklarheit oder gar ein falscher Rechtsschein über das Bestehen bzw. die Löschung einer eingetragenen Marke - anders als bei der Rücknahme eines zunächst erfolgreichen Widerspruchs - von vornherein nicht auftreten. Für eine Ausdehnung der entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 4 ZPO i. V. m. § 269 Abs 3 ZPO auf diese Fälle sieht der Senat keine Grundlage.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006415
BPatG
München
27. Senat
20100706
27 W (pat) 213/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 1 MarkenG, § 54 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Physio-Fit" - zur Antragsbefugnis - Antragsgegner kann in der Person des Antragstellers begründete Einreden gegen die Zulässigkeit eines Löschungsantrags nur in Ausnahmefällen geltend machen - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 398 15 251 (S 127/08) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die am 18. März 1998 angemeldete und am 4. Juni 1998 eingetragene Wortmarke 398 15 251 Physio-Fit hat die Beschwerdegegnerin am 22. April 2008 Löschungsantrag hinsichtlich der eingetragenen "Dienstleistungen eines Physiotherapeuten und eines Krankengymnasten, insbesondere auf den Bereichen Therapie, Rehabilitation, Prävention und Fitnesstraining" gestellt. Dazu hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke sei entgegen § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden. "Physio-Fit" sei rein beschreibend und ohne Unterscheidungskraft. "Physio" stehe für "Physiotherapie/Heilbehandlung" und habe in Wortzusammensetzungen die Bedeutung von "Natur", "natürlich", "physikalisch" bzw. "körperlich". Wie "psycho" werde es im täglichen Sprachgebrauch verwendet. "Fit" bezeichne einen Zustand physischer Verfassung, so dass die Kombination beschreibend auf Leistungen hinweise, die der körperlichen Fitness dienten. Auf die ihm am 28. Mai 2008 zugegangene Mitteilung nach § 54 MarkenG hat der Inhaber der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag am 24. Juli 2008widersprochen. Er ist der Auffassung, die von der Antragstellerin genannten Fundstellen belegten nur markenmäßige Benutzungen und englischsprachige Zusammensetzungen. Zum Verständnis von "Physio-Fit" im Jahr 1998 fehle jeder Vortrag. Auch heute noch sei "Physio-Fit" unterscheidungskräftig. Der Wortanfang "Physio-" besitze keine klare Bedeutung. Die Antragstellerin zeige in ihrer Firmenbezeichnung ebenfalls, dass " PhysioFit " Unterscheidungskraft habe. Ihr seien die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen. Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 15. April 2009 die angegriffene Marke antragsgemäß für "Dienstleistungen eines Physiotherapeuten und eines Krankengymnasten, insbesondere auf den Bereichen Therapie, Rehabilitation, Prävention und Fitnesstraining" gelöscht. Dies ist u. a. damit begründet, "Physio-" stehe für "körperlich". Es sei ein geläufiges Wortbildungselement, das mit "Fit" eine sinnvolle Gesamtaussage dahingehend ergebe, die so bezeichneten Dienstleistungen führten zu einer guten körperlichen Verfassung. Andere Interpretationen (Verbesserung der Physiognomie, kräftige Dienstleister etc.) seien lebensfremd. Die Markenabteilung hat dem Beschluss Fundstellen aus dem Jahr 2009 beigefügt, die "Physio-Fit" als Inhaltsangabe von Homepages von Physiotherapiepraxen zwischen "Physiotherapie" und "Gesundheitskurse" bzw. Kursangeboten neben "Nordic-Walking" (A4 und A5) zeigen. Dieser Beschluss wurde dem Inhaber des angegriffenen Zeichens am 29. Mai 2009 zugestellt. Er hat am 26. Juni 2009 Beschwerde eingelegt und u. a. vorgetragen, die Antragstellerin hätte selbst vergleichbare Marken angemeldet. Die Kombination des altgriechischen "physio" mit "fit" sei ungewöhnlich. Die Bedeutung von "Physio-" sei weitgehend unklar. Die Fundstellen A1, A2 und A3 bezögen sich auf einen markenmäßigen Gebrauch; die Fundstellen A4 und A5 bezögen sich auf Mitglieder des Markeninhabers. Außerdem seien diese Fundstellen erstmals 2004 bzw. 2005 im Internet aufgetaucht. Der Nachweis einer fehlenden Unterscheidungskraft am Anmeldetag sei am Ende der Zehnjahresfrist sehr schwierig. Bei der Eintragung seien keinerlei Bedenken aufgekommen. Das heutige Sprachverständnis dürfe nicht auf den Anmeldetag übertragen werden, zumal es durch die Benutzung der Marke beeinflusst worden sei. Die Entscheidungen zu "Dermafit", " Easyfit ", "Printfit" und "Fotofit" zeigten , dass Unterscheidungskraft angenommen werden müsse. Die Markenabteilung habe die Fundstellen falsch bewertet und nicht dem Markeninhaber zugeordnet. Die Rechtsbeschwerde sei zu der Frage zuzulassen, ob ein Schutzhindernis festgestellt worden sei, wenn kein einziges Dokument als Nachweis vorliege, und ob es den Grundsätzen der Flugbörsen-Entscheidung entspreche, auf den Zeitpunkt der Anmeldung und nicht den der Eintragung abzustellen. Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, den Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen; die Sache an das Deutschen Patent- und Markenamt zurückzuverweisen; die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie trug ergänzend zu ihrem schriftsätzlichen Vorbringen und den Gründen des angefochtenen Beschlusses vor, sie benutze eine Wortbildmarke ohne Bindestrich. Das stehe einem Löschungsantrag nicht entgegen. Die Anlage AST16 belege die fehlende Unterscheidungskraft bereits für 1954. Auch die Lizenznehmer des Markeninhabers benutzten "Physio-Fit" rein beschreibend. Die Entscheidung zu " PhysioControl " könne nicht zu Gunsten des Markeninhabers herangezogen werden, weil sie Waren betreffe, die Fachkreise ansprächen. Zwischen dem Zeitpunkt der Anmeldung und der Eintragung sei nichts entscheidungsrelevantes geschehen. II 1) Der Markeninhaber hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen (§ 54 Abs. 2 MarkenG) und fristgerecht Beschwerde erhoben. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg. Nach § 50 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 i. V. m. § 54 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 3 oder § 8 MarkenG eingetragen wurde und wenn das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG. Dies hat die Markenabteilung zutreffend bejaht. 2) Der Löschungsantrag war zulässig. Den Antrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Im Hinblick auf diesen Popularcharakter kann ein Antragsgegner in der Person des Antragstellers begründete Einreden gegen die Zulässigkeit eines Löschungsantrags nur in Ausnahmefällen, wie evtl. Nichtangriffsverpflichtungen, geltend machen, nicht aber widersprüchliches Verhalten (vgl. BPatG GRUR 1999, 746, 747 - Omeprazok; BPatG, Beschluss vom 30. September 2003, Az.: 24 W (pat) 28/03 - Anwaltstelefon.de; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 54 Rn. 3), so dass es nicht darauf ankommt, welche Firmenbezeichnungen und Marken die Antragstellerin selbst verwendet bzw. angemeldet hat. Der Löschungsantrag vom 22. April 2008 ist innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt worden, die mit der Eintragung am 4. Juni 1998 begann. 3) Die Markenabteilung hat zu Recht eine Löschung der angegriffenen Marke ausgesprochen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG), weil diese entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen wurde. Dieses Eintragungshindernis bestand und besteht für die streitgegenständlichen Dienstleistungen bis heute. Die angegriffene Marke setzt sich - schon durch die getrennte Schreibweise - erkennbar aus "Physio" und "Fit" zusammen. Die Angabe "Fit" ist auf dem hier zu beurteilenden Gebiet der Physiotherapie als werbender Sachhinweis, Aussage über den Erfolg bzw. das Ziel der Behandlung, üblich. Das hat sich seit der Anmeldung 1998 nicht geändert. Physiotherapie gehört nicht zu einem Bereich, in dem sich Bezeichnungen rasch ändern, so dass zusätzlich aus dem heute vorhandenen Sprachgebrauch auf eine Verwendungsform vor nunmehr fast zwölf Jahren geschlossen werden kann. Physiotherapeutische Behandlungen dienen heute und dienten bereits 1998 immer zumindest auch der Fitness. Das Wort "fit" ist dem englisch-amerikanischen Sprachkreis entnommen und kann für die - mittlerweile auch in die deutsche Sprache eingegangenen - Bedeutungen "in guter körperlicher Verfassung", "sportlich durchtrainiert", "leistungsfähig", "kompetent" oder "tüchtig" stehen (vgl. Duden - Das Fremdwörterbuch, CD-ROM, 9. Aufl., 2007). Dass "Fit" im Zusammenhang mit Dienstleistungen eines Physiotherapeuten im Sinn von "passend" verstanden wird, ist nicht in einem Ausmaß zu erwarten, dass eine Unterscheidungskraft daraus resultieren könnte, dass "Fit" als "passend" nicht auf "Physio" bezogen werden kann. Der vorangestellte Bestandteil "Physio" ist aus den Wörtern "Physiotherapie" und "Physiotherapeut" seit langem bekannt. Beides gab es bereits 1998 seit langem. Schon 1999 hat die Markenstelle vom Bundespatentgericht im Beschluss vom 28. Juni 2000 (32 W (pat) 123/00) unbeanstandeter Weise zu "Physiofitness" festgestellt, "Physio" stelle eine beschreibende Angabe dar. Es handle sich um ein Bestimmungswort innerhalb von Wortzusammensetzungen mit der Bedeutung "Körper, Natur, Leben". Entsprechend gebe es eine Vielzahl von Wortbildungen mit diesem Bestandteil, wie "Physiologe/ie, Physiotherapie, Physiotherapeut". Wie die Markenstelle zutreffend bereits in dem mit Beschluss vom 16. November 1998, Az.: 30 W (pat) 136/97 (AST3), überprüften Bescheid zu " PhysioControl " festgestellt hat, hat der Bestandteil "Physio" in Wortzusammensetzungen die Bedeutung von "den Körper betreffend" (Fremdwörterbuch, VEB Bibliographisches Institut, 1954, AST16) bzw. Natur, natürlich (Duden, Das große Fremdwörterbuch, 2000, AST12), "Natur, natürlich, die natürlichen Lebensvorgänge betreffend; physikalisch, körperlich" (vgl. Duden, Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 5. Aufl., S. 554; Thiele, Handlexikon der Medizin, Bd. L - Z, S. 190, jeweils Stichw. "Physio"). Dieser Bedeutungsinhalt bleibt auch in Wortzusammensetzungen erhalten, was Begriffe wie "Physiologie" (= Wissenschaft von den Grundlagen des allgemeinen Lebensgeschehens), " Physionomie " (= Lehre von den Naturgesetzen), "Physiotherapie" (= Behandlung von Krankheiten mit naturgegebenen Mitteln wie Wasser, Wärme, Licht und Luft) und "Physiognomie" (= äußere Erscheinung, besonders der Gesichtsausdruck eines Menschen) zeigen. Wortkombinationen mit einem abweichenden Bedeutungsinhalt sind nicht feststellbar; selbst "Physiokratie" fügt sich in den Aussagegehalt "die Natur betreffend" ein, handelt es sich dabei doch um "Herrschaft der Natur" (vgl. Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Aufl., S. 625). Damit sind zwei beschreibende Begriffe in sprachüblicher Weise so zusammengefügt, dass sie auch durch die Kombination keine Unterscheidungskraft entwickeln, auch wenn die Gesamtbezeichnung nicht als rein beschreibend unter § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG fallen mag. Der Wortkombination "Physio-Fit" war und ist zu entnehmen, dass so gekennzeichnete Dienstleistungen dem Bereich der Physiotherapie zuzuordnen sind und der körperlichen Fitness dienen, zumal bereits viele physiotherapeutische Angebote auf dem Markt sind, die mit ähnlichen Namen bezeichnet werden. Gleiches gilt für "fit" und damit kombinierte Begriffe. Die Bezeichnung "Physio-Fit" ist damit in einer Weise gebildet, wie sie für Bezeichnungen im Gesundheits- und Fitnessbereich allgemein typisch war und ist. Bei dieser Art der "Kennzeichnung" ging und geht es nicht um eine Herstellerzuordnung, sondern um die Benennung der Dienstleistung als solche. Der Trenn- oder Bindestrich führt dazu, dass beide Teile eigenständig in ihrer Bedeutung hervortreten. Er erklärt auch die Großschreibung von "Fit", obwohl selbst eine Binnen-Großschreibung ( PhysioFit ) allein keine Unterscheidungskraft begründen könnte. Eine solche Schreibweise wäre nämlich werbeüblich; sie betont die Zusammensetzung aus mehreren Bestandteilen und damit auch den sich daraus ergebenden Sinngehalt. Durch die Aggregation des altgriechischen Wortes "physio" mit dem englischsprachigen Kurzwort "fit" entsteht keine neuartige Wortkombination, die aus sich heraus originell und insoweit ohne Weiteres individualisierend wirkt. Der Bezug zwischen Physiotherapie und Fitness ist wesentlich enger und eingängiger als der zwischen "Foto" bzw. "Print" und "fit" (vgl. Beschlüsse vom 14. März 2000, Az.: 27 W (pat) 234/99 - Fotofit und vom 6. Februar 2001, Az.: 27 W (pat) 237/99 - Printfit). Der letztgenannte Beschluss setzt sich folgerichtig von der "Autofit"-Entscheidung vom 11. Juni 1996 (24 W (pat) 90/95) mit der Begründung ab, "Autofit" sage viel präziser und eindeutiger aus, wofür die beanspruchten Waren (Reinigungs- und Pflegemittel) bestimmt und geeignet seien, nämlich ein Auto "fit zu machen". "Isofit" wurde als unterscheidungskräftig angesehen (BPatG, Beschluss vom 29. Oktober 2002, Az.: 33 W (pat) 267/02), weil "fit" im Sinn von "leistungsfähig" zwar für sich allein genommen ohne weiteres verständlich ist, aber in Kombination mit "Iso" nicht mit der Aussage "besonders isolierfähig" gleichgesetzt werden könne. Es lasse sich nicht feststellen, dass ein Hinweis auf die Leistungsfähigkeit einer bestimmten Sache in einer bestimmten Hinsicht üblicherweise in der sprachlichen Form "XY-fit" gegeben würde (vgl. dazu auch 27 W (pat) 119/02 - PC-Fit; 27 W (pat) 140/99 - HOME fit). "Physio-Fit" kann nicht wie " RATIONAL SOFTWARE CORPORATION " behandelt werden. Dazu hat der BGH (Beschluss vom 11. Mai 2000 Az.: I ZB 22/98) festgestellt, dass " RATIONAL " weder auf " SOFTWARE " noch auf " CORPORATION " bezogen werden könne. Ohne gedankliche Verbindung zwischen " RATIONAL " einerseits und " SOFTWARE CORPORATION " andererseits weise der Zeichenbestandteil " RATIONAL " verschiedene Bedeutungen auf. Vorliegend ist aber ein Bezug von "Physio" auf "Fit" gegeben, wie bereits dargestellt. Möglichkeiten, die angegriffene Marke so zur Kennzeichnung zu verwenden, dass der Verbraucher sie als Marke versteht (vgl. BGH GRUR 2001, 240 - Swiss-Army), sind immer denkbar und räumen den Mangel an Unterscheidungskraft nicht aus. Qualitäts- oder Werbefunktion - ihr Vorhandensein unterstellt - genügten ohne die Hauptfunktion, nämlich die Herkunftsfunktion, nicht, Unterscheidungskraft zu begründen. Billigkeitsgründe für eine Kostenauferlegung sind nicht ersichtlich (§ 71 Abs. 1 MarkenG). Für die vom Markeninhaber angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Es ist weder ersichtlich noch vom Markeninhaber aufgezeigt, dass der vorliegende Fall eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft. Auch zwischen dem Zeitpunkt der Anmeldung und der Eintragung ist nichts entscheidungsrelevantes geschehen, so dass es nicht darauf ankommt, auf welchen Zeitpunkt für einzelne Gesichtspunkte jeweils abzustellen ist. Für eine Zurückverweisung an das Deutschen Patent- und Markenamt besteht ebenfalls kein Anlass. Alle vom Markeninhaber als von der Markenabteilung falsch behandelt beanstandeten Entscheidungsgrundlagen konnte der Senat im vorliegenden Verfahren prüfen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006416
BPatG
München
26. Senat
20100526
26 W (pat) 184/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 82 Abs 2 S 1 MarkenG, § 117 Abs 2 ZPO, § 117 Abs 4 ZPO, § 118 Abs 2 S 4 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – keine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe bei Nichteinreichung der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse – Verbot der Schlechterstellung gilt nicht in Fällen einer notwendig einheitlichen Sachentscheidung – Möglichkeit der Erhebung des Widerspruchs nur aus einer "eingetragenen Marke"
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke... hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. Mai 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann sowie die Richter Reker und Lehner beschlossen:
I Gegen die Eintragung der Marke ... B... für die Waren und Dienstleistungen "31:  Malz; Hopfen 32: Biere 35: Werbung, insbes. Vermietung von Werbeflächen im Internet" ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Ware "Alkoholfreies Getränk" eingetragenen prioritätsälteren Marke ... B... . Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zunächst wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass angesichts der teilweisen großen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren zwar ein deutlicher Abstand der Marken erforderlich sei, der von der angegriffenen Marke jedoch in jeder Richtung eingehalten werde. Die dagegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden ist erfolglos geblieben. Der Erinnerungsprüfer hat die Zurückweisung der Erinnerung damit begründet, dass der Widerspruch nicht nur unbegründet, sondern bereits unzulässig sei, und demgemäß den Widerspruch als unzulässig verworfen. Diesbezüglich hat er ausgeführt, der Widerspruch sei ursprünglich von der Widersprechenden eindeutig nur auf die nationale Marke ... gestützt worden. Diese sei bereits am 17. November 2004 im Markenregister gelöscht worden und folglich zum Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruchs am 16. April 2008 nicht mehr existent gewesen. Infolge der Inanspruchnahme der Seniorität dieser Marke für die Gemeinschaftsmarke ... werde zwar der gesamte materielle Inhalt der erloschenen älteren nationalen Marke in die Gemeinschaftsmarke integriert und deren Fortbestand gemeinschaftsrechtlich fingiert. Die Seniorität bestehe aber nicht isoliert fort, sondern nur in akzessorischer Verbindung mit der Gemeinschaftsmarke, für die sie wirksam in Anspruch genommen worden sei. Deshalb könne die Seniorität bzw. die ihr nach Art. 34 Abs. 2 GMV mit dem Verzicht auf die ältere nationale Marke oder deren Erlöschenlassen zukommende Wirkung in einem Widerspruchsverfahren nicht losgelöst von der Gemeinschaftsmarke geltend gemacht werden. Verfahrensrechtliche Voraussetzung hierfür sei vielmehr gemäß §§ 125 b Nr. 1, 42 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 i. V. m. Art. 4 Abs. 2 Buchst. B MarkenRichtl stets die Erhebung eines Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke, für die die Seniorität der älteren nationalen Marke wirksam in Anspruch genommen wurde. Im vorliegenden Fall sei der Widerspruch aber erst mit der Eingabe vom 4. August 2008, also nach Ablauf der am 18. April 2008 endenden Widerspruchsfrist, auf die Gemeinschaftsmarke ... gestützt worden. Die Widerspruchsschrift vom 16. April 2008 nenne lediglich die Registernummer der seinerzeit bereits erloschenen nationalen Marke .... Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Zu deren Begründung trägt sie vor, ihr sei im vorliegenden Widerspruchsverfahren am 21. Juli 2008 von der Markenstelle mitgeteilt worden, dass die Widerspruchsmarke im Register gelöscht sei, weshalb mit einer Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig gerechnet werden müsse, sofern der Widerspruch nicht zurückgenommen werde. Daraufhin habe sie den Widerspruch innerhalb der ihr gesetzten Frist auch auf die Gemeinschaftsmarke ... gestützt, auf die die Priorität der nationalen Widerspruchsmarke übertragen worden sei. Nachdem der Widerspruch durch die Erstprüferin nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen worden sei und es im Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs bereits amtsbekannt gewesen sei, dass die Seniorität der Widerspruchsmarke für die Gemeinschaftsmarke ... beansprucht worden sei und in dieser weitergeführt werde, habe auch im Erinnerungsverfahren die Zulässigkeit des Widerspruchs weiterhin bejaht werden und eine sachliche Begründetheitsprüfung stattfinden müssen. Dies ergebe sich bereits aus dem auch im Erinnerungsverfahren geltenden Verbot der reformatio in peius. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes habe der Erstprüferbeschluss nicht zum Nachteil der Widersprechenden abgeändert werden dürfen, weshalb auch eine Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig nicht mehr gerechtfertigt gewesen sei. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Februar 2009 und 9. September 2009 aufzuheben und wegen des Widerspruchs die Löschung der Marke ... anzuordnen. Der Markeninhaber beantragt sinngemäß, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen. Er bestreitet u. a. die Wirksamkeit der Übertragung der Widerspruchsmarke von deren ursprünglichem Inhaber auf die Widersprechende und stellt die wirksame Bevollmächtigung der Vertreter der Widersprechenden infrage. Ferner weist er darauf hin, dass das Deutsche Patent- und Markenamt ihm am 27. April 2010 mitgeteilt habe, dass beim Harmonisierungsamt die Löschung der Gemeinschaftsmarke ... beantragt worden sei, weshalb im vorliegenden Beschwerdeverfahren erst nach der Entscheidung über den Bestand der Widerspruchsmarke Beschluss gefasst werden könne. Der Markeninhaber beantragt ferner, ihm Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen. Der Senat hat dem Markeninhaber mit Bezug auf sein Verfahrenskostenhilfegesuch am 20. April 2010 den Vordruck "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" samt dem zugehörigen Hinweisblatt übersandt und ihn aufgefordert, den ausgefüllten Vordruck binnen zwei Wochen an die Geschäftsstelle des Senats zurückzusenden. Auf seine daraufhin gestellte Frage, ob auf die Ausfüllung des Formulars nicht verzichtet werden könne, weil er im Zusammenhang mit dem Verfahren 26 W (pat) ... eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, hat der Senat am 27. April 2010 geantwortet, dass auf die Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht verzichtet werden könne und dem Markeninhaber zugleich eine weitere Frist von zwei Wochen für die Vorlage der Erklärung nebst den erforderlichen Nachweisen gesetzt. Der Markeninhaber hat auch daraufhin weder die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch sonstige diesbezügliche Nachweise vorgelegt. II 1. Der Verfahrenskostenhilfeantrag des Markeninhabers ist statthaft (BGH GRUR 2009, 88f., Nr. 10 ff. – ATOZ ). Er ist jedoch zurückzuweisen, weil der Markeninhaber seiner aus § 82 Abs. 2 S. 1 MarkenG i. V. m. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO resultierenden Obliegenheit, sich über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären sowie entsprechende Belege beizufügen, innerhalb der ihm hierfür gesetzten Fristen nicht nachgekommen ist. Nach den zuvor genannten Bestimmungen hat die Person, die einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe stellt, ihrem Antrag eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 S. 1 ZPO). Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO). Hat der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe insoweit ab (§ 118 Abs. 2 S. 4 ZPO). Der Senat hat dem Markeninhaber auf seinen Verfahrenskostenhilfeantrag hin die vom Bundesministerium der Justiz eingeführte "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" nebst zugehörigem Merkblatt übersandt und ihn zur Ausfüllung und Rückübersendung dieser Erklärung aufgefordert. Auf die vom Markeninhaber daraufhin gestellte Frage, ob auf die Übersendung des ausgefüllten Vordrucks nicht deshalb verzichtet werden könne, weil er in der Folge eines zuvor beim Senat anhängigen anderen Beschwerdeverfahrens aus Anlass der Zwangsvollstreckung eine eidesstattliche Erklärung abgegeben habe, hat der Senat darauf hingewiesen, dass auf die Vorlage der ausgefüllten Erklärung nicht verzichtet werden könne. Daraufhin hat der Markeninhaber innerhalb der ihm hierfür gesetzten weiteren Frist weder die ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse noch sonstige Unterlagen vorgelegt, die eine abschließende Prüfung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichen würden. Auch die von ihm angeführte eidesstattliche Erklärung hat er - unabhängig davon, dass deren Vorlage allein für den Nachweis der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichen würde (vgl. z. B. BGH NJW 2002, 2793) - nicht zu den Akten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens eingereicht. Angesichts dieser Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Markeninhaber war gemäß § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO zu verfahren und der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abzuweisen. 2. Auch die zulässige Beschwerde der Widersprechenden kann keinen Erfolg haben. Die Entscheidung des Erinnerungsprüfers, den Widerspruch als unzulässig zu verwerfen, begegnet nicht den von der Widersprechenden geltend gemachten rechtlichen Bedenken. Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss ist insbesondere nicht schon wegen eines Verstoßes der Markenstelle gegen das Verbot der Schlechterstellung ("reformatio in peius") aufzuheben, da ein solcher Verstoß im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Das Verbot der Schlechterstellung gilt nicht in Fällen einer notwendig einheitlichen Sachentscheidung. Deshalb darf ein Gericht auf die Berufung des Klägers hin eine zunächst als unbegründet erfolgte Klageabweisung auch in eine Abweisung als unzulässig abändern, wenn dies nach dem Sachvortrag und den getroffenen Feststellungen möglich erscheint (BGH NJW 1999, 1113). Dementsprechend war auch der Erinnerungsprüfer nicht gehindert, im Rahmen der von der Widersprechenden eingelegten Erinnerung die Frage der Zulässigkeit des Widerspruchs erneut zu prüfen und den Widerspruch - anders als die Erstprüferin - als unzulässig zu verwerfen. Die Beurteilung des Widerspruchs als unzulässig ist auch im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat die Markenstelle im angegriffenen Beschluss festgestellt, dass die Marke ..., aus der die Widersprechende innerhalb der Widerspruchsfrist gegen die Eintragung der jüngeren Marke Widerspruch eingelegt hat, zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung im Markenregister bereits gelöscht war und deshalb nicht mehr Grundlage eines rechtswirksamen Widerspruchs sein konnte, weil nur aus einer "eingetragenen Marke" (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) Widerspruch erhoben werden kann. Deshalb hätte der Widerspruch im vorliegenden Fall, in dem die nationale Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung bereits erloschen war, von Anfang an und jedenfalls bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist nur noch auf die Gemeinschaftsmarke ..., die die Seniorität der erloschenen Marke ... beansprucht, gestützt werden können. Ein Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke ... ist innerhalb der Widerspruchsfrist beim Deutschen Patent- und Markenamt aber nicht eingelegt worden. Eine verfahrensrechtliche Wirkung der Seniorität dahingehend, dass mit dem Erlöschen der älteren nationalen Marke in sämtlichen anhängigen inländischen amtlichen oder gerichtlichen Verfahren, in denen aus dieser Marke Rechte geltend gemacht werden, an deren Stelle nunmehr die Gemeinschaftsmarke mit der für sie in Anspruch genommenen Seniorität der älteren nationalen Marke tritt, kann weder den Bestimmungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung noch denen des Markenrechts entnommen werden. insbesondere fehlt im Markengesetz eine Vorschrift, die die Regelung des § 34 Abs. 2 GMV in nationales Recht umsetzt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 42 Rdn. 8 m. w. N.). Diese für den Fall eines zunächst rechtswirksam aus einer eingetragenen nationalen Marke erhobenen Widerspruchs vertretene Rechtsauffassung muss erst recht dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein rechtswirksamer Widerspruch innerhalb der Widerspruchsfrist nicht erhoben worden ist, weil die ältere Marke, auf die der Widerspruch innerhalb der Frist gestützt wurde, zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung bereits erloschen war. Der Widerspruch aus der Marke ... war somit unzulässig. Soweit die Widersprechende ihren Widerspruch mit Schreiben vom 4. August 2008 auch auf die Gemeinschaftsmarke ... gestützt hat, ist auch dieser Widerspruch, selbst wenn er als eigenständiger, weiterer Widerspruch gewertet wird, schon deshalb unzulässig, weil er nicht innerhalb der am 18. April 2008 abgelaufenen Widerspruchsfrist beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist. Angesichts der Unzulässigkeit des Widerspruchs kann die Frage, ob zwischen den beiderseitigen Marken die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besteht, dahingestellt bleiben. Es sei jedoch insoweit angemerkt, dass die Verneinung der Verwechslungsgefahr durch die Erstprüferin ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, nachdem sich die Gemeinsamkeiten der beiderseitigen, nicht für identische, sondern nur für teilweise ähnliche Waren eingetragenen Marken im Wesentlichen auf eine Übereinstimmung in dem beschreibenden Wortbestandteil "B..." beschränken, und eine Übereinstimmung in rein beschreibenden Markenteilen eine Verwechslungsgefahr regelmäßig nicht zu begründen vermag (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 141 m. w. N.). Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgesichtspunkten (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) gibt die Sache keinen Anlass, so dass gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst zu tragen hat.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006417
BPatG
München
24. Senat
20100622
24 W (pat) 5/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 107 MarkenG, § 114 MarkenG, § 125b Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "ARVOR (IR-Marke)/FAVOR (Gemeinschaftsmarke)" – zu den beteiligten Verkehrskreisen – Durchschnittsverbraucher – Fachpublikum – zur Kennzeichnungskraft - teilweise Warenähnlichkeit und –identität – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die IR-Marke 800 560 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2007, berichtigt durch Beschluss vom 7. August 2007, und vom 29. Oktober 2008 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 242 833 hinsichtlich der von der angegriffenen Marke IR 800 560 erfassten Waren "01 Produits chimiques destinés à l'industrie, aux sciences, à la photographie, ainsi qu'à l'agriculture, l'horticulture et la sylviculture; résines artificielles à l'état brut; engrais pour les terres; compositions extinctrices; préparations pour la trempe et la soudure des métaux; produits chimiques destinés à conserver les aliments; matières tannantes préparées; adhésifs (matières collantes) destinés à l'industrie. 03 savons à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle. 05 Produits pharmaceutiques et hygiéniques; emplâtres, matériel pour pansements" zurückgewiesen worden ist. In dem genannten Umfang wird der Marke IR 800 560 der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland ebenfalls verweigert. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die für Waren der Klassen 1, 3, 5 und 21 am 20. März 2003 international registrierte Marke 800 560 ARVOR (Ursprungsland Frankreich) begehrt die Schutzerstreckung auf Deutschland. Widerspruch erhoben ist u. a. aus der am 15. Juli 1999 angemeldeten und am 23. August 2000 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 1 242 833 FAVOR die für folgende Waren Schutz genießt: "1: Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, insbesondere als Hilfsmittel für die Textilindustrie, für die Chemiefaserindustrie, für die Leder- und Pelzindustrie, für das Reinigungsgewerbe, für die Aufbereitung und für die chemisch-technische Industrie; chemische Erzeugnisse für wissenschaftliche, photographische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze, sämtlich im Rohzustand (in Form von Pulvern, Flüssigkeiten oder Pasten); Kunststoffe im Rohzustand, Polymere, einschließlich absorbierende, superabsorbierende und lösliche Polymere, insbesondere Absorberpolymere zur Verwendung in der Hygieneindustrie zur Herstellung von Hygieneartikeln und -materialien, Absorberpolymere zur Verwendung in der Verpackungsindustrie zum Binden wässriger Flüssigkeiten aller Art; Düngemittel (natürliche oder künstliche); Feuerlöschmittel; Härtemittel und chemische Präparate zum Löten; Gerbmittel. 3: Schleifmittel; Parfümerien; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Hautreinigungsmittel und Hautschutzsalben (ausgenommen Rasierseifen, Rasiercreme, Rasierwasser, Haarwässer, Zahnputzmittel)". Der Widerspruch richtet sich gegen alle gleichen und ähnlichen Waren. Die Inhaberin der IR-Marke hat im Jahr 2004 ein in Klasse 3 eingeschränktes Warenverzeichnis vorgelegt. Das Verzeichnis hat insgesamt nunmehr folgende Fassung: "1 Produits chimiques destinés à l'industrie , aux sciences, à la photographie , ainsi qu'à l'agriculture , l'horticulture et la sylviculture ; résines artificielles à l'état brut ; engrais pour les terres; compositions extinctrices ; préparations pour la trempe et la soudure des métaux ; produits chimiques destinés à conserver les aliments; matières tannantes préparées ; adhésifs ( matières collantes ) destinés à l'industrie . 3 Préparations pour blanchir et autres substances pour lessiver , à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle ; préparations pour nettoyer , polir , dégraisser et abraser , à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle ; savons à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle ; produits de droguerie , à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle . 5 Produits pharmaceutiques , vétérinaires et hygiéniques ; substances diététiques à usage médical , aliments pour bébés ; emplâtres , matériel pour pansements ; matières pour plomber les dents et pour empreintes dentaires ; désinfectants ; produits pour la destruction des animaux nuisibles ; fongicides , herbicides. 21 Ustensiles et récipients pour le ménage ou la cuisine (ni en métaux précieux , ni en plaqué ); peignes et éponges et autres accessoires de toilette; brosses (à l'exception des pinceaux ); matériaux pour la brosserie ; matériel de nettoyage ; paille de fer; verre brut et mi-ouvré (à l'exception du verre de construction); verre rie, porcelaine et faïence non comprises dans d' autres classes." Am 14. März 2007, berichtigt am 20. Dezember 2007, ist die IR-Marke auf die jetzige Inhaberin umgeschrieben worden. In einem ersten Beschluss der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2007, berichtigt mit Beschluss vom 7. August 2007, ist der angegriffenen IR-Marke der Schutz in Deutschland teilweise verweigert worden, nämlich für folgende Waren: " préparations pour nettoyer , polir , dégraisser et abraser , à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle ; produits de droguerie , à l’exception des produits nettoyants pour la vaisselle ". Während sich die "chemischen Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke" an ein spezielles Fachpublikum aus dem Kreis der chemischen Industrie richteten, das aufgrund seiner berufsmäßigen Kenntnisse auch den markenmäßigen Kennzeichnungen der in diesem Produktbereich verwendeten Vorprodukte mit gesteigerter Aufmerksamkeit begegne und Abweichungen eher bemerke, seien die sonstigen Waren auch für den breiten Verkehr bestimmt. Trotz eines beschreibenden Anklangs (im Hinblick auf die Wortbedeutung im Lateinischen und im Spanischen) komme der Widerspruchsmarke " FAVOR " eine normale Kennzeichnungskraft zu (unter Hinweis auf BPatG 30 W (pat) 123/00 - Salor / FAVOR ). Der Ähnlichkeitsgrad der sich gegenüberstehenden Waren sei unterschiedlich; teilweise - hinsichtlich der Waren in den Klassen 5 und 21 - bestehe keine relevante Ähnlichkeit. Die Vergleichszeichen stimmten in der Laut- und Buchstabenfolge "-VOR" überein und wiesen zudem dieselbe Vokalfolge auf. Die Abweichungen in den Anfangssilben "FA" und "AR" seien zwar nicht sehr prägnant, da beide Silben übereinstimmend den Vokal "A" enthielten und es sich bei den Konsonanten "R" und "F" um klangschwache Laute handele. Jedoch müsse berücksichtigt werden, dass Vokal und Konsonant getauscht seien, was sich auf den Sprechrhythmus auswirke, und dass sich diese Abweichung auf den allgemein stärker beachteten Wortanfang beziehe. Zudem handele es sich um relativ überschaubare Markenwörter. Der Annäherungsgrad liege daher in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht im unteren Durchschnitt. Somit ergebe sich nur teilweise, bei einer Begegnung der Marken als Kennzeichnung identischer und an den breiten Verkehr gerichteter Waren eine Verwechslungsgefahr, im Übrigen aber nicht. Die Widersprechende hat Erinnerung eingelegt und diese eingehend begründet; u. a. hat sie ausgeführt, eine mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende deutsche Marke sei bereits im Jahr 1976 registriert worden und in der Folgezeit vornehmlich für superabsorbierende Polymerisate für die Hygieneindustrie umfangreich benutzt worden. Sie, die Widersprechende, sei (nunmehr wieder) der weltweit führende Superabsorberhersteller und genieße in Fachkreisen einen sehr guten Ruf. Unter der Widerspruchsmarke " FAVOR " seien im Jahr 2006 weltweit 400 000 t superabsorbierende Polymerisate verkauft worden; der Warenwert der in Deutschland gekennzeichneten Produkte habe in jenem Jahr … Euro betragen, wobei allein in Deutschland ein Umsatz von … Euro erzielt worden sei. Die Markeninhaberin hat mitgeteilt, dass auf die Erinnerung keine Äußerung eingereicht werde. In einem zweiten Beschluss der mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzten Markenstelle vom 29. Oktober 2008 ist die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen worden. Die Angaben zu Umsatz und Marktführerschaft der Widerspruchsmarke reichten nicht aus, um von einer erhöhten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die Voraussetzungen müssten bei Anmeldung der angegriffenen Marke vorgelegen haben und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch noch fortbestehen. Frühere Entscheidungen seien daher nicht relevant. Die im Allgemeinen stärker beachteten Wortanfänge der Vergleichsmarken seien unterschiedlich. Als wesentlicher Gesichtspunkt, der einer Verwechslungsgefahr entgegenstehe, sei anzusehen, dass sich die verfahrensgegenständlichen Waren an den Fachverkehr richteten. Auch der Umstand, dass es sich im Marktsegment der Personal-Care-Produkte um einen sehr sensiblen Bereich handele, spreche gegen eine Verwechslungsgefahr. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach kann angesichts der weitgehenden Übereinstimmungen der Zeichen die alleinige Abweichung am Wortanfang eine Verwechslungsgefahr nicht sicher ausschließen. Es sei unverständlich, warum die Markenstelle dem stimmlosen Konsonanten "F" eine derart große Bedeutung beimesse, dass trotz der vorhandenen Vielzahl an Übereinstimmungen eine Verwechslungsgefahr in Abrede gestellt werde. Nicht zutreffend sei auch die Verneinung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Es handele sich um eine besonders bekannte Marke, der von daher ein weitreichender Schutz zukommen müsse. Sie, die Widersprechende, sei der weltweit führende Superabsorberhersteller. Die Auffassung der Markenstelle führe zu der nicht hinnehmbaren Folge, dass kein Markeninhaber in sensiblen Produktbereichen, sei es im Marktsegment der Personal-Care-Produkte, sei es im Pharmabereich, seine Marken adäquat verteidigen könnte. Vorliegend seien vielmehr strengste Anforderungen an den Abstand der Vergleichsmarken zu stellen, insbesondere, um den erworbenen wertvollen Besitzstand der Widerspruchsmarke zu schützen. In der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2010 hat die Widersprechende ihre Argumentation vertieft. Sie stellt den (sinngemäßen) Antrag, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juli 2007, berichtigt mit Beschluss vom 7. August 2007, und vom 29. Oktober 2008 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 242 833 teilweise zurückgewiesen worden ist, und der IR-Marke 800 560 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt zu verweigern. Die Markeninhaberin hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme in der Sache abgegeben und auch an der mündlichen Verhandlung - gemäß vorheriger Mitteilung - nicht teilgenommen. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. 1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Die Beschwerdeführerin, die "E… GmbH", ist durch Umfirmierung aus der "S… GmbH" hervorgegangen, diese wiederum ist - durch gesellschaftsrechtliche Umwandlung - Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Widersprechenden, der "S1… GmbH & Co. KG". Im Gemeinschaftsmarkenregister ist die Widerspruchsmarke jeweils umgeschrieben worden. 2. Die Beschwerde ist auch teilweise, im Umfang der in der Beschlussformel enthaltenen Waren, begründet. Denn die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen in einem weitergehenden Umfang, als von der Markenstelle angenommen, der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 114, § 125b MarkenG. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und der bei der Auswahl zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE ; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO ; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 32, 33). a) Was die registrierten Erzeugnisse in Klasse 1 anbetrifft, so liegt - weitgehend - Warenidentität vor. Hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren in Klasse 3 werden " savons ..." (= Seifen) ebenfalls von dem - weiten - Oberbegriff "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" umfasst. Dass insoweit nur ein "entferntes Ähnlichkeitsverhältnis" (so der Erstprüfer) bestehen soll, ist unzutreffend. Dagegen liegen " préparations pour blanchir et autres substances pour lessiver , ..." (= Bleich- und Waschmittel) nicht mehr im Ähnlichkeitsbereich zu Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl. S. 339/340). Von den Waren der IR-Marke in Klasse 5 sind " produits pharmaceutiques et hygiéniques ; emplâtres , matériel pour pansements " mit Mitteln zur Körper- und Schönheitspflege ähnlich (vgl. Richter/Stoppel a. a. O., S. 145/146, 236, 239), im Übrigen aber - unbeschadet der unterschiedlichen Fertigungsstufe - auch zu den superabsorbierenden Materialien der Widerspruchsmarke in Klasse 1. Hinsichtlich der Waren der IR-Marke in Klasse 21 ist keine Warenähnlichkeit vorhanden. b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke " FAVOR " ist von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, durchschnittlich. Die deutsche Sprache kennt zwar die Wörter " Favor it" und "favorisieren", nicht aber " Favor ". Eine Verminderung des Schutzumfangs im Hinblick auf die Wortbedeutung im Lateinischen und Spanischen anzunehmen, liegt bei den hier betroffenen Produkten fern (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 29.01.2001, 30 W (pat) 123/00 - Salor / FAVOR ). Die Widersprechende hat sich bereits im patentamtlichen Erinnerungsverfahren und erneut im Beschwerdeverfahren auf einen infolge umfangreicher Benutzung und Bekanntheit der Marke " FAVOR " erhöhten Schutzumfang (zumindest für superabsorbierende Polymere in Klasse 1) berufen. Die Markeninhaberin, der die betreffenden Schriftsätze übermittelt worden sind, ist diesem Vorbringen weder im Erinnerungsverfahren noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Von daher kann nicht beanstandet werden, dass die Widersprechende ihre - unbestrittenen - Behauptungen nicht durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung zusätzlich glaubhaft gemacht hat. Zwar beziehen sich die Angaben zu den Produktions- und Umsatzzahlen nicht auf die maßgeblichen Zeitpunkte der Kollision im Jahr 2003 und der (abschließenden) Entscheidung des Senats (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 121, 147), sondern auf das Jahr 2006, jedoch hat der Senat keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in tatsächlicher Hinsicht; diese sprechen dafür, dass der Widerspruchsmarke zumindest hinsichtlich eines Teils der Erzeugnisse in Klasse 1 ein deutlich über dem durchschnittlichen Bereich liegender Schutzumfang zukommt, und zwar auch schon im Zeitpunkt der Kollision. c) Die sich gegenüberstehenden Marken weisen beträchtliche Ähnlichkeiten auf. Sie stimmen in der Anzahl der Silben und Buchstaben sowie in der Vokalfolge A-O überein, außerdem in der jeweiligen zweiten Silbe, d. h. in den letzten drei Buchstaben "VOR". Die Anfangssilben unterscheiden sich vom Schriftbild her allerdings deutlich ("AR" zu "FA"). Somit lässt sich schriftbildlich eine verwechslungsbegründende Ähnlichkeit nicht feststellen, wohl aber im phonetischen Eindruck (und zwar nicht nur unter ganz ungünstigen Übermittlungsbedingungen), weil sich hier angesichts der Übereinstimmung im tontragenden Vokal "A" die Umstellung der jeweils klangschwachen Konsonanten "R" und "F" nicht hinreichend verwechslungsmindernd auswirkt. d) Die Markenstelle hat dem Umstand, dass sich die jeweiligen Erzeugnisse in Klasse 1 an Fachkreise richten, eine Bedeutung beigemessen, die dieser - jedenfalls im Rahmen der Gesamtabwägung aller Einzelfaktoren, die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblich sind - nicht zukommt. Denn nach dem maßgeblichen Verbraucherleitbild des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 173 m. w. Nachw.) ist bereits generell auf normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher im Bereich der einschlägigen Waren abzustellen. Von daher ist heute - anders als unter der Geltung des Warenzeichengesetzes - bei der Wahrnehmung von Marken im Bereich von Spezialprodukten, die sich an Fachkreise richten (wie hier bzgl. der Waren in Klasse 1), kein nochmals deutlich gesteigerter Aufmerksamkeitsgrad zugrunde zu legen. Eine derartige Annahme würde - wie die Widersprechende zu Recht geltend macht - dazu führen, dass (auch kennzeichnungsstarken) Marken in wirtschaftlich bedeutsamen Produktbereichen kein angemessenerer Schutz mehr zu Teil würde. Im Übrigen unterliegt bei einer nicht unbeträchtlichen phonetischen Zeichenähnlichkeit - wie hier - auch das generell aufmerksame Fachpublikum der Gefahr des Sich-Verhörens. Wenn zudem - wie im vorliegenden Fall - sämtliche anderen Faktoren, die im Rahmen der Gesamtabwägung von Bedeutung sind (d. h. Identität und Ähnlichkeit der Waren, erhöhter Schutzumfang der Widerspruchsmarke, klangliche Zeichenähnlichkeit), für eine Verwechslungsgefahr sprechen, so kann allein der Gesichtspunkt, dass ein Teil der beanspruchten Waren für den Fachverkehr bestimmt ist, eine solche nicht sicher ausschließen. e) Hinsichtlich der sonstigen noch verfahrensgegenständlichen Waren der IR-Marke in Klasse 5 und der Produkte in Klasse 21 besteht mangels Warenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Der Beschwerde ist somit teilweise - im oben dargelegten Umfang - stattzugeben, teilweise ist sie zurückzuweisen. 3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gem. § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006417&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006418
BPatG
München
25. Senat
20100722
25 W (pat) 231/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Comfort Fit" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 66 950.5 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Comfort Fit ist am 15. Oktober 2007 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, und zwar für die folgenden Waren der Klassen 5 und 10: "Windeln, Windeleinlagen, Höschenwindeln und Saugvorlagen, im wesentlichen bestehend aus Papier, Zellstoff oder anderen Fasermaterialien als Einmalartikel, Fixierhöschen, gewirkt und/oder gestrickt aus Textilfäden oder bestehend aus Zellstoff zur Fixierung von Saugvorlagen, sämtliche vorgenannten Waren für die Inkontinentenversorgung; Krankenunterlagen und Unterlagen für Inkontinente (soweit in Klasse 10 enthalten)." Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 307 66 950.5 geführte Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 28. Mai 2009 und vom 17. September 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren erging, zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Die Wortkombination "Comfort Fit" sei den angesprochenen Verkehrskreisen verständlich, da "Comfort" nahezu identisch dem deutschen Wort "Komfort" für Bequemlichkeit sei und "Fit" als "Passform", "etwas Passendes" im Inland ebenfalls bekannt sei. Der Verkehr werde das Zeichen "Comfort Fit" unmittelbar in dem Sinne erfassen, dass die damit gekennzeichneten Waren einen Tragekomfort und eine angepasste Form bzw. eine gute Passform böten. Daher werde der Verkehr ohne analysierende Betrachtung erkennen, dass das angemeldete Zeichen die Qualität der Waren beschreibe. Es gebe keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Bedeutungen des Bestandteils "Fit" im Sinne von "gut trainiert, aktiv, Fitness" könnten außer Betracht bleiben, da sie hier eher abwegig seien. Die Bedeutung "gute Passform" sei weitaus näher liegend. Da das Zeichen "Comfort Fit" in seiner Gesamtheit eine sinnvolle Aussage liefere, nämlich einen sachgerechten Hinweis auf die Qualität der Ware, sei es eindeutig und bedürfe keiner Interpretation. Der Begriff "Comfort Fit" werde bereits für Waren verwendet, bei denen es wie bei den beanspruchten Waren auch auf Tragekomfort und Passform ankomme. Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass sich für das angemeldete Zeichen "Comfort Fit" kein nahe liegender, in Bezug auf die beanspruchten Waren beschreibender Sinngehalt ergebe. Die angesprochenen Durchschnittsverbraucher würden den Bestandteil "Fit" nicht mit dem Begriff "Passform" assoziieren. Vielmehr sei es nahe liegend, dass hierdurch gedankliche Verbindungen mit Begriffen wie "in guter körperlicher Verfassung, sportlich durchtrainiert" erweckt würden. Das Wort "fit" sei auch in diesem Sinne in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Somit denke der angesprochene Durchschnittsverbraucher bezüglich des Bestandteils "Fit", wenn er dem angemeldeten Zeichen "Comfort Fit" begegne, an den in der deutschen Sprache im Vordergrund stehenden Sinngehalt "sportlich durchtrainiert". Auch wenn die angesprochenen Verkehrskreise den weiteren Bestandteil "Comfort" im Sinne von "Komfort, Bequemlichkeit" verstünden, ergebe sich für den Gesamtbegriff "Comfort Fit" kein die beanspruchten Waren beschreibender Sinngehalt. Zwar seien Tragekomfort und gute Passform Eigenschaften, die auch bei Inkontinentenwindeln eine Rolle spielten. Dies spreche allerdings nicht gegen die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens, da der Begriff "Comfort Fit" nicht mit dem vorgenannten Bedeutungsgehalt in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen sei. Es ergebe sich somit kein glatt beschreibender Sachzusammenhang mit den beanspruchten Waren. Zudem spiele für die beanspruchten Waren eine bequeme Passform keine Rolle, da diese Waren in einer bestimmten Größe geliefert würden und nicht individuell anpassbar seien. Beispiele in Bezug auf andere Waren wie z. B. Jeans-Hosen könnten nicht herangezogen werden Als Beschaffenheitsangabe oder Sachhinweis auf den Bestimmungszweck für diese Waren könne das angemeldete Zeichen somit nicht angesehen werden. Vielmehr handele es sich bei der Verbindung von "Comfort" und "Fit" um eine ungewöhnliche und neuartige Wortkombination, die zu einem Kunstbegriff mit lediglich andeutendem Aussagegehalt führe, der allenfalls vage und unspezifische Assoziationen wecke, und bei dem es mehrerer Überlegungen bedürfe, um einen gewissen Produktbezug herzustellen. Da der Marke kein eindeutig beschreibender Sinngehalt zukomme, sei auch kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG feststellbar. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2009 und vom 17. September 2009 aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die angemeldete Marke weist entgegen der Auffassung der Anmelderin keine hinreichende Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 -Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar beschreiben, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Dabei ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann, wobei es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen ankommt (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, Tz. 24 - SAT.2; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 83 m. w. N.). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel). Dementsprechend hat der EuGH mehrfach eine strenge und vollständige, nicht auf ein Mindestmaß beschränkte Prüfung von absoluten Schutzhindernissen angemahnt, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2003, 606, Tz. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Tz. 45 - Postkantoor; GRUR 2004, 1027, Tz. 45 - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Auch der BGH hat klargestellt, dass nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf; vielmehr sind die Gesichtspunkte umfassend zu würdigen, wobei im Rahmen der strengen und umfassenden Prüfung zu berücksichtigen ist, dass auch eine geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2009, 949, Tz. 11 - My World). Hiervon ausgehend weist die angemeldete Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren sowohl der Klasse 5 als auch der Klasse 10 keine Unterscheidungskraft auf. Die angemeldete Wortfolge besteht aus den Wörtern "comfort" und "fit". Den Zeichenbestandteil "comfort" werden die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere auch die Endverbraucher der beanspruchten Waren, schon aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung mit dem Wort "Komfort" mit dem Begriff "Bequemlichkeit" ohne weiteres assoziieren. Der aus der englischen Sprache stammende Begriff "fit" hat zwar - für sich gesehen - unterschiedliche Bedeutungen; diese kann - abhängig vom jeweiligen Zusammenhang - sowohl "passend" und in Bezug auf Kleidungsstücke auch "Sitz, Passform", ferner "angemessen, geeignet, tauglich" und auch "gesund, gut in Form" lauten (vgl. Langenscheidts Großwörterbuch Englisch Muret-Sanders, Teil I, Völlige Neubearb. 2001, S. 437/438). In Kombination mit dem Wort "Comfort" und in dem maßgeblichen Produktzusammenhang mit den vorliegend beanspruchten Waren der Klasse 5 (Windeln, Windeleinlagen, Höschenwindeln und Saugvorlagen für die Inkontinenzversorgung) weist das Wort "Fit" allerdings keine Mehrdeutigkeit auf. Denn diese Wortfolge wird von den angesprochenen Verkehrskreisen in diesem Zusammenhang ohne weiteres warenbeschreibend im Sinne von "komfortabel passend" bzw. "bequeme, komfortable Passform" verstanden werden. Die Wortfolge "comfort fit" wird in diesem Sinne im Warenbereich der Bekleidung und Schuhe geradezu inflationär verwendet, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich um Hosen, insbesondere Jeans, Hemden, Strümpfe, Unterwäsche, Schuhe oder Skistiefel handelt, wie die der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2010 übermittelten Unterlagen belegen. Aus diesen Unterlagen ergibt sich beispielsweise im Bereich von "Jeans", dass der Begriff "comfort fit" dort bereits ein nahezu fest definierter Fachbegriff im Sinne von "bequem geschnitten - gerade Beine" ist. Unabhängig davon, dass von dieser Praxis ausgehend ein beschreibendes Verständnis im Sinne von "komfortabel passend" bzw. "bequeme, komfortable Passform" auch bei "Windeln" sehr naheliegend ist, wird die Wortfolge aber auch bei Windeln schon entsprechend verwendet, wie die weiteren, der Anmelderin mit der Terminsladung übermittelten Unterlagen belegen, wobei hier auch Wortfolgen wie "active fit" für "gute Passform bei aktiven Kindern" und "comfort stretch" etwa "für bequeme/komfortable flexible Bündchen" beschreibend verwendet werden. Dies zeigt, dass die Markenwörter auch in anderen Wortverbindungen in diesem Warenbereich eine Eigenschaften dieser Waren glatt beschreibende Funktion haben. Auch wenn es sich bei den hier beanspruchten Waren nicht um Bekleidungsstücke wie Jeans, Hemden oder Schuhe handelt, und auch wenn ferner man davon ausgeht, dass, wie die Anmelderin unter Vorlege von Belegen im Termin am 22. Juli 2010 vorgetragen hat, die Wortfolge "comfort fit" kein Fachterminus für die Bezeichnung der Größe von Windeln, Windeleinlagen, Höschenwindeln und Saugvorlagen ist, so ändert dies nichts daran, dass diese Wortfolge Eigenschaften dieser Waren in einer für die angesprochenen Verkehrskreise äußerst naheliegenden Weise beschreibt. Denn eine "komfortable, bequeme Passform" ist auch hinsichtlich dieser Waren neben einem Höchstmaß an Nässe- bzw. Feuchtigkeitsschutz und auch einem Höchstmaß an Geruchshinderung eine wesentliche Eigenschaft, die die angesprochenen Verkehrskreise von diesen Waren erwarten und wünschen. Dies gilt zum einen für Inkontinenzkranke, die nicht in besonderer Weise pflegebedürftig, aber auf die Benutzung der beanspruchten Waren z. B. auch für eine Teilnahme am sozialen Leben angewiesen sind und für die nicht nur der vorgenannte Schutz, sondern auch die Passform von Belang ist. Zum anderen gilt dies aber insbesondere auch mit Blick auf die Pflege von Personen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt oder sogar bettlägerig sind, weil eine "komfortable, bequeme Passform" der hier beanspruchten Waren der Klasse 5 gerade für diesen Personenkreis mehr als bloße Bequemlichkeit ist, sondern zur Linderung einer für Inkontinenzpatienten oft nur schwer erträglichen Lebenssituation beitragen kann. Nach alledem drängt es sich für diese Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken auf, in der Bezeichnung "comfort fit" einen zwar schlagwortartigen, aber dennoch glatt beschreibenden Hinweis auf diese gewünschten Eigenschaften der vorgenannten Waren und keinen Hinweis auf deren betriebliche Herkunft zu sehen. Auch in Bezug auf die weiteren beanspruchten Waren, nämlich die der Klasse 10 zuzurechnenden "Krankenunterlagen und Unterlagen für Inkontinente" wird der Verkehr in der Wortkombination "comfort fit" keinen Hinweis auf deren betriebliche Herkunft sehen, da die Bezeichnung "comfort fit" insoweit zumindest einen engen beschreibenden Zusammenhang aufweist (vgl. BGH 2006, 850, 854, Tz. 19 - " FUSSBALL WM 2006"). Denn bei pflegebedürftigen, bettlägerigen Personen ist zur Linderung der Folgen ihrer Krankheit erforderlich, dass ihre Unterbringung, insbesondere das jeweilige (Kranken-) Bett in allen Bestandteilen nach Möglichkeit keine Unbequemlichkeiten aufweist, die den Aufenthalt dort über das schon krankheitsbedingt gegebene Maß hinaus beeinträchtigen und ggf. zu weiteren gesundheitlichen Nachteilen führen können. Dann ist aber bei den hier beanspruchten Waren der Klasse 10 neben dem Inkontinenzschutz auch die bequeme und komfortable Passform dieser Unterlagen insbesondere in Bezug auf (Kranken-) Betten eine wesentliche Eigenschaft dieser Produkte. Aus den vorgenannten Gründen spricht aus einiges dafür, dass dem angemeldeten Zeichen insbesondere in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 5 auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht. Da dieses Zeichen aber bereits nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, kann dies dahingestellt bleiben. Die Beschwerde bleibt nach alledem ohne Erfolg.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006419
BPatG
München
28. Senat
20100623
28 W (pat) 533/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "DRIVE TECHNOLOGY CENTER (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 023 136.2 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 7,9 und 37 Klasse 7: Elektromotoren; Getriebemotoren; Getriebe; Industriegetriebe; Antriebe für Elektrohängebahnen; Regler [Maschinenteile]; Gehäuse für Motoren und Getriebe; Adapter [Maschinenteile]; Lager [Maschinenteile]; Dichtungen [Maschinenteile]; Kupplungen; Bremsen; Magnetbremsen; Bremsmagnete; Antriebswellen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten [alle vorgenannten Waren nicht für Landfahrzeuge]; Klasse 9: Elektrische und Elektronische Steuerungsgeräte; Umrichter; Frequenzwandler; Rückspeisegeräte; elektronische Steuerungen; Elektrokabel; Elektrostecker; Verteiler für elektrische Energie und/oder Information; Bedienterminals zur Steuerung von Maschinen; elektronische und elektrotechnische Messgeräte; Drehzahlmesser; Geber; Inkrementalgeber; elektrische und elektronische Kontrollapparate; Ölsensoren; Temperatursensoren; Körperschallsensoren; Positioniersteuerungen; Software zur Steuerung von Maschinen; Feldbus-Kabel; Feldbus-Stecker; elektronische Typenschilder für Antriebe; Geräte und Vorrichtungen zur induktiven Übertragung von elektrischer Energie und/oder Information, nämlich Transformatoren, Linienleiter; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 9 enthalten. Klasse 37: Montage, Wartung, Reparatur und Instandhaltung von elektronischen, elektrischen und/oder mechanischen Antrieben und Antriebskomponenten; Wartung und Austausch von Bremsen; Inbetriebnahmeservice; Installationsservice; Schmierstoffkontrolle; Schmierstoffwechsel; Entsendung von Technikern; Hol- und Bringservice für Antriebe und Antriebskomponenten; Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe aus der sprachregelgemäßen Verbindung der einschlägigen Produkt- und Dienstleistungsbezeichnung " DRIVE TECHNOLOGY ", die der deutschen Bezeichnung "Antriebstechnik" entspreche, mit dem allgemein bekannten Sachbegriff "Center" für eine Angebots- und Herstellungsstätte. Insgesamt werde das Zeichen daher im Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen rein beschreibend und nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden. Die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke liege völlig im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungsvarianten, die den Schutz der Marke nicht begründen könnten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, im Gegensatz zum eindeutigen Sinngehalt von "Center" sei das Wort " drive " interpretationsbedürftig und seine Bedeutung nicht mit der Übersetzung "Antrieb" ausgeschöpft. Die Eintragung der Wortkombination werde nicht in jedweder Form beantragt, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung. Sie bestimme und beschränke den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung, da sie durch das rot geschriebene und auf der rechten Seite verlängerte "V" auf den Verkehr eigenartig und prägnant wirke. Zudem handele es sich nicht nur um den Buchstaben "V", sondern um einen Haken, der im übertragenen Sinne für die Qualität der durch die Anmelderin angebotenen Produkte und Dienstleistungen stehe, wodurch dieses Symbol einen mehrdeutigen Gehalt bekomme. Als Gestaltungsmerkmal sei der Haken zudem originell und prägnant, so dass es als Herkunftshinweis geeignet sei und der Marke insgesamt auch kein Freihaltungsbedürfnis entgegenstehe. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Die absoluten Schutzhindernisse sind darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, und dabei vor allem auch die Interessen der Mitbewerber, am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung zu entsprechen, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden. Im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 soll sichergestellt werden, dass nur solche Zeichen der ungehinderten Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden, die tatsächlich die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen können (EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen, und stellt nach ständiger Rechtsprechung neben weiteren Funktionen die Hauptfunktion der Marke dar (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ) Keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besitzen Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der vom Verkehr im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst werden kann. Durch die angemeldete Marke angesprochen werden ausschließlich technisch vorgebildete Fachleute, die der englischen Wortfolge lediglich die Sachinformation entnehmen, die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen entstammten aus einem Zentrum für Antriebstechnologie. Soweit die Anmelderin zwar "Center" als übliche Bezeichnung anerkennt, den Begriff " DRIVE " aber für mehrdeutig hält, kann dies die Unterscheidungskraft der Bezeichnung insgesamt nicht begründen, da der Verkehr das angemeldete Zeichen nicht isoliert sondern stets im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen der Anmelderin wahrnimmt und damit zwangsläufig " drive " mit "Antrieb" gleichsetzt, zumal den weiteren von der Anmelderin angeführten Bedeutungen "Dynamik, Bewegung, Drang" eher keine konkrete Aussage zu entnehmen ist, worin denn nun die spezielle Fachkompetenz des Zentrums liegt. Für das Fehlen von Unterscheidungskraft reicht es im Übrigen aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibenden Charakter entnehmen können (BGH GRUR 2005, 257, 258 Bürogebäude), wie das vorliegend der Fall ist. Entgegen der Ansicht der Anmelderin führt auch die grafische Gestaltung der Marke zu keinem schutzfähigen Gesamteindruck. Insoweit ist zunächst der markenrechtliche Grundsatz zu berücksichtigen, dass sich der Wortbestandteil eines Zeichens gegenüber seiner grafischen Gestaltung für die angesprochenen Verbraucher umso nachdrücklicher in den Vordergrund drängt, je unmittelbarer die durch ihn vermittelte Sachaussage hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK ; BPatG). Angesichts der nicht kennzeichnenden Wortfolge reichen einfache graphische Elemente und Verzierungen nicht aus, das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden (BGH GRUR 2010, 640 - hey!). So enthalten weder die zweizeilige Schreibweise noch die größenmäßige Herausstellung von " Drive " charakteristische Merkmale. Das gilt ebenso für den von der Anmelderin als individualisierend herausgestellten auf der rechten Seite verlängerten Buchstaben "V" im Bestandteil " DRIVE ", unbeschadet der Möglichkeit, dass er vom Verkehr auch als "Richtig-Haken" wahrgenommen werden könnte. In ihrem Gesamteindruck entsprechen diese Elemente vielmehr dem allgemein bekannten Werbestandard, der bestrebt ist, Werbebotschaften und Sachaussagen dem Verbraucher in möglichst ansprechender Form nahezubringen. Da sie die visuelle Kommunikation erleichtern, sind drucktechnisch gegliederte Wortteile als werbegrafisches Instrument ebenso gängig wie optisch hervorgehobene und/oder farblich gestaltete Einzelbuchstaben (BGH GRUR 2009, 954, Rdnr. 16 - Kinder III). Der von der Anmelderin behauptete farbliche Kontrast (rotes "V") ist nicht Gegenstand der Anmeldung (Eintragung schwarz-weiß ist beantragt worden), sondern allein der Benutzungspraxis. Ohnehin würde auch ein rotes "V" im Gesamtzeichen nicht auffallen, da der Verkehr nichts weiter als die sachbezogene Angabe " Drive " wahrnimmt. Für den Fall, dass er das Zeichen nicht nur flüchtig betrachtet, wofür auf dem vorliegenden Warengebiet Einiges spricht, sondern etwa das "V" zusätzlich auch als "Richtig-Haken" interpretiert, könnte das die Unterscheidungsfunktion aber nicht begründen. Beim Verkehr entsteht dadurch allenfalls ein Gefühl der Zustimmung mit den Produkten bzw. Dienstleistungen. Da sie die visuelle Kommunikation erleichtern, sind drucktechnisch gegliederte Wortteile als werbegrafisches Instrument ebenso gängig wie optisch hervorgehobene und/oder farblich gestaltete Einzelbuchstaben (BGH GRUR 2009, 954, Rdnr. 16 - Kinder III). Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006420
BPatG
München
27. Senat
20100706
27 W (pat) 186/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "AUTOMATION STUDIO" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 16 183.4 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung AUTOMATION STUDIO ist am 10. März 2006 zur Eintragung als Wortmarke für die Waren "Computer integrierte Software" angemeldet worden. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 9. Juli 2007 und vom 22. April 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei dem Begriff " AUTOMATION " handle es sich laut diverser Lexika in der (englischen und deutschen) technischen Fachsprache um einen Basisbegriff der Prozessautomatisierung bzw. der Automatisierungstechnik. Automatisierungs- und Automationsprozesse setzten bekanntlich eine integrierte Datenverarbeitung voraus. Deshalb seien hierfür neben der entsprechenden Hardware (Prozessrechner etc.) auch Programme zur Generierung von Arbeitsplänen und Steuerdaten sowie für die Fertigungssteuerung und Betriebsdatenerfassung erforderlich. Der Fach- und Basisbegriff " AUTOMATION " sei daher als Bestimmungsangabe geeignet zur Beschreibung des näheren Anwendungsgebiets der verfahrensgegenständlichen Software. Die fehlende Unterscheidungskraft dieses glatt beschreibenden Wortbestandteils werde auch nicht durch den zweiten Wortbestandteil " STUDIO " ausgeräumt, da es sich hierbei um eine übliche Geschäftslokalitätsbezeichnung handle. Die angemeldete Bezeichnung erschöpfe sich in ihrer Gesamtheit in einer Zusammenfügung einer Sachangabe und einer üblichen Bezeichnung für Geschäftslokalitäten. Unter " AUTOMATION STUDIO " werde der Verbraucher in Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren "Computer integrierte Software" eine Software verstehen, mittels derer Abläufe in einem Studio (Räumlichkeit/Geschäftsbetrieb) automatisiert werden könnten bzw. eine Software, die in einem (virtuellen) Studio eine Automatisierung bestimmter Prozesse vornehme/simuliere. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie (sinngemäß) beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Juli 2007 und vom 22. April 2009 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen. Die Anmelderin hält die angemeldete Bezeichnung bereits aufgrund der Mehrdeutigkeit des Bestandteils " STUDIO " für unterscheidungskräftig. Insbesondere in Verbindung mit dem Wort " AUTOMATION " verschmelze die Marke zu einer völlig unüblichen Wortkombination, die sich in keinem Wörterbuch nachweisen lasse und auch von den beteiligten Kreisen nicht als beschreibende Angabe eingesetzt werde. Beim Begriff " AUTOMATION STUDIO " handle es sich weder bei seinen einzelnen Wortbestandteilen noch in der Kombination um einen beschreibenden Begriffsinhalt für die betrachtete Software. Zur Begründung der Unterscheidungskraft stützt sich die Anmelderin zudem auf die Interpretationsbedürftigkeit des angemeldeten Zeichens. Bei der bezeichneten Software handle es sich um ein Werkzeug, mit dem computerunterstützte Hydraulik- bzw. Pneumatik-Kreisläufe und z. T. auch elektrische Umfänge entwickelt würden. Diese Hydraulik- bzw. Pneumatik-Kreisläufe könnten in automatisierungstechnischen Anlagen, z. B. in Fertigungsanlagen in Fabriken, eingesetzt werden. Schwerpunkt der Anwendung von " AUTOMATION STUDIO " sei jedoch die Entwicklung von Fluid-Kreisläufen für den Einsatz in Baumaschinen oder Flugzeughydrauliksystemen. Die Software enthalte entgegen den Vermutungen der Markenstelle keinerlei Funktionsumfänge, die zur Automatisierung der Abläufe in einem Studio oder einem Geschäftsbetrieb herangezogen werden könnten oder zur Automatisierung bestimmter Prozesse in einem (virtuelle) Studio dienten. Dass die Bezeichnung nicht beschreibend, sondern nur als Produkt- bzw. Herkunftshinweis verwendet werde, ergebe auch eine von der Anmelderin vorgelegte Google-Recherche. Dies belege auch ein von der Anmelderin vorgelegter Wikipediaauszug zu dem Begriff " Automation Studio ". Die Anmelderin stützt sich im Übrigen auf die Eintragung von ihrer Meinung nach vergleichbaren Marken sowie der identischen Marke in einer Vielzahl anderer Länder, u. a. in den USA und als Gemeinschaftsmarke. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft sowie eine Einschränkung des Warenverzeichnisses angeboten. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn 27 ff. - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben fehlen tatsächliche Anhaltspunkte, dass die Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke " AUTOMATION STUDIO " für die beschwerdegegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Waren einen ohne Weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Die angemeldete Bezeichnung setzt sich aus den Wörtern " AUTOMATION " und " STUDIO " zusammen, die sowohl Bestandteil der deutschen als auch der englischen Sprache sind. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei " AUTOMATION " um einen Basisbegriff der Prozessautomatisierung bzw. der Automatisierungstechnik. Im Zusammenhang mit der Ware "Computer integrierte Software" weist der Begriff unmittelbar auf einen beschreibenden Sinngehalt hin, nämlich auf Software für Automatisierungs- und Automationsprozesse jedweder Art. Darunter fallen auch die von der Anmelderin in der Beschwerdebegründung erwähnten Hydraulik- bzw. Pneumatik-Kreisläufe. Soweit die Markenstelle für den Begriff " STUDIO " allgemein auf eine übliche Geschäftslokalitätsbezeichnung abgestellt hat, mag dies in isolierter Betrachtungsweise richtig sein. In Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Waren "Computer integrierte Software" steht jedoch ein anderer Begriffsinhalt im Vordergrund des Verständnisses, nämlich der einer Software Plattform, die im Sinne einer "Werkstatt" verschiedene Softwarebausteine, -bibliotheken, -programme integriert und eine durchgängige Bearbeitung von Aufgaben ermöglicht. Der Begriff " Studio " oder der oft synonym verwandte Begriff "Suite" weisen damit in beschreibender Weise nicht nur auf die Integration von einer Mehrzahl von in der Regel komplexen Aufgaben unter einer Oberfläche oder Plattform hin, sondern suggerieren in einer beschreibenden Art und Weise auch die Möglichkeit besonders komfortablen und professionellen Arbeiten mit diesen Software-Werkzeugen, die in der Regel ein durchgängiges Bearbeiten von einzelnen Aufgaben erlauben. Beleg dafür ist die vom Erstprüfer genannte Software Suite "Macromedia Studio 8", wo " Studio 8" als das ultimative (Werkzeug-) Komplettpaket für die Gestaltung, Entwicklung und Verwaltung von Websites, Anwendungen, Spielen, interaktiven Präsentationen" genannt und damit im o. g. Sinne als ein alle Werkzeuge umfassendes Softwarepaket verwendet wird. Weitere Belege sind die von der Erinnerungsprüferin genannten Begriffe wie "3D studio max" (ein Entwicklungs-, Animation- und Rendering Softwarepaket zur Graphikerstellung), " microsoft visual studio 2005" respektive "visual studio " (eine integrierte Entwicklungsumgebung zur Entwicklung von Anwenderschnittstellen mittels MS-Formularen, Web-Seiten, -Anwendungen, -Diensten), "logic studio " (eine Musikproduktionssoftware von Apple). Weitere prominente Vertreter sind "Sun Java Studio " (eine integrierte Entwicklungsumgebung oder Nutzung sog. NetBeans ), "Pinnacle Studio " (eine Videobearbeitung und -schnitt Software der Firma Pinnacle), "Corel Digital Studio (eine Software für Bild-, Videobearbeitung und -archivierung von Corel), "Final Cut Studio " (ebenfalls eine Software zur Videobearbeitung und -archivierung von Apple) oder "Premium Studio 2006" (ein Software-Paket für Engineering und Runtime zu den Systemen SIMATIC S7/C7, SIMATIC HMI, SIMATIC NET, SINUMERIK und SIMOTION ). In der Gesamtbetrachtung des Zeichens " AUTOMATION STUDIO " ergibt sich somit in Verbindung mit den angemeldeten Waren zwangsläufig und ohne analytische Betrachtung jedenfalls für Fachkreise und damit einen erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise ein Sachhinweis auf eine Software-Plattform, unter der mehrere Aufgaben bei der Entwicklung, Überwachung oder Simulation von Automationsaufgaben zusammengefasst sind. In Bezug auf Automationsanlagen können dies insbesondere Aufgaben von der Planung bis zur Umsetzung (Programmcode, Stromlaufpläne, Stücklisten) einschließlich Simulationen in den verschiedensten Entwicklungsstadien sein. Bei dieser Sichtweise führt der von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagene Disclaimer "außer Software für die Automatisierung von Studio s" zu keiner schutzbegründenden Einschränkung, da bei vorliegender Interpretation das Studio als Geschäftslokalität keine Rolle spielt. Auch die von der Anmelderin vorgeschlagene Einschränkung auf "Software zum technischen Training für CAE- und CAD-Anwendungen" vermag nicht schutzbegründend zu wirken, da die Bezeichnung " AUTOMATION STUDIO " sich eben als eine allgemeine Software-Plattform darstellt, die sich mit Automation im weiteren Sinne und damit auch mit Trainings- und/oder Simulation-Software dazu befassen kann. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, kann sich die Anmelderin wegen des Zusatzes " AUTOMATION " in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren nicht auf eine Mehrdeutigkeit des Wortes " STUDIO " stützen. Im Übrigen würde eine Mehrdeutigkeit auch keine Schutzfähigkeit begründen, weil das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bereits dann eingreift, wenn der Begriff in einer Bedeutung warenbeschreibend ist (EuGH GRUR 2004, 146, Rdn. 32 -DOUBLEMINT). Entgegen der Auffassung der Anmelderin handelt es sich bei der angemeldeten Bezeichnung auch nicht um eine völlig unübliche Wortkombination, die von den beteiligten Verkehrskreisen nicht als beschreibende Angabe verwendet wird. Abgesehen davon, dass auch dies nach der Rechtsprechung des EUGH keine Eintragung zur Folge hat (vgl. EuGH, a. a. O., - DOUBLEMINT), widerspricht sich die Anmelderin insoweit durch die als Anlagen zur Beschwerdebegründung von ihr selbst vorgelegte Googlesuchliste , wonach es ca. 2. 620. 000 Einträge zu der angemeldeten Bezeichnung gibt, und den ebenfalls von der Anmelderin vorgelegten Wikipediaauszug zu der Bezeichnung. Dass es sich bei der Bezeichnung " AUTOMATION STUDIO " um eine auf dem hier relevanten Warensektor durchaus geläufige Wortkombination handelt, belegen auch die von der Markenstelle und vom Senat ermittelten Internetausdrucke. Die durch die Aneinanderreihung der beiden Wörter " AUTOMATION " und " STUDIO " gebildete Wortkombination weist keine ungewöhnliche Struktur auf, sondern trifft eine sachbezogene Aussage über Inhalt und Bestimmungszweck der beanspruchten Waren, ohne dass durch die Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht. Aus der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnlich gebildete deutsche Marken und der Eintragung der identischen Marke in anderen Ländern und beim HABM vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung der vorliegend angemeldeten Bezeichnung abzuleiten. Inländische oder ausländische Voreintragungen - selbst identische - Marken führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Schutzgewährung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD). Entgegen der Auffassung der Anmelderin haben ausländische Voreintragungen hinsichtlich der Unterscheidungskraft auch keine Indizwirkung. Die Tatsache, dass eine identische Marke für identische Dienstleistungen in einem anderen Land eingetragen wurde, ist für die Entscheidung, die Anmeldung einer Marke zur Eintragung zuzulassen oder zurückzuweisen, nicht maßgebend (EUGH GRUR 2004, 428 - Henkel). Nachdem der Marke bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft der Schutz zu verweigern war, kann die Frage, ob einer Schutzgewährung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, dahingestellt bleiben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006421
BPatG
München
27. Senat
20100706
27 W (pat) 156/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "experimenta" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 81 621.4 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die am 20. Dezember 2007 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 8, 9, 14, 16, 18, 21, 24, 25, 28, 33, 35, 41 und 43 angemeldete Wortmarke experimenta hat die Markenstelle mit Beschluss vom 12. August 2008 teilweise, nämlich für die Dienstleistungen "Ausbildung, Erziehung und Unterricht in Theorie und Praxis, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten, insbesondere folgende Dienstleistungen: Betrieb von Museen und Science-Centern, hinsichtlich Darbietungen und Ausstellungen von Objekten und Experimenten für kulturelle, erzieherische und Unterrichtszwecke; Veranstaltung und Durchführung von Kursen, Seminaren, Lehrgängen, Workshops (Ausbildung), insbesondere im Bereich der Ausbildung; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen, insbesondere bezüglich der Durchführung interaktiver Experimente", wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, die angemeldete Marke sei die lateinische Bezeichnung für "Versuche, Experimente". Die Bezeichnung biete sich ohne Weiteres als Inhaltsangabe für die besagten Dienstleistungen an. So sei es naheliegend, dass diese Dienste der Anmelderin im Kern die Vorführung von Experimenten beinhalteten oder Angebote, bei denen die Besucher selbst die Möglichkeit hätten, zu experimentieren. Diese Experimente könnten dabei nicht nur der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen, sondern auch zu Unterhaltungszwecken. In genau diesem Bereich bewegten sich die von der Zurückweisung betroffenen Dienstleistungen. Dem Beschluss beigefügt sind Internetauszüge, die eine entsprechende Verwendung im Inland durch Dritte belegen. Das Publikum werde in der Bezeichnung lediglich einen Sachhinweis dahingehend erkennen, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen Experimente zum Gegenstand hätten. An dem Verständnis dieses lateinischen Begriffs könnten aufgrund der sprachlichen Nähe zu der deutschen Bezeichnung "Experiment(e)" - das am Wortende angeführte "a" stelle nur eine minimale Abwandlung dar - kein Zweifel bestehen. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom 12. März 2009 zurückgewiesen. Auch die Erinnerungsprüferin hält die Marke in Bezug auf die versagten Dienstleistungen für nicht unterscheidungskräftig. Es sei zwar davon auszugehen, dass die hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise " Experimenta " nicht als Pluralform des lateinischen Wortes " experimentum " erkennen würden, da Latein eine sog. tote Sprache sei, die vom maßgeblichen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher nicht beherrscht werde. Allerdings werde das Publikum aufgrund der Nähe von " experimenta " zu dem aus dem Lateinischen stammenden und in die deutsche Sprache übernommenen gebräuchlichen Wort "Experiment/e" und angesichts der in Rede stehenden Dienstleistungen ohne Weiteres das angemeldete Zeichen als beschreibenden Hinweis darauf verstehen, dass es bei den angebotenen Dienstleistungen inhaltlich um eigenständiges spielerisches Experimentieren gehe, das technische und naturwissenschaftliche Phänomene nahebringen solle, und daher dem Zeichen einen betriebskennzeichnenden Herkunftshinweis nicht entnehmen. Die angefügte Endung "a" führe ebenfalls nicht dazu, dass das Publikum das angemeldete Zeichen als ungewöhnlich oder eigentümlich und deshalb als betriebskennzeichnend empfinde. Zum Einen weiche " experimenta " von dem glatt beschreibenden Wort "Experimente" nur geringfügig ab, so dass es nicht als Phantasiebezeichnung wahrgenommen werde. Zum Anderen habe eine Recherche ergeben, dass bereits seit einigen Jahren sog. Science-Center in ganz Deutschland eingerichtet würden, die den Besuchern die Möglichkeit böten, durch eigenständiges Experimentieren naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge zu begreifen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. So seien als " experimenta " bezeichnete Einrichtungen in Freudenstadt und Fehmarn entstanden, aber auch " Phänomentas ", " Inspiratas " und " Imaginatas ". Darüber hinaus böten Schulbuchverlage Schülerexperimente unter der Bezeichnung " experimenta " an, ebenso Hochschulen und Museen. Neben den dem Erstbeschluss beigefügten Internetbelegen stützt sich die Erinnerungsprüferin insoweit auf weitere von ihr ermittelte Internetauszüge. Die Endung "-a" stelle sich damit eher als übliche Endung für die Art der hier in Rede stehenden Einrichtungen, in denen die beanspruchten Dienstleistungen erbracht würden, dar und lasse " experimenta " nicht als phantasievoll und betriebskennzeichnend erscheinen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle in dem Umfang aufzuheben, in dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde, und die angemeldete Marke in vollem Umfang einzutragen. Die Anmelderin hält die angemeldete Bezeichnung aufgrund der phantasievollen Ausgestaltung der Endung "a" für nicht freihaltungsbedürftig und für unterscheidungskräftig. Ein die Dienstleistungen beschreibender Begriffsgehalt könne nicht angenommen werden. Dem stünden die von der Markenstelle recherchierten wenigen Benutzungsbeispiele nicht entgegen. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung teilweise die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn. 27 f. - BioID; BGH GRUR 2006, 850 - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Sicht des normal Informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 24 - SAT 2). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdn. 53 - Henkel). Enthält eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass die Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrucken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fachsprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 109). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke " experimenta " für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Dienstleistungen einen ohne Weiteres erkennbaren Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Auch einer fremdsprachigen Wortmarke, wie der vorliegenden, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn die beteiligten Verkehrskreise die Bedeutung erkennen und in ihr keinen Herkunftshinweis sehen. Den Bedeutungsgehalt des lateinischen Wortes " experimenta " werden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise wegen der Ähnlichkeit mit dem entsprechenden deutschen Begriff "Experimente" ohne weiteres erkennen. Dafür sprechen insbesondere die von der Markenstelle und dem Senat ermittelten Internetausdrucke, die eine Verwendung der Bezeichnung " experimenta " durch Dritte im Inland belegen. Der Begriff " experimenta " wird darin als Hinweis auf eine Veranstaltung verwendet, bei der es um Experimente geht. So wird " experimenta " auch im Zusammenhang mit Schülerexperimenten und damit auch in Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen verwendet, wie dem der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung überreichten Internetausdruck http://www.corex.de/ vom 4. Februar 2010 zu entnehmen ist. Das angesprochene Publikum wird der Bezeichnung " experimenta " im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen nur einen Hinweis auf deren Inhalt bzw. Thema entnehmen. Aus der Schutzgewährung für andere, nach ihrer Ansicht vergleichbare Marken, kann die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen - selbst identischer Marken - führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitsatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH BlPMZ 1998, 248 - Today BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts Abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. MarkenR 2009, 201 - Schwabenpost; GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006421&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006422
BPatG
München
27. Senat
20100629
27 W (pat) 271/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Praetorius von Richthofen/RICHTHOFEN" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen – teilweise Auferlegung der Kosten aus Billigkeitsgründen
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 51 397.8 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die der Markeninhaberin durch die mündliche Verhandlung entstandenen Kosten trägt der Beschwerdeführer. Der weitere Kostenantrag wird zurückgewiesen.
I. Der Widersprechende hat gegen die am 22. Dezember 2006 veröffentlichte Eintragung der am 21. August 2006 angemeldeten, für Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; insbesondere Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Geldbörsen aus Edelmetall; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, nämlich Reise- und Handkoffer, Geldbeutel und Geldbörsen nicht aus Edelmetall; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen geschützten Marke Nr. 306 51 397 Praetorius von Richthofen Widerspruch eingelegt aus seiner am 29. April 2005 angemeldeten und seit 28. November 2005 für Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Musikproduktion; Fernsehfilmproduktion; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen eingetragenen Marke Nr. 305 25 489 RICHTHOFEN Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Erstbeschluss vom 2. November 2007 und Erinnerungsbeschluss vom 3. September 2009 den Widerspruch zurückgewiesen, weil trotz Teilidentität im Bereich der Klasse 25 und ähnlich beanspruchter Waren und Dienstleistungen im Übrigen sowie normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit nicht vorliege. In ihrem Gesamteindruck unterschieden sich die Marken durch die in der jüngeren Marke enthaltenen Wörter "Praetorius von", die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung fänden. Auch soweit beide Marken den übereinstimmenden Bestandteil " RICHTHOFEN " enthielten, bestehe keine hinreichende Zeichenähnlichkeit. Ein Erfahrungssatz, dass sich der Verbraucher bei Marken, die erkennbar aus Vor- und Nachnamen gebildet seien, nur am Nachnamen orientiere, bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht; das gelte insbesondere für den Bekleidungsbereich, in dem Hersteller- bzw. Designermarken sehr häufig aus Vor- und Familiennamen gebildet seien. Es gebe auch keine übliche Verkürzung von Designernamen auf den Nachnamen, wie der Widersprechende meine. Es bestehe auch kein Anlass für das Publikum, sich allein am Nachnamen zu orientieren; der Nachname "Richthofen" sei nämlich nicht ungewöhnlich, was für den in der angegriffenen Marke enthaltenen Gesamtnamen, der nicht sehr verbreitet sei, wiederum nicht gelte; hier erfolge nur durch die Beachtung des Gesamtnamens eine Individualisierung auf eine bestimmte Person aus dem Adelsgeschlecht "von Richthofen". Mit seiner Beschwerde macht der Widersprechende im wesentlichen geltend, der Verbraucher erkenne in dem in der Widerspruchsmarke enthaltenen Namen einen aufgrund seiner überdurchschnittlichen Präsenz im Fernsehen weithin bekannten und damit eben nicht Allerwelts-Namen, so dass die Widerspruchsmarke über erhöhte Kennzeichnungskraft verfüge. Da beide Marken von diesem Namen geprägt würden und die jüngere Marke hierauf verkürzt werde, bestehe begriffliche und klangliche Identität. Die Verkürzung auf den Nachnamen sei im Modesektor üblich. Die Widerspruchsmarke sei auch keine Namensmarke. Der Widersprechende hat angekündigt zu beantragen, die Marke Nr. 306 51 397 wegen des Widerspruchs aus der eingetragenen Marke Nr. 305 25 489 zu löschen. Darüber hinaus hat er mit Schriftsatz vom 25. Januar 2010 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die Markeninhaberin beantragt, kostenpflichtig Sie bestreitet eine die Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit. In ihrer Gesamtheit unterschieden sich beide Marken ausreichend. Die jüngere Marke werde nicht allein durch den Bestandteil "Richthofen" geprägt; eine solche Prägung scheide nach der Rechtsprechung bei Namen aus. Es bestehe auch im Modebereich keine Übung einer solchen Verkürzung, vielmehr sei die Wiedergabe von Vor- und Zunamen hier gebräuchlich. Die unterscheidenden Merkmale der angegriffenen Marke, nämlich der Vorname und der auf das Adelsgeschlecht hinweisende Zusatz "von", seien für das Publikum vielmehr entscheidend. Zu der auf seinen (unbedingten) Antrag anberaumten und verlegten mündlichen Verhandlung ist der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer ohne Angabe von Gründen nicht erschienen. Die (erschienene) Markeninhaberin, die in der mündlichen Verhandlung ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft hat, hat hierauf beantragt, die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch mangels der Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen, da der Grad der Markenähnlichkeit zu gering ist, um selbst im Bereich identisch beanspruchter Waren und unter Zugrundelegung normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zu begründen. 1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] - Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] - Adam Opel/Autec). 2. Nach diesen Grundsätzen scheidet vorliegend eine Verwechslungsgefahr aus. a) Unzweifelhaft besteht hinsichtlich der jeweils beanspruchten Waren der Klasse 25 Identität. Ob darüber hinaus auch hinsichtlich der weiteren von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren eine hinreichende Warenähnlichkeit besteht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, bedarf keiner abschließenden Klärung, da, wie noch auszuführen sein wird, selbst im Bereich der Warenidentität eine Verwechslungsgefahr ausscheidet. b) Der Widerspruchsmarke ist eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzubilligen, da Anhaltspunkte für eine Schwächung nicht erkennbar sind. Soweit der Beschwerdeführer meint, seine Marke sei sogar in ihrer Kennzeichnungskraft gesteigert, ist dies weder aufgrund seiner Ausführungen noch anderweitig im Rahmen zugänglicher Amtsermittlungen feststellbar. Für die vom Beschwerdeführer behauptete angebliche Präsenz des Namens Richthofen im Fernsehen fehlt es schon an näheren Darlegungen seitens des Beschwerdeführers; erst recht hat er hierfür keinerlei Belege beigebracht; ein häufiges Auftauchen des Namens ist dem Senat weder bekannt noch war es für ihn ermittelbar. Soweit der Beschwerdeführer hierfür auf den Kampflieger im 1. Weltkrieg Manfred von Richthofen (auch bekannt unter dem Namen "Der rote Baron") hingewiesen hat, hat der Beschwerdeführer weder Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass diese historische Persönlichkeit den angesprochenen Verkehrskreisen geläufig ist, noch ist dies anderweitig ersichtlich. Darüber hinaus ist auch weder etwas vorgetragen noch ansonsten  erkennbar, in welcher Beziehung diese historische Persönlichkeit zu dem Beschwerdeführer oder den für die Widerspruchsmarke geschützten Waren und Dienstleistungen stehen sollte; auch hierzu fehlen jegliche Angaben. c) Angesichts der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bedarf es nach der oben genannten Wechselwirkungstheorie im Bereich identisch beanspruchter Waren einer nicht allzu weit entfernten Ähnlichkeit der beiden konkurrierenden Zeichen. Ein solcher Grad der Ähnlichkeit liegt indessen nicht vor. aa) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der Erinnerung von nicht nur unmaßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, so stark überwiegen, dass die betreffenden Verkehrskreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 118 m. w. N. [Fn. 311]). bb) Aufgrund ihres Gesamteindrucks, auf den bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Marken grundsätzlich unabhängig vom Prioritätsalter abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; GRUR 2005, 1043, 1044 [Rz. 28 f.] - Thomson Life; GRUR 2006, 413, 414 [Rn. 19] -SIR/Zirh; BGH GRUR 2000, 233 f. - Rausch/Elfi Rauch), unterscheiden sich beide Marken deutlich durch den in der Widerspruchsmarke nicht vorhandenen Zusatz "Praetorius von". cc) Eine hinreichende Markenähnlichkeit kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die jüngere Marke durch den übereinstimmenden Bestandteil "Richthofen" dominiert (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 [Rz. 30] - THOMSON LIFE ; BGH GRUR 2006, 859, 860 f. [Rz. 18] - Malteserkreuz) oder geprägt würde  (vgl. BGH GRUR 2006, 60 Tz 17 - coccodrillo). Der Widersprechende verkennt bei seiner Argumentation dabei nämlich, dass die angegriffene Marke zwar erkennbar aus Vor- und Zunamen besteht, der in ihr enthaltene Familienname aber  ein Adelsname ("von Richthofen") ist. Das Adelsprädikat "von" ist aber schon von Rechts wegen Namensbestandteil (Art. 123 GG i. v. m. § 109 Abs. 3 S. 2 WRV) und unterliegt, da vor 1919 erworben, dem Namensschutz des § 12 BGB. Ungeachtet dieser Rechtslage ist es im Alltagsleben allgemein üblich, den Adelszusatz "von" bei der Namensnennung zu berücksichtigen und wiederzugeben. Verkürzt der Verbraucher damit die jüngere Marke auf den Nachnamen, wird er diesen stets nur als " von Richthofen" wiedergeben, was sich von der Widerspruchsmarke, die - wenn man in ihr überhaupt einen Familiennamen erkennt, wie der Widersprechende allerdings ausdrücklich seine Marke gerade nicht verstanden wissen will - allenfalls den nicht-adeligen, bürgerlichen Nachnamen "Richthofen" enthält, in den Augen des Publikum deutlich unterscheidet, da der Träger des bürgerlichen Namens "Richthofen" eben nicht dem Adelsgeschlecht "von Richthofen" zugeordnet wird. dd) Wegen dieses Unterschiedes scheidet auch die Annahme einer Markenähnlichkeit in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz MarkenG aus. Da nämlich die Zusätze in der angegriffenen Marke eine nähere Identifizierung mit einer bestimmten Person erst ermöglichen, käme eine solche assoziative Verknüpfung zwischen den beiden Zeichen nur in Betracht, wenn das Publikum annähme, beide Namensmarken bezögen sich stets auf dieselbe Person. Hierfür gibt es aber keinen Anlass, insbesondere hat der Widersprechende nichts dafür vorgetragen, dass der in seinem Zeichen enthaltene Familienname sich stets nur auf eine bestimmte, dem Publikum bekannte Person bezöge und es ohne Weiteres annehmen müsse, die Zusätze in der angegriffenen Marke beträfen dieselbe Person, da deren Name den in der jüngeren Marke enthaltenen Vornamen und Adelszusatz aufweise. Darüber hinaus ist auch nichts erkennbar, was dafür spräche, dass das Publikum, obwohl es die hinter den Zeichen stehenden Unternehmen auseinanderhält, unzutreffend den Eindruck gewinnen könnte, diese seien wirtschaftlich miteinander verbunden; dies wäre nämlich nur der Fall, wenn sich das Widerspruchszeichen allgemein zu einem Hinweis auf das oder die Unternehmen der Widersprechenden entwickelt hätte (vgl. BGH GRUR 2002, 171, 175 – Marlboro). Hierfür fehlt es aber zum einen an jeglichen tatsächlichen Grundlagen, und zum anderen kann wegen des vom Widerspruchszeichen deutlich unterschiedenen Adelsnamens ohnehin nicht angenommen werden, dem Bestandteil "Richthofen" komme innerhalb der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zu (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 [Rz.  30] - THOMSON LIFE ; BGH GRUR 2006, 859, 860 f. [Rz. 18] - Malteserkreuz; GRUR 2002, 171, 174 - Marlboro-Dach; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang). Damit ist auch ausgeschlossen, dass das Publikum dem übereinstimmenden Bestandteil "Richthofen" einen Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnimmt, denn Anhaltspunkte dafür, dass es in dem Familiennamen "Richthofen" den Stammbestandteil mehrerer dem Widersprechenden gehörenden Marken eines einzigen Unternehmens erkennt, so dass es auch nachfolgende Bezeichnungen, die den wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet (vgl. BGH WRP 2002, 534, 536 – BIG; BGH GRUR 1999, 587, 589 – Cefallone; BGH WRP 2002, 537, 541 – BANK 24), sind nicht ersichtlich. ee) Mangels der Gefahr einer Fehlzuordnung der jüngeren Marke zu der Widerspruchsmarke scheidet daher eine Markenähnlichkeit ungeachtet der Grade der Warenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke mithin aus. 3. Da die Markenstelle somit den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Die durch die mündliche Verhandlung der Markeninhaberin entstandenen Kosten waren aufgrund des Antrags der Markeninhaberin nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Die mündliche Verhandlung wurde nämlich allein deshalb erforderlich, weil nur der Widersprechende - nicht aber die Markeninhaberin - sie beantragt hatte, wobei es sich hierbei nicht um einen Hilfs-, sondern um einen unbedingten Antrag handelte. Indem der Widersprechende der mündlichen Verhandlung dann aber trotz Verlegung auf eine frühere Zeit ohne Angabe von Verhinderungsgründen fern geblieben war, besteht der begründete Verdacht, dass es dem Widersprechenden mit seinem unbedingten Antrag weniger um die Wahrnehmung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern allein um die kostenmäßige Schädigung der Gegenseite gegangen ist. Der weitergehende Kostenantrag der Markeninhaberin war demgegenüber zurückzuweisen, denn für die weiteren außergerichtlichen Kosten der Beteiligten sind Gründe für eine Kostenauferlegung nicht ersichtlich, so dass es dabei zu verbleiben hat, dass sie diese selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006422&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006444
BPatG
München
2. Senat
20100429
2 Ni 30/08
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … … betreffend das deutsche Patent DE 44 39 284 hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richterin Werner, der Richter Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Fetterroll für Recht erkannt: I. Das deutsche Patent 44 39 284 wird für nichtig erklärt. II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 7. November 1994 angemeldeten deutschen Patents DE 4439284 (Streitpatent) mit der Bezeichnung ,,Vorrichtung und Verfahren zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn“. Das Streitpatent nimmt die Priorität der deutschen Patentanmeldung DE 44 37 222.1 vom 19. Oktober 1994 in Anspruch. Die Erteilung des Patents mit 13 Ansprüchen wurde am 12. Dezember 1996 mit der Druckschrift DE 44 39 284 C2 veröffentlicht. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet: „1. Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn (2) mittels einer Ultraschaltschwingeinheit (3) und einem Gegenwerkzeug (11), wobei die Materialbahn (2) zwischen dem Gegenwerkzeug (11) und der Ultraschallschwingeinheit (3) angeordnet ist und die Ultraschallschwingeinheit (3) einen Konverter und eine mit diesem ggf. über ein Amplitudentransformationsstück verbundene Sonotrode (6) aufweist, dadurch gekennzeichnet , daß die Ultraschallschwingeinheit (3) starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug (11) angeordnet ist.“ Dem erteilten Anspruch 1 schließen sich die rückbezogenen erteilten Ansprüche 2 bis 10 an. Der erteilte Verfahrensanspruch 11 lautet: „11. Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts (13) zwischen einer Sonotrode (6) und einem Gegenwerkzeug (11) bei einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Ultraschallschwingeinheit (3) starr am Maschinenständer fixiert wird.“ Dem erteilten Anspruch 11 schließen sich die rückbezogenen erteilten Ansprüche 12 und 13 an. Als Ergebnis eines Einspruchsverfahren ist das Streitpatent am 20. April 2000 mit derselben Bezeichnung, aber in geänderter Fassung mit nur noch 12 Ansprüchen in der Druckschrift DE 44 39 284 C3 veröffentlicht worden. Danach lautet der geänderte Patentanspruch 1 (Änderungen gegenüber erteilter Fassung unterstrichen): „1. Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn (2) mittels einer Ultraschallschwingeinheit (3) und einem Gegenwerkzeug (11), wobei die Materialbahn (2) zwischen dem Gegenwerkzeug (11) und der Ultraschallschwingeinheit (3) angeordnet ist und die Ultraschallschwingeinheit (3) einen Konverter und eine mit diesem ggf. über ein Amplitudentransformationsstück verbundene Sonotrode (6) aufweist, wobei die Ultraschallschwingeinheit (3) starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug (11) angeordnet ist , dadurch gekennzeichnet , daß die Sonotrode (6) starr direkt am Maschinenständer befestigt ist.“ Dem geänderten Anspruch 1 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 an, für die Bezug genommen wird auf die Druckschrift DE 44 39 284 C3. Der geänderte Verfahrensanspruch 10 lautet: „10. Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts (13) zwischen einer Sonotrode (6) und einem Gegenwerkzeug (11) bei einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr am Maschinenständer fixiert wird.“ Dem geänderten Anspruch 10 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 11 und 12 an, für die Bezug genommen wird auf die Druckschrift DE 44 39 284 C3. Im anhängigen Nichtigkeitsverfahren verteidigt die Beklagte ihr Patent beschränkt mit Ansprüchen 1 bis 10, als Hauptantrag eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2010. Anspruch 1 nach diesem Hauptantrag lautet: „1. Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn (2) mittels einer Ultraschallschwingeinheit (3) und einem Gegenwerkzeug (11), wobei die Materialbahn (2) zwischen dem Gegenwerkzeug (11) und der Ultraschallschwingeinheit (3) angeordnet ist und die Ultraschallschwingeinheit (3) einen Konverter und eine mit diesem gegebenenfalls über ein Amplitudentransformationsstück verbundene Sonotrode (6) aufweist, wobei die Ultraschallschwingeinheit (3) starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug (11) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr direkt am Maschinenständer befestigt ist. “ Dem neuen Anspruch 1 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 7 an. Für deren Wortlaut wird Bezug genommen auf den Hauptantrag in der Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 29. April 2010. Der neue Verfahrensanspruch 8 nach Hauptantrag lautet: „8. Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts (13) zwischen einer Sonotrode (6) und einem Gegenwerkzeug (11) bei einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr am Maschinenständer fixiert wird.“ Dem neuen Anspruch 8 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 9 und 10 an. Für deren Wortlaut wird Bezug genommen auf den Hauptantrag in der Anlage zum Sitzungsprotokoll. Hilfsweise verteidigt die Beklagte ihr Patent entsprechend den Hilfsanträgen 1 und 2, eingereicht in der mündlichen Verhandlung. Diese Anträge lauten (Änderungen gegenüber Fassung gemäß Hauptantrag unterstrichen): Hilfsantrag 1: „1. Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn (2) mittels einer Ultraschallschwingeinheit (3) und einem Gegenwerkzeug (11), wobei die Materialbahn (2) zwischen dem Gegenwerkzeug (11) und der Ultraschallschwingeinheit (3) angeordnet ist und die Ultraschallschwingeinheit (3) einen Konverter und eine mit diesem gegebenenfalls über ein Amplitudentransformationsstück verbundene Sonotrode (6) aufweist, wobei die Ultraschallschwingeinheit (3) starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug (11) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr direkt am Maschinenständer befestigt ist , und dass der Spalt (13) zwischen der Sonotrode (6) und dem Gegenwerkzeug (11) auf einen konstanten Wert einstellbar ist .“ Diesem Anspruch 1 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6 an. Für deren Wortlaut wird Bezug genommen auf den Hilfsantrag 1 in der Anlage zum Sitzungsprotokoll. Der neue Verfahrensanspruch 7 nach Hilfsantrag 1 lautet: „7. Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts (13) zwischen einer Sonotrode (6) und einem Gegenwerkzeug (11) bei einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr am Maschinenständer fixiert wird.“ Diesem Verfahrensanspruch 7 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 8 und 9 an. Für deren Wortlaut wird Bezug genommen auf den Hilfsantrag 1 in der Anlage zum Sitzungsprotokoll. Hilfsantrag 2: „1. Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn (2) mittels einer Ultraschallschwingeinheit (3) und einem Gegenwerkzeug (11), wobei die Materialbahn (2) zwischen dem Gegenwerkzeug (11) und der Ultraschallschwingeinheit (3) angeordnet ist und die Ultraschallschwingeinheit (3) einen Konverter und eine mit diesem gegebenenfalls über ein Amplitudentransformationsstück verbundene Sonotrode (6) aufweist, wobei die Ultraschallschwingeinheit (3) starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug (11) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr direkt am Maschinenständer befestigt ist, und dass die Ultraschallschwingeinheit (3) über eine temperaturgeführte Verstelleinrichtung (19) starr mit dem Maschinenständer verbunden ist .“ Diesem Anspruch 1 schließen sich die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 an. Für deren Wortlaut wird Bezug genommen auf den Hilfsantrag 2 in der Anlage zum Sitzungsprotokoll. Der neue Verfahrensanspruch 6 nach Hilfsantrag 2 lautet: „6. Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts (13) zwischen einer Sonotrode (6) und einem Gegenwerkzeug (11) bei einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Sonotrode (6) starr am Maschinenständer fixiert wird und dass die temperaturbedingte Längenänderung in der Ultraschallschwingeinheit (3) über eine an der Halterung (18) der Ultraschallschwingeinheit (3) angreifende Verstelleinrichtung(19) kompensiert wird .“ Diesem Verfahrensanspruch 6 schließt sich der rückbezogene Anspruch 7 an. Für dessen Wortlaut wird Bezug genommen auf den Hilfsantrag 2 in der Anlage zum Sitzungsprotokoll. Die Klägerin hält die mit Hauptantrag verteidigten Ansprüche 2 bis 5 - jeweils i. V. m. Anspruch 1 - und Anspruch 9 i. V. m. Anspruch 8 gegenüber der Ursprungsoffenbarung für unzulässig erweitert und macht außerdem für die Gegenstände des Streitpatents in allen verteidigten Fassungen den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gelten. Diese Gegenstände seien nicht neu, jedenfalls beruhten sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, weil sie sich für den Fachmann in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ergäben. Dazu beruft sich die Klägerin auf folgende Dokumente: Anlage NK 6 SE 501 002 C2 Anlage NK 6a DE 694 13 415 T2 (Übersetzung von NK 6) Anlage NK 7 DE 35 08 122 C2 Anlage NK 8 US 4 647 336 A Anlage NK 9 US 4 404 052 A Anlage NK 10 US 2 891 179 A Anlage NK 11 US 4 870 743 A Anlage NK 13 US 4 373 982 A Anlage NK 14 JP 63315223 A (Abstract) Anlage NK 15 CH 673911 A5 Die Klägerin stellt den Antrag, das deutsche Patent DE 44 39 284 für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das beschränkt verteidigte Patent richtet. Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent in allen verteidigten Fassungen für patentfähig.
Die zulässige Klage, mit der die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung und der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht werden (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 4 PatG), ist begründet. Soweit die Beklagte das Streitpatent nicht mehr in seiner erteilten Fassung verteidigt, ist das Patent ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 83 Rdn. 45 m. w. Nachw.). Soweit die Beklagte ihr Patent nach dem Hauptantrag und nach den beiden Hilfsanträgen in neuen Fassungen verteidigt, war das Patent ebenfalls gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 4 PatG für nichtig zu erklären, weil der Gegenstand des Streitpatents nach dem Hauptantrag und nach dem ersten Hilfsantrag jedenfalls nicht erfinderisch ist und der Gegenstand des Streitpatents nach dem zweiten Hilfsantrag über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist. I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn mittels einer Ultraschallschwingeinheit und einem Gegenwerkzeug, wobei die Materialbahn zwischen dem Gegenwerkzeug und der Ultraschallschwingeinheit angeordnet ist und die Ultraschallschwingeinheit einen Konverter und eine mit diesem, ggf. über ein Amplitudentransformationsstück verbundene Sonotrode aufweist. Die Erfindung betrifft außerdem ein Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts. Vorrichtungen zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn sind hinreichend bekannt. Bei diesen Vorrichtungen weist die Ultraschallschwingeinheit in der Regel einen piezoelektrischen Konverter auf, an dem direkt oder indirekt eine Sonotrode angeordnet ist. Es kann also zwischen dem piezoelektrischen Konverter und der Sonotrode ein Amplitudentransformationsstück, auch Booster genannt, vorgesehen sein. Bei derartigen Ultraschallschwingeinheiten ist entweder das Schwingmodul in seinem Konvertergehäuse oder das Amplitudentransformationsstück über einen Haltering in einer Aufnahme gelagert. Diese Lagerungen befinden sich stets in den Schwingungsknoten. In der Regel fallen jedoch die rechnerisch ermittelten Knoten und die Orte der Lagerung auseinander. Um zu verhindern, dass die Schwingbewegungen von der Ultraschallschwingeinheit ungedämpft in den Maschinenständer übertragen werden, ist die Ultraschallschwingeinheit weich, d. h. federnd gelagert (vgl. Sp. 1, Z. 13-30 der Patentschrift). Zur Einstellung einer optimalen Schweiß- und/oder Schneidspalthöhe zwischen der Sonotrode und dem Gegenwerkzeug wird die Ultraschallschwingeinheit z. B. mittels eines pneumatischen Antriebs gegen einen Anschlag gefahren und auf diese Weise bzgl. des Gegenwerkzeugs positioniert. Wird nun eine Materialbahn durch den Schweiß- oder Schneidspalt geführt, dann wirkt sowohl durch die Materialbahn als auch durch die Schweißkraft eine Reaktionskraft auf die Sonotrode. Insbesondere bei hohen und/oder veränderlichen Schweißkräften, hohen Bahngeschwindigkeiten und bei sich verändernder Dicke der Bahn führt diese Reaktionskraft dazu, dass die Sonotrode der Materialbahn ausweicht, d. h. sich vom Gegenwerkzeug entfernt. Dies ist einerseits bedingt durch die weiche Lagerung, und andererseits durch den Pneumatikantrieb, der dann nachgibt, wenn die Reaktionskraft größer ist als die Zustellkraft. Um diesem Ausweichen entgegenzuwirken, wird die Zustellkraft des Pneumatikantriebs weiter erhöht. Je nach Betriebszustand besitzt also eine derartige Vorrichtung unterschiedliche minimale und maximale Spalthöhen. Dies führt zu nicht konstanten Schweiß- und Schneidergebnissen. Außerdem ist die Rückstellkraft und damit die Rückstellbewegung während des Betriebs so groß, dass die Lage der Ultraschallschwingeinheit zum Gegenwerkzeug bei Stillstand so gewählt werden muss, dass die Sonotrode das Gegenwerkzeug berührt. Dies führt beim An- und Abfahren der Anlage zu einem hohen Verschleiß an der Sonotrode. Ein hoher Verschleiß an der Sonotrode tritt außerdem auch dann ein, wenn sich während des Betriebs keine Materialbahn zwischen der Sonotrode und dem Gegenwerkzeug befindet (vgl. Sp. 1, Z. 34-63). Ein weiterer erheblicher Nachteil dieser bekannten Einrichtungen liegt darin, dass bei einer unterschiedlichen Anzahl von Lagen unterschiedliche Anschlagspositionen notwendig sind und somit die Vorrichtung je nach Anwendung neu einzurichten ist (vgl. Sp. 1, Z. 64 bis 68). Vor diesem Hintergrund hat sich die Patentinhaberin die Aufgabe gestellt, ein Verfahren und eine Vorrichtung bereitzustellen, mit der es möglich ist, mit einem geringeren Verschleiß ein reproduzierbar gutes Schweiß- und/oder Schneidergebnis zu erreichen, und mit derselben Maschineneinstellung bei unterschiedlicher Lagenzahl der Materialbahn auszukommen. (DE 44 39 284 C3 Spalte 2, Zeilen 1 bis 6) 2. Der mit dieser Aufgabe betraute Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Vorrichtungen zum Ultraschallbearbeiten unterschiedlicher Materialien. 3. Gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag - in gegliederter Fassung - soll die Aufgabe gelöst werden durch eine a) Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Metallbahn (2) b) mittels einer Ultraschallschwingeinheit (3) c) und einem Gegenwerkzeug (3) d) wobei die Materialbahn (2) zwischen dem Gegenwerkzeug (11) und der Ultraschallschwingeinheit (3) angeordnet ist e1) und die Ultraschallschwingeinheit (3) einen Konverter und einen mit diesem gegebenenfalls über ein Amplitudentransformationsstück verbundenen Sonotrode (6) aufweist, e2) wobei die Ultraschallschwingeinheit (3) starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug (11) angeordnet ist dadurch gekennzeichnet, e3) dass die Sonotrode (6) starr direkt am Maschinenständer befestigt ist. und gemäß Anspruch 8 nach Hauptantrag durch ein Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts (13) zwischen einer Sonotrode (6) und einem Gegenwerkzeug (11) bei einer Vorrichtung gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Sonotrode (6) starr am Maschinenständer fixiert wird. 4. Der Fachmann versteht die in Patentanspruch 1 verwandten Begriffe „starr“ und „direkt“ wie folgt: 4.1 Als nachteilig für das Konstanthalten des Schweißspalts wird gemäß der Beschreibung der Streitpatentschrift (C3), insbesondere in Spalte 1, Zeilen 46 - 49, eine weiche Lagerung der Sonotrode angesehen. Zur Behebung dieses Nachteils ist vorgeschlagen, die Sonotrode „starr“ am Maschinenständer zu befestigen. Bei der Auslegung des Begriffs „starr“ ist von der hier in Rede stehenden Elastizität der Lagerung der Sonotrode diejenige Elastizität zu unterscheiden, die der Sonotrode und der sie lagernden Bauteile wie allen festen Stoffen inhärent ist (zur Veranschaulichung sei hier auf den E-Modul von Stahl als Sonotrodenmaterial mit ~ 200 GPa und den von Gummi als Lagerungsmaterial mit ~ 0,1 GPa verwiesen). Ein Fachmann versteht den Begriff „starr“ in Bezug auf die Lagerung der Sonotrode dahingehend, dass jede zusätzliche, über die inhärente Elastizität der Sonotrode und ihrer Lagerung hinausgehende Elastizität vermieden werden soll. Mit einer solcherart „starren“ Lagerung der Sonotrode soll erreicht werden, dass vermeidbare Bewegungen und die damit einhergehenden Änderungen des Schweißspaltes sowie Energieverluste so weit wie möglich nicht auftreten. 4.2 Unter dem Begriff „direkt“ versteht der Fachmann die unmittelbare Befestigung der Sonotrode am Maschinenständer ohne Zwischenschaltung eines weiteren Bauteils. Dabei steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Einwand der Beklagten nicht trägt, wonach mit „direkt“ gemeint gewesen sei: „nicht indirekt über den Amplitudentransformator oder den Konverter am Maschinenständer befestigt“. Denn die von der Beklagten vertretene Auslegung ist in den ursprünglichen Unterlagen nicht belegt. Ziel der Erfindung ist es, die weiche, d.h. gedämpfte Lagerung der Ultraschallschwingeinheit nach dem bisherigen Stand der Technik und die dadurch bedingten Nachteile für das Konstanthalten des Schweißspaltes zu vermeiden. Hierzu sind der ursprünglichen Beschreibung Seite 5, 2. Absatz verschiedene Ausführungsformen einer Lagerung der Ultraschallschwingeinheit am Maschinenständer zu entnehmen: - Bei einer ersten Ausführungsform ist der Konverter starr von einem Konvertergehäuse aufgenommen, wobei das Konvertergehäuse starr am Maschinenständer gehaltert ist. - Eine zweite Ausführungsform sieht vor, dass die Sonotrode starr direkt oder indirekt am Maschinenständer befestigt ist. - Bei einem dritten Ausführungsbeispiel ist das Amplitudentransformationsstück starr am Maschinenständer angeordnet. Aufgrund dieser konkreten Benennung der Bauteile der Ultraschallschwingeinheit, über die sie jeweils starr am Maschinenständer zu befestigen ist, bleibt kein Raum für eine Auslegung, wonach mit dem Adjektiv „direkt“ lediglich der Umstand zum Ausdruck gebracht werden sollte, wonach die Sonotrode nicht über den Amplitudentransformator oder den Konverter am Maschinenständer befestigt werden soll. Denn bei einer solchen Auslegung hätte es nur der zweiten Ausführungsform bedurft. II. Auch soweit das Streitpatent noch verteidigt wird, war es in vollem Umfang für nichtig zu erklären, weil es in keiner der verteidigten Fassungen schutzfähig ist. 1. Es kann dahinstehen, ob die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 8 nach Hauptantrag bereits in den Anmeldeunterlagen offenbart worden sind, § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG, und ob sie sich im Schutzbereich des Streitpatents in dessen Fassung vom 20. April 2000 bewegen, § 22 Abs. 1 2. HS PatG. Denn in jedem Fall beruhen die Gegenstände der genannten Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. 2.1 Eine Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung ist dem Fachmann durch die Zusammenschau der Druckschrift US 4 373 982 A ( NK13 ) und US 2 891 179 ( NK10 ) nahegelegt. In der NK13 ist eine Vorrichtung zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn (vgl. Sp. 2, Z. 5-13) (Merkmal a ) mittels einer Ultraschallschwingeinheit 47 (Merkmal b ) beschrieben (vgl. Sp. 3, Z. 42 - Sp. 4, Z. 42 i. V. m. Fig. 5A). Die Vorrichtung weist hierzu ein Gegenwerkzeug (anvil 44) auf (Merkmal c ), wobei die Materialbahn 34 zwischen dem Gegenwerkzeug 44 und der Ultraschallschwingeinheit 47 angeordnet ist (Merkmal d ) und die Ultraschaltschwingeinheit eine Sonotrode (sonic horn 50) aufweist. Dass diese Sonotrode mit einem Konverter verbunden sein muss, setzt der Fachmann bei einer Ultraschallschwingeinheit als funktionsnotwendig voraus, weil eine Sonotrode ohne Konverter keine Ultraschallschwingeinheit bilden und ihren Zweck nicht erfüllen könnte (Merkmal e1 ). Deswegen bedarf die Verbindung der Sonotrode mit einem Konverter keiner expliziten Offenbarung, sondern wird vom Fachmann „mitgelesen“ (vgl. BGHZ 179, 168 - Olanzapin). Weiter ist die Ultraschallschwingeinheit 47 starr im Maschinenständer für das Gegenwerkzeug 44 angeordnet (vgl. Fig. 5 i. V. m. Sp. 7, Z. 32-36) (Merkmal e2 ). Bei dieser technischen Lösung fehlt im Vergleich zum Gegenstand des Streitpatents lediglich das Merkmal e3 , weil weder den Zeichnungen noch der Beschreibung entnommen werden kann, wie die Sonotrode befestigt ist. Die Vorrichtung nach der NK13 dient einerseits dazu, Energieverluste zu minimieren, die sich aus der Struktur der Lagerung der Ultraschallschwingeinheit ergeben können (vgl. Sp. 7, Z. 13-17). Andererseits ist es aus fachlicher Sicht auch bei dieser Lösung wichtig, einen genau definierten Schweißspalt einstellen zu können, um so einen ausreichenden Schweißdruck zu erzeugen (vgl. Sp. 8, Z. 4-8). Das Bemühen, beiden Maßgaben gerecht zu werden, veranlasst den Fachmann, nach einer entsprechend verbesserten Lagerung zu suchen. Wie der Fachmann weiß, werden bei einer Ultraschallschwingeinheit ausgehend vom Konverter Schwingungen in der Ultraschallschwingeinheit erzeugt, die zu Wellenbäuchen und Wellenknoten in der Einheit führen. Das bedeutet, dass sich die äußere Form der Ultraschallschwingeinheit mit der Schwingung verändert. Im Bereich der Wellenbäuche ändert das Material seine äußere Kontur, dagegen bleibt die Kontur in den Knotenpunkten unverändert. Aus diesem Wissen heraus befestigt der Fachmann die Ultraschallschwingeinheit stets in einem Schwingungsknoten. Einen solchen Knoten kann man für eine bestimmte Frequenz berechnen. Im Betrieb wird jedoch eine Kraft von der Ultraschallschwingeinheit auf die zu verschweißende Materialbahnen und umgekehrt ausgeübt, wodurch sich die Frequenz ändert und in Folge dessen der Knotenpunkt wandert. Das führt dazu, dass die Lagerung der Ultraschallschwingeinheit sich nicht mehr in der neutralen Zone eines Schwingungsknotens, sondern im Bereich eines Schwingungsbauches befindet. Dadurch steht die aufgebrachte Energie nun nicht mehr vollständig für den Schweißvorgang zur Verfügung, weil ein Teil dieser Energie von der Lagerung absorbiert wird, was wiederum zu einer Verschlechterung des Schweißergebnis führt (vgl. NK10 Sp. 1, Z. 51-61). Diesem Problem hatte man bisher durch eine elastische Lagerung im Schwingungsknoten zu begegnen versucht. Diese Art der Lagerung wirft jedoch ein neues Problem auf, ohne die dissipativen Effekte der Lagerung vollständig zu vermeiden. Denn wegen der elastischen Lagerung kann der Schweißspalt nicht mehr zuverlässig exakt eingestellt werden. Die Behebung dieser Unzulänglichkeiten ist nun Aufgabe der NK10 (vgl. Sp. 1, Z. 51-61). Gegenstand dieser Druckschrift ist eine Ultraschallschwingeinheit, die - wie die Vorrichtung gemäß Streitpatent - ebenfalls zum fortlaufenden Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn geeignet ist (vgl. Sp. 8, Z. 23-26). Dort wird die Ultraschallschwingeinheit bei minimalen Energieverlusten in einem Schwingungsknoten festgehalten (vgl. NK10 , Sp. 2, Z. 15-21). Aufgrund dieser Anordnung haben die im Schweißbetrieb wirkenden Kräfte keinen nennenswerten Einfluß auf die eingestellte Frequenz (vgl. NK10 , Sp. 2, Z. 49-51). Das legt es dem Fachmann nahe, diese technische Lehre mit der der NK13 zu kombinieren. Zur Druckschrift NK10 hat die Beklagte die Auffassung vertreten, dass aufgrund der Ausführung in Sp. 11, Z. 3 - 7, die Hülsen (shells) 82 und 84 der Figur 5 auf jeden Fall so dünn sein müssten, dass eine unerwünschte Steifigkeit (undesirable stiffness) vermieden werde, und dass es sich bei der hier gezeigten Halterung der Sonotrode um keine starre Halterung handele. Diese Auslegung der NK10 ist unzutreffend; denn die Figur 1 zeigt eine Halterung 4 der Sonotrode 20, die aus zwei Auslegern 40a und 40b und zwei Stäben (rods) 36a und 36b besteht, wobei die Stäbe mittels je einer Abkröpfung 38a bzw. 38b mit der Sonotrode und die Stäbe 36a und 36b mit den Auslegern 40a und 40b unlösbar verbunden sind (vgl. Sp. 6, Z. 59-61). Während des Schweißvorganges wird auf den Ausleger 40b eine Kraft F ausgeübt (vgl. Sp. 7, Z. 33-36). Dagegen unterstellt die Auffassung der Beklagten, dass der Stab 36b derart elastisch ist, dass die über den Ausleger 40b in den Stab 36b eingeleitete Kraft F von diesem durch die Verformungsarbeit absorbiert würde und somit eine Schweißung nicht möglich wäre. Auf diese Überlegung hat die Beklagte entgegnet, dass die Ultraschallschwingeinheit der Figur 2 des Streitpatents trotz der dort gezeigten elastischen Lagerung der Ultraschallschwingeinheit auch Kräfte übertragen kann. Dabei lässt die Beklagte aber außer Acht, dass dies nur möglich ist, weil die O-Ringe dieser Lagerung in einem Raum eingeschlossen sind, dem sie nicht entweichen können. Durch diese Abstützung können sie solange komprimiert werden, bis ihr elastisches Formveränderungsvermögen aufgebraucht ist, so dass eine Kraft, die über die für die Verformungsarbeit notwendige Kraft hinausgeht, für die Schweißung einsetzbar ist. Eine solche Abstützung weist der Stab 36b aber nicht auf, so dass eine Kraft, die über die für die Verformungsarbeit notwendige Kraft hinausgeht, nicht aufgebracht werden kann bzw. ohne Wirkung wäre. Darüber hinaus steht auch die Beschreibung, insbesondere Spalte 7, Zeilen 40 bis 51, der Interpretation der Beklagten des Standes der Technik gemäß NK10 entgegen. So ist an genannter Stelle im Wesentlichen ausgeführt, dass die Halterung 34 der Sonotrode 20 über einen weiten Frequenzbereich von der aufgebrachten Kraft F unbeeinflusst (force-insensitive) bleibt, was ein Schweißen bei verschiedenen Frequenzen und einem hohen Anpressdruck (high clamping pressure) der Sonotrode auf die zu verschweißenden Materialbahnen ermöglicht. Das versteht der Fachmann so, dass die Halterung 34 eine hohe Steifigkeit aufweist. 1.2 Anspruch 8 in der nach Hauptantrag verteidigten Fassung hat ein Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts beim Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn zum Gegenstand. Er enthält außer den bereits im Vorrichtungsanspruch 1 angegebenen Merkmalen keine weiterführenden Merkmale, so dass Anspruch 8 aus denselben Gründen wie schon der Anspruch 1 keinen Bestand hat. 1.3 Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 7 sowie 9 und 10 gemäß Hauptantrag ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich (BGH Urt. v. 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport). 2. Es kann dahinstehen, ob die Gegenstände der nebengeordneten Ansprüche 1 und 7 nach Hilfsantrag 1 bereits in den Anmeldeunterlagen offenbart worden sind, § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG, und ob sie sich im Schutzbereich des Streitpatents in dessen Fassung vom 20. April 2000 bewegen, § 22 Abs. 1 2. HS PatG. Denn in jedem Fall beruhen die Gegenstände der genannten Ansprüche nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. 2.1 Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von der Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich dadurch: dass der Spalt (13) zwischen der Sonotrode (6) und dem Gegenwerkzeug (11) auf einen konstanten Wert einstellbar ist. Wie der Fachmann aus dem Stand der Technik weiß, kommt es zur Sicherstellung der notwendigen Schweißgüte beim Ultraschallschweißen darauf an, den Schweißspalt, d. h. den Abstand zwischen Sonotrode und Gegenwerkzeug mittels einer Ultraschaltschwingeinheit möglichst genau einzustellen. Im zitierten Stand der Technik nach NK13 ist bereits die Einstellung des Spaltes zwischen der Sonotrode und dem Gegenwerkzeug beschrieben (Sp. 7, Z. 56 - 64 i. V. m. Fig. 5A), so dass dieses Merkmal dem Anspruch 1 nach Hauptantrag nichts hinzufügt, was die erfinderische Tätigkeit des Gegenstands gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 begründen könnte. 2.2 Anspruch 7 in der nach Hilfsantrag 1 verteidigten Fassung hat ein Verfahren zur Konstanthaltung der Höhe eines Bearbeitungsspalts beim Ultraschallbearbeiten einer Materialbahn zum Gegenstand. Er enthält außer den bereits im Vorrichtungsanspruch 1 angegebenen Merkmalen keine weiterführenden Merkmale, so dass der Anspruch 7 aus denselben Gründen wie schon der Anspruch 1 keinen Bestand hat. 2.3 Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 6 sowie 8 und 9 gemäß Hilfsantrag 1 ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt weder geltend gemacht, noch sonst ersichtlich (BGH - X ZR 131/02 - Schussfädentransport, a. a. O.). 3. Das im Umfang des Hilfsantrags 2 verteidigte Patent ist nicht schutzfähig, weil es in dieser Fassung über den ursprünglichen Inhalt der Anmeldung hinausgeht, § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG. 3.1 Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich dadurch: dass die Ultraschallschwingeinheit (3) über eine temperaturgeführte Verstelleinrichtung (19) starr mit dem Maschinenständer verbunden ist. Die Aufnahme dieses Merkmals führt zu einer Vorrichtung, bei der die Sonotrode starr und direkt über eine temperaturgeführte Verstelleinrichtung am Maschinenständer befestigt ist. Dieser Gegenstand ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht offenbart. Vielmehr entnimmt der Fachmann den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3 und 6 eine Ultraschallschwingeinheit, die entweder direkt ohne Zwischenschaltung eines weiteren Bauteils oder indirekt mittels einer Verstelleinrichtung am Maschinenständer befestigt wird. Das ergibt sich aufgrund der in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbarten Befestigungsformen der Ultraschallschwingeinheit. Danach konnte der Fachmann den ursprünglichen Anspruch 6 nur auf die zweite Variante des ursprünglichen Anspruchs 3 zurückbeziehen, die eine indirekte Befestigung der Sonotrode am Maschinenständer vorsieht. D. h. der ursprünglich offenbarte Gegenstand ist eine Vorrichtung, deren Sonotrode indirekt über die temperaturgeführte Verstelleinrichtung starr am Maschinenständer festgelegt ist. Nach der gegenteiligen Auffassung der Beklagten soll der Gegenstand von Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 von der Ursprungsoffenbarung mit umfasst sein, weil die ursprüngliche Offenbarung dahin ausgelegt werden müsse, dass die direkte Befestigung der Sonotrode am Maschinenständer nur über ein anderes Bauteil erfolgen kann. Nur das sei technisch sinnvoll. Der Senat hält diese Auslegung für unzutreffend. Der Fachmann versteht den Begriff „direkt“ statt dessen im Sinne einer unmittelbaren Befestigung der Sonotrode am Maschinenständer ohne Zwischenschaltung eines weiteren Bauteils. Die Gründe dafür wurden bereits oben unter I. 4.2 dargelegt. Im Hinblick auf Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 findet diese Auslegung im Übrigen eine Stütze in den ursprünglichen Zeichnungen. Dort wird nur in Figur 3 eine starre Verbindung 18 der Ultraschallschwingeinheit 3 gezeigt, die über die Sonotrode 6 erfolgt, wobei diese wiederum indirekt über eine Verstellvorrichtung 19 am Konvertergehäuse 4 befestigt ist. 3.2 Der Gegenstand des selbständigen Verfahrensanspruchs 6 ist gem. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG schon deshalb nicht schutzfähig, weil er den Gegenstand des Anspruchs 1 ausdrücklich mit einbezieht und der Gegenstand von Anspruch 1 - wie bereits dargelegt - von der ursprünglichen Offenbarung nicht umfasst wird. 3.3 Die auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 und der auf Anspruch 6 rückbezogene Anspruch 7 sind ihrerseits nicht schutzfähig, weil sie von nicht schutzfähigen Hauptansprüchen abhängen. Das Streitpatent war daher für nichtig zu erklären. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006444&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006445
BPatG
München
4. Senat
20100723
4 Ni 50/07 (EU)
Beschluss
§ 294 ZPO, § 144 Abs 2 S 3 PatG, § 2 Abs 2 S 5 PatKostG
DEU
Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Antrag auf Streitwertherabsetzung" - zur Streitwertbegünstigung bei Glaubhaftmachung der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage infolge der Verletzungsstreitigkeiten - Bestand der Antragstellerin ist in Gefahr - Wahrung des verfassungsmäßigen Rechts auf Zugang zu den Gerichten
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent … hier: Antrag auf Streitwertherabsetzung hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richter Voit und Dipl.-Phys. Dr. Müller beschlossen: Die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung von Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten bemisst sich nach einem Streitwert von 1.000.000,00 €.
I. 1. Die Klägerin und Antragstellerin hat Nichtigkeitsklage gegen das Streitpatent erhoben und den Streitwert in der Klageschrift mit 1 Mio. € angegeben. In der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2009 wurde der Streitwert unmittelbar nach der Antragstellung auf 10 Mio. € festgesetzt. Zuvor war bekundet worden, der Streitwert eines parallelen Verletzungsverfahrens belaufe sich auf diesen Wert. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung wurde das klageabweisende Urteil verkündet. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2010 kündigte die Antragstellerin einen Antrag auf Streitwertbegünstigung an, der mit Schreiben vom 18. März 2010 dann auch gestellt wurde. 2. Der Antragstellerin war mit Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Juli 2007 (Az. 4b O 297/06) auf der Grundlage des Streitpatents untersagt worden, bestimmte Okklusionsvorrichtungen weiter zu vertreiben, Rechnung zu legen und den vorhandenen Bestand von Okklusionsvorrichtungen im angegebenen Verkaufswert von „etwa 6.500.000,00 €“ zu vernichten. Die Berufung der Antragstellerin gegen dieses Urteil wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 22. Dezember 2008 (Az. I-2 U 65/07) zurückgewiesen. Am 26. Oktober 2009 erwirkte die Antragsgegnerin ebenfalls auf der Grundlage des Streitpatents eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf (Az. 4b O 206/09) gegen die Antragstellerin betreffend eine abgeänderte Ausführungsform, wonach auch für diese Ausführungsform Benutzungshandlungen untersagt sowie die Herausgabe der vorhandenen Okklusionsvorrichtungen bis zur Entscheidung über den Vernichtungsanspruch angeordnet wurden. Diese Verfügung hielt das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 18. Dezember 2009 mit der Maßgabe aufrecht, dass die Vollziehung und die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 1.600.000,00 € abhängig gemacht wurden. Diese Sicherheitsleistung hat die Antragsgegnerin am 18. Januar 2010 erbracht. 3. Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Antrag auf Streitwertbegünstigung sei zulässig, weil erstmals nach der Antragstellung ein Streitwert festgesetzt worden sei und dies auch in einer anderen Höhe als von ihr in der Klage angegeben, weshalb auch eine nachträgliche Heraufsetzung vorliege. Der Antrag sei auch begründet, weil die Belastung aus dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde. Hierzu legt sie wirtschaftliche Berechnungen sowie eine eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vor und macht geltend, sie könne derzeit praktisch keine Okklusionsvorrichtungen mehr vertreiben. Die Antragsgegnerin behauptet, der Antrag sei schon unzulässig, weil er nach Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt worden sei, jedenfalls aber sei er unbegründet, weil nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden sei, dass es erst nach der hiesigen Entscheidung zu einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lage der Antragstellerin gekommen sei. II. 1. Der Antrag ist zulässig, § 144 Abs. 2 Satz 3 PatG i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 5 PatKostG. Der zunächst seitens der Klägerin in der Klageschrift angegebene Streitwert wurde nämlich erst nach dem Beginn der Verhandlung zur Hauptsache, also nach der Antragstellung, vom Gericht festgesetzt (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl., § 144 Rdnr. 9; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 144 Rdnr. 11). 2. Der Antrag ist auch begründet. a) Die Antragstellerin hat in einer der Vorschrift des § 294 ZPO genügenden Form glaubhaft gemacht, dass sich infolge der Verletzungsstreitigkeiten zwischen den Parteien ihre wirtschaftliche Lage nach der hiesigen Entscheidung einschneidend verschlechtert hat, nachdem sie praktisch keine Okklusionsvorrichtungen mehr herstellen und vertreiben kann und sich auch die Aussicht auf ein anderes, zunächst geplantes Geschäft zerschlagen hat. b) Die wirtschaftliche Lage der Antragstellerin stellt sich danach so dar, dass sie im Kalenderjahr 2008 einen Umsatz in Höhe von 6.220.556,85 € und im Jahr 2009, bis zur Vollstreckung des Urteils des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22. Dezember 2008 (Az. I-2 U 65/07) am 15. Januar 2009, einen solchen in Höhe von 718.358,22 €. erzielte. Gleichzeitig ergeben sich zum 31. Dezember 2009 ein Bilanzverlust in Höhe von 3.101.547,94 €, ein nicht gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 640.407,94 € und Verbindlichkeiten in einer Höhe von 5.055.656,53 €, denen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 3.086.593,04 € gegenüberstehen. Für das Jahr 2008 weist die Antragstellerin einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 821.610,30 € und für das Jahr 2009 einen Überschuss in Höhe von 82.245,67 € aus. Mit der geänderten Ausführungsform, deren Vertrieb durch die Antragstellerin am 4. Juni 2009 begann, erzielte sie zwischen Juni und November 2009 einen Umsatz in Höhe von 655.656,75 €, davon allein im Oktober 212.591,40 €, bevor ihr mit einstweiliger Anordnung des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2009 (Az. 4b O 206/09) auf der Grundlage des Streitpatents auch insoweit die Benutzungshandlungen untersagt wurden. Als das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 18. Dezember 2009 diese Maßnahme dahingehend bestätigte, dass die Vollziehung und die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 1.600.000,00 € abhängig gemacht wurde, erzielte die Antragstellerin mit Herstellung, Anbieten und Vertrieb der geänderten Ausführungsform zwischen dem 18. Dezember 2009 und dem 18. Januar 2010, als die Sicherheit geleistet wurde, im ersten Quartal 2010 noch einen Umsatz von etwa 1.221.000,00 € bei Kosten in Höhe von 1.322.000,00 €. c) Daraus ergibt sich, dass die entscheidende Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin erst nach der hier in Frage stehenden Festsetzung des Streitwerts in der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2009 eingetreten ist und gleichzeitig die Belastung mit Verfahrenskosten in Höhe von etwa 460.000,00 € den Bestand der Antragstellerin erheblich gefährden würde. Hinzu kommt, dass diese Gefährdung der wirtschaftlichen Lage der Antragstellerin ganz offensichtlich mit den Verfahren betreffend eine tatsächliche oder mögliche Verletzung des Streitpatents zusammenhängt. Daher ist der Antragstellerin derzeit die Streitwertbegünstigung zu gewähren, um ihren Weiterbestand nicht über Gebühr zu gefährden und auch um ihr verfassungsmäßiges Recht auf Zugang zu den Gerichten zu wahren. Durch die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, auf gesonderten Antrag gegebenenfalls nach einem herabgesetzten Streitwert eine gerichtliche Entscheidung über den Bestand eines Patents zu erlangen, soll nämlich gewährleistet werden, nicht wegen eines auf Grund einer bezifferten Schadensersatzklage festzusetzenden Streitwerts und der deshalb drohenden Kosten von der Nichtigkeitsklage Abstand nehmen zu müssen, die als Reaktion auf die Patentverletzungsklage für geboten erachtet wird (vgl. BGH, GRUR 2009, 1100 – Druckmaschinen-Temperierungssystem III). Die Aussichten der Rechtsverfolgung seitens der Antragstellerin spielen hierbei keine Rolle. Ausgeschlossen wäre eine Streitwertbegünstigung nur, wenn sich das Verhalten der Antragstellerin als rechtsmissbräuchlich darstellen würde. Dafür ist nichts ersichtlich oder vorgetragen (allg. M., vgl. nur Benkard/Rogge/Grabinski, a. a. O., § 144 Rdnr. 7 m. w. N.). Unbeachtlich ist auch, dass die Nichtigkeitsklage in der ersten Instanz abgewiesen wurde, denn das schließt eine andere Entscheidung im Berufungsverfahren, sei es aufgrund einer anderen rechtlichen Bewertung oder aufgrund anderen Tatsachenmaterials, nicht aus. Daher kann es für die Beurteilung einer Streitwertbegünstigung im Nichtigkeitsverfahren auch nicht auf das Ergebnis dieser Instanz ankommen (a. A wohl OLG Düsseldorf, GRUR 1985, 219 für das Verletzungsverfahren). d) Nachdem die Antragstellerin selbst in ihrer Klageschrift einen Streitwert in Höhe von 1 Million Euro vorgeschlagen hatte, war derjenige Teil des Streitwerts, nach dessen Höhe sich ihre Erstattungspflicht bemisst, auf diesen Betrag festzusetzen. Schließlich bedürfen auch die Interessen der Antragsgegnerin einer Berücksichtigung und es hat auch ein gewisses Kostenwagnis bei der Antragstellerin zu verbleiben (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, a. a. O., § 144 Rdnr. 6 m. w. N.).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006450
BPatG
München
19. Senat
20100719
19 W (pat) 46/06
Beschluss
§ 30 Abs 3 Nr 3 PatG, § 99 Abs 1 PatG, § 265 Abs 2 ZPO, § 325 Abs 1 ZPO
DEU
Patentanmeldebeschwerdeverfahren - zur Frage der Verfahrensbeteiligung einer ursprünglichen Anmelderin als Beschwerdeführerin bei erfolgter Umschreibung der Patentanmeldung auf eine Einzelrechtsnachfolgerin
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2005 030 595.4-55 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Bertl, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die von der S… AG als ursprünglicher Anmelderin eingereichte, am 30. Juni 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren zum Bereitstellen einer ersten Funktionseinheit und mindestens einer zur ersten Funktionseinheit alternativen Funktionseinheit in einer Steuereinheit" wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G05B durch Beschluss vom 14. Juni 2006 mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beschränke sich auf die geplante Implementierung als ausschließlich softwareimplementierte Betriebssystemfunktion in Form eines Computerprogramms bzw. Computerprogrammprodukts im Rahmen der Softwareentwicklung. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 2. August 2006 eingegangene Beschwerde der ursprünglichen Anmelderin. Sie beantragt schriftsätzlich, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben, sowie als Hauptantrag: Patenterteilung mit Patentansprüchen 1 bis 18 vom 7. Juni 2006, als Hilfsantrag: Patenterteilung mit Patentansprüchen 1 bis 18 vom 21. Dezember 2006 weiter hilfsweise: eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass weder das Verfahren nach Patentanspruch 1 noch das Computerprogramm nach Patentanspruch 17 oder das Computerprogrammprodukt nach Patentanspruch 18 auf ein auf bloßer menschlicher Verstandestätigkeit beruhendes Verfahren bzw. auf ein zur Durchführung des Verfahrens geeignetes Computerprogramm bzw. ein dazu zur Verfügung gestelltes Computerprogrammprodukt reduzierbar sei, sondern technische Überlegungen unerlässlich seien, um sowohl das Verfahren wie auch das Computerprogramm und das Computerprogrammprodukt entwickeln zu können. Außerdem seien die Gegenstände der einander nebengeordneten Patentansprüche neu und beruhten auch auf erfinderischer Tätigkeit. Am 2. Juli 2008 ist die Anmeldung auf die C… GmbH in H…, umgeschrieben worden. Eine Erklärung, dass sie das Beschwerdeverfahren an Stelle der S… AG übernehmen wolle, hat die C… … GmbH nicht abgegeben. Mit Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde der ursprüngliche Anmelderin mitgeteilt, dass in der mündlichen Verhandlung zunächst zu klären sein werde, durch welche konkreten Maßnahmen die in den unabhängigen Patentansprüchen genannte "Umschaltfunktion" bei laufendem Betrieb realisiert werden solle. Es sei derzeit nicht auszuschließen, dass der Senat zu der Überzeugung gelange, dass die Erfindung in den ursprünglichen Unterlagen nicht hinreichend deutlich und vollständig offenbart sei. Wie schriftsätzlich angekündigt, ist die ursprüngliche Anmelderin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung: "Verfahren zum Bereitstellen mindestens einer 1.1a zu einer ersten Funktionseinheit (12, 24) alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) 1.1b in einer Steuereinheit (2) in einem Antriebssystem eines Motors, bei dem 1.2a in der Steuereinheit (2) in einem flüchtigen Speicher (6) 1.2b zumindest für die alternative Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) Speicherplatz bereitgestellt, 1.2c die alternative Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) dort abgespeichert und 1.3a eine Umschaltfunktion vorgesehen wird, 1.3b über welche nach Speichern der alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) in dem flüchtigen Speicher (6) 1.3c zwischen der ersten Funktionseinheit (12, 24) und der alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) bei laufendem Betrieb der Steuereinheit dynamisch umgeschaltet werden kann, 1.3d wobei eine Funktionalität der Steuereinheit (2) dahingehend modifiziert wird, dass die erste Funktionseinheit (12, 24) und die alternative Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) gegeneinander ausgetauscht werden." Der geltende Patentanspruch 10 gemäß Hauptantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung: "Steuereinheit zum wahlweisen Bereitstellen 10.1a einer ersten und mindestens einer zur ersten alternativen Funktionseinheit, die 10.2a einen flüchtigen Speicher (6) mit Speicherplatz, in dem 10.2b zumindest die alternative Funktionseinheit gespeichert und von dort ausgeführt werden kann, und 10.3a eine Umschaltfunktion aufweist, die dazu ausgebildet ist, dass 10.3c bei laufendem Betrieb der Steuereinheit (2) zwischen der ersten Funktionseinheit (12, 24) und der alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) umgeschaltet werden kann, 10.2b wenn die alternative Funktionseinheit in dem flüchtigen Speicher (6) gespeichert ist." Der geltende Patentanspruch 16 gemäß Hauptantrag lautet: "Steuereinheit nach einem der Ansprüche 10 bis 15, das in einem Antriebssystem eines Motors, insbesondere einer Verbrennungskraftmaschine, einer Getriebesteuereinheit und/oder eines Hybrids als kombiniertem Antrieb mit einem Elektro- und einem Verbrennungsmotor, verwendbar ist." Der geltende Patentanspruch 17 gemäß Hauptantrag lautet: "Computerprogramm mit Programmcodemitteln, um alle Schritte eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einem Computer oder einer entsprechenden Recheneinheit, insbesondere einer Steuereinheit (2) nach einem der Ansprüche 10 bis 16 durchgeführt wird." Der geltende Patentanspruch 18 gemäß Hauptantrag lautet: "Computerprogrammprodukt, mit Programmcodemitteln, die auf einem computerlesbaren Datenträger gespeichert sind, um alle Schritte eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 durchzuführen, wenn das Computerprogramm auf einem Computer oder einer entsprechenden Recheneinheit, insbesondere einer Steuereinheit (2) nach einem der Ansprüche 10 bis 16 durchgeführt wird." Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet unter Einfügung einer Gliederung: "Verfahren zum Bereitstellen mindestens einer 1.1a zu einer ersten Funktionseinheit (12, 24) alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) 1.1b in einer Steuereinheit (2) in einem Antriebssystem eines Motors 1.1c zum Betreiben der Steuereinheit, bei dem 1.2a in der Steuereinheit (2) in einem flüchtigen Speicher (6) 1.2b zumindest für die alternative Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) Speicherplatz bereitgestellt, 1.2c die alternative Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) dort abgespeichert und 1.3a eine Umschaltfunktion vorgesehen wird, die dazu ausgebildet ist, 1.3c 1 dass bei laufendem Betrieb der Steuereinheit 1.3b nach Speichern der alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) in dem flüchtigen Speicher (6) 1.3c 2 zwischen der ersten Funktionseinheit (12, 24) und der alternativen Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) dynamisch umgeschaltet werden kann, 1.3d wobei eine Funktionalität der Steuereinheit (2) dahingehend modifiziert wird, dass die erste Funktionseinheit (12, 24) und die alternative Funktionseinheit (14, 14’, 14’’, 28) gegeneinander ausgetauscht werden." Die weiteren Patentansprüche gemäß Hilfsantrag sind gegenüber dem Hauptantrag unverändert. Als Aufgabe ist in den ursprünglichen Unterlagen (Seite 2, Absatz 3) angegeben, es wäre wünschenswert, eine Möglichkeit vorzusehen, in einem Steuergerät, bzw. einer Steuereinheit, einfach und schnell zueinander alternative Funktionseinheiten bereitzustellen, zwischen denen auch während des laufenden Betriebs des Steuergerätes, d. h. online umgeschaltet werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Die S… AG in M…, bleibt als ursprüngliche Anmelderin auch nach der am 2. Juli 2008, während des anhängigen Beschwerdeverfahrens erfolgten Umschreibung der Patentanmeldung auf die Einzelrechtsnachfolgerin, die C… … GmbH in H…, verfahrensbeteiligte Beschwerdeführerin. Wie der Bundesgerichtshof für das Einspruchsbeschwerdeverfahren entschieden hat, findet dort die Bestimmung des § 265 Abs. 2 ZPO entsprechende Anwendung (§ 99 Abs. 1 PatG) mit der Folge, dass die Übertragung und Umschreibung des Patents die verfahrensrechtliche Stellung des ursprünglichen Patentinhabers als Beteiligter des Einspruchsbeschwerdeverfahrens grundsätzlich unberührt lässt (vgl. BGH GRUR 2008, 87, 88 f. - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren). Ein Wechsel in der Verfahrensbeteiligung tritt nur dann ein, wenn der Einzelrechtsnachfolger das Verfahren an Stelle des bisherigen Rechtsinhabers als Beteiligter mit Zustimmung des Gegners übernimmt. Nichts anderes kann im Grunde für das Patentanmeldebeschwerdeverfahren gelten, obwohl dieses Verfahren einseitig und daher kein echtes Streitverfahren ist. Besonderheiten des Verfahrens stehen dem nicht entgegen (§ 99 Abs. 1 PatG). Denn die Regelung des § 265 Abs. 2 ZPO dient nicht nur dem Schutz des Gegners der Partei, auf deren Seite eine Änderung der sachlichen Legitimation eingetreten ist, sondern auch der Ökonomie des Verfahrens, unbeeinflusst von einer materiell-rechtlichen Änderung der Inhaberschaft des streitbefangenen Gegenstandes das Verfahren fortzusetzen (vgl. BGH BlPMZ 1998, 527, 528 - Sanopharm; BGH a. a. O., S. 89 - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren). Insoweit hat der Bundesgerichtshof § 265 Abs. 2 ZPO bereits auf das ebenfalls einseitige markenrechtliche Anmeldebeschwerdeverfahren angewandt (vgl. BGH GRUR 2002, 892 - MTS; s. auch die Bezugnahme auf diese Entscheidung in BGH a. a. O., S. 90 - Patentinhaberwechsel im Einspruchsverfahren). Vorliegend hat die Rechtsnachfolgerin eine Erklärung zur Verfahrensübernahme nicht abgegeben, sondern vielmehr ihr Einverständnis mit der weiteren Beschwerdeführung durch die ursprüngliche Anmelderin zum Ausdruck gebracht. Das Beschwerdeverfahren ist daher mit der ursprünglichen Anmelderin als Beschwerdeführerin fortzusetzen, wobei die Rechtskraft der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 325 Abs. 1 ZPO für und gegen die nunmehrige Anmelderin als Rechtsnachfolgerin wirkt (vgl. BGH a. a. O. - Sanopharm). Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Erfindung nicht, wie in § 34 Abs. 4 PatG gefordert, in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbar ist, dass ein Fachmann, der hier als Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Informatik, Elektrotechnik oder Mechatronik mit Hochschulabschluss anzunehmen ist, sie ausführen kann. Die Prüfungsstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 48 i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 1 PatG). Ob der Gegenstand der Anmeldung von dem Patentierungsverbot nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 letzte Variante PatG betroffen ist, wonach Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche nicht als Erfindungen anzusehen und deshalb nicht dem Patentschutz zugänglich sind, muss dahin gestellt bleiben, da der Anmeldung, wie im Folgenden ausgeführt eine Lehre zur Lösung der Aufgabe nicht zu entnehmen ist. Damit kann auch nicht festgestellt werden, ob die von der Anmelderin angestrebte Lösung technischer oder nichttechnischer Natur ist. Nach Überzeugung des Senats könnte eine nacharbeitbare Lösung des Problems, in einem Steuergerät einfach und schnell zueinander alternative Funktionseinheiten bereitzustellen, zwischen denen auch während des laufenden Betriebs des Steuergerätes umgeschaltet werden kann, sowohl in einer veränderten Programmierung als auch in einer bislang nicht bekannten Schaltung bestehen. Zu keinem der beiden für den Senat vorstellbaren Lösungsansätze enthalten die Unterlagen eine verwertbare Aussage. Nachdem für die Funktionseinheiten Speicherplatz bereitzustellen ist, mag es sich um Softwareprodukte handeln, da nichts anderes in den in der Anmeldung genannten Speichern gespeichert werden kann. Darüber hinaus erschöpfen sich aber die Ausführung zu der Realisierbarkeit der Erfindung darin, dass eine "Umschaltfunktion" zwischen einer ersten Funktionseinheit und einer dazu alternativen Funktionseinheit bei laufendem Betrieb dynamisch umschaltet. Gemäß Patentanspruch 15 soll diese Umschaltfunktion in einem "Selektor" integriert sein. Doch bezüglich dieses Selektors lassen die gesamten Unterlagen wiederum offen, ob es sich dabei um ein Programm oder um einen Hardwarebaustein handelt. Ebenso wenig wird dem Fachmann irgendein Hinweis gegeben, wie er mit einer Programmierung oder einer Schaltung das keineswegs triviale Problem bewältigen kann, bei einem Steuergerät für einen Motor im laufenden Betrieb von einer Steuersoftware auf eine andere umzuschalten, ohne dass er zuvor das ganze System stillsetzt und anschließend wieder hochfährt. Somit wird der Fachmann durch die am Anmeldetag eingereichten Unterlagen nicht in die Lage versetzt, die Erfindung mit zumutbarem Aufwand selbst auszuführen. Da es somit versäumt wurde, die Erfindung in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen hinreichend vollständig und deutlich zu offenbaren, ist eine Patenterteilung weder nach Hauptantrag noch nach Hilfsantrag möglich. Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006451
BPatG
München
19. Senat
20100630
19 W (pat) 701/09
Beschluss
§ 3 Abs 1 S 2 PatG, § 59 Abs 1 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren - "Überspannungsableiter mit Käfig-Design" – unzulässiger Einspruch mangels erforderlicher zeitlicher Substantiierung
In der Einspruchssache … betreffend das Patent 10 2006 003 579 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Bertl, des Richters Dr.-Ing. Kaminski, der Richterin Kirschneck und des Richters Dipl.-Ing. Groß beschlossen: Der Einspruch wird als unzulässig verworfen.
I. Für die am 25. Januar 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung wurde die Erteilung des nachgesuchten Patents 10 2006 003 579 am 25. Oktober 2007 veröffentlicht. Das Patent betrifft einen Überspannungsableiter mit Käfig-Design und Herstellungsverfahren für diesen. Gegen das Patent hat die S… AG in M…, mit Schriftsatz vom 23. Januar 2008, eingegangen am selben Tag, Einspruch erhoben mit der Begründung, dass der Patentgegenstand im Hinblick auf zwei geltend gemachte offenkundige Vorbenutzungen und auf einen im Einzelnen genannten druckschriftlichen Stand der Technik nicht neu sei, und auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Patentinhaberin hat dem Einspruchsvorbringen widersprochen, da sie den Einspruch für unzulässig und zumindest im Umfang eines beigefügten Hilfsantrags auch für unbegründet hält. Zuletzt mit Schriftsatz vom 4. Mai 2009, eingegangen beim Patentamt am selben Tag, hat die Patentinhaberin Antrag auf patentgerichtliche Entscheidung nach § 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PatG gestellt und die hierfür erforderlichen Gebühren per Einzugsermächtigung bezahlt. Mit Verfügung vom 19. Mai 2009 (Bl. 107 VA) hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Akten dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Einsprechende beantragt, das Patent 10 2006 003 579 in vollem Umfang zu widerrufen. Die Patentinhaberin beantragt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise das angegriffene Patent im erteilten Umfang, weiter hilfsweise das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten: Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag vom 29. Mai 2008, Beschreibung und 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3, wie erteilt. Der nach Hauptantrag geltende erteilte PA 1 lautet: "Überspannungsableiter mit mindestens einem Varistorblock (1); zwei Endarmaturen (3), die auf gegenüberliegenden Seiten des Varistorblocks (1) angeordnet sind; mindestens einem Verstärkungselement (9), das den Varistorblock (1) und die Endarmaturen (3) zusammenhält und welches durch ein erstes Durchgangsloch (11) durch mindestens eine der Endarmaturen (3) verläuft; einem Außengehäuse (5) aus Kunststoff, vorzugsweise Silikon, das durch Gießen oder Spritzen um den Varistorblock (1), das Verstärkungselement (9) und Teile der Endarmaturen (3) ausgebildet ist; dadurch gekennzeichnet, daß in mindestens einer Endarmatur (3) zweite Durchgangslöcher (15) ausgebildet sind, die in einer Nut (17) auf der dem Varistorblock (1) abgewandten Seite der Endarmatur (3) münden, wobei die Nut (17) sich von einem zweiten Durchgangsloch (15) zu einem ersten Durchgangsloch (11) erstreckt, und wobei das zweite Durchgangsloch (15), die Nut (17) und das erste Durchgangsloch (11) auf der dem Varistorblock (1) abgewandten Seite der Endarmatur (3) mit dem Kunststoff versiegelt sind." Der auf ein Verfahren zum Herstellen eines Überspannungsableiters nach Anspruch 1 gerichtete erteilte nebengeordnete Patentanspruch 7 nach Hauptantrag lautet: "Verfahren zum Herstellen eines Überspannungsableiters nach Anspruch 1 mit den Schritten: Befestigen von mindestens einem Verstärkungselement (9) in einem ersten Durchgangsloch (11) einer ersten Endarmatur (3); Anordnen eines Stapels von Varistorblöcken (1) auf der Endarmatur (3) und neben dem Verstärkungselement (9); Anbringen einer zweiten Endarmatur auf dem Stapel von Varistorblöcken und den Verstärkungselemente (9) derart, daß die Varistorblöcke (1) zwischen den beiden Endarmaturen (3) liegen; Befestigen des Verstärkungselements (9) in einem ersten Durchgangsloch (11) der zweiten Endarmatur (3); Umspritzen oder Umgießen von Teilen der beiden Endarmaturen (3), der Varistorblöcke (1) und des Verstärkungselements (9) zur Ausbildung eines Außengehäuses (5) aus Kunststoff, wobei der Kunststoff durch die zweiten Durchgangslöcher (15) und die Nut (17) in den Endarmaturen (3) fließt und die ersten Durchgangslöcher (11) auf der den Varistorblöcken (1) abgewandten Seite der Endarmaturen (3) versiegelt." Gemäß Streitpatentschrift (Abs. [0011]) hat die Erfindung die Aufgabe, einen Überspannungsableiter mit Käfig-Design bereitzustellen, der weder das Problem der Teilentladung aufgrund von vorspringenden Kanten von Schrauben oder Muttern hat, noch bei dem Probleme durch das Eindringen von Feuchtigkeit durch Durchgangslöcher der Endarmatur auftreten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Der Senat ist gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. Satz 2 PatG für die Entscheidung über den Einspruch zuständig. Die Patentinhaberin hat am 4. Mai 2009 und damit nach Ablauf von 15 Monaten seit Ablauf der Einspruchsfrist am 25. Januar 2008 Antrag auf Entscheidung durch das Bundespatentgericht gestellt. Auch hat die Patentabteilung innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Antrags auf patentgerichtliche Entscheidung weder eine Ladung zur Anhörung noch eine Entscheidung über den Einspruch zugestellt. Der Einspruch war als unzulässig zu verwerfen. Die Einsprechende hat ihren Rechtsbehelf zwar innerhalb der gesetzlichen Frist erhoben (§ 59 Abs. 1 Satz 1 PatG), ihn schriftlich begründet und mit dem Hinweis auf § 59 in Verbindung mit § 21 Abs. 1, 3 und 4 Nr. 1 PatG zulässigerweise auf mangelnde Patentfähigkeit wegen fehlender Neuheit und dem Nichtberuhen auf erfinderischer Tätigkeit als Widerrufsgrund gestützt (§ 59 Abs. 1 Satz 2 und 3 PatG). Jedoch sind die den Einspruch nach Ansicht der Einsprechenden rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Einspruchsfrist nicht bzw. nicht hinreichend im Einzelnen angegeben worden (§ 59 Abs. 1 Satz 3 und 4 PatG). 1. Eine Einspruchsbegründung genügt den formalen gesetzlichen Anforderungen der genannten Vorschrift, wenn darin die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände im Einzelnen so darlegt sind, dass die Patentinhaberin und das Patentamt daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können. Der Vortrag muss erkennen lassen, dass ein bestimmter Tatbestand behauptet werden soll, der auf seine Richtigkeit nachgeprüft werden kann. Da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, dass einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe vorliege (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG), müssen sich die Tatsachenangaben außerdem auf die geltend gemachten Widerrufsgründe beziehen (st. Rspr. vgl. u. a. BGH GRUR 1987, 513, 514 - Streichgarn; GRUR 1997, 740 - Tabakdose; GRUR 2003, 695 - Automatisches Fahrzeuggetriebe). Dabei muss sich die Begründung mit der Erfindung befassen, wie sie patentiert ist; sie muss also die gesamte Lehre ihrer Argumentation zugrunde legen (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 59 Rdn. 97 m. N. w.). Soweit sich die Einsprechende darauf beruft, dass der Gegenstand des erteilten Patents nicht neu sei, weil die dem Patent zugrunde liegende Erfindung auf Kenntnissen beruhe, die vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit durch Benutzung zugänglich gemacht worden seien (§ 3 Abs. 1 Satz 2 PatG), müssen die dazu im Einzelnen vorzutragenden Tatsachen die konkreten Umstände erkennen lassen, aus denen sich die behauptete Benutzung nach Art, Zeit sowie hinsichtlich ihres Zugänglichwerdens für die Öffentlichkeit ergeben soll (vgl. BGH a. a. O. - Streichgarn; a. a. O.; a. a. O. - Tabakdose). Diesen Anforderungen genügt die innerhalb der Einspruchsfrist eingegangene Begründung weder hinsichtlich der beiden geltend gemachten Vorbenutzungshandlungen noch hinsichtlich der Ausführungen zum entgegengehaltenen druckschriftlichen Stand der Technik. 2. Zu der geltend gemachten Vorbenutzung durch Lieferung eines gemäß Anlage A (2 Seiten Fotos, Werkszeichnung "Flansch, Armatur", Zeichnungsnummer 2HT 490 02511, Zeichnungsstand vom 17.9.2002, Werkszeichnung "Kegelsegment", Zeichnungsnummer 3HT 490 02512, Zeichnungsstand Ersterstellung vom 18.3.2002) ausgebildeten Überspannungsableiters sind weder die Angaben zum maßgeblichen Zeitpunkt der behaupteten Vorbenutzung noch die Angaben zur öffentlichen Zugänglichkeit konkret und vollständig genug, als dass der Senat ohne eigene Ermittlungen zu einer abschließenden Entscheidung hätte gelangen können. 2.1 Wenn die Einsprechende lediglich eine Auslieferung des Überspannungsableiters vor dem 25. Januar 2006, also vor dem Anmeldetag des Streitpatents behauptet (Bl. 2 le. Abs. vom 23.1.2008), so ist damit nach Ansicht des Senats im hier zu entscheidenden Fall nicht die erforderliche zeitliche Substantiierung gegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob dieser Tag lediglich die Übergabe an einen Spediteur bedeutet, wie die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, oder der Tag der tatsächlichen Auslieferung eines Ableiters an die B… H… & P… A… in K…. Denn anders als in dem der Entscheidung "Tabakdose" (vgl. BGH a. a. O) vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall kann die erforderliche zeitliche Substantiierung hier nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Einspruchsschrift ergänzt werden. Es ist nämlich für den gemäß Anlage A ausgebildeten Ableiter lediglich eine einzige Lieferung angegeben, die einen einzigen Ableiter umfasste. Somit war diese Lieferung nicht Teil eines in der vorgenannten BGH-Entscheidung als "ununterbrochen und gleichförmig verlaufend" bezeichneten Geschehens - hier also nicht einer vor dem Anmeldetag des Streitpatents beginnenden und durch den Anmeldetag unbeeinflußt ununterbrochenen Lieferung von Ableitern. Dass es sich bei dem Ableiter gemäß Anlage A um ein Serienprodukt gehandelt habe, das vielfach geliefert worden sei, hat die Einsprechende erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. Dies war jedoch bei der Beurteilung der innerhalb der Einspruchsfrist zu erfolgenden zeitlichen Substantiierung außer Acht zu lassen. 2.2 Auch hinsichtlich der erforderlichen Offenkundigkeit dieser behaupteten Vorbenutzung ist der Vortrag im Einspruchsschriftsatz nicht hinreichend substantiiert. Denn zu der Frage, warum beliebige Dritte eine so tief gehende Kenntnis vom Aufbau des an die B… H… & P… gelieferten Ableiters gewinnen konnten, dass der Ableiter gemäß Anlage A zum den Zeitrang des Streitpatents definierenden Anmeldetag zum Stand der Technik gehörte (Einspruchschriftsatz a. a. O., Bl. 3 Abs. 1) ist einzig ausgeführt, dass dieser ohne Geheimhaltungsvermerk ausgeliefert wurde (Einspruchsschriftsatz a. a. O., Bl. 2 le. Abs.). Bei dem Ableiter gemäß Anlage A, Seite 2 sind jedoch alle Bauteile innerhalb des undurchsichtigen Außengehäuses aus Kunststoff angeordnet und dadurch den Blicken entzogen; lediglich ein Teil der Unterseite des Flansches (Anlage A, S. 1) und zumindest der randseitige Bereich der Flanschoberseite sind unvergossen. Damit war es aber unmöglich, ohne Zerstörung des gelieferten Ableiters Kenntnis von dessen Innenleben zu erhalten. Angesichts der Lieferung eines einzigen Ableiters an einen Kraftwerksbetreiber scheint dem Senat ein solches Vorgehen mangels weiterer Angaben im Einspruchsschriftsatz jedoch lediglich eine theoretische Möglichkeit zu sein. Denn regelmäßig interessiert sich ein solcher Kunde in erster Linie für das elektrische und mechanische Verhalten eines im Netz eingebauten Betriebsmittels, nicht aber für konstruktive Details des inneren Aufbaus. Demgegenüber hat eine Firma, die neue Ableiter entwickelt, ein großes Interesse, einen solchen Ableiter nach der Erprobung im Prüffeld unter realistischen Bedingungen in einem Hochspannungsnetz zu prüfen, wie es nur Kraftwerks- und Netzbetreibern zur Verfügung steht, und anschließend die Auswirkungen der Netzbelastung auf die geänderte Konstruktion bis ins Detail zu untersuchen. Die Lieferung eines einzigen Ableiters an die B… H… & P… in K…, deutet nach Ansicht des Senats deshalb auf einen im gegenseitigen Interesse und Einvernehmen vorgenommenen Praxistest hin, nach dessen Ende der Hersteller selbst den Prüfling in seinen eigenen Labors und Werkstätten genauestens untersuchen konnte, wo die erforderlichen Einrichtungen und Personal vorhanden sind. Zur Substantiierung der behaupteten Offenkundigkeit reicht deshalb im vorliegenden Fall der Hinweis auf einen fehlenden Geheimhaltungsvorbehalt nicht aus. Vielmehr hätten für einen den Blicken entzogenen Sachverhalt schon im Einspruchsschriftsatz konkrete Umstände aufgezeigt werden müssen, aus denen sich die behauptete Benutzung hinsichtlich ihres Zugänglichwerdens für die Öffentlichkeit hätte ergeben sollen (vgl. auch BGH GRUR 1987, 513, 514 - Streichgarn). 3. Auch für die zweite geltend gemachte Benutzungshandlung gemäß Anlage B (Declaration der Fa. F… E… Co., Ltd, ohne Datum) ist der Einspruch hinsichtlich des Zugänglichwerdens im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG nicht ausreichend substantiiert. Da auch für den in Zusammenarbeit mit der t… Gesellschaft entwickelten Ableiter aus technischen Gründen davon auszugehen ist, dass die Aktivteile des Ableiters durch das Kunststoff-Außengehäuse verborgen wurden, schließt sich der Senat der Ansicht der Patentinhaberin an, dass im Einspruchsschriftsatz schon offen bleibt, ob der Ableiter mit oder ohne Gehäuse ausgestellt war, und was die Besucher an dem Ausstellungsstück wirklich sehen konnten (S. 3 Abs. 4 und 7 vom 29.5.2008). Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung zur zweiten Vorbenutzung auch nach Rückfrage des Senats nichts vorgetragen. 4. Zur Begründung des Einspruchs sind ferner drei Druckschriften (D1): EP 0 642 141 B1; D2): WO 01/15292 A1; D3): CH 659 909 A5) entgegengehalten (a. a. O. Bl. 3 Abs. 2 bis 4). Von diesen Druckschriften nimmt der Einspruchsschriftsatz lediglich auf D1) Bezug, und das auch nur ergänzend zu einem Merkmal, welches in der Vorbenutzung gemäß Anlage A nicht erkennbar sei, nämlich des Materials des Außengehäuses (Einspruchsschriftsatz a. a. O. Bl. 6 Abs. 2). Für eine - von der Vorbenutzung gemäß Anlage A unabhängige - auf die Druckschrift D1) allein oder in Kombination mit den beiden anderen entgegengehaltenen Druckschriften gestützte Begründung hätte sich der Einspruchsschriftsatz jedoch mit der gesamten im Patentanspruch 1 bzw. Patentanspruch 7 patentierten Lehre auseinandersetzen müssen, was üblicherweise durch einen Vergleich aller Merkmale eines Patentanspruchs mit dem aus einer oder mehreren Druckschriften Vorbekannten erfolgt, der bei fehlender Neuheit ergänzt ist durch Angaben zur fehlenden erfinderischen Tätigkeit. Ein derartiger Merkmalsvergleich mit dem Inhalt der D1) fehlt aber im Einspruchsschriftsatz; zu den beiden anderen Druckschriften finden sich keinerlei Ausführungen. Dass im vorliegenden Fall allein die Übersendung der drei Druckschriften zur Begründung des Einspruchs ausreiche, weil der Patentgegenstand so einfach und ein Blick auf die Figuren ausreichend sei, wie die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, trifft im vorliegenden Fall ersichtlich nicht zu. Der Fachmann mag zwar die vier Grund-Bauelemente Varistorblock / Endarmaturen / Verstärkungselemente und Außengehäuse des patentgemäßen Ableiters in den Figuren der drei Druckschriften ohne Weiteres erkennen. Jedoch sind diese Bauelemente allesamt bereits als zum Stand der Technik gehörend im Oberbegriff des Anspruchs 1 aufgeführt (vgl. auch Abs. [0002] der Streitpatentschrift), während die Erfindung eine im kennzeichnenden Teil detailliert angegebene Ausgestaltung mindestens einer der Endarmaturen betrifft. Deshalb hätte die Einsprechende angeben müssen, durch welche Merkmale der vorbekannten Ableiterkonstruktionen sie den kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 vorweggenommen oder zumindest als dem Fachmann nahegelegt ansieht. 5. Der erteilte Patentanspruch 7 greift nicht nur im Rahmen seiner Rückbeziehung sondern auch bei der Angabe der einzelnen Verfahrensschritte alle wesentlichen Sachmerkmale der Ableiterkonstruktion auf, so dass hinsichtlich der Frage der Substantiierung des Einspruchs im Hinblick auf diesen Nebenanspruch nichts anderes gelten kann, als für erteilten Anspruch 1 ausgeführt ist. Da somit kein zulässiger Einspruch vorlag war dieser ohne sachliche Prüfung der Patentfähigkeit zu verwerfen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006454
BPatG
München
24. Senat
20100622
24 W (pat) 57/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "webadvocat" - keine Unterscheidungskraft für einen Teil der Dienstleistungen
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 29 553 (hier: Löschungsverfahren S 3/08) hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch beschlossen: Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Juli 2009 insoweit aufgehoben, als die Löschung der Marke 305 29 553 für folgende Dienstleistungen angeordnet worden ist: „Klasse 35: Werbemittlung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Planung, Erstellung, Umsetzung und Überwachung von Werbe- und Verkaufskonzepten zur Verkaufsförderung; Herstellungsüberwachung von Werbemitteln als Dienstleistung einer Werbeagentur, soweit in Klasse 35 enthalten; Klasse 41: Filmverleih (Vermietung von Kinofilmen); Erziehung; Musik- und Tanzveranstaltungen; künstlerische Livedarbietungen; Klasse 42: Technische und/oder EDV-technische Beratung, auch im Internet“. Insoweit wird der Löschungsantrag zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die am 20. Mai 2005 angemeldete Wortmarke webadvocat wurde am 16. Januar 2006 unter der Nr. 305 29 553 für folgende Dienstleistungen in das Markenregister eingetragen: „35 Werbung; Marketing; Marktanalyse, Marktforschung; Werbemittlung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Planung, Erstellung, Umsetzung und Überwachung von Werbe- und Verkaufskonzepten zur Verkaufsförderung; Herstellungsüberwachung von Werbemitteln als Dienstleistung einer Werbeagentur, soweit in Klasse 35 enthalten; Dienstleistungen einer Werbeagentur in konzeptioneller, planender und ausführender Art in den Bereichen klassischer Werbung, im Bereich Anwalts- und Kanzleiwerbung; Dienstleistungen eines Werbetexters; sämtliche vorbezeichnete Dienstleistungen im Zusammenhang mit allen Medien- und Werbeträgern unter Einschluss digitaler und elektronischer Medien- und Werbeträger; Organisations- und Unternehmensberatung; Personalmanagementberatung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten 41 Produktion von Werbefilmen und Rundfunkwerbung; Videoproduktion; Filmproduktion; Filmverleih (Vermietung von Kinofilmen); Tonaufnahmen; Entwicklung von Konzepten für die Erstellung von elektronischen Publikationen sowie das Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Entwicklung von Konzepten für die Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften, Katalogen, Prospekten und anderen Druckereierzeugnissen, auch in elektronischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Büchern, Zeitschriften, Katalogen, Prospekten und anderen Druckereierzeugnissen, auch in elektronischer Form, auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Ausbildung, Erziehung und Schulung; Musik- und Tanzveranstaltungen; künstlerische Livedarbietungen 42 Rechtsberatung und Rechtsvertretung; Vermittlung von Urheberrechten (bzw. deren Nutzungen) und gewerblichen Schutzrechten, Durchführung von Schutzrechts- und Benutzungsrecherchen; juristische Beratung in Steuerangelegenheiten; rechtswissenschaftliche Forschung; Nachforschungen und Recherchen in Datenbanken und im Internet in Rechtsangelegenheiten; technische und/oder EDV-technische Beratung, auch im Internet; Fotografieren; Werbegrafikdesign, Dienstleistungen eines Werbegrafikers, Design von Homepages und Webseiten für Werbezwecke.“ Widerspruch erhoben wurde aus der deutschen Marke 399 76 235 - webvocat. Über diesen Widerspruch hat das Deutsche Patent- und Markenamt bisher nicht entschieden. Am 19. Dezember 2007 wurde (seitens des Widersprechenden aus der Marke 399 76 235) der Antrag auf vollständige Löschung der Marke 305 29 553 gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG gestellt. Der Markeninhaber hat der Löschung fristgerecht widersprochen. Mit Beschluss vom 17. Juli 2009 hat die Markenabteilung 3.4. die Löschung der Marke 305 29 553 angeordnet. Die Bezeichnung „webadvocat“ sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG schutzunfähig. Es handele sich um eine beschreibende, freizuhaltende und nicht unterscheidungskräftige Angabe. Sie vermittele unmittelbar den Begriffsinhalt, dass es sich um einen Advokaten, also einen Rechtsanwalt, handele, der seine Tätigkeit mit Hilfe des bzw. über das Web (im Sinne von Internet) erbringe. Dienstleistungsangebote unter Voranstellung des Bestandteils „Web-“ anzudeuten, sei auf zahlreichen Gebieten üblich; z. B. gebe es Web-Designer, Web-Entertainer, Web-Doktoren, Web-Erfinder, Web-Gangster, Web-Hoster, Web-Leader, Web-Publisher. Auch der Begriff „webadvokat“ sei bereits zu finden. Im Hinblick auf die angeführte Bedeutung vermittele die angegriffene Marke für sämtliche eingetragenen Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis, insbesondere auf das Thema und den Gegenstand oder darauf, dass diese in einer sonstigen besonderen Weise etwas mit einem Internetanwalt zu tun hätten. Die Schreibweise (mit „c“ anstatt mit „k“) ändere an dieser Beurteilung nichts. Dem Beschluss waren einige Internet-Ausdrucke (6 Blatt) beigefügt. Der Markeninhaber hat Beschwerde eingelegt. Seiner Auffassung nach hat die Markenabteilung nicht ausreichend begründet, weshalb es sich bei der Marke „webadvocat“ um eine für Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 beschreibende Angabe handeln solle. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die angegriffene Bezeichnung ohne weiteres auf die Tätigkeit eines Rechtsanwalts mit Hilfe des „Web“ hinweise, treffe diese Begründung nicht für die Dienstleistungen in den Klassen 35 und 41 zu, die nicht in Zusammenhang mit der Erteilung von Rechtsrat stünden. Entsprechendes gelte für einige der Dienstleistungen in Klasse 42. Im Übrigen sei es nicht möglich, umfassende Rechtsanwaltsdienstleistungen „über das Internet“ oder „als Internetanwalt“ zu erbringen. Die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ sei gesetzlich geschützt; andere Bezeichnungen für die Ausübung der Tätigkeit eines solchen seien unzulässig. Mithin könne es kein berechtigtes Interesse konkurrierender Rechtsanwälte an der beschreibenden Verwendung der Bezeichnung „webadvocat“ geben. Der angegriffenen Bezeichnung fehle auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Ein Zusammenhang zwischen den Assoziationen, welche die Bezeichnung „webadvocat“ hervorrufe, und den betreffenden Dienstleistungen sei nicht vorhanden. Es handele sich vielmehr um eine Wortneuschöpfung, die aus Wörtern unterschiedlicher sprachlicher Herkunft (englisch und lateinisch) zusammengesetzt sei. Der Markeninhaber stellt den (sinngemäßen) Antrag, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Juli 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er weist darauf hin, dass anwaltliche Beratungsleistungen in Form eines Online-Dienstes zulässig seien und auch vielfach praktiziert würden, wobei der vernünftige und durchschnittlich gebildete Verkehrsteilnehmer wisse, dass über das Internet keine tiefgreifende Rechtsberatung möglich sei. Wenn aber Online-Rechtsberatung zulässig sei, müsse auch das grundsätzliche Recht eines jeden Anbieters solcher Dienstleistungen zur Verwendung einer beschreibenden Fantasiebezeichnung anerkannt werden. Die sonstigen Dienstleistungen der angegriffenen Marke stünden sämtlich in Zusammenhang mit der Erbringung anwaltlicher Rechtsberatung. Von Mandantenseite werde nämlich zunehmend auch eine wirtschaftliche Beratung „über den juristischen Tellerrand hinaus“ erwartet. In weiteren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre gegensätzlichen Standpunkte vertieft und sich dabei auch auf - von ihnen vorgelegte - Entscheidungen von Gerichten der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit bezogen. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist nur teilweise, im Umfang der in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen, begründet; im Übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen. 1. Hinsichtlich der im Tenor nicht enthaltenen verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen hat die Markenabteilung zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 54, § 50 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 MarkenG angeordnet, weil diese bei Eintragung jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entbehrte und das Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der (abschließenden) Entscheidung über den Löschungsantrag fortbesteht. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen (oder Waren) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; z. B. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 27 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710, Nr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard). Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft nach versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dieser hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 411, Nr. 9 - STREETBALL). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Dienstleistungen in engem sachlichem Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen stehen, für die die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2009, 949, 951, Nr. 20 - My World). Die Eignung, Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard). Maßgeblich sind das Verständnis und die Anschauung der angesprochenen Verkehrskreise (EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 - Maglite; GRUR 2005, 763, Nr. 25 - Nestlé/Mars; BGH GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 - SAT2). Die angegriffene Marke ist ersichtlich aus den Bestandteilen „web“, der im Inland allgemein bekannten Kurzbezeichnung für das „world wide web“ (= Internet), und „advocat“ zusammengesetzt. Letzterer wird als (veraltete bzw. fremdsprachliche) besondere Schreibweise des deutschen Wortes „Advokat“ (= Rechtsanwalt) verstanden und mit diesem gleichgesetzt werden. Das begriffliche Verständnis der Gesamtbezeichnung (i. S. v. Webanwalt, Internetanwalt) bereitet dem angesprochenen Publikum somit keinerlei Schwierigkeiten. Da beide Wortteile seit langem im deutschen Sprachschatz gebräuchlich sind, wird die unterschiedliche Herkunft (aus dem Englischen bzw. Lateinischen) als solche gar nicht wahrgenommen, zumal der Durchschnittsinteressent betreffender Dienstleistungen keine linguistischen Überlegungen anstellt. Auch dass „Web“ mit einem modernen Kommunikations- und Informationsmedium gedanklich assoziiert wird, „Advocat“ demgegenüber z. T. als altertümlicher bzw. gewählter Ausdruck aufgefasst wird, legt ein markenmäßiges Verständnis nicht ohne weiteres nahe; dafür ist die Wortkombination nicht ungewöhnlich genug (vgl. auch BPatG GRUR 2010, 425 = BPatGE 51, 163 - VOLKSFLAT). Für den mit der angegriffenen Marke angesprochenen Verkehr ergeben sich zwei unterschiedliche Verständnismöglichkeiten, die allerdings beide einen engen beschreibenden Bezug zu den betreffenden Dienstleistungen aufweisen: Zum einen dahingehend, dass die betreffenden Rechtsberatungsdienstleistungen usw. von einem Rechtsanwalt über das Internet erbracht werden, zum anderen in dem Sinne, dass es sich bei dem betreffenden Anwalt um einen Spezialisten für Internet-Recht handelt. Eine Rechtsberatung mit Hilfe des Mediums Internet ist ebenso möglich, wie eine solche per Telefon oder über E-mail. Die Frage, inwieweit eine solche (standes-)rechtlichen oder faktischen Grenzen unterliegt, ist im vorliegenden Zusammenhang, in dem das (dienstleistungsbezogene) Wortverständnis des Verkehrs im Vordergrund steht, letztlich nicht relevant. Von daher bedarf es keines Eingehens auf die von den Beteiligten angeführten Entscheidungen von Gerichten der Zivilgerichtsbarkeit (wobei die Entscheidung des Landgerichts Mannheim zu einem Zeitpunkt ergangen ist, als die angegriffene Marke noch nicht eingetragen war). In jeder der beiden aufgezeigten Deutungsmöglichkeiten ist die angegriffene Bezeichnung zwar nicht glatt beschreibend (gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) im Sinne einer Berufsbezeichnung - insoweit unterscheidet sie sich von einigen der seitens der Markenstelle genannten ähnlichen Wortkombinationen wie z. B. Web-Designer oder Web-Publisher (vgl. aber auch EuGH MarkenR 2010, 186 - Patentconsult) -, ihr kommt aber jedenfalls nicht die Eignung zu, einen Hinweis auf die Herkunft der so gekennzeichneten Dienstleistungen aus einem (einzigen) Betrieb zu vermitteln. Bezüglich der rechtsbezogenen Dienstleistungen in der Leitklasse 42 (nach früherer Klassifikation), welche typischerweise von Rechtsanwälten erbracht werden, liegt der dienstleistungsbeschreibende Charakter der angegriffenen Bezeichnung auf der Hand. Aber auch für einen Großteil der auf Werbung bezogenen Dienstleistungen in den Klassen 35, 41 und 42 können sich diese auf die berufliche Tätigkeit eines „Webanwalts“ im oben aufgezeigten Sinn beziehen, und zwar nicht nur, soweit im Dienstleistungsverzeichnis (in Klasse 35) die „Dienstleistungen einer Werbeagentur ... im Bereich der Anwalts- und Kanzleiwerbung“ ausdrücklich genannt werden. Denn die z. T. weite Fassung der Oberbegriffe schließt nicht aus, dass sich die betreffenden Dienstleistungen - auch - auf diesen speziellen Bereich beziehen (vgl. BGH GRUR 2002, 261, 262 - AC; GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS; Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 255). Entsprechendes gilt für die - vom Wortlaut her neutralen - Dienstleistungen in Klasse 35 „Marketing; Marktanalyse; Marktforschung; Organisations- und Unternehmensberatung; Personalmanagementberatung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten“. Diese können sich sämtlich auf den Geschäftsbetrieb eines Internetanwalts (der in diesem Sinne ein „Unternehmen“ verkörpert) beziehen. Die weiterhin zu versagenden Dienstleistungen in den Klassen 41 und 42 stehen z. T. mit Werbemaßnahmen in enger Verbindung (Film, Rundfunk, Video, Fotografie, Graphikdesign), z. T. auch mit der auf die Rechtsberatung bezogenen Tätigkeit (Publikationsdienstleistungen aller Art, in Printmedien ebenso wie in elektronischen Medien). Die Dienstleistungen „Ausbildung“ und „Schulung“ können sich in besonderer Weise auf die Vermittlung der (Spezial-)Kenntnisse beziehen, über die ein „webadvocat“ verfügen muss. Aus der Registrierung für andere, vermeintlich ähnliche deutsche Marken vermag der Markeninhaber keinen Anspruch auf Zurückweisung des Löschungsantrags abzuleiten. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung (entsprechendes gilt für die Löschung) zu befinden haben (vgl. z. B. BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; GRUR 1995, 410, 411 - TURBO; GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge; BlPMZ 1998, 248 - Today; GRUR 2008, 1093 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS; BPatG GRUR 2007, 333, 335 - Papaya; GRUR 2010, 425 - VOLKSFLAT). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2006, 229, Nr. 47 - BioID; MarkenR 2008, 160, Nr. 43, 44 - HAIRTRANSFER; GRUR 2009, 667, Nr. 19 - SCHWABENPOST u. a.). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in die Register einzelner Staaten können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage des geltenden geschriebenen Rechts, nicht aber einer vorangegangenen ständigen Amtspraxis - die im vorliegenden Fall zudem, wie etwa die Zurückweisung der Marke „Webteacher“ (BPatG 32 W (pat) 261/03, Beschluss vom 8.12.2004) belegt, nicht vorhanden ist - zu treffen haben. 2. Demgegenüber ist die angegriffene Marke für die in der Beschlussformel genannten Dienstleistungen schutzfähig, d. h. unterscheidungskräftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und nicht freihaltebedürftig nach Nr. 2 dieser Regelung, weshalb der Beschwerde des Markeninhabers insoweit stattzugeben und der Löschungsantrag zurückzuweisen ist. Die Annahme liegt fern, ein „webadvocat“ würde die betreffenden Dienstleistungen in Klasse 35 erbringen bzw. diese seien für einen solchen bestimmt. Entsprechendes gilt für die - im weitesten Sinn kulturellen - Dienstleistungen in Klasse 41. Zwar mag es - abgesehen vom Patentrecht eher in Ausnahmefällen - Berührungspunkte zwischen einer Rechtsberatung und einer technischen Beratung (in Klasse 42) geben, jedoch wird letztere typischerweise nicht von einem Rechtsanwalt erbracht. 3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
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München
25. Senat
20100823
25 W (pat) 96/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "all natural natürliche Aromen natürliche Farben (Wort-Bildmarke)" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … … betreffend das Löschungsverfahren S 321/07 gegen die Marke 306 36 295 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 17. November 2006 unter der Nummer 306 36 295 das nachfolgend wiedergegebene Zeichen für "Aromastoffe (pflanzliche), für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Backpulver; Backwaren (fein); Biskuits; Bonbons; Brioches (Gebäck); Brot; Brötchen; Butterkekse; Cornflakes; diätische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter der Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; Eiscreme; Eistee; Fondants (Konfekt); Fruchtsaucen; Gebäck; Geleefrüchte (Süßwaren); Getränke auf der Basis von Tee; Gewürze; Honig; Joghurteis (Speiseeis); Kaffee; Kakao; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Kekse; Kleingebäck; Kochsalz; Konditorwaren; Konfekt; Zuckerwaren; Kräcker (Gebäck); Kuchen; Kuchenmischungen (pulverförmig); Lakritze (Süßwaren); Lakritzstangen (Süßwaren); Maisflocken (Cornflakes); Makronen (Gebäck); Maltose; Mandelkonfekt; Marzipan; Milchschokolade (Getränk); Pastillen (Süßwaren); Petits Fours (Gebäck); Pfefferminz für Konfekt; Pistazien; Pudding; Puffmais; Schokolade; schokolierte, dragierte oder glasierte Früchte; Sorbets (Speiseeis); Speiseeis; Zuckermandeln; Fruchtgummi; Schaumgummi (Süßwaren); Weingummi; Traubenzucker (für Nahrungszwecke) sowohl lose als auch als Komprimat" als Marke eingetragen. Die Antragstellerin hat mit einem am 17. Oktober 2007 beim DPMA eingegangenen Antrag die Löschung dieser Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG beantragt, weil sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Die Antragsgegnerin hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. Oktober 2008 die Löschung der Marke 306 36 295 angeordnet, da sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden sei und das Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehe. Die englische Begriffskombination "all natural" werde vom angesprochenen Publikum mit "alles natürlich" bzw. "ganz natürlich" übersetzt und lediglich als eine werbemäßige Anpreisung aufgefasst, die auf die natürliche Beschaffenheit bzw. Naturbelassenheit der Lebensmittel hinweise und die Waren damit unmittelbar beschreibe. Bei den weiteren Wortbestandteilen "natürliche Aromen" und "natürliche Farben" handele es sich um beschreibende Hinweise auf die Art der Inhalts- bzw. Zusatzstoffe der damit gekennzeichneten Lebensmittel, welche zudem die in "all natural" enthaltene Sachaussage inhaltlich ergänzten und verstärkten. Den in der Marke enthaltenen Wörtern würden die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise daher in Bezug auf die eingetragenen Waren eine im Vordergrund stehende beschreibende bzw. werblich anpreisende Aussage zuordnen. Auch unter Einbeziehung der vorhandenen grafischen Ausgestaltung fehle es der verfahrensgegenständlichen Marke an Unterscheidungskraft, da es sich um eine einfache, im Bereich des Werbeüblichen liegende Ausgestaltung der nicht unterscheidungskräftigen Wörter handele. Der Schrifttyp der Wortfolge "all natural", die unterschiedliche grüne Einfärbung der Wortkombinationen sowie die grüne pinselstrichartige Umrandung seien allgemeine grafische Gestaltungsmittel, wobei die Farbe grün zudem den Aussagegehalt "natürlich, umweltschonend" unterstreiche bzw. hervorhebe. Es handele sich nach Form und Farbgebung um grafische Stilmittel einfachster Art, wie sie im Lebensmittelbereich so oder in ganz ähnlicher Weise zur Ausschmückung und Hervorhebung von Angaben auf Produkten oder deren Verpackungen vielfach anzutreffen seien; auch die Verwendung von deutschen Sachangaben kombiniert mit beschreibenden englischen Hinweisen sei verbreitet. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Oktober 2008 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Wenngleich der Verkehr die Wortbestandteile "all" und "natural" ohne weiteres i. S. von "alles" und "natürlich" verstehe, handele es sich gleichwohl um eine ungebräuchliche und lexikalisch nicht nachweisbare Wortbildung. Zudem sei die Kombination dieser englischen Begriffe mit den deutschen Wortfolgen "natürliche Aromen" und "natürliche Farben", welche ihrem Sinngehalt nach an das Wort "natural" anknüpften, sowie die zweifache Wiederholung des Wortes "natürlich" ungewöhnlich und originell. Ferner gäben die graphische Ausgestaltung, insbesondere die auffällig grün gehaltene Linie, nicht zuletzt aber auch die unterschiedlichen Schrifttypen sowie deren Anordnung dem gesamten Zeichen eine hinreichende Einzigartigkeit und Besonderheit, so dass das Zeichen unterscheidungskräftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) und auch nicht freihaltungsbedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) sei. Die Löschungsantragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Wortfolge "all natural" sei eine auf dem vorliegenden Warengebiet gebräuchliche und übliche Bezeichnung, deren Bedeutung von den beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden werde. Die Kombination mit den weiteren, glatt beschreibenden Wortbestandteilen Begriffe "natürliche Aromen" und "natürliche Farben" sei daher schutzunfähig. Auch die farbliche und bildliche Ausgestaltung der Marke begründe keine Unterscheidungskraft, da es sich um gängige und übliche Gestaltungselemente handele, die auch von Mitbewerbern genauso oder in ähnlicher Form verwendet würden. Die Markeninhaberin hat ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Terminsantrag mit Schriftsatz vom 11. August 2010 zurückgenommen, worauf der auf den 26. August 2010 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung abgesetzt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass der angegriffenen Marke hinsichtlich der beanspruchten Waren entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch derzeit noch fortbesteht. Die Löschung der angegriffenen Marke ist deshalb zu Recht gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG angeordnet worden. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850 [Tz. 17] "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 [Tz. 19] "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Bei den hier maßgeblichen Waren ist der allgemeine Verkehr angesprochen. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.). Dieser wird in den Wortelementen des angemeldeten Zeichens in Bezug auf die beanspruchten Waren lediglich einen werbeüblichen Hinweis auf deren (natürliche) Beschaffenheit erkennen. Die Wortfolge "all natural" wird auch von allgemeinen Verbraucherkreisen ohne ausgeprägte Englischkenntnisse i. S. v. "alles natürlich, der Natur entstammend" bzw. "alles naturbelassen" verstanden. In Zusammenhang mit Lebensmitteln deutet der Begriff "natürlich" in seiner Bedeutung "naturbelassen, naturrein, unbehandelt" ganz allgemein das Fehlen von Zusatzstoffen oder Rückständen bzw. die Nichtnutzung (zugelassener und nicht zugelassener) Behandlungsverfahren wie Bestrahlung oder gentechnischer Veränderung an (vgl. Ternes/Täufel/Tunger/Zobel, Lebensmittel-Lexikon, 4. Aufl. 2005 S. 1270). Wie die dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 14. Oktober 2009 (Bl. 47 d. A.) als Anlage 1 und 2 beigefügten Belege (Bl. 50 - 62 d. A.) sowie die den Beteiligten mit der Ladung als Anlage 1 übersandte Recherche des Senats verdeutlichen, dient diese englischsprachige Begriffskombination auch im Inland in Zusammenhang mit verschiedensten Produkten aus dem Lebensmittelbereich als schlagwortartiger Werbehinweis darauf, dass diese eine natürliche Beschaffenheit frei von Zusatzstoffen aufweisen. Dies kann auch ohne weiteres für den Zeitpunkt der Eintragung angenommen werden, zumal dieser Zeitpunkt (17.11.2006) nicht lange zurückliegt. Die mit "all natural" verbundene allgemeine Aussage wird durch die weiteren Wortbestandteile "natürliche Aromen" und "natürliche Farben" näher spezifiert und quasi übersetzt. Die Wortbestandteile der angegriffenen Marke sind damit ihrem Bedeutungs- und Sinngehalt nach weitgehend aufeinander bezogen. In Bezug auf die beanspruchten Waren erschöpfen sich die Wortbestandteile der angegriffenen Marke damit aber in einer sprach- und werbeüblichen Aneinanderreihung beschreibender Begriffe zu einer aus sich heraus verständlichen und sofort erfassbaren schlagwortartigen Beschaffenheitsangabe dahingehend, dass die betreffenden Produkte bzw. die in ihnen enthaltenen Zutaten, insgesamt naturbelassen sind, insbesondere natürliche Aromen und Farben (ohne besondere chemische Zusatzstoffe) aufweisen. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die in aller Regel als verzehrfertige Produkte auf den Markt kommenden beanspruchten Waren "Backwaren (fein); Biskuits; Bonbons; Brioches (Gebäck); Brot; Brötchen; Butterkekse; Cornflakes; diätische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter der Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; Eiscreme; Eistee; Fondants (Konfekt); Fruchtsaucen; Gebäck; Geleefrüchte (Süßwaren); Getränke auf der Basis von Tee; ….; Honig; Joghurteis (Speiseeis); Kaffee; Kakao; Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke); Kekse; Kleingebäck; … Konditorwaren; Konfekt; Zuckerwaren; Kräcker (Gebäck); Kuchen;…. Lakritze (Süßwaren); Lakritzstangen (Süßwaren); Maisflocken (Cornflakes); Makronen (Gebäck); …. Mandelkonfekt; Marzipan; Milchschokolade (Getränk); Pastillen (Süßwaren); Petits Fours (Gebäck); ….Pudding; Puffmais; Schokolade; schokolierte, dragierte oder glasierte Früchte; Sorbets (Speiseeis); Speiseeis; Zuckermandeln; Fruchtgummi; Schaumgummi (Süßwaren); Weingummi" sowie Waren, aus denen verzehrfertige Produkte hergestellt werden ("Kuchenmischungen (pulverförmig"), sondern nach Auffassung des Senats auch für diejenigen Waren, die als Zutat für solche Produkte in Betracht kommen wie "Aromastoffe (pflanzliche) für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Backpulver; ….Gewürze; …. Kochsalz; … Maltose; …Pfefferminz für Konfekt; Pistazien; Traubenzucker (für Nahrungszwecke) sowohl lose als auch als Komprimat". Denn diese Waren können aus naturbelassenen, z. B. aus ökologischem Anbau stammenden Grundstoffen und -produkten gewonnen werden. Dies gilt insbesondere auch für "Kochsalz". Denn von diesem Oberbegriff werden auch für Kochzwecke geeignete Salzprodukte mit Zutaten wie z. B. Kräuter erfasst, welche ihrerseits einen natürlichen und damit naturbelassenen Ursprung haben können. Die Wortbestandteile weisen insoweit auch keine hinreichend ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Insoweit führt auch der Umstand, dass die Wortbestandteile aus unterschiedlichen Sprachen stammen, nicht zur Schutzfähigkeit, zumal alle Begriffe im inländischen Sprachgebrauch verwendet und verstanden werden und die deutschsprachigen Bestandteile die Erläuterung der englischsprachigen Bestandteile darstellen. Es handelt sich in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren um eine einfache Sachaussage, die der Verkehr als Anpreisung der Eigenschaften und Beschaffenheit dieser Waren ohne jede analysierende Betrachtungsweise erkennt, ohne dass ein darüber hinausgehender Sinngehalt mit nichtbeschreibendem Bezug zu den beanspruchten Waren vermittelt wird. Sie ist insoweit weder unklar noch interpretationsbedürftig. Die beteiligten Verkehrskreise werden diese Wortbestandteile daher nicht als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen sehen. Soweit in Bezug auf die angemeldeten Waren die Wortbestandteile schutzunfähig sind, wirkt das angemeldete Zeichen auch in seiner Gesamtheit mit den vorhandenen grafischen Elementen nicht als Betriebskennzeichen. Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden. Einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die der Verkehr gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe jedoch nicht zu beseitigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form um so weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren erkennbar ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK; früher schon BPatG GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION; s. auch BPatG 2007, 324, 326 - Kinder). Denn je unmittelbarer die Sachaussage hervortritt, umso mehr wird sie sich in den Augen des angesprochenen Verkehrs gegenüber der graphischen Gestaltung in den Vordergrund drängen. Die Unterscheidungskraft eines solchen Kombinationszeichens kann daher nur bejaht werden, wenn der Verkehr in der bildlichen Ausgestaltung oder in dem von ihr mitbestimmten Gesamteindruck der Marke eine betriebliche Herkunftskennzeichnung sieht (BPatG a. a. O. - Color COLLECTION). Für glatt warenbeschreibende Angaben wie "all natural /natürliche Aromen/natürliche Farben" bedürfte es deshalb einer über eine allgemein übliche Gebrauchsgrafik hinausgehenden, phantasievollen Ausgestaltung, um von der durch die Zeichenwörter vermittelten Sachaussage wegzuführen und ein Verständnis im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises zu ermöglichen. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. So weichen weder die Schriftart noch die Positionierung der Wortbestandteile zueinander von gängigen Gestaltungsformen in einer Weise ab, die die Annahme rechtfertigt, der Verkehr sehe darin einen betrieblichen Herkunftshinweis. Auch die farbliche Gestaltung der Wortbestandteile sowie die grüne Umrandung ist nicht geeignet, dem Verkehr den Eindruck eines betrieblichen Herkunftshinweises zu vermitteln. Wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, wird gerade die Farbe grün häufig verwendet, um den naturbelassenen oder auch ökologischen Charakter der jeweiligen Produkte hervorzuheben bzw. zu unterstreichen.  Was die Umrandung betrifft, wird eine solche Art der grafischen Darstellung häufig als Gestaltungsmittel in der Werbung und Markengestaltung eingesetzt. Es handelt sich daher um einfache grafische Gestaltungselemente ohne kennzeichnende Eigenart, die lediglich der Hervorhebung des Schriftzugs dienen. Sie heben sich in ihrer Gesamtheit von dem werbegraphischen Standard nicht derart ab, dass der Verkehr sie als kennzeichnende Elemente wahrnehmen wird. Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006456
BPatG
München
25. Senat
20100818
25 W (pat) 142/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 MarkenG, § 43 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Lanso-Q/LANZOR" – Einrede der Nichtbenutzung – zur Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr - keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 31 805 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke Lanso-Q ist am 30. Oktober 2003 unter der Nummer 303 31 805 für die Ware der Klasse 5 "rezeptpflichtiges Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Lansoprazol und dessen Salze" in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden. Die Inhaberin der prioritätsälteren Wortmarke LANZOR , die seit 1993 unter der Nummer 2 031 803 für die Waren der Klasse 5 "pharmazeutische Erzeugnisse" registriert ist, hat dagegen Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen vom 28. Mai 2008 und vom 11. März 2009, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gegeben ist. Die Vergleichsmarken könnten sich zwar auf identischen Waren begegnen. Verwechslungsgefahr sei aber deshalb zu verneinen, weil keine Zeichenähnlichkeit gegeben sei. Die Vergleichsmarken würden hinreichend verschieden artikuliert, um klangliche Ähnlichkeit auszuschließen. Darüber hinaus sei die Marke "Lanso-Q" auch nicht durch den Bestandteil "Lanso" geprägt, denn "Lanso" habe eine im Vordergrund stehende produktbeschreibende Bedeutung im Hinblick auf den Wirkstoff Lansoprazol. Auch würden die Vergleichsmarken nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dagegen richtet sich die von der Widersprechenden erhobene Beschwerde. Die Widersprechende ist der Auffassung, dass Identität der Waren vorliege und demzufolge ein deutlicher Abstand der Vergleichsmarken zu fordern sei. Diesen Abstand halte die angegriffene Marke nicht ein. Die Vergleichsmarken seien in ihrem Gesamteindruck äußerst ähnlich gebildet. Es bestünden im klanglichen Gesamteindruck hinsichtlich Silbenzahl, natürlicher Silbengliederung und Vokalfolge erhebliche Annäherungen, die ein sicheres Auseinanderhalten der Vergleichsmarken im Geschäftsalltag nicht ermöglichten. Die Marken seien am stärker zu beachtenden, üblicherweise betonten Wortanfang klanglich identisch, wobei minimale klangliche Unterschiede zwischen den Mittelkonsonanten "S" und "Z" nicht zu einem deutlichen Markenabstand führten. Die angegriffene Marke werde nicht "LAN-SO-KU" ausgesprochen. Sprachlich flüssiger sei vielmehr die Aussprache "LANSOK". Dies entspreche dem Geschäftsalltag. Ferner wiesen die Vergleichsmarken die gleiche Vokalfolge auf und vermittelten hierdurch eine identische Klangfarbe. Die unterschiedlichen Endkonsonanten könnten ein klangliches Auseinanderhalten der Vergleichsmarken nicht gewährleisten. Dass die der gemeinsame Anfangsbestandteil "LANSO" abstrakt betrachtet auf den Wirkstoff "Lansoprazol" hindeuten könne, nehme ihm nicht jede Kennzeichnungskraft. Insgesamt sei eine enge klangliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken gegeben. Zudem bestehe die Gefahr, dass der Verkehr die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung bringe. Der Bestandteil "LANZO" der Widerspruchsmarke sei nahezu identisch in die angegriffene Marke übernommen und ihm lediglich der Firmenbestandteil "Q" hinzugefügt worden. Der Verkehr werde sich vorrangig an den nahezu identischen Bestandteilen "LANSO" bzw. "LANZO" orientieren. Hierdurch entstehe die Gefahr, dass der Verkehr davon ausgehe, die Waren stammten aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Der Bestandteil "LANSO" behalte in der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung. Bei ähnlichen und ganz besonders bei identischen Marken werde der Verkehr Überlegungen anstellen, dass die Marken im Kontext zu ein und demselben Unternehmen stünden, was in Bezug auf die Widerspruchsmarke der Fall sei. Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 der Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2008 und vom 11. März 2009 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Aus Sicht der Markeninhaberin könnten sich die Vergleichsmarken nur auf den Waren "rezeptpflichtige Arzneimittel mit dem Wirkstoff Lansoprazol" begegnen. Verwechslungsgefahr sei hierbei nicht gegeben, da sich die Vergleichsmarken deutlich unterschieden. Die Behauptung der Widersprechenden, die Marke "Lanso-Q" werde zweisilbig, nämlich "LAN-SOK" ausgesprochen, sei nicht zutreffend. Es läge nahe und entspreche dem Sprachgebrauch, dass die angegriffene Marke "Lan-So-Ku" ausgesprochen werde. Die Markeninhaberin verfüge des Weiteren über eine Serie von über … Arzneimittelmarken, gebildet aus der Kombination einer Wirkstoffbezeichnung bzw. deren Abkürzung und dem auf die Markeninhaberin hinweisenden Stammbestandteil "Q". Der Verbraucher werde somit die streitgegenständliche Marke dieser Serie zurechnen und daher das Markenwort wie von der Markenstelle angenommen aussprechen. Dabei sei der auf die Anmelderin hinweisende Bestandteil "Q" prägend und nicht der auf die Wirkstoffkombination "Lansoprazol" beschreibend hinweisende Anfangsbestandteil; dieser sei kennzeichnungsschwach. Auch gedanklich würden die Vergleichsmarken nicht miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Widersprechende hatte hilfsweise Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt. Nach der mit einem eingehenden Senatshinweis verbundenen Ladung zur mündlichen Verhandlung hat sie erklärt, zu diesem Termin nicht erscheinen. Der Termin ist daraufhin aufgehoben worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Markenstelle hat eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint, so dass der Widerspruch gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden ist. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 –Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). 1. Nachdem die Widersprechende auf die zulässig erhobene beschränkte Nichtbenutzungseinrede der Inhaberin der angegriffenen Marke, die sich von vornherein nicht auf "rezeptpflichtige Arzneimittel mit dem Wirkstoff "Lansoprazol" bezogen hat, eine weitergehende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht behauptet hat, ist die Benutzung der Widerspruchsmarke für diese Waren unstreitig. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Senats ist im Rahmen der Integrationsfrage nach der sog. "erweiterten Minimallösung" damit von einer unstreitigen Benutzung der Widerspruchsmarke auszugehen, welche vorliegend die Magen-Darm-Präparate (Hauptgruppe 60 der Roten Liste) umfasst, ohne dass die Widersprechende auf einen bestimmten Wirkstoff oder auf eine Rezeptpflicht festgelegt werden kann (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 26 Rdnr. 160 ff.; siehe auch die ständige Rechtsprechung des Senats z. B. GRUR 2004, 954 - CYNARETTEN/Circanetten). Da die angegriffene Marke für die Ware "rezeptpflichtige Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Lansoprazol und dessen Salze" registriert ist, wird diese Ware von den Waren der Widerspruchsmarke umfasst. Somit können sich die Vergleichsmarken auf identischen Waren begegnen. 2. Hinsichtlich der Widerspruchsmarke ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Auch wenn man unterstellt, dass der Anfangsbestandteil der Widerspruchsmarke auf den Wirkstoff "Lansoprazol" hindeutet, weist die Widerspruchsmarke aufgrund ihrer Endsilbe noch einen hinreichend phantasievollen Charakter auf. Hinweise auf eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke liegen im Übrigen nicht vor. 3. Trotz Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke ein. a) Schriftbildlich weisen beide Marken einen deutlich erkennbaren Abstand durch den auffälligen, mit einem Bindestrich zum Anfangsbestandteil "Lanso" verbundenen Endbuchstaben "Q" bei der angegriffenen Marke auf, dem auf Seiten der Widerspruchsmarke das einheitliche Markenwort "LANZOR" gegenübersteht. b) Auch klanglich weisen die Vergleichsmarken deutlich wahrnehmbare Unterschiede auf. Die Auffassung der Widersprechenden, es handele sich um klanglich sehr ähnliche, zweisilbige Zeichen, weil bei der angegriffenen Marke von der Sprachwiedergabe "Lan-sok" auszugehen sei, ist nicht zuzustimmen. Denn die Marke "LANSO-Q" stellt sich durch den Bindestrich, der insoweit eine deutliche Zäsur innerhalb der angegriffenen Marke bildet, für den Aussprechenden erkennbar als mehrgliedrige Marke dar, bestehend aus den beiden Bestandteilen "LANSO" und "Q". Es liegt daher nahe, die vorgenannten Bestandteile der angegriffenen Marke getrennt voneinander auszusprechen, so dass sich daraus die dreisilbige Aussprache "Lan-So-Ku" ergibt. Eine Verbindung von der Bestandteile "Lanso" und "Q" zu der Aussprache "Lan-sok" würde die vorgenannten Struktur der angegriffenen Marke ignorieren, wäre sprachlich untypisch (vgl. dazu auch die Senatsentscheidung 25 W (pat) 161/05 vom 29. November 2007, S. 13/14 – Karvea ./. Carve-Q) und liegt daher nicht im Bereich einer für die vorliegende Entscheidung relevanten, hinreichenden Wahrscheinlichkeit. c) Auch begrifflich liegt keine die Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit der Vergleichsmarken vor. Trotz der in beiden Vergleichsmarken vorhandenen Anklänge an den Wirkstoff "Lansoprazol" handelt es um unterschiedliche Phantasiebezeichnungen. Im Übrigen kann eine Übereinstimmung in einem rein warenbeschreibenden Begriff oder ein entsprechend übereinstimmender Anklang an einen warenbeschreibenden Begriff die Bejahung einer begrifflichen Verwechslungsgefahr für sich gesehen in aller Regel nicht rechtfertigen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 213). d) Die angegriffene Marke wird auch nicht durch den Bestandteil "Lanso-" geprägt. Es handelt sich bei der angegriffenen Marke um eine Gesamtbezeichnung, die flüssig ausgesprochen werden kann und bei der es für den Verkehr naheliegt, diese Bezeichnung auch als Gesamtheit wahrzunehmen (vgl. die Senatsentscheidungen 25 W (pat) 74/07 vom 6. März 2009, S. 9 - 10, Faktu ./. Laktu-Q und 25 W (pat) 25/08 vom 20. Mai 2010, S. 11 - 12 – Dona ./. Dola-Q). Zudem kommt dem weiteren Bestandteil "Q" innerhalb der angegriffenen Marke keine beschreibende Bedeutung, wie dies z. B. bei Wirkangaben wie "forte" oder "retard" der Fall wäre, zu, so dass dieser Bestandteil deshalb auch nicht gedanklich abgespalten wird. e) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens scheidet ebenfalls aus. Es geht vorliegend nicht um ein Serienzeichen der Widersprechenden oder einen Stammbestandteil, dem die angegriffene Marke  wesensgleich nahekommt. f) Soweit unter dem Gesichtspunkt, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke über eine Markenserie mit dem Bestandteil "Q" verfügt, eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne in Betracht gezogen werden könnte (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Tz. 38 ff. - Pantohexal, allerdings nicht unter dem Gesichtspunkt der Hinzufügung eines Unternehmenskennzeichens, sondern unter dem Gesichtspunkt der Hinzufügung eines Stammbestandteils eines Serienzeichens), weil die ältere Marke identisch oder ähnlich in eine jüngere Marke übernommen worden ist, ist zu berücksichtigen, dass, wie bereits ausgeführt, die Markenwörter bzw. –bestandteile - anders als bei der Fallkonstellation "Pantohexal/Panto" die Bezeichnung "Panto" - nicht identisch übereinstimmen, sondern sich klanglich und schriftbildlich mehr als nur ganz geringfügig voneinander abheben. Bei den Fallgruppen der mittelbaren Verwechslungsgefahr und der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, bei denen nicht auf die Gesamtbezeichnung, sondern auf einzelne Bestandteile abgestellt wird (vgl. BGH GRUR 2008, 905 - Pantohexal), gelten nicht in gleicher Weise die Maßstäbe, die anzuwenden sind, wenn zwei Vergleichszeichen in ihrer Gesamtheit miteinander verglichen werden. Vielmehr ist in diesen Sonderfällen zumindest eine außerordentlich große Ähnlichkeit (die bei der mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Serienzeichen mit dem Fachterminus "Wesensgleichheit" bezeichnet wird) oder sogar eine Identität der Bestandteile erforderlich (so wohl EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE"; vgl. auch die jüngsten BGH-Entscheidungen zu ähnlichen Fallgestaltungen, bei denen es jeweils um die identische Übernahme der Klagezeichen in das "Verletzerzeichen" geht BGH GRUR 2010, 646 - OFFROAD und das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des BGH vom 19.11.2010 I ZR 142/07 mit den Kennzeichnungen KOHLERMIXI ./. MIXI). Dies gilt auch bei der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne. Denn insoweit ist aus den gleichen Gründen wie bei der mittelbaren Verwechslungsgefahr eine zurückhaltende Anwendung geboten, zumal der Kreis der Verkehrsbeteiligten, die einer solchen Verwechslungsgefahr unterliegen können, von vornherein deutlich reduziert ist auf die fachlich orientierten Verkehrskreise. Diese müssten ausgehend von der Kenntnis der Q-Markenserie der Inhaberin der angegriffenen Marke zusätzlich noch differenzierte Überlegungen anstellen, um die angegriffene Marke der Widersprechenden zuzuordnen, was insgesamt profunde Fachkenntnisse, Differenzierungsvermögen und eine deutlich erhöhte Aufmerksamkeit voraussetzt, die dann auch bei der Wahrnehmung und beim Vergleich der Zeichen vorhanden und demzufolge bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen ist (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 376 m. w. N. zur mittelbaren Verwechslungsgefahr). Die Markenbestandteile bzw. Markenwörter "Lanso" und "Lanzor" sind weder identisch noch derart ähnlich, dass sie als wesensgleich im Sinne der Rechtsprechung zur mittelbaren Verwechslungsgefahr eingestuft werden könnten, wobei zur Verneinung der Wesensgleichheit unter Umständen schon eine abweichendes Schriftbild trotz Klangidentität ausreichen kann (siehe dazu auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 385). Die beiden vorgenannten Vergleichswörter weisen sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht mehr als nur unerhebliche Abweichungen auf. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es sich um relativ übersichtliche, zweisilbige Vergleichswörter handelt, bei denen auch geringfügigere Unterschiede stärker ins Gewicht fallen als bei längeren Vergleichsbezeichnungen. 4. Die Beschwerde bleibt nach alledem ohne Erfolg. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Erklärung der Widersprechenden, sie werde nicht an dem für den 19. August 2010 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung teilnehmen, ist als konkludente Rücknahme ihres hilfsweise gestellten Antrags auf mündliche Verhandlung anzusehen, so dass nach § 69 Nr. 1 MarkenG die Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht mehr veranlasst war. Ferner war vorliegend eine mündliche Verhandlung auch aus anderen Gründen nicht geboten. 5. Zur Auferlegung von Kosten bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006457
BPatG
München
25. Senat
20100812
25 W (pat) 190/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Kinder Chocopleasure" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 006 650.7 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters Metternich beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. August 2009 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Waren "Butter, Buttercreme, Erdnussbutter; Früchte (konserviert, gekocht, tiefgekühlt, kandiert oder in Alkohol); Früchtescheiben; Fruchtgelees; Fruchtmark; Fruchtsalat; Gallerten für Speisezwecke; Gelees für Speisezwecke; Gemüse (konserviert, gekocht, tiefgekühlt); Kakaobutter; Kefir; Kokosbutter; Kokosfett; Kokosnüsse (getrocknet); Kokosöl; Kompotte; Konfitüren; Margarine; Marmeladen; Milch; Molke; Obst (konserviert, gekocht, getrocknet, tiefgekühlt, kandiert); Obstsalat; Pflanzensäfte für die Küche; Rosinen; Schlagsahne; Speisefette; Speisegelatine; Speiseöle; Speisetalg; vorgenannte Waren der Klasse 29 auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; Kaffee; Kaffeeersatzmittel; Zucker; Kaugummis (nicht für medizinische Zwecke); Tapioka; Sago; vorgenannte Waren der Klasse 30 auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; geeiste alkoholfreie Fruchtgetränke; isotonische Getränke; Biere" zurückgewiesen worden ist.
I. Die Bezeichnung Kinder Chocopleasure ist am 3. Februar 2009 für die Waren "Brotaufstrich (fetthaltig), Butter, Buttercreme, Erdnussbutter; Erdnüsse (verarbeitet); Früchte (konserviert, gekocht, tiefgekühlt, kandiert oder in Alkohol); Früchtescheiben; Fruchtgelees; Fruchtmark; Fruchtsalat; Gallerten für Speisezwecke; Gelees für Speisezwecke; Gemüse (konserviert, gekocht, tiefgekühlt); Joghurt; Kakaobutter; Kefir; Kokosbutter; Kokosfett; Kokosnüsse (getrocknet); Kokosöl; Kompotte; Konfitüren; Mandeln (verarbeitet); Margarine; Marmeladen; Milch; Milchgetränke und Milch-Mixgetränke mit überwiegendem Milchanteil; Pulver auf Milchbasis für die Zubereitung von Milchgetränken; Milchprodukte; Molke; Nüsse (verarbeitet); Obst (konserviert, gekocht, getrocknet, tiefgekühlt, kandiert); Obstsalat; Pflanzensäfte für die Küche; Rosinen; Schlagsahne; Speisefette; Speisegelatine; Speiseöle; Speisetalg; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; vorgenannte Waren der Klasse 29 auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; Kaffee; Kaffeeersatzmittel; Tee; Kakao; Pulver auf Kakaobasis für die Zubereitung von Kakaogetränken, Zucker; Zuckerwaren; Dragees (Zuckerwaren) und Kaugummis (nicht für medizinische Zwecke); Tapioka; Sago; Schokolade; Schokoladewaren; gefüllte Schokolade; Pralinen; Schokoladenhohlkörper mit innenliegendem Spielzeug und/oder Kleinspielzeug; feine Backwaren (süß und salzig) und Konditorwaren; Dauerbackwaren (süß und salzig); süße Brotaufstriche, nämlich Nuss-Nougat-Cremes und Schokoladencremes; Speiseeis; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; vorgenannte Waren der Klasse 30 auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; alkoholfreie Getränke; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; geeiste alkoholfreie Fruchtgetränke; isotonische Getränke; Biere" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG hat die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung mit Beschluss vom 24. August 2009 zurückgewiesen, da es sich bei dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die beanspruchten Waren um eine nicht unterscheidungskräftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG handele. Die angesprochenen Verkehrskreise würden das aus dem deutschen Wort "Kinder" und der Zusammensetzung der englischen Worte "choco" als Kurzwort für "chocolate/Schokolade" und "pleasure" (= "Freude, Vergnügen, Genuss") gebildete Zeichen ohne weiteres i. S. von "Schoko(laden)vergnügen bzw. Schoko(laden)genuss für Kinder" auffassen, zumal sich eine Verwendung der Wortfolge "chocolate pleasure" zur Beschreibung und werbenden Anpreisung eines "Schokoladengenusses" oder "Schokoladenvergnügens" belegen lasse. Damit eigne sich das Zeichen zur Beschreibung der beanspruchten Waren, die alle Genuss bereitende Schoko(laden)bestandteile enthalten oder zur Verwendung in Vergnügen bereitenden Schoko(laden)produkten für Kinder geeignet und bestimmt sein könnten. Die Anmelderin hat gegen die Zurückweisung der Anmeldung Beschwerde erhoben und das Verzeichnis der Waren im Anschluss an den ihr mit der Ladung zum Termin am 12. August 2010 übersandten Hinweis unter Zurücknahme der Anmeldung im Übrigen auf die im Tenor genannten Waren eingeschränkt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit die Anmeldung für diese Waren zurückgewiesen worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "Kinder Chocopleasure" in Bezug auf die nach Beschränkung des Verzeichnisses noch beanspruchten Waren "Butter, Buttercreme, Erdnussbutter; Früchte (konserviert, gekocht, tiefgekühlt, kandiert oder in Alkohol); Früchtescheiben; Fruchtgelees; Fruchtmark; Fruchtsalat; Gallerten für Speisezwecke; Gelees für Speisezwecke; Gemüse (konserviert, gekocht, tiefgekühlt); Kakaobutter; Kefir; Kokosbutter; Kokosfett; Kokosnüsse (getrocknet); Kokosöl; Kompotte; Konfitüren; Margarine; Marmeladen; Milch; Molke; Obst (konserviert, gekocht, getrocknet, tiefgekühlt, kandiert); Obstsalat; Pflanzensäfte für die Küche; Rosinen; Schlagsahne; Speisefette; Speisegelatine; Speiseöle; Speisetalg; vorgenannte Waren der Klasse 29 auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; Kaffee; Kaffeeersatzmittel; Zucker; Kaugummis (nicht für medizinische Zwecke); Tapioka; Sago; vorgenannte Waren der Klasse 30 auch als diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; geeiste alkoholfreie Fruchtgetränke; isotonische Getränke; Biere" keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. 1. Zwar ist mit der Markenstelle davon auszugehen, dass weite Teile des Verkehrs die aus der glatt beschreibenden Zielgruppenangabe "Kinder" sowie der englischsprachigen Begriffskombination "chocopleasure" gebildete Bezeichnung ohne weiteres i. S. von "Schokoladengenuss für Kinder" verstehen werden. Denn neben "choco" als Kurzwort für "chocolate/Schokolade" hat auch "pleasure" in seiner Bedeutung "Genuss, Vergnügen" mittlerweile Eingang in den inländischen Sprachgebrauch gefunden, wie die der Anmelderin übersandten Internetrecherchen der Markenstelle und des Senats belegen. In dieser Bedeutung erschöpft sich die angemeldete Bezeichnung in Bezug auf Schokoladenwaren und Waren, die Schokolade enthalten oder einen Schokoladengeschmack haben können - welche im ursprünglichen Verzeichnis der angemeldeten Marke ebenfalls enthalten waren - in einem Hinweis auf die Zielgruppe "Kinder" verbunden mit der werblich anpreisenden Versprechen, dass der Verzehr dieser Schokolade, Schokoladenwaren oder Waren mit Schokoladengeschmack ein (Schokoladen-)Genuss sein wird. Insoweit handelt es bei der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf diese Waren regelmäßig um eine unmittelbar beschreibende Beschaffenheitsangabe i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Zumindest weist die angemeldete Bezeichnung zu diesen Waren einen so engen beschreibenden Bezug auf, dass es ihr an der Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Unterscheidungskraft nicht nur Bezeichnungen fehlt, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] "Postkantoor"), sondern auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). 2. In Bezug auf die nach Beschränkung des Warenverzeichnisses allein noch streitgegenständlichen Waren liegen diese eine Schutzversagung rechtfertigenden Voraussetzungen jedoch nicht vor. Denn diese Waren bestehen weder aus Schokolade noch handelt es sich um geschmacksgebende Zutaten für Schokoladenprodukte. Sie können daher auch keinen "Schokoladengenuss" vermitteln. Es handelt sich vielmehr um Zutaten oder Vorprodukte für die Herstellung bzw. Zubereitung unterschiedlicher Lebensmittel. Diese können zwar teilweise als (nicht geschmacksgebende) Zutat bei der Herstellung von Schokoladenprodukten Verwendung finden (z. B. "Butter") oder auch deren Füllung darstellen (z. B. "Fruchtgelees" und "Fruchtmark") bzw. - was z. B. die Waren "Früchte (konserviert, gekocht, tiefgekühlt, kandiert oder in Alkohol); Früchtescheiben; … Fruchtsalat; Obstsalat; geeiste alkoholfreie Fruchtgetränke" betrifft - gemeinsam mit Schokoladenprodukten angeboten und gereicht werden können. Insoweit bedarf es jedoch weiterer Überlegungen und gedanklicher Zwischenschritte, um in der angemeldeten Bezeichnung einen werblich-anpreisenden Hinweis auf eine Verwendung in oder gemeinsam mit (Genuss bereitenden) Schokoladenprodukten für Kinder zu erkennen. Jedenfalls erschließt sich ein solches Verständnis nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund der vielfältigen, nicht in Zusammenhang mit Schokolade stehenden Verwendungs- und Einsatzmöglichkeiten dieser Waren nicht so unmittelbar und nachhaltig, dass es gerechtfertigt wäre, der Bezeichnung in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen. Bei der Wortfolge "Kinder Chocopleasure" handelt es sich daher in Bezug auf diese Waren weder um eine Angabe i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, mit der die Art, die Beschaffenheit oder sonstige Eigenschaften und Merkmale dieser Waren bezeichnet werden noch weist die Bezeichnung in Bezug auf diese Waren einen derart hinreichend engen beschreibenden Bezug auf, wie ihn der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung als Voraussetzung für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fordert. Die Beschwerde hat daher in dem zuletzt noch verfolgten Umfang Erfolg.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006458
BPatG
München
27. Senat
20100823
27 W (pat) 2/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Blue Line DER WEG ZUM ZIEL (Wort-Bild-Marke)/Die blaue Linie" – allenfalls geringe Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – begriffliche Ähnlichkeit – Neutralisierung durch klangliche und schriftbildliche Unähnlichkeit – keine Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 30 2008 046 040 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Widersprechende hat gegen die am 13. Februar 2009 veröffentlichte Eintragung der am 17. Juli 2008 angemeldeten, für Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Ernährungsberatung geschützten Marke Nr. 30 2008 046 040 Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Widerspruch eingelegt aus ihrer am 7. April 1993 angemeldeten und seit 8. November 1994 für Milch und Milchprodukte, insbesondere ungeschlagene Sahne, saure Sahne, Joghurt, auch mit Früchten, Quark, Kefir, Buttermilch, geschlagene Buttermilch, Trockenmilch für Nahrungszwecke, Butter, Käse, insbesondere Weichkäse und Käsezubereitungen, Milchmischgetränke mit überwiegendem Milchanteil; Nahrungsmittel mit und ohne vorgenannten Produkten kombiniert, soweit in Klasse 29 enthalten; Beherbergung und Bewirtung von Gästen eingetragenen Marke Nr. 2 084 241 Die blaue Linie Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 27. Oktober 2009 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke seien zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke unähnlich. Nahrungsmittel hätten kaum Berührungspunkte zu Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung und bei der Dienstleistung „Ernährungsberatung“ würden die Nahrungsmittel nicht gleichzeitig verwendet, da hierbei nur abstrakt beraten werde, welche Nahrungsmittel zu empfehlen seien. Die angesprochenen Verkehrskreise würden nicht davon ausgehen, dass ein Ernährungsberater auch Lebensmittel produziere und vertreibe. Ernährungsberatung werde auch kaum von der Nahrungsmittelindustrie erbracht, sondern meist von ausgebildeten Ernährungsberatern in Zusammenarbeit mit Ärzten, Apotheken, Verbraucherorganisationen, Fitnessstudios usw., da die Ernährungsberatung objektiv sein und nicht den Verdacht erregen solle, lediglich bestimmte Produkte der Nahrungsmittelindustrie zu bewerben. Somit wäre sogar im Falle identischer Marken aufgrund der Waren- und Dienstleistungsunähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Umso mehr gelte dies hier, da die Marken nicht identisch seien, sondern es sich bei „Blue Line“ um die englische Übersetzung von „Die blaue Linie“, ohne bestimmten Artikel, handele und die angegriffene Marke noch den Zusatz „DER WEG ZUM ZIEL“ enthalte. Insgesamt bestehe damit keine Verwechslungsgefahr, so dass der Widerspruch zurückzuweisen sei. Mit ihrer Beschwerde macht die Widersprechende im Wesentlichen geltend, die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen seien hinreichend ähnlich. Die für die Widerspruchsmarke geschützten Waren und die von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen ergänzten sich nämlich. Zudem werde auf dem hier relevanten Markt der Milchprodukte regelmäßig seitens der herstellenden Unternehmen an die Abnehmer der Produkte auch Ernährungstipps weitergegeben; hiervon mache insbesondere die Widersprechende regelmäßig Gebrauch. Die gegenüberstehenden Zeichen seien schriftbildlich und begrifflich kollisionsbegründend ähnlich. Beide Marken würden dabei jeweils durch „Blue Line“ und „blaue Linie“ geprägt, die schriftbildliche Ähnlichkeiten aufwiesen und zudem begrifflich identisch seien. Für eine Verwechslungsgefahr spreche auch, dass das Publikum beide Marken ohne Weiteres gedanklich miteinander in Verbindung bringe. Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und die Marke 30 2008 046 040 zu löschen. Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hält eine Verwechslungsgefahr für nicht gegeben, da er seine Marke nur zur medizinischen Beratung zur Gewichtsreduktion einsetze. In der mündlichen Verhandlung, an welcher der ordnungsgemäß geladene Beschwerdegegner nicht teilgenommen hat, hat die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf welche der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, den Widerspruch mangels der Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Das Beschwerdevorbringen bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] - Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] - Adam Opel/Autec). 2. Nach diesen Grundsätzen ist der Grad der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sowie der Grad der Markenähnlichkeit zu gering, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. a) Auszugehen ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Anhaltspunkte für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft hat die Widersprechende weder vorgetragen noch sind sie anderweitig ersichtlich. Ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Haus aus oder nachträglich geschwächt ist, kann auf sich beruhen, da selbst bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft eine Verwechslungsgefahr aus den nachfolgenden Gründen nicht besteht. b) Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bedarf es nach der oben genannten Wechselwirkungstheorie entweder eines gleichermaßen erhöhten Grades an Waren- und Zeichenähnlichkeit oder im Fall eines hiervon abweichenden geringeren Grades einer dieser beiden Komponenten des Ausgleichs durch einen entsprechend höheren Grad der anderen Komponente; im Falle einer Waren- oder Zeichen un ähnlichkeit scheidet dabei allerdings ein Ausgleich durch die andere Komponente und damit auch die Annahme einer Verwechslungsgefahr von Rechts wegen aus. Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr zu verneinen, weil die einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen nur einen am untersten Rand liegenden Grad an Ähnlichkeit aufweisen und vor diesem Hintergrund der mögliche Grad der Zeichenähnlichkeit zu gering ist, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. Die Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren zu ermitteln, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere ihre Beschaffenheit, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 23] - Canon); daneben können auch ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, die Vertriebs- oder Erbringungsart sowie ihre wirtschaftliche Bedeutung Berücksichtigung finden (vgl. Ströbele/ Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 44 m. w. N.). Abzustellen ist dabei vor allem darauf, ob zwischen den jeweils angebotenen Produkten oder Leistungen so enge Beziehungen bestehen, dass sich den Abnehmern, wenn sie die Waren oder Dienstleistungen mit denselben Zeichen gekennzeichnet wahrnehmen, der Schluss aufdrängt, dass diese Waren oder Dienstleistungen vom selben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR Int. 1994, 614 [Rz. 16] - Ideal Standard II; GRUR 1998, 922, 924 [Rz. 29] - Canon). Soweit es die Beratungsdienstleistungen „Ausbildungsberatung; Fortbildungsberatung; Erziehungsberatung“ , für welche die angegriffene Marke u. a. geschützt ist, betrifft, ist nicht ersichtlich, dass Beratungen, welche die Ausbildung, Fortbildung und Erziehung als solche zum Gegenstand haben, also nur die pädagogische Wissensvermittlung losgelöst vom jeweiligen Wissensinhalt betreffen, nähere Berührungspunkte mit Nahrungsmitteln haben sollten. Selbst soweit Aus- oder Fortbildung sowie Erziehung der Wissensvermittlung über Nahrungsmittel dienen, beziehen sich die Beratungsdienstleistungen nicht auf diese, sondern auf die pädagogische Vorgehensweise. Es liegt daher für das Publikum selbst im Falle identischer Marken völlig fern anzunehmen, der Produzent von Nahrungsmitteln werde auch als pädagogischer Berater tätig. Eine hinreichende Ähnlichkeit liegt auch nicht in Bezug auf die für die angegriffene Marke geschützte Dienstleistung „Ernährungsberatung“ zu den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren bzw. zu der Dienstleistung „Beherbergung und Bewirtung von Gästen“ vor. Unter den Begriff der Dienstleistung „Ernährungsberatung“ fällt nicht jede beliebige „Empfehlung“ von Speisen, Getränken oder Nahrungsmitteln, sondern nur solche Tätigkeiten, die im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Kunden wenigstens dem Anschein nach eine ernsthafte Beratung nach wissenschaftlichen, insbesondere medizinischen Grundsätzen versuchen. Um eine solche Tätigkeit handelt es sich bei „Empfehlungen“ von Speisen und Getränken durch einen Gastwirt nicht. Auch die Weitergabe von bloßen Allgemeinplätzen, wie sie sich etwa in den von der Widersprechenden angeführten Werbetexten ihres Mutterunternehmens wiederfinden, stellt noch keine Ernährungsberatung im Sinne der Klasse 44 dar, da sie nicht auf einem Dienstleistungsverhältnis zwischen dem Dienstleistungsanbieter und einem konkreten Kunden beruht und zudem der bloßen Bewerbung der eigenen Produkte dienen. Es handelt sich entgegen der Ansicht der Widersprechenden bei der Dienstleistung auf der einen Seite und den Nahrungsprodukten auf der anderen Seite auch nicht um einander ergänzende Waren bzw. Dienstleistungen; hiervon kann nur bei solchen Waren und Dienstleistungen die Rede sein, bei denen wenigstens eines der beteiligten Produkte oder Tätigkeiten für die ordnungsgemäße Verwendung der anderen Waren oder Dienstleistungen unentbehrlich ist, wie dies etwa bei dem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall von Batterien und Videorekordern der Fall war, da letztere ohne erstere nicht betrieben werden können. Ein solches Verhältnis liegt indessen bei der Ernährungsberatung auf der einen Seite und dem Vertrieb von Nahrungsmitteln auf der anderen Seite nicht vor, da es für eine ordnungsgemäße Ernährungsberatung keines Angebots von Nahrungsmitteln bedarf und mit letzterem - wie leider sehr häufig - auch solche Produkte angeboten werden, die unter ernährungsphysiologischen Gesichtspunkten kaum zu empfehlen sind. Insofern unterscheidet sich das Verhältnis von Ernährungsberatung und Nahrungsmittelangebot - worauf die Markenstelle zutreffend hingewiesen hat - entscheidend etwa von kosmetischen Dienstleistungen, weil letztere ohne Verwendung von Kosmetika nicht durchführbar sind. Sofern daher in Bezug auf die hier konkret gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen überhaupt von einer Ähnlichkeit gesprochen werden kann, ist sie allenfalls sehr entfernt. c) Dies allenfalls äußerst geringe Grad an Warenähnlichkeit wird nicht durch einen entsprechend höheren Grad an Ähnlichkeit der konkurrierenden Marken ausgeglichen. aa) Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der Erinnerung von nicht nur unmaßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, die daneben vorhandenen Unterschiede nach dem Gewicht, das ihnen in der jeweiligen Marke zukommt, so stark überwiegen, dass die betreffenden Verkehrskreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 9 Rn. 118 m. w. N. [Fn. 311]). Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom Prioritätsalter zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma; GRUR 2005, 1043, 1044 [Rz. 28 f.] - Thomson Life; GRUR 2006, 413, 414 [Rn. 19] - SIR/Zirh; BGH GRUR 2000, 233 f. - Rausch/Elfi Rauch); hierbei sind ihre Übereinstimmungen oder Abweichungen im Bild, im Klang und in der Bedeutung umfassend zu ermitteln, wobei berücksichtigt werden kann, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 415 [Rn. 28] - SIR/ Zirh). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte ist entgegen der Auffassung der Widersprechenden für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aber noch nicht ausreichend (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 21 f.] - SIR/Zirh); sie kann aber im konkreten Einzelfall die Annahme einer Verwechslungsgefahr begründen (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 21] - SIR/Zirh; BGH GRUR 1959, 182, 185 - Quick; GRUR 1979, 853, 854 - LILA; GRUR 1990, 367, 368 - alpi/Alba Moda; GRUR 1992, 110, 112 - dipa/dib; GRUR 1992, 550, 551 - ac-pharma; GRUR 1999, 241, 243 - Lions), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 35] - SIR/Zirh). bb) Nach diesen Grundsätzen kommt eine bis zur Identität reichende hochgradige Markenähnlichkeit, die wegen der nur sehr entfernten Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit erforderlich wäre, um die Annahme einer Verwechslungsgefahr zu begründen, nicht in Betracht. In schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich beide Marken nach ihrem jeweiligen Gesamteindruck schon darin, dass die Widerspruchsmarke die auffällige grafische Gestaltung, welche den visuellen Eindruck der jüngeren Marke dominiert, nicht enthält. Eine hochgradige schriftbildliche Ähnlichkeit bestünde selbst dann nicht, wenn davon ausgegangen wird, dass die jüngere Marke bei ihrer optischen Wahrnehmung in den Augen des Publikum allein von ihrem Bestandteil „Blue Line“ dominiert würde, denn die visuellen Abweichungen zu der Widerspruchsmarke infolge der unterschiedlichen Vokalfolge sowie der abweichenden Wort- und Silbenzahl wird dem Publikum, auch wenn es, wie die Widersprechende meint, den bestimmten Artikel am Zeichenanfang der Widerspruchsmarke außer acht ließe, nicht entgehen; selbst bei einer von der Widersprechenden angenommenen Prägung der angegriffenen Marke durch die Wortfolge „Blue Line“ ist dabei in schriftbildlicher Hinsicht auch die besondere Schreibweise der jüngeren Marke zu berücksichtigen, die durch eine handschriftartige Wiedergabe der einzelnen Buchstaben und die Rundung bestimmt ist und bei der es sich nicht um eine übliche Schriftform handelt, welche unter den Schutzbereich der als Wortmarke eingetragenen Widerspruchsmarke fällt. Entsprechend ist auch eine klangliche Verwechslungsgefahr zu verneinen, weil der Klangeindruck der ohne Mühe als englische Wortfolge erkennbaren jüngeren Marke von dem der aus deutschen Wörtern gebildeten Widerspruchsmarke stark abweicht. Zwar liegt eine begriffliche Ähnlichkeit zwischen den Wortfolgen beider Marken insoweit vor, als sie einen ähnlichen Gedanken in verschiedenen Sprachen ausdrücken. Die Verschiedenartigkeit der Sprachen kann dabei nicht außer acht gelassen werden, weil sie die Semantik von Sprachausdrücken maßgeblich mitbestimmt; wie jedem Übersetzer bekannt ist und sich bei Computerübersetzungen immer wieder bestätigt findet, stehen Wortausdrücke in verschiedenen Sprachen nämlich stets in einem abweichenden Sprachumfeld, das zu verschiedenen Bedeutungsfeldern der Sprachausdrücke führt, weshalb es häufig schwierig ist, einen Satzgedanken angemessen in einer anderen Sprache wiederzugeben. Insofern ist die Semantik des englischsprachigen Begriffs „Blue Line“ nicht zwangsläufig mit derjenigen des deutschen Ausdrucks „blaue Linie“ identisch . Auch wenn aus diesem Grund nur eine große begriffliche Ähnlichkeit vorliegt, kann hierauf die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht gegründet werden, weil dieser Ähnlichkeitsaspekt durch die Unähnlichkeit der gegenüberstehenden Markenwörter in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht so weit neutralisiert wird, dass das Publikum allenfalls noch geringe Berührungspunkte zwischen beiden Marken erkennen kann. Damit kann die begriffliche Nähe beider Zeichen die Annahme einer hochgradigen Markenähnlichkeit nicht begründen, bei welcher allein eine Verwechslungsgefahr angenommen werden könnte. Für die Annahme einer Markenähnlichkeit in Form des gedanklichen Inverbindungbringens i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 zweiter Halbsatz MarkenG liegen keine Anhaltspunkte vor. Dies wäre nur zu bejahen, wenn der Verkehr zwar die hinter den Zeichen stehenden Unternehmen auseinanderhält, aber unzutreffend den Eindruck gewinnt, diese seien wirtschaftlich miteinander verbunden, weil sich das ältere Zeichen allgemein zu einem Hinweis auf das oder die Unternehmen der Widersprechenden entwickelt hat (vgl. BGH GRUR 2002, 171, 175 - Marlboro) oder wenn das Publikum einem in ihnen vorhandenen übereinstimmenden Element einen Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnimmt. Hiervon kann aber bei verschiedensprachigen Ausdrücken trotz deren begrifflicher Ähnlichkeit nicht ausgegangen werden, weil das Publikum keine Veranlassung hat, den in unterschiedlichen Sprachen zum Ausdruck kommenden ähnlichen Gedanken selbst als „Stammmarke“ der Widersprechenden anzusehen. 3. Da die Markenstelle somit den Widerspruch mangels Bestehens einer Verwechslungsgefahr zu Recht zurückgewiesen hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). C. Anhaltspunkte für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind weder vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006463
BPatG
München
27. Senat
20100723
27 W (pat) 532/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "EVENT-BRIGADE" – Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 30 2009 027 088.0 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Juli 2010 durch den Richter Dr. van Raden als Vorsitzenden und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 18. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit die Markenstelle die Anmeldung für die Dienstleistungen „Klasse 41: Bereitstellung und Vermietung von Beschallungs-, Beleuchtungs- und Bühnentechnik; Bereitstellung und Vermietung von Bühnen- und Theaterdekoration; Bühnendesign; Lichtdesign und Sounddesign Klasse 42: Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Technische Projektplanung; Konstruktionsplanung Klasse 45: Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit“ zurückgewiesen hat.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 18. Februar 2009 die Anmeldung der Bezeichnung EVENT-BRIGADE für Dienstleistungen der Klassen 41 bis 43 nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die aus den Bestandteilen „ EVENT “ in der bekannten Bedeutung „besonderes Ereignis“ und „ BRIGADE “, der nicht nur für eine militärische Truppeneinheit, sondern auch für Arbeitsgruppen geläufig sei, zusammengesetzte angemeldete Bezeichnung vom Publikum, an welches sich die beanspruchten Dienstleistungen richteten, nur als Sachhinweis auf irgendeinen Anbieter verstanden werde, welcher Veranstaltungen organisiere und durchführe. Mit ihrer Beschwerde bestreitet die Anmelderin im Wesentlichen, dass das Publikum die angemeldete Bezeichnung in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung verstehe. Auf Hinweis des Senats hat die Anmelderin das Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt: „Klasse 41: Bereitstellung und Vermietung von Beschallungs-, Beleuchtungs- und Bühnentechnik; Bereitstellung und Vermietung von Bühnen- und Theaterdekoration; Bühnendesign; Lichtdesign und Sounddesign Klasse 42: Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Technische Projektplanung; Konstruktionsplanung Klasse 45: Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit“ Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 18. Februar 2009 aufzuheben. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg. Die angemeldete Kennzeichnung ist für die nunmehr nur noch beanspruchten Dienstleistungen nicht wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington;  MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Der Senat teilt dabei allerdings anders als die Anmelderin die Ansicht der Markenstelle, dass der Begriff „ EVENT-BRIGADE “ vom Publikum in Zusammenhang mit Dienstleistungen, welche unmittelbar mit der Organisation und Durchführung von Veranstaltungen befasst sind, nur als bloßer Sachhinweis auf irgendeinen hierauf spezialisierten Anbieter verstanden wird. Etwas Anderes gilt indessen für die nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen. Zwar mögen auch diese mittelbar der Durchführung von Events dienen, sie sind aber nicht unmittelbar bereits für die Organisation und Durchführung von Events ausreichend. Anders als die für ein Event erforderlichen organisatorischen und technischen Maßnahmen, welche in der Regel nur arbeitsteilig durch mehrere Personen erbracht werden können, bedarf es für diese Dienstleistungen nicht zwingend eines Tätigwerdens durch eine Arbeitsgruppe. Das Publikum wird daher nicht nur bei der Bereitstellung und Vermietung von Techniken und Dekorationen, sondern auch bei den beanspruchten Design-, Planungs- und Beratungsdienstleitungen zwar dem Bestandteil „ EVENT “, nicht aber dem weiteren Bestandteil „ BRIGADE “ eine sachliche Bedeutung beilegen können, da dieser üblicherweise mit einer Arbeitsgruppe zu verbindende Begriff in Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen fremd wirkt und daher unverständlich bleibt. Mangels einer nahegelegten Sachbedeutung wird das Publikum daher eher dazu neigen, die angemeldete Bezeichnung in Zusammenhang mit den nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses beanspruchten Dienstleistungen als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten individuellen Unternehmen und damit als Marke für diese Dienstleistungen aufzufassen. Damit kann der angemeldeten Bezeichnung für diese Dienstleistungen aber das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft i. S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG letztlich nicht abgesprochen werden. Da für die noch beanspruchten Dienstleistungen auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht ersichtlich ist, war auf die Beschwerde der Anmelderin nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses der Beschluss der Markenstelle aufzuheben. B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht keine Veranlassung.
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Deutschland
deutsch
BMJV
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JURE109006464
BPatG
München
28. Senat
20100623
28 W (pat) 506/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "DRIVECONFIGURATOR (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 040 163.2 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bildmarke als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 7,9 und 42 „Elektromotoren, ausgenommen für Landfahrzeuge; Motoren mit integriertem Frequenzumrichter, ausgenommen für Landfahrzeuge; Servomotoren; Linearmotoren; Getriebemotoren; Getriebe, ausgenommen für Landfahrzeuge; Drehmomentwandler, Übersetzungsgetriebe für Maschinen; Servogetriebe; mechanische Verstellgetriebe; drehmomentstarke Industriegetriebe; Kompaktantriebe, nämlich Antriebe bestehend aus Elektromotor, Reduktionsgetriebe und Frequenzwandler in einem Gehäuse; elektrische Antriebe für Elektrohängebahnen; elektrische Antriebe für fahrerlose Flurförderfahrzeuge; elektrische Antriebe für Regalbediengeräte; elektrische Antriebe für Lifte; elektrische Antriebe für Drehtische; elektrische Antriebe für Schubplattformen; elektrische Antriebe für Verschiebewagen; Elektrohängebahnen; fahrerlose Flurförderfahrzeuge; Regalbediengeräte; Lifte; Drehtische; Schubplattformen; Verschiebewagen; Drehzahlregler für Maschinen und Motoren; Steuergeräte für Maschinen und Motoren; Elektrogeneratoren; Linearaktoren; Kupplungen, ausgenommen für Landfahrzeuge; Bremsen; Magnetbremsen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten [alle vorgenannten Waren nicht für Landfahrzeuge]; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Umrichter; Antriebsumrichter; Stromwandler; Frequenzwandler; elektronische Rückspeisegeräte; elektronische Steuerungen; Elektrokabel; Elektrostecker; Elektrodrähte; Verteiler für elektrische Energie und/oder Information; elektrische Anlagen für die Fernsteuerung industrieller Arbeitsvorgänge; elektrische Anschlussteile; elektronische Anzeigetafeln; LCD-Displays; LED-Displays-, Bedienterminals zur Steuerung von Maschinen; Fernsteuerungsgeräte; elektronische und elektrotechnische Messgeräte; Drehzahlmesser; Geber; Inkrementalgeber; integrierte Schaltkreise; Halbleiter; elektrische und elektronische Kontrollapparate; Ölsensoren; Temperatursensoren; Körperschallsensoren; elektronische Publikationen (herunterladbar); Positioniersteuerungen; Software zur Steuerung von Maschinen; Software zur Steuerung industrieller Abläufe; Software zur Überwachung industrieller Abläufe; Software zur Projektierung von Antrieben; Software zur Konfiguration von Antrieben; herunterladbare Computerprogramme zur Konfiguration von Antrieben; online bedienbare Computerprogramme zur Konfiguration von Antrieben; Software zur Projektierung industrieller Anlagen; Parameterboxen [maschinenlesbare Datensammlungen]; Feldbus-Kabel; Feldbus-Stecker; PCs; Laptops; Industrie-PCs; Funkvorrichtungen; Netzwerkgeräte; Netzwerkgeräte für drahtlose Netzwerke; Wireless-LAN-Modems; Transformatoren; Geräte und Vorrichtungen zur berührungslosen Übertragung von elektrischer Energie und/oder Information; Geräte zur induktiven Versorgung von elektrischen Antrieben mit elektrischer Energie; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 9 enthalten; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen von Ingenieuren; Konstruktionsplanung; Entwicklungsdienste bezüglich neuer Produkte für Dritte; Konvertieren von Daten (ausgenommen physische Veränderung); Planung und Projektierung von industriellen Anlagen; Applikationsprojektierung" Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen setze sich ohne Weiteres erkennbar aus den Wörtern „Drive“ in der Bedeutung „Antrieb, Getriebe“ und „Configurator“ als etwas oder jemand, das oder der eine Sache gestaltet, verändert, konfiguriert. Entsprechend werde der Begriff „Configurator“ als Bezeichnung für Tools oder Programme bereits verwendet. Die Gesamtbezeichnung erschöpfe sich daher in einem beschreibenden Sachhinweis. Die beanspruchten Waren könnten zum Einsatz in der Antriebstechnik bestimmt sein und zur Konfiguration dienen. Der Verkehr entnehme der Bezeichnung im Bezug auf die Dienstleistungen ebenfalls lediglich einen inhaltsbeschreibenden Hinweis. Die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke liege völlig im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungsvarianten, die den Schutz der Marke nicht begründen könne, was die Markenstelle mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung des BPatG zu grafisch gestalteten Marken erläutert hat. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, die Eintragung der Wortkombination werde nicht in jedweder Form beantragt, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung. Sie bestimme und beschränke den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung, da sie durch das rot geschriebene und auf der rechten Seite verlängerte „V“ auf den Verkehr eigenartig und prägnant wirke. Dieses Gestaltungsmerkmal sei ungewöhnlich und springe sofort ins Auge, so dass es als Herkunftshinweis geeignet sei und der Marke insgesamt auch kein Freihaltungsbedürfnis entgegenstehe. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Hilfsweise beantragt sie, unter jeweils teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, die Eintragung der angemeldeten Marke für eine jeweils eingeschränkte Fassung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zuzulassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in sämtlichen Fassungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Die absoluten Schutzhindernisse sind darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, und dabei vor allem auch die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung zu entsprechen, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden. Im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 soll sichergestellt werden, dass nur solche Zeichen der ungehinderten Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden, die tatsächlich die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen können (EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen, und stellt nach ständiger Rechtsprechung neben weiteren Funktionen die Hauptfunktion der Marke dar (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 –L’Oréal ). Keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besitzen Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst werden kann. Die angemeldete Marke besteht aus zwei in unterschiedlicher Schriftgröße aneinander gefügten technischen Grundbegriffen der englischen Sprache, deren glatt beschreibende Bedeutung auf der Hand liegt. So umfassen die beanspruchten Waren der Klasse 7 nicht nur Motoren jeder Art, sondern auch Getriebe und Antriebe für Fahrzeuge im weitesten Sinn sowie deren Teile und Zubehör, für die das Wort „drive“ die jeweilige englischsprachige Entsprechung darstellt. Dieser allgemeine technischen Begriff ist darüber hinaus dem deutschen Fachwort „Steuerung“ gleichzusetzen und somit insbesondere für die der Klasse 9 zuzuordnenden Waren aus dem Bereich der (elektronischen) Steuerungs- und Regeltechnik glatt beschreibend und somit nicht schutzfähig. Unter dem im Deutschen gebräuchlichen Begriff „Konfiguration“ versteht nicht nur der technisch versierte Verkehr ganz allgemein die Zusammenfügung einzelner (technischer) Komponenten zu einer Vorrichtung oder einer Anlage. Sowohl beim einfachen häuslichen PC spricht man von Konfiguration, wenn er mit der erforderlichen Hard- und Software ausgestattet wird, als auch dann, wenn komplexe Industrieanlagen nach Kundenanforderungen individuell zusammengestellt werden, so dass auch für die in diesem Bereich beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 42 sich der ausschließlich beschreibende Sinngehalt von „ DRIVECONFIGURATOR “ für den Verkehr ohne weiteres erschließt. Soweit die Anmelderin meint, es sei nicht nachvollziehbar, inwiefern dieser Begriff für LED-Displays oder herunterladbare elektronische Publikationen einen Sachhinweis darstellen soll, kann es sich beispielsweise um ein Online-Manual für eine Antriebskonfiguration handeln; das Display kann Teil einer Antriebssteuerung sein. Entgegen der Ansicht der Anmelderin bewirkt auch die grafische Gestaltung der Marke keinen schutzfähigen Gesamteindruck. Insoweit ist zunächst der markenrechtliche Grundsatz zu berücksichtigen, dass sich der Wortbestandteil eines Zeichens gegenüber seiner grafischen Gestaltung für die angesprochenen Verbraucher umso nachdrücklicher in den Vordergrund drängt, je unmittelbarer die durch ihn vermittelte Sachaussage hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK ; BPatG). Angesichts des eindeutigen Waren- und Dienstleistungsbezugs der Wortfolge „ DRIVECONFIGURATOR “ reichen einfache graphische Elemente und Verzierungen nicht aus, das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden (BGH GRUR 2010, 640 - hey!). Die gewählte Bildgestaltung ist vielmehr als völlig werbeübliche Gebrauchsgrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit langem vertraut ist. Zwar ist das Wort „ DRIVE “ im Gegensatz zu „ CONFIGURATOR " in einem kleineren Schriftgrad wiedergegeben, dafür wird es durch eine Art Fettdruck im Bildeindruck betont. Diese grafischen Gestaltungsmittel entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination mit dem von der Anmelderin als besonders charakteristisch herausgestellten auf der rechten Seite verlängerten Buchstaben „V“ im Bestandteil „ DRIVE “ dem allgemein bekannten Werbestandard, der bestrebt ist, Werbebotschaften und Sachaussagen dem Verbraucher in möglichst ansprechender Form nahezubringen. Da sie die visuelle Kommunikation erleichtern, sind drucktechnisch gegliederte Wortteile als werbegrafisches Instrument ebenso gängig wie optisch hervorgehobene und/oder farblich gestaltete Einzelbuchstaben (BGH GRUR 2009, 954, Rdnr. 16 - Kinder III). Das Zeichen verfügt somit nicht über die Eignung, die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen zu können und zwar unabhängig davon, welche Fassung des Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen der Prüfung zugrunde gelegt wird. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
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BPatG
München
28. Senat
20100623
28 W (pat) 522/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Wir sind Innovation!" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 016 859.8 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke Wir sind Innovation! als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 6 „Unterkonstruktionen für Solarthermie- und Photovoltaikanlagen aus Metall, insbesondere Montageprofile aus Aluminium; Auflager für Solarunterkonstruktionen aus Aluminium; Waren zur Befestigung von Solarunterkonstruktionen und Solaranlagen auf dem Dach aus Metall, insbesondere Dachhaken, Klemmen, Halter, Hammerkopfschrauben, Verdrehsicherungen, Gewindeplatten, Schrauben, Muttern und Scheiben; Gewindestangen; Diebstahlsicherungen für Solaranlagen“ Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) hat die Anmeldung als nicht unterscheidungskräftige, sloganartige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen erschöpfe sich in einem für den Verkehr sofort und ohne Weiteres erkennbaren betriebsneutralen Hinweis auf einen Hersteller von Produkten, der sich auf der Höhe der Zeit bzw. an der Spitze der Entwicklung befindet. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, aus der angeblich beschreibenden Aussage dürfe nicht auf das Fehlen der Unterscheidungskraft geschlossen werden. Die vom DPMA an die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke gestellten Anforderungen seien zu streng und stünden insbesondere nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH in seiner Entscheidung „Vorsprung durch Technik“. Der angemeldete Slogan sei vielmehr unterscheidungskräftig, weil eigentümlich, kurz und prägnant. Das Wort „Innovation“ werde als Eigenschaft einer Person dargestellt und damit verfremdet. Gleiches gelte für die grammatikalisch unrichtige Verkürzung von „sind Innovation“, wobei es unklar bleibe, wer oder was innovativ sei. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Die absoluten Schutzhindernisse sind darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, und dabei vor allem auch die Interessen der Mitbewerber, am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung zu entsprechen, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden. Im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG soll sichergestellt werden, dass nur solche Zeichen der ungehinderten Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden, die tatsächlich die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen können (EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen. Sie stellt nach ständiger Rechtsprechung im Verhältnis zu ihren weiteren Funktionen die Hauptfunktion der Marke dar (EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ). Keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besitzen Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der vom Verkehr im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst werden kann. Durch die angemeldete Marke werden überwiegend technisch vorgebildete Fachleute aus der Baubranche angesprochen, die Solarthermie- und Photovoltaikanlagen planen oder einbauen und dabei von den Produkten der Anmelderin angesprochen werden könnten, die die Unterkonstruktion solcher Anlagen betreffen oder Waren zu deren Befestigung oder Sicherung. In einem weitaus geringeren Umfang zählen zu den beteiligten Verkehrskreisen auch Bauherren und damit Endverbraucherkreise. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren entnimmt der angesprochene Verkehr der Wortfolge lediglich die Sachinformation, die so gekennzeichneten Waren zeichneten sich durch neueste Technik aus, für die der Hersteller besonders bekannt sei. Gerade auf dem vorliegenden Gebiet der erneuerbarer Energien zur Stromgewinnung und Energieversorgung, bei der nicht zuletzt durch die weltweit drohenden Klimaveränderungen und die angestrebte Verringerung des Einsatzes fossiler Brennstoffe eine forcierte Entwicklung der Technik angestrebt wird, steht der Begriff „Innovation“ quasi als Synonym für eine besondere technische Leistungsfähigkeit, die schlagwortartig sowohl mit einem stark forschungsorientierten Unternehmen als auch mit dessen neuesten Produkte assoziiert wird. Es liegt daher auf der Hand, dass das Schlüsselwort „Innovation“ in Alleinstellung die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vor diesem Warenhintergrund nicht aufweist. Nichts anderes kann jedoch auch für die Einbindung dieses Begriffes in die Wortzusammenstellung gelten, die nach Art einer üblichen Werbeaussage der banalen Sachaussage „Innovation“ lediglich ein emotionales Element hinzufügt, das nichts weiter zum Ausdruck bringt als die besondere Verpflichtung des Herstellers, seine Produkte besonders innovativ zu gestalten. Der Anmelderin ist in diesem Zusammenhang zwar zuzustimmen, dass die Feststellung, die Wortfolge einschließlich des Ausrufezeichens am Ende sei als Werbeslogan gebildet, das Schutzhindernis allein nicht begründen kann. Denn die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind für alle Markenkategorien gleich, jedoch kann es wegen der unterschiedlichen Wahrnehmung durch die Verkehrskreise schwieriger sein, die Unterscheidungskraft gerade von Slogans nachzuweisen (EuGH GRUR 2010, 228 ff. Rz. 37 - Vorsprung durch Technik, so auch schon EuGH GRUR 2004, 1027 ff. Leitsatz 2 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Vorliegend darf daher nicht gefordert werden, die angemeldete Wortfolge müsse phantasievoll sein und ein begriffliches Spannungsfeld, das einen Überraschungs- und damit Merkeffekt zur Folge habe, aufweisen (EuGH aaO. Rz. 39 - „Vorsprung durch Technik“ mit Hinweis auf EuGH a. a. O. Rz. 31, 32 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Soweit die Anmelderin die sprachliche Mehrdeutigkeit der Wortverbindung hervorhebt, kann das - unabhängig von der Markenkategorie - die Unterscheidungskraft nicht begründen, wenn der Verkehr diese sprachliche Unschärfe nicht mehr wahrnimmt. Das ist vorliegend der Fall, denn nach den Feststellungen des Senats, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, haben Satzbildungen mit „Wir sind…“ seit langem Einzug in die deutsche Sprache gefunden. Im Jahr 1989 begann diese sprachliche Entwicklung mit der Forderung „Wir sind das Volk“ der Montagsdemonstranten in Leipzig, die dann in weitere Lebensbereiche übernommen wurde. In der Folge sind nicht nur die Slogans „wir sind Kirche“ oder „wir sind Papst“ trotz ihrer grammatikalischen Unschärfe - oder gerade deswegen - Allgemeingut geworden, sondern das „Wir-Gefühl“ hat sich auch als Erfolgsprinzip in der Werbesprache durchgesetzt, wie die nachfolgenden Beispiele ebenfalls zeigen: - http://www.marketing-kompakt.de Auszug einer Pressemitteilung v. 20.5.09 Slogans mit Wir-Gefühl und Englisch sind im Aufwind - http.//www. thewordcompany.de Wir sind der Slogan!, Ausgewählte deutschsprachige Slogans, die mit „Wir“ beginnen und aus drei oder vier Wörtern bestehen. In ihrer Zusammensetzung stimmt die angemeldete Marke mit dem beispielhaft genannten Slogan „Wir sind Kirche“ exakt überein. Beide verwenden Singular und Plural entgegen der grammatikalischen Regelung und bringen persönliche Eigenschaften (Wir) mit Sacheigenschaften (Innovation/Kirche) in Bezug. Damit wird das auf dem vorliegenden Warengebiet positiv besetzte Wort „Innovation“ mit einem geläufigen „Wir-Gefühl“ in einer Wortfolge kombiniert, die auch in ihrer Gesamtheit eine ausschließlich sachbezogene Aussage enthält mit der Folge, dass sie nicht geeignet ist, die beanspruchten Waren nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
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JURE109006466
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28. Senat
20100811
28 W (pat) 548/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Q-railing" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 057 267.4 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 6 – vom 15. März 2010 aufgehoben, soweit die Anmeldung darin für die Waren „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand; Düngemittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; unedle Metalle und deren Legierungen; Schienenbaumaterial aus Metall; Geldschränke; Erze; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Asphalt, Pech und Bitumen; Denkmäler (nicht aus Metall)" zurückgewiesen wurde.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke Q-railing . Mit der Anmeldung wurde ursprünglich die Eintragung der Marke für die nachfolgenden Waren der Klassen 1, 6, 14 und 19 „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Kunstharze im Rohzustand, Kunststoffe im Rohzustand; Düngemittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke; unedle Metalle und deren Legierungen; Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Schienenbaumaterial aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohre; Geldschränke; Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Erze; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denkmäler (nicht aus Metall)“ beantragt. Die Markenstelle für Klasse 10 hat die Anmeldung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei der Marke handle es sich um ein nicht unterscheidungskräftiges Kombinationszeichen. Der Buchstabe „Q“ werde sowohl im Bereich der Technik als auch in der Werbesprache als Abkürzung für „Qualität“ verwendet, während der englische Begriff „railing“ dem angesprochenen Verbraucherkreisen mit seinem Bedeutungsgehalt „Geländer, Brüstung, Gitterstab“ verständlich sei, zumal auf den vorliegenden Warengebieten Englisch als Fachsprache angesehen werden könne. Vor diesem sprachlichen Hintergrund ergebe sich für den Verkehr ohne Weiteres der Begriffsgehalt „Qualitäts-Geländer“ bzw. „Qualitäts-Brüstung“. Dieser Begriffsgehalt der Marke sei für die beanspruchten Produkte unmittelbar beschreibend, da sämtliche von der Anmeldung umfassten Waren ein „Qualitäts-Geländer“ darstellen bzw. für die Errichtung eines „Qualitäts-Geländers“ verwendet werden könnten. Eine betriebliche Hinweiswirkung der Marke scheide daher aus. Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, ein beschreibender Begriffsgehalt müsse sich immer im Hinblick auf die beanspruchten Produkte ergeben. Da aber mit dem von der Markenstelle angenommenen Bedeutungsgehalt der Marke für die meisten Waren ein konkreter Produktbezug von vornherein ausscheide, bleibe völlig offen, welche Merkmale mit dem Markenwort „Q-railing“ eigentlich benannt werden könnten. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurde die Anmeldung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6 und 19 „Baumaterialien aus Metall; transportable Bauten aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Metallrohre; Waren aus Metall, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; transportable Bauten (nicht aus Metall)“ teilweise zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der angemeldeten Marke stehen nach der Einschränkung des beanspruchten Warenverzeichnisses keine absoluten Schutzhindernisse mehr entgegen. Aus der sprachregelgemäßen Verbindung der beiden Bestandteile „Q“ und „railing“ der angemeldeten Marke ergibt sich für die angesprochenen Verkehrskreise ohne Weiteres der Aussagegehalt „Qualitätsgeländer, Qualitätsbrüstung“, wie dies bereits die Markenstelle zutreffend dargelegt hat. Mit dieser Bedeutung kann der angemeldeten Marke aber für die nun noch verfahrensgegenständlichen Waren weder ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden noch handelt es sich bei ihm um einen gebräuchlichen Begriff der deutschen Sprache, der vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Vielmehr ist nach den Feststellungen des Senats davon auszugehen, dass die Marke über die erforderliche Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion verfügt und ihrer Eintragung das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG somit nicht entgegensteht. Auch bei dem beanspruchten Schienenbaumaterial handelt es sich ausschließlich um Produkte für den Schienenverkehr und nicht etwa um sonstiges Lattenmaterial aus Metall, für das die Marke beschreibend und damit schutzunfähig wäre. Entsprechende Verbietungsrechte können aus der Marke somit nicht abgeleitet gemacht werden. Da die angemeldete Marke mangels beschreibendem Produktbezug nicht geeignet ist, als beschreibende Sachangabe für die fraglichen Waren dienen zu können, kann auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. Unter Berücksichtigung des Eintragungsanspruchs der Anmelderin nach § 33 Abs. 2 MarkenG war der angefochtene Beschluss daher in dem im Tenor genannten Umfang aufzuheben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006467
BPatG
München
29. Senat
20100826
29 W (pat) 98/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "EMTECON GmbH/TECCON" – zur Kennzeichnungskraft – Dienstleistungsidentität – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedanklich Verbindung – keine mittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 20 617 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Marke 303 20 617 EMTECON  GmbH ist am 17. April 2003 angemeldet, am 28. Juli 2003 für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 Organisatorische Projektplanung zur Durchführung technischer Projekte; Unternehmensberatung technisch tätiger Unternehmen; technische Projektplanung; technische Beratung; technische Planung eingetragen und am 29. August 2003 veröffentlicht worden. Gegen die Eintragung ist Widerspruch aus der Marke 1 048 389 TECCON erhoben worden, die am 16. Mai 1983 für die Dienstleistungen der Klassen 35, 37 und 42 Elektroinstallation, Installation und Montage von Beleuchtungsanlagen, von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen, von Industrieanlagen, von Kühlanlagen, von Maschinenanlagen und  von  Sanitäreinrichtungen  und -anlagen; Klempnerarbeiten und Gas- und Wasserinstallation, Vermietung von Maschinen, Werkzeugen und Geräten für das Bauwesen; Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung; Dienstleistungen eines Ingenieurs; Überlassung von kaufmännischen, technischen und gewerblichen Arbeitnehmern auf Zeit eingetragen worden ist. Mit Beschluss vom 27. September 2007 hat die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts auf Grund des Widerspruchs die teilweise Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für die Dienstleistungen "Organisatorische Projektplanung zur Durchführung technischer Projekte; technische Projektplanung; technische Beratung; technische Planung" angeordnet und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 19. August 2009 hat sie auf die Erinnerung des Markeninhabers den Beschluss vom 27. September 2007 aufgehoben, soweit die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist, und den Widerspruch vollumfänglich zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die von dem Markeninhaber erhobene Nichtbenutzungseinrede zulässig sei. Eine rechtserhaltende Benutzung sei für die beiden Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG für die Tätigkeiten "Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung; Dienstleistungen eines Ingenieurs" glaubhaft gemacht worden. Zwischen ihnen und den von der Löschungsanordnung umfassten Dienstleistungen bestehe Identität. Trotz des damit gebotenen Abstands der Vergleichszeichen und ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei nicht davon auszugehen, dass die beiden Marken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG miteinander verwechselt würden. Die jüngere Marke werde zwar auf den Bestandteil " EMTECON " verkürzt, da es sich bei dem weiteren Element "GmbH" lediglich um einen Hinweis auf die Gesellschaftsform handele. Allerdings werde der Verkehr den Begriff " EMTECON " nicht dahingehend zergliedern, dass "EM" die Abkürzung des Nachnamens des Inhabers der jüngeren Marke und "TE" das Kürzel für "technisch" bzw. "CON" für "construction" sei. Auch lägen keine Anhaltspunkte für eine akustische Überlagerung der Anfangssilbe "EM" durch die Lautfolge " TECON " vor. Vielmehr werde der Wortanfang stärker beachtet, liege die Betonung der sich gegenüberstehenden Zeichen nicht auf übereinstimmenden Silben und seien hochpreisige Dienstleistungen betroffen, denen der angesprochene Verkehr mit besonderer Aufmerksamkeit begegne. Des Weiteren schlössen die Unterschiede im Schriftbild und das Fehlen eines übereinstimmenden Begriffsgehalts eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus. Auch würden die beiden Marke nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht, da es an einem übereinstimmenden Stammbestandteil fehle und es sich bei dem jüngeren Zeichen um einen einheitlichen Gesamtbegriff handele. Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 19. August 2009 aufzuheben. Sie begründet ihr Rechtsmittel damit, dass die Benutzung der Widerspruchsmarke für die Tätigkeiten "Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung; Dienstleistungen eines Ingenieurs; Überlassung von technischen Arbeitnehmern auf Zeit" glaubhaft gemacht worden sei, die wiederum mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen "Organisatorische Projektplanung zur Durchführung technischer Projekte; technische Projektplanung; technische Beratung; technische Planung" identisch bzw. sehr ähnlich seien. Die eingereichten Benutzungsunterlagen sprächen darüber hinaus für eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr sei ebenfalls zu bejahen, da sich das Doppel-C in der Widerspruchsmarke nur unwesentlich von dem einfachen "C" in der jüngeren Marke unterscheide. Die Annahme einer Verwechslungsgefahr werde zudem durch verschiedene Entscheidungen u. a. des Bundespatentgerichts gestützt. Der Markeninhaber hat demgegenüber die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Im Beschwerdeverfahren hat er sich schriftsätzlich zur Sache nicht weiter geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Juni 2010 Bezug genommen. II. 1. Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig, jedoch nicht begründet. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist zu verneinen, so dass die Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke 1 048 389 gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zu Recht erfolgt ist. Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungskriterien der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit, der Markenähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, Rdnr. 17 ff. - Canon; BGH GRUR 2006, 60, 61 - coccodrillo; BGH GRUR 2006, 859, Rdnr. 16 - Malteserkreuz). a) Ausweislich der vorgelegten Unterlagen ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Dienstleistungen "Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung", "Dienstleistungen eines Ingenieurs" und "Überlassung von technischen Arbeitnehmern auf Zeit" glaubhaft gemacht worden. (1) Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2004 hat der Markeninhaber vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke undifferenziert bestritten (vgl. Bl. 48 VA). Demzufolge hat er sowohl die Einrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG als auch gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erhoben (vgl. Kliems GRUR 1999, 11, 14). Diese Einreden wurden vor der Markenstelle in zulässiger Weise erhoben, so dass sie auch für die Beschwerdeinstanz wirksam sind (vgl. BGH GRUR 2006, 152, 153, Rdnr. 13 - GALLUP). Die Widerspruchsmarke 1 048 389 war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke (29. August 2003) bereits seit über fünf Jahren im Register eingetragen (16. Mai 1983). Insofern erstreckt sich der Benutzungszeitraum gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG vom 29. August 1998 bis zum 28. August 2003 und derjenige gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von Juni 2005 bis Juni 2010. (2) Die Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung hat sich auf alle maßgeblichen Umstände einer Markenbenutzung zu beziehen, die den Vorgaben des § 26 MarkenG entspricht. Dementsprechend muss sich aus den zwecks Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegten Unterlagen eindeutig ergeben, insbesondere in welcher Form, in welchem Zeitraum, in welchem Gebiet und in welchem Umfang die Benutzung erfolgt ist. Hierbei stellt die eidesstattliche Versicherung das wichtigste Mittel der Glaubhaftmachung im Hinblick auf Umfang und Zeitraum der bestrittenen Benutzung dar (vgl. BPatG 29 W (pat) 38/09 - Galerie/GALERIA). (a) Aus der eidesstattlichen Versicherung des Vertriebsleiters der Rechtsvorgängerin der jetzigen Widersprechenden vom 11. Juli 2005 geht hervor, dass in den Jahren 2001 bis 2004 jeweils mehrere … EUR  pro  Jahr  im Bereich der Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung, der sonstigen Dienstleistungen eines Ingenieurs und der Überlassung von technischen Arbeitnehmern auf Zeit erzielt worden sind (vgl. Bl. 80/91 VA). In den beigefügten Prospekten wird die Widerspruchsmarke zwar in Verbindung mit der Abbildung von drei untereinander angeordneten Halbkreisen und meist zusammen mit der Wortkombination "Konstruktion und Ingenieurtechnik" benutzt. Diese Verwendungsart führt jedoch nicht zu einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke (§ 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG), da es sich um verzierende bzw. beschreibende und damit bedeutungslose austauschbare Zusätze handelt (vgl. hierzu BGH GRUR 2008, 719, 721, Rdnr. 24 - idw Informationsdienst Wissenschaft). (b) Die weiterhin im Beschwerdeverfahren eingereichte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Komplementärin der Widersprechenden vom 4. Juni 2010 nennt keine eigenen Umsatzzahlen, sondern nimmt diesbezüglich Bezug auf die als Kopie beigefügte eidesstattliche Versicherung des Justiziars der Widersprechenden vom 28. Mai 2009 (vgl. Bl. 56 bis 59 GA). Zwar erfüllt die Einreichung einer Kopie einer eidesstattlichen Versicherung nicht die Voraussetzungen des § 294 Abs. 1 ZPO und reicht im Hinblick auf die insoweit regelmäßig fehlende Strafbewehrung grundsätzlich nicht aus (vgl. BPatG 24 W (pat) 115/98 - BRACCO/ GRACO ). Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass die Umsatzzahlen in der eidesstattlichen Versicherung vom 28. Mai 2009 lediglich zwecks Vermeidung von Wiederholungen zum Inhalt der im Original vorliegenden eidesstattlichen Versicherung vom 4. Juni 2010 gemacht wurden. Zudem bestätigt ihr Unterzeichner ausdrücklich die Richtigkeit der Angaben, so dass dem Erfordernis der eigenen Tatsachendarstellung des Erklärenden Genüge geleistet wurde und damit der Verweis auf die eidesstattliche Versicherung vom 28. Mai 2009 zulässig ist. Die eidesstattliche Versicherung vom 28. Mai 2009 weist von 2005 bis 2007 jährliche Umsätze in Höhe von ca. … bis … Millionen EUR aus. Davon entfielen über … % auf die Bau- und  Konstruktionsplanung  und -beratung, über … % auf die sonstigen Dienstleistungen eines Ingenieurs und ein zweistelliger Prozentsatz auf die Überlassung von technischen Arbeitnehmern auf Zeit. Ergänzend sind Kopien von Verträgen, Angeboten, Bestellungen und anderen Schreiben der Rechtsvorgängerin der Widersprechenden aus den Jahren 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006 und 2007 eingereicht worden (vgl. Bl. 60 bis 70 GA), auf denen die Widerspruchsmarke in der oben beschriebenen veränderten, aber auch in ihrer eingetragenen Form wiedergegeben ist. Allerdings beziehen sie sich allenfalls auf die für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen "Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung", "Dienstleistungen eines Ingenieurs" sowie "Überlassung von kaufmännischen, technischen und gewerblichen Arbeitnehmern auf Zeit". Zu diesen weisen auch die laut der eidesstattlichen Versicherung vom 4. Juni 2010 in den Jahren 2001 bis 2006 verwendete Präsentation (vgl. Bl. 71 bis 79 GA), die Imagebroschüre aus dem Jahr 2007 (vgl. Bl. 80 bis 95 GA) und die " TECCON "-Magazine aus den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 (vgl. Bl. 96 bis 169 GA) Bezüge auf. (3) Unter Berücksichtigung der lediglich in den eidesstattlichen Versicherungen ausgewiesenen Umsatzzahlen und des Umstands, dass die Benutzung nicht den Gesamtzeitraum von jeweils fünf Jahr ausfüllen muss (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, 346, Rdnr. 74 - Il Ponte  Finanziaria  Spa/HABM), ist von einer ernsthaften Benutzung gemäß § 26 Abs. 1 MarkenG lediglich für die oben genannten Dienstleistungen auszugehen. b) Die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, für welche die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, sind identisch bzw. ähnlich zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der jüngeren Marke. Eine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen liegt dann vor, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte und Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl. EuGH GRUR MarkenR 2009, 47, 53, Rdnr. 65 - Edition Albert René; BGH GRUR 2007, 321, 322, Rdnr. 20 - COHIBA; BGH GRUR 2007, 1066, 1068, Rdnr. 23 - Kinderzeit). Da der Beschluss vom 27. September 2007 nicht von der Widersprechenden angegriffen worden ist, ist der Widerspruch rechtskräftig zurückgewiesen worden, soweit er sich gegen die Dienstleistung "Unternehmensberatung technisch tätiger Unternehmen" der jüngeren Marke richtet. Demzufolge sind der Prüfung der Identität bzw. Ähnlichkeit die bei der jüngeren Marke verbleibenden Dienstleistungen "Organisatorische Projektplanung zur Durchführung technischer Projekte; technische Projektplanung; technische Beratung; technische Planung" zugrunde zu legen. Sie sind identisch mit den für die Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen "Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung" sowie "Dienstleistungen eines Ingenieurs", da diese die eben genannten Dienstleistungen der jüngeren Marke umfassen. c) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich einzustufen (vgl. auch BPatG 24 W (pat) 123/03, Rdnr. 20 -  TECON / TECCON ). Der Begriff " TECCON " kann zwar als Zusammensetzung der beiden Kürzel "tec" und "con" angesehen werden, die u. a. als Abkürzungen für die englischsprachigen Wörter "technology" und "construction" bzw. "consultation" aufgefasst werden können. Dennoch drängt sich die Interpretation als Sachangabe im Sinne von "Technikkonstruktion" oder "Technikberatung" nicht auf (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seiten 172 und 936). Zum einen ist es nicht ausgeschlossen, dass die angesprochenen Verkehrskreise insbesondere den Bestandteil "con" auch mit anderen Begriffen wie "condition" oder "conduct" in Verbindung bringen (vgl. Pons, a. a. O., Seiten 165 und 166). Zum anderen vermittelt die Widerspruchsmarke " TECCON " den Eindruck eines Gesamtbegriffs, so dass die Vorstellung, es handele sich um die Kombination der Elemente "tec" und "con", in den Hintergrund tritt. Ausreichende Anhaltspunkte, dass die ältere Marke auf Grund intensiver und längerfristiger Benutzung eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erworben hat, liegen nicht vor. Zwar ist sie ausweislich der eingereichten Unterlagen zumindest für die unter a) genannten Dienstleistungen benutzt worden. Allerdings ist ihnen nicht zu entnehmen, wie bekannt die Widerspruchsmarke innerhalb der Verkehrskreise gerade als Hinweis auf die Herkunft der benutzten Dienstleistungen ist (vgl. BGH GRUR 2007, 780, 784, Rdnr. 36 - Pralinenform). Hierbei ist auf die Bekanntheit im Fachverkehr abzustellen, da es sich bei den Dienstleistungen der älteren Marke, für die ihre Benutzung glaubhaft gemacht worden ist, um Tätigkeiten handelt, die vertiefte technische bzw. rechtliche Kenntnisse, insbesondere auf dem Gebiet des Ingenieurwesens oder des Arbeitsrechts, erfordern. So fehlen demoskopische Befragungen der Verkehrsteilnehmer oder Angaben zu Marktanteilen, die zuverlässige Rückschlüsse auf eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ermöglichen würden. d) Die sich gegenüberstehenden Marken sind nicht ähnlich. (1) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht nicht, da die Vergleichszeichen keine ausreichenden Übereinstimmungen in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht aufweisen. Hierbei ist auf ihren Gesamteindruck abzustellen (vgl. BGH GRUR 2009, 484, Rdnr. 32 - Metrobus), so dass es maßgeblich darauf ankommt wie die jeweilige Marke auf den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Dienstleistungen wirkt. Der Bestandteil "GmbH" der jüngeren Marke ist zwar ein beschreibender Hinweis auf eine Gesellschaftsform und findet somit nur eingeschränkt Beachtung (vgl. auch BGH GRUR 2002, 1067, Rdnr. 37 - OKV-Ostdeutsche Kommunalversicherung a.G.). Allerdings trägt er zur Verminderung der Verwechslungsgefahr bei, da sich Teile des Verkehrs die jüngere Marke dennoch in ihrer Gesamtheit merken und ihn demzufolge nicht vernachlässigen werden. Der Umstand, dass sich beide Marken vornehmlich an Fachkreise wenden, reduziert zusätzlich das Risiko von Verwechslungen. Sie sind regelmäßig in stärkerem Umfang über Marken auf ihrem Fachgebiet unterrichtet und begegnen neuen Kennzeichnungen mit größerer Aufmerksamkeit als das breite Publikum (vgl. EuG GRUR Int 2005, 928, 929, Rdnr. 26 und 27 - CM). Darüber hinaus sind die Unterschiede zwischen den beiden Begriffen " EMTECON " und " TECCON " so deutlich, dass unmittelbare Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang nicht zu erwarten sind. Die Buchstabenfolge "EM" fehlt in der Widerspruchsmarke. Darüber hinaus befindet sie sich bei der angegriffenen Marke am Wortanfang, der im allgemeinen stärker als die übrigen Markenteile beachtet wird (vgl. BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg's/Kelly's). Zudem vermittelt sie keinen beschreibenden Sinngehalt, der eine Verlagerung der maßgeblichen Bedeutung auf den nachfolgenden Bestandteil " TECON " zur Folge hätte. "EM" wird zwar auch in Kleinschreibung als Abkürzung für verschiedenste Wortfolgen verwendet (z. B. Europameisterschaft oder Electronic Mail), doch weisen sie keinen sachlichen Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der jüngeren Marke auf. Die Buchstabenfolge "EM" fällt auch klanglich deutlich auf, da es sich um die Kombination eines hell klingenden Vokals mit einem stimmhaften Lippenlaut handelt. Sie führt dazu, dass der Bestandteil " EMTECON " aus drei Silben besteht, während das ältere Zeichen nur zwei Silben enthält. Des Weiteren klingt die Widerspruchsmarke durch die Verdoppelung des Konsonanten "c" zum einen in der Mitte härter als die angegriffene Marke zu Beginn der dritten Silbe. Zum anderen wird der vorausgehende Vokal "e" kürzer ausgesprochen als in der zweiten Silbe des Begriffs "EM  TECON ". Schließlich tragen der Bestandteil "EM" und der zusätzliche Buchstabe "C" zu einem merklich anderen optischen Gesamteindruck bei. Da beide Marken keinen klar erkennbaren Sinngehalt vermitteln, besteht ebenfalls nicht die Gefahr begrifflicher Verwechslungen. (2) Es liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vergleichszeichen gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Insbesondere liegt kein Fall der mittelbaren Verwechslungsgefahr vor. Er setzt voraus, dass die beteiligen Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den beiden Marken erkennen, gleichwohl einen in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke werten, diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion beimessen und deshalb die übrigen Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen aus dem Geschäftsbereich des Inhabers der älteren Marke ansehen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Auflage, § 9, Rdnr. 374). Hierbei kann die Annahme eines Stammbestandteils auch dann nahegelegt sein, wenn es sich bei dem gleichen oder wesensgleichen Element um eine Firmenkennzeichnung handelt (vgl. BGH GRUR 1989, 350, 352 - Abbo/Abo). Zwar ist die Widerspruchsmarke Teil des Firmennamens der Inhaberin … GmbH & Co. KG. Doch enthält dieser zusätzliche Begriffe, wie " YACHT ". Dementsprechend wird sich die Aufmerksamkeit des Verkehrs nicht ausschließlich auf das Element " TECCON " richten. Die mit ihm wesensgleiche Buchstabengruppe " TECON " verbindet sich bei der jüngeren Marke zudem mit dem Bestandteil "EM" zu einer Einheit, so dass sie als eigenständiger Wortstamm nicht hinreichend deutlich hervortritt (vgl. auch BGH GRUR 2000, 886, 888 - Bayer/BeiChem). Hierbei ist ergänzend zu berücksichtigen, dass bei der Beurteilung der assoziativen Verwechslungsgefahr von Marken - in noch stärkerem Maße als bei der unmittelbaren - auf informierte, aufmerksame Verbraucherkreise abzustellen ist, welche die jeweiligen Marken in ihrer der Registrierung entsprechenden Form, nicht aber aufgrund flüchtiger akustischer Aufnahme wahrnehmen und davon ausgehend sich Gedanken über eine etwaige gemeinsame betriebliche Herkunft oder über sonstige Verbindungen zwischen den Markenverwendern machen (vgl. BPatG GRUR 2006, 868, Rdnr. 65 - go seven). Diesen Verkehrsteilnehmern werden jedoch die eben geschilderten Umstände auffallen, demzufolge nicht davon auszugehen ist, dass der Bestandteil " TECON " der jüngeren Marke in rechtserheblichem Umfang als Stammbestandteil angesehen wird. Anhaltspunkte, die eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nahelegen, sind nicht ersichtlich. e) Die von der Beschwerdeführerin angeführten Entscheidungen u. a. in den Widerspruchsverfahren 28 W (pat) 124/07 -  WELLSANA /Sana, 30 W (pat) 232/04 - PrimaLife/ LIFE  oder 25 W (pat) 202/03 - beepur/Epur führen zu keinem anderen Ergebnis, da sie andere Sachverhalte betreffen und für den vorliegenden Fall keine Bindungswirkung entfalten. 2. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht kein Anlass. Insofern trägt jede Partei die ihr erwachsenen Kosten selbst (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006468
BPatG
München
30. Senat
20100722
30 W (pat) 526/10
Beschluss
§ 71 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "EASY LENS SYSTEM (Wort-Bildmarke)" - keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 056 558.9 (hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr) hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 22. Juli 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als  Vorsitzende sowie des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
I. Die Markenanmeldung 30 2009 056 558.9 ist durch die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes wegen absoluter Schutzhindernisse zurückgewiesen worden. Der Beschluss wurde am 18. März 2010 mit Rechtsbehelfsbelehrung abgesandt, die Anmelderin hat den Beschluss laut Empfangbekenntnis des Anmeldevertreters (zurückgesandt mit Fax am Montag, den 22. März 2010) am Freitag, den 19. März 2010 erhalten. Die Anmelderin hat Beschwerde mit Schriftsatz vom 20. April 2010 eingelegt, der am selben Tag eingegangen ist. Darin hat der Anmeldevertreter hilfsweise Wiedereinsetzung beantragt und unter Versicherung an Eides statt erklärt, dass die tatsächliche Zustellung an ihn als Bevollmächtigten erst am Montag den 22. März 2010 erfolgt sei. Der Beschluss sei zwar am Freitag den 19. März in seinem Büro eingegangen, er selbst habe aber erst am Montag den 22. März – nach einer Woche Urlaub – Kenntnis davon erlangt und das Empfangsbekenntnis unterschrieben. Seine Mitarbeiterin, die das Empfangsbekenntnis am Freitag den 19. März versehentlich zusammen mit der anderen Post gestempelt habe, sei nicht beauftragt, Zustellungen für ihn in Empfang zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 21. April 2010 hat die Anmelderin die Beschwerde zurückgenommen und beantragt, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Eine nähere Begründung wurde nicht abgegeben. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr hat keinen Erfolg. Die Beschwerdegebühr ist mit Einlegung der rechtswirksamen Beschwerde verfallen, so dass eine Erstattung nur aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 3 MarkenG in Betracht kommt. 1. Die Beschwerde ist rechtswirksam eingelegt, da die Frist zur Einlegung der Beschwerde erst mit der Zustellung am 22. März 2010 zu laufen begonnen hat und damit die Einlegung der Beschwerde am 20. April 2010 fristgerecht erfolgt ist. Wie vom anwaltlichen Vertreter der Anmelderin an Eides statt versichert, hat er vom Beschluss erst am 22. März 2010 Kenntnis erhalten und das – mit Datumsstempel 19. März 2010 versehene - Empfangsbekenntnis erst am 22. März unterschrieben. Das Empfangsbekenntnis ist damit zwar mit Datum 19. März 2010 gestempelt und unterschrieben, die Zustellung ist beim anwaltlichen Vertreter aber erst dann bewirkt, wenn dieser den Beschluss mit dem Willen, ihn als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, entgegennimmt und dies durch seine Unterschrift auf dem Empfangsbekenntnis mit Angabe des Zustellungszeitpunkts dokumentiert. Macht er die Unrichtigkeit der Datumsangabe auf dem Empfangsbekenntnis geltend, steht ihm der Gegenbeweis offen (vgl. BGH IV ZR 147/01 v. 19.6.2002). Dieser setzt voraus, dass die Beweiswirkung des § 174 ZPO vollständig entkräftet und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angaben des Empfangsbekenntnisses richtig sein können. Hingegen ist dieser Gegenbeweis nicht schon dann geführt, wenn lediglich die Möglichkeit der Unrichtigkeit besteht, die Richtigkeit der Angaben also nur erschüttert ist (vgl. BGH VIII ZB 100/05 v. 17.4.2007). Im vorliegenden Fall genügt die unter Versicherung an Eides Statt abgegebene Erklärung des anwaltlichen Vertreters den Anforderungen, um die Beweiswirkung des Empfangsbekenntnisses zu entkräften, so dass die Zustellung des Beschlusses am 22. März 2010 und damit die Beschwerdeeinlegung fristgerecht erfolgt ist. 2. Gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG kann das Patentgericht anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird. Die Rückzahlung als Ausnahme gegenüber dem Grundsatz der vom Verfahrensausgang unabhängigen Gebührenpflichtigkeit der Beschwerde wird nur aus Billigkeitsgründen angeordnet, d. h. in Fällen, in denen es aufgrund der besonderen Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten. Hierbei kommt es weder auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens noch auf die Feststellung eines vorwerfbaren Fehlers der Vorinstanz an (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 9. Aufl. § 71 Rdn. 31). Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern wie der Verletzung des rechtlichen Gehörs in der Vorinstanz ergeben. Fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts rechtfertigt die Rückzahlung an sich noch nicht. Diese kommt nur in Betracht, wenn die Rechtsanwendung als völlig unvertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche Vorschriften oder eine gefestigte Amtspraxis bzw. eine ständige Rechtsprechung unbeachtet geblieben sind; das jeweilige Fehlverhalten muss zudem die Beschwerdeeinlegung notwendig gemacht haben (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 71 Rdn. 32). Im vorliegenden Fall sind keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Sachbehandlung durch das Deutsche Patent- und Markenamt erkennbar, die ursächlich für die Einlegung der Beschwerde durch die Anmelderin gewesen wäre. Es fehlt hierzu schon am konkreten Sachvortrag der Anmelderin. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist daher nicht veranlasst.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006469
BPatG
München
33. Senat
20100727
33 W (pat) 51/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "LEG Ideen Menschen Immobilien (Wort-Bild-Marke)" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 048 851.4 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 2008 und vom 11. Februar 2009 aufgehoben.
I Am 28. Juli 2008 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die farbige Wort-/Bildmarke für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Kl. 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Kl. 36: Immobilienwesen. Mit Beschlüssen vom 12. November 2008 und 11. Februar 2009, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle die Markenanmeldung gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle handelte es sich bei den Wortbestandteilen "LEG Ideen Menschen Immobilien" um einen unauffälligen Werbeslogan, der für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen beschreibenden Anklang aufweise. Die Buchstabenkombination "LEG" werde vom Publikum gerade im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ohne weiteres als gängige Abkürzung für das Wort "Landesentwicklungsgesellschaft" verstanden, wobei es unerheblich sei, ob es sich dabei um ein Unternehmen der öffentlichen Hand oder ein privatrechtliches Unternehmen handele. Dazu hat die Markenstelle neben verschiedenen Internetbelegen auch auf die Entscheidung des 33. Senats des Bundespatentgerichts zur Marke "LEG Management" verwiesen (33 W (pat) 137/04). Die Kombination der Worte "Ideen Menschen Immobilien" entspreche in ihrer Darstellung einem werbeüblichen, schlagwortartigen Slogan (z. B. "Menschen Tiere Sensationen"), welcher dem Verkehr in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen Ideenreichtum und eine besondere Berücksichtigung der menschlichen Komponente suggeriere. Dem Wort "Immobilien" komme dabei ein rein beschreibender Charakter zu, da es die Art, Bestimmung und den Gegenstand der Dienstleistungen bezeichne. Damit werde beschrieben, dass die Dienstleistungen von einer Landesentwicklungsgesellschaft erbracht würden, die besondere Ideen in ihre Immobilientätigkeit einbringe und der menschlichen Komponente besondere Bedeutung beimesse. Auch die graphischen Ausgestaltungen seien nur werbeüblich und begründeten nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Insgesamt fasse der Verkehr das angemeldete Zeichen lediglich als allgemeinen, werbemäßigen Hinweis auf eine der zahlreichen Landesentwicklungsgesellschaften auf, die Dienstleistungen im Immobilienbereich mit besonderem Ideenreichtum und unter Berücksichtigung der menschlichen Komponente anböten. Eine herkunftsunterscheidende Funktion könne der Marke nicht zugesprochen werden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. November 2008 und 11. Februar 2009 aufzuheben. Zur Begründung führt sie aus, dass die Markenstelle den nach der Rechtsprechung anzusetzenden großzügigen Maßstab an die Unterscheidungskraft verkannt habe. Sie habe unterstellt, dass es sich bei dem Markenbestandteil "LEG" um die gängige Abkürzung für "Landesentwicklungsgesellschaft" handele, ohne darzulegen, warum bereits dieses behauptete Begriffsverständnis den Schluss zulasse, "LEG" sei beschreibend. Denn selbst wenn man annehme, "LEG" sei die Abkürzung von "Landesentwicklungsgesellschaft", so handele es sich dabei nicht um einen beschreibenden Gattungsbegriff, sondern um einen Firmennamen bzw. das Firmenschlagwort einer juristischen Person des Privatrechts. Die Markenstelle sei jedoch fehlerhaft davon ausgegangen, dass es sich bei der Landesentwicklungsgesellschaft um eine staatliche Einrichtung handele und ihr Name daher nicht zur betrieblichen Herkunftsunterscheidung geeignet sein könne, ähnlich wie etwa "Finanzministerium" oder "Staatskanzlei". Dass es neben der Anmelderin weitere Unternehmen mit dem Firmennamen "Landesentwicklungsgesellschaft" gebe, sei kein Kriterium für die Beurteilung der Unterscheidungskraft, sondern allenfalls eine hier nicht zu prüfende Frage des Bestehens von Rechten Dritter. Die Markenstelle habe nicht die Unterscheidungskraft geprüft, sondern sich mit der Feststellung begnügt, dass es sich um eine Abkürzung für den Namen eines Unternehmens handele. Zudem bestehe die Möglichkeit, dass das weit gefächerte Publikum die Buchstabenkombination "LEG" anders als "Landesentwicklungsgesellschaft" verstehen könne, insbesondere als Fantasiebegriff. Der ganz überwiegende Teil der angesprochenen Verkehrskreise werde den Begriff "Landesentwicklungsgesellschaft" und deren von der Markenstelle behaupteten Funktionen nicht einmal kennen. Darüber hinaus habe die Markenstelle jedes einzelne Wortelement für sich betrachtet und jeweils einen Bedeutungsinhalt hineininterpretiert, bei dem sie zu dem Ergebnis gekommen sei, "dass die beanspruchten Dienstleistungen von einer (beliebigen) Landesentwicklungsgesellschaft erbracht werden, die in ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet des Immobilienwesens besondere Ideen einbringt und die der menschlichen Komponente im Rahmen ihrer Tätigkeit besondere Bedeutung beimisst". Diese ergebnisorientierte analysierende und zergliedernde Betrachtungsweise führe zu einem evident realitätsfernen Ergebnis. Ein unvoreingenommener Verbraucher würde zu dieser Bedeutung nicht kommen, da er nicht die Energie aufwenden würde, eine derartige Analyse der einzelnen Zeichenbestandteile vor dem Hintergrund der Dienstleistungen vorzunehmen. Im Übrigen sei die grafische Gestaltung der Marke zu berücksichtigen. Die lapidare, von der Markenstelle nicht belegte Behauptung einer Werbeüblichkeit reiche nicht, um der Marke die Unterscheidungskraft abzusprechen. Werbung sei ein Haupteinsatzgebiet von Marken. Im Markenregister befänden sich nahezu ausschließlich werbeübliche Bild- und Wort-/Bildmarken. Vorliegend habe die Markenstelle die Anforderungen an die Auffälligkeit bzw. Einzigartigkeit von unterscheidungskräftigen Bildelementen überspannt. Insbesondere reiche die bloße Behauptung einer Werbeüblichkeit nicht zur Verneinung der Unterscheidungskraft. Vielmehr bedürfe es, wie auch der Senat im "LEG Management" - Beschluss festgestellt habe, einer ausdrücklichen Feststellung unter Darlegung tatsächlicher Anhaltspunkte dafür, dass ein Zeichen aufgrund einer Verwendung in der Werbung nicht als Unterscheidungsmittel wahrgenommen werde. Statt dessen gehe die Gestaltung der Anmeldemarke weit über eine bloß auffällige Gestaltung der Schriftart, wie sie in vielen Fällen zur Eintragung ausgereicht habe, hinaus. Dazu verweist die Anmelderin auf die treppenartige Versetzung der Wortelemente, die unterschiedlichen Blautöne, Schriftgrößen und -stärken und die fantasievolle und auffällige dreidimensional anmutende Gestaltung des Buchstabens "G" in "LEG". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II Die Beschwerde ist begründet. Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen. So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dies hat der Senat für die angemeldete Marke, jedenfalls in ihrer Gesamtheit, nicht feststellen können. Allerdings dürfte den einzelnen Wortbestandteilen jeweils ein beschreibender Bedeutungsgehalt zukommen, wenngleich auch dies bei einigen Elementen nicht ohne weiteres auf der Hand liegt und hier letztlich offen gelassen werden kann. So stellt der optisch dominierende Buchstabenbestandteil "LEG" die Abkürzung für "Landesentwicklungsgesellschaft" dar, mit dem eine bestimmte Art von (bisher weitgehend staatseigenen) Unternehmen zur Realisierung von Städtebau-, Raumplanungs- und Wohnungsbauvorhaben bezeichnet wird (vgl. z. B. www.mein-wirtschaftslexikon.de/l/leg.php; http://de.wikipedia.org/wiki/Landesentwicklungsgesellschaft; www.umweltbundesamt.de/boden-undaltlasten/altlast/web1/…, vgl. a. Senatsbeschluss vom 30. November 2004 (33 W (pat) 137/04) - LEG Management). Ähnlich dem Wort "Landesbank" oder dessen Abkürzung "LB" handelt es sich entgegen der Auffassung der Anmelderin nicht um ein individualisierendes Firmenschlagwort, sondern um einen Gattungsbegriff für eine bestimmte Art von Unternehmen und damit um eine beschreibende Angabe über die Art des Betriebs, der die Dienstleistungen erbringt bzw. für den oder in dessen Auftrag die Dienstleistungen (z. B. Werbung) erbracht werden. Der weitere Markenbestandteil "Ideen" stellt eine Angabe darüber dar, dass die Dienstleistungen mit Ideen erbracht werden, ebenso ein werbliches Versprechen, dass der Anbieter Ideen einbringt. Außerdem kann es sich um eine Angabe darüber handeln, dass die Dienstleistungen auf die Förderung von Ideen ausgerichtet sind. Insbesondere ließ sich in Zusammenhang mit Landesentwicklungsgesellschaften häufig feststellen, dass diese im Rahmen von Wettbewerben Preise für die Entwicklung von Ideen und Konzeptionen ausloben oder sonst Projektideen entgegennehmen und prüfen (vgl. www.amaryllis-bonn.de/443.html; bvleg.de/leg-preis/leg-preis-2010: "Ideen gesucht für sich entleerende ländliche und periphere Räume!"; www.kinderbetreung24-erfurt.de/…). Das Markenelement "Menschen" benennt die Zielgruppe der Dienstleistungen und stellt die Sozialbezogenheit der Dienstleistungen und ihres Anbieters heraus. Ob es sich bei einer solchen Angabe allerdings nicht auch um eine bloße Selbstverständlichkeit handelt, kann hier letztlich offen gelassen werden. Schließlich benennt das weitere Markenelement "Immobilien" das wirtschaftliche Schwerpunktgebiet der Dienstleistungen. Für die beanspruchte Dienstleistung "Immobilienwesen" handelt es sich um die direkte Benennung des Dienstleistungsgegenstands. Unabhängig vom beschreibenden Bedeutungsgehalt ihrer einzelnen Wort- und Buchstabenbestandteile stellt die Marke jedoch in ihrer Gesamtheit nach Auffassung des Senats keine beschreibende Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Sieht man zunächst noch von der grafischen Ausgestaltung ab und betrachtet nur die reine Wortfolge "LEG Ideen Menschen Immobilien", so ist diese für eine beschreibende Merkmalsbezeichnung wegen ihrer schieren Länge sowie nach ihrer Art als Zusammensetzung aus einer Abkürzung der Unternehmensart und weiteren beschreibenden Einzelaspekten für eine bloße Merkmalsangabe (nicht hingegen für einen Slogan) lang, schwerfällig und ungewöhnlich. In dieser konkreten Form ist sie kaum als eine Angabe vorstellbar, die für Mitbewerber zur freien beschreibenden Verwendung von Merkmalen ihrer Dienstleistungen freigehalten werden müsste. Zudem lädt die Wortfolge "Ideen Menschen Immobilien" zu (wenn auch nicht intensiven) Überlegungen über deren sinnvolle Beziehung zueinander und zu der damit jeweils gekennzeichneten Dienstleistung ein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es in jedem Bundesland nur jeweils eine Landesentwicklungsgesellschaft gibt. Die Tätigkeit dieser Unternehmen ist angesichts ihrer immobilienbezogenen Aufgaben und Projekte naturgemäß (jedenfalls traditionell) regional beschränkt, was sich auch im Ergebnis der Senatsrecherche widerspiegelt. Angesichts dieser Tradition besteht eine nur geringe, wenngleich in Zukunft nicht gänzlich ausgeschlossene Möglichkeit, dass verschiedene Landesentwicklungsgesellschaften auf den Gebieten der vorliegend beanspruchten Dienstleistungen miteinander konkurrieren können. Das Freihaltungsbedürfnis an der Bezeichnung "Landesentwicklungsgesellschaft", ebenso wie an ihrer Abkürzung "LEG" ist daher als vergleichsweise niedrig anzusetzen. Hinzu kommt die grafische Ausgestaltung der Marke. Die Ausgestaltung des Buchstabens "G" im Bestandteil "LEG" in Form einer quadratischen Ausnehmung mit perspektivischer Wirkung im unteren Buchstabenelement dürfte zwar bei einem normal freihaltungsbedürftigen Ausdruck (z. B. "OHG" für "Offene Handelsgesellschaft") nicht für die Überwindung eines Freihaltungsbedürfnisses ausreichen. Angesichts der beschränkten Zahl von Landesentwicklungsgesellschaften wird die Gestaltung allerdings eine vom Freihaltungsbedürfnis wegführende Eigenprägung bzw. Individualisierungsfunktion erfüllen können, was hier im Ergebnis offen bleiben kann. Denn mit der farbigen Ausgestaltung der Marke, der Über- und Unterordnung der verschiedenen Buchstaben- bzw. Wortelemente, auch ausgedrückt durch verschiedene Schriftgrößen, und der jeweils versetzten Position dieser Bestandteile kommen weitere grafische Elemente hinzu. Sie mögen für sich genommen nicht über das Werbeübliche hinausgehen, zusammen mit der grafischen Ausgestaltung des "G" ergibt sich dann aber doch eine grafische Gesamtheit, die das vorliegend geringe (s. o.) Freihaltungsbedürfnis an den Buchstaben- und Wortelementen überwindet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zusätzlich die für eine bloße Merkmalsbezeichnung ungewöhnliche Länge und Umständlichkeit der Gesamtwortfolge sowie eine sich beim Lesen oder Hören ergebende Einladung zu Überlegungen hinsichtlich des sinnvollen Bezugs der Bestandteile "Ideen", "Menschen" und "Immobilien" untereinander sowie zu den Dienstleistungen mit berücksichtigt wird. Ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist damit nicht festzustellen. Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung zu verstehen, Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2002, 804 Nr. 35 - Philips/Remington; GRUR 2004, 428 Nr. 30, 48 - Henkel). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen, zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf den normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Nr. 24 - SAT.2). Kann einer Wortmarke ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice). Den danach an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellenden Anforderungen wird die angemeldete Bezeichnung gerecht. Die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit hat sich - wie oben ausgeführt - nicht als Angabe oder Wortfolge feststellen lassen, die sich in einer reinen Beschreibung erschöpft. Ergänzend ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigten, dass auch das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Lichte des Allgemeininteresses an der Verhinderung ungerechtfertigter, behindernder Monopole auszulegen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdn. 43 ff. m. w. N.). Auch hier ist daher das bereits oben erwähnte vergleichsweise geringe Freihaltungsbedürfnis an der Bezeichnung "LEG" mit zu berücksichtigen, ebenso wie die ohnehin schon zweifelhafte Eignung der langen Marke als brauchbare beschreibende Angabe. Nicht zuletzt angesichts der übersichtlichen Zahl der Landesentwicklungsgesellschaften hat der Senat keine Zweifel, dass die Marke mit ihrer grafischen Gestaltung die Herkunft der Dienstleistungen aus einer ganz bestimmten Landesentwicklungsgesellschaft garantieren kann.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006470
BPatG
München
33. Senat
20100810
33 W (pat) 92/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Wertgrund/Westgrund" – Zurückweisung der Beschwerde aufgrund fehlender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung – zur Kostenauferlegung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 48 119 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am OLG Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der Wortmarke 303 48 119 Wertgrund für Immobiliendienstleistungen, nämlich Vermittlung von Eigentumswohnungen, Gewerbeimmobilien und Grundstücken aller Art sowie grundstücksgleicher Rechte; Immobilienverwaltung; Vermietung von Wohnungen sowie von gewerblichen Immobilien; Schätzen von Immobilien; Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich finanzielle, technische und organisatorische Vorbereitung von Bauvorhaben; Facility-Management, nämlich Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher, technischer und finanzieller Hinsicht ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 395 11 608 Westgrund für Vermittlung und Vermietungen von Immobilien, Vermittlung oder Nachweis von Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, gewerbliche Räume und Wohnräume, Vermittlung von Hypotheken oder sonstigen Darlehen, Versicherungen, Dienstleistungen eines Baubetreuers, nämlich wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in finanzieller Hinsicht, Verwaltung von Immobilien und Projekten; Dienstleistungen eines Baubetreuers, nämlich wirtschaftliche Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in organisatorischer Hinsicht. Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2004 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der seit 1995 eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 28. Juli 2004 Unterlagen zum Nachweis der Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt. Mit Beschlüssen vom 7. Dezember 2004 und vom 5. Juni 2009, von denen der letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung des Erstprüfers hat die Widersprechende die  rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke glaubhaft gemacht, es fehle jedoch an einer Gefahr von Verwechslungen zwischen den Marken. Im Erinnerungsbeschluss vom 5. Juni 2009 hat die Erinnerungsprüferin hingegen die Auffassung vertreten, dass die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht worden sei. Dies gelte zunächst für den nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG maßgeblichen Zeitraum von Januar 1999 bis Januar 2004, da keine ausreichenden Belege für eine dem Umfang nach ernsthafte Benutzung vorgelegt worden seien. Hierfür hätte sich die Angabe von Umsatzzahlen in einer eidesstattlichen Versicherung angeboten. Soweit nur Prospekte oder sonstige Werbematerialen vorgelegt worden seien, hätte die Widersprechende belegen müssen, in welcher Auflagenhöhe diese Unterlagen erschienen seien, wie sie verteilt worden seien und warum die Angabe konkreter Umsatzzahlen nicht möglich gewesen sei. Derartige Angaben fehlten jedoch. Der vorgelegte Geschäftsbericht enthalte keine entsprechenden Informationen und eine eidesstattliche Versicherung sei nicht eingereicht worden. Im Übrigen ergäbe sich aus den eingereichten Unterlagen keine markenmäßige, sondern allein eine firmenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke, die ausschließlich als vollständige Unternehmensbezeichnung mit Angaben zur Rechtsform der Gesellschaft genutzt werde. Für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von Mai 2004 bis Mai 2009 fehle es an jeglichen Benutzungsunterlagen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat sich die Begründung ihrer Beschwerde vorbehalten, jedoch keine weitere Stellungnahme, insbesondere keine weiteren Benutzungsunterlagen eingereicht. Die Widersprechende beantragt, sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 vom 7. Dezember 2004 und vom 5. Juni 2009 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Die Widersprechende hat die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke jedenfalls nicht nach der Alternative des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG glaubhaft gemacht, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG keine der für sie eingetragenen Dienstleistungen berücksichtigt werden können und somit schon deshalb keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden kann. Der Widerspruch und damit die Beschwerde der Widersprechenden erweisen sich damit als unbegründet. Die mit Schriftsatz des Markeninhabers vom 14. Juni 2004 erhobene Nichtbenutzungseinrede ist ohne Einschränkung auf eine der beiden Alternativen des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG erhoben worden (sog. undifferenzierte Nichtbenutzungseinrede). Da sie sich gegen eine bereits seit 1995 eingetragene Marke richtet, die sowohl zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angegriffenen Marke als auch zum Zeitpunkt der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede bereits seit über fünf Jahren eingetragen war, ist sie auch nach beiden Alternativen des § 43 Abs. 1 MarkenG zulässig. Die Widersprechende hätte daher von sich aus, ohne dass es irgendwelcher Hinweise des Patentamts oder des Gerichts bedurft hätte (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43 Rdn. 44 ff.), die rechtserhaltende Benutzung für beide in der o. g. Vorschrift genannten Benutzungszeiträume glaubhaft machen müssen. Dies ist jedenfalls für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG nicht geschehen. Nach dieser Vorschrift hat der Widersprechende, wenn der Gegner die Benutzung einer seit über fünf Jahren eingetragenen Marke bestreitet, glaubhaft zu machen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Darunter ist die jeweilige, das Verfahren abschließende Entscheidung zu verstehen, also ggf. erst die Beschwerdeentscheidung (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 43, Rdn. 12 f.). Die Widersprechende hätte daher (im Rahmen eines wandernden Benutzungszeitraums) Benutzungsunterlagen vorlegen müssen, aus denen innerhalb des Zeitraums von August 2005 bis heute eine insgesamt ausreichende ernsthafte Benutzung hervorgeht. Solche Unterlagen liegen nicht vor. Die mit Schriftsatz vom 28. Juli 2004 eingereichten Unterlagen können schon allein wegen des inzwischen eingetretenen Zeitablaufs hierfür nicht mehr berücksichtigt werden. Damit ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG glaubhaft gemacht worden, so dass die Frage der rechtserhaltenden Benutzung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ebenso dahinstehen kann, wie die Frage der Verwechslungsgefahr. Der Widerspruch und damit die Beschwerde erweisen sich damit als unbegründet. 2. Der Senat sieht davon ab, der Widersprechenden nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Hierzu hätte insofern Anlass bestanden, als die Widersprechende im Beschwerdeverfahren keine Benutzungsunterlagen eingereicht hat, die für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG relevant sein können, obwohl die im Verfahren vor dem Patentamt vorgelegten Benutzungsunterlagen (Geschäftsbericht für das Jahr 2002 und ein Prospekt, der offensichtlich aus dem gleichen Zeitraum stammt) hierfür erkennbar veraltet waren, worauf schon die Erinnerungsprüferin auf Seite 4 ihrer Entscheidung hingewiesen hat. Wird auf eine zulässige Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruch ohne (weiteren) ernsthaften Versuch der erforderlichen Glaubhaftmachung der Benutzung weiter verfolgt, so entspricht es in der Regel der Billigkeit, dem Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Da sich jedoch der Inhaber der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren ebenfalls nicht geäußert hat und auch sonst keine Anhaltspunkte für Kosten verursachende Maßnahmen erkennbar waren, konnte von einer Kostenauferlegung abgesehen werden.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006472
BPatG
München
27. Senat
20100810
27 W (pat) 89/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Q2E" – kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 032 587.1/41 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. August 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. November 2009 und vom 29. April 2010 werden aufgehoben.
I. Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke Q2E für folgende Dienstleistungen beantragt: Klasse 41: Vorbereitung und Durchführung von Seminaren; Durchführung von Fortbildungsmaßnahmen; Durchführung und Veranstaltung von Konferenzen; Durchführung und Veranstaltung von Weiterbildungsangeboten zum Qualitätsmanagement bei Schulen und Hochschulen Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Schulen und Hochschulen; Beratung und Fragen der Geschäftsführung; Personalmanagementberatung Klasse 42: Dienstleistungen im Bereich der Wissenschaft und der Technologie sowie diesbezügliche Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen; Qualitätssicherung durch Durchführung von Qualitätsprüfungen; Zertifizierungen, nämlich Durchführung von Zertifizierungsaudits zum Qualitätsmanagement; Zertifizierungen, nämlich Durchführung und Veranstaltung von externen Schulbewertungen nach Qualitätsgesichtspunkten. Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 19. November 2009 und 29. April 2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Die Anmelderin hat dagegen Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, Q2E sei ein Modell ganz konkreten Zuschnitts und kein allgemein gültiges, welches eine beliebige Ausgestaltung erfahren könnte. Sie selbst habe das Verfahren mitentwickelt und exklusiv weiterentwickelt. Q2E sei kein Akronym. Sie beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen. II. Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Dass Q2E eine beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, hat die Markenstelle offen gelassen. Der Senat hat keinen Anlass, Q2E eine beschreibende Bedeutung beizumessen. Die Aussage „Qualität durch Evaluation/Entwicklung“ mag für sich beschreibend sein, kommt aber in Q2E nicht zum Ausdruck, zumal die 2 in mancherlei Zusammenhängen zwar ein englisches „to“ ersetzt, aber kein „durch“ und auch kein dem deutschen Wort „durch“ entsprechendes fremdsprachiges Wort. Gerade im hier vorliegenden wissenschaftlichen Bereich wird es auch als „Q hoch 2“ oder „Q Quadrat“ angesehen, wie auch die Markenstelle, z. B. zu I 2 C, recherchiert hat. Diese Lesart führt aber nicht zu einem auf der Hand liegendem Verständnis von besonders hoher Qualität. Ohne beschreibende Aussage wäre das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) aber nur gegeben, wenn es sich bei Q2E um eine Bezeichnung handeln würde, die von den angesprochenen Kreisen - etwa wegen einer entsprechenden allgemeinen Verwendung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Die von der Markenstelle durchgeführten Internet-Recherchen (siehe Anlagen zum Beschluss vom 19. November 2009) zeigen Q2E als Orientierungsmodell für den Aufbau eines Qualitätsmanagements an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Das Modell soll die Schulen beim Aufbau und bei der Umsetzung eines schulinternen Qualitätsmanagements durch die praxisnahe Beschreibung von Instrumenten, Verfahren und Problemlösungen unterstützen. In den von der Markenstelle recherchierten Fundstellen sprechen Anwender in diesem Zusammenhang von dem „schweizerischen Qualitätsmanagementmodell Q2E“ bzw. von dem „Q2E-Modell nach Prof. Dr. L…“. Ferner zeigen die Belege ein Buch über Q2E, das von einem interkantonalen Projekt mit dem Titel Q2E handelt. Es fehlen jedoch Nachweise dafür, dass Q2E von den hier angesprochenen Kreisen, insbesondere den für Bildungseinrichtungen Verantwortlichen, als Hinweis auf ein allgemein von verschiedenen Anbietern beziehbares Modell benutzt und verstanden wird, das nicht einem Anbieter zugeschrieben ist, sondern durch Q2E nur verfahrensmäßig bestimmt ist. Die Fundstellen zeigen Q2E nicht als bloße Typenangabe bzw. sonstige Sachaussage. Dass das Q2E-Verfahren und seine Bezeichnung von der Anmelderin entwickelt worden sind, ist allerdings entgegen deren Argumentation nicht entscheidungserheblich (vgl. BPatG, Beschluss vom 24. April 2007, Az: 27 W (pat) 67/07 - MP3). Maßgeblich ist allein, dass Q2E auch noch im heutigen, für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen Zeitpunkt, auf dem einschlägigen Markt nicht als gattungsbegriffliche Bezeichnung verwendet wird, die die angesprochenen Kreise als Sachbegriff verstehen. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006473
BPatG
München
27. Senat
20100727
27 W (pat) 103/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "King's Court" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 545.5 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Januar 2010 und vom 4. Mai 2010 werden insoweit aufgehoben, als sie der angemeldeten Marken den Schutz versagen.
I. Dem angemeldeten Zeichen King's Court hat die Markenstelle mit den angefochtenen Beschlüssen letztlich für die folgenden Waren den Schutz versagt: Unterhaltungsgeräte, die mit einem externen Bildschirm oder Monitor zu verwenden sind; Spiele, einschließlich Glücksspiele; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; geld- oder münzbetätigte Spiel- oder Sportautomaten (Maschinen); vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; Handkonsolen zum Spielen elektronischer Spiele; Wettautomaten (Maschinen); Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten; Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsgeräten für Casinos; Veranstaltung und Durchführung von Spielen, einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen sowie von Roulette; Veranstaltung von Lotterien; Durchführung von Spielen im Internet; online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos; Dienstleistungen von Wettbüros (Unterhaltung). Das ist damit begründet, die angemeldete Marke sei aus den englischen Wörtern „King´s“ und „Court“ gebildet. Da es sich dabei um Begriffe des englischen Basiswortschatzes handle und das Wort „Court“ in Deutschland aus Bezeichnungen wie „Center Court“, „Squash Court“, „Supreme Court“ und „High Court“ bekannt sei, könne davon ausgegangen werden, dass ein entscheidungserheblicher Teil des Publikums die Bedeutung als „Königshof“ bzw. „Hof des Königs“ verstehe. Im Bereich der Spiele gebe es zahlreiche Produkte zum Thema „Kaiser, König, Königshof“, darunter auch Spiele, die sich explizit mit dem Geschehen am Königshof befassten, wie z. B.: - Mantic Games: Der königliche Hof, www.brueckenkopf-online.com - Am Hof von König Arthus – Roland, Ritter Ungestüm, www.gamesorbit.de - Unmut am Hof des Königs!, Kartenspiel, www.adlung- spiele.de - Im Schatten des Sonnenkönigs, www.reich-der-spiele.com Daher werde das Publikum die Kennzeichnung „King´s Court“ nur als beschreibenden Hinweis auf die Thematik, den Inhalt und entsprechende Szenarien und Ausstattungen verstehen, nicht jedoch als individualisierenden Herkunftshinweis. Daher sei die Marke für alle Waren der Klasse 9 und 28, die einen inhaltlichen Bezug zu Spielen haben könnten, zurückzuweisen. Auch hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 41 stehe der beschreibende Charakter im Vordergrund, weil sich diese Dienstleistungen auf derartige Spiele und Spielgeräte beziehen könnten. Die von der Anmelderin geltend gemachten Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „King´s Court“ und „Court Kings“ in Großbritannien und den Vereinigten Staaten führten zu keiner anderen Beurteilung, denn es bestehe keine rechtliche Bindung an ausländische Voreintragungen. Die deutsche Voreintragung (Kings Court, Registernummer 304 61 987) sei für einen gänzlich anderen Warenbereich geschützt (Klassen 33, 32 und 44), der mit der vorliegenden Marke keinerlei Berührungspunkte habe. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat in der Sache Erfolg, weil einer Registrierung der angemeldeten Marke für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen. Insoweit verfügt die angemeldete Bezeichnung über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um eine gebräuchliche Wortfolge einer bekannten Fremdsprache handelt, die das Publikum, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel versteht. Dies ist hier beides nicht der Fall. Letzteres hat weder die Markenstelle belegt, noch konnte der Senat entsprechende Nachweise finden. Anders als die Begriffe "Star" oder "Champion" hat sich der Begriff "King" auch nicht als personifizierter Sachhinweis auf eine besonders herausgehobene Qualität von Waren oder Dienstleistungen eingebürgert (ebenso BPatG 27 W (pat) 157/01 - Boarder King; 29 W (pat) 162/94 – PaperKing ; 27 W (pat) 53/08 - Spaghetti King). Gegen einen solchen Sachhinweis sprechen indiziell auch die Voreintragungen in englischsprachigen Ländern. Das deutsche Publikum wird zwar keine Schwierigkeiten haben, die Marke mit „Königshof" zu übersetzen. Soweit dies – wie hier – aber keine beschreibende Angabe ist, weist es auf einen ganz bestimmten Geschäftsbetrieb hin. „King’s Court“ ist selbst für Spiele, auf die die Markenstelle besonders abgestellt hat, keine beschreibende Angabe der Art, wie „Quartett“ o. ä. Es bezeichnet auch keine Spielstätte, wie „Center Court“, „Schachbrett“ oder „Casino“. Ferner gibt es keinen Hinweis auf die Spielweise, wie z.B. „Ritterturnier“, „Labyrinth“ etc. Allenfalls gibt es einen vagen Hinweis auf das Genre, wobei allerdings die Bandbreite von Mittelalter bis zur Zukunft reicht und sogar den der Justiz umfasst. Solche vagen Hinweise nimmt das Publikum gerade bei Spielen durchaus als Marken; „King’s Court“ lässt ja völlig offen, was am Königs( gerichts )hof passieren soll. Da kann es um Verbrechen gehen, um die Befreiung gefangener Burgfräuleins, um Beziehungsspiele, um Läufe durch die Räume eines Schlosses und vieles mehr. Das gilt sowohl für Brettspiele als auch für Computerspiele und Spielautomaten. Für Spielkonsolen, die bei Flugsimulatoren oder dergleichen eine bestimmte Funktionalität haben müssen, und auch sonst im Zusammenhang mit den strittigen Waren und Dienstleistungen sagt „King’s Court“ nichts über Funktionalität aus. Erst recht werden Zusatzmodule, wie etwa Geldspeicher an Spielautomaten, durch „King’s Court“ nicht beschrieben. Dies hat die Markenstelle für Klasse 9 selbst so gesehen, einen Unterschied zu Klasse 28 aber nicht begründet. Auch im Zusammenhang mit Spielstätten, Casinos, Spielhallen etc. und Wettbüros sagt „King’s Court“ nichts über die Art der angebotenen Spiele oder darüber aus, worauf gewettet werden soll. Der Marke kann in ihrer Gesamtheit damit kein eindeutig beschreibender Aussagegehalt entnommen werden. Deshalb stellt sie keine freihaltungsbedürftige Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr liegen keine Billigkeitsgründe vor.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006473&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006515
BPatG
München
4. Senat
20100629
4 Ni 83/08
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … … betreffend das deutsche Patent 199 64 550 hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010 durch den Richter Voit als Vorsitzenden, die Richterin Friehe, den Richter Dipl.-Ing. Rippel, die Richterin Dr.-Ing. Prasch und den Richter Dr. Ing. Dorfschmidt für Recht erkannt: 1. Das deutsche Patent 199 64 550 wird insoweit für nichtig erklärt, als es über folgende Patentansprüche hinausgeht: 1. Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26) unter Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt, das Werkzeug (16) mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen und die Werkzeugaufnahme (10) anschließend wieder abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt wird. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen Feldlinien (28) in dem Polschuh (34) konzentriert und unter Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet werden. 3. Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26) unter Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt, das Werkzeug (16) mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen und die Werkzeugaufnahme (10) anschließend wieder abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen Feldlinien (28) in einem Polschuh (34) aus magnetisch leitendem Wirkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften konzentriert und unter Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet werden. 4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10) mit ihrer Hülsenpartie (12) in eine zentrale Öffnung (30) der als Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) eingeführt wird, und dass das Werkzeug (16) beim Ein- und Ausspannen mit seinem Schaft (14) durch eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) des Polschuhs (24) hindurch in die aufgeweitete Bohrung (20) eingeführt oder aus dieser herausgezogen wird. 5. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie Ende der Hülsenpartie (12) axial und/oder radial zur Anlage gebracht wird. 6. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Polschuh (34) und dem über die Hülsenpartie (12) überstehenden Teil des Werkzeugs (16) ein Luftspalt freigehalten wird. 7. Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer Werkzeugaufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24) offene Hülsenpartie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, und mit einer die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) umfassenden, mit einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbaren, als Ring- oder Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) zum Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekennzeichnet, dass der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) mittels eines Polschuhs (34) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt ist. 8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule angeordnet ist und eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) für das Werkzeug aufweist. 9. Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer Werkzeugaufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24) offene Hülsenpartie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, und mit einer die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) umfassenden, mit einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbaren, als Ring- oder Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) zum Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekennzeichnet, dass auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule ein Polschuh (34) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften angeordnet ist, der eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) für das Werkzeug aufweist. 10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) das freie Ende (Ringfläche 24) der Hülsenpartie (12) teilweise übergreift. 11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie Ende der Hülsenpartie (12) axial und/oder radial anliegt. 12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Durchtrittsöffnung (36) des Polschuhs (34) gegenüber dem Werkzeugdurchmesser Übermaß aufweist. 13. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur Durchtrittsöffnung (36) hin partiell verjüngenden Querschnitt aufweist. 14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) als Ringscheibe ausgebildet ist. 15. Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Ringscheibe eine zur Durchtrittsöffnung (36) konzentrische konische Eindrehung aufweist. 16. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) durch mehrere speichenartig angeordnete Radialstege gebildet ist. 17. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) an ihrer dem Polschuh (34) gegenüberliegenden Stirnseite und/oder an ihrer äußeren Mantelfläche eine magnetische Abschirmung (42, 44) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften trägt. 18. Vorrichtung nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) als Ringscheibe mit einer Durchtrittsöffnung (46) für die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) ausgebildet ist. 19. Vorrichtung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) durch mehrere speichenartig angeordnete Radialstege gebildet ist. 20. Vorrichtung nach Anspruch 18 oder 19, dadurch gekennzeichnet, dass die mantelseitige Abschirmung (44) als Zylinderkäfig ausgebildet ist. 21. Vorrichtung nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet, dass der Zylinderkäfig in Umfangsrichtung geschlossen ist. 22. Vorrichtung nach Anspruch 21, dadurch gekennzeichnet, dass der Zylinderkäfig aus mehreren, in Umfangsrichtung im Abstand voneinander angeordneten, achsparallelen Stegen gebildet ist. 23. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 22, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) aus weichmagnetischem, insbesondere aus einem weichferritischen oxidkeramischen Werkstoff besteht. 24. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 23, dadurch gekennzeichnet, dass die magnetische Abschirmung (42, 44) aus weichmagnetischem, insbesondere aus einem weichferritischen oxidkeramischen Werkstoff besteht. 25. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 24, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur Durchtrittsöffnung (36) konzentrischen, ringförmigen Zentrieransatz zur Aufnahme der freien Enden der Hülsenpartie (12) und/oder zur Abstützung in der Ringöffnung der Induktionsspule (26) aufweist. 26. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 25, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) eine vorzugsweise mehrlagig gewickelte Spulenwicklung aus einer Hochfrequenz-Litze aufweist. 27. Vorrichtung nach Anspruch 26, dadurch gekennzeichnet, dass die Spulenwicklung (33) luftgekühlt ist. 28. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 27, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) einen Spulenkörper (32) aus keramischem Material aufweist. 29. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 28, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsenpartie (12) eine Passbohrung zur Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, an die sich zum freien Ende hin ein Abschnitt größeren Durchmessers anschließt. 30. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 29, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsenpartie eine zylindrische oder kegelstumpfförmige Mantelfläche aufweist. 31. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 30, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme ein die Hülsenpartie (12) tragendes, mit einer drehenden Maschinenspindel verbindbares Kupplungsstück (18) aufweist. 32. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 31, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10) und die Induktionsspule (26) relativ zueinander bewegbar sind. 33. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 und/oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 32 zum Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen aus elektrisch leitfähigem Material in eine bzw. aus einer Hülsenpartie einer metallischen Werkzeugaufnahme. 34. Verwendung nach Anspruch 33 zum Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen (16) aus Werkzeugstahl. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben. IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten sind eingetragene Inhaberinnen des deutschen Patents 199 64 550 (Streitpatent), das durch Teilung aus der Patentanmeldung 199 15 412 hervorgegangen ist. Anmeldetag ist der 6. April 1999; die Patenterteilung wurde am 13. Dezember 2007 veröffentlicht. Das erteilte Patent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Spannen von Werkzeugen und umfasst 40 Patentansprüche, die vollständig angegriffen sind. Hinsichtlich des Wortlauts der Patentansprüche in der erteilten Fassung wird auf die Patentschrift DE 199 64 550 B4 Bezug genommen. Die Beklagten verteidigen das Patent nur noch in beschränktem Umfang mit den im Urteilstenor enthaltenen Patentansprüchen 1 bis 34. Die Klägerin ist der Ansicht, die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1, 3, 7 und 9 des Streitpatents seien - unter Berücksichtigung der durch den Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Einkaufswagen II“ (GRUR 2005, 1023 f.) aufgestellten Grundsätze - unzulässig erweitert. Darüber hinaus seien die Gegenstände des Streitpatents nicht patentfähig, da sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen. Die Klägerin stützt sich insoweit auf die Druckschriften NK 7 (D1) DE 39 25 641 A1 NK 10 (D2) US 5 311 654 NK 11 (D3) Kapitel 11 A - Induction Heat Treatment: Basic Principles, Computation, Coil Construction and Design Considerations, Valeri I. Rudnev, Raymond L. Cook, Don L. Loveless, Micah R. Black in: Fachbuch „Steel Heat Treatment Handbook“ (1997), Marcel Dekker, IR, INC. NK 12 (D4) JP 49-100434 NK 13 (D4A) englische Übersetzung von JP 49-100434 NK 14 (D5) SU 248 101 NK 15 (D5A) deutsche Übersetzung von SU 248 101 NK 17 Fachbuch „Fachkunde Elektrotechnik“ NK 19 (D6) DD 40 363 NK 20 (D7) Firmeninformationsschrift „Induktive Erwärmung“ der RWE AG, 4. Auflage 1991 NK 21 (D8) „Production and Concentration of Magnetic Flux for More Efficient Induction Heating Applications”, Robert S. Ruffini und Robert J. Madeira in “Industrial Heating”, Feb. 1998 Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 199 64 550 in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Beklagten beantragen, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Patent folgende Fassung erhält: 1. Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26) unter Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt, das Werkzeug (16) mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen und die Werkzeugaufnahme (10) anschließend wieder abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt wird. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen Feldlinien (28) in dem Polschuh (34) konzentriert und unter Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet werden. 3. Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26) unter Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt, das Werkzeug (16) mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen und die Werkzeugaufnahme (10) anschließend wieder abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen Feldlinien (28) in einem Polschuh (34) aus magnetisch leitendem Wirkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften konzentriert und unter Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet werden. 4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10) mit ihrer Hülsenpartie (12) in eine zentrale Öffnung (30) der als Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) eingeführt wird, und dass das Werkzeug (16) beim Ein- und Ausspannen mit seinem Schaft (14) durch eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) des Polschuhs (24) hindurch in die aufgeweitete Bohrung (20) eingeführt oder aus dieser herausgezogen wird. 5. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie Ende der Hülsenpartie (12) axial und/oder radial zur Anlage gebracht wird. 6. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen dem Polschuh (34) und dem über die Hülsenpartie (12) überstehenden Teil des Werkzeugs (16) ein Luftspalt freigehalten wird. 7. Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer Werkzeugaufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24) offene Hülsenpartie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, und mit einer die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) umfassenden, mit einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbaren, als Ring- oder Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) zum Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekennzeichnet, dass der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) mittels eines Polschuhs (34) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt ist. 8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule angeordnet ist und eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) für das Werkzeug aufweist. 9. Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) mit einer Werkzeugaufnahme (10), die eine an ihrem freien Ende (24) offene Hülsenpartie (12) aus elektrisch leitendem Werkstoff zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, und mit einer die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) umfassenden, mit einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbaren, als Ring- oder Zylinderspule ausgebildeten Induktionsspule (26) zum Erwärmen der Hülsenpartie (12), dadurch gekennzeichnet, dass auf der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule ein Polschuh (34) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften angeordnet ist, der eine zentrale Durchtrittsöffnung (36) für das Werkzeug aufweist. 10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) das freie Ende (Ringfläche 24) der Hülsenpartie (12) teilweise übergreift. 11. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) gegen das freie Ende der Hülsenpartie (12) axial und/oder radial anliegt. 12. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Durchtrittsöffnung (36) des Polschuhs (34) gegenüber dem Werkzeugdurchmesser Übermaß aufweist. 13. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur Durchtrittsöffnung (36) hin partiell verjüngenden Querschnitt aufweist. 14. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) als Ringscheibe ausgebildet ist. 15. Vorrichtung nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Ringscheibe eine zur Durchtrittsöffnung (36) konzentrische konische Eindrehung aufweist. 16. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) durch mehrere speichenartig angeordnete Radialstege gebildet ist. 17. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) an ihrer dem Polschuh (34) gegenüberliegenden Stirnseite und/oder an ihrer äußeren Mantelfläche eine magnetische Abschirmung (42, 44) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften trägt. 18. Vorrichtung nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) als Ringscheibe mit einer Durchtrittsöffnung (46) für die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10) ausgebildet ist. 19. Vorrichtung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, dass die stirnseitige magnetische Abschirmung (42) durch mehrere speichenartig angeordnete Radialstege gebildet ist. 20. Vorrichtung nach Anspruch 18 oder 19, dadurch gekennzeichnet, dass die mantelseitige Abschirmung (44) als Zylinderkäfig ausgebildet ist. 21. Vorrichtung nach Anspruch 20, dadurch gekennzeichnet, dass der Zylinderkäfig in Umfangsrichtung geschlossen ist. 22. Vorrichtung nach Anspruch 21, dadurch gekennzeichnet, dass der Zylinderkäfig aus mehreren, in Umfangsrichtung im Abstand voneinander angeordneten, achsparallelen Stegen gebildet ist. 23. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 22, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) aus weichmagnetischem, insbesondere aus einem weichferritischen oxidkeramischen Werkstoff besteht. 24. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 23, dadurch gekennzeichnet, dass die magnetische Abschirmung (42, 44) aus weichmagnetischem, insbesondere aus einem weichferritischen oxidkeramischen Werkstoff besteht. 25. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 24, dadurch gekennzeichnet, dass der Polschuh (34) einen zur Durchtrittsöffnung (36) konzentrischen, ringförmigen Zentrieransatz zur Aufnahme der freien Enden der Hülsenpartie (12) und/oder zur Abstützung in der Ringöffnung der Induktionsspule (26) aufweist. 26. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 25, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) eine vorzugsweise mehrlagig gewickelte Spulenwicklung aus einer Hochfrequenz-Litze aufweist. 27. Vorrichtung nach Anspruch 26, dadurch gekennzeichnet, dass die Spulenwicklung (33) luftgekühlt ist. 28. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 27, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktionsspule (26) einen Spulenkörper (32) aus keramischem Material aufweist. 29. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 28, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsenpartie (12) eine Passbohrung zur Aufnahme des Werkzeugschafts (14) aufweist, an die sich zum freien Ende hin ein Abschnitt größeren Durchmessers anschließt. 30. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 29, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülsenpartie eine zylindrische oder kegelstumpfförmige Mantelfläche aufweist. 31. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 30, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme ein die Hülsenpartie (12) tragendes, mit einer drehenden Maschinenspindel verbindbares Kupplungsstück (18) aufweist. 32. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 31, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkzeugaufnahme (10) und die Induktionsspule (26) relativ zueinander bewegbar sind. 33. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 und/oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 32 zum Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen aus elektrisch leitfähigem Material in eine bzw. aus einer Hülsenpartie einer metallischen Werkzeugaufnahme. 34. Verwendung nach Anspruch 33 zum Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen (16) aus Werkzeugstahl. Sie sind der Ansicht, das Streitpatent weise weder unzulässige Erweiterungen auf noch sei der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gegeben.
I. Die Klage ist zulässig, jedoch nur insoweit begründet, als das streitgegenständliche Patent für nichtig zu erklären war, soweit es über die Patentansprüche 1 bis 34 gemäß dem Antrag der Beklagten hinausging. Soweit die Beklagten das Streitpatent noch verteidigen, ist sein Gegenstand weder unzulässig erweitert noch für den Durchschnittsfachmann, hier ein Dipl.-Ing. (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, mit Erfahrungen in der Spanntechnik und Kenntnissen der Elektrotechnik, aus dem relevanten Stand der Technik nahe gelegt. Soweit die Beklagten das Patent nicht mehr verteidigen, war es ohne weiteres für nichtig zu erklären. II. 3.1. In gegliederter Fassung, auf die im Folgenden Bezug genommen wird, lautet der geltende Patentanspruch 1 wie folgt: 1. Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, 1.1. die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, 2. bei welchem die Werkzeugaufnahme (10) unter Aufweitung ihrer Bohrung (20) induktiv erwärmt wird; 2.1. die Erwärmung erfolgt mittels einer die Hülsenpartie (12) umfassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule (26); 2.2. das Werkzeug (16) wird mit seinem Schaft (14) in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen; 2.3. die Werkzeugaufnahme (10) wird anschließend wieder abgekühlt; - Oberbegriff - 3. der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) wird im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt; 3.1. dies erfolgt unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften; - Kennzeichen - Der Senat legt dem geltenden Patentanspruch 1 folgendes Verständnis zu Grunde: Das Streitpatent betrifft gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden mit Hilfe einer Induktionsheizung. Jedoch ist das streitpatentgemäße Verfahren gemäß dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nicht nur auf die in der streitpatentgemäßen Aufgabenstellung genannten Werkzeuge mit größerer thermischer Ausdehnung und/oder aus elektrisch leitfähigem Material beschränkt, sondern vielmehr für alle, einen Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeuge grundsätzlich geeignet, wenngleich sie nur bei den bevorzugten Werkzeugmaterialien ihre vorteilhafte Wirkung entfalten kann. Die Werkzeugaufnahme wird mittels einer die Hülsenpartie umfassenden, mit Wechselstrom beaufschlagten Induktionsspule induktiv erwärmt, so dass sich die Bohrung der Hülsenpartie aufweitet und das Werkzeug mit seinem Schaft in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen werden kann. Anschließend wird die Werkzeugaufnahme wieder abgekühlt, wodurch eine kraftschlüssige und verdrehfeste Verbindung entsteht. Entsprechend den Merkmalen 3 und 3.1 wird der über die Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule abgeschirmt. Diese Abschirmung erfolgt durch einen Polschuh aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften, der dazu im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie in geeigneter Weise - beispielsweise gemäß dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 - angeordnet sein muss, um seine bestimmungsgemäße Funktion ausüben zu können. Dem Streitpatent liegt somit die im Absatz [0005] beschriebene Erkenntnis zugrunde, dass nicht nur die sich von der Hülsenpartie außen nach innen zum Werkzeug ausbreitende Erwärmung, sondern vor allem (zusätzlich) die durch elektromagnetische Streufelder verursachte Aufheizung des Werkzeugs in dessen über die Werkzeugaufnahme überstehenden Bereich die Ausspannung des Werkzeugs erschwert und deshalb verringert werden muss. 3.2. Der nebengeordnete Patentanspruch 3 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 durch die folgenden im Kennzeichen aufgeführten Merkmale: 3’. die an der dem freien Ende der Hülsenpartie (12) benachbarten Stirnseite der Induktionsspule (26) austretenden magnetischen Feldlinien (28) werden in einem Polschuh (34) konzentriert und unter Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme (10) überstehenden Teils des Werkzeugs (16) in die Hülsenpartie (12) eingeleitet; 3.1’. der Polschuh besteht aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften. Hinsichtlich des Verständnisses der Merkmale 1 bis 2.3 sowie 3.1’ wird auf die Ausführungen zum geltenden Patentanspruch 1 verwiesen. Das Merkmal 3’ enthält nähere Angaben, auf welche Weise der über die Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie von elektromagnetischen Streufelder abgeschirmt wird. Dies erfolgt, indem die an der dem freien Ende der Hülsenpartie benachbarten Stirnseite der Induktionsspule austretenden magnetischen Feldlinien in dem gemäß Merkmal 3.1’ ausgebildeten Polschuh konzentriert und in die Hülsenpartie eingeleitet werden. 3.3. Der auf eine Vorrichtung gerichtete nebengeordnete Patentanspruch 7 lautet in gegliederter Fassung: 1. Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen 1.1. von einen Werkzeugschaft (14) aufweisenden Werkzeugen (16) 2. mit einer Werkzeugaufnahme (10); 2.1. die Werkzeugaufnahme (10) weist eine Hülsenpartie (12) auf; 2.1.1. die Hülsenpartie (12) dient zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts (14); 2.1.2. die Hülsenpartie (12) ist an ihrem freien Ende offen; 2.1.3. die Hülsenpartie (12) besteht aus elektrisch leitendem Werkstoff; 3. die Vorrichtung weist eine Induktionsspule (26) auf 3.1. die Induktionsspule (26) ist als Ring- oder Zylinderspule ausgebildet; 3.2. die Induktionsspule (26) umfasst die Hülsenpartie (12) der Werkzeugaufnahme (10); 3.3. die Induktionsspule (26) dient zum Erwärmen der Hülsenpartie (12); 3.4. die Induktionsspule (26) ist mit einem vorzugsweise hochfrequenten Wechselstrom beaufschlagbar; - Oberbegriff - 4. der über die Werkzeugaufnahme (10) überstehende Teil des Werkzeugs (16) ist im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie (12) gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule (26) abgeschirmt; 4.1. dies erfolgt mittels eines Polschuhs (34) aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften. - Kennzeichen - Dabei beschreiben die Merkmale 1 bis 3.4 die Ausgestaltung einer (an sich bekannten) Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeugen mit Hilfe einer Induktionsheizung. Der Wortlaut der erfindungswesentlichen Merkmale 4 und 4.1 entspricht den Merkmalen 3 und 3.1 des geltenden Patentanspruchs 1. Daher ist hinsichtlich des Verständnisses dieser Merkmale auf die Ausführungen zum geltenden Patentanspruch 1 zu verweisen. 3.4. Der nebengeordnete Patentanspruch 9 unterscheidet sich vom Patentanspruch 7 nur durch die im Kennzeichen aufgeführten Merkmale: 4.’ auf der, dem freien Ende der Hülsenpartie benachbarten Stirnseite der Induktionsspule ist ein Polschuh angeordnet; 4.1.’ der Polschuh ist aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften; 4.2.’ der Polschuh weist eine zentrale Durchtrittsöffnung für das Werkzeug auf. Hinsichtlich des Verständnisses der Merkmale 1. bis 3.4. wird auf die Ausführungen zum geltenden Patentanspruch 7 bzw. hinsichtlich des Verständnisses der Merkmale 4’ bis 4.2.’ auf die Ausführungen zum geltenden Patentanspruch 3 verwiesen. 3.5. Der auf eine Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7 gerichtete Patentanspruch 34 lautet: „Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7 und/oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 8 bis 33 zum Ein- und/oder Ausspannen von Werkzeugen aus elektrisch leitfähigem Material in eine bzw. aus einer Hülsenpartie einer metallischen Werkzeugaufnahme.“ 4. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die dem Streitpatent zugrunde liegenden geltenden Patentansprüche in der verteidigten Fassung unzulässig sind bzw. gegenüber den ursprünglich eingereichten Unterlagen der Stammanmeldung entsprechend der Offenlegungsschrift DE 199 15 412 A1 unzulässig erweitert sind. Die Merkmale 1 bis 2.1 des geltenden Patentanspruchs 1 des Streitpatents ergeben sich sinngemäß aus dem Oberbegriff des auf eine Vorrichtung gerichteten Patentanspruchs 1 der Stammanmeldung. Die Merkmale 2.2. und 2.3. ergeben sich aus der allgemeinen Beschreibung der Wirkungsweise derartiger Vorrichtungen in Spalte 1, Zeilen 13 bis 42 der Stammanmeldung, die erkennbar auch für die streitpatentgemäße Vorrichtung gilt. Die im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 aufgeführten Merkmale 3 und 3.1 ergeben sich nahezu wörtlich aus Spalte 1, Zeilen 64 bis Spalte 2, Zeile 6 der Stammanmeldung. Die vorgenommene Änderung des Ausdruckes „elektrisch nicht leitendem“ in „elektrisch isolierenden“ findet seine Offenbarung in Spalte 4, Zeilen 19 bis 23 der Offenlegungsschrift. Gegenüber der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 ist der geltende Patentanspruch 1 durch Aufnahme der Merkmale des erteilten Patentanspruchs 7 beschränkt worden. Die Merkmale 1 bis 2.3 sowie 3.1 des geltenden Patentanspruchs 3 entsprechen weitgehend wortgleichen den Merkmalen 1 bis 2.3 sowie 3.1 des Patentanspruchs 1. Daher ist diesbezüglich auf die Ausführungen zum Patentanspruch 1 zu verweisen. Das Merkmal des Patentanspruchs 2 sowie das im Kennzeichen des Patentanspruchs 3 aufgeführte Merkmal 3’ ergeben sich nahezu wörtlich beispielsweise aus Spalte 3, Zeilen 64 bis Spalte 4, Zeile 2 der Stammanmeldung. Die weiter angegriffenen abhängigen Verfahrensansprüche 4 bis 6 finden ihre Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 3, 4 bis 7 der Stammanmeldung, dort als Vorrichtungsansprüche formuliert. Die im Oberbegriff aufgeführten Merkmale der weiter angegriffenen unabhängigen Vorrichtungsansprüche 7 und 9 sind im ursprünglichen Patentanspruch 1 der Stammanmeldung (Oberbegriff) offenbart. Die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 7 entsprechen der Formulierung des geltenden Verfahrensanspruchs 1 und ergeben sich nahezu wörtlich aus Spalte 1, Zeilen 59 bis 64 oder Spalte 2, Zeilen 4 bis 6 der Stammanmeldung. Die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 9 ergeben sich aus dem ursprünglichen Patentanspruch 1 der Stammanmeldung (Kennzeichen), wobei die Änderung des Wortes „übergriffen“ in „angeordnet“ keine unzulässige Erweiterung darstellt. Vielmehr muss der Polschuh dort angeordnet sein, um das freie Ende der Hülsenpartie übergreifen zu können. Die Merkmale der geltenden Patentansprüche 10 bis 31 entsprechen den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 2 bis 24 der Stammanmeldung. Der auch angegriffene Patentanspruch 33 umfasst aufgrund seiner Rückbeziehungen auch die Merkmale der Ansprüche 1 bis 7 bzw. 8 bis 32, weshalb hinsichtlich der Offenbarung auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen wird. Die weiteren Merkmale dieses Patentanspruchs sind in Spalte 1, Zeilen 1 bis 12 bzw. Spalte 1, Zeilen 42 bis 47 der Stammanmeldung offenbart. Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 34 ergeben sich aus Spalte 1, Zeilen 34 bis 42 der Stammanmeldung. Gemäß gefestigter Rechtsprechung kann die Patentinhaberin bei einer Teilung des Patents die gesamte Ursprungsoffenbarung ausschöpfen. Alles was der Durchschnittsfachmann den ursprünglichen Unterlagen als zur angemeldeten Erfindung gehörig entnehmen kann, ist dem Inhalt der Anmeldung zuzurechnen und kann im Laufe des Patenterteilungsverfahrens der Trennanmeldung daher in die Patentansprüche aufgenommen werden. Als Kern des Erfindungsgedankens der Stammanmeldung entnimmt der Fachmann beispielsweise aus Spalte 1, Zeilen 64 bis Spalte 2, Zeile 1 der Offenlegungsschrift der Stammanmeldung, die den Ursprungsunterlagen entspricht: „Der erfindungsgemäßen Lösung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Werkzeuge aus elektrisch leitfähigem Material durch den nicht unerheblichen Streuanteil der herkömmlichen Induktionsspulen im Bereich ihrer Einspannstelle so schnell aufgeheizt werden, dass das Ausspannen erschwert oder unmöglich gemacht wird. Um dies zu verhindern, wird gemäß der Erfindung vorgeschlagen, die elektromagnetischen Streufelder im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie soweit herabzusetzen, dass eine Aufheizung des in der Werkzeugaufnahme befindlichen Werkzeugs vermieden wird…. Mit diesen Maßnahmen wird erreicht, dass die magnetischen Feldlinien an der betreffenden Stirnseite der Induktionsspule im Polschuh konzentriert werden, so dass auch der über die Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs wirksam gegenüber elektromagnetischen Streufeldern abgeschirmt wird.“ Diesen eindeutig erkennbaren und deutlich offenbarten Erfindungsgedanken kann die Patentinhaberin im Laufe eines Patenterteilungsverfahrens somit ohne weiteres zum Gegenstand von Patentansprüchen, beispielsweise eines Verfahrensanspruchs, eines Vorrichtungsanspruches und/oder eines Verwendungsanspruches entsprechend den geltenden Patentansprüchen machen. Hierbei ist es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entscheidend, dass der die Abschirmung gewährleistende Polschuh eine zentrale Durchtrittsöffnung aufweist oder die Stirnseite genau in der im Ausführungsbeispiel beschriebenen Weise übergreift. Vielmehr vermitteln die gesamten Ursprungsunterlagen, dass der grundlegende Erfindungsgedanke in dem wirksamen Abschirmen des über die Werkzeugaufnahme überstehenden Teils des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule mittels des dort angeordneten Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften erfolgt. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 34 sind daher zulässig. 5. Der Senat konnte nicht feststellen, dass das unstrittig gewerblich anwendbare streitpatentgemäße Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen in einer Werkzeugaufnahme nach dem geltenden Patentanspruch 1 - die Neuheit liegt unbestritten vor - gegenüber dem angeführten Stand der Technik nicht patentfähig ist. Die bereits in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents genannte DE 39 25 641 A1 (D1), beschreibt die Wirkungsweise einer Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeugen (12) in einer Werkzeugaufnahme (17), bei welchem die Werkzeugaufnahme (17) unter Aufweitung ihrer Bohrung induktiv erwärmt wird. Die Werkzeugaufnahme (17) der bekannten Vorrichtung weist eine an ihrem freien Ende offene, durch eine stirnseitige Ringfläche begrenzte Hülsenpartie aus üblichem Werkzeugstahl (Spalte 4, Zeile 66) und somit aus elektrisch leitendem Werkstoff (Anspruch 5) zur reibschlüssigen Aufnahme des Werkzeugschafts auf. Eine Induktionsspule (18), die als Ring- oder Zylinderspule ausgebildet ist, umfasst die Hülsenpartie der Werkzeugaufnahme und wird mit einem Wechselstrom beaufschlagt (Spalte 3, Zeilen 47 bis 50), was zum Erwärmen der Hülsenpartie führt. Dadurch kann das Werkzeug (12) mit seinem Schaft in die aufgeweitete Bohrung eingeführt oder aus dieser herausgezogen werden, bevor die Werkzeugaufnahme (17) anschließend wieder abkühlt. Gemäß Spalte 5, Zeile 6 bis 10 ist auch das Entspannen (Ausspannen) des Werkzeugs (12) unproblematisch und erfolgt durch erneutes Aufheizen des vorderen Abschnitts (16), wodurch die Aufnahme (17) wieder geweitet wird, so dass das Werkzeug (12) in einfacher Weise entnommen werden kann. Zwar wird, ähnlich wie im Streitpatent, darauf verwiesen (Spalte 5, Zeilen 10 bis 15), dass bei Verwendung einer Induktionsheizung die Wärme von der äußeren Oberfläche nach innen gelangt, so dass zunächst die durch den Abschnitt (16) gebildete Hülse erwärmt wird, ehe das Werkzeug (12) mit seinem Schaft ebenfalls erwärmt wird und sich weitet. Nach den Ausführungen in Spalte 5, Zeilen 15 bis 20 vermittelt die D1 jedoch die Erkenntnis, dass bereits der Übergang zwischen Werkzeug (12) und Abschnitt (16) ausreicht, um einen so großen Wärmeübergangswiderstand darzustellen, dass eine unzulässige Erwärmung und damit eine Aufweitung des Werkzeugs (12) nicht befürchtet werden muss. Das aus der DE 39 25 641 A1 (D1) bekannte Verfahren weist somit unstrittig die Merkmale 1 bis 2.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf. Jedoch gibt dieses bekannte Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen dem Fachmann keine Hinweise, dass der über die Werkzeugaufnahme überstehenden Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule abgeschirmt werden soll. Daher weist dieses bekannte Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen weder das Merkmal 3 noch das Merkmal 3.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf. Auch das bekannte Verfahren nach der D2 (Anlage NK 10) zum Einspannen von Werkzeugen geht nicht über das hinaus, was bereits aus dem bekannten Verfahren nach der D1 dem Fachmann geläufig ist. Denn dieses induktive Einspannverfahren weist allenfalls nur die Merkmale 1 bis 2.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents hinsichtlich des Einspannvorgangs auf. Denn bei diesem bekannten Verfahren ist an keiner Stelle der Ausspannvorgang des Werkzeugs erwähnt, vielmehr befasst sich die D2 mit der direkten Kühlmittelzuführung über das Werkzeug und dabei insbesondere mit der Eliminierung einer dadurch bedingten Exzentrizität beim Einspannen des Werkzeugs in der Werkzeugaufnahme (vgl. Spalte 2, Zeilen 19 bis 25). Daher kann der Inhalt der D2 dem Fachmann auch keinerlei Hinweise darauf geben, dass das Ausspannen von Werkzeugen bei bestimmten Materialbeschaffenheiten möglicherweise problematisch sei. Folglich kann die D2 dem Fachmann keine Anregungen geben, sich überhaupt mit Streufeldern und deren Beseitigung entsprechend den Merkmalen 3 und 3.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents zu befassen. Weil keine der vorstehend aufgeführten Druckschriften nach der D1 oder der D2 Hinweise auf das Merkmal 3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gibt, wonach eine Abschirmung des über die Werkzeugaufnahme überstehenden Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule erfolgen solle, kann daher keine dieser Druckschriften, weder alleine noch in Kombination untereinander, den Fachmann dazu anleiten, bei einem Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen einen Polschuh entsprechend den Merkmalen 3.1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auszubilden. In der D3 gemäß der Anlage NK 11 werden mögliche Anwendungsfelder (Seite 767) und die Wirkungsweise der induktiven Erwärmung sowie die Verläufe der elektromagnetischen Feldlinien mit und ohne Anwendung eines Konzentrators beschrieben (z. B. Seite 857, zweiter Absatz). Auf Seite 860, zweiter Absatz, wird erläutert, dass es durch die geeignete Anordnungen von Konzentratoren, insbesondere deren Anordnung, Geometrie, Werkstoffeigenschaften und die angewandten Frequenzen möglich sei, eine unerwünschte Erwärmung des Werkstücks zu vermeiden. Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass zusätzlich die Faktoren wie beispielsweise die Geometrie des Systems zu betrachten sei. Somit handelt es sich hier um eine Veröffentlichung, in der allgemein die Vorteile eines Konzentrators bei der induktiven Erwärmung beschrieben sind, jedoch dem Fachmann die Lehre vermittelt, dass die richtige Auswahl, Gestaltung und Anordnung des Konzentrators für dessen erfolgreiche Anwendung bei jedem Anwendungsfall neu zu ermitteln sei. Insbesondere gibt diese Druckschrift dem Fachmann keinerlei Hinweise auf die Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents und daher auch nicht auf die besondere Anordnung und Ausgestaltung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff bei einem derartigen Verfahren. Die Firmeninformationsschrift D7 nach der Anlage NK 20 beschreibt die physikalischen Grundlagen sowie technische Anwendungen der induktiven Erwärmung. In Kapitel 3.1 wird ein Werkzeug einer Induktionserwärmungsanlage, der sogenannte Induktor, näher beschrieben. Demnach besteht der Induktor aus einem wassergekühlten Kupferleiter, der in seiner Form an das Werkstück und die Erwärmungsaufgabe angepasst ist. Es wird hingewiesen, dass insbesondere auch der Abstand zwischen Werkstück und Induktor für den Wirkungsgrad, den Leistungsfaktor sowie die Genauigkeit des Erwärmungsbildes maßgeblich verantwortlich ist. Zur Führung des vom Induktor erzeugten Magnetfeldes und zur Konzentration auf den Werkstückbereich werden Anordnungen aus geblechtem Eisen, beispielsweise Trafoblechpakete verwendet, die den wasserführenden Kupferleiter C-förmig umgeben. Gemäß den Ausführungen auf Seite 28, Absatz 1 können dadurch auch Streufelder reduziert werden, was die Erwärmung benachbarter Metallteile verringert sowie den Wirkungsgrad und den Leistungsfaktor verbessert. Als Einsatzgebiete für das Fügen und Lösen geschrumpfter Pressverbände mittels Induktions-Anwärmgeräte werden gemäß Kapitel 3.3.3 beispielsweise mittlere und große Kugellager von 20 bis 150 kg Gewicht beschrieben. Auch die weiteren Ausführungsbeispiele in diesem Kapitel belegen, dass die induktive Erwärmung aufgrund ihrer hohen Leistungsdichte besonders für sehr große Werkstücke empfohlen wird. Diese Druckschrift gibt jedoch, ähnlich wie die D3, keinerlei Hinweise auf die Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents und daher auch nicht auf die besondere Anordnung und Ausgestaltung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff bei einem derartigen Verfahren. Auch die D8 nach der Anlage NK 21 befasst sich mit den physikalischen Grundlagen der induktiven Erwärmung, insbesondere den Feldlinienverläufen bei Induktionsspulen. In Figur 2 wird am Beispiel eines wellenförmigen Werkstücks der Feldlinienverlauf ohne und mit einem Konzentrator aufgezeigt. Hierbei hat der Konzentrator einen C-förmigen Querschnitt und umgibt die Induktionsspule mit Ausnahme der Werkstückseite weitgehend vollständig. Auch diese Druckschrift gibt somit, ähnlich wie die D3 oder die D7, dem Fachmann keinerlei Hinweise auf die Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents und daher auch nicht auf die besondere Anordnung und Ausgestaltung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff bei einem derartigen Verfahren. Weil keine der vorstehend aufgeführten Druckschriften nach der D3, D7 oder D8 Hinweise auf das Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, entsprechend den Merkmalen 1 bis 2.1.3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gibt, kann daher keine dieser Druckschriften, weder alleine noch in Kombination untereinander, den Fachmann dazu anleiten, eine derartiges Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, im Einzelnen sowie unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem und elektrisch isolierendem Werkstoff auszugestalten. Auch eine Kombination der Druckschriften nach der D1 oder der D2 mit einer der Druckschriften nach der D3, D7 oder D8 führt den Fachmann nicht zum streitpatentgemäßen Vorrichtung. Zwar ist es zutreffend, dass - entsprechend dem Vortrag der Klägerin - die D1 dem Fachmann Hinweise darauf gibt, dass das Ausspannen des Werkzeugs möglicherweise problematisch sein könnte. Denn dort wird, ähnlich wie beim Streitpatent, darauf verwiesen (Spalte 5, Zeilen 10 bis 15), dass bei Verwendung einer Induktionsheizung die Wärme von der äußeren Oberfläche nach innen gelangt, so dass zunächst die durch den Abschnitt (16) gebildete Hülse erwärmt wird, ehe das Werkzeug (12) mit seinem Schaft ebenfalls erwärmt wird und sich weitet. Nach den Ausführungen in Spalte 5, Zeilen 15 bis 20, vermittelt die D1 dem Fachmann, dass bereits der Übergang zwischen Werkzeug (12) und Abschnitt (16) ausreicht, um einen so großen Wärmeübergangswiderstand darzustellen, dass eine unzulässige Erwärmung und damit eine Aufweitung des Werkzeugs (12) nicht befürchtet werden muss, so dass letztendlich das Ausspannen des Werkzeugs ausdrücklich als unproblematisch bewertet (Spalte 5, Zeile 7) wird. Der Fachmann hat somit ausgehend von der D1 keinerlei Veranlassung, überhaupt nach Wegen und Mitteln zu suchen, eine Erwärmung des Werkzeugs, insbesondere in dessen über die Werkzeugaufnahme überstehenden Bereich zu verringern. Im Übrigen eignet sich diese bekannte Vorrichtung nach der D1 ausweislich den Ausführungen in Spalte 5, Zeilen 21 bis 24 zur Aufnahme von Werkzeugen aus Hartmetall oder aus anderen Materialien, beispielsweise aus einer Keramik, welche bekanntlich eine geringe thermische Ausdehnung aufweisen und elektrisch nicht leitend sind. Hinweise, dass diese bekannte Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen mit größerer thermischer Ausdehnung und/oder aus elektrisch leitfähigem Material geeignet sei, gibt diese Druckschrift dem Fachmann nicht. Doch selbst wenn der Fachmann, entsprechend dem Vortrag der Klägerin, bei dieser bekannten Vorrichtung auch Werkzeuge aus Werkzeugstahl verwenden würde und gegebenenfalls auch die mangelnde Eignung für derartige Werkzeuge feststellen würde, erhielte er aus der D1 entsprechend den Ausführungen in Spalte 5, Zeilen 25 bis 30, allenfalls Hinweise, entweder geeignete Materialien für die Hülsenpartie und/oder das Werkzeug auszuwählen oder aber, wie vorstehend beschrieben, den Wärmeübergangswiderstand zwischen Werkzeug und Werkzeugaufnahme zu verändern. Der Fachmann wird durch die technische Lehre der D1 daher auf einen anderen Lösungsansatz geführt, weil diese Druckschrift allenfalls dazu anregen kann, Werkzeuge aus geeigneten Materialien zu verwenden und/oder den Wärmeübergangswiderstand zwischen Werkzeug und Werkzeugaufnahme zu beeinflussen. Die beanspruchte Lehre war deshalb auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinausgehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen. Auch die übrigen im Zuge des Verfahrens in Betracht gezogenen Druckschriften liegen weiter ab vom streitpatentgemäßen Verfahren und sind in der mündlichen Verhandlung nicht aufgegriffen worden. Sie stehen dem Verfahren des Patentanspruchs 1 nicht patenthindernd entgegen, wie der Senat überprüft hat. Der geltende Patentanspruch 1 hat daher Bestand. Dies gilt auch für den auf diesen Anspruch rückbezogenen Anspruch 2. Denn dieser Patentanspruch bildet das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 vorteilhaft weiter aus. Er wird daher von diesem auf Grund seines Rückbezugs getragen. 6. Der Senat konnte nicht feststellen, dass das unstrittig gewerblich anwendbare streitpatentgemäße Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, nach dem geltenden Patentanspruch 3 - die Neuheit liegt unbestritten vor - gegenüber dem angeführten Stand der Technik nicht patentfähig ist. Wie bereits bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 ausgeführt ist, sind aus dem Stand der Technik keine Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen, die in einer Hülsenpartie einer Werkzeugaufnahme reibschlüssig gehalten werden, mittels induktiver Erwärmung beschrieben oder nahe gelegt, bei denen der über die Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule abgeschirmt wird. Da das Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen nach dem Patentanspruch 3 im wesentlichen auch diejenigen Merkmale aufweist, die in dem Verfahren nach Patentanspruch 1 aufgeführt sind, ist das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen. Mithin hat der Patentanspruch 3 gemäß Hauptantrag Bestand. 7. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unstrittig gewerblich anwendbaren streitpatentgemäßen Vorrichtungen zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeugen nach den geltenden Patentansprüchen 7 und 9 - die Neuheit liegt unbestritten vor - gegenüber dem angeführten Stand der Technik nicht patentfähig sind. Wie bereits bei den Beurteilungen der erfinderischen Tätigkeit der Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen nach den unabhängigen Patentansprüchen 1 und 3 ausgeführt ist, sind aus dem Stand der Technik keine Verfahren bekannt oder nahe gelegt, bei denen der über die Werkzeugaufnahme überstehende Teil des Werkzeugs im Bereich des freien Endes der Hülsenpartie unter Verwendung eines Polschuhs aus magnetisch leitendem Werkstoff mit elektrisch isolierenden Eigenschaften gegenüber elektromagnetischen Streufeldern der Induktionsspule abgeschirmt wird. Da die auf eine Vorrichtung zum Ein- und Ausspannen von einen Werkzeugschaft aufweisenden Werkzeugen gerichteten Patentansprüche 7 und 9 im Wesentlichen die vorrichtungstechnische Lösung der im Patentanspruch 1 bzw. 3 unter Schutz gestellten Verfahren zum Ein- und Ausspannen von Werkzeugen beschreibt und sinngemäß weitgehend auch diejenige Merkmale aufweist, die in den Patentansprüchen 1 bzw. 3 aufgeführt sind, ist das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen. Die unabhängigen Patentansprüche 7 und 9 haben daher jeweils auch Bestand. Die Unteransprüche 6 und 10 bis 32 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen der Gegenstände der Patentansprüche 7 und 9, die über Selbstverständlichkeiten hinausreichen. Sie haben daher ebenfalls Bestand. 8. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unstrittig gewerblich anwendbare Verwendung des streitpatentgemäßen Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 oder der Vorrichtung nach einem der Ansprüche 7 bis 32 nach den geltenden Patentansprüchen 33 und 34 - die Neuheit liegt unbestritten vor - gegenüber dem angeführten Stand der Technik nicht patentfähig ist. Wie bereits zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Verfahren nach Patentanspruch 1 oder 3 bzw. der Vorrichtungen nach dem Patentanspruch 7 oder 9 ausgeführt worden ist, sind aus dem Stand der Technik keine derartigen Verfahren oder Vorrichtungen bekannt oder nahe gelegt. Da der Patentanspruch 33 auf Grund seiner Rückbezüge auf die Patentansprüche 1 bis 6 und/oder 7 bis 32 somit auch diejenigen Merkmale umfasst, die diesen Patentansprüchen zugrunde liegen, ist das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird Bezug genommen. Dies gilt auch für den auf diesen Patentanspruch rückbezogenen, geltenden Patentanspruch 34, der von dem Patentanspruch 33 auf Grund seines Rückbezugs getragen wird. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006515&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006521
BPatG
München
4. Senat
20100707
4 Ni 15/09 (EU)
Urteil
DEU
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent 0 732 716 (DE 596 06 446) hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, den Richter Dr. Kaminski, die Richterin Friehe, die Richter Dipl.-Ing. Groß und Dipl.-Ing. J. Müller für Recht erkannt: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 732 716 (Streitpatent), das am 12. März 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 195 09 656 vom 17. März 1995 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde am 21. Februar 2001 in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 596 06 446 geführt. Es betrifft einen Temperaturschutzschalter und umfasst zwölf Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind. Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut: „1. Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen gegen Überhitzung, bei dem eine in einem Sockel (1) aus einem Isolierwerkstoff gehalterte Kontakteinrichtung durch ein flaches auf den Sockel (1) aufgestecktes hülsenförmiges Gehäuse (10) geschützt ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Wandung des die Kontakteinrichtung umgebenden Gehäuses (10) allseitig nach außen gewölbt ist und dass der Sockel (1) bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung reichende seitliche Ausleger (1b) hat, die der Wölbung der Gehäusewandung angepasst sind, und die bei aufgestecktem Gehäuse (10) formschlüssig an dessen Innenwandung anliegen.“ Wegen des Wortlauts der abhängigen Patentansprüche 2 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 732 716 B1 Bezug genommen. Die Klägerin ist der Ansicht, der Gegenstand des Streitpatents sei insgesamt nicht erfinderisch und daher nicht patentfähig. Zur Begründung bezieht sie sich auf folgende Druckschriften: NK 7 DE 29 17 557 C2 NK 8 US 5 221 914 NK 9 US 2 773 962 NK 10 DE 1 705 235 U NK 11 US 4 978 937 NK 12 DE 31 04 828 A1 NK 13 DE 39 38 226 C1 NK 14 US 5 014 035 NK 15 US 3 747 208 NK 16 GB 2 240 218 A NK 17 3 Blatt Prospektauszug der Fa. Otter Controls Ltd. NK 19 Produkt-Information Nr. 4821/1 Schwingquarzgehäuse der Fa. J ER GLASWERK SC. & GEN. Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 732 716 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Der Beklagte beantragt Klageabweisung. Er ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Streitpatents neu und durch die von der Klägerin genannten Druckschriften nicht nahegelegt sei.
I. Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, denn es ist nicht zu erkennen, dass der Gegenstand des Streitpatents für den Fachmann nicht neu ist oder dass er sich in naheliegender Weise aus dem bekannt gewordenen Stand der Technik ergibt (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 54, 56, 138 Abs. 1 Buchstabe a EPÜ). II. 1. Das Streitpatent betrifft einen Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen und dergleichen gegen Überhitzung. Geschlossene Temperaturschutzschalter werden dort verwendet, wo die Kontakteinrichtung eines Schutzes vor mechanischer Einwirkung oder gegen Umwelteinflüsse bedarf. Solche Schalter werden - soweit sie die Merkmale gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 aufweisen - von der Streitpatentschrift als im Stand der Technik hinreichend bekannt vorausgesetzt, z. B. in der Druckschrift US 3,747,208 (NK 15), wobei diese Ausführung aber wegen ihres runden Querschnitts als Wicklungsschutzschalter ungeeignet sein soll, da sie beim Überwickeln eine zu starke Auswölbung verursache (vgl. Abs. [0003] der Streit-Patentschrift). Als Wicklungsschutzschalter geeignete flache Ausführungen seien zwar bekannt, jedoch nicht hinreichend stabil gegen Druck, der von außen auf das Gehäuse einwirkt (vgl. a. a. O. Abs. [0004] und [0005]), so dass sie für den Einsatz in Motor- und Transformatorenwicklungen nicht optimiert seien. 3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in seinem Patentanspruch 1 gemäß einer von der Patentinhaberin eingeführten Merkmalsgliederung einen Temperaturschutzschalter mit folgenden Merkmalen vor: „1. Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen gegen Überhitzung, mit 1.1 einer in einem Sockel (1) aus einem Isoliermaterial gehalterten Kontakteinrichtung, 1.2 einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse (10), das 1.2.1 flach 1.2.2 hülsenförmig und 1.2.3 auf den Sockel (1) aufgesteckt ist, dadurch gekennzeichnet, dass 2. die Wandung des die Kontakteinrichtung umgebenden Gehäuses (10) allseitig nach außen gewölbt ist, 3. der Sockel (1) seitliche Ausleger (1b) hat, 3.1 die Ausleger bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung reichen, 3.2 die der Wölbung der Gehäusewandung angepasst sind, und 3.3 die bei aufgestecktem Gehäuse (10) formschlüssig an dessen Innenwandung anliegen.“ 4. Der Patentanspruch 1 unterliegt folgendem Verständnis des Fachmanns: a) Unter einem Gehäuse, das flach (Merkmal 1.2.1), hülsenförmig (Merkmal 1.2.2) und auf den Sockel aufgesteckt ist (Merkmal 1.2.3) versteht der Fachmann ein an einem Ende offenes Gehäuse, das auf einen entsprechend geformten Bereich des Sockels so aufgesteckt ist, dass dieser Sockelbereich in das offene Ende hineinreicht. Damit die im Sockel… gehalterte Kontakteinrichtung (Merkmal 1.1) von dem Gehäuse geschützt werden kann (Merkmal 1.2), muss die Kontakteinrichtung an dem in das Gehäuse hineinreichenden Sockelbereich vorspringen und in das Gehäuse hineinragen, und zwar - aus Gründen der regelmäßig optimalen Ausnutzung des Gehäuseinneren - im Wesentlichen mittig bezüglich der jeweils radialen Erstreckung des Gehäuses und damit auch im Wesentlichen mittig des von diesem übergriffenen Sockelbereichs. b) Da die Ausleger nicht mit den Bauteilen der Kontakteinrichtung kollidieren dürfen und darüber hinaus gemäß Merkmal 3.1 etwa bis zur Mitte der Kontakteinrichtung reichen sollen, ist dem Fachmann mit der Angabe seitliche Ausleger (Merkmal 3.) eine Erstreckung der Ausleger neben der Kontakteinrichtung und in der gleichen Richtung wie diese vorgegeben, und die Ausleger müssen zusätzlich vom übergriffenen Sockelbereich abragen. c) Da weder die Länge des Sockels noch die Art und Erstreckung der äußeren Anschlüsse der Kontakteinrichtung Gegenstand des Streitpatents sind, bemisst sich für den Fachmann die anspruchsgemäße Mitte der Kontakteinrichtung (Merkmal 3.1) von der vom Gehäuse übergriffenen Stirnseite des Sockels. d) Wenn das hülsenförmige Gehäuse flach sein soll (Merkmal 1.1.1), so muss - gemäß dem in der Technik und im Lebensalltag üblichen Sprachgebrauch - dessen Abmessung in einer ersten - quer zur Hülsenlängsrichtung verlaufenden - Richtung deutlich geringer sein, als in einer quer zur Hülsenlängsrichtung und senkrecht zur ersten Richtung verlaufenden zweiten Richtung. Damit weist die Wandung des Gehäuses eine dem offenen Ende gegenüberliegende geschlossene Stirnfläche, zwei kleinere Längs-Seitenflächen parallel zur ersten Richtung und zwei größere Längs-Seitenflächen parallel zur zweiten Richtung auf. Da dem Fachmann in der Technik und jedermann aus dem Alltagsleben sowohl zweidimensionale Wölbungen (z. B. ein Buchrücken oder ein Brückenbogen) als auch dreidimensionale Wölbungen (z. B. die Hornhaut oder ein Eisenbahn-Puffer) bekannt sind, fallen - entgegen dem von der Klägerin vorgetragenen Verständnis von Merkmal 2. unter die Angabe allseitig nach außen gewölbt auch die in Figur 1 in Verbindung mit Figur 2 offenbarte zweidimensionale Wölbung der in Querrichtung geraden Stirnfläche und die in Figur 2 in Verbindung mit Figur 3 offenbarte (leichte) Wölbung der in Gehäuse-Längsrichtung geraden Gehäuseunterseite. III. 1. Der Temperaturschutzschalter gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu. a) Aus der US 3,747,208 (NK 15) ist in Übereinstimmung mit dem Patentanspruch 1 ein Temperaturschutzschalter bekannt (Titel) zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen (unter Inkaufnahme der in der Streitpatentschrift genannten Nachteile einer runden Bauform offensichtlich grundsätzlich geeignet) gegen Überhitzung, mit einer in einem Sockel 12, 58 (Fig. 1 i. V. m. Sp. 3 Z. 9 bis 10 und Sp. 4 Z. 55 bis 62) aus einem Isoliermaterial (vom Fachmann mitgelesen) gehalterten Kontakteinrichtung 42 (Fig. 1, Sp. 3 Z. 59 bis 68), einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse 56 (Fig. 1, Sp. 4 Z. 39 bis 54) das hülsenförmig und auf den Sockel aufgesteckt ist (Fig. 1, Sp. 4 Z. 40 bis 43), wobei ferner die Wandung des die Kontakteinrichtung 42 umgebenden Gehäuses 56 allseitig nach außen gewölbt ist (Sp. 4 Z. 40 bis 44). Abweichend von Merkmal 1.2.1 ist das bekannte Gehäuse nicht flach, so dass diese Druckschrift - entgegen Sp. 1 Z. 13 und 14 der Streitpatenschrift - keine Ausführungsform gemäß Oberbegriff von Patentanspruch 1 zeigt. Für die in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Ansicht der Klägerin, dass der ringförmige Ansatz nicht nur zum Fixieren diene, weil er deutlich länger sei als nötig, und deshalb auch die Merkmale 3.1 bis 3.3. des angegriffenen Anspruchs 1 vorweggenommen seien, findet der Fachmann in der Offenbarung der US 3,747,208 keinerlei Hinweise. Denn um die angestrebte Presspassung (press-fit attachment) zwischen Gehäuseinnenwand und dem ringförmigen Ansatz 16 zu verwirklichen (Sp. 4 Z 39 bis 43) und im späteren Betrieb des Schalters aufrechtzuerhalten, darf der Ansatz nicht zu kurz sein, auf den das Gehäuse bis zu einem umlaufenden Anschlag 20 aufgeschoben wird (Fig. 6, Sp. 5 Z. 1 bis 10). Eine über diese Presspassung hinausgehende Stützfunktion des Ansatzes 16 gegen äußeren Druck auf das Gehäuse ist in der US 3,747,208 nirgends angesprochen. Eine solche ist für die in den Figuren dargestellte Dimensionierung auch nicht ersichtlich. Vom übergriffenen Sockelbereich (Ansatz 16) abragende seitliche Ausleger, wie sie der erteilte Patentanspruch 1 in den Merkmalen 3. bis 3.3 fordert, sind demnach dort nicht vorhanden. b) Aus der DE 29 17 557 C2 (NK 7) ist in den Figuren 1 bis 3 mit dem zugehörigen Text ein Temperaturschutzschalter zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen gegen Überhitzung bekannt (Titel, Sp. 4 Z. 23) mit einer in einem Sockel 1 aus einem Isoliermaterial (Sp. 6 Z. 50) gehalterten Kontakteinrichtung 3, 4, 5, 7, 10, 11, 12, 13, 14 (Sp. 5 Z. 47 bis Sp. 6 Z. 26), einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse 2, das flach, hülsenförmig und auf den Sockel 1 aufgesteckt ist. Entgegen Merkmal 2 ist die Wandung des die Kontakteinrichtung umgebenden Gehäuses nicht allseitig nach außen gewölbt sondern - abgesehen von gerundeten Übergängen - allseitig flach (Fig. 1-3). Selbst wenn man den unterhalb der Anschlussverlängerung 7 und innerhalb des Gehäuses 2 verlaufenden Bereich des Grundkörpers 1 als Ausleger bezeichnet, - ist dieser - entgegen Merkmalen 3. bis 3.3 - nur einfach vorhanden, - reicht dieser - entgegen Merkmal 3.1 - nicht bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung, sondern verläuft etwa entlang drei Vierteln der Längserstreckung der Kontakteinrichtung, und - ist dieser - mangels einer Wölbung der Gehäusewandung - auch nicht als an eine solche Wölbung angepasst zu bezeichnen. Zu der in Figur 4 der DE 29 17 557 C2 gezeigten Endansicht einer anderen Ausführungsform (Sp. 6 Z. 42 bis 43) ist in der Beschreibung lediglich angegeben, dass deren Gehäuse 2 die Form eines Nutenkeils zur Fixierung der Stromwicklungen von Elektromotoren in Wicklungsnuten aufweist (Sp. 8 Z. 46 bis 49). Da solche Nutenkeile ihre eigenen und die Fliehkräfte der Nutenfüllung aufnehmen müssen, kann das in Figur 4 dargestellte Gehäuse keinesfalls eine relativ dünne Wandung aufweisen, wie sie für den in Figuren 1 bis 3 dargestellten Schalter vorgesehen ist. Der Fachmann entnimmt deshalb nach Ansicht des Senats der Figur 4 ein relativ massives Gehäuse, dessen Wandstärke dem Abstand zwischen der endseitig sichtbaren Sockelkontur und der Umfangslinie des Gehäuses 2 entspricht. Mit seiner flachen Unterseite (links) ist das dargestellte Gehäuse - entgegen Merkmal 2. - nicht allseitig nach außen gewölbt. Unterstellt man ferner mit der Klägerin, dass der in Figur 4 dargestellte Schalter das gleiche „Innenleben“ (d. h. die gleiche Gestaltung des Sockels und der Kontakteinrichtung) aufweist wie der in Figur 1 bis 3 dargestellte Schalter, so sind auch die Merkmale 3. bis 3.3. des Anspruchs 1 nicht vorhanden. c) Aus der US 4,978,938 (NK 11) ist ein Schalter mit folgenden Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 bekannt: Temperaturschutzschalter (Titel) zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen (offensichtlich grundsätzlich geeignet) gegen Überhitzung, mit einer in einem Sockel 4, 5, 6 aus einem Isoliermaterial (Sp. 2 Z. 30) gehalterten Kontakteinrichtung 9, 21 (Figuren, Sp. 2 Z. 39 bis 48 und Z. 63 bis 68), einem die Kontakteinrichtung schützenden Gehäuse 2, das flach, hülsenförmig und auf den Sockel 4, 5, 6 aufgesteckt ist (alle Figuren, Sp. 2 Z. 28 und 29). Zwar stützen die beiden aufrechten Wände 6 (Fig. 1, 3, 4/ Sp. 4 Z. 36 bis 39) des U-förmigen Sockels nicht nur das formschlüssig einlegbare Isoliertrennteil 13 und die ebenfalls formschlüssig in den Sockel eingestapelten Kontaktstreifen 9, 21, sondern aufgrund seiner Anlage an allen vier Seiten auch die Gehäuse-Innenwandung gegen Druckeinwirkung von außen. Jedoch ist das Gehäuse allseits flach und der Sockel ohne seitliche Ausleger ausbildet, so dass auch dort die Merkmale 2. bis 3.3. nicht verwirklicht sind. d) Das deutsche Gebrauchsmuster 1 705 235 (NK 10) weist schon keinen Sockel mit einem aufgesteckten hülsenartigen Gehäuse gemäß den Merkmalen 1.1 bis 1.2.3 auf. Vielmehr ist die Kontakteinrichtung 5, 6 (Fig. 4 und 5) in einem aus zwei Schalen 2, 3 bestehenden und mittels Schrauben 4 zusammengehaltenen Gehäuse angeordnet. e) In der GB 2 240 218 A (NK16) offenbart die Fa. Otter Controls Ltd. drei Ausführungsformen eines Temperaturschutzschalters mit jeweils folgenden Merkmalen des Patentanspruchs 1: Temperaturschutzschalter (Titel, S. 1 Z. 18) zum Schutz von Motorwicklungen oder dergleichen (bei entsprechenden Einbausituationen grundsätzlich geeignet) gegen Überhitzung, einer in einem Sockel 1 (Fig. 1A bis 1D) aus einem Isoliermaterial (S. 6 Z. 8) gehalterten Kontakteinrichtung 4 bis 9 (Merkmale 1. und 1.1.). Der Sockel hat ersichtlich seitliche Ausleger (Merkmal 3.), nämlich die beiden oberhalb der Bezugsziffer 1 in Figur 1A vom Sockel 1 abragenden, parallel zu den Anschlussteilen 2, 3 verlaufenden Vorsprünge. Ein Gehäuse ist für keinen der Schalter dargestellt oder beschrieben; es ist auch nicht mitzulesen, da die Schalter auch ohne eigenes Gehäuse funktionsfähig und direkt in zu überwachende Geräte einbaubar sind. Die Merkmale 1.2 bis 1.2.3 sowie 3.2 und 3.3. sind demnach dort nicht bekannt. Da die Ausleger bei etwa einem Drittel der nach oben vom Sockel 1 abragenden Kontakteinrichtung enden, reichen sie (entgegen Merkmal 3.1) auch nicht bis etwa zur Mitte der Kontakteinrichtung. f) Für die als Anlage NK 17 eingereichten drei Blatt Prospektkopien über Schalter der Firma Otter Controls Ltd. konnte die Klägerin eine Kenntnisnahme durch die Öffentlichkeit vor dem Prioritätstag nicht belegen. Zur Begründung der Klage wurde deshalb die Anlage NK17 schon von Seiten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr herangezogen. g) Die übrigen im Verfahren genannten Druckschriften gehen hinsichtlich des Patentgegenstandes nicht weiter als die vorgenannten Druckschriften. Sie wurden in der mündlichen Verhandlung auch weder von den Beteiligten noch vom Senat aufgegriffen, so dass auf sie nicht eingegangen zu werden braucht. 2. Der Gegenstand gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ergibt sich für den Fachmann aus dem vorgenannten Stand der Technik auch nicht in naheliegender Weise. Nachdem der aus der US 3,747,208 ( NK 15) bekannte Temperaturschutzschalter - wie dargelegt - das Merkmal 1.2.1 nicht aufweist, mag sich dem Fachmann als von Lösungsmerkmalen freie Aufgabe in der Praxis noch stellen, einen Temperaturschutzschalter zu schaffen, der sich bezüglich seiner Druckfestigkeit besonders für die Verwendung im Elektromotoren- und Transformatorenbau eignet. Denn der bekannte runde Gehäusequerschnitt ist zwar bei gleichmäßigem Druck von außen optimal druckfest, nicht aber, wenn ein solches Gehäuse beim Einschieben in eine Wicklung oder während eines Wickelvorgangs im Wesentlichen lediglich von zwei gegenüberliegenden Seiten unter Druck steht. Hierzu könnte der Fachmann schon aus seinem allgemeinen Fachwissen, aber auch angeregt durch die aus dem deutschen Gebrauchsmuster 1 705 235 (NK 10) bekannte flache Gehäusebauform, für die der besondere Vorteil beim Einwickeln in eine Spule angegeben ist (Anspruch 5), daran denken, das runde Gehäuse abzuflachen, soweit der für die Anordnung und Betätigung der beiden Kontaktelemente 42 erforderliche Raum im Gehäuseinneren das zulässt. Die dann erforderliche Anpassung der Umfangskontur der bisher kreisrunden Wandung 16 derart, dass weiterhin eine Presspassung möglich ist, gehört in den Bereich der handwerklichen Maßnahmen, da auch bei der Fertigung des Gehäuses (Fig. 2 i. V. m. Sp. 3 Z. 44 bis 58) - außer einer Anpassung der Gieß- oder Spritzform - keine neuen Probleme zu erwarten sind. Damit wäre ein Schalter bereitgestellt, der immer noch ein allseitig nach außen gewölbtes Gehäuse aufweisen würde (s. o.), aber auch noch flach im Sinne von Merkmal 1.2.1 wäre. Der Fachmann bekommt aber weder aus seinem Fachwissen noch aus der US 3,747,208 (NK 15) oder dem deutschen Gebrauchsmuster 1 705 235 (NK 10) einen Hinweis oder eine Anregung darauf, seitliche Ausleger gemäß den Merkmalen 3.1 bis 3.3. vorzusehen. Soweit die Klägerin vorträgt, der Fachmann brauche lediglich die in NK 15 vorgesehene geschlossene umlaufende Wandung 16 mit zwei parallelen Längsschnitten in zwei voneinander getrennte - als seitliche Ausleger zu bezeichnende - Bereiche zu teilen, ist der Senat der Auffassung, dass der Fachmann nicht einmal in Kenntnis der Erfindung tun würde. Denn damit wäre die vorgesehene Presspassung zwischen der inneren Gehäusewandung und der umlaufenden Wandung 16 (Sp. 4 Z. 38 bis 42) nicht mehr möglich, weil die dann entstandenen Ausleger aufeinander zu bewegbar wären. Auch die mit jeder Presspassung verbundene Abdichtung an den aufeinanderliegenden Flächen würde verlorengehen. Sollte für einen vorgesehenen Verwendungszweck die in den Figuren der US 3,747,208 dargestellte, relativ dünne Wandung selbst bei Herstellung des Gehäuses 2 aus Metall (Sp. 4 Z. 43) dem auftretenden Druck nicht standhalten, wird der Fachmann durch Materialauswahl und größere Wandstärken eine Anpassung vornehmen. Von zusätzlichen „Einbauten“ ins Gehäuse, z. B. in Gestalt von seitlichen Auslegern neben der Kontakteinrichtung, wird der Fachmann schon deshalb absehen, weil eine Kollision mit den bewegbaren Kontaktteilen bei äußerem Druck auf das Gehäuse nicht auszuschließen ist, wenn die Ausleger dadurch verschoben werden. Bei dem aus der DE 29 17 557 C2 (NK 27) bekannten Schalter stabilisiert zwar der die Anschlussverlängerung 7 tragende Sockelbereich das dünnwandige Gehäuse gegen seitlichen Druck und gegen Druck von unten; denn er liegt unten und an den Längsseiten des hülsenförmige Gehäuses innenseitig an. Eine von der Klägerin als naheliegend angesehene Aufteilung der Sockelverlängerung in zwei voneinander getrennte Ausleger verbietet sich aber für die dort gezeigte Anordnung nach Ansicht des Senats schon deshalb, weil deren Mittelbereich eine tragende Funktion für die gesamte Kontakteinrichtung im Bereich der Gelenkverbindung 10 zukommt (Sp. 7 Z. 2 bis 26). Der Schalter müsste also völlig umkonstruiert werden. Deshalb bietet diese Druckschrift dem Fachmann auch weder Anlass noch Vorbild, um einen Temperaturschutzschalter gemäß der US 3,747,208 (NK 15) weiterzubilden, dessen Kontaktanordnung lediglich endseitig im Isoliersockel gehaltert ist. Die US 4,978,937 (NK 11) zeigt keine Einbauten innerhalb des Gehäuses, weshalb dem Fachmann jede Anregung auf die patentgemäßen seitlichen Ausleger fehlt. Solche Ausleger sind zwar an dem aus der GB 2 240 218 A (NK 16) bekannten Schaltersockel vorgesehen, jedoch weist der Schalter kein Gehäuse auf. Wollte er jedoch diesen Schalter mit einem hülsenförmigen Gehäuse versehen, wie es im Stand der Technik bei Temperaturschutzschaltern bekannt ist (s. o.), so lassen nach Ansicht des Senats die am oberen Ende der beiden Ausleger jeweils außenseitig vorgesehenen unbezifferten Einkerbungen allenfalls daran denken, ein sich nach oben (Fig. 1) erstreckendes Gehäuse mit seinem unteren Ende dort zu verrasten. Jedoch wird der Fachmann das Gehäuse schon deshalb nicht auf den Sockelbereich aufstecken, vom dem die Ausleger abragen, da das Riegelglied 11, mit dem eine selbsttätige Rückstellung eines ausgelösten Schalters verhindert wird (Abstract, Fig .1C und 1D i. V. m. S. 8 Abs. 2 bis S. 9 Abs. 1) bei allen Ausführungsformen frei beweglich und frei zugänglich bleiben muss. Die patentgemäße Gestaltung zweier von dem Sockelbereich abragender seitlicher Ausleger stellt auch keine ins Belieben des Fachmanns gestellte Maßnahme dar, etwa - wie die Klägerin meint - weil Ausleger prinzipiell bekannt seien und der Fachmann ja bei einem „beliebigen“ Schalter das Gehäuse zu versteifen suche. Denn die Frage, ob eine Erfindung sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, ist von jeweils einem konkreten Stand ausgehend zu beantworten. Hierfür könnten im vorliegenden Fall außer dem deutschen Gebrauchsmuster 1 705 235 (NK 10) - wegen dessen sockellosem Gehäuse - alle vorgenannten Druckschriften als „nächstkommend“ angesehen werden. Jedoch ist aus den dargelegten Gründen dem Fachmann weder ein Hinweis noch ein Anlass auf die Merkmale 3.1 bis 3.3 gegeben, bzw. wird er von einer solchen Maßnahme sogar abgehalten. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
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