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JURE109006524
BPatG
München
10. Senat
20100527
10 W (pat) 3/10
Beschluss
§ 40 PatG, § 79 Abs 3 Nr 2 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - Abschluss des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt grds. durch einheitliche, einzige Endentscheidung – Unzulässigkeit der Vorabentscheidung zur materiellen Berechtigung einer Priorität in der späteren Anmeldung
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2009 024 690.8 wegen Inanspruchnahme der inneren Priorität auf der Anmeldung 10 2008 062 109.9 hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. Mai 2010 durch den Vorsitzenden Richter Schülke, die Richterin Püschel und den Richter Lehner beschlossen: Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse H02K - vom 30. Oktober 2009 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I. Am 12. Juni 2009, hat die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt die Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung „Elektromotor mit Gehäuseteil und Lüfterhaube“ unter Inanspruchnahme der inländischen Priorität vom 16. Dezember 2008 aus DE 10 2008 062 109.9 „Adapter und Umrichtersystem“ beantragt. Der Nachanmeldung „Elektromotor mit Gehäuseteil und Lüfterhaube“ waren 13 Seiten Beschreibung und eine Zeichnung beigefügt. Die Prüfungsstelle für Klasse H02K des Patentamts hat nach vorausgehendem Zwischenbescheid mit Beschluss vom 30. Oktober 2009 den Antrag auf Inanspruchnahme der inneren Priorität zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, den verfahrensgegenständlichen Anmeldungen liege nicht dieselbe Erfindung zugrunde. Während die Nachanmeldung 10 2009 024 690.8 Schutz für einen Elektromotor mit Gehäuseteil und einer Lüfterhaube mit einem schichtartigen Aufbau begehre, befasse sich die Voranmeldung 10 2008 062 109.9 wie schon aus dem Titel „Adapter und Umrichtersystem“ ersichtlich mit einem anderen Gegenstand. Die wesentlichen Merkmale der der Nachanmeldung „Elektromotor mit Gehäuseteil und Lüfterhaube“ zugrunde liegenden Erfindung seien in der Voranmeldung nicht offenbart, ein gemeinsamer Erfindungsgedanke für den Fachmann nicht erkennbar. Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und beantragt, den angegriffenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Oktober 2009 aufzuheben. Sie verweist auf teilweise übereinstimmende Textpassagen in den verfahrensgegenständlichen Anmeldungen. Der in den vorgelegten Druckschriften offenbarten Erfindung liege für den Fachmann ersichtlich ein einheitlicher Erfindungsgedanke zugrunde. Daher sei das Begehren der Anmelderin auf Inanspruchnahme der inneren Priorität der Voranmeldung gerechtfertigt. Das Patentamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. II. Die Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als sie unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt führt, denn das Verfahren vor dem Patentamt leidet an einem wesentlichen Mangel, § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG. 1. Zwar ist die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde zulässig. Sie richtet sich gegen einen förmlichen Beschluss des Patentamts (§ 73 Abs. 1 PatG). Dass es sich hierbei lediglich um eine Vorabentscheidung über die Inanspruchnahme der inneren Priorität handelt, ohne über den Erteilungsantrag zu befinden, führt nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde (vgl. BGH BlPMZ 67, 294, 295 - UHF-Empfänger II ; BPatGE 17, 228, 231; BPatGE 29, 65, 67; Schulte, PatG, 8. Aufl., Einl Rn 430). 2. Aber es war dem Patentamt versagt, der Sache nach über die Inanspruchnahme der inneren Priorität der Voranmeldung gesondert zu entscheiden. Das Anmeldeverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt ist grundsätzlich durch eine einheitliche, einzige Endentscheidung abzuschließen (vgl. BPatGE 17, 228, 232; BPatGE 23, 48, 52; Schulte PatG, 8. Aufl., Einl Rn. 422, so auch Senat, Beschluss vom 14. April 2009 - 10 W (pat) 36/08 in ständiger Rechtsprechung). Eine Vorabentscheidung zur Feststellung der materiellen Berechtigung einer Priorität in der späteren Anmeldung ist unzulässig (vgl. BPatGE 28, 31, 32 - Schallsonde ; BPatGE 28, 222). Anderenfalls würde die zugunsten des Patentanmelders nach dem Gesetz bestehende Möglichkeit, im Laufe des Erteilungsverfahrens die Nachanmeldung zu ergänzen oder sich auf die Inanspruchnahme einer von einer früheren Priorität gedeckten, eingeschränkten Offenbarung in der Nachanmeldung zurückzuziehen, unterbunden (vgl. BPatGE 28, 222, 225 unter Hinweis auf BGH GRUR Int 1960, 506 ff - Schiffslukenverschluß ; BGH GRUR 1979, 224 ff - Aufhänger ). Ob ein Anmelder berechtigt ist, die Priorität einer früheren Anmeldung in Anspruch zu nehmen, ist keine Frage der formellen Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs - über die nach Lage des Einzelfalls im Wege einer Zwischenentscheidung durch das Patentamt befunden werden kann (etwa bei Überschreitung der Jahresfrist des § 40 Abs. 1 PatG, vgl. BPatGE 26, 32, oder zum Eintritt der Rücknahmefiktion des § 40 Abs. 5 PatG, vgl. BPatGE 26, 119) -, sondern ausschließlich der materiellen Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs (vgl. BPatGE 28, 31, 32 - Schallsonde ; BPatGE 28, 222). Da sich die angegriffene Vorabentscheidung des Patentamts mit der Frage auseinandersetzt, ob es sich bei den verfahrensgegenständlichen Anmeldungen aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns um dieselbe Erfindung handelt, ihr somit die Beurteilung des Entstehens eines Prioritätsrechts nach § 40 Abs. 1 PatG in sachlich-rechtlicher Hinsicht zugrunde liegt, kann sie nach Vorstehendem keinen Bestand haben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006524&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006535
BPatG
München
14. Senat
20100823
14 W (pat) 7/08
Beschluss
§ 34 Abs 3 Nr 3 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer und Schleuseneinrichtung für eine Vakuumkammer" - zur Frage der Klarheit eines Patentanspruchs mit der Formulierung "im Wesentlichen"
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 025 751.0-45 … hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Schröder, der Richter Harrer und Dr. Gerster sowie der Richterin Dr. Münzberg beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C23C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Januar 2008 aufgehoben und das Patent erteilt. Bezeichnung: Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer und Schleuseneinrichtung für eine Vakuumkammer. Anmeldetag: 31. Mai 2006 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde: Patentansprüche 1 bis 32, vom Anmeldetag 31. Mai 2006, mit der Maßgabe, dass der Rückbezug von Patentanspruch 25 auf Patentanspruch 24 gestrichen wird Beschreibung Seiten 1 bis 13, vom 31. Mai 2006 5 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 8, vom 31. Mai 2006.
I. Mit Beschluss vom 15. Januar 2008 hat die Prüfungsstelle für Klasse C23C des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung 10 2006 025 751.0-45 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer und Schleuseneinrichtung für eine Vakuumkammer“ zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Anspruch 1 keine klare technische Lehre vermittle, da für den Fachmann aufgrund der im Anspruch 1 verwendeten Formulierung „im Wesentlichen“ nicht klar erkennbar sei, wie hoch die Abweichung der Umfangsgeschwindigkeit der Rollen von der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats im beanspruchten Verfahren sein dürfe, um noch im Sinne des Anspruchs 1 als „im Wesentlichen gleich“ erachtet werden zu können. Wie Anspruch 1 ließen auch die Ansprüche 5, 11 und 23 aufgrund der unbestimmten Formulierung „im Wesentlichen“ nicht ausreichend klar und unmissverständlich erkennen, was damit unter Schutz gestellt werden solle. Mehrdeutig und damit unklar seien ferner die Ansprüche 10 und 32 aufgrund des darin verwendeten Begriffs „bzw.“. Auch der Anspruch 25 sei aus formalen Gründen nicht gewährbar, da die Ansprüche 24 und 25 auf alternative Ausgestaltungen der Andrucktechnik gerichtet seien, so dass ein Rückbezug des Anspruchs 25 auf Anspruch 24 nicht möglich sei. Gegen diesen Beschluss der Prüfungsstelle richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verfolgt ihr Patentbegehren mit den im Tenor angegebenen Unterlagen weiter, wobei die Anmelderin der Änderung betreffend die Streichung des Rückbezugs mit Schriftsatz vom 13. Juli 2010 zugestimmt hat. Die unabhängigen Ansprüche 1 und 13 lauten wie folgt: 1. „Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer (1) gegen Atmosphäre, bei dem ein bandförmiges Substrat (5) durch die Vakuumkammer (1) transportiert wird, wobei das bandförmige Substrat (5) zwischen zwei um je eine Rotationsachse drehbar gelagerten Rollen (2) eines Rollenpaares hindurchgeführt wird, die mit einem eine Bandpassage für das bandförmige Substrat (5) bildenden Abstand zueinander angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Umschlingungswinkel zwischen dem bandförmigen Substrat (5) und jeder Rolle (2) durch Verdrehung des Rollenpaars relativ zur Transportrichtung des bandförmigen Substrats (5) so eingestellt wird, dass die zwischen dem bandförmigen Substrat (5) und den Rollen (2) wirkenden Reibungskräfte eine Rotationsbewegung der Rollen (2) hervorrufen, bei der die Umfangsgeschwindigkeit der Rollen (2) im Wesentlichen gleich der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats (5) ist. 13. Schleuseneinrichtung für eine Vakuumkammer (1) zur Behandlung eines bandförmigen Substrats (5), umfassend mindestens ein Rollenpaar, das von zwei um je eine Rotationsachse drehbar gelagerten Rollen (2) gebildet ist, wobei die Rollen (2) mit einem eine Bandpassage für das bandförmige Substrat (5) bildenden Abstand zueinander angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Rollenpaar relativ zur Transportrichtung des bandförmigen Substrats (5) drehbar gelagert ist.“ Die Ansprüche 2 bis 12 sind auf Weiterbildungen des Verfahrens nach Anspruch 1, die Ansprüche 14 bis 32 auf Weiterbildungen der Vorrichtung nach Anspruch 13 gerichtet. Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin schriftsätzlich insbesondere vorgetragen, dass die Verwendung der Formulierung „im Wesentlichen“ im Anspruch 1 dazu diene solche Abweichungen zwischen der Umfangsgeschwindigkeit der Rollen und der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats in den Anspruch 1 mit einzubeziehen, mit denen nach wie vor eine wirksame Abdichtung der Vakuumkammer zur Atmosphäre erzielt und dabei eine Beschädigung des Substrats durch zu große Verformung des Substrats oder zu hohe Bandzugkräfte vermieden werde. Die Formulierung „im Wesentlichen“ sei in diesem Zusammenhang für den Durchschnittsfachmann bestimmt genug, da dieser auf Grund der in der Anmeldung offenbarten technischen Lehre und seines Fachwissens erkenne, dass Abweichungen zwischen der Umfangsgeschwindigkeit der Rollen und der Transportgeschwindigkeit des Substrats für eine erfolgreiche Ausführung der Erfindung nicht wesentlich seien, aber hingenommen werden könnten. Zudem sei für den Fachmann offensichtlich, dass bei der praktischen Ausführung des beanspruchten Verfahrens derartige Abweichungen unvermeidlich und daher mit einzubeziehen seien. Demnach ließe der Anspruch 1 in ausreichendem Maße die Richtung erkennen, in der der Fachmann vorgehen müsse, um die Lehre des Patents verwirklichen zu können. Dies gelte für die Ansprüchen 5, 11 und 23 entsprechend, in denen die Formulierung „im Wesentlichen“ ebenfalls verwendet würde. Eine Streichung der Formulierung „im Wesentlichen“ in diesen Ansprüchen würde dagegen zu einer nicht hinnehmbaren Beschränkung des dem Erfinder zustehenden Schutzes für seine erfinderische Leistung führen. Der Sinngehalt des im Anspruch 10 und 32 verwendeten Begriffs „bzw.“ sei im vorliegenden Fall ebenfalls eindeutig und lasse auch keinen Platz für eine falsche Interpretation des jeweiligen Anspruchs. Vielmehr würde die Ersetzung von „bzw.“ durch ein „eindeutiges Bindewort“ wie „oder“, die klare Aussage des Satzes entstellen und ad absurdum führen. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Beschlusstenor aufgeführten Unterlagen zu erteilen. Ferner beantragt sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 73 PatG). Sie ist auch begründet. 1. Bezüglich ausreichender Offenbarung des Verfahrens nach den geltenden Ansprüchen 1 bis 12, sowie der Schleuseneinrichtung nach den geltenden Ansprüchen 13 bis 32 bestehen keine Bedenken, da die Merkmale dieser Ansprüche den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen sind (vgl. Erstunterlagen, Ansprüche 1 bis 32). 2 . Die geltenden Ansprüche 1, 5, 11 und 23 vermitteln dem Durchschnittsfachmann nach Überzeugung des Senats trotz der darin verwendeten Formulierung „im Wesentlichen“ auch eine hinreichend klare Lehre zum technischen Handeln. Als Fachmann ist hier ein Ingenieur anzusehen, der mit der Konstruktion von Vakuumbeschichtungsanlagen für bandförmige Substrate wie z. B. Metallbänder befasst ist. Den geltenden Unterlagen liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer anzugeben, bei dem das Ein- bzw. Ausschleusen des bandförmigen Substrats in bzw. aus einer Vakuumkammer bei wirksamer Abdichtung der Vakuumkammer zur Atmosphäre durchgeführt und dabei eine Beschädigung des Substrats durch zu große Verformungen des Substrats oder durch zu hohe Bandzugkräfte vermieden wird. Ferner soll eine Schleuseneinrichtung für eine Vakuumkammer bereitgestellt werden, die gleichermaßen und universell sowohl für dünne als auch für dicke Bänder geeignet ist, wobei für alle Banddicken dieselben Rollen mit relativ kleinen Rollendurchmessern verwendbar sind (vgl. Erstunterlagen, S. 3, zweiter Abs.). Die Aufgabe wird mit dem im Anspruch 1 angegebenen Verfahren und der im Anspruch 13 genannten Schleuseneinrichtung gelöst. Das Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer gegenüber der Atmosphäre nach Anspruch 1 weist dabei folgende Merkmale auf: 1. Transport eines bandförmigen Substrats (5) durch die Vakuumkammer (1) 1.1 wobei das bandförmige Substrat (5) zwischen zwei um je eine Rotationsachse drehbar gelagerten Rollen (2) eines Rollenpaares hindurchgeführt wird, 1.2 die Rollen einem eine Bandpassage für das bandförmige Substrat (5) bildenden Abstand zueinander angeordnet sind und wobei 1.3 der Umschlingungswinkel zwischen dem bandförmigen Substrat (5) und jeder Rolle (2) durch Verdrehung des Rollenpaars relativ zur Transportrichtung des bandförmigen Substrats (5) so eingestellt wird, 1.4 dass die zwischen dem bandförmigen Substrat (5) und den Rollen (2) wirkenden Reibungskräfte eine Rotationsbewegung der Rollen (2) hervorrufen, 1.5 bei der die Umfangsgeschwindigkeit der Rollen (2) im Wesentlichen gleich der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats (5) ist. Merkmal 1.5 des Anspruchs 1, welches die strittige Formulierung „im Wesentlichen“ enthält, bezieht durch diese Formulierung Abweichungen zwischen der Umfangsgeschwindigkeit der Rollen und der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats im beanspruchten Verfahren mit ein. Im Anspruch 1 fehlen zwar nähere Angaben dazu, inwieweit die beiden Geschwindigkeiten voneinander abweichen können, um nach wie vor im Sinne des Anspruchs 1 als „im Wesentlichen gleich“ erachtet zu werden. Allerdings ist nach ständiger Rechtsprechung die Darstellung der technischen Lehre im Patentanspruch nicht in allen Einzelheiten erforderlich. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Patenanspruch die entscheidende Richtung erkennen lässt, in der der Fachmann vorgehen muss, um die beanspruchte technische Lehre verwirklichen zu können (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage § 34 Rdn. 125 und 126). Dies ist vorliegend der Fall. Denn der Fachmann, an den der Anspruch letztlich gerichtet ist (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 34 Rdn. 118), kann auf Grund seines Fachwissens und unter Zuhilfenahme der Angaben in der Beschreibung ohne weiteres Nachdenken die vom Anspruch 1 mit umfassten Abweichungen zwischen der Umfangsgeschwindigkeit der Rollen und der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats ermitteln. Dabei liegt auf der Hand, dass er Geschwindigkeitsabweichungen nur insoweit als zulässig erachten wird, als damit das Ziel das mit dem beanspruchten Verfahren verfolgt wird - nämlich die wirksame Abdichtung der Vakuumkammer gegenüber der Atmosphäre unter gleichzeitiger Vermeidung von Beschädigungen des Substrats durch zu große Verformungen des Substrats oder zu hohe Bandzugkräfte - erreicht wird (vgl. Erstunterlagen, S. 12, erster Abs.). Im Hinblick auf die technische Realisierung des beanspruchten Verfahrens lehrt der Anspruch 1 den Fachmann, dass sich die Umfangsgeschwindigkeit der Rollen und die Transportgeschwindigkeit des Substrats mit Hilfe des Umschlingungswinkels zwischen dem bandförmigen Substrat und jeder Rolle aufeinander abstimmen lassen, indem das Rollenpaar relativ zur Transportrichtung des Substrats derart verdreht wird, dass die zwischen dem bandförmigen Substrat und den Rollen wirkenden Reibungskräfte eine Rotationsbewegung der Rollen hervorrufen, bei der die Umfangsgeschwindigkeit der Rollen im Wesentlichen gleich der Transportgeschwindigkeit des bandförmigen Substrats ist. Diese Vorgehensweise wird durch das in den Figuren 1 und 2 gezeigte Ausführungsbeispiel, sowie die dazugehörigen Ausführungen in der Beschreibung weiter verdeutlicht (vgl. Erstunterlagen, S. 7, letzte Zeile bis S. 9, Z. 16). Daraus erschließt sich für den Fachmann, dass die vom Merkmal 1.5 mit umfassten Abweichungen zwischen der Umfangsgeschwindigkeit der Rollen und der Transportgeschwindigkeit des Substrats nicht erfindungswesentlich sind, sondern mit diesen lediglich der Tatsache Rechnung getragen wird, dass bei der praktischen Verwirklichung des Verfahrens ein absoluter Gleichlauf zwischen Rollen und Substrat technisch kaum zu realisieren ist und daher entsprechende Abweichungen zwangsläufig zu berücksichtigen sind. Der Anspruch 1 gibt somit - erläutert durch die Beschreibung und die Zeichnungen - dem Fachmann die entscheidende Richtung für die praktische Verwirklichung der anmeldungsgemäßen Lehre vor. Weiterer Angaben im Bezug auf das Merkmal 1.5 bedurfte es entgegen der vorinstanzlich vertretenen Auffassungen daher nicht. Die vorangegangenen Ausführungen gelten für die Ansprüche 5, 11 und 23 entsprechend, da auch in diesen Ansprüchen die Formulierung „im Wesentlichen“ verwendet wird, um unvermeidliche Abweichungen, die sich bei der praktischen Anwendung des beanspruchten Verfahrens zwangsläufig ergeben, zu berücksichtigen. Denn für den Fachmann ist offensichtlich, dass sich weder eine exakte Übereinstimmung der Richtung der Andruckkraft mit der Verbindungslinie zwischen den Rotationsachsen zweier Rollen technisch ohne Weiteres realisieren lässt (vgl. Ansprüche 5 und 23), noch die Breite der Bandpassage für das bandförmige Substrat exakt auf die tatsächliche Breite des Substrats eingestellt werden kann (vgl. Anspruch 11). Demzufolge bezieht die in den Ansprüchen 5, 11 und 23 - wie auch schon im Anspruch 1 - verwendete Formulierung „im Wesentlichen“ lediglich für den Fachmann selbstverständliche Abweichungen vom Idealwert mit ein, die keinesfalls dazu führen, dass die in diesen Ansprüchen vermittelte technische Lehre unklar wird. Nach Ansicht des Senats mangelt es auch den geltenden Ansprüchen 10 und 32 auf Grund des darin verwendeten Begriffs „bzw.“ nicht an der erforderlichen Klarheit. Im Anspruch 10 wird durch den Begriff „bzw.“ eindeutig festgelegt, dass unabhängig davon, ob eine Steuerung oder eine Regelung für die Verdrehung eines Rollenpaares verwendet wird, diese jeweils in Abhängigkeit von der Bandzugkraft erfolgt. Im Anspruch 32 legt der Begriff „bzw.“ fest, dass für die Drehung eines Rollenpaares oder - falls dieses in einem Hohlzylindersegment gelagert ist - für die Drehung des Hohlzylindersegments mindestens ein Pneumatikzylinder verwendet wird. Raum für falsche Interpretationen oder unzulässige Mehrdeutigkeiten bietet die Formulierung des Ansprüche 10 und 32 entgegen der vorinstanzlich vertretenen Auffassung daher nicht. 3. Das Verfahren zur Abdichtung einer Vakuumkammer gegen Atmosphäre nach Anspruch 1, sowie die Schleuseneinrichtung für eine Vakuumkammer zur Behandlung eines bandförmigen Substrats nach Anspruch 13 sind unbestritten neu, da keine der in der Anmeldung genannten Druckschriften, welche auch von der Prüfungsstelle als relevanter Stand der Technik erachtet worden sind, ein Verfahren bzw. eine Schleuseneinrichtung mit sämtlichen anmeldungsgemäßen Merkmalen offenbart. 4. Wie die Prüfungsstelle, ist auch der Senat der Überzeugung, dass das Verfahren nach Anspruch 1 auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Denn weder durch die einzelnen, in der Anmeldung genannten Druckschriften, noch durch eine Kombination dieser Druckschriften wird nahe gelegt, Rollenpaare in einem Verfahren zur Vakuumbeschichtung von bandförmigen Substraten relativ zur Transportrichtung des bandförmigen Substrats zu verdrehen und damit den Umschlingungswinkel des Substrats um die Rollen so zu variieren, dass damit die Beanspruchung der bandförmigen Substrate auf ihre jeweilige Dicke abgestimmt werden kann und dennoch die erforderliche Traktion zwischen dem bandförmigen Substrat und den Rollen gegeben ist. Die Ansprüche 2 bis 12 betreffen spezielle Ausgestaltungen des Verfahrens nach Anspruch 1 und sind daher gleichfalls mit diesem gewährbar. Die vorangegangenen Ausführungen gelten für die Schleuseneinrichtung nach Anspruch 13 aufgrund identischer Merkmale entsprechend. Die Ansprüche 14 bis 32 betreffen spezielle Ausgestaltungen der Vorrichtung nach Anspruch 13 und sind daher mit dieser ebenfalls gewährbar. 5. Der Anregung der Anmelderin, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 73 (3) bzw. § 80 (3) PatG anzuordnen, kann nicht zugestimmt werden, denn der Umstand, dass die von der Prüfungsstelle beanstandeten formalen Mängel in nächster Instanz anders gewertet werden, ist kein Grund für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr (vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 73 Rdn. 130).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006535&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006544
BPatG
München
25. Senat
20100729
25 W (pat) 165/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Klarer Kopf" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 024 529.8 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Klarer Kopf ist am 15. April 2008 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, und zwar für die folgenden Waren der Klassen 5, 30 und 32: „Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/ Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/ oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten, Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kakaoextrakte für Nahrungs- und Genusszwecke; Kakao-Erzeugnisse; Schokoladenpulver (auch in Mischung mit Milchpulver), insbesondere als Trinkschokoladenpulver; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; feine Back- und Konditorwaren; Schokoladenwaren; alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/ Kräutertee/ Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke.“ Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2008 024 529.8 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 3. November 2008 und vom 25. Juni 2009, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Der Ausdruck „Klarer Kopf“ werde in der deutschen Sprache synonym für „klarer Geist, geistige Klarheit und Frische bzw. geistige Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit“ verwendet. Bestimmten Nahrungsmitteln werde eine geistig anregende, konzentrationsfördernde Wirkung zugeschrieben. Dazu zählten insbesondere einige Teesorten mit bestimmten Inhaltsstoffen. Auch Schokolade enthalte Stoffe, die anregende und leistungssteigernde Wirkungen hätten. Davon ausgehend werde der Verkehr, insbesondere der Durchschnittsverbraucher die angemeldete Wortfolge als schlagwortartig verkürzten Hinweis allein darauf verstehen, dass die mit ihm gekennzeichneten Waren dazu beitragen würden, einen klaren Kopf zu bekommen oder zu behalten, d. h., dass sie geistig anregend seien und die geistige Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit steigern könnten. Zudem gebe es Produkte wie „klarer Geist Tee“; ferner würden bestimmte Teesorten und Teemischungen mit Attributen wie „geistig anregend“, „geistig erfrischend“, „macht geistig beweglich“, „hilft der geistigen Leistungsfähigkeit auf die Sprünge“ und „konzentrationsunterstützende Eigenschaften“ beworben. Da alle beanspruchten Waren entsprechende Inhaltsstoffe enthalten könnten, liege ein unmittelbar beschreibender oder enger Sachbezug vor. Der Verkehr werde das angemeldete Zeichen daher nur als sachbezogenen Hinweis auf bestimmte Eigenschaften und Wirkungen dieser Waren, nicht jedoch als individualisierenden Herkunftshinweis verstehen. Ob darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis bestehe, könne dahingestellt bleiben. Der Hinweis der Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen führe zu keiner anderen Beurteilung, da zum einen aus Voreintragungen kein Anspruch auf Eintragung abgeleitet werden könne und zum anderen die von der Anmelderin benannten Beispiele mit der vorliegenden Anmeldung nicht vergleichbar seien. Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde. Die Anmelderin ist der Auffassung, dass die angemeldete Wortfolge im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterscheidungskräftig sei. Sie habe weder einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt, noch stelle sie eine allgemein übliche Werbeaussage dar. Die Wortfolge „Klarer Kopf“ sei nicht unmittelbar beschreibend, da ihr jeder Sachbezug zu den beanspruchten Waren fehle und ein solcher Sachbezug auch nicht abgeleitet werden könne. Es werde keine Eigenschaft der beanspruchten Waren wie z. B. Geschmack, Inhaltsstoffe, Qualität, Zusammensetzung beschrieben. Die der angemeldeten Wortfolge von der Markenstelle zugemessene Bedeutung, nämlich „klarer Geist, geistige Klarheit und Frische bzw. geistige Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit“ zeige, dass es weiterer Erklärungen bedarf, um eine Bedeutung dieser Wortfolge herzuleiten. Ohne Zusätze sei diese Wortfolge originell und habe einen Hintersinn, der sich dem Verkehr nicht unmittelbar und ohne analysierende Zwischenschritte erschließe. Die Bezeichnung „Klarer Kopf“ rege die Verbraucher zum Nachdenken an, zumal sie zahlreiche unterschiedliche Facetten habe, aufgrund derer sie keine klar definierte Aussagekraft aufweise. Diese Wortfolge sei aufgrund ihrer Originalität und Prägnanz geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen. Unterscheidungskraft könne nur dann verneint werden, wenn der konkrete Sinngehalt in Bezug auf die konkreten Waren nach der Verkehrsauffassung dazu führen würde, dass eine Sachangabe über die Waren angenommen würde. Da der Wortfolge „Klarer Kopf“ keine konkrete Aussage über die gekennzeichneten Waren entnommen werden könne, sondern allenfalls Assoziationen wecke, sei sie kennzeichnungskräftig. Unerheblich sei, dass bestimmten Nahrungs- und Genussmitteln eine geistig anregende, konzentrationsfördernde oder die geistige Leistungsfähigkeit steigernde Wirkung zugeschrieben werde; insoweit gebe es eine Vielzahl von Inhaltsstoffen und Lebensmitteln, ohne dass ein sachlicher Bezug zwischen solchen Waren und der Wortfolge „Klarer Kopf“ bestehe. Auch wenn Voreintragungen keinen Anspruch auf Eintragung begründen mögen, sei zumindest eine Indizwirkung abzuleiten, wobei auch der Gleichheitsgrundsatz zu beachten sei. Schließlich sei mangels eines beschreibenden Aussagegehalts auch kein Freihaltebedürfnis gegeben. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. November 2008 und vom 25. Juni 2009 aufzuheben. Ferner hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2010 für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2010 und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die angemeldete Marke weist entgegen der Auffassung der Anmelderin keine Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f., Tz. 30, 31 - „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850, 854, Tz. 17 - „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854, Tz. 19 - „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678, Tz. 86 - „Postkantoor“). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006, a. a. O.). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel). Dementsprechend hat der EuGH mehrfach eine strenge und vollständige, nicht auf ein Mindestmaß beschränkte Prüfung von absoluten Schutzhindernissen angemahnt, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2003, 606, Tz. 59 - Libertel; GRUR 2004, 674, Tz. 45 - Postkantoor; GRUR 2004, 1027, Tz. 45 - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Auch der BGH hat klargestellt, dass nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf; vielmehr sind die Gesichtspunkte umfassend zu würdigen, wobei im Rahmen der strengen und umfassenden Prüfung zu berücksichtigen ist, dass auch eine geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2009, 949, Tz. 11 - My World). Werbeslogans und sonstige schlagwortartigen Wortfolgen - wie die vorliegend als Marke angemeldete Wortfolge „Gesunde Abwehr“ - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 143 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Es ist auch nicht erforderlich, dass Slogans oder schlagwortartige Wortfolgen einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, sofern sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Slogans und schlagwortartige Wortfolgen unterliegen aber auch keinen geringeren Schutzvoraussetzungen. So ist auch bei schlagwortartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn hinsichtlich der jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans oder schlagwortartigen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn diese eine bloße Werbefunktion ausüben - diese kann z. B. darin bestehen, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen - es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK nicht entscheidend modifiziert. Auch wenn allein aus der Tatsache, dass es sich bei dem jeweiligen Zeichen um einen Werbeslogan oder um eine schlagwortartige Wortfolge handelt, nicht auf die fehlende Schutzfähigkeit dieses Zeichens geschlossen werden kann, so setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Ausgehend von diesen Grundsätzen weist die angemeldete Wortfolge „Klarer Kopf“ in Bezug auf die beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft auf. Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass die Wortfolge „Klarer Kopf“ einen in die Umgangssprache eingegangenen Gesamtbegriff darstellt, der - entgegen der Auffassung der Anmelderin - einen eindeutigen Aussagegehalt aufweist, indem er synonym für den Zustand eines „klaren Geistes“, der „geistigen Klarheit und Frische“ und der „geistigen Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit“ steht und so auch verwendet wird. Über die von der Markenstelle bereits ermittelten Belege (vgl. Bl. 59 ff. der Amtsakte) ist insoweit auf die der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung übergebenen Unterlagen zur Verwendung dieses Gesamtbegriffs zu verweisen. Dort geht es u. a. um Übungen zur Wiederherstellung der Konzentrations- und geistigen Leistungsfähigkeit unter der Überschrift „Klarer Kopf“, wobei zur Erreichung dieses Ziels bzw. der Wiederherstellung des Zustands eines „klaren Kopfes“ auch auf die Verbesserung des Blutzuckerspiegels durch Zuckerzufuhr hingewiesen wird. Ferner wird in diesen Unterlagen auch der Zusammenhang zwischen der Bewahrung oder auch der Wiederherstellung eines „klaren Kopfes“, auch z. B. zur Vermeidung von Migräne, und der Aufnahme von bestimmten Nahrungs- und teilweise auch Genussmitteln sowie Getränken dargelegt. Daher liegt es für die angesprochenen Verkehrskreise, insbesondere die Endverbraucher der vorliegend beanspruchten Waren nahe, dass es sich bei dem Begriff „Klarer Kopf“ um eine Sachangabe handelt, die in schlagwortartiger und auch anpreisender Weise die Beschaffenheit und die Eigenschaften dieser Waren beschriebt, nämlich durch leistungs- und konzentrationsfördernde Inhaltsstoffe oder zumindest durch Energie- einschl. Zuckerzufuhr die Konzentrationsfähigkeit und auch die geistige Leistungsfähigkeit zu bewahren, zu fördern oder zu deren Wiederherstellung beizutragen. Aufgrund des, wie dargelegt, eindeutigen Aussagegehalts der Wortfolge „Klarer Kopf“ und des Zusammenhangs zwischen Nahrungs- und Genussmitteln einschließlich bestimmter Inhaltsstoffe und der Erhaltung oder Wiederherstellung der Konzentrations- und geistigen Leistungsfähigkeit, die, wie ebenfalls ausgeführt, im Verkehr vielfältig dargelegt und betont wird, bedarf es für den der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Endverbraucher auch keiner analysierenden Betrachtungsweise oder vertieften Nachdenkens, um diesen sachlichen Bezug zwischen der angemeldeten Wortfolge und den beanspruchten Waren zu erkennen und zu erfassen. Vielmehr drängt sich diese Bedeutung den beteiligten Verkehrskreisen bei den vorgenannten Waren geradezu auf. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei allen beanspruchten Waren um solche, die entweder unmittelbar durch Energie- einschl. Zuckerzufuhr die Konzentrationsfähigkeit und geistige Leistungsfähigkeit fördern können oder leistungs- oder konzentrationsfördernde Inhaltsstoffe aufweisen können. In einer derart naheliegenden, als solche sich ohne weiteres erschließenden Sachangabe, die sich auf die Beschaffenheit und die Eigenschaften der beanspruchten Waren bezieht, wird der Verkehr keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren sehen. Soweit die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach und zuletzt auf ein dahingehend gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen ausdrücklich nochmals bestätigt (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093, Nr. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya mit ausführlicher Begründung und mit zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen). Mehrere Senate des BPatG, u. a. auch der erkennende Senat, haben sich zur Frage der Voreintragungen in letzter Zeit intensiv auseinandergesetzt (vgl. dazu GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt), wobei in diesen Entscheidungen teilweise darauf hingewiesen wird, dass sich auch Äußerungen zur Schutzfähigkeit von im Register eingetragenen Marken verbieten, weil diese Marken durch ihre Nennung nicht verfahrensgegenständlich werden und deren Inhaber nach den markenrechtlichen Verfahrensbestimmungen auch nicht am Verfahren beteiligt werden können. Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Die angemeldete Wortfolge weist somit zu allen beanspruchten Waren einen zumindest engen beschreibenden Bezug auf, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Aus den vorgenannten Gründen spricht auch einiges dafür, dass der angemeldeten Wortfolge jedenfalls überwiegend das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht; dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder - entgegen der Auffassung der Anmelderin - zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke geht der Senat von der maßgeblichen Rechtsprechung zur Frage der Unterscheidungskraft von Slogans bzw. sloganartigen Wortfolgen aus, bei denen es sich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen entweder um eine beschreibende Angabe handelt, oder um eine Angabe, die jedenfalls einen engen beschreibenden Bezug zu diesen Waren und Dienstleistungen aufweist. Hierbei wurde die konkrete Sachlage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung berücksichtigt. Insoweit ergibt sich auch keine Divergenz zu der von der Anmelderin genannten Entscheidung des 26. Senats vom 3. März 2010 (26 W (pat) 71/09 - Energie mit Ideen). Dort wendet der 26. Senat die gleichen rechtlichen Maßstäbe zur Schutzfähigkeit von (Werbe-)Slogans an, wenn auch mit einem in der Sache unterschiedlichen Ergebnis. Der erkennende Senat ist, wie sich aus den o. g. Ausführungen ergibt, aufgrund eines mit Blick auf den konkreten Begriffsgehalt der angemeldeten Wortfolge und auf die konkret beanspruchten, von dem Verfahren 26 W (pat) 71/09 differenziert zu betrachtenden Waren, für die hier Schutz begehrt wird, unterschiedlichen Verkehrsverständnisses zum sachlichen Aussagegehalt der angemeldeten Wortfolge zu dem vorliegenden Ergebnis gekommen. Eine solche auf tatsächlichem Gebiet liegende Divergenz gebietet indessen nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, und zwar noch nicht einmal dann, wenn ein völlig identischer Sachverhalt zu beurteilen wäre, was hier ohnehin nicht der Fall ist (vgl. zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO den Beschluss des BGH vom 22. Oktober 2009 - I ZR 124/08). Die Beschwerde bleibt nach alledem ohne Erfolg.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006545
BPatG
München
26. Senat
20100830
26 W (pat) 44/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "GOWELL BEAUTY & WELLNESS by OTC ® (Wort-Bild-Marke)/ORWELL (Gemeinschaftsmarke)" – Warenidentität und -ähnlichkeit - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 74 017 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der Marke 305 74 017 für die Waren „03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleif-mittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme, Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas), Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Trinkflaschen; 28: Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck“ ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 001981901 ORWELL , die für die Waren „03: Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer. 09: Brillen. 14: Edelmetalle und deren Legierungen, sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente. 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren. 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen. 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Fruchtmuse, Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fett. 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseöl, Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf, Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis. 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke, Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken. 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) eingetragen ist. Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ähnlichkeit der beiderseitigen Marken sei selbst bei einer Benutzung für identische Waren zu gering, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. In ihrer Gesamtheit unterscheide sich die angegriffene Marke auf Grund der großen Zahl ihrer Wort- und Bildbestandteile von der nur aus einem einzigen Wort bestehenden Widerspruchsmarke deutlich. Aber auch sonst bestehe dem maßgeblichen Gesamteindruck nach keine Verwechslungsgefahr. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die angegriffene Marke mit allen ihren Wortbestandteilen oder nur mit dem Wortbestandteil „G O WELL“ benannt werde, da auch die klanglichen Unterschiede zwischen den Wörtern „G O WELL“ und „ORWELL“ so deutlich seien, dass mit Verwechslungen der Marken nicht gerechnet werden könne. Zwar stimmten diese Wörter formal in der Silbenzahl sowie in der Lautfolge „O-WELL“ überein. Dennoch sei das maßgebliche Gesamtklangbild beider Bezeichnungen auf Grund der unterschiedlichen Wortanfänge „G O “ und „OR“ deutlich unter-schiedlich. Hinzu komme, dass beide Wörter einen jeweils anderen Begriffsgehalt aufwiesen. „ORWELL“ werde vom inländischen Verkehr als der Familienname des weltbekannten britischen Schriftstellers, Journalisten, Essayisten, Regisseurs und Schauspielers George Orwell erkannt, der in Deutschland insbesondere durch seine Filme „Der dritte Mann“ und „1984“ sehr bekannt geworden sei. „G O WELL“ werde hingegen als eine Zusammensetzung der zum englischen Grundwortschatz zählenden Begriffe „go“ (gehen) und „WELL“ (gut) erkannt. Bei dieser Sachlage seien Verwechslungen nicht zu erwarten. Die Frage der von der Markeninhaberin im Verlauf des Erinnerungsverfahrens bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Markenstelle dahingestellt gelassen. Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt und sich im Übrigen auf ihr schriftsätzliches Vorbringen gegenüber der Markenstelle bezogen. Dort hat sie u. a. die Ansicht vertreten, bei dem Bestandteil „G O WELL“ der angegriffenen Marke handele es sich um den prägenden Bestandteil der kombinierten Wort-Bild-Marke. Dieser sei mit der Widerspruchsmarke in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht wegen der Übereinstimmung in der Vokalfolge und in dem Wortteil „WELL“ verwechselbar. Dass die Widerspruchsmarke mit dem Familiennamen des Schriftstellers und Regisseurs George Orwell übereinstimme, könne die Verwechslungsgefahr nicht entscheidend vermindern, weil es sich insoweit um einen Namen und nicht um ein Wort mit einem Begriffsgehalt handele. Es sei fraglich, ob der Verkehr die Widerspruchsmarke auf den hier maßgeblichen Warengebieten mit dem Namen des Schriftstellers George Orwell assoziieren werde. In der mündlichen Verhandlung hat sie im Hinblick auf den weiteren Wortbestandteil „by OTC“ der angegriffenen Marke unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Eintrag im Onlinelexikon „Wikipedia“ ausgeführt, dass es sich bei „OTC“ um die Abkürzung des englischen Begriffs „Over The Counter“ handele, der mit „über den Tresen“ übersetzt werden könne, und in Deutschland als „Telefonhandel“ bezeichnet werde. Auf Grund dieses dem inländischen Verbraucher geläufigen beschreibenden Begriffsgehalts sei der Bestandteil „by OTC“ innerhalb der angegriffenen Marke nicht geeignet, zur Prägung des Gesamteindrucks der Marke beizutragen, weshalb dieser allein durch den weiteren Wortbestandteil „G O WELL“ geprägt werde. Die Widersprechende beantragt, die angefochtenen Beschlüsse vom 24.05.2007 und 27.10.2008 aufzuheben und die angegriffene Marke für identische oder ähnliche Waren der Klasse 18 zu löschen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält die Entscheidung der Markenstelle für zutreffend und schließt sich deren Begründung in der Sache an. Überdies hält sie ihre Nichtbenutzungseinrede ausdrücklich aufrecht. Diesbezüglich vertritt sie die Ansicht, ein Umsatz in Höhe von EUR 148.000,00 über einen Zeitraum von zwei Jahren für Lederwaren sei zu gering, um eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke zu belegen. II Die Beschwerde, mit der sich die Widersprechende nach dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nur noch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für identische und ähnliche Waren der Klasse 18 wendet, ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht auch insoweit nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr gemäß der zuvor genannten Vorschrift besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass grundsätzlich ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken und eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. z. B. BGH GRUR 2006, 859 – Malteserkreuz). Hiervon ausgehend hat im vorliegenden Fall die angegriffene Marke angesichts der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren der Klasse 18 von der Widerspruchsmarke, bei der von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ist, einen deutlichen, über den durchschnittlichen Anforderungen liegenden Abstand einzuhalten. Dieser Abstand wird von ihr jedoch, wie bereits die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen zutreffend festgestellt hat, in jeder Richtung gewahrt. In ihrer eingetragenen Form, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist, (BGH GRUR 2005, 326, 327 – il Padrone/Il Portone), unterscheiden sich die beiderseitigen Marken bereits auf Grund der die angegriffene Marke größenmäßig dominierenden Bildbestandteile, die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finden, deutlich voneinander. Da das Markenrecht keinen allgemeinen Elementenschutz kennt, ist es grundsätzlich auch nicht möglich, aus einer angegriffenen, jüngeren Marke ein einzelnes Wort- oder Bildelement herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199 – Springende Raubkatze). Deshalb kann nach ständiger Rechtsprechung ein einzelner Markenbestandteil nur dann eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrteiligen Marke prägt (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 29 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 903, 904, Nr. 18 – SIERRA ANTIGUO). Ob der vorliegend allein als kollisionsbegründend in Betracht kommende Bestandteil „G O WELL“ den Gesamteindruck der angegriffenen Marke in klanglicher Hinsicht prägt, ist bereits deshalb fraglich, weil die angegriffene Marke – neben der rein beschreibenden Angabe „BEAUTY & WELLNESS“ – mit dem Wortelement „by OTC“ ein weiteres Markenelement enthält, dessen von der Widersprechenden aufgezeigte Bedeutung dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher der Waren der Klasse 18 regelmäßig nicht bekannt ist. Zudem handelt es sich um eine Bezeichnung aus dem Bereich des außerbörslichen Handels mit Wertpapieren, der für den Handel mit Waren der Klasse 18 keine unmittelbar beschreibende Bedeutung zukommt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Markenelement „by OTC“ um einen vernachlässigbaren Bestandteil handelt, da auch der durchschnittlich informierte deutsche Verbraucher diesen Bestandteil nicht als beschreibend oder sonst bedeutungslos ansehen wird. In bildlicher Hinsicht scheidet eine Verwechslungsgefahr ohnehin bereits deshalb aus, weil sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-Bild-Marke regelmäßig nicht ausschließlich an deren Wortbestandteilen orientiert, ohne den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufzunehmen BGH a. a. O - Malteserkreuz – Nr. 30; a. a. O. – SIERRA ANTIGUO – Nr. 24). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn es sich bei den Bildbestandteilen um völlig bedeutungslose Zutaten, wie z. B. übliche Verzierungen, handeln würde. Dies ist jedoch bei der angegriffenen Marke, die eine zeichnerische Darstellung einer Frau und eines Mannes enthält, nicht der Fall. Vielmehr weist der Bildbestandteil eine eigene Begrifflichkeit auf. Zudem macht er größenmäßig einen erheblichen Teil der Gesamtmarke aus. Letztlich besteht aber selbst dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass der Gesamteindruck der angemeldeten Marke – jedenfalls in klanglicher Hinsicht – allein durch das Wort „G O WELL“ geprägt wird, zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, da auch die Wörter „G O WELL“ und „ORWELL“ so deutliche klangliche Unterschiede aufweisen, dass selbst bei einer Benutzung für identische Waren nicht mit Verwechslungen der Marken zu rechnen ist. Zwar stimmen die beiden vorstehend genannten Wörter formal in der Silbenzahl, der Silbengliederung, dem Vokal der Anfangssilbe sowie in der Endsilbe „WELL“ überein. In den Anfangssilben „G O “ bzw. „OR“ weisen sie jedoch markante klangliche Unterschiede auf, die angesichts der relativen Kürze beider Markenwörter auch deren Gesamtklangbild maßgeblich beeinflussen. Obwohl sie hier beide den Vokal „O“ enthalten, ist das Klangbild der Anfangssilben sehr verschieden, weil sich dieser Vokal in dem Wort „ORWELL“ am Wortanfang findet und vor dem nachfolgenden Konsonanten „R“ nur kurz und dunkel anklingt, während er sich in dem Wort „G O WELL“ nach dem Anfangskonsonanten „G“ an zweiter Stelle findet und dort als langgezogener Vokal eine deutlich andere, hellere Klangfarbe aufweist. Hinzu kommt, dass auch die abweichenden Konsonanten „G“ und „R“ der beiderseitigen Anfangssilben nicht klangverwandt sind, sondern deutlich hörbare klangliche Unterschiede aufweisen. Die vorhandenen klanglichen Unterschiede treten auch deutlich hervor, weil beide Markenwörter sowohl nach deutschen als auch nach englischen Ausspracheregeln auf der ersten Silbe betont werden. Unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Erfahrungssätze, dass betonte Wortanfänge im Allgemeinen stärkere Beachtung finden als die übrigen Markenteile und kürzere Marken durch einzelne Abweichungen im Verhältnis regelmäßig stärker beeinflusst werden als längere Markenwörter (vgl. z. B. BGH GRUR 1999, 735, 736 – MONOFLAM/POLYFLAM; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 9 Rdn. 194 und 198 m. w. N.) reichen die in den betonten Anfangssilben vorhandenen Unterschiede der jeweils relativ kurzen Markenwörter aus, um die Gefahr klanglicher Verwechslungen auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als die hier maßgeblichen Waren der Klasse 18 im Allgemeinen nicht solche des täglichen Gebrauchs bzw. des täglichen Erwerbs sind und eher mit Bedacht und eher gesteigerter Aufmerksamkeit ausgesucht und erworben werden. Letztlich trägt zur Unterscheidung der Markenwörter „G O WELL“ und „ORWELL“, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, auch deren unterschiedlicher Begriffsgehalt bei. Zutreffend hat die Markenstelle insoweit festgestellt, dass es sich bei „ORWELL“ um den Familiennamen des auch in Deutschland weithin bekannten Schriftstellers George Orwell handelt. Dieser begriffliche Gehalt der Widerspruchsmarke, der sich in der angegriffenen Marke nicht wiederfindet, ist geeignet, die Gefahr tatsächlicher Verwechslungsfälle weiter zu vermindern, weil er es dem Leser bzw. Hörer ermöglicht, das Markenwort leichter und genauer zu erfassen und klangliche und bildliche Unterschiede – auch aus der im Allgemeinen eher unsicheren Erinnerung heraus – leichter wahrzunehmen. Hinzu kommt hier, dass auch der Markenbestandteil „G O WELL“ der angegriffenen Marke einen begrifflichen Anklang in anderer Richtung aufweist, da er aus den dem englischen Grundwortschatz entnommenen, dem deutschen Durchschnittsverbraucher geläufigen Begriffen „go“ und „well“ gebildet ist. Angesichts all dieser Unterschiede ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der beiderseitigen Marken zu verneinen. Für Verwechslungen der Marken durch gedankliche Verbindung sind weder hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Beschwerde der Widersprechenden muss daher der Erfolg versagt bleiben. Angesichts der zwischen den Marken nicht bestehenden Verwechslungsgefahr bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist. Es besteht kein Anlass, einer der Beteiligten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006546
BPatG
München
26. Senat
20100830
26 W (pat) 50/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "GOWELL SPORT & FITNESS by OTC ® (Wort-Bild-Marke)/ORWELL (Gemeinschaftsmarke)" – Warenidentität und -ähnlichkeit - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 74 018 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 2010  unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der Marke 305 74 018 für die Waren „03: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleif-mittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme, Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas), Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Trinkflaschen; 28: Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck“ ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 001981901 ORWELL , die für die Waren „03: Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer. 09: Brillen. 14: Edelmetalle und deren Legierungen, sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente. 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren. 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen. 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Fruchtmuse, Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fett. 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseöl, Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf, Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis. 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke, Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken. 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) eingetragen ist. Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Ähnlichkeit der beiderseitigen Marken sei selbst bei einer Benutzung für identische Waren zu gering, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen. In ihrer Gesamtheit unterscheide sich die angegriffene Marke auf Grund der großen Zahl ihrer Wort- und Bildbestandteile von der nur aus einem einzigen Wort bestehenden Widerspruchsmarke deutlich. Aber auch sonst bestehe dem maßgeblichen Gesamteindruck nach keine Verwechslungsgefahr. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die angegriffene Marke mit allen ihren Wortbestandteilen oder nur mit dem Wortbestandteil „G O WELL“ benannt werde, da auch die klanglichen Unterschiede zwischen den Wörtern „G O WELL“ und „ORWELL“ so deutlich seien, dass mit Verwechslungen der Marken nicht gerechnet werden könne. Zwar stimmten diese Wörter formal in der Silbenzahl sowie in der Lautfolge „O-WELL“ überein. Dennoch sei das maßgebliche Gesamtklangbild beider Bezeichnungen auf Grund der unterschiedlichen Wortanfänge „G  “ und „OR“ deutlich unter-schiedlich. Hinzu komme, dass beide Wörter einen jeweils anderen Begriffsgehalt aufwiesen. „ORWELL“ werde vom inländischen Verkehr als der Familienname des weltbekannten britischen Schriftstellers, Journalisten, Essayisten, Regisseurs und Schauspielers George Orwell erkannt, der in Deutschland insbesondere durch seine Filme „Der dritte Mann“ und „1984“ sehr bekannt geworden sei. „G O WELL“ werde hingegen als eine Zusammensetzung der zum englischen Grundwortschatz zählenden Begriffe „go“ (gehen) und „WELL“ (gut) erkannt. Bei dieser Sachlage seien Verwechslungen nicht zu erwarten. Die Frage der von der Markeninhaberin im Verlauf des Erinnerungsverfahrens bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Markenstelle dahingestellt gelassen. Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der bestrittenen Benutzung der Widerspruchsmarke vorgelegt und sich im Übrigen auf ihr schriftsätzliches Vorbringen gegenüber der Markenstelle bezogen. Dort hat sie u. a. die Ansicht vertreten, bei dem Bestandteil „G O WELL“ der angegriffenen Marke handele es sich um den prägenden Bestandteil der kombinierten Wort-Bild-Marke. Dieser sei mit der Widerspruchsmarke in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht wegen der Übereinstimmung in der Vokalfolge und in dem Wortteil „WELL“ verwechselbar. Dass die Widerspruchsmarke mit dem Familiennamen des Schriftstellers und Regisseurs George Orwell übereinstimme, könne die Verwechslungsgefahr nicht entscheidend vermindern, weil es sich insoweit um einen Namen und nicht um ein Wort mit einem Begriffsgehalt handele. Es sei fraglich, ob der Verkehr die Widerspruchsmarke auf den hier maßgeblichen Warengebieten mit dem Namen des Schriftstellers George Orwell assoziieren werde. In der mündlichen Verhandlung hat sie im Hinblick auf den weiteren Wortbestandteil „by OTC“ der angegriffenen Marke unter Bezugnahme auf einen entsprechenden Eintrag im Onlinelexikon „Wikipedia“ ausgeführt, dass es sich bei „OTC“ um die Abkürzung des englischen Begriffs „Over The Counter“ handele, der mit „über den Tresen“ übersetzt werden könne, und in Deutschland als „Telefonhandel“ bezeichnet werde. Auf Grund dieses dem inländischen Verbraucher geläufigen beschreibenden Begriffsgehalts sei der Bestandteil „by OTC“ innerhalb der angegriffenen Marke nicht geeignet, zur Prägung des Gesamteindrucks der Marke beizutragen, weshalb dieser allein durch den weiteren Wortbestandteil „G O WELL“ geprägt werde. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse vom 01.06.2007 und 27.10.2008 aufzuheben und die angegriffene Marke für identische oder ähnliche Waren der Klasse 18 zu löschen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält die Entscheidung der Markenstelle für zutreffend und schließt sich deren Begründung in der Sache an. Überdies hält sie ihre Nichtbenutzungseinrede ausdrücklich aufrecht. Diesbezüglich vertritt sie die Ansicht, ein Umsatz in Höhe von EUR 148.000,00 über einen Zeitraum von zwei Jahren für Lederwaren sei zu gering, um eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke zu belegen. II Die Beschwerde, mit der sich die Widersprechende nach dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nur noch gegen die Eintragung der angegriffenen Marke für identische und ähnliche Waren der Klasse 18 wendet, ist zwar zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht auch insoweit nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr gemäß der zuvor genannten Vorschrift besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass grundsätzlich ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken und eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. z. B. BGH GRUR 2006, 859 – Malteserkreuz). Hiervon ausgehend hat im vorliegenden Fall die angegriffene Marke angesichts der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren der Klasse 18 von der Widerspruchsmarke, bei der von normaler Kennzeichnungskraft auszugehen ist, einen deutlichen, über den durchschnittlichen Anforderungen liegenden Abstand einzuhalten. Dieser Abstand wird von ihr jedoch, wie bereits die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen zutreffend festgestellt hat, in jeder Richtung gewahrt. In ihrer eingetragenen Form, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist, (BGH GRUR 2005, 326, 327 – il Padrone/Il Portone), unterscheiden sich die beiderseitigen Marken bereits auf Grund der die angegriffene Marke größenmäßig dominierenden Bildbestandteile, die in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung finden, deutlich voneinander. Da das Markenrecht keinen allgemeinen Elementenschutz kennt, ist es grundsätzlich auch nicht möglich, aus einer angegriffenen, jüngeren Marke ein einzelnes Wort- oder Bildelement herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr mit der älteren Marke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199 – Springende Raubkatze). Deshalb kann nach ständiger Rechtsprechung ein einzelner Markenbestandteil nur dann eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrteiligen Marke prägt (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 29 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 903, 904, Nr. 18 – SIERRA ANTIGUO). Ob der vorliegend allein als kollisionsbegründend in Betracht kommende Bestandteil „G O WELL“ den Gesamteindruck der angegriffenen Marke in klanglicher Hinsicht prägt, ist bereits deshalb fraglich, weil die angegriffene Marke – neben der rein beschreibenden Angabe „SPORT & FITNESS“ – mit dem Wortelement „by OTC“ ein weiteres Markenelement enthält, dessen von der Widersprechenden aufgezeigte Bedeutung dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher der Waren der Klasse 18 regelmäßig nicht bekannt ist. Zudem handelt es sich um eine Bezeichnung aus dem Bereich des außerbörslichen Handels mit Wertpapieren, der für den Handel mit Waren der Klasse 18 keine unmittelbar beschreibende Bedeutung zukommt. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem Markenelement „by OTC“ um einen vernachlässigbaren Bestandteil handelt, da auch der durchschnittlich informierte deutsche Verbraucher diesen Bestandteil nicht als beschreibend oder sonst bedeutungslos ansehen wird. In bildlicher Hinsicht scheidet eine Verwechslungsgefahr ohnehin bereits deshalb aus, weil sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer Wort-Bild-Marke regelmäßig nicht ausschließlich an deren Wortbestandteilen orientiert, ohne den Bildbestandteil in sein Erinnerungsbild aufzunehmen BGH a. a. O - Malteserkreuz – Nr. 30; a. a. O. – SIERRA ANTIGUO – Nr. 24). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn es sich bei den Bildbestandteilen um völlig bedeutungslose Zutaten, wie z. B. übliche Verzierungen, handeln würde. Dies ist jedoch bei der angegriffenen Marke, die eine zeichnerische Darstellung einer Frau und eines Mannes enthält, nicht der Fall. Vielmehr weist der Bildbestandteil eine eigene Begrifflichkeit auf. Zudem macht er größenmäßig einen erheblichen Teil der Gesamtmarke aus. Letztlich besteht aber selbst dann, wenn zu Gunsten der Widersprechenden unterstellt wird, dass der Gesamteindruck der angemeldeten Marke – jedenfalls in klanglicher Hinsicht – allein durch das Wort „G O WELL“ geprägt wird, zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, da auch die Wörter „G O WELL“ und „ORWELL“ so deutliche klangliche Unterschiede aufweisen, dass selbst bei einer Benutzung für identische Waren nicht mit Verwechslungen der Marken zu rechnen ist. Zwar stimmen die beiden vorstehend genannten Wörter formal in der Silbenzahl, der Silbengliederung, dem Vokal der Anfangssilbe sowie in der Endsilbe „WELL“ überein. In den Anfangssilben „G O “ bzw. „OR“ weisen sie jedoch markante klangliche Unterschiede auf, die angesichts der relativen Kürze beider Markenwörter auch deren Gesamtklangbild maßgeblich beeinflussen. Obwohl sie hier beide den Vokal „O“ enthalten, ist das Klangbild der Anfangssilben sehr verschieden, weil sich dieser Vokal in dem Wort „ORWELL“ am Wortanfang findet und vor dem nachfolgenden Konsonanten „R“ nur kurz und dunkel anklingt, während er sich in dem Wort „G O WELL“ nach dem Anfangskonsonanten „G“ an zweiter Stelle findet und dort als langgezogener Vokal eine deutlich andere, hellere Klangfarbe aufweist. Hinzu kommt, dass auch die abweichenden Konsonanten „G“ und „R“ der beiderseitigen Anfangssilben nicht klangverwandt sind, sondern deutlich hörbare klangliche Unterschiede aufweisen. Die vorhandenen klanglichen Unterschiede treten auch deutlich hervor, weil beide Markenwörter sowohl nach deutschen als auch nach englischen Ausspracheregeln auf der ersten Silbe betont werden. Unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Erfahrungssätze, dass betonte Wortanfänge im Allgemeinen stärkere Beachtung finden als die übrigen Markenteile und kürzere Marken durch einzelne Abweichungen im Verhältnis regelmäßig stärker beeinflusst werden als längere Markenwörter (vgl. z. B. BGH GRUR 1999, 735, 736 – MONOFLAM/POLYFLAM; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 9 Rdn. 194 und 198 m. w. N.) reichen die in den betonten Anfangssilben vorhandenen Unterschiede der jeweils relativ kurzen Markenwörter aus, um die Gefahr klanglicher Verwechslungen auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als die hier maßgeblichen Waren der Klasse 18 im Allgemeinen nicht solche des täglichen Gebrauchs bzw. des täglichen Erwerbs sind und eher mit Bedacht und eher gesteigerter Aufmerksamkeit ausgesucht und erworben werden. Letztlich trägt zur Unterscheidung der Markenwörter „G O WELL“ und „ORWELL“, ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt, auch deren unterschiedlicher Begriffsgehalt bei. Zutreffend hat die Markenstelle insoweit festgestellt, dass es sich bei „ORWELL“ um den Familiennamen des auch in Deutschland weithin bekannten Schriftstellers George Orwell handelt. Dieser begriffliche Gehalt der Widerspruchsmarke, der sich in der angegriffenen Marke nicht wiederfindet, ist geeignet, die Gefahr tatsächlicher Verwechslungsfälle weiter zu vermindern, weil er es dem Leser bzw. Hörer ermöglicht, das Markenwort leichter und genauer zu erfassen und klangliche und bildliche Unterschiede – auch aus der im Allgemeinen eher unsicheren Erinnerung heraus – leichter wahrzunehmen. Hinzu kommt hier, dass auch der Markenbestandteil „G O WELL“ der angegriffenen Marke einen begrifflichen Anklang in anderer Richtung aufweist, da er aus den dem englischen Grundwortschatz entnommenen, dem deutschen Durchschnittsverbraucher geläufigen Begriffen „go“ und „well“ gebildet ist. Angesichts all dieser Unterschiede ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der beiderseitigen Marken zu verneinen. Für Verwechslungen der Marken durch gedankliche Verbindung sind weder hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Beschwerde der Widersprechenden muss daher der Erfolg versagt bleiben. Angesichts der zwischen den Marken nicht bestehenden Verwechslungsgefahr bedarf es keiner Entscheidung über die Frage, ob die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist. Es besteht kein Anlass, einer der Beteiligten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006546&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006548
BPatG
München
24. Senat
20100427
24 W (pat) 78/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 125b MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "MAKROVISION/makro (Wort-Bild-Marke/Gemeinschaftsmarke)" – zur Kennzeichnungskraft – teilweise Waren- und Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr - keine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen - keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 52 394 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch in der Sitzung vom 27. April 2010 beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die am 1. September 2005 angemeldete Wortmarke MAKROVISION ist am 16. Februar 2006 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen unterschiedlicher Klassen unter der Nr. 305 52 394 in das Markenregister eingetragen und am 24. März 2006 veröffentlicht worden. Nach Einschränkungen im Lauf des patentamtlichen Verfahrens weist das Verzeichnis nunmehr folgende Fassung auf: „01 Unbelichtete Filme 07 Staubsauger, Waschmaschinen, Geschirrspüler, Bügelmaschinen, elektrische Rührgeräte, elektrische Allesschneider, Elektromesser, elektrische Messerschleifer, elektrische Küchenmaschinen, Kaffeemühlen, Wäscheschleudern, Fleischwölfe 08 elektrische Rasierapparate, Bartschneider und sonstige Haarschneidemaschinen (elektrisch und nicht elektrisch) 10 medizinische Apparate und Geräte; Massagegeräte 11 elektrisch betriebene Geräte für Haushalt und Küche (soweit in Klasse 11 enthalten), nämlich Kaffeemaschinen, Eismaschinen, Entsafter, Kochgeräte (elektrisch), nämlich Gasherde, Elektroherde, Kochplatten, Mikrowellengeräte; Toaster, Kühlschränke, Gefriergeräte, Wassererhitzer, Grillgeräte, Fritteusen, Eierkocher, Fonduegeräte (elektrisch); Dunstabzugshauben; Lampen, Glühbirnen; Haartrockner, Heizgeräte, Bräunungsgeräte, Klimageräte, Luftbefeuchter, Luftreiniger, Desinfektionsgeräte, Warmwasserspeicher, Ventilatoren, elektrische Wäschetrockner, Fußwärmgeräte 14 Elektronikuhren 15 elektrische Musikinstrumente, nämlich Heimorgeln 16 Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten), Alben, Zeitschriften, Bücher, nämlich Handbücher und anderes schriftliches Begleitmaterial für Computer und Computerprogramme, Schreibmaschinen 20 Möbel, nämlich Küchen, nämlich Einbauküchen, Spülen; Rundfunk- und Fernsehmöbel 21 Geräte (soweit in Klasse 21 enthalten) und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), nämlich Wäschetrockenständer, Kochtöpfe, Pfannen, Teppichklopfer, Fonduegeräte (nicht elektrisch), elektrische Mundpflegegeräte einschließlich Zahnbürsten 25 Oberbekleidungsstücke 28 Telespiele, Computerspiele (Konsolen), Videospiele (Konsolen); vorgenannte Waren nicht als Zusatzgeräte für Fernseher 35 Dienstleistungen eines Einzelhandelsunternehmens, nämlich Zusammenstellen eines Sortiments von unbelichteten Filmen, elektrischen Rasierapparaten, Bartschneidern und sonstigen Haarschneidegeräten, elektrischen Allesschneidern, Elektromessern, elektrischen Messerschleifern, von Geräten zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und/oder Bild und/oder elektronisch verarbeitenden Daten, nämlich von Fernsehgeräten, Radiogeräten, analogen und digitalen Tonbandgeräten und Kassettenrecordern, analogen und digitalen Schallplattenspielern, Lautsprechern, Telefongeräten, Telefonanlagen, GSM-Geräten, Anrufbeantwortern, Faxgeräten, Verstärkern, Alarmgeräten, Wechselsprechgeräten, Babyphonen Antennen, von vorgenannten Geräten auch für den mobilen Einsatz und den Einbau in Kfz, von Mikrophonen, Kopfhörern, Verbindungskabeln, Magnetaufzeichnungsträgern, nämlich von bespielten und unbespielten Audio- und Videobändern sowie Schallplatten und CDs, von Batterien und fotografischen, Film- und optischen Apparaten und Instrumenten, nämlich von Fotoapparaten, Objektiven, Ferngläsern, Videokameras, Filmkameras, Videorecordern, Videoprintern, belichteten Filmen, Projektoren, Belichtungsmessern, Blitzgeräten, Leinwänden, Diarahmen, Stativen, Fototaschen, von Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräten, Computern, Bildschirmen, Druckern, Computerperipheriegeräten sowie deren Zubehör, nämlich bespielte und unbespielte Disketten, CD-ROMs, Tastaturen, Computermäuse, Joysticks, Steckplatinen, von elektronischen Medien, Computerprogrammen, Satellitenempfangsanlagen, einschließlich Satellitenantennen; von Staubsaugern, Bügeleisen, Waagen, elektrischen Shampoonierern, von medizinischen Apparaten und Geräten und von elektrisch betriebenen Geräten für Haushalt und Küche, nämlich Waschmaschinen, Geschirrspülern, Bügelmaschinen, Küchemaschinen, elektrischen Rührgeräten, elektrischen Haarpflegegeräten, Haartrocknern, Heizgeräten, Bräunungsgeräten, Massagegeräten, Klimageräten, Luftbefeuchtern, Luftreinigern, Desinfektionsgeräten, Warmwasserspeichern, Kaffeemaschinen, Ventilatoren, elektrischen Wäschetrocknern, Wäscheschleudern, Fußwärmgeräten, Eismaschinen, Entsaftern, Fleischwölfen, Kaffeemühlen, Folienschweißgeräten, Waschtrocknern, Kochgeräten, nämlich von Gasherden, Elektroherden, Kochplatten, Mikrowellengeräten, von Toastern, Kühlschränken, Gefriergeräten, Wassererhitzern, Grillgeräten, Fritteusen, Eierkochern, Fonduegeräten, von Lampen, Glühbirnen, Elektronikuhren, Uhrenradios, von elektrischen Musikinstrumenten, nämlich von Heimorgeln, von Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, Alben, Zeitschriften, Büchern, nämlich von Handbüchern und anderen schriftlichen Begleitmaterialien für Computer und Computerprogramme und Schreibmaschinen, von Möbeln, nämlich von Küchen, Einbauküchen, Spülen sowie Rundfunk- und Fernsehmöbeln, von Geräten und Behältern für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), nämlich von Wäschetrocknern, Kochtöpfen, Pfannen, Teppichklopfern, Fonduegeräten, Dunstabzugshauben, elektrischen Mundpflegegeräten einschließlich Zahnbürsten sowie von Oberbekleidung und von Telespielen, Computerspielen, Videospielen, ausgenommen des Transports dieser Waren und Beratungsleistungen bezüglich dieser Waren gegenüber Verbrauchern um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdienstleistungen; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen mittels Internet 36 Vermittlung von Versicherungen elektronischer Geräte sowie von Finanzierungskrediten 37 Einbau und Reparatur elektrischer und elektronischer Geräte, nämlich Einbau von Autoradios und Mobiltelefonen in Kfz, Reparaturdienste elektrischer und elektronischer Geräte und Anlagen 38 Bereitstellung des Zugriffs auf Daten, auf Informationen in Computernetzwerken, Vermietung von Zugriffszeiten zu Computernetzwerken mit multimedialen Inhalten, ausgenommen Spiele; Betrieb von Einrichtungen für die Telekommunikation, nämlich Mailboxen 40 Entwicklung von fotografischen Filmen“ Widerspruch erhoben ist aus der am 23. März 1998 angemeldeten und am 21. April 2005 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 781 732 (farbig) die für folgende Waren und Dienstleistungen Schutz genießt: „1 Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; chemische Erzeugnisse für wissenschaftliche oder fotografische Zwecke, chemische Erzeugnisse für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke; Blumenfrischhaltemittel, Nährsalze, Bodenverbesserungsmittel, Mittel zum Klären von Wasser; Kunstharze und Kunststoffe im Rohzustand; Düngemittel, insbesondere Rasendünger, Rosendünger, Tannendünger, Blumendünger, Volldünger und Rhododendrondünger; Blumenerde, Gartentorf, Bodenauflockerungsmittel; Feuerlöschmittel; Mittel zum Härten und Löten von Metallen; Gerbmittel; Klebstoffe für gewerbliche Zwecke, Klebekitte; chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmittel, unbelichtete Filme. 2 Farben, Lacke, Firnisse; Rostschutzmittel, Holzkonservierungsmittel; Färbemittel; Beizen, nämlich Holz- und Polierbeizen; Naturharze im Rohzustand; Blattmetalle und Metalle in Pulverform für Maler, Dekorateure, Drucker und Künstler. 3 Wasch- und Bleichmittel, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; Seifen, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; Wäschestärke, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Deodorants für die Körperpflege, Haarwässer, Haarsprays und -festiger, Zahnputzmittel, Duft- und Raumsprays (soweit in Klasse 3 enthalten); ätherische Öle für Nahrungsmittel. 4 Technische Öle und Fette, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; Schmiermittel, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; Staubabsorbierungs-, Staubbenutzungs- und Staubbindemittel, ausgenommen zur Verwendung in der Lederindustrie; feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe, insbesondere Kohle, Holzkohle, Koks, Anzündepasten und -würfel, Torf, Holz, Benzin, Diesel, Heizöl, Treibstoffe für Explosionsmotoren, Benzol, Petroleum, Spiritus, Flüssiggas wie Propangas und Butangas, Acetylen, Sauerstoff und Wasserstoff; Leuchtstoffe; Kerzen, Wachslichte, Nachtlichte und Dochte, Anzünder als Material. 5 Chemische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, Algezide, Insektizide, Fungizide, Herbizide, Molluszide, Nematozide; diätetische Babykost; Antiseptika und Desinfektionsmittel; Pflaster, Verbandmaterial; frauenhygienische Artikel, nämlich Damenbinden, Slipeinlagen, Tampons, Monatshöschen; Deodorants für gesundheitliche Zwecke, desodorierende Raumsprays; Haftmittel für Zahnprothesen; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, insbesondere Rodentizide; medizinische Tees und Drogen; Vitaminpräparate; Arzneimittel (soweit sie nicht der Apothekenpflicht unterliegen); diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, diätetische Erzeugnisse auf der Basis von Vitaminen als Nahrungsmittel für die nährstoffreduzierte und/oder kalorienkontrollierte Ernährung; Heilkräuter-Extrakte, Nahrungsergänzungsmittel, nämlich Präparate zum Anreichern der menschlichen Nahrung mit Spurenelemente, Vitaminen, Geschmacksstoffen, Geschmacksverstärkern und Ballaststoffen. 6 Kabel und Drähte aus Metall (nicht für elektrische Zwecke); Baumaterialien aus Metall; Metallrohre; Kleineisenwaren Waren aus unedlen Metallen, nämlich Ketten, Faßhähne, Flaschenkapseln, Rohrleitungsverbindungsstücke, Ventile, Gitter, Möbelrollen, Schilder, Transportbehälter, Tanks sowie Fenster-, Tür- und Möbelbeschläge; Schlosserwaren und Müll- und Wassertonnen, Propangasflaschen; Geldschränke und -kassetten; transportable Bauten aus Metall, insbesondere Fertiggaragen. 7 Elektrische Küchenmaschinen zum Zerkleinern, Hacken, Mahlen, Schneiden, Pressen Rühren oder Schlagen, Fleischwölfe, Nähmaschinen, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Schleudern; Motoren (ausgenommen für Landfahrzeuge); landwirtschaftliche Maschinen; Reinigungsmaschinen, maschinelle Filtriergeräte, Pumpen zur Förderung von Flüssigkeiten, Feststoffen und Luft, handgetätigte, elektrisch oder durch Benzinmotoren angetrieben oder als Aufsatz zu handbetätigten Geräten oder Maschinen; Stromgeneratoren; Maschinen für Metall-, Holz-, Kunststoffverarbeitung, Kompressoren, Kehrmaschinen, Schneeräumgeräte, Reinigungsmaschinen, maschinelle Filtriergeräte, Hebegeräte; Druckventile, Druckregler; elektrische Rasentrimmer, Akku-Heckenscheren, Vertikutierer, Gartenhacken, Motorsensen, Häcksler, Schredder, Mulchmäher, Benzin- und Elektrorasenmäher, Rasenmäher in Form von Traktoren und andere Fahrzeugen; Seilwinde; Seilhebezug und Flaschenbezug, auch elektrisch; Kompressoren und Zubehör, nämlich Farbspritzpistole, Reifenfüllmesser, Sprühpistolen, Sandstrahlgeräte; Druckspülgeräte; elektrisch angetriebene Werkzeuge für den Heimverkehr, Schneide-, Bohr-, Schlabohr-, Hobel-, Schraub-, Schleif- und Fräsemaschinen, Bohrhammer, Bohrschrauber, Bohr- und Fräsestationen, Fräsenschleifmotoren, Drehmaschinen, Elektrosägen, Wippsäge, Kettensägen, Stichsägen, Kreissägen, Tischkreissägen, Schneidevorrichtungen und für vorgenannte Werkzeuge angepasste Arbeitstische, Elektrohobel, Schleifgeräte und -maschinen, Elektro- und Handtacker, elektrische Lötkolben und Lötstationen, Lötpistolen, Heißklebpistolen, Schraubstöcke, elektrische Generatoren, Stromgeneratoren, Heißluftgeneratoren, Farbspritzgeräte, Tapetenablösgeräte, Heißluftgeräte und -gebläse, auch zur Lackentfernung, Fliesentrenn- und -schneidenmaschinen, elektrische Schweißmaschinen, Hochdruckreiniger, Sandstrahlgeräte, Bohrerschärfer als Geräte und als Aufsatz für Bohrmaschinen, Rolladen, Rolladenmotor und -lift; Nähmaschinen, Strickmaschinen, Geschirrspüler, Waschmaschinen, Bügelmaschinen, elektrische angetriebene Geräte für Haushalt und Küche, Folienschweißer, Brot- und Aufschnittschneider, Dosenöffner, Mixer, Entsafter, Elektromesser, Elektrozerkleinerer, Universalküchenmaschinen, Nudelmaschinen, Rührgeräte, Fleischhacker, Getreidemühlen, Kaffeemühlen, Allesschneider, Pressen, Staubsauger; elektrische Rasenmäher, elektrische Harken, elektrische Häksler; Filter als Teile für Maschinen oder Motoren; Brutapparate für Eier; maschinell angetriebene land- und gartenwirtschaftliche Geräte; elektrische Heckenscheren; Ventilatoren und Zylinder für Motoren. 8 Handbetätigte Werkzeuge und Instrumente, Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Rasierapparate; Nagelschneidergeräte; Hundetrimmer; elektrische Schermaschinen; Hieb- und Stichwaffen; mechanische Rasenmäher; mechanische Rasentrimmer, mechanische Heckenscheren; handbetätigte Geräte für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke, für den Maschinen-, Apparate- und Fahrzeugbau sowie für Bautechnik. 9 Elektrische, elektrotechnische, elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Brillen, Ferngläser, Bildprojektoren, Vergrößerungsapparate, Stative für Kameras; Funk- und Fernsprechgeräte, Sprechmaschinen, Unterhaltungsgeräte als Zusatzgeräte für einen Fernseher; Farbkopiergeräte und -maschinen, einschließlich elektrostatische und thermische, Fotokopierer und andere Vervielfältigungsgeräte; Spezialbehälter, die an vorgenannte Apparate und Instrumente speziell angepasst sind; elektrische Lötapparate, elektrische Schweißgeräte, autogene Schweißgeräte, Ladegeräte für Akkus; Folienschweißgeräte; Bohnermaschinen, Bügeleisen; Schutzhelme für Wintersportler, Reiter, Radfahrer und Motorradfahrer; Taucheranzüge, Taucherbrillen, Skibrillen; Unfallschutzbekleidung, einschließlich Schuhe, Spezialkleidung für Rettungszwecke, Gesichtsschutzschilder, Schutzbrillen oder Schutzmasken für Arbeiter; belichtete Filme; Batterien, Tachometer, Transformatoren; elektrische Kabel, Drähte, Leiter- und Verbindungsarmaturen hierzu sowie Schalter und Verteiltafeln oder -schränke; Warndreiecke; Feuerlöschgeräte; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, mit Programmen versehene maschinenlesbar Datenträger, Datenverarbeitungsprogramme; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Magnetaufzeichnungsträger in Form von Bändern, Folien, Platten, Cassetten, Schallplatten; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Schiffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Meß-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente für die Schwachstromtechnik, nämlich für die Nachrichten-, Hochfrequenz- und Regelungstechnik; wissenschaftliche Apparate und Instrumente für die Forschung in Laboratorien; Metall- und Spannungssuchgeräte; Garagentüröffner. 10 Orthopädische Artikel, nämlich orthopädische Bandagen, Miederwaren, Strumpfwaren und Schuhe; Thermokissen, Infrarotbestrahlungsgeräte, Stützkissen, Gehhilfen, Pulsmeßgeräte, Luftsprudelbäder, Zahnpoliergeräte, Kondome, Saugflaschenverschlüsse, Sauger; gesundheitliche Geräte, nämlich Blutdruckmeßgeräte, Hörgeräte, Fieberthermometer, Blutzuckermeßgeräte, Inhalationsgeräte, Akupunkturgeräte, Bräunungsgeräte, Massagegeräte, Geräte für die Krankengymnastik, Reizstromgeräte, Stethoskop für Blutdruckmeßgeräte; chirurgisches Nahtmaterial; Heizkissen und Heizdecken für medizinische Zwecke. 11 Elektrische Wärmflaschen, elektrisch beheizte Fußwärmer, Heizkissen und Heizdecken für nicht medizinische Zwecke; Wärmepumpen, Joghurtzubereiter; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, Wäschetrockner; Fahrtrichtungsanzeiger. 12 Landfahrzeuge, insbesondere Anhänger und PKW, Mofas, Motorräder, Fahrräder, Schneepflüge und Schneeraupenfahrzeuge; Schubkarren, Gartenkarren, Krankenrollstühle, Kinderwagen, Golfkarren, Schlauchwaren, Teile von Landfahrzeugen, insbesondere Anlasser, Auspufftöpfe, Bremsen, Fahrtrichtungsanzeiger, Rückfahrwarngeräte, Hupen, Getriebe, Kupplungen, Motoren und Treibriemen, Fahrzeugsitze, Lenkräder, Räder, Reifen, Felgen, Reifenventile, Stoßdämpfer, Kupplungen, Auto- und Fahrradzubehör, nämlich Gepäck- und Skiträger, Schneeketten, Spoiler, Kopfstützen, Sicherheitsgurte, Sicherheitskindersitze, Fahrradnetze, Klingeln und Luftpumpen, Flickzeug; Dachkoffer. 13 Feuerwerkskörper. 14 Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte Gegenstände oder damit plattierte Waren, nämlich kunstgewerbliche Gegenstände, Ziergegenstände, Tafelgeschirr und -aufsätze (ausgenommen Bestecken), Uhrarmbänder, Medaillen und Medaillons, Zigarren- bzw. Zigarettenetuis und -spitzen, Juwelierwaren, Schmuckwaren, Modeschmuck, Edelsteine und Schmucksteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente. 15 Musikinstrumente. 16 Papier und Pappe, Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papierhandtücher, -servietten, Filterpapier, Papiertaschentücher, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten, Druckereierzeugnisse, Buchbinderartikel, nämlich Buchbindergarn, -leinen und andere textile Stoffe zum Buchbinden; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnisse, Spielen, Tier- und Pflanzenpräparate, geologischen Modellen und Präparaten, Globen, Wandtafelzeichengeräten; elektrische und elektronische Schreibmaschinen, Büroartikel (ausgenommen Möbel), nämlich Adressiermaschinen, Frankiermaschinen, Aktenordner, Briefkörbe, Brieföffner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Diktiergeräte, Büro- und Heftklammern, Farbbänder, Korrekturmittel für Bürozwecke, Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Tinten zum Schreiben und Zeichnen, Tusche, Befestigungshalter für Schriftstücke, Ordner und Aktendeckel für Schriftstücke, Rücken für Ordner und Aktendeckel, Halter für Kugelschreiber und Bleistifte, Bleistiftspitzer, Schreibtischgarnituren, Federhalterschalen, Karteikästen, Pultordner, Papierkörbe, Büroscheren, Papierschneider, Briefwaagen, Rechenschieber; Drucklettern und -stöcke; Spielkarten; Ringbücher, Konferenzmappen, Schreibmappen, Dokumentenmappen, Schreib- und Rechenhefte, Notenhefte, Vokabelhefte, Aufgabenhefte, Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel und Folien; Fotografien, Schreibwaren, Fotoalben, Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke, auch zum Basteln; Selbstklebebänder für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel, nämlich Modelliermasse, Leinwand, Tuschen, Malerpaletten und -staffeleien, Beizen und Blattmetalle für Künstler; Pinsel. 17 Folien, Platten und Stangen aus Kunststoff als Halbfabrikate; Dichtungs-, Packungs- und Isoliermittel; Asbest, Glimmer und Waren daraus, nämlich feuerschützende Tücher und Isolieranzüge; Schläuche (nicht aus Metall); Selbstklebebänder, außer für medizinische Zwecke, für Papier- und Schreibwaren oder für den Haushalt. 18 Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, nämlich Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen und Schlüsseltaschen; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Handtaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Schulranzen, Packsäcke, Rucksäcke. 19 Baumaterialien (nicht aus Metall), insbesondere teilweise bearbeitetes Holz sowie Balken, Bretter und Platten, Sperrholz, Bauglas, insbesondere Fliesen und Fensterglas, Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; transportable Bauten (nicht aus Metall), insbesondere Fertiggaragen, Gartenhäuser, Vorratsschuppen. 20 Möbel, Campingmöbel, Bettzeug, Matratzen, Kopfkissen, Schlafsäcke für Campingzwecke; Spiegel, Rahmen; Waren aus Kunststoff, nämlich Profilleisten für Bilderrahmen, Vorhängeleisten, Dübel, Kisten, Transportpaletten, Fässer, Container, Truhen, Tanks, Nieten, Schrauben, Stifte, Schilder, Möbel-, Fenster-, Türbeschläge, Gardinenleisten und Gardinenhaken, Innenlamellenstores, Kleiderhüllen, Kleiderbügel, Wäscheklammern, Flaschenverschlüsse, Spalierstäbe; Briefkästen, nicht aus Metall oder Mauerwerk; Waren aus Holz- oder Holzersatzstoffen, nämlich Profilleisten für Bilderrahmen, Vorhangleister, Dübel, Kisten, Transportpaletten, Fässer, Container, Truhen, Werkbänke, Tanks, Hähne, Spalierlatten, Werkzeugstiele, Garnspulen, Kleiderbügel, Wäscheklammern, Kunstgegenstände, Ziergegenstände; Waren aus Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter und Meerschaum. 21 Reinigungsgeräte; Putzzeug, Stahlspäne; Kochgeschirr aus Metall wie Töpfe, Pfannen und Kessel, Eimer; Waren aus Glas, Porzellan und Steingut für Haushalt und Küche, nämlich Teller, Tassen, Untertassen, Pfannen, Schüsseln, Dosen, Terrinen, Bierseidel, Biergläser, Wein- und Wassergläser, Vasen, Becher, Schalen, Marmeladen- und Konfitürenbehälter, Zucker- und Sahnegarnituren, Garnituren für Essig, Pfeffer und Öl, Obstschüsseln, Mixbecher, Kochtöpfe, Karaffen und Flaschen; kleine handbetätigte Haus- und Küchengeräte (ausgenommen Spritzen und Zerstäuber für Flüssigkeiten und Pulver aller Art) sowie tragbare Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Speiseeiszubereiter; Geräte für Körper- und Schönheitspflege, elektrische Kämme und Zahnbürsten, elektrische Manikürgeräte, Mundduschen, Rasensprenger; Kämme, Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln). 22 Seile, Bindfäden, Netze, nämlich Fischer- und Einkaufsnetze; Zelte, Planen, Segel, Verpackungsbeutel aus textilem Material; Säcke für Transport und die Lagerung von Gütern. 23 Garne und Fäden für textile Zwecke. 24 Webstoffe; Textilwaren, nämlich Textilstoffe, Gardinen, Rollos, Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche; Bett- und Tischdecken; Möbelbezugstoffe; Dekorstoffe. 25 Bekleidungsstücke einschließlich Schuhe, Stiefel, Hausschuhe und Kopfbedeckungen. 26 Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder; Knöpfe, Haken und Ösen, Nadeln; künstliche Blumen. 27 Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge aus Gummi, Kunststoff oder textilem Material, insbesondere Teppichböden, Teppichfliesen, Bettumrandungen, Brücken und Läufer, Tapeten (ausgenommen aus textilem Material). 28 Spiele, insbesondere elektrische und elektronische Spiele, Spielzeug; Turn -und Sportgeräte, Schnorchel; Christbaumschmuck. 29 Diätetische Erzeugnisse auf der Basis von Eiweiß und/oder auf der Basis von Kohlenhydraten als Nahrungsmittel für die nährstoffreduzierte und/oder kalorienkontrollierte Ernährung; Speiseöle und -fette; Fertiggerichte, im wesentlichen bestehend aus Fleisch, Fisch, Schalentiere, Geflügel, Wild, Gemüse oder zubereitetem Obst (auch tiefgefroren), Desserts aus Joghurt, Quark oder Sahne; Eier, Milch, Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Sahne, Joghurt, Milchpulver für Nahrungszwecke; Fleisch, Fisch, Schalentiere, Geflügel und Wild, auch konserviert, zubereitet oder tiefgefroren, konserviertes, getrocknetes oder tiefgefrorenes Obst und Gemüse; Fleischextrakte, Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüsegallerten; Konfitüren und Marmeladen. 30 Diätetische Erzeugnisse auf der Basis von Eiweiß und/oder auf der Basis von Kohlenhydraten als Nahrungsmittel für die nährstoffreduzierte und/oder kalorienkontrollierte Ernährung; Salatsaucen, Mayonnaisen; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reise, Tapioka, Sago, Kaffee- und Tee-Ersatzmittel, Mehle und Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), insbesondere Frühstückszerealien; Teigwaren, Schokolade und Schokoladewaren, Pralinen, auch mit flüssiger Füllung aus Weinen und/oder Spirituosen, Zuckerwaren, Brot, feine Back- und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Speisesalz; Senf; Essig, Saucen (ausgenommen Salatsaucen); Gewürze und Gewürzmischungen; Aromastoffe für Nahrungsmittel. 31 Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse, nämlich Samenkörner und anderes Vermehrungsmaterial, unverarbeitetes Getreide, unverarbeitetes Holz; lebende Pflanzen und natürliche Blumen, Blumenzwiebeln und -knollen; frisches Obst und Gemüse, insbesondere Kartoffeln, Sämereien; getrocknete Pflanzen, Mulch- und Torfstreu, Katzenstreu, Futtermittel, insbesondere Hunde- und Katzenfutter; lebende Tiere, insbesondere Zierfische; Viehsalz. 32 Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte. 33 Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Weine, Spirituosen und Liköre. 34 Tabak; Tabakprodukte, insbesondere Zigaretten und Zigarren, Raucherartikel, nämlich Tabakdosen, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Zigarren- und Zigarettenetuis, Aschenbecher, sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert, Pfeifenständer, Pfeifenreiniger, Zigarrenabschneider, Pfeifen, Feuerzeuge, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Zigarettenpapier, Zigarrenfilter, Feuerzeugbrennstoff, Tabakbeutel, Wasserpfeifen; Streichhölzer. 35 Marketing, Verkaufsförderung, Einkaufberatung, Marktforschung und Marktanalysen, Unternehmens-, Organisations-, Personal- und betriebswirtschaftliche Beratung, Werbung, einschließlich Rundfunk- und Fernsehwerbung, Kinowerbung, Werbedokumentation, Öffentlichkeitsarbeiten (publik relations); Meinungsforschung, Veranstaltung von Messen und Ausstellungen; Beratung auf kaufmännischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, insbesondere für den Lebensmittelhandel, Vermittlung von Informationen auf kaufmännischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, insbesondere für den Lebensmittelhandel. 36 Finanzwesen, nämlich Kreditvermittlung und Finanzierung von Krediten für den Groß- und Einzelhandel, Immobilien-, Hypotheken- und Leasingvermittlung, Vermittlung von Versicherungen; Vermittlung von finanziellen Mitteln für Investitionen in Betrieben, Anlagen, Einrichtungen; diesbezügliche Finanzierungsberatung. 37 Bauwesen; Reparaturwesen, soweit in Klasse 37 enthalten; Installationsarbeiten. 38 Sammeln und Liefern von Nachrichten für die Presse, den Rundfunk und das Fernsehen. 39 Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Verkehrsleistungen, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Vermietung von Garagen und Parkplätzen, Vermietung von Kraftfahrzeugen, Zustellung von Paketen; Einsammeln, Transportieren und Sortieren von Abfall und Sekundärrohstoffen. 40 Verwerten und Entsorgen von Abfall und Sekundärrohstoffe für andere, jeweils durch chemische, physikalische und/oder biologische Verfahren im Sinne von Recycling. 41 Schulung, Weiterbildung und berufliche Beratung für Unternehmer und von kaufmännischen Angestellten und Auszubildenden fremder Unternehmen, Veranstaltung von Seminaren, Kongressen und Fernkursen auf betriebswirtschaftlichen Gebieten, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, Veranstaltung sportlicher Wettbewerbe, Volksbelustigungen. 42 Erstellen von EDV-Programmen, Vermietung von EDV-Anlagen; Verpflegung von Gästen, Party-Service, Beratung von Unternehmen, die Verpackungen und/oder Verpackungsmaterialien herstellen und/oder Verpackungen verwenden, bei der Entwicklung, der Auswahl und der Verwendung ökologisch verträglicher und wirtschaftlich verwertbare Verpackungen und Verpackungsmaterialien sowie bei der Kennzeichnung solcher Verpackungen und Verpackungsmaterialien; Beratung von Verbrauchern und Unternehmen in Umwelt- und Abfallfragen, nämlich Beratung bei der Abfallvermeidung sowie beim Einsammeln, Transportieren, Sortieren, Verwerten und Entsorgen von Abfall und Sekundärrohstoffen; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten (sämtliche vorgenannten Dienstleistungen für andere); Erstellung von Gutachten auf kaufmännischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, insbesondere für den Lebensmittelhandel, Vermittlung von Know-how auf kaufmännischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, insbesondere für den Lebensmittelhandel“. Der Widerspruch ist auf alle Waren/Dienstleistungen gestützt und richtet sich gegen alle Waren/Dienstleistungen der jüngeren Marke. Mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts - Beamtin des höheren Dienstes - vom 19. Juni 2008 ist der Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen worden. Es stünden sich großteils ähnliche, zum Teil auch identische Waren/Dienstleistungen gegenüber. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich. Dem inländischen Verkehr sei die Bedeutung des aus dem Griechischen stammenden Wortes „makro“ (i. S. v. „lang, groß“) nicht geläufig; er stelle keinen Zusammenhang zu den so gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen her. Die erhöhten Anforderungen an den Zeichenabstand würden jedoch eingehalten. Eine Anwendung der Prägetheorie sei ausgeschlossen, weil die jüngere Marke nicht aus getrennten Bestandteilen bestehe. Der Verkehr habe keinen Anlass, den Wortteil „VISION“ abzuspalten. Beide Bestandteile fügten sich zu einem geschlossenen Kunstwort mit einem zwar vielschichtigen und interpretationsbedürftigen, aber insgesamt sinntragenden Begriffsinhalt zusammen. „MAKRO“ habe in der jüngeren Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung. Über eine Zeichenserie mit dem Stamm „MAKRO“ verfüge die Widersprechende nicht. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie stellt den Antrag, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Juni 2008 aufzuheben und die Löschung der Marke 305 52 394 anzuordnen. Sie setzt sich mit der Entscheidung der Markenstelle kritisch auseinander und vertritt dabei die Ansicht, diese entspräche nicht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Es bestehe bereits unmittelbare Verwechslungsgefahr, weil in der jüngeren Marke der Bestandteil „MAKRO“ dominiere, während der schutzunfähige, als werbliche Anpreisung eines besonders innovativen oder die zukünftige Produktentwicklung antizipierenden Erzeugnisses verstandene Bestandteil „VISION“ in den Hintergrund trete. Die Widersprechende verweist insoweit auf eine Vielzahl von zurückgewiesenen Markenanmeldungen, die „VISION“ lauten bzw. dieses Wort enthalten, außerdem auf einige (in PAVIS PROMA veröffentlichte) Entscheidungen in Kollisionsfällen. Der Verbraucher widme dem Anfang einer Marke stärkere Beachtung als der Endung. Für die hier in Rede stehenden Waren weise „makro“ keine beschreibende Bedeutung auf und sei daher durchschnittlich kennzeichnungskräftig. Zumindest liege aber die Gefahr einer Verwechslung wegen gedanklichen In-Verbindung-Bringens vor. Innerhalb der jüngeren Marke habe „MAKRO“ eine selbständig kennzeichnende Stellung. In der Zusammenfassung beider Teile vermittele diese keinen neuen bzw. phantasievollen Begriffsinhalt. Der Beschwerdebegründung waren zahlreiche Anlagen (insgesamt 99 Blatt) beigefügt. In der mündlichen Verhandlung am 28. Juli 2009 hat die Widersprechende ihre Argumentation vertieft und auf einige, ihrer Ansicht nach einschlägige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts zur Frage der selbständig kennzeichnenden Stellung eines Markenbestandteils hingewiesen. Sie hat außerdem insgesamt 11 zusätzliche - im Einzelnen mit Registrierungsnummer und Markenwort benannte - eingetragene deutsche und Gemeinschaftsmarken der Markeninhaberin angeführt, die in zusammengeschriebener Form jeweils mit dem Anfangsbestandteil „MAKRO“ beginnen und prioritätsjünger als die Widerspruchsmarke sind. Weiterhin hat sie drei Entscheidungen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (davon zwei der Widerspruchsabteilung und eine der Beschwerdekammern) in Kollisionsfällen vorgelegt, in denen der Widerspruchsmarke die Bezeichnung „Makromarkt“, z. T. in besonderer Schriftgestalt, gegenüberstand. Die Markeninhaberin hat in der Beschwerdeinstanz keine Stellungnahme abgegeben und auch an der mündlichen Verhandlung - gemäß vorheriger Mitteilung - nicht teilgenommen. Der Senat hat die Zustellung einer Entscheidung an Verkündungs Statt beschlossen, um der Widersprechenden Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt zu überdenken und um die Möglichkeit einer einvernehmlichen Beilegung des Rechtsstreits offen zu halten. Trotz mehrmaliger Verlängerung der zunächst gesetzten Frist ist eine Einigung nicht erzielt worden. Die Widersprechende hat mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 9. März 2010 um eine Entscheidung gebeten. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die sich gegenüberstehenden Marken nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125 b MarkenG unterliegen. 1. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschriften vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren und Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 - BAINBRIDGE; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren s. auch Hacker in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 32, 33). a) Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind teilweise identisch, teilweise - in unterschiedlichem Grade - einander ähnlich und teilweise unähnlich. Eine Verwechslungsgefahr scheidet jedoch auch hinsichtlich der identischen Waren und Dienstleistungen in Anbetracht der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke und der geringen Zeichenähnlichkeit - siehe nachfolgend unter b) und c) - im vorliegenden Fall aus. b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke liegt - insoweit abweichend von der Ansicht der Markenstelle - von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, deutlich unterhalb des durchschnittlichen Bereichs. Die Marke wird ohne jede Schwierigkeiten als das Wort „makro“ gelesen, die bildliche Wirkung tritt demgegenüber zurück und kann nichts Wesentliches zu einer Steigerung des Schutzumfangs beitragen. Der Begriff „makro“ ist ersichtlich von dem griechischen Wort „makrós“ (= groß, hoch, tief, fern, lange dauernd, weit) abgeleitet; in deutschen Wortbildungen kommt „Makro“ als Vorsilbe des Öfteren vor (z. B. in Makroklima, Makrokosmos, Makromolekül, Makroökonomie, Makrostruktur; vgl. DUDEN, Fremdwörterbuch, 9. Aufl., 2007, CD-ROM-Ausgabe). Bei der im Rahmen der Beurteilung der Kennzeichnungskraft gebotenen objektiven Betrachtungsweise (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 103) kann der Widerspruchsmarke kein (noch) durchschnittlicher Schutzumfang zukommen, selbst wenn sich für einen Teil des deutschen Publikums mangels Sprachkenntnissen und Sprachgefühls der aufgezeigte Bedeutungsgehalt nicht ohne weiteres erschließen wird (vgl. BPatG, Beschl. v. 2.6.2008, 30 W (pat) 274/04: „MakroMarkt“ nicht unterscheidungskräftig für zahlreiche Marken und Dienstleistungen). Für eine Kompensation der Kennzeichnungsschwäche infolge umfangreicher Benutzung liegen keine Anhaltspunkte vor. c) In der Gesamtwirkung der Vergleichsmarken besteht keine Zeichenähnlichkeit in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Wegen des nur in der jüngeren Marke enthaltenen Wortelements „VISION“, das nicht überlesen oder - unabhängig von einer deutschen oder englischen Aussprache - überhört werden kann, unterscheiden sich die Zeichen von der Länge her deutlich. Der Verkehr hat auch keinen Anlass, den zweiten Wortteil „VISION“ bei der Benennung zu vernachlässigen; insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle, soweit eine Abspaltung verneint wird, Bezug genommen. Schriftbildlich steht zudem die Bildwirkung der Widerspruchsmarke der Annahme einer Zeichenähnlichkeit entgegen. d) Die angegriffene Marke wird auch nicht durch den Eingangsbestandteil „MAKRO“ geprägt. Allerdings ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass auch Einwortmarken durch einen Wortbestandteil geprägt werden; der entgegenstehenden Auffassung der Markenstelle ist durch die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. GRUR 2008, 905, Nr. 26 - Pantohexal; GRUR 2008, 909 Nr. 27 - Pantogast; ablehnend Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 248) die Grundlage entzogen. Von den beiden Wortteilen der jüngeren Marke ist aber nicht nur der zweite Bestandteil „VISION“ kennzeichnungsschwach, sondern auch - wie oben unter b) ausgeführt - der Eingangsbestandteil „MAKRO“. Beim Zusammentreffen kennzeichnungsschwacher Bestandteile ist keiner für sich geeignet, eine Marke zu prägen (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 281 m. w. Nachw.). Hinzu kommt, dass „MAKROVISION“ - entgegen der Auffassung der Widersprechenden - durchaus eine gesamtbegriffliche Bedeutung (im Sinne von „große Vision“ oder „weiter Blick“) zukommt, wobei diese allerdings - wie die Markenstelle nicht verkannt hat - im Blick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen vage bleibt. Jedenfalls liegt, formal (durch die Zusammenschreibung) ebenso wie begrifflich, ein einheitliches Kunstwort vor. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen ist von daher nicht gegeben. e) Unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens der Vergleichsmarken (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Altern. 2 MarkenG) liegt eine Verwechslungsgefahr gleichfalls nicht vor. Über eine Zeichenserie - wobei insoweit ohnehin nur registrierte und benutzte Marken in Betracht kommen (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, Nr. 64 - BAINBRIDGE) -, in die sich die jüngere Marke zwanglos einfügen würde, verfügt die Widersprechende offensichtlich nicht; sie hat sich auf diesen Gesichtspunkt auch nicht berufen. Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht daraus, dass die Markeninhaberin selbst über eine Serie von eingetragenen, im Verhältnis zur Widerspruchsmarke prioritätsjüngeren Marken mit dem übereinstimmenden Eingangsbestandteil „MAKRO“ verfügt, wie die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung belegt hat. Abgesehen davon, dass über die Benutzung der betreffenden Drittmarken keine Erkenntnisse vorliegen, weist „MAKRO“ - wie ausgeführt - seiner Bedeutung wegen eine Originalitätsschwäche auf, die der Eignung, als Stamm einer Zeichenserie zu wirken, entgegensteht. Zudem ist die Widerspruchsmarke anscheinend bisher gar nicht benutzt - die Widersprechende hat dies jedenfalls nicht ausdrücklich behauptet, geschweige denn durch irgendwelche Unterlagen belegt -, so dass (anders als im Fall BPatGE 51, 26, 38, 39 - Flow Party/flow) für die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter diesem Aspekt die Voraussetzungen, wonach die ältere Marke bereits in Benutzung sein muss und als Firmenbestandteil bzw. Firmenschlagwort Hinweischarakter auf das Unternehmen der Widersprechenden erlangt hat, hier nicht vorliegen. f) Gegen eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn (vgl. Hacker in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 396) spricht, dass der mit der Widerspruchsmarke (d. h. dem Wort „makro“) übereinstimmende Eingangsbestandteil „MAKRO“ innerhalb der jüngeren Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz) hat. Denn - wie oben unter d) bei Erörterung der Prägung ausgeführt - verschmelzen beide Bestandteile zu dem einheitlichen Kunstwort „MAKROVISION“. 2. Die von der Widersprechenden im Lauf des Widerspruchsverfahrens (Amtsverfahren und gerichtliches Beschwerdeverfahren) vorgelegten Entscheidungen anderer Stellen in - nach ihrer Ansicht - vergleichbaren Kollisionsfällen führen nicht zu einer rechtlichen Bindung des Senats. Dies gilt insbesondere auch für die in der mündlichen Verhandlung eingereichten Entscheidungen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt. Abgesehen davon, dass die Begriffe „MAKROVISION“ und „Makromarkt“ nicht ohne weiteres gleichgesetzt werden können - das Wort „Markt“ weist eindeutig auf einen Verkaufsort hin -, stehen das europäische (GMV) und das jeweilige nationale Markenschutzsystem (d. h. hier das MarkenG) unabhängig nebeneinander, ohne dass eine gegenseitige Bindung an Entscheidungen des jeweils anderen Bereichs gegeben wäre (st. Rspr. des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichts 1. Instanz). 3. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006548&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006549
BPatG
München
24. Senat
20100518
24 W (pat) 93/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "SLUSH" - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 30 155 (hier: Löschungsverfahren S 246/06) hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch beschlossen: Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke SLUSH ist am 16. Juni 2003 angemeldet und am 19. August 2003 für die Waren „Eismaschinen und -apparate; Eisschränke; Eiszerkleinerungsmaschinen und -apparate; Kühlapparate und -maschinen; Kühlbehälter; Kühlschränke; Kühleis, Speiseeis, Eiscreme, Speiseeispulver, pflanzliche Aromastoffe für Getränke, ausgenommen ätherische Öle, Kaffeearomen, Kaffee, Kakaogetränke, Kekse, Konfekt, Zuckerwaren, Schokoladegetränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholfreie Fruchtextrakte“ unter der Nummer 303 30 155 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragenen worden. Die Antragstellerin begehrt die vollumfängliche Löschung der Marke. Ihren Antrag hat sie auf den Löschungsgrund der mangelnden Schutzfähigkeit gestützt, wobei sie insbesondere davon ausgeht, dass die Marke „SLUSH“ einem Freihaltebedürfnis unterfalle (§ 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die Markenabteilung 3.4. des DPMA hat mit Beschluss vom 25. September 2008 antragsgemäß die angegriffene Marke gelöscht. In der Begründung hat sie ausgeführt, dass die Bezeichnung „SLUSH“ bereits zum Eintragungszeitpunkt freihaltebedürftig gewesen sei und das Eintragungshindernis auch noch gegenwärtig fortbestehe. Das Wort „SLUSH“ könne im Verkehr zur Beschreibung der mit der angegriffenen Marke beanspruchten Waren dienen. Die Bezeichnung „SLUSH“ werde mindestens seit dem Jahr 2002 in Deutschland zur Bezeichnung einer bestimmten Art von Kaltgetränken, die stark zerkleinertes Eis enthielten, verwendet. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er ist der Auffassung, das Zeichen „SLUSH“ löse wegen seiner Bedeutung in der englischen Sprache negative Assoziationen zu „Schlick“ und „Schlamm“ aus. Aus diesem Grunde werde in englischsprachigen Ländern jede Verbindung des Begriffs zu Nahrungsmitteln und Getränken vermieden. Wenn selbst von den Fachkreisen und Kunden in den englischsprachigen Ländern das Wort „SLUSH“ in keinen Zusammenhang mit „Eisgetränken“ gebracht werde, sei nicht einzusehen, weshalb die deutschen Fachkreise auf die ungehinderte Benutzung des Begriffs angewiesen sein sollten. Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2008 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde des Antragsgegners und Markeninhabers zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, die angegriffene Marke „SLUSH“ sei zu Recht gelöscht worden. Bei dem Begriff handle es sich um eine Gattungsbezeichnung. Der Begriff „SLUSH“ habe sich mittlerweile auch in Deutschland als Bezeichnung für spezielle Eisgetränke durchgesetzt. Als Belege für eine aktuelle Verwendung des Begriffs „SLUSH“ in Deutschland hat sie weitere Nachweise vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Markenabteilung 3.4. des DPMA hat zu Recht die angegriffene Wortmarke 303 30 155 „SLUSH“ gelöscht, da diese bereits zum Anmelde- wie zum Eintragungszeitpunkt dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterfiel. Darüber hinaus ist die Bezeichnung „SLUSH“ nach wie vor freihaltebedürftig. Die Abteilung hat ausführlich und gestützt auf zahlreiche Nachweise überzeugend dargelegt, dass es sich bei der Bezeichnung „SLUSH“ um eine jedenfalls in Fachkreisen bekannte Sachangabe handelt, die im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, insbesondere hinsichtlich der dort genannten Maschinen und Geräte, als Bestimmungsangabe und im Übrigen als Beschaffenheitsangabe verstanden und verwendet werden kann und daher zugunsten der Mitbewerber des Antragsgegners freigehalten werden muss. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wird hierbei nicht dadurch in Frage gestellt, dass die angegriffene Marke „SLUSH“ in ihrem Warenverzeichnis weite Warenoberbegriffe enthält, für die ein Freihaltebedürfnis als Sachangabe zwar nicht in seiner Gesamtheit, sondern nur hinsichtlich einzelner, unter die Oberbegriffe fallender Waren anzunehmen ist (vgl. BGH GRUR 2002, 261, 262 „AC“; GRUR 2005, 578, 581 „LOKMAUS“). Der Begriff „SLUSH“ steht ganz offensichtlich für eine Gattung von bestimmten Kaltgetränken, die sich dadurch auszeichnen, dass sie stark zerkleinertes Eis enthalten und häufig eine bestimmte, zumeist fruchtige Geschmacksrichtung haben. Zu den vielen, aus dem Verfahren vor dem DPMA bereits bekannten Belegen, aus denen sich die beschreibende Bedeutung des Begriffs „SLUSH“ ergibt, hat der Senat noch weitere Veröffentlichungen ermittelt, die zur Überzeugung führen, dass ein breites Fachpublikum bereits seit mehr als 40 Jahren mit dem Begriff „SLUSH“ die Bezeichnung eines Kaltgetränks der vorstehend genannten Art verbindet. Zu nennen ist z. B. die deutsche Offenlegungsschrift 1 501 199, die eine am 2. August 1966 beim damaligen Deutschen Patentamt (DPA) eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Gekühlte Spendevorrichtung für Eiscreme u. dgl.“ betrifft und die auf Seite 2 die Aussage enthält, dass zu den gefrorenen Esswaren auch „Eis-Slush“ zählt. In der deutschen Offenlegungsschrift 1 921 772, die eine am 29. April 1969 beim DPA eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Verfahren und Einrichtung zur Herstellung von gefrorenem, kohlensäurehaltigem Getränk“ betrifft, ist auf den Seiten 2 ff. ausgeführt, dass es eine „Bereitung eines gefrorenen Getränks in Schlammform (slush)“, Maschinen für die Bereitung von Getränken in „Slush-Form“ und ein Getränk mit der Bezeichnung „Slush-Getränk“ gibt. „Slush-Produkte“, die mit Trinkhalmen mit speziell großem Durchmesser getrunken werden können, beschreibt auch die deutsche Offenlegungsschrift 2 225 518, die eine Anmeldung vom 25. Mai 1972 mit der Bezeichnung „Einrichtung zur Steuerung der Kühlanlage einer Vorrichtung zur Bereitung und Ausgabe von gefrorenen, jedoch noch fließfähigen Erfrischungsprodukten“ betrifft. Zu nennen ist ferner die deutsche Offenlegungsschrift 2 422 178 einer Patentanmeldung vom 8. Mai 1974 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Herstellung von löslichen Kaffeeprodukten“, die auf Seite 3 beschreibt, wie ein Extrakt in einen „’Slush’, d. h. in ein Gemisch, in welchem Eiskristalle und Extrakt nebeneinander vorliegen“, überführt werden kann, und in der allgemein von einem „’Slush’-Zustand“ berichtet wird. Auch in der Übersetzung der europäischen Patentschrift DE 696 19 696 T2, die ein am 12. April 1996 international angemeldetes Patent mit der Bezeichnung „Wassereis-Partikel enthaltendes Speiseeis“ betrifft, kommt der Begriff „Slush-Getränk“ vor, wobei sich dieses gerade durch Eiskristalle in einem Sirupmedium auszeichnen soll. Neuere Patentdokumente, in denen ebenfalls der Begriff „slush“ in einschlägig beschreibender Weise benutzt wird, sind ferner die EP 1 088 784 A1 („slush-type beverages“ bzw. „slush-type products“), die DE 601 08 872 T2 („Slush-Getränke“, „Slush-Produkte“ bzw. „Slush-Konsistenz“), die DE 20 2004 012 106 U1 („Slush Ice Maker“ bzw. „Slush Ice (flüssig Eis Drink)“) und die DE 20 2008 007 948 U1 („Slush Eis Maschine mit Nachfüllbehälter“). Dem Schutzausschluss nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, wie er sich insbesondere aus den vorstehend genannten Fachveröffentlichungen ergibt, steht nicht im Wege, dass der englische Begriff „SLUSH“ offenbar noch keinen breiten Eingang in den deutsche Sprachschatz gefunden hat und möglicherweise auch gegenwärtig nur von den Fachkreisen verstanden wird. Das Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses wird hierdurch nicht in Frage gestellt, da auch der Handel zu den in markenrechtlicher Hinsicht relevanten Verkehrskreisen gehört (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Nr. 24) „Concord/Hukla“). Auch der Einwand des Beschwerdeführers, die beteiligten Verkehrskreise würden das Wort „SLUSH“ nicht ernsthaft benötigen, weil es für Kaltgetränke treffendere und wohlklingendere Begriffe als „SLUSH“ gebe, ist unerheblich. Es entspricht vielmehr dem Allgemeininteresse, dass alle Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen beanspruchter Waren dienen können, allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, damit diese sie zur Beschreibung derselben Eigenschaften ihrer eigenen Produkte verwenden können (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 676 (Nr. 55 ff.) „Postkantoor“; BGH GRUR 2006, 850, 856 (Nr. 35) „FUSSBALL WM2006”). Nachdem auch keine sonstigen Bedenken gegen den Beschluss der Markenabteilung bestehen, kann die Beschwerde des Antragsgegners keinen Erfolg haben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006549&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006550
BPatG
München
25. Senat
20100826
25 W (pat) 10/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Orthomedicum" - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 043 155.5 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2009 und 17. November 2009 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung im Umfang der Erinnerungszurückweisung, nämlich in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist: "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Kompressen und andere Wundabdeckungen; Drainageschwämme (Wundschwämme) und Hydrokolloidverbände; Verbandmaterial, Artikel für Inkontinenzkranke (soweit in Klasse 5 enthalten) einschließlich Hosen, Tampons und Windeln für Inkontinenzkranke; Desinfektionsmittel; Artikel für die Wärme- und Kältetherapie (soweit in Klasse 10 enthalten), insbesondere elektrische Heizkissen und -decken für medizinische Zwecke; Krankenunterlagen einschließlich Dekubitus-Unterlagen; orthopädische Artikel, insbesondere Bandagen, medizinische Strümpfe für Arm und Bein (Kompressionsstrümpfe, Thrombose-Prophylaxe-Strümpfe, Stützstrümpfe), medizinische Strumpfhosen (Kompressions-, Thrombose-Prophylaxe- und Stütz-Strumpfhosen) sowie Teile derselben; Artikel der Orthopädie, insbesondere Orthesen für die Bereiche Cervical, Rumpf, Schulter, Arm, Hand, Bein, Knie, Fuß, Sprunggelenk; medizinische Geräte und Artikel für krankengymnastische Übungen und Rekonvaleszenz (soweit in Klasse 10 enthalten); chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Silikonprodukte für den Bereich Prothesen, insbesondere zur verbesserten Stumpfschafthaftung; künstliche Augen und künstliche Zähne sowie Gegenstände für Endoprothetik, insbesondere Hüftgelenkprothesen, Implantate, Knochenschrauben; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse, Fotografien, Lehr- und Unterrichtsartikel (ausgenommen Apparate); betriebswirtschaftliche Beratungsdienst-leistungen für Qualitätsmanagement und Logistik in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen, ambulanten Pflegediensten sowie ambulanten Praxiskliniken; Organisation von Messen und Ausstellungen für Werbezwecke; Organisation und Veranstaltung von Messen für Aus- und Weiterbildungszwecke auf wissenschaftlichem Gebiet; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung im Rahmen von Messen und Ausstellungen zu Werbezwecken bezüglich der Förderung von medizinischen Vorbeugungsmaßnahmen, Zusammenstellung von Gesundheitsdaten in Computerdatenbanken zur Informationsaufarbeitung in Gesundheitsfragen; Verteilung von Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften zu Werbezwecken; Marketing, Marktforschung und Marktanalysen; Beratung Dritter in der Organisation von Unternehmen, bei der Geschäftsführung und in der Unternehmensverwaltung; Werbung für Dritte, insbesondere Rundfunkwerbung (Hör- und Fernsehrundfunk), Kinowerbung; Durchführung von Vorbeugungsmaßnahmen im Rahmen von Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen für Werbezwecke; Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Kongressen, Messen und Ausstellungen für Werbezwecke; Übermittlung von Nachrichten; Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen über Gesundheitsfragen im Internet; elektronische Übermittlung von Informationen über die Volksgesundheit in Datennetzen; Transportwesen; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Ausbildung, insbesondere Veranstaltung von Fort- und Weiterbildungsseminaren für die Administration in Krankenhäusern und im ambulanten Bereich, für die Alten- und Heimpflege, im stationären und ambulanten Pflege- und Operationsbereich, für Ärzte, Arzthelfer/innen und Pflegepersonal, für die Mitarbeiter von Industrie und Handel im Bereich Medizintechnik; Weiterbildung, insbesondere medizinische Weiterbildung; Veranstaltung von Fernkursen; betriebswirtschaftliche, organisatorische und Qualitätsmanagementberatung für die Logistik in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen, ambulanten Pflegediensten und ambulanten Praxiskliniken; Filmproduktion, Filmvorführungen, Rundfunkdarbietungen (Hör- und Fernsehrundfunk), Veröffentlichung von Printmedien über Gesundheitsfragen, auch in elektronischer Form, auch im Internet; Durchführung von Vorbeugungsmaßnahmen im Rahmen von Konferenzen, Seminaren, Kongressen, Ausstellungen zu Unterrichtszwecken; Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Kongressen und Ausstellungen für Unterrichtszwecke; wissenschaftliche Forschung auf dem Gebiet der Medizin, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Organisation und Veranstaltung von Seminaren, Kongressen und Ausstellungen für wissenschaftliche Zwecke; Durchführung von Vorbeugungsmaßnahmen im Rahmen von Konferenzen, Seminaren, Kongressen und Ausstellungen zu wissenschaftlichen Zwecken; Verpflegung und Beherbergung von Gästen; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; medizinische Beratung über Anwendungsmöglichkeiten von medizinischen Heil- und Hilfsmitteln; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft".
I. Die Bezeichnung Orthomedicum ist am 5. Juli 2008 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 03, 05, 10, 16, 35, 38, 39, 41 - 45 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG hat die Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zunächst mit Beschluss vom 29. Juli 2009 vollständig und auf die Erinnerung der Anmelderin mit Beschluss vom 17. November 2009 teilweise, nämlich in Bezug auf die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen, da es sich bei dem angemeldeten Zeichen insoweit um eine nicht unterscheidungskräftige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG handele. "Ortho" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Abkürzung für "Orthopädie" und "medicum" im Sinne von "medizinisch, heilend" oder auch als Gebäude, in dem geheilt werde, wie z. B. Technikum verstanden. Auch wenn der Begriff "Orthomedicum" bisher nicht lexikalisch nachweisbar sei, werde er daher ohne weiteres im Sinne von "orthopädische Heilung" verstanden. Dieser Begriff beschreibe die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dahingehend, dass es sich um solche handele, die für die Heilung auf dem Gebiet der Orthopädie benötigt würden bzw. damit im Zusammenhang stünden. Dies könnten Druckschriften und Fotografien zu dem Thema sein, pharmazeutische Produkte und Hilfsmittel, die bei der Behandlung gebraucht würden, ferner die Schulung auf diesem Gebiet, die wirtschaftliche und werbemäßige Vermarktung der medizinischen Angebote, Forschung auf dem Gebiet der orthopädischen Medizin, das Erstellen von Computerprogrammen für diese Branche usw.. Angesichts seines sachbezogenen Aussagegehalts sei unerheblich, ob dieser Begriff mit dieser Bedeutung bereits verwendet werde. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle Klasse 05 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2009 und 17. November 2009 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist. Auch wenn der Verkehr in "Ortho" einen Hinweis auf "Orthopädie" erkenne, könne dem Gesamtzeichen eine Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden. Entgegen der seitens des Senats im Ladungszusatz vom 9. August 2010 angedeuteten Auffassung werde der Verkehr diese Bezeichnung insbesondere nicht wie z. B. "Ortho(pädie)klinik" oder Ortho(pädie)zentrum" als Hinweis auf eine orthopädische Einrichtung bzw. orthopädisches Versorgungszentrum verstehen, da jedenfalls den vorliegend maßgeblichen allgemeinen Verbrauchern eine solche Bedeutung von "medcum" nicht allgemein bekannt sei. Auch die seitens des Senats genannten Verwendungsbeispiele belegten keine sachbezogene Verwendung und ein entsprechendes Verständnis des Begriffs "medicum". Die Markeninhaberin hat ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Terminsantrag mit Schriftsatz vom 13. August 2010 zurückgenommen, worauf der auf den 26. August 2010 angesetzte Termin zur mündlichen Verhandlung abgesetzt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "Orthomedium" in Bezug auf die zurückgewiesenen genannten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen, auch soweit diese einen Bezug zu Medizin, Pharmazie, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen aufweisen können. Die angemeldete Wortkombination besteht aus den Wortbestandteilen "Ortho" und "medicum". Die Gesamtbezeichnung "Orthomedicum" ist weder lexikalisch nachweisbar, noch lässt sie sich aktuell als beschreibende Fachbezeichnung feststellen. Entgegen der Auffassung der Markenstelle wird der Verkehr die angemeldete Bezeichnung auch nicht sofort und ohne weiteres i. S. von "orthopädische Heilung" verstehen. Zwar handelt es sich bei dem Bestandteil "Ortho" im medizinischen Bereich in Anknüpfung an seine ursprüngliche Bedeutung "gerade, aufrecht; richtig, recht" (vgl. dazu Duden "Das Große Fremdwörterbuch", 4. Aufl. unter dem entsprechenden Stichwort) um ein gebräuchliches Wortbildungselement bzw. Kurzwort für "orthopädisch/Orthopädie". Dies trifft auf den weiteren Bestandteil "medicum" jedoch nicht zu. Anders als z. B. bei dem ebenfalls verbreiteten Wortbildungselement "medi" lässt sich eine Verwendung von "medicum" als Fachbegriff für "Heilung/heilend" oder auch "medizin/medizinisch" im Inland nicht nachweisen. Ein (korrektes) Verständnis als Akkusativ des lateinischen Substantivs/Adjektivs "medicus" (= Arzt bzw. heilend) erschließt sich grundsätzlich auch nur dem - eher geringen - Teil des Verkehrs, welchem zumindest Grundregeln der lateinischen Sprache und deren Grammatik bekannt sind. Hingegen wird der mit der lateinischen Sprache regelmäßig nicht vertraute allgemeine Verkehr mit dem Bestandteil "medicum" zwar - der Bedeutung nicht ganz entsprechende - Assoziationen an "medizinisch/Medizin" verbinden, den Begriff in seiner Gesamtheit aufgrund der Endung "-cum" jedoch eher als Fantasiewort auffassen. Wenngleich danach beide Wortbestandeile deutlich erkennbare beschreibende Anklänge enthalten, wirkt die sprachregelwidrige Kombination von "medicum" mit dem aus dem Griechischen stammenden Wortbildungselement "Ortho" zu einer neuartigen Wortkombination aus sich heraus noch hinreichend originell und individualisierend. Aufgrund dieses ungewöhnlichen sprachlichen Gesamteindrucks erschließt sich für den Verkehr, der erfahrungsgemäß nicht dazu neigt, Bezeichnungen begrifflich zu analysieren, um beschreibende Bedeutungen herauszulesen, ein von der Markenstelle angenommener Bedeutungsgehalt i. S. von "orthopädische Heilung" bzw. "orthopädisch heilend" jedenfalls nicht so unmittelbar und nachhaltig, dass es gerechtfertigt wäre, der Bezeichnung in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche betriebliche Kennzeichnungswirkung abzusprechen. Entgegen der im Ladungszusatz vom 9. August 2010 angedeuteten Auffassung vermag der Senat auch nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass der Verkehr in "medicum" lediglich eine Bezeichnung für eine medizinische Versorgungseinrichtung erkennen und die Gesamtbezeichnung in Zusammenhang mit Waren und Dienstleistungen aus dem medizinisch-pharmazeutischen Bereich daher ohne weiteres i. S. von "orthopädische(s) Versorgungseinrichtung(zentrum)" verstehen wird. Zwar deuten die der Anmelderin mit der Ladung übersandten Belege nach Auffassung des Senats durchaus darauf hin, dass sich der Begriff "Medicum" im Inland inzwischen zu einem Fachbegriff entwickelt hat, mit dem medizinische Einrichtungen bezeichnet werden, in denen ärztliche und damit zusammenhängende Dienstleistungen angeboten werden. Allerdings wird der Begriff danach ausschließlich in Alleinstellung mit einem örtlichen Zusatz verwendet. Hingegen lassen sich vergleichbare Begriffsbildungen mit "medicum" unter Voranstellung einer das medizinische Fachgebiet benennenden Angabe wie z. B. "Ortho" als Hinweis auf "Orthopädie" nicht nachweisen. Innerhalb eines einheitlichen Begriffs wie "Orthomedicum" tritt "medicum" aber nicht so deutlich als Hinweis auf eine "orthopädische(s) Versorgungseinrichtung(zentrum)" hervor wie dies z. B. bei den weitaus geläufigeren Begriffen "Orthozentrum" oder Orthoklinik" der Fall ist, zumal der Begriff "medicum" noch nicht so verbreitet ist wie "Klinik" oder "Zentrum". Auch insoweit ist daher ein beschreibender Sinngehalt der beiden Wortbestandteile durch eine hinreichend fantasievolle Wortbildung jedenfalls so weit überlagert, dass der Marke in ihrer Gesamtheit eine Wirkung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden kann. Auch wenn die angemeldete Bezeichnung als sprechende Marke Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen relativ deutlich andeutet, eignet sie sich gleichwohl weder im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als unmittelbar beschreibende Angabe noch kann kann ihr das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft abgesprochen werden, wobei es sich insoweit durchaus um einen engen Grenzfall handelt. Die Beschwerde hat daher Erfolg.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006550&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006551
BPatG
München
25. Senat
20100823
25 W (pat) 124/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "BIOGRAN ® (Wort-Bild-Marke)/GRAN" – Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen: keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie und keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 302 02 453 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die Wort- Bildmarke ist am 5. April 2002 unter der Nummer 302 02 453 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden, und zwar für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 29, 30, 32 und 43: "Synthetisch hergestellte Süßstoffe und Süßungsmittel; Kaffeeweißer; Kaffee, Kakao, Schokolade, Schokolade- und Zuckerwaren, insbesondere Riegel, auch unter Zusatz von Milch- und Fruchtprodukten, Nüssen und/oder Getreideprodukten; feine Back- und Konditorwaren; Kaffee-, Kakao- und Schokoladengetränke, auch unter Zusatz von Milchprodukten und/oder Aromatisierungsmitteln und/oder Süßungsmitteln, diese Produkte auch in Instantform; natürliche Süßstoffe und Süßungsmittel; Kaffee-, Kakao- und Schokoladenpräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken; alkoholfreie Getränke, auch solche unter Zusatz von Kaffee, Kakao, Schokolade, Milchprodukten und/oder Fruchtprodukten; Dienstleistungen eines Restaurationsbetriebes." Dagegen hat die Inhaberin der am 17. Juni 1997 angemeldeten Gemeinschaftsmarke GRAN , die am 19. Mai 2006 unter der Nummer 573 576 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt für die folgenden Waren der Klassen 3, 5 und 30 "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel; Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, mit Ausnahme von Dermatika, insbesondere Salben für pharmazeutische Zwecke, diätetische Lebensmittel für medizinische Zwecke, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke (sämtliche zuvor genannten Waren weder in Granulatform noch als gekörnte Substanz); Pflaster und Verbandmaterial; Gebäck, Kleingebäck, Karamellen, Kekse, Kuchen, Lakritze, Lebkuchen, Makronen, Malzbiskuits, Mandelkonfekt, Marzipan, Schokolade, Traubenzucker für Nahrungszwecke; Gerstengraupen, Gerstenmehl, Gerstenschrot, Getreideflocken, Getreidepräparate, Gewürze, Gewürzmischungen, Gewürznelken, Glukose für Nahrungszwecke, Gluten für Nahrungszwecke, Hafer, Hafergrütze, Haferkerne, Honig, Ingwer, Kartoffelmehl für Speisezwecke, gemahlener Mais, gerösteter Mais, Cornflakes, Maismehl, Malz für Nahrungszwecke, Mühlenprodukte, Muskatnüsse, Würzzubereitungen für Nahrungsmittel, Makkaroni, Nudeln, Safran, Sago, Selleriesalz, Senfmehl, Stärke für Nahrungszwecke, Stärkeprodukte für Nahrungszwecke, Teigfermente, Vanille, Vanillin, Würzmittel, Zimt; Kaffee, Kaffee-Ersatz, Kaffee-Ersatzstoffe auf pflanzlicher Grundlage, Kaffeegetränke, Kakao, Kakaoerzeugnisse, Kakaogetränke, Schokoladengetränke, Tee, nicht medizinische Kräutertees" eingetragen wurde, Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit zwei Beschlüssen vom 8. August 2003 und vom 29. Januar 2009, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass sich die Vergleichsmarken zwar auf teilweise identischen und teilweise ähnlichen Waren begegnen könnten, die angegriffene Marke aber den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke einhalte. Die Widerspruchsmarke weise eine normale Kennzeichnungskraft auf. Beim Vergleich der gegenüberstehenden Marken fielen aber insbesondere die Bildbestandteile der angegriffene Marke ins Gewicht, während die Widerspruchsmarke eine reine Wortmarke sei. Selbst wenn man davon ausginge, dass die angegriffene Marke durch den Wortbestandteil "BIOGRAN" geprägt werde, liege keine relevante Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke vor. Das Wortelement "BIOGRAN" könne nicht in seine Bestandteile "BIO" und "GRAN" zerlegt werden, insbesondere könne "BIO" nicht vollständig abgespalten werden. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr scheide insgesamt aus. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr komme nicht in Betracht. Der Verkehr werde die angegriffene Marke, die anders als die Widerspruchsmarke Bildelemente enthalte, nicht als Weiterentwicklung der Widerspruchsmarke ansehen und der Widersprechenden zuordnen. Die Widersprechende verfüge zudem nicht über eine Markenserie mit der Hauptmarke "GRAN". Es sei auch generell nicht üblich, Marken aus dem Bereich "Lebensmittel, Getränke" mit dem Präfix "BIO" zu ergänzen und damit auf eine Produktserie mit Bioprodukten hinzuweisen. Die von der Widersprechenden genannte Entscheidung des Bundespatentgerichts vom 10. November 2003 -30 W (pat) 220/02 stehe dieser Einschätzung nicht entgegen, da insoweit auf die Bekanntheit als Firmenschlagwort und eine besonders starke Kennzeichnungskraft der dortigen Widerspruchsmarke abgestellt worden sei. Gegen die vorgenannten Beschlüsse der Markenstelle richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Aus ihrer Sicht sei eine erhebliche Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken gegeben. Zwar bestehe die angegriffene Marke aus einem Wort, doch setze sich dieses aus den zwei Bestandteilen "BIO" und "GRAN" zusammen. Der Präfix "BIO" werde als Abkürzung für "biologisch" oder "aus biologischem Landbau" verstanden, sei daher nicht unterscheidungskräftig, während der weitere Bestandteil "GRAN" als zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftig zu erachten sei. Die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verbraucher verlagere sich auf diesen Wortbestandteil. Der Bildbestandteil der angegriffene Marke führe nicht dazu, dass die Verwechslungsgefahr entfalle. Der Verkehr werde dem Wortbestandteil die prägende Bedeutung zumessen. Der Bildbestandteil der angegriffene Marke zeige eine Ähre, die bei einer Vielzahl von "Bio-Marken" verwendet werde und hinter den Wortbestandteil zurücktrete. Ferner sei eine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben, weil das Element "BIO" häufig auf eine "Bio-Produktlinie" desselben Unternehmens hinweise. Auch die Widersprechende vertreibe eine "Bio-Produktlinie". Das Element "BIO" werde stets produktbeschreibend verwendet, so dass der Verkehr davon ausgehe, bei den mit der angegriffene Marke gekennzeichneten Produkten handele es sich um eine "Bio-Produktlinie" der Widersprechenden. Der vorliegende Fall unterscheide sich im Übrigen von der Senatsentscheidung vom 30. Oktober 2009 - 25 W (pat) 71/09. Während es sich dort bei dem Markenelement "Lektra" um einen Phantasiebegriff gehandelt habe, könne die Widerspruchsmarke "GRAN" als Abkürzung für "Granulat" verstanden werden, so dass insoweit eine andere Fallgruppe gegeben sei. Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. August 2003 und vom 29. Januar 2009 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Aus ihrer Sicht ist zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr gegeben. Sie bezieht sich auf die Senatsentscheidung vom 30. Oktober 2009 -25 W (pat) 71/09; der vorliegende Sachverhalt sei entsprechend zu beurteilen und eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Es bestehe auch kein Anlass, den Bestandteil "BIO" in der angegriffene Marke abzuspalten. Die von der Widersprechenden vorgelegten Beispiele für "Bio-Produktlinien" aus ihrem Hause widersprächen dem nicht, da der Bestandteil "BIO" sich dort räumlich und gestalterisch von den übrigen Kennzeichenelementen abhebe, was bei der angegriffene Marke gerade nicht der Fall sei. Das Bildelement der angegriffene Marke führe zu einem zusätzlichen Abstand von der Widerspruchsmarke. Die von der Widersprechenden vorgelegten Beispiele seien anders gestaltet. Zudem handele es sich bei den Wortbestandteilen dieser Beispiele überwiegend um glatt beschreibende Angaben, so dass erst die bildliche Darstellung die Unterscheidungskraft dieser Marken begründe. Schließlich fehle jeder Nachweis, für welche Waren diese Marken eingetragen seien und benutzt würden. Ferner hatte die Widersprechende hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Sie hat diesen Antrag nach Terminsbestimmung zurückgenommen, worauf der Termin zur mündlichen Verhandlung abgesetzt worden ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Zwischen der Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke besteht keine Verwechslungsgefahr (§§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 MarkenG), so dass die Markenstelle den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen hat (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG). 1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 – Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). a) Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist für die Frage der Warenidentität bzw. der Warenähnlichkeit die Registerlage maßgebend. Danach können sich die Vergleichsmarken teilweise auf identischen und teilweise auf ähnlichen Waren begegnen. Für die Waren "Kaffee, Kakao, Schokolade, Kakaogetränke und Schokoladengetränke" sind beide Vergleichsmarken registriert. Aber selbst soweit es um diese im Identitätsbereich liegenden Waren geht, die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr am kritischsten sind, hält die angegriffene Marke den gebotenen Abstand zu der Widerspruchsmarke ein. b) Dabei wird eine noch durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unterstellt. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist nicht dargetan. Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob die Widerspruchsmarke in Bezug auf einzelne Waren, für die sie eingetragen ist, in ihrer Kennzeichnungskraft geschwächt ist. Zwar hat die Widersprechende vorgetragen, dass das Markenwort "Gran" als Abkürzung von "Granulat" zu verstehen sei, was eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nahelegen könnte. Denn dann könnte sich ein beschreibender Bezug der Widerspruchsmarke zu Waren wie z. B. "Kaffee" oder "Schokolade" ergeben, und zwar hinsichtlich der Konsistenz, da die vorgenannten Produkte auf dem Markt auch in Form von Granulaten angeboten werden. Ob die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke deswegen tatsächlich geschwächt ist, ist jedoch nicht entscheidungserheblich, da auch bei einer unterstellten durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht zu bejahen ist. c) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist zwischen den gegenüberstehenden Marken nicht gegeben. Für den markenrechtlichen Vergleich der sich gegenüberstehenden Marken ist der Gesamteindruck maßgeblich. Hierbei ist grundsätzlich eine zergliedernde Betrachtungsweise einzelner Markenbestandteile zu vermeiden, zumal der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 170 m. w. N.). Die angegriffene Marke enthält in ihrem Wortbestandteil "Biogran" an dessen Anfang die Silbe "Bio", so dass sich gegenüber der Widerspruchsmarke "Gran" dadurch in der Silbengliederung, der Vokalfolge, der Silbenzahl und auch im Sprachrhythmus deutliche Unterschiede ergeben. Eine schriftbildliche und klangliche Verwechslungsgefahr ist bei einem Vergleich der Markenwörter in ihrer Gesamtheit aufgrund dieser Unterschiede nicht gegeben. Der Bestandteil "-gran" prägt die angegriffene Marke auch nicht derart, dass die Anfangssilbe "Bio" im Rahmen ihres Gesamteindrucks weitgehend in den Hintergrund tritt. Auch wenn bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit die sich gegenüberstehenden Zeichen jeweils als Ganzes zu berücksichtigen und in ihrem Gesamteindruck zu vergleichen sind, ist es nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen ein Bestandteil oder mehrere Bestandteile eines komplexen Kennzeichens für dessen Gesamteindruck prägend sein können. Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (BGH GRUR 2008, 903, 904, Tz. 18 - SIERRA ANTIGUA). Auch wenn diese Grundsätze gemäß der Rechtsprechung des BGH auch bei einem aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten "Einwortzeichen" in Betracht kommen können (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Tz. 26 -Pantohexal), ist unter diesem Aspekt zwischen den Vergleichsmarken eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen, da der Bestandteil "Bio-" nicht in dieser Form in den Hintergrund tritt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob das Bildelement der angegriffenen Marke, das eine stilisierte Ähre darstellt, in Bezug auf zumindest eine Reihe von Waren der angegriffenen Marke als beschreibend anzusehen und deswegen im Gesamteindruck nicht zu berücksichtigen wäre. Der Bestandteil "Bio" ist ein Wortbildungselement mit verschiedenen Bedeutungen, und zwar - "das Leben betreffend; Lebensvorgänge; Lebewesen; Lebensraum", - "gesund, natürlich, ohne chemische Zusätze", - "in irgendeiner Weise mit organischem Leben in Beziehung stehend" (Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. aktualisierte Aufl., 2007, S. 202). Dieses Wortbildungselement ist mit diesen Bedeutungen in der deutschen Sprache in eine Reihe von mehrgliedrigen Substantiven eingefügt worden wie z. B. "Bioethik", "Bioladen" oder "Biochemie", denen ein eindeutiger Sinngehalt zugeordnet werden kann und bei denen der Bestandteil "Bio" als eigenständiger, begriffsbestimmender Wortbestandteil innerhalb dieser Fachausdrücke hervortritt. Solche Begriffsbildungen existieren auch im Bereich der hier betroffenen Waren, z. B. "Biokaffee", "Bioschokolade", "Biokakao", die im Verkehr verwendet werden. Mit Blick auf die angegriffene Marke liegt es aber insoweit anders, als der Wortbestandteil "Bio" mit dem weiteren Bestandteil "-gran" kombiniert ist. Dieser Bestandteil steht für sich betrachtet zwar zum einen für die Abkürzung einer alten, in Deutschland heute nicht mehr verwendeten Maßeinheit, und stellt zum anderen die Abkürzung für "granuliert, granurös" dar (vgl. Lexikon der Abkürzungen, zusammengefasst und herausgegeben von Koblischke, 1994, S. 230). Zwar können, wie bereits ausgeführt, Waren, für die die angegriffene Marke registriert ist, in Form von Granulaten auf dem Markt angeboten werden. Dann aber könnte dem Wortelement der angegriffenen Marke die Gesamtbedeutung "Biogranulat" zukommen. Innerhalb dieses Gesamtbegriffs weisen die Bestandteile "Bio-" und "-gran", wie ausgeführt, jeweils für sich eigene Sachbezüge hinsichtlich der vorgenannten Waren auf, die gleichrangig nebeneinander stehen. Soweit ein Bedeutungsgehalt der Schlusssilbe "-gran" in dem Markenwort "Biogran" nicht erkannt wird, verschmilzt zudem die Anfangssilbe "Bio-" mit dem weiteren Wortbestandteil "-gran" zu einer einheitlichen Lautfolge, ohne dass eine Aufspaltung in einen rein beschreibenden Bestandteil "Bio-" und einen kennzeichnenden Bestandteil "-gran" naheliegend wäre. Vielmehr wird der Verkehr bei "Biogran" von einem einheitlichen Markenwort ausgehen, wobei schon im Hinblick auf die Kürze des Bestandteils "-gran" und dessen Endungscharakter im konkreten Markenwort eine Prägung der Gesamtbezeichnung durch diesen Bestandteil nach Auffassung des Senats ausgeschlossen ist. d) Ferner ist auch unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens der Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr gem. § 9 Abs. 1 Nr.2 letzter Halbsatz MarkenG nicht zu bejahen. In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE) und des Bundesgerichtshofes (GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz; GRUR 2008, 903 - SIERRA ANTIGUA; GRUR 2008, 905 - Pantohexal; GRUR 2008, 909 - Pantogast) zwar anerkannt, dass einem Bestandteil in einer zusammengesetzten Marke auch dann eine selbständig kennzeichnende und kollisionsbegründende Stellung zukommen kann, wenn dieser Bestandteil das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung nicht dominiert oder prägt. Dies kommt zum einen in Betracht, wenn die gegenüberstehenden Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Inhaber zuordnet (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Tz. 33 - Pantohexal). Zwar ist aus dem Markenregister ersichtlich, dass für die Widersprechende eine Reihe von mehrgliedrigen Marken mit dem Bestandteil "-gran" registriert waren und auch noch sind. Jedoch ergibt sich hieraus nichts darüber, ob und in welchem Umfang diese Marken im Inland benutzt werden, zumal aus dem Markenregister auch ersichtlich ist, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Marken auch wieder gelöscht wurde, vielfach auf Antrag der Widersprechenden. Im übrigen hat die Widersprechende zur Benutzungslage von registrierten und in Kraft befindlichen "Gran-Marken" nichts vorgetragen. Aber auch dann, wenn zugunsten der Widersprechenden eine Benutzung von Marken zu unterstellen wäre, die in gleicher Weise wie die angegriffene Marke dreisilbig und mit der Endung "-gran" gebildet sind, wäre nicht von einer kollisonsbegründenden Stellung dieses Bestandteils auszugehen. Die Kürze und der Endungscharakter dieses Bestandteils innerhalb solcher Zeichenbildungen sprechen dagegen, dass die Widerspruchsmarke und dessen Serienzeichencharakter dort wiedererkannt wird, und zwar auch dann, wenn ein Teil der für die Widersprechenden registrierten Marken in gleicher wie die angegriffene Marke dreisilbig und mit der Endsilbe "gran" gebildet sein sollte. Denn der Bestandteil "gran" ist als Schlusssilbe innerhalb solcher dreisilbiger Markenworte als die Kennzeichnungskraft dieser Bezeichnungen vorrangig gegenüber den übrigen Bestandteilen bestimmendes Element nur eingeschränkt geeignet und kommt daher als Stammbestandteil einer Markenserie nur unter besonderen Voraussetzungen wie insbesondere eine starke Gewöhnung des Verkehrs in Richtung Verkehrsbekanntheit in Betracht, was vorliegend aber in keiner Weise ersichtlich ist. Zum anderen kann eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben sein, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. BGH GRUR 2008, 905, Tz. 37 - Pantohexal). Zwar ist die Widerspruchsmarke hier identisch in die angegriffene Marke als Bestandteil übernommen worden. Sie ist jedoch nicht mit einem Serienzeichen oder einem Unternehmenskennzeichen der Markeninhaberin kombiniert worden. Vielmehr ergibt sich in Bezug auf die angegriffene Marke, wie ausgeführt, ein einheitlicher Gesamtbegriff, so dass auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne nicht gegeben ist. 2. Da bereits hinsichtlich solcher Waren, die identisch für die angegriffene Marke und die die Widerspruchsmarke registriert sind, das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 MarkenG zu verneinen ist, gilt dies erst recht für die übrigen Waren der angegriffenen Marke, soweit diese im Verhältnis zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke als lediglich ähnlich zu erachten sind. Daher war der Widerspruch insgesamt zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG). 3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Widersprechende ihren diesbezüglichen Antrag zurückgenommen hat (§ 69 MarkenG). 4. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006552
BPatG
München
25. Senat
20100819
25 W (pat) 161/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 MarkenG, § 43 Abs 2 S 2 MarkenG, § 82 Abs 1 MarkenG, § 294 ZPO, § 296 Abs 2 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "DAPUR/KAPUR" – Erhebung der Einrede der Nichtbenutzung im Beschwerdeverfahren – fehlende Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung - Zurückweisung des Widerspruchs
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 302 18 661 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. August 2007 und vom 3. Juni 2009 werden aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke 399 81 414 wird zurückgewiesen.
I. Die am 15. April 2002 angemeldete Wortmarke DAPUR ist am 3. Juni 2002 unter der Nummer 302 18 661 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die folgende Ware der Klasse 5 "Arzneimittel" eingetragen worden. Dagegen hat der Inhaber der am 28. August 2000 unter der Nummer 399 81 414 in das Markenregister eingetragenen Wortmarke KAPUR , die für die folgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 16, 35, 37, 41, 42, 44 "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, insbesondere energetische und energetisierte Präparate und Produkte, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Druckereierzeugnisse, Prospekte, Zeitschriften, Zeitungen, Bücher, Graphiken, Bilder, Photos, einschließlich ihrer Inhalte; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Waren aus Papier, Pappe, Karton, soweit in Klasse 16 enthalten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung; Personalmanagement-Beratung; Bauwesen, Leitung von Bauarbeiten; Reparaturarbeiten in und an Bauwerken; Installationsarbeiten; technische Analysen und technische Beratungen im Bauwesen, nämlich auf dem Gebiet der Raum-, Gebäude- und Grundstücksenergetik; Ausbildung, insbesondere Studium zum Energologen/zur Energologin, Ausbildung in verschiedenen Teilbereichen der Energologie; Betrieb einer Akademie, insbesondere für Management-Ausbildung und -Training; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege, insbesondere Durchführung von energetischen Massagen, Durchführung von energetischen Untersuchungen, Durchführung von energetischen Behandlungen, wissenschaftliche und industrielle Forschung, insbesondere Forschung auf dem Gebiet der Energologie, Durchführung von energetischen Analysen, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen eines Heilpraktikers, Dienstleistungen eines Physiotherapeuten; Dienstleistungen eines Architekten; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; psychologische Lebensberatung; Erstellen von Organigrammen für Dritte" registriert ist, Widerspruch erhoben. Ein gegen die Widerspruchsmarke selbst aus einer weiteren Marke geführtes Widerspruchsverfahren ist am 7. Mai 2005 abgeschlossen worden. Die Markenstelle für Klasse 5 des DPMA hat auf den Widerspruch aus der Marke 399 81 414 mit zwei Beschlüssen vom 29. August 2007 und vom 3. Juni 2009, von denen der Letztgenannte im Widerspruchsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr bejaht und die Löschung der angegriffenen Marke verfügt. Aus Sicht der Markenstelle liegt zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr vor. Ausgehend von der Registerlage könnten sich die Vergleichsmarken auf identischen bzw. hochgradig ähnlichen Waren begegnen. Die Widerspruchsmarke habe durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die angegriffene Marke halte den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Die Vergleichsmarken seien klanglich hochgradig ähnlich; sie stimmten nahezu vollständig überein. Damit sei ein sicheres Auseinanderhalten der Markenwörter nicht gewährleistet, und zwar auch dann, wenn man davon ausgehe, dass der Verkehr allem, was mit der Gesundheit zusammenhänge, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beimesse. Dagegen richtet sich die von der Markeninhaberin erhobene Beschwerde. Die Markeninhaberin ist der Auffassung, die Vergleichsmarken unterschieden sich schriftbildlich wie klanglich ausreichend voneinander. Der klangliche Unterschied zwischen "D" und "K" am Wortanfang, den der Verkehr in der Regel stärker beachte, sei deutlich hörbar. Zudem handele es sich bei den Vergleichsmarken um Kurzzeichen, so dass insgesamt nicht von einer Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken ausgegangen werden könne. Ferner hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 28. Juli 2010 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. August 2007 und vom 3. Juni 2009 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 nicht erschienene Widersprechende hat schriftsätzlich beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Aus Sicht des Widersprechenden hat die Markenstelle die Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken fehlerfrei festgestellt. Die angegriffene Marke halte klanglich und schriftbildlich den gebotenen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. Die Vergleichsmarken unterschieden sich nur durch einen einzigen Buchstaben, bei dem es sich zudem um einen im deutschen Sprachgebrauch eher zu vernachlässigenden Konsonanten handele. Auf die von der Markeninhaberin erhobene Einrede der Nicht-Benutzung der Widerspruchsmarke hat der Widersprechende mit per Telefax eingereichtem Schriftsatz vom 18. August 2010 eine Reihe von Unterlagen, insbesondere Screenshots vom Internet-Auftritt des Widersprechenden und Abbildungen von Produktinformationen vorgelegt, die aus seiner Sicht die Benutzung der Widerspruchsmarke in Deutschland in den Jahren 2001 – 2010 belegen sollen. Die Markeninhaberin ist der Auffassung, dass diese Unterlagen ungeeignet sind, die Benutzung der Widerspruchsmarke für die insoweit registrierten Waren und Dienstleistungen glaubhaft zu machen, zumal keine eidesstattliche Versicherung eingereicht worden sei, der Umfang der Benutzung der Widerspruchsmarke sich nicht erschließe und die Unterlagen Produkte beträfen, die mit der Ware "Arzneimittel" der angegriffenen Marke nicht identisch bzw. gegenüber dieser Ware unähnlich seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Widersprechende konnte auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke für keine der für sie registrierten Waren und Dienstleistungen nach §§ 26, 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG glaubhaft machen. Aufgrund dieser gegenüber dem Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt grundlegend veränderten Sachlage waren die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen (§ 43 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 MarkenG). 1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr wegen eines Widerspruchs aus einer prioritätsälteren Marke (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 42 MarkenG) ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, Tz. 18 - PICASSO; GRUR 1998, 387, Tz. 22 - Sabèl/Puma), insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Bestreitet der Markeninhaber zulässigerweise die Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 i. V. m. § 26 MarkenG, können bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Widerspruchsmarke aber nur diejenigen Waren und Dienstleistungen berücksichtigt werden, für die der Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht hat (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). a) Die von der Markeninhaberin erhobene Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke ist zulässig. Ein die am 28. August 2000 eingetragene Widerspruchsmarke betreffendes Widerspruchsverfahren ist am 7. Mai 2005 abgeschlossen worden, so dass die Inhaberin der am 5. Juli 2002 veröffentlichten angegriffenen Marke ab dem 7. Mai 2010 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestreiten konnte (§§ 26 Abs. 5, 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Diese mit Schriftsatz vom 28. Juli 2010 erhobene Einrede der Nichtbenutzung war auch nicht als verspätet gem. den §§ 82 Abs. 1 MarkenG, 296 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Zum einen muss diese Einrede nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt erhoben werden, sondern dem Inhaber der angegriffenen Marke ist insoweit ein angemessener Zeitraum einzuräumen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 43, Rdnr. 32). Zum anderen erfolgte die Erhebung dieser Einrede ca. 3 Wochen vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. August 2010, so dass auch mit Blick auf diesen Termin der für die Beibringung der zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stehende Zeitraum nicht unangemessen oder gar unzumutbar verkürzt wurde (vgl. auch BPatG, PAVIS PROMA 26 W (pat) 127/01, wo eine zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung erhobene Nichtbenutzungseinrede als rechtzeitig erachtet wurde). b) Die vom Widersprechenden eingereichten Unterlagen sind ungeeignet, um die Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie registriert ist, glaubhaft zu machen. Gegenstand der Glaubhaftmachung sind insbesondere die funktionsgemäße Benutzung der Widerspruchsmarke, ihre Verwendung in der eingetragenen oder ggf. davon abweichenden Form, ihre Benutzung für die registrierten Waren und Dienstleistungen im maßgeblichen Zeitraum sowie der Umfang der Benutzung im Inland (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 43, Rdnr. 52). Für diese Tatsachen ist zwar im Rahmen der Glaubhaftmachung nach §§ 26, 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, 82 Abs. 1 MarkenG, 294 ZPO kein Vollbeweis erforderlich, sondern es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 43, Rdnr. 39), wobei sich der Widersprechende aller Beweismittel bedienen kann (vgl. § 294 Abs. 1 ZPO). Vor allem zu Umfang, Zeitraum und Ort der Benutzung kommt insoweit eine eidesstattliche Versicherung nach § 294 Abs. 1 ZPO in Betracht (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 43, Rdnr. 55). Eine solche eidesstattliche Versicherung hat der Widersprechende aber nicht vorgelegt, insbesondere nicht zum Umfang der Benutzung im Inland, etwa durch eidesstattlich versicherte Angaben zu im Inland erzielten Umsatz- oder Vertriebszahlen. Zu solchen Tatsachen enthalten auch die übrigen eingereichten Unterlagen nicht die geringsten Anhaltspunkte, und zwar zu keinem der Produkte, die der Widersprechende nach seinen Angaben vertreibt. Zweifelhaft ist ferner, ob die vom Widersprechenden für den hinsichtlich der Warenähnlichkeit hier kritischsten Bereich der Klasse 5 benannten Produkte im Rahmen der Subsumtions- und Integrationsfrage der Produktgruppe der pharmazeutischen Erzeugnisse zuzurechnen sind. Letztlich erschließt sich auch eine markenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarke aus den per Telefax eingereichten Unterlagen in keinster Weise. c) Nach alledem ist für keine der vom Widersprechenden beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum glaubhaft gemacht worden. Für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist daher – anders als im Verfahren vor der Markenstelle – mangels berücksichtigungsfähiger Waren oder Dienstleistungen auf Seiten der Widerspruchsmarke keine Grundlage gegeben (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle waren nach alledem aufzuheben und der Widerspruch war zurückzuweisen. 2. Die Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 MarkenG war nicht veranlasst.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006553
BPatG
München
25. Senat
20100729
25 W (pat) 163/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Gesunde Abwehr" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 024 527.1 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Gesunde Abwehr ist am 15. April 2008 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, und zwar für die folgenden Waren der Klassen 5, 30 und 32: „Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/ Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/ oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten, Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Kakao; Kakaoextrakte für Nahrungs- und Genusszwecke; Kakao-Erzeugnisse; Schokoladenpulver (auch in Mischung mit Milchpulver), insbesondere als Trinkschokoladenpulver; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; feine Back- und Konditorwaren; Schokoladenwaren; alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/ Kräutertee/ Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke.“ Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2008 024 527.1 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 3. November 2008 und vom 28. Mai 2009, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Aus Sicht der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Bezeichnung „Gesunde Abwehr“ werde bereits sachbegrifflich verwendet, und zwar als Synonym für eine „funktionierende körpereigene Abwehr“. Der Verkehr würde ähnliche Begriffe wie „Abwehrkräfte, Abwehrschwäche, körpereigene Abwehr, Immunsystem“ kennen und diese Begriffe gerade auch im Zusammenhang mit Nahrungsmitteln verwenden, denen eine die körpereigene Abwehr stärkende Wirkung zugeschrieben werde. Insbesondere gelte dies für Tees mit bestimmten Inhaltsstoffen, bei denen der Verkehr davon ausgehe, sie seien geeignet, Abwehrkräfte auf natürliche Weise zu unterstützen. Auch stünden beispielsweise bestimmte Schokoladensorten im Ruf, zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beizutragen. Der Durchschnittsverbraucher würde daher die angemeldete Wortfolge als schlagwortartigen Hinweis darauf verstehen, dass die damit gekennzeichneten Produkte helfen würden, seine körpereigene Abwehr gesund und gut funktionierend zu erhalten. Somit sei ein unmittelbar beschreibender oder jedenfalls enger Sachbezug der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich aller beanspruchter Waren zu bejahen, weil in allen derartigen Nahrungsmitteln entsprechende Inhaltsstoffe enthalten sein könnten. Dies führe dazu, dass der Verkehr die angemeldete Wortfolge nur als sachbezogenen Hinweis auf bestimmte Eigenschaften, nicht aber im Sinne eines individualisierenden Herkunftshinweises auffassen werde. Die angemeldete Bezeichnung weise kein Element auf, welches die Zuordnung zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb ermöglichen würde. Insgesamt würde ihr die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlen. Ob auch ein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe, könne letztlich dahingestellt bleiben. Der Hinweis der Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen ändere an dieser Beurteilung nichts. Zum einen lasse sich aus Voreintragungen kein Anspruch auf Eintragung herleiten. Zum anderen seien die von der Anmelderin benannten, eingetragenen Marken schon deshalb nicht mit der angemeldeten Bezeichnung vergleichbar, da diese keine bereits eingeführten Sachbezeichnungen darstellten. Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Bezeichnung sei für die beanspruchten Waren im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterscheidungskräftig. Die angemeldete Wortmarke habe weder einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt, noch stelle sie eine allgemein übliche Werbeaussage dar. „Gesund“ könne „gesundheitsbewusst, munter, bekömmlich, unverletzt, erholt etc.“ bedeuten; „Abwehr“ könne „Gegenwehr, Ablehnung, Defensive, Notwehr, Verteidigung, etc. gegen jemanden/ etwas“ bedeuten. Die Bedeutung der Wortfolge „gesunde Abwehr“ sei hingegen unklar, da eine Abwehr „gut, organisiert oder effizient“ sein könne, nicht aber „gesund“. Das Substantiv „Abwehr“ habe keinen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren. Auch bleibe offen, gegen wen oder was eine Verteidigung erfolgen solle, und inwiefern „Abwehr“ für die beanspruchten Waren beschreibend sei. Durch die Kombination beider Begriffe zu der Wortfolge „Gesunde Abwehr“ ergebe sich ebenfalls kein ausschließlich produktbeschreibender Inhalt, da kein Bezug zu den beanspruchten Waren oder zu deren Eigenschaften wie z. B. Geschmack, Inhaltsstoffen, Qualität, Zusammensetzung bestehe. Bei den von der Markenstelle genannten Fundstellen werde „Gesunde Abwehr“ nicht in Alleinstellung verwendet, sondern in Verbindung mit zusätzlichen Begriffen. Ohne diese Zusätze sei die Wortfolge „gesunde Abwehr“ jedoch originell und habe einen Hintersinn, auf welchen der Verbraucher nicht ohne analysierende Zwischenschritte stoßen würde. Der Begriff „Gesunde Abwehr“ sei zwar ein Suggestivhinweis darauf, dass das körpereigene Immunsystem gut funktioniere. Er sei aber geeignet, die beanspruchten Waren nach ihrer Herkunft aus einem bestimmten Betrieb zu individualisieren. Auch wenn der Verkehr ähnliche Begriffe wie „Abwehrkräfte, Abwehrschwäche, körpereigene Abwehr und Immunsystem“ kenne, führe dies zu keiner anderen Einschätzung. Der Begriff „Gesunde Abwehr“ sei, wie sich aus der Auflistung der Markenstelle ergebe, gerade keine hinreichend bekannte Bezeichnung, welche in Bezug auf entsprechende Nahrungsmitteln im Verkehr verwendet werde, um eine „die Abwehr stärkende Wirkung“ zu beschreiben. Die angemeldete Marke sei eine prägnante, schlagwortartige Wortfolge. Unterscheidungskraft könne nur dann verneint werden, wenn der konkrete Sinngehalt in Bezug auf die konkreten Waren nach der Verkehrsauffassung dazu führen würde, dass eine Sachangabe über die Waren angenommen würde. Da der Wortfolge „Gesunde Abwehr“ keine konkrete Aussage über die gekennzeichneten Waren entnommen werden könne, sondern sie allenfalls Assoziationen wecke, sei sie kennzeichnungskräftig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle handele es sich auch nicht um eine eingeführte Sachbezeichnung. Schließlich liege auch kein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vor, da der Bezeichnung „Gesunde Abwehr“ für die beanspruchten Waren kein beschreibender Aussagegehalt hinsichtlich Art und Beschaffenheit der Waren zukomme. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. November 2008 und vom 28. Mai 2009 aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die angemeldete Marke weist entgegen der Auffassung der Anmelderin keine Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] „Henkel“; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] - „FUSSBALL WM 2006“). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, 854 [Tz. 19] - „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] „Postkantoor“). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 [Tz. 60] - Libertel). Dementsprechend hat der EuGH mehrfach eine strenge und vollständige, nicht auf ein Mindestmaß beschränkte Prüfung von absoluten Schutzhindernissen angemahnt, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2003, 606 [Tz. 59] - Libertel; GRUR 2004, 674 [Tz. 45] - Postkantoor; GRUR 2004, 1027 [Tz. 45] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Auch der BGH hat klargestellt, dass nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf; vielmehr sind die Gesichtspunkte umfassend zu würdigen, wobei im Rahmen der strengen und umfassenden Prüfung zu berücksichtigen ist, dass auch eine geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2009, 949 [Tz. 11] - My World). Werbeslogans und sonstige schlagwortartigen Wortfolgen - wie die vorliegend als Marke angemeldete Wortfolge „Gesunde Abwehr“ - sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft wie andere Wortmarken zu behandeln. Sie unterliegen keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 143 m. w. N.). Allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, reicht - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Es ist auch nicht erforderlich, dass Slogans oder schlagwortartige Wortfolgen einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, sofern sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 45 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Slogans und schlagwortartige Wortfolgen unterliegen aber auch keinen geringeren Schutzvoraussetzungen. So ist auch bei schlagwortartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug im eingangs dargelegten Sinn hinsichtlich der jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr in Slogans oder schlagwortartigen Wortfolgen regelmäßig dann keinen Herkunftshinweis sieht, wenn diese eine bloße Werbefunktion ausüben - diese kann z. B. darin bestehen, die Qualität der betreffenden Waren oder Dienstleistungen anzupreisen - es sei denn, dass die Werbefunktion im Vergleich zu ihrer behaupteten Herkunftsfunktion offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Tz. 35 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Diese Grundsätze werden durch die Entscheidung des EuGH in GRUR 2010, 228 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK nicht entscheidend modifiziert. Auch wenn allein aus der Tatsache, dass es sich bei dem jeweiligen Zeichen um einen Werbeslogan oder um eine schlagwortartige Wortfolge handelt, nicht auf die fehlende Schutzfähigkeit dieses Zeichens geschlossen werden kann, so setzt die Bejahung der Unterscheidungskraft unverändert voraus, dass das Zeichen geeignet sein muss, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 44 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die jeweilige Marke nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung besteht, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweist, die ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH GRUR 2010, 228, Tz. 57 - VORSPRUNG DURCH TECHNIK). Ausgehend von diesen Grundsätzen weist die angemeldete Wortfolge „Gesunde Abwehr“ in Bezug auf die beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft auf. Die Wortfolge „Gesunde Abwehr“ stellt in ihrer Gesamtheit eine Sachaussage dar, die auf ein gutes, funktionierendes Immunsystem beim Menschen hinweist, in diesem Sinne ohne weiteres verständlich ist und im Verkehr auch so verwendet wird. Dies wird durch die von der Markenstelle aufgezeigten Fundstellen auch hinreichend belegt (vgl. Bl. 7 ff. und Bl. 57 ff. der Amtsakte). Gerade zur Herstellung einer „gesunden Abwehr“ wird auf die Ernährung als wichtigem Faktor zur Herstellung und Erhaltung des menschlichen Immunsystems hingewiesen (vgl. Bl. 11, 13, 61 ff. der Amtsakte). Vor diesem Hintergrund wird der Verkehr und hier insbesondere der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Endverbraucher in dem Gesamtbegriff „Gesunde Abwehr“, wenn ihm dieser auf den hier beanspruchten Waren begegnet, ohne den geringsten Interpretationsaufwand eine sachbezogene Aussage erkennen, die ihn schlagwortartig darauf hinweist, dass der Konsum dieser Waren die Herstellung und Erhaltung des eigenen Immunsystems fördert. Insbesondere im Zusammenhang mit den Waren „Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für medizinische Zwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee und teeähnliche Erzeugnisse (Kräutertees und Früchtetees) für Genusszwecke, auch vitaminisiert und/oder aromatisiert und/oder instantisiert und/oder mineralisiert; Tee-Extrakte; Eistee; Getränke mit oder auf der Basis von Tee/ Kräutertee/Früchtetee (auch in trinkfertiger Form und/oder Beimischung von Fruchtgetränken und/oder Fruchtsäften); Zubereitungen überwiegend bestehend aus Tee-Extrakten und/oder Extrakten aus teeähnlichen Erzeugnissen in pulverisierter und/ oder granulierter und/oder instantisierter Form, auch aromatisiert und/oder vitaminisiert und/oder mineralisiert und/oder mit Gewürzen und/oder Milchbestandteilen und/oder weiteren Zutaten; alkoholfreie Getränke, insbesondere Getränke unter Beimischung von Tee/ Kräutertee/ Früchtetee; Energie-Getränke (Energy-Drinks); Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer“ handelt es sich bei der Wortfolge „Gesunde Abwehr“ um eine im vorgenannten Sinne deutlich beschreibende, naheliegende und von den beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres als solche zu verstehende Sachaussage. Denn diese Waren werden nicht nur zu Genusszwecken konsumiert, sondern können regelmäßig zumindest auch zur Erhaltung einer „gesunden Abwehr“ im Sinne eines gut funktionierenden Immunsystems verwendet werden; zumindest haben diese Eigenschaften für die Endverbraucher beim Erwerb solcher Waren häufig diese Bedeutung. Mit der Wortfolge „Gesunde Abwehr“ wird daher nichts anderes in einer anpreisenden Weise zum Ausdruck gebracht als die Beschaffenheit und die Eigenschaften dieser Waren, und zwar als Nahrungsmittel bzw. Getränke, die für die Erhaltung und Förderung des Immunsystems bestimmt und geeignet sind. Diese Bedeutung drängt sich den beteiligten Verkehrskreisen bei den vorgenannten Waren geradezu auf und bedarf keiner analysierenden Betrachtungsweise. In einer derart naheliegenden, als solche sich ohne weiteres erschließenden Sachangabe, die sich auf die Beschaffenheit und die Eigenschaften der beanspruchten Waren bezieht, wird der Verkehr keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft dieser Waren sehen. Das gleiche gilt, soweit es um die übrigen Waren „Getränkepulver und Fertiggetränke (soweit in Klasse 30 enthalten), insbesondere auf der Basis von Tee, Tee-Extrakten, Kaffee, Kaffee-Extrakten, Kaffee-Ersatzmitteln, Kaffee-Ersatzmittelextrakten, Kakao, Malz, Zucker, Zuckerersatzmitteln, Zichorie und/oder anderen geschmackgebenden Zutaten (jeweils einzeln und/oder in Kombination miteinander); Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Instantgetränkepulver zur Herstellung alkoholfreier Getränke; Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke, Kakao; Kakaoextrakte für Nahrungs- und Genusszwecke; Kakao-Erzeugnisse; Schokoladenpulver (auch in Mischung mit Milchpulver), insbesondere als Trinkschokoladenpulver; Kaffee; Kaffee-Ersatzmittel; Zuckerwaren; feine Back- und Konditorwaren; Schokoladenwaren“ geht. Auch in Bezug auf diese Waren stellt die Wortfolge „Gesunde Abwehr“ eine rein sachbezogene Aussage hinsichtlich Beschaffenheit und Eigenschaften dieser Waren dar. Zum einen handelt sich bei den beanspruchten Waren „Getränkepulver und Fertiggetränke, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, Instantgetränkepulver, Extrakte und Essenzen zur Herstellung alkoholfreier Getränke“ um Zubereitungen und Extrakte, aus denen Getränke, die aus Sicht des Verkehrs im o. g. Sinne zur Erhaltung und Förderung des Immunsystems beitragen können, hergestellt werden können. Zum anderen können die Waren „Kakao- und Schokoladengetränke“ und die in diesem Zusammenhang beanspruchten Zubereitungen und Getränkepulver vor allem Kindern als Heißgetränke etwa bei kalter Witterung auch mit dem Ziel der Erhaltung und Förderung des Immunsystems gegeben werden. Bei den Waren „Kaffee- und Kaffee-Ersatzmittel“ achten die Verbraucher gerade auch mit Blick auf den Schutz des eigenen Immunsystems auf Herkunft, Herstellung und Zusammensetzung, so z. B. bei Bio-Produkten, so dass der Verkehr in der angemeldeten Wortfolge auch in Bezug auf diese Waren eine werbliche Anpreisung als „für die Erhaltung und Förderung des Immunsystems geeignet“ sehen wird. Gleiches gilt auch in Bezug auf die Waren „Zuckerwaren und feine Back- und Konditorwaren“, wo z. B. die Verwendung von Traubenzucker bzw. von Vollkornprodukten für die körpereigene Abwehr von Belang sein kann. Schließlich kann auch die ebenfalls beanspruchte Ware „Schokolade“ Inhaltsstoffe enthalten, die die Gesundheit und die körpereigene Abwehr fördern können, wie dies auch bereits von der Markenstelle belegt wurde (vgl. Bl. 62 der Amtsakte). Soweit die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach und zuletzt auf ein dahingehend gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen ausdrücklich nochmals bestätigt (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093, Tz. 18) - Marlene-Dietrich-Bildnis I; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya mit ausführlicher Begründung und mit zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen). Mehrere Senate des BPatG, u.a. auch der erkennende Senat, haben sich zur Frage der Voreintragungen in letzter Zeit intensiv auseinandergesetzt (vgl. dazu GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt), wobei in diesen Entscheidungen teilweise darauf hingewiesen wird, dass sich auch Äußerungen zur Schutzfähigkeit von im Register eingetragenen Marken verbieten, weil diese Marken durch ihre Nennung nicht verfahrensgegenständlich werden und deren Inhaber nach den markenrechtlichen Verfahrensbestimmungen auch nicht am Verfahren beteiligt werden können. Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Die angemeldete Wortfolge weist somit zu allen beanspruchten Waren einen zumindest engen beschreibenden Bezug auf, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Aus den vorgenannten Gründen spricht auch einiges dafür, dass der angemeldeten Wortfolge jedenfalls überwiegend das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht; dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Die Beschwerde bleibt daher ohne Erfolg.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006553&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006554
BPatG
München
29. Senat
20100519
29 W (pat) 21/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 MarkenG, § 43 MarkenG, § 125b Nr 1 MarkenG, § 125b Nr 4 MarkenG, Art 15 EGV 40/94
nachgehend BGH, 7. Juli 2011, Az: I ZB 68/10, Beschluss
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Medicus.log/medicus (Gemeinschaftsmarke, Wort-Bild-Marke)" – zur rechtserhaltenden Benutzung - keine Warenähnlichkeit – keine Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 304 33 479 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen das für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 5: Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; medizinische Ver- und Gebrauchsstoffe, soweit in Klasse 5 enthalten, insbesondere Bandagen für Verbandszwecke, Baumwolle für medizinische Zwecke, chemische Leiter für elektrokardiografische Elektroden, Desinfektionsmittel für hygienische Zwecke, Gase für medizinische Zwecke, Heftpflaster, Klebebänder für medizinische Zwecke, Lösungsmittel zum Entfernen von Heftpflaster, Mittel für die Behandlung von Verbrennungen, Moor für Bäder, Moor für medizinische Zwecke, Scharpie (Wundgaze) für medizinische Zwecke, Vaseline (Erdölgelee) für medizinische Zwecke, Verbandgaze, Verbandkästen (gefüllt), Verbandstoffe, Verbandwatte, Windeln für Inkontinente, Wundschwämme; Klasse 10: chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial; medizinische Ver- und Gebrauchsstoffe, soweit in Klasse 10 enthalten, insbesondere Akupunkturnadeln, Arztkoffer (gefüllt), Atemgeräte für die künstliche Beatmung, Behälter zur Verabreichung von Arzneimitteln, Blutdruckmeßgeräte, chirurgische Apparate und Instrumente, chirurgische Fäden, chirurgische Messerschmiedewaren, chirurgische Nadeln, chirurgische Schwämme, Defibrillationsgeräte, Eisbeutel für medizinische Zwecke, Elektroakupunkturgeräte, Elektroden für medizinische Zwecke, Fingerlinge für medizinische Zwecke, Handschuhe für medizinische Zwecke, Harnflaschen (Urinale), Harnröhrensonden, Harnröhrenspritzen, Infusionsgeräte, Inhalationsapparate, Injektionsspritzen für medizinische Zwecke, Inkubatoren für Säuglinge, Kanülen, Katheder, Koffer für Ärzte und Chirurgen, Kompressoren (Chirurgie), Krankentragen, Krankenunterlagen, Lampen für medizinische Zwecke, Löffel für Arzneien, Masken für medizinisches Personal, Messer für chirurgische Zwecke, Nabelbinden, Nadeln für medizinische Zwecke, Ohrreinigungsgeräte, Ophtalmoskope, OP-Kleidung, orthopädische Artikel, orthopädische Kniebandagen, Sägen für chirurgische Zwecke, Saugflaschen, Scheren für chirurgische Zwecke, Skalpelle, Sonden für medizinische Zwecke, Spezialkoffer für medizinische Instrumente, Spirometer (medizinische Geräte), Spritzen für medizinische Zwecke, sterile Tücher (Operationsfelder), Stethoskope, Tropfenzähler für medizinische Zwecke, Tropfenzählfläschchen für medizinische Zwecke, Unterlagen für Inkontinente, Wundklammern; Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Organisationsberatung und betriebswirtschaftliche Beratung einschließlich Einkaufsberatung; Dienstleistungen einer Einkaufsagentur, nämlich Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung von Waren, Dienstleistungen einer Einkaufsagentur, nämlich Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen, Preisermittlung für Waren und Dienstleistungen und Preisvergleichsdienste; Dienstleistungen einer Preisagentur, nämlich Ermittlung, Vergleich und Aushandeln von Preisen für Waren und Dienstleistungen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften betreffend Waren und Dienstleistungen für Dritte, betriebswirtschaftliche Überprüfung und Überwachung der Ausführung von Handelsgeschäften für Dritte; Vermittlung und Abschluss von Verträgen über den Ankauf von medizinischen Ver- und Gebrauchsstoffen für Dritte; Organisationsberatung betreffend Transportwesen, Verpackung und Lagerung von Waren sowie Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor; Klasse 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor; Auslieferung von Waren, nämlich von medizinischen Ver- und Gebrauchsstoffen; am 9. Juni 2004 angemeldete und am 9. Dezember 2004 unter der Nummer 304 334 79 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragene Wortzeichen Medicus.log dessen Eintragung am 14. Januar 2005 veröffentlicht wurde, hat der Inhaber der älteren, am 25. August 2004 für die Waren der Klasse 3: Putz- und Poliermittel, insbesondere für Schuhwaren; Klasse 5: Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; Klasse 10: Orthopädische Artikel, einschließlich orthopädische Schuhwaren; Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Häute und Felle; Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Klasse 25: Bekleidungsstücke, auch für Sport- und Freizeitzwecke; Schuhwaren, insbesondere Schuhe, Hausschuhe, Sandalen und Stiefel, auch Freizeit-, Kinder- und Sportschuhe, Berufs- und Regenstiefel, Einlegesohlen; Kopfbedeckungen; unter der Nummer 002786994 eingetragenen Gemeinschaftswort-/bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Widerspruch erhoben. Mit seinem am 3. September 2009 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 2. September 2009 hat der Inhaber der angegriffenen Marke bestritten, dass die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt werde. Mit den Beschlüssen vom 20. März 2007 und 15. Juli 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, nach der maßgeblichen Registerlage bestehe zwischen den Waren der Klassen 5 und 10 teilweise Identität und im Übrigen Ähnlichkeit. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei als durchschnittlich einzustufen. Dem Bestandteil "Medicus" mit der Bedeutung "Arzt" bzw. "Doktor" komme innerhalb der jüngeren Gesamtmarke keine selbständig kollisionsbegründende Stellung zu, weil seine Kennzeichnungskraft durch seinen in Bezug auf die angemeldeten Waren beschreibenden Charakter und aufgrund der Verwendung dieser Bezeichnung von einer nicht unbeachtlichen Zahl von Mitbewerbern für entsprechende Produkte geschwächt sei. Der wie bei einer Internetadresse mit einem Punkt angebundene Bestandteil "log" habe vielfältige Bedeutungen, aber keine im medizinischen Bereich, so dass er mangels beschreibender Aussage neben "Medicus" gleiches Gewicht einnehme. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse des DPMA vom 20. März 2007 und 15. Juli 2008 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Sie vertritt die Ansicht, dem Markenbestandteil "Medicus" in der jüngeren Marke komme eine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Seine Kennzeichnungskraft werde nicht durch Drittzeichen geschwächt, weil noch nicht einmal vier vorhanden seien und auch deren Benutzung nicht nachgewiesen sei. Das Wortelement "medicus" sei nicht glatt beschreibend, weil erst mittels weiterer Denkvorgänge auf die Art der Waren geschlossen werden könne. Der einsilbige und angehängte Zusatz ".log" sei ein reiner Appendix, der zumindest für die von der jüngeren Marke angebotenen Logistikdienstleistungen, die Schuhwaren betreffen könnten, als glatt beschreibend anzusehen sei. Er weise ferner auf eine Protokolldatei, eine sogenannte Logdatei, hin. Solche auf den PC- oder Internetbereich bezogenen Kürzel seien aber generell außerordentlich kennzeichnungsschwach. Zudem sei die jüngere Marke wie eine Domain gebildet, wobei das Suffix ".log" allein als eine Top Level Domain und damit als nicht kennzeichnungskräftig wirke. Um die Benutzung ihrer Marke für die Waren "orthopädische Schuhwaren; Schuhwaren" glaubhaft zu machen, hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der D… GmbH & Co. KG in E… (nachfolgend: HDS-KG; Anlage 1, Bl. 49 - 51 GA) vorgelegt, welche aufgrund ihrer am 12. Dezember 2003 abgegebenen Zustimmung (Anlage 1 zu Anlage 1, Bl. 52 - 73 GA) berechtigt sei, die Widerspruchsmarke für die vorgenannten Waren zu nutzen, was ausschließlich im Eigenvertrieb in über … Filialen in Deutschland erfolge. Die Widerspruchsmarke werde auf dem Fußbett (Innensohle; Prospekt April/2009, Seite 2) und alternativ oder zusätzlich in Form einer nach außen sichtbaren Lederprägung, insbesondere bei Klettverschlüssen (Prospekt April 2007, Seite 2), abgebildet, was die überreichten Prospekte und Beileger aus dem Zeitraum Oktober 2005 bis Oktober 2009 (Anlagenkonvolut 4, Bl. 77 GA) zeigten. Wegen der Anzahl der im Zeitraum 2007 bis 30. September 2009 verkauften Schuhpaare und der damit erzielten Umsätze wird auf Seite 2 der eidesstattlichen Versicherung (Bl. 50 GA) Bezug genommen. Im Hinblick darauf, dass die am 8. November 1909 eingetragene deutsche Wortmarke "Medicus" Nr. 123 201 (Anlage 2 zu Anlage 1, Bl. 73, 74 GA; Anlage 3 zu Anlage 1, Bl. 75, 76 GA) im Jahre 2009 ihr 100-jähriges Jubiläum gefeiert habe, und aufgrund der mitgeteilten Umsätze komme der Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Nach einer Umfrage eines bekannten Marktforschungsinstituts zur Bekanntheit von Schuhmarken (Anlage 2, Bl. 78 ff. GA) sei für die Widerspruchsmarke ein Bekanntheitsgrad zwischen … % und … % mit steigender Tendenz von Mai 2005 bis Mai 2009 festgestellt worden (Anlage 2, Bl. 79 GA). Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er ist der Ansicht, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei weder für "orthopädische Schuhwaren; Schuhwaren" noch für die anderen Widerspruchswaren glaubhaft gemacht worden. Es sei bereits fraglich, ob die in der eidesstattlichen Versicherung genannte Benutzung durch die HDS-KG der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. In der eidesstattlichen Versicherung werde nur auf die deutsche Wortmarke "Medicus" Nr. 123 201 Bezug genommen, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sei. Bei der Angabe der Paarzahl verkaufter Schuhe und der Umsätze werde nicht darauf eingegangen, mit welcher Marke diese gekennzeichnet gewesen seien, obwohl zuvor nur von der Wortmarke "Medicus" Nr. 123 201 die Rede gewesen sei und die Beschwerdeführerin über eine Vielzahl anderer Wort- und Bildmarken mit dem Bestandteil "Medicus" verfüge (Anlage 2 zu Anlage 1, Bl. 55 - 72 GA). Der eidesstattlichen Versicherung lasse sich daher nicht entnehmen, in welchem Umfang die Widerspruchsmarke, deren kennzeichnender Charakter durch die grafische Gestaltung bestimmt werde, in der eingetragenen Form benutzt worden sei. Belege für die Anbringung der Widerspruchsmarke auf dem Fußbett fehlten. Als nach außen sichtbare Lederprägung, insbesondere bei Klettverschlüssen, sei nicht die Widerspruchsmarke, sondern nur das Wort "Medicus" zu erkennen. Die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung bezögen sich nur auf Schuhwaren und nicht auf "orthopädische Schuhwaren", welche nach ärztlicher Verordnung individuell vom Orthopädieschuhtechniker angefertigt ( http://de.wikipedia.org/wiki/Leisten , Anlage zum Schriftsatz vom 28. April 2010, Bl. 110, 111 GA) und von der HDS-KG nicht vertrieben würden, so dass es auch insoweit an einer Glaubhaftmachung fehle. Die Umfrage des Marktforschungsinstituts habe keine Aussagekraft, weil zum einen Informationen darüber fehlten, von wem und auf welche Weise diese Umfrage durchgeführt worden sei und zum anderen die Auflistung lediglich die deutsche Wortmarke "Medicus" Nr. 123 201 und nicht die Widerspruchsmarke enthalte. Selbst wenn von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für "Schuhwaren" ausgegangen würde, fehle es an einer Ähnlichkeit der "Schuhwaren" zu den Waren und Dienstleistungen ihrer Marke. Eine Prägung ihrer Marke durch den Be-standteil "Medicus" scheide nicht zuletzt aufgrund des beschreibenden Anklangs dieses Zeichenelements für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen aus, soweit sie sich auf medizinische Ver- und Gebrauchsstoffe bezögen. Hierauf erwidert die Widersprechende, dass mangels Angabe von Gründen die vom Beschwerdegegner geäußerten Zweifel an der Nutzungsberechtigung der HDS-KG unsubstantiiert seien. Die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung bezögen sich, wie aus deren Präambel ersichtlich, ausdrücklich auf die Widerspruchsmarke. Durch den Verweis auf die deutsche Wortmarke "Medicus" Nr. 123 201 sei nur verdeutlicht worden, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine bereits seit mehr als 100 Jahren bestehende Marke handele. Die Art ihrer Benutzung sei daher in der eidesstattlichen Versicherung in Verbindung mit dem Anlagenkonvolut 4 angegeben. Die Benutzung der Widerspruchsmarke auf dem Fußbett zeige den Prospekt vom April 2006, Seite 2, obere Hälfte (Bl. 77 GA). "Orthopädische Schuhwaren" seien Schuhwaren, welche über ein orthopädisches Fußbett verfügten, was bei ihren Schuhwaren der Fall sei, wie der Prospekt von April 2006 belege, der auf ein "anatomisch geformtes und herausnehmbares Fußbett" sowie "gelenkschonende Luftpolstersohlen" hinweise. Die Definition im Online-Lexikon "Wikipedia" sei nicht zutreffend und habe allenfalls geringen Beweiswert. Identität oder hochgradige Ähnlichkeit bestehe zwischen den rechtserhaltend benutzten "orthopädischen Schuhwaren; Schuhwaren" und den zweimal in Klasse 10 aufgeführten "orthopädischen Artikeln" der angegriffenen Marke. Eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit zu den benutzten Widerspruchswaren wiesen auch die in Klasse 10 eingetragenen "orthopädischen Kniebandagen" der jüngeren Marke auf. Das gelte auch für die in Klasse 5 eingetragenen "Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; Pflaster; Verbandmaterial; Desinfektionsmittel" der jüngeren Marke, weil sie klassische Ergänzungsprodukte zu den benutzten Widerspruchswaren seien und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pflege der Füße stünden. Denn ihre benutzten Waren genügten einem hohen orthopädischen Anspruch und seien als Gesundheits- oder Komfortschuhe zu bezeichnen, welche diese in die Nähe der Waren der Klasse 5 rücke. Letztere sowie Schuhwaren würden auch in orthopädischen Schuhgeschäften nebeneinander angeboten und vertrieben. Eine entferntere Ähnlichkeit liege auch zwischen den benutzten Widerspruchswaren und den für die jüngere Marke geschützten Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 vor. In der mündlichen Verhandlung hat sie drei Abbildungen von Überziehschuhen zur orthopädischen oder ärztlichen Verwendung (Bl. 132 -134 GA) vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Gemeinschaftsmarke gemäß § 43 Abs. 1, § 125b Ziffer 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 der Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) für "orthopädische Schuhwaren" nicht glaubhaft gemacht hat und hinsichtlich der glaubhaft gemachten rechtserhaltenden Benutzung der Marke für "Schuhwaren" eine Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2, 125b Ziffer 1 MarkenG wegen Warenunähnlichkeit ausscheidet. 1. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Da er die Einrede erhoben hat, ohne präzise die Vorschrift zu zitieren, ist in ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Einrede beide Zeiträume des §§ 43 Abs. 1 Satz 1 und 2, 125b Ziffer 4 MarkenG umfassen soll (BGH GRUR 1998, 938 - DRAGON; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 43 Rdnr. 12; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43 Rdnr. 19; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 560). 2. Das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 125b Ziffer 4 MarkenG ist unzulässig, weil die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit ihrer Eintragung am 25. August 2004 zu laufen begann, erst nach der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 14. Januar 2005 endete. 3. Da der Inhaber der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede aber ohne Beschränkung erhoben hat, ist sie zumindest gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 125b Ziffer 4 MarkenG zulässig, so dass es der Widersprechenden obliegt, glaubhaft zu machen, dass ihre Marke innerhalb der letzten … Jah re vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren gemäß Art. 15 GMV innerhalb der Gemeinschaft ernsthaft benutzt worden ist. a) Die Widersprechende muss daher im vorliegenden Fall eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke im EU-Gebiet, allerdings nicht notwendig in allen Mitgliedstaaten, für den Zeitraum vom 19. Mai 2005 bis um 19. Mai 2010 nach Art, Zeit und Umfang glaubhaft machen. Dabei stellen eidesstattliche Versicherungen einer mit den Benutzungsverhältnissen vertrauten natürlichen Person zusammen mit weiteren Unterlagen grundsätzlich geeignete Mittel zur Glaubhaftmachung einer bestrittenen Markenbenutzung im Sinne von §§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, 294 Abs. 1 ZPO dar. aa) Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung die eidesstattliche Versicherung des seit dem 1. Januar 2000 amtierenden Geschäftsführers der HDS-KG (Anlage 1, Bl. 49 - 51 GA) vorgelegt, welche aufgrund ihrer am 12. Dezember 2003 abgegebenen Zustimmung (Anlage 1 zu Anlage 1, Bl. 52 - 73 GA) berechtigt ist, die Widerspruchsmarke für die vorgenannten Waren zu nutzen. Da gemäß Art. 15 Abs. 3 GMV die Benutzung der Gemeinschaftsmarke mit Zustimmung des Inhabers als Benutzung durch den Inhaber gilt, reicht die Benutzung durch die HDS-KG entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners aus. bb) Hinsichtlich der Art der Benutzung der Widerspruchsmarke nimmt die eidesstattliche Versicherung auf die beigefügten Prospekte und Beileger aus dem Zeitraum Oktober 2005 bis Oktober 2009 (Anlagenkonvolut 4, Bl. 77 GA) Bezug. aaa) Dass die Innensohle bzw. das Fußbett von Schuhwaren mit einem der Gemeinschaftsmarke ähnlichen Aufdruck versehen waren, wird belegt - bei mehreren Damensandalen durch Seite 2 des Prospekts 1. Halbjahr 2006, - bei zwei Damensportschuhen durch Seite 2 des Beilegers 1. Halbjahr 2008 und bei einem weißen Damenhalbschuh durch Seite 3 und einer schwarzen Damensandale durch Seite 8 desselben Beilegers, - bei einer braunen Damensandale durch Seite 2 Mitte des Prospekts 1. Halbjahr 2009, - bei einem weißen Damenhalbschuh durch Seite 4 des Beilegers 1. Halbjahr 2009 sowie - bei einem braunen Damenhalbschuh durch Seite 4 des Beilegers 2. Halbjahr 2009 und bei einem braunen Damensportschuh durch Seite 7 desselben Beilegers. bbb) Allerdings stimmt dieser Aufdruck nicht vollständig mit der Widerspruchsmarke überein: Statt einem schwarzen Bogen wird ein brauner oder weißer Bogen abgebildet, der in seiner Form statt links dick beginnend und rechts dünn auslaufend mit einer Krümmung anders ausgestaltet ist, nämlich links dünn beginnend und rechts dick auslaufend mit zwei Krümmungen. Hinzu kommt, dass die abgebildete Laufrichtung der Buchstaben nicht wie bei der Widerspruchsmarke nach unten, sondern nach oben ausgerichtet ist. Gemäß Art. 15 Abs. 2 a) GMV gilt als Benutzung der Gemeinschaftsmarke aber auch die Benutzung in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird. Davon ist auszugehen, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dieselbe Marke ansehen und der grafischen Veränderung keine eigene maßgeblich kennzeichnende Wirkung beimessen wird (vgl. zur vergleichbaren Vorschrift des § 26 Abs. 3 MarkenG: BGH GRUR 2008, 616, 617 Rdnr. 12 - AKZENTA; GRUR 2008, 719, 721 Rdnr. 24 - idw Informationsdienst Wissenschaft). Eine zulässige Veränderung ist daher anzunehmen, wenn es sich lediglich um Modernisierungen in Schrift und Bild handelt, welche die wesentlichen gestalterischen Elemente aber beibehalten. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine zwar durch modernere grafische Gestaltung veränderte Widerspruchsmarke, die aber nach wie vor als solche objektiv erkennbar bleibt. Da die grafischen Unterschiede den Gesamteindruck daher nicht beeinträchtigen, ist eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke, auch in der abgewandelten Form, für Schuhwaren anzunehmen. ccc) Soweit aber auf Seite 2 des Prospekts 1. Halbjahr 2007 und auf Seite 8 des Beilegers 1. Halbjahr 2007 auf dem Klettverschluss ein- und derselben Damensandale "medicus" eingestanzt ist, kann dies nicht als Beleg für eine rechtserhaltende Benutzung angesehen werden, weil aufgrund das Fehlens jeglichen grafischen Elements der Gemeinschaftswort-/bildmarke nicht mehr von einer zulässigen Abwandlung im Sinne von Art. 15 Abs. 2 a) GMV ausgegangen werden kann. ddd) Für die Benutzung der Widerspruchsmarke bei orthopädischen Schuhwaren fehlt es an jeglichem Beleg. Der Umstand, dass der Geschäftsführer der HDS-KG eidesstattlich pauschal versichert hat, dass die Widerspruchsmarke sowohl für orthopädische Schuhwaren als auch für Schuhwaren innerhalb der letzten Jahrzehnte ununterbrochen benutzt worden sei, reicht ohne konkreten Sachvortrag und die Vorlage entsprechender Belege, wie Kataloge, Prospekte, Warenproben etc., nicht aus. In den überreichten Prospekten und Beilegern werden keine orthopädischen Schuhwaren abgebildet oder beworben. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung anhand überreichter Recherchebelege des Senats und einschlägiger Fachbücher (Bl. 135 - 154 GA) eingehend erörtert, handelt es sich bei orthopädischen Schuhen um Maßanfertigungen eines Orthopädieschuhmachers auf ärztliche Verordnung. Der orthopädische Maßschuh wird über einen individuell für den Kunden angefertigten Leisten hergestellt (Baumgartner/Stinus, Die orthopädie-technische Versorgung des Fußes, 3. Aufl., S. 241, Bl. 144 GA). Der orthopädische Serienschuh ist in Verordnung und Abgabe dem orthopädischen Maßschuh gleichgestellt und wird ebenfalls ausschließlich vom Orthopädieschuhmacher angepasst. Orthopädische Serienschuhe werden von der Schuhindustrie als so genannte Halbfabrikate für die Bedürfnisse der Orthopädieschuhtechnik vorgefertigt angeboten oder vom Orthopädieschuhmacher im Baukastensystem vorbereitet. Anschließend werden eine individuell angefertigte und sorgfältig angepasste Fußbettung eingebaut und therapeutisch, funktionell und statisch notwendige Schuhzurichtungen integriert (Baumgartner/Stinus, a. a. O., S. 240, Bl. 143 GA). Dass die HDS-KG solche individuell anzufertigenden Schuhe in ihren Filialen anbietet, hat die Widersprechende weder konkret vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Soweit die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung Abbildungen von Überziehschuhen zur orthopädischen und ärztlichen Verwendung vorgelegt hat, handelt es sich zum einen nicht um orthopädische Schuhe, zum anderen ist nicht erkennbar, dass diese Waren unter der Widerspruchsmarke vertrieben werden. cc) Der eidesstattlichen Versicherung ist auch zu entnehmen, dass die HDS-KG durch Verkauf von Schuhen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den Jahren 2007 und 2008 jeweils mindestens … Mio. €, davon mindestens … bzw. … Mio. € in Deutschland, und vom 1. Januar bis 30. September 2009 mindestens … Mio. €, davon mindestens … Mio. € in Deutschland, umgesetzt hat. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners beziehen sich sämtliche Angaben zu Art, Umfang und Dauer der Benutzung ausweislich der Präambel der eidesstattlichen Versicherung und dem im Zusammenhang mit dem Hinweis auf das 100-jährige Jubiläum klarstellenden Zusatz, dass es sich bei dem Jubilar um die deutsche "Marke 123 201 "Medicus" (Wortmarke)" handelt, ausschließlich auf die streitgegenständliche Widerspruchsmarke. Allerdings differenziert die eidesstattliche Versicherung bei diesen Angaben nicht zwischen orthopädischen (Klasse 10) und (normalen) Schuhwaren (Klasse 25). Da aber die HDS-KG keine orthopädischen Schuhe im Sinne der vorgenannten Definition vertreibt, kann zugunsten der Widerspre-chenden unterstellt werden, dass sich die angegebenen Daten ausschließlich auf (normale) Schuhwaren beziehen und der Geschäftsführer der HDS-KG den Begriff der orthopädischen Schuhe einfach auf die unter "medicus" vertriebenen "Gesundheits- oder Komfortschuhe" aus sehr weichem Leder mit anatomisch geformtem, herausnehmbarem Lederfußbett und gelenkschonenden Luftpolstersohlen übertragen hat. dd) Mit den Prospekten und Beilegern von 2006 bis 2009 sowie den Umsatzzahlen von 2007 bis 2009 deckt die Widersprechende in Bezug auf die "Schuhwaren" den relevanten Benutzungszeitraum von Mai 2005 bis Mai 2010 auch der Dauer nach ausreichend ab, weil die Benutzung nicht während des gesamten Fünfjahreszeitraumes erfolgt sein muss. Ohne dass es auf eine absolute zeitliche Festlegung ankommt, ist vielmehr entscheidend, ob in Berücksichtigung sämtlicher, für eine wirtschaftliche Verwendung der Marke in der einschlägigen Branche maßgeblicher Tatsachen und Umstände von einer ernsthaften Benutzung und nicht nur von bloßen Scheinhandlungen auszugehen ist (EuGH GRUR 2008, 343, 346 Rdnr. 72 - Il Ponte Finanzaria Spa/HABM; Ingerl/Rhonke a. a. O. § 26 Rdnr. 161; Ströbele/Hacker a. a. O. § 26 Rdnr. 51). 4. Selbst wenn man daher davon ausgeht, dass die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke innerhalb der Gemeinschaft für "Schuhwaren" hinreichend glaubhaft gemacht hat, scheidet eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken aufgrund von Warenunähnlich-keit aus. Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN, GRUR 2004, 601 - d-c-fix/CD-FIX; EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rdnr. 65 - Edition Albert René). Die für die Widerspruchsmarke in Klasse 25 eingetragenen Schuhwaren könnten nur mit den in Klasse 10 für die angegriffene Marke geschützten "orthopädischen Artikeln" in Verbindung gebracht werden, weil unter diesen Begriff auch orthopädische Schuhe fallen. Aber, wie bereits eingehend dargelegt, unterscheiden sich "Schuhwaren" von "orthopädischen Schuhwaren" sowohl im Herstellungsprozess als auch in ihrem Vertriebsweg. Während "Schuhwaren" regelmäßig industriell gefertigt und in Verkaufslokalen oder im Internet angeboten werden, werden "orthopädische Schuhe" regelmäßig auf ärztliche Anordnung von einem besonders dafür ausgebildeten Orthopädieschuhtechniker in dessen Werkstatt individuell angepasst (vgl. auch HABM, Entscheidung Nr. 1542/1999 vom 17. Dezember 1999, Seite 7). In Bezug auf die übrigen vorwiegend im Medizinbereich angesiedelten, für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen fehlt jegliche, auch nur entfernte Ähnlichkeit zu "Schuhwaren".
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006555
BPatG
München
26. Senat
20100526
26 W (pat) 163/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "RUSTIKAL CountryStyle" – keine Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 044 943.8 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren der Klasse 21 „Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, insbesondere Kochtöpfe und Pfannen, Behälter und Siebe; Waren aus Porzellan, Glas, Steingut für Haushalt und Küche, soweit in Klasse 21 enthalten; Waren aus Kunststoff für Haushalt und Küche, nämlich Behälter, Becher, Flaschen, Formen, Schaber, Geschirr und Schneidbretter, soweit in Klasse 21 enthalten“ bestimmten Wortmarke RUSTIKAL CountryStyle mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, vollumfänglich gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sowohl bei „RUSTIKAL“ als auch bei „Country Style“ handele es sich um für die beanspruchten Waren beschreibende Angaben. „RUSTIKAL“ bedeute „ländlich, schlicht, bäuerlich“ bzw. „bäuerlich-robust“. In diesem Sinne werde der Begriff „RUSTIKAL“ seit langem auf zahlreichen Warengebieten zur Beschreibung des Aussehens und der Strapazierfähigkeit der so bezeichneten Waren benutzt. Dies gelte, wie sich aus dem Internet entnehmen lasse, auch für die hier beanspruchten Waren. Der weitere Markenbestandteil „CountryStyle“ sei die englische Bezeichnung für eine bestimmte Stilrichtung, nämlich für den sog. Landhausstil, und als solcher in die deutsche Sprache eingegangen, wie bereits der 29. Senat in seinem Beschluss in Sachen 29 W (pat) 424/98 - „Country Style“ - festgestellt habe. Auch insgesamt weise die angemeldete Marke keinen über die Zusammenfügung zweier beschreibender Begriffe hinausgehenden Begriffsgehalt auf. Die Nebeneinanderstellung der beiden beschreibenden Zeichenbestandteile bringe lediglich in schlagwortartiger Weise zum Ausdruck, dass die betreffenden Produkte von ihrem Design her den Stilrichtungen „ländlich“ und „schlicht und robust“ zuzuordnen seien und vermittele den Eindruck einer Sortiments- bzw. Produktlinienbezeichnung. Im Hinblick darauf, dass beim Landhausstil konkrete Richtungen unterschieden würden, vermittele die angemeldete Marke entgegen der Ansicht der Anmelderin durchaus eine sinnvolle Gesamtaussage. Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens hat sie das Warenverzeichnis der Anmeldung auf die Ware „Klasse 21: Pfannen“ beschränkt. Sie ist der Ansicht, in Bezug auf diese Ware werde der Verkehr in der angemeldeten Marke keine beschreibende Angabe sehen. Den Begriff „CountryStyle“ gebe es in der englischen Sprache nicht. Außerdem habe dieser nicht die Bedeutung „LandhausStil“, sondern sei mit „Landstil“ zu übersetzen. Pfannen könnten keine Merkmale aufweisen, die einen Einrichtungsstil repräsentierten. Die von der Markenstelle zum Nachweis einer beschreibenden Verwendung der Markenbestandteile vorgelegten Internetauszüge zeigten auch keine Pfannen. Die Bezeichnungen „RUSTIKAL“ und „CountryStyle“ seien auch keiner der von der Markenstelle übersandten Trefferlisten zu entnehmen. Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung für die Ware der Klasse 21 „Pfannen“ zurückgewiesen worden ist. II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, erweist sich jedoch auch in Bezug auf die im Warenverzeichnis der Anmeldung verbliebene Ware „Pfannen“ als unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, auch für Pfannen jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zudem steht einer Eintragung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien- und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 809 - Philips; GRUR 2003, 604, 607 - Libertel). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR Int. 2004, 631, 633 - Dreidimensionale Tablettenform I). Keine Unterscheidungskraft wiesen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT). Dabei sind nach ständiger Rechtsprechung fremdsprachige Begriffe den entsprechenden deutschen Begriffen gleichzustellen, sofern sie geläufige beschreibenden Bezeichnungen darstellen, die von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen auch verstanden werden (BGH GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER). In Anwendung dieser Grundsätze fehlt der angemeldeten Bezeichnung „RUSTIKAL CountryStyle“ eine für die Eintragung hinreichende Unterscheidungskraft. Die angemeldete Marke setzt sich aus dem deutschen Wortbestandteil „RUSTIKAL“ und dem weiteren, ursprünglich englischsprachigen Bestandteil „CountryStyle“ zusammen, der von den maßgeblichen, durchschnittlich informierten inländischen Verbrauchern - den Käufern von Pfannen - ohne weiteres i. S. v. „LandStil“ erkannt und verstanden wird, weil die Einzelbegriffe „Country“ und „Style“, aus denen er gebildet ist, dem inländischen Verkehr als Bestandteile des englischen Grundwortschatzes oder wegen der inländischen Verwendung in Begriffen wie „Country-Musik“ bzw. „Country und Western“ und „Style“ bzw. „stylisch“ in ihren Bedeutungen geläufig sind. Sowohl „RUSTIKAL“ als auch „CountryStyle“ bezeichnen eine bestimmte Stilrichtung von Waren. Die Bezeichnung „RUSTIKAL“ ist in Deutschland als Angabe für einen bestimmten Stil einer Ware weithin üblich und wird, wie die Markenstelle mit den von ihr übersandten Internetseiten nachgewiesen hat, für eine Vielzahl unterschiedlichster Waren verwendet, um auf den rustikalen, also den bäuerlichen bzw. ländlichen Charakter so bezeichneter Waren hinzuweisen. Angesichts dieser üblichen beschreibenden Verwendung fehlt dem Begriff „RUSTIKAL“ die Fähigkeit, solche Waren, die einen rustikalen Charakter oder rustikale Elemente aufweisen können, ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden. Dies gilt auch in Bezug auf die im Warenverzeichnis der Anmeldung verbliebene Ware „Pfannen“, da auch diese ganz oder teilweise in einem rustikalen Stil ausgebildet sein können, z. B. weil sie eine besonders robuste Gestaltung aufweisen oder in ihrer Formgebung an auf dem Lande verwendeten, bäuerlichen Grundformen orientiert sind. Dementsprechend wird der Begriff „rustikal“ auch von Mitbewerbern bereits zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit von Pfannen benutzt, wie die auf der Internetseite „http://www1.de.shoppin.com/xDN-kueche-rustikale“ ersichtlichen Angaben „rustikales Aussehen“ in Bezug auf eine Eisenpfanne und „Rustikale Aluminiumguss-Pfanne“ erkennen lassen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin wird auch der weitere Bestandteil „CountryStyle“ der angemeldeten Marke vom inländischen Durchschnittsverbraucher von Pfannen nur als eine beschreibende Angabe über die Art und Beschaffenheit der so bezeichneten Waren verstanden. In seiner ohne weiteres erkennbaren Bedeutung „LandStil“ beschreibt er bereits seinem Wortsinne nach die so bezeichneten Pfannen als solche, die in einem Stil ausgeführt sind, wie er auf dem Lande üblich war oder ist. Angesichts dieses von Haus aus beschreibenden Charakters des Markenteils „CountryStyle“ bedurfte es entgegen der Ansicht der Anmelderin auch keines Nachweises durch die Markenstelle, dass dieser Markenbestandteil im Inland bereits als beschreibende Angabe Verwendung gefunden hat, weil die Unterscheidungskraft einer Marke nicht nur dann zu verneinen ist, wenn deren üblicher beschreibender Gebrauch nachzuweisen ist (EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 f., Nr. 37, 40 und 46 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2008, 1002, 1004, Nr. 30 - Schuhpark). Dementsprechend ist es auch unerheblich, ob die angemeldete Bezeichnung bereits im Internet durch eine Suchmaschine als solche überhaupt oder für die entsprechende Ware feststellbar ist (EuG GRUR Int. 2008, 151, Nr. 27 und 44 - VOM URSPRUNG HER VOLLKOMMEN). Auch in ihrer Gesamtheit fehlt der angemeldeten Marke für Pfannen jegliche Unterscheidungskraft. Eine Marke, die sich in der bloßen Aneinanderreihung zweier beschreibender, nicht unterscheidungskräftiger Begriffe ohne irgendwelche grammatikalischen oder sonstigen Besonderheiten erschöpft, stellt nach ständiger Rechtsprechung ebenfalls nur eine beschreibende und damit nicht unterscheidungskräftige Angabe dar (EuGH GRUR 2004, 680, 681, Nr. 39-41 - Biomild; GRUR 2008, 608, Nr. 45 und 69 - EUROHYPO). So liegt der Fall auch bei der angemeldeten Marke, in der die Bestandteile „RUSTIKAL“ und „CountryStyle“ auf den Verkehr wie eine Abfolge von zwei jeweils unterschiedliche Eigenschaften beschreibenden Angaben der Ware wirkt. Sprachliche oder begriffliche Besonderheiten, die die Abfolge als ungewöhnlich erscheinen lassen könnten, sind weder von der Anmelderin aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich. Bei dieser Sachlage ist die angemeldete Marke nicht geeignet, die von der Anmelderin angebotenen Pfannen ihrer betrieblichen Herkunft nach unterscheiden. Da die angemeldete Marke als bloße, nicht ungewöhnliche Abfolge von zwei Stilrichtungsangaben auch zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit von Pfannen dienen kann, steht ihrer Eintragung für diese Ware zudem das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006556
BPatG
München
27. Senat
20100806
27 W (pat) 81/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Avanti" – keine Unterscheidungskraft – schlichte Kaufaufforderung
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 307 26 625.7 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 6. August 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 29. März 2010 die Anmeldung des Wortes Avanti für die Waren und Dienstleistungen Waren- und Dienstleistungsautomaten insbesondere Musikautomaten, Sport- oder Unterhaltungsautomaten, auch münzbetätigte, Kinderunterhaltungsautomaten, Verkaufsautomaten und Mechaniken für markenbetätigte Apparate, geld- und geldwertmäßig betätigte Unterhaltungsautomaten, Spielautomaten, Video-Spielautomaten, Multimediageräte soweit in Klasse 9 enthalten und daraus gebildete Systeme, elektrische und elektronische Geräte und Apparate zur Durchführung von Lotterien, Ausspielungen, Verlosungen und anderen Gewinnspielen; Informationsautomaten; Automaten zum Verkauf von Waren und/oder zur Ausgabe von Karten, Tickets, Geld und/oder zur Ausgabe und/oder Rücknahme von Waren sowie Teile dieser Automaten; Multimediageräte/-systeme, einschließlich Teile aller vorgenannten Waren, ausgenommen jedoch Rundfunkgeräte, Fernsehempfangsgeräte, Hi-Fi-Anlagen, Videorecorder, Telefonapparate, Telefaxapparate und Telefonanrufbeantworter; Geldautomaten, Geldzählautomaten und Geldwechselautomaten; elektrische, elektronische, optische Apparate; elektrische, elektronische, optische Alarm- und Überwachungsanlagen, einschließlich Videokameras und Geräten zur Bildübertragung und Bildverarbeitung; Blechteile, Stanzteile und Kombinationen hieraus als Baugruppen und Geräte, soweit in Klasse 9 enthalten; Kabelbäume; bestückte Leiterplatten und Kombinationen hieraus als Baugruppen und Geräte, soweit in Klasse 9 enthalten; Platinen, Leiterplatten (elektronische Bauelemente); Spiele, einschließlich Glücksspiele; Spielgeräte, Sportgeräte, Sportartikel soweit in Klasse 28 enthalten; elektrische und elektronische Maschinen und Apparate für Spiel-, Vergnügungs-, Unterhaltungs- und Sportzwecke; Spielautomaten, Münzautomaten zur Verwendung in Spielhallen; münzbetätigte Maschinen für Vergnügungsspiele; Spielautomaten; Münzautomaten, auch Videospielgeräte und -instrumente; Apparate und Instrumente für alle vorstehend genannten Waren; geld- oder geldwertmäßig betätigte Unterhaltungs- und Spielautomaten, sowie Teile dieser Waren, soweit in Klasse 28 enthalten; Sportgeräte für Sport auf kleinem Raum, insbesondere elektronisches Dart, Tischfußball, Pool-Billard, Snooker, Schießstände, insbesondere für Laser-Shooting, sowie Teile aller dieser Waren, soweit in Klasse 28 enthalten; Handkonsolen zum Spielen elektronischer Spiele; Wettautomaten; jegliche Art von Spiel- und Unterhaltungsautomaten mit und ohne Gewinnausgabe, mit zahlungspflichtigen Leistungen, die durch die Entgegennahme von Münzen, Banknoten, Wertmarken, Magnet- oder Chipkarten betätigt werden; jegliche vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Zubehör für vorgenannte Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb eines Spielcasinos; Betrieb von Spielhallen; Unterhaltung, nämlich Information, Belustigung und Entspannung von Personen; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen an und mit Unterhaltungsautomaten; Veranstaltung von Spielen, Wettbewerben und Wettkämpfen in Netzwerken, einschließlich Internet; Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsgeräten/-anlagen für Casinos; Veranstaltung und Durchführung von Spielen aller Art, einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen sowie von Roulette; Durchführung von Lotterien, Ausspielungen, Netzwerkspielen, Verlosungen und anderen Gewinnspielen; Betrieb von Spielstätten, Spielcasinos, Wettbüros nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Das angemeldete Wortzeichen „Avanti“ werde vom Publikum wegen seiner Gebräuchlichkeit in der deutschen Umgangssprache und der Werbesprache nicht als Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen erfasst. Das aus dem Italienischen stammendes Wort habe mit der Bedeutung „vorwärts, los, weiter“ bereits Eingang in die deutsche Umgangssprache gefunden hat und finde als Werbeschlagwort sowie allgemeine Kaufaufforderung Verwendung, wie bereits der 30. Senat des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung 30 W (pat) 119/97 vom 28. Oktober 1998 festgestellt habe. Dass trotz dieser sich allein auf Datenverarbeitungsprogramme beziehenden zurückweisenden Entscheidung später eine andere Wortmarke „Avanti“ für Wohnmobile eintragen worden sei, könne vorliegend nicht zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens führen, denn die Rechtsprechung gehe von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken – weder für sich, noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Anders als die Anmelderin meine, sei es im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für eine Zurückweisung der Anmeldung nicht erforderlich, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine rein beschreibende Angabe handelt; bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen komme dem angemeldeten Wort aber auch eine beschreibende Bedeutung in Form einer Modalität- und Eigenschaftsangabe zu, was im Einzelnen weiter ausgeführt wird. Werde das angemeldete Zeichen aber als werbeübliche Kaufaufforderung oder Modalität- und Eigenschaftsangabe verstanden und verwendet, eigne es sich nicht als Herkunftsangabe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, so dass seiner Eintragung das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibe. Dem mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesprochenen Publikum, auf dessen Sprachkenntnisse abzustellen sei, seien die Grundzüge der italienischen Sprache auch nicht bekannt. Eine Bedeutung oder übliche Verwendung auf dem einschlägigen Waren- und Dienstleistungssektor sei seitens der Markenstelle nicht nachgewiesen. Die Schutzfähigkeit ergebe sich auch aus der Eintragung vergleichbarer Wortmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. März 2010 aufzuheben. II. A. Da die Anmelderin keinen (Hilfs-) Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat und der Senat eine solche auch nicht für sachdienlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. B. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. Mit der Markenstelle geht auch der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr.1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Ob die erforderliche Unterscheidungseignung bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung schon deshalb fehlt, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION), kann dahinstehen. Ungeachtet einer möglichen beschreibenden Bedeutung entspricht es nämlich entgegen der Auffassung der Anmelderin einer langen, auch vom Europäischen Gerichtshof immer wieder bestätigten Rechtsprechungstradition, dass ein Wortzeichen von der Eintragung als Marke auch dann ausgeschlossen ist, wenn es sich bei ihm um einen Werbeslogan handelt, bei dem die Werbefunktion im Vergleich zu der Hauptfunktion einer Marke als Herkunftshinweis nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung ist. Aus solchen Angaben wird der Durchschnittsverbraucher nicht auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen schließen (vgl. EuGH MarkenR 2005, 22, 26 [Rz. 35] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Ebenso verstehen die Verbraucher gebräuchliche Wörter und gebräuchliche Wendungen - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel (vgl. BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten, Schlechte Zeiten; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Soweit die Anmelderin daher ihren Vortrag allein auf eine nach ihrer Ansicht fehlende, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibende Bedeutung stützt, verkennt sie - worauf die Markenstelle bereits im angefochtenen Beschluss hingewiesen hatte, so dass es eines neuen Hinweises seitens des Senats nicht bedurfte - die rechtliche Ausgangssituation. 3. Die genannten Voraussetzungen für eine Schutzversagung, auf welche die Markenstelle ihren Beschluss vorrangig gestützt hat, sind vorliegend erfüllt. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und durch lexikalische Einträge und Verwendungsbeispiele in der Tagespresse hinlänglich belegt hat, hat das ursprünglich aus dem Italienischen stammende Wort „Avanti“ zwischenzeitlich bereits mit der Bedeutung „vorwärts!, los!, weiter!“ Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden (vgl. insbesondere Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort „avanti“). Angesichts dieses Umstandes geht der Einwand der Anmelderin über die angebliche Unkenntnis italienischer Grundbegriffe beim inländischen Publikum - der, wie sich aus der zitierten Entscheidung des 30. Senats des Bundespatentgerichts bereits ergibt, ohnehin fragwürdig ist - ins Leere, weil sich aus dem (bereits einige Zeit zurückliegenden) lexikalischen Beleg zweifellos ergibt, dass es sich bereits um einen eingedeutschten und damit nicht (mehr) rein fremdsprachigen Ausdruck handelt. Wie bereits der 30. Senat in der genannten Entscheidung näher ausgeführt hat, wird das inländische Publikum den Begriff „Avanti“ lediglich als schlichte Kaufaufforderung verstehen. Der Gedanke, dass damit auf die Herkunft der angebotenen Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen hingewiesen werden solle, wird ihm damit erst gar nicht kommen. Damit ist das angemeldete Wort zur Unterscheidung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen von solchen anderer Unternehmen nicht geeignet, so dass ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist. 4. Soweit die Anmelderin sich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS). 5. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. C. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr bestand ebenso wenig Anlass wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006557
BPatG
München
27. Senat
20100607
27 W (pat) 138/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 S 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "PHÖNIX/PHOENIX (Wort-Bild-Marke)" – rechtserhaltende Benutzung – keine Dienstleistungsähnlichkeit - keine Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 305 22 877 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juni 2010 durch den Richter Schwarz als Vorsitzenden, Richter Lehner und Richter Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Januar 2009 wird aufgehoben. Der Widerspruch aus der Marke 300 14 657 wird zurückgewiesen.
I. Gegen die am 20. April 2005 angemeldete, am 26. Mai 2005 eingetragene und am 1. Juli 2005 veröffentlichte Wortmarke 305 22 877 PHÖNIX geschützt für Dienstleistungen der Klasse 41, nämlich für "Unterhaltung und Bildung, nämlich Verleihung eines Kunstpreises" haben die Widersprechenden aus ihrer am 25. Februar 2000 angemeldeten und am 17. Oktober 2000 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 25, 35, 38 und 41, nämlich für „Bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschoner; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware; Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papierhandtücher, Papierservietten, Filterpapier, Papiertaschentücher, Papierschmuck, Briefpapier, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten und Einwickelpapier; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, nicht-codierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise; Schreibwaren einschließlich Schreib- und Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern, Aufkleber (auch selbstklebende); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Taschen, Folien (letztere auch selbstklebend und für Dekorationszwecke); Spielkarten und Kartenspiele; Bekleidungsstücke einschließlich Sport- und Freizeitbekleidung; Schuhe, Schuhwaren und Stiefel einschließlich Sport- und Freizeitschuhe und -stiefel; Strumpfhosen, Strümpfe, Socken; Krawatten einschließlich Binder; Handschuhe; Kopfbedeckungen einschließlich Stirn- und Schweißbänder; Gürtel, Hosenträger, auch aus Leder; Küchenschürzen; Werbung und Marketing für Dritte; Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen; Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb sowie mittels Computer; Veranstaltung und Betrieb von interaktiven elektronischen Mediendiensten; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Betrieb von Datenbanken; Film-, Ton-, Video und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, kulturelle Ausstellungen und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben“ eingetragenen Wort-/Bildmarke 300 14 657 Widerspruch erhoben. Der Widerspruch wird auf alle Waren/Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Dienstleistungen der angegriffenen Marke. Die Markeninhaberin hat im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 4. Januar 2007 die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten und diese Einrede auch aufrechterhalten, nachdem die Widersprechende in der Folge im Amtsverfahren diverse Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt hatte. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Widerspruch mit Beschluss vom 5. Januar 2009 stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Benutzung der Widerspruchsmarke für Datenträger, die Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen, Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion u. ä. könne als amtsbekannt vorausgesetzt werden. Auch dem durchschnittlichen Konsumenten sei der Markenbegriff durch Lesen des täglichen  Fernsehprogramms für die oben genannten Dienstleistungen, die ein Fernsehsender üblicherweise erbringe, ein Begriff. Die genannten Dienstleistungen könnten sich auch auf Preisverleihungen beziehen, da auch solche vom Fernsehen übertragen bzw. die Preise vom Fernsehsender selbst verliehen würden, so dass eine starke Ähnlichkeit gegeben sei bis hin zur Identität. Preisverleihungen gehörten auch zur Unterhaltung, die von einem Fernsehsender ebenfalls angeboten würde. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass die Widerspruchsmarke hinsichtlich der vorstehend genannten Waren und Dienstleistungen über einen überdurchschnittlichen Schutzumfang verfüge. Hinsichtlich der übrigen Waren und Dienstleistungen sei von einem durchschnittlichen Schutzumfang auszugehen. Den danach einzuhaltenden Abstand halte die jüngere Marke in klanglicher Hinsicht nicht ein. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie hält die Nichtbenutzungseinrede aufrecht. Zwar möge es sein, dass die Widersprechende die Marke für den Betrieb eines Fernsehsenders benutze. Anders verhalte es sich aber mit den angeblich mit der Anmeldemarke kollidierenden Dienstleistungen. Hier sei die Widersprechende der Glaubhaftmachung einer solchen Benutzung schuldig geblieben. Die Marken seien auch nicht verwechselbar. Von Hause aus besitze die Widerspruchsmarke nur eine sehr geringe Kennzeichnungskraft. Aus einer im Amtsverfahren vorgelegten Datenabfrage ergebe sich eine Vielzahl von Drittzeichen mit dem Begriff "PHÖNIX", der ein Fabeltier der Antike bezeichne. Die sehr geringe Kennzeichnungskraft werde entgegen der Ansicht des Amtes auch nicht durch eine "überdurchschnittliche" Bekanntheit des Senders bzw. der Sendung auf dem Markt verstärkt. Bei dem Sender "Phönix" handle es sich um einen Spartensender für Politik, der lediglich das politikinteressierte Publikum und damit nur einen schmalen Ausschnitt der Bevölkerung bediene. Die für die Anmeldemarke eingetragene Dienstleistung "Verleihung eines Kunstpreises" sei mit den zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen nicht ähnlich, so dass eine Verwechslungsgefahr bereits daran scheitere. Abgesehen davon sei eine Zeichenähnlichkeit wegen des Bildbestandteils der Widerspruchsmarke auszuschließen. Der kennzeichnungsschwache Wortbestandteil "PHOENIX" könne den Gesamteindruck der Wort-/Bildmarke nicht allein prägen. Die Markeninhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen. Die Widersprechenden beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigen den Beschluss der Markenstelle. Zur rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke verweisen sie auf ihren Vortrag im Amtsverfahren. Vorgelegt wurden außerdem zwei Eidesstattliche Versicherungen von Mitarbeitern der Widersprechenden vom 19. August 2009, wonach der Sender in den Jahren 2003 bis 2008 Marktanteile in Höhe von 0,5 bis 0,9 % erzielt habe und der Fernsehsender täglich von 3,35 Millionen bis 4,33 Millionen Zuschauer bzw. Zuhörer eingeschaltet worden sei. Seit dem Jahr 2001 werde die Marke auch für die Verleihung eines Dokumentarfilmpreises benutzt. In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihren jeweiligen Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung der Markenstelle kann eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht festgestellt werden. 1. Die von der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 4. Januar 2007 erhobene Nichtbenutzungseinrede war gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig, nachdem die fünfjährige sog. Benutzungsschonfrist der am 17. Oktober 2000 eingetragenen Widerspruchsmarke abgelaufen war. Da die Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke am 1. Juli 2005 noch nicht abgelaufen war, traf und trifft die Widersprechende gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG die Obliegenheit, eine gemäß § 26 MarkenG rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke im Laufe des mitwandernden Zeitraums von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch (Juni 2005 bis Juni 2010) glaubhaft zu machen. Der Senat geht aufgrund der im Beschwerdeverfahren von der Widersprechenden vorgelegten Eidesstattlichen Versicherungen vom 19. August 2009 und der Gerichtsbekanntheit des Fernsehsenders Phoenix zugunsten der Widersprechenden von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke nur in Bezug auf die technischen Dienstleistungen der Klasse 38 "Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen; Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb sowie mittels Computer; Veranstaltung und Betrieb von interaktiven elektronischen Mediendiensten; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Betrieb von Datenbanken" aus. Für die übrigen Waren und Dienstleistungen, insbesondere auch für die inhaltsbezogenen Dienstleistungen der Klasse 41, ist eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke dagegen nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. Soweit es in den Eidesstattlichen Versicherungen heißt, die Marke werde seit 2001 auch für die Verleihung eines Dokumentarfilmpreises benutzt, kann daraus nicht auf eine rechtserhaltende Benutzung geschlossen werden, da die Verleihung eines Filmpreises keine zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragene Dienstleistung ist. Im Übrigen vermag der Senat aufgrund der in den Eidesstattlichen Versicherungen genannten geringen Marktanteile i. H. v. 0,6 % bis 0,9 % im hier relevanten Zeitraum nicht zu erkennen, dass den angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreisen der Inhalt der Fernsehsendungen des Fernsehsenders Phoenix bekannt ist. 2. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer Marke älteren Zeitrangs und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2005, 419, 422 - Räucherkate). Eine Verwechslungsgefahr kann jedoch nicht angenommen werden, wenn entweder die Vergleichszeichen oder die von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen gänzlich unähnlich sind (BGH GRUR 2004, 241, 243, GeDIOS). Die Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren zu ermitteln, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere ihre Beschaffenheit, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon); daneben können auch ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, die Vertriebs- oder Erbringungsart sowie ihre wirtschaftliche Bedeutung Berücksichtigung finden. Abzustellen ist dabei vor allem darauf, ob zwischen den jeweils angebotenen Produkten oder Leistungen so enge Beziehungen bestehen, dass sich den Abnehmern, wenn sie die Waren oder Dienstleistungen mit denselben Zeichen gekennzeichnet wahrnehmen, der Schluss aufdrängt, dass diese Waren oder Dienstleistungen vom selben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 924, Rdn. 29 - Canon). Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr wegen der fehlenden Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen nicht angenommen werden. Die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG auf Seiten der Widerspruchsmarke allein zu berücksichtigenden technischen Dienstleistungen der Klasse 38 "Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programmen; Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb sowie mittels Computer; Veranstaltung und Betrieb von interaktiven elektronischen Mediendiensten; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Betrieb von Datenbanken" sind mit den zugunsten der angegriffenen Marke in der Klasse 41 eingetragenen Dienstleistung "Verleihung eines Kunstpreises" nicht ähnlich. Auch wenn die Verleihung eines Kunstpreises Gegenstand einer Fernsehsendung sein kann, erwarten die angesprochenen Verkehrskreise nicht, dass der Kommunikationsdienstleister als Erbringer der technischen Dienstleistungen der Klasse 38 selbst ein solches Angebot macht. Aufgrund der fehlenden Dienstleistungsähnlichkeit kann die Frage nach der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Markenähnlichkeit dahingestellt bleiben. 3. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006557&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006558
BPatG
München
27. Senat
20100713
27 W (pat) 194/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Das segelnde Klassenzimmer" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 399 39 839 (hier Löschung S 166/08) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. April 2009 wird aufgehoben. Die Marke 399 39 839 ist zu löschen.
I. Gegen die am 8. Juli 1999 angemeldete und am 18. Juni 2002 nach Abschluss eines Erinnerungsverfahrens für Dienstleistungen der Klassen 39 und 41, nämlich für "Dienstleistungen einer Segelschule, Veranstaltungen von Reisen, insbesondere von Segel- und Schiffsreisen mit Durchführung regulären Schulunterrichts; Ausbildung, Erziehung und Unterricht, insbesondere jeweils in Verbindung mit Reisen" eingetragene Wortmarke 399 39 839 Das segelnde Klassenzimmer hat die Antragstellerin am 6. Mai 2008 Löschungsantrag gestellt, weil die Marke nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig sei. Die zusammengesetzte Bezeichnung werde ohne weiteres dahingehend verstanden, dass Unterricht auf einem Segelboot durchgeführt werde. Zur Begründung ihres Löschungsantrags verweist die Antragstellerin auf mehrere Internetausdrucke, mit einer entsprechenden Verwendung der Wortfolge durch Dritte. Auf die den Bevollmächtigten der Markeninhaberin am 10. Juni 2008 zugegangene Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 MarkenG hat die Inhaberin der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 30. Juli 2008 widersprochen und beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen. Zum Zeitpunkt der Anmeldung 1999 sei das Angebot, normale Schüler für eine Zeit lang auf eine Segelreise mitzunehmen und dabei den Unterricht fortzusetzen, einmalig gewesen. In den meisten Fällen ginge die Benutzung Dritter auf die Markeninhaberin zurück. Soweit dies nicht der Fall sei, behalte sich die Markeninhaberin vor, dagegen vorzugehen. Die Markenabteilung 3.4 hat den Löschungsauftrag mit Beschluss vom 23. April 2009 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, der Marke könne in Bezug auf die streitgegenständlichen Dienstleistungen jedenfalls für den Zeitpunkt der Eintragung nicht das Mindestmaß an Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die Wortkombination "Das segelnde Klassenzimmer" deute nach Art eines sprechenden Zeichens allenfalls mittelbar auf die beanspruchten Dienstleistungen hin. Der Begriff "Klassenzimmer" werde von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen ohne weiteres Nachdenken lediglich als eine Räumlichkeit verstanden, in dem eine Klasse unterrichtet werden könnte. Selbst wenn es entsprechende Unterrichtsräume bzw. -zimmer auch auf Schiffen geben möge, so finde Klassenunterricht traditionell und überwiegend noch immer in den Räumlichkeiten eines ortsgebundenen Gebäudes statt. Damit wirke die Kombination des Adjektivs "segelnde" mit dem Substantiv "Klassenzimmer" eigentümlich und ungewöhnlich, da ortsgebundene Räumlichkeiten sich nicht mit Hilfe eines Segels fortbewegen könnten. Insoweit rege die Wortkombination "Das segelnde Klassenzimmer" zum Nachdenken an. Die Antragstellerin habe auch nicht den Nachweis erbracht, dass die Bezeichnung "Das segelnde Klassenzimmer" - jedenfalls zum Zeitpunkt der Markeneintragung im Jahr 2002 - zur unmittelbaren Beschreibung von Dienstleistungen, die Pädagogik mit Segeln bzw. Segelreisen verbänden, von Dritten benutzt worden sei bzw. sich insoweit zu einem Synonym für solche Dienstleistungen entwickelt habe. Der Verweis auf zwei ähnlich gebildete Internetadressen reiche für einen Nachweis einer unmittelbar beschreibenden Verwendung nicht aus. Es möge durchaus sein, dass das offensichtlich ursprünglich von der Markeninhaberin entwickelte und so benannte Konzept "des segelnden Klassenzimmers" mittlerweile viele Nachahmer gefunden habe und sich der Begriff "Das segelnde Klassenzimmer" aktuell zu einem schlagwortartigen Hinweis für pädagogische Angebote im Zusammenhang mit Segeln oder Segelreisen entwickelt habe. Vor diesem Hintergrund sei möglicherweise auch eine andere markenrechtliche Beurteilung der Markenanmeldung "Klassenzimmer unter Segeln" der Antragstellerin aus dem Jahr 2007 durch das Deutsche Patent- und Markenamt angezeigt gewesen. Für den Zeitpunkt der Eintragung der streitgegenständlichen Marke lasse sich ein solches Verständnis in den angesprochenen breiten Verkehrskreisen jedoch nicht belegen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt sie weiterhin die Auffassung, dass der Marke bereits zum Zeitpunkt der Eintragung jegliche Unterscheidungskraft gefehlt habe. Das angesprochene Publikum werde der zusammengesetzten Bezeichnung unmittelbar entnehmen, dass hier pädagogische Dienstleistungen im Zusammenhang mit Segeln, Segel- und Schiffsreisen angeboten würden bzw. dass Unterricht auf einem segelnden Schiff durchgeführt werde, weil sich das Klassenzimmer auf bzw. in einem Segelschiff befinde. Die beanspruchten Dienstleistungen bezögen sich allesamt auf das Segeln und/oder das Reisen, so dass in diesem Zusammenhang nicht davon ausgegangen oder es als üblich angesehen werden könne, dass es sich bei dem Klassenzimmer um eine ortsgebundene Räumlichkeit handle, da sowohl Segeln als auch Reisen Mobilität voraussetzten. Aus den im Amtsverfahren eingereichten Internetausdrucken ergebe sich, dass die Wortfolge "Das segelnde Klassenzimmer" bzw. "Segelndes Klassenzimmer" bereits im Juni 2001 und damit ein Jahr vor der Eintragung der angegriffenen Marke von Dritten unmittelbar beschreibend verwendet worden sei. Entgegen den Ausführungen der Markenabteilung sei die Wortfolge auch nicht ungewöhnlich und besonders originell. Dagegen sprächen nicht nur die im Amtsverfahren vorgelegten Verwendungsbeispiele, sondern auch weitere im Beschwerdeverfahren vorgelegte Verwendungsbeispiele vergleichbarer Wortzusammenstellungen, bei denen das Adjektiv "segelnde" durch vergleichbare Adjektive wie "laufende, reisende, surfende, tauchende, radelnde, rollende, schwimmende und fahrende" ersetzt worden sei. Der Internetausdruck zu "Das schwimmende Klassenzimmer" stamme von Juni 1998 und damit vier Jahre vor der Eintragung der angegriffenen Marke. Die zahlreichen Verwendungen von "Das + Fortbewegungsart beschreibendes Adjektiv + Klassenzimmer" seien auf die Bekanntheit des Romans "Das fliegende Klassenzimmer" von Erich Kästner zurückzuführen. Aufgrund der im Amtsverfahren vorgelegten Internetausdrucke zur Verwendung der Wortfolge "Das segelnde Klassenzimmer" durch Dritte bestehe an der Bezeichnung auch ein Freihaltungsbedürfnis. Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. April 2009 aufzuheben und die Löschung der Marke 399 39 839 anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss und hält die Bezeichnung für phantasievoll und originell. Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat sie vorgetragen, sie biete bereits seit 1993 Segelreisen für Schüler unter Fortsetzung des Schulunterrichts an. Es sei möglich, dass für einen von der Antragstellerin vorgelegten Internetausdruck ein ehemaliger Schüler der Markeninhaberin verantwortlich sei. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung der Markenabteilung und der Inhaberin der angegriffenen Marke kann ein Löschungsgrund nach §§ 54, 50 Abs. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht verneint werden, weil der angegriffenen Marke sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch noch derzeit die erforderliche Unterscheidungskraft gefehlt hat bzw. fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Nrn. 27 ff. - BioID). Die Schutzfähigkeit als Marke ist dabei stets anhand der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 18). Weist eine Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt auf, gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Nach diesen Grundsätzen fehlte bzw. fehlt der angegriffenen Marke sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch heute noch die erforderliche Unterscheidungskraft für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen. Die Wortfolge "Das segelnde Klassenzimmer" wird in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen von erheblichen Teilen der angesprochenen inländischen Verkehrskreise lediglich als Hinweis auf deren Erbringungsort verstanden, nämlich auf einen als Klassenzimmer bezeichneten Lehrort, der sich auf einem Segelschiff befindet. Sämtliche Dienstleistungen können auf einem Segelschiff erbracht werden, wobei dieser Bezug bei einigen Dienstleistungen sich ausdrücklich aus dem Dienstleistungsverzeichnis ergibt. Gerade auf dem Gebiet des Unterrichtswesens ist es üblich, entsprechende Dienstleistungen in den Ferien kombiniert mit einem Freizeitangebot anzubieten. So werden im Inland bereits seit vielen Jahren in den Schulferien regelmäßig Sprachreisen angeboten, bei denen die Schüler sowohl Sprachunterricht erhalten als auch die Möglichkeit haben, ihren sportlichen Interessen nachzugehen. Für ein solches Verständnis sprechen insbesondere auch die von der Antragstellerin im Amts- und Beschwerdeverfahren vorgelegten Anlagen, die eine Verwendung identischer oder ähnlicher Wortfolgen durch Dritte belegen. Aus den Anlagen A7 - A10 und A14 ergibt sich, dass die angemeldete Bezeichnung bereits im Juni 1998 bzw. Juni 2001 und damit vor der Eintragung der streitgegenständlichen Marke im Juni 2002 identisch (Anl. A7, 8) bzw. in leicht abgewandelter Form (segelndes Klassenzimmer, das schwimmende Klassenzimmer - s. Anl. A9, 10, 14) von Dritten im Zusammenhang mit identischen Dienstleistungen entsprechend verwendet worden ist. Die häufige Verwendung identischer oder ähnlicher Bezeichnungen erklärt sich mit der Bekanntheit des Romans von Erich Kästner "Das fliegende Klassenzimmer" und dessen Verfilmung mit Heinz Rühmann. Die Markeninhaberin kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, die Benutzung Dritter gehe auf die Bekanntheit der von ihr erstmals verwendeten Bezeichnung zurück. Für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft spielt dies keine Rolle, da sie grundsätzlich unabhängig von der Person des Anmelders zu erfolgen hat (BGH GRUR 2006, 503 - Casino Bremen). Da die angegriffene Marke somit sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch heute noch die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht aufwies bzw. aufweist, ist sie nach § 50 Abs. 2 MarkenG auf den Antrag der Antragstellerin zu löschen. Der anders lautende Beschluss der Markenabteilung war daher auf die Beschwerde aufzuheben. Für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bestehen keine Gründe, so dass es nach § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG bei dem Grundsatz verbleibt, dass jeder Beteiligte seine eigenen Kosten selbst zu tragen hat.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006559
BPatG
München
27. Senat
20100727
27 W (pat) 232/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Steckverbinder (dreidimensionale Darstellung)" – erhebliche Abweichung von der üblichen Gestaltungsform - kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 30 2008 048 664.3 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 24. Juli 2009 wird aufgehoben, soweit die Markenstelle die Anmeldung für die Waren elektrische und elektronische Hochstromleistungsstecker und -kupplungen sowie Hochstromkontaktiereinrichtungen, alle vorgenannten Waren jeweils für Motorsteuerungen und Antriebssteuerungen zurückgewiesen hat.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 24. Juli 2009 die Anmeldung der Darstellung Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen als dreidimensionale Marke für die Waren und Dienstleistungen Steuergeräte für Maschinen oder Motoren und deren Gehäuse, sowie Steuergeräteschnittstellen für Maschinen und Motoren; elektrische und elektronische Steckverbinder, Leistungsstecker und -kupplung, sowie Kontaktiereinrichtungen, insbesondere für Motorsteuerungen und Antriebssteuerungen; Werbung, insbesondere kennzeichnende Werbung zu Präsentationszwecken nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher werde der angemeldeten Warenabbildung, nämlich der dreidimensionalen Darstellung eines Steckverbinders, für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen keinen Herkunftshinweis entnehmen; denn wegen der auf dem beanspruchten Warensektor herrschenden nahezu unerschöpflichen Formenvielfalt, wie sie den dem Beschluss beigefügten Anlagen entnommen werden könnten, und der bestehenden Kennzeichnungsgewohnheiten werde der Verkehr davon ausgehen, dass die Ware aus funktionellen oder ästhetischen Gründen die gewählte Form aufweise. Die angemeldete Ware weiche auch nicht erheblich von der branchenüblichen Norm ab. Die schwalbenschwanzförmigen Anschlussbereiche (vgl. z.B. Anlage Jack-plus-socket-switch), die Einkerbungen (vgl. z. B. Anlage Terastecker) sowie die asymetrische Form des Steckergehäuses (z. B. Reisestecker, Modularstecker) seien vielmehr bekannte Gestaltungselemente im Bereich der beanspruchten Waren. Mit ihrer nicht begründeten Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil die angemeldete Warenform für den angesprochenen Fachverkehr erkennbar aus ungewöhnlichen, von ihm nicht erwarteten Gestaltungselementen bestünde, welche nicht technisch bedingt seien. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 24. Juli 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. Dabei hat sie das Warenverzeichnis wie folgt eingeschränkt: elektrische und elektronische Hochstromleistungsstecker und -kupplungen sowie Hochstromkontaktiereinrichtungen, alle vorgenannten Waren jeweils für Motorsteuerungen und Antriebssteuerungen. II. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Einschränkung des Warenverzeichnisses Erfolg. Nach dieser Einschränkung kann nicht mehr festgestellt werden, dass die angemeldete dreidimensionale Form für die beanspruchten Waren wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG oder wegen Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. 1. Die angemeldete Kennzeichnung ist - was, auch wenn die Markenstelle hierzu keine Ausführungen gemacht hat, vorrangig zu prüfen ist - nicht schon nach § 3 Abs. 2 MarkenG vom Markenschutz ausgenommen. Zwar gibt sie einen Steckverbinder wieder, wobei ein Großteil der dargestellten Formteile, wie insbesondere die der Aufnahme von Zuleitungen dienenden Anschlüsse, rein technisch bedingt ist. Allerdings kann eine solche ausschließlich technische Funktion nicht allen Teilen zugewiesen werden. Hieran fehlt es nämlich bei der nasenförmigen Gestaltung der Seitenteile und bei der stegförmigen schmalen Verlängerung des Bodenstücks, bei dem lediglich die der Aufnahme eines Zuleitungskabels dienende Vertiefung eine technische Funktion innehat. Auch die im oberen Bereich zugefügten schmetterlingsflügelartigen Formteile dienen keiner technischen Aufgabe; soweit die Markenstelle gemeint hat, hierbei handele es sich um schwalbenschwanzförmigen Anschlussbereiche, vermag der Senat eine Vergleichbarkeit mit den vorhandenen Anschlussformen nicht zu entnehmen, zumal die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft dargelegt hat, dass sich mittels dieser Gestaltungsteile an der ganz konkreten Stelle eine dauerhafte Verbindung mit einem Gegenstück des Steckers nicht herstellen lässt, sondern sie allein ein bloßes Designelement darstellt. Schließlich kann auch mit dem im obersten Bereich des Steckers aufgesetzten horizontalen Steg keine technische Funktion verbunden werden. Wegen der vorgenannten, ausschließlichen Designzwecken dienenden Formteilen kommt die angemeldete dreidimensionale Form somit abstrakt als Marke in Betracht. 2. Die angemeldete dreidimensionale Form ist nicht bereits wegen eines möglichen Freihaltungsbedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vom Schutz ausgenommen. Denn die nicht-technisch bedingten Bestandteile der angemeldeten Formmarke enthalten keine (technischen) Merkmale (einschließlich ihres möglichen Einsatzzweckes) der beanspruchten Waren und können diese damit nicht beschreiben. Damit lässt sich nicht feststellen, dass die angemeldete Formmarke ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestünde, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können und für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände angeben (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 – FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 – FÜNFER), die hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung selbst in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 – Berlin Card). Eine Schutzversagung kann damit nicht mit dem im Allgemeininteresse liegenden Ziel begründet werden, dass Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren bzw Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke zugunsten eines Unternehmens monopolisiert werden können (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rn. 25 – CHIEMSEE; GRUR 2004, 680, 681 Rn. 35, 36 – BIOMILD). 3. Für die nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses noch beanspruchten Fachwaren kann der angemeldeten dreidimensionalen Form auch nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft abgesprochen werden. a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT. 2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT. 2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT. 2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Bei dreidimensionalen Formen ist die danach für eine Schutzfähigkeit erforderliche Eignung als Unterscheidungsmittel nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nur dann zu bejahen, wenn die angemeldete Form, welche die beanspruchten Waren oder ihre Verpackung wiedergibt, erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit für die abgebildete Warenform oder -verpackung abweicht (vgl. EuGH MarkenR 2004, 224, 229 [Rz. 39] - Waschmitteltabs; MarkenR 2004, 231, 236 [Rz 37] - Quadratische Waschmitteltabs; MarkenR 2005, 102, 107 [Rz. 57] - Bonbonverpackung; MarkenR 2006, 19, 21 [Rz. 31] - Standbeutel; MarkenR 2006, 322, 325 [Rz. 26] - Storck [Form eines Bonbons]; MarkenR 2006, 329, 331 [Rz. 28] - Storck [Darstellung eines Bonbons]; EuGH MarkenR 2007, 475 - Develey-Flasche). c) Eine solche erhebliche Abweichung von der üblichen Gestaltungsform ist der streitgegenständlichen Formmarke infolge der bereits eingangs geschilderten nicht-technischen Gestaltungselemente zuzubilligen. Dabei ist im Ausgangspunkt zu berücksichtigen, dass die Anmeldemarke nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses nur noch für spezielle Steckverbinder beansprucht wird, die sich allein an einen Fachverkehr richten; denn die nur noch im eingeschränkten Warenverzeichnis erfassten Hochstromverbinder dürfen dem allgemeinen Handel nicht zugänglich gemacht werden und werden zudem nur in einem ausschließlich industriellen Marktsegment - was sich aus der Angabe ihres speziellen Einsatzgebietes, auch wenn hierdurch eine weitere Einschränkung des Warenverzeichnisses nicht bewirkt wird (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 679 [Rz. 114 f.] - Postkantoor), ergibt - vertrieben. Das mit diesen hochspezialisierten Waren konfrontierte Fachpublikum, das insbesondere aus in der Industrie tätigen Facheinkäufern besteht, ist aber daran gewöhnt, den Unterschied zwischen den rein technisch bedingten Formteilen und solchen ausschließlich der schnellen Herstellerorientierung dienenden Designbestandteilen ohne Mühe zu erkennen und damit gleichzeitig die Herkunft der einzelnen Spezialwaren aus einem bestimmten Unternehmen anhand letzterer zu identifizieren. Damit vermag das angesprochene Fachpublikum bereits solchen ihm ins Auge fallenden Gestaltungsmerkmalen einen Herkunftshinweis zu entnehmen, welche als nicht-technisch bedingte Formbestandteile einem allgemeinen Publikum erst gar nicht auffallen würden. Aus diesem Grund ist die für einen Schutz der Formmarke erforderliche Erheblichkeitsschwelle bei solchen Spezialwaren niedriger anzusetzen als bei sich an das allgemeine Publikum richtenden Produkten. Dass die hierdurch gegebene Erleichterung bei der Erlangung eines Markenschutzes mit einer gegenüber allgemeinen Waren einhergehenden deutlichen Einschränkung des Schutzumfangs der angemeldeten Formmarke - die sich in der Regel auf deren sog. „Eigenprägung“ beschränkt - verbunden ist, weil das Fachpublikum zugleich auch die Abweichungen der Gestaltungsteile bei konkurrierenden Produkten sehr viel leichter erkennt als das allgemeine Publikum und damit die mit der streitgegenständlichen Formmarke gekennzeichneten Produkte sehr viel müheloser von konkurrierenden Produkten mit ähnlicher Grundform, aber abweichenden herkunftshinweisenden Bestandteilen unterscheiden kann, ist dabei seitens der Anmelderin hinzunehmen. 4. Da die von der Markenstelle - aus ihrer Sicht noch zutreffende - Versagung des Schutzes der angemeldeten Formmarke nach der vorgenommenen Einschränkung des Warenverzeichnisses nicht mehr mit der Begründung eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufrechterhalten werden kann, war auf die Beschwerde der Anmelderin der Beschluss der Markenstelle aufzuheben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006560
BPatG
München
27. Senat
20100617
27 W (pat) 245/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Westfalen Sound" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 30 2008 049 467.0 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss vom 2. April 2009 die Anmeldung der Wortfolge Westfalen Sound als Marke für die Waren und Dienstleistungen Klasse 09 Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische und elektronische, photographische, Film-, optische, Wäge-Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten aller Art; Ton-, Bild- und datenträger aller Art, insbesondere Tonbänder, Kassetten, Compactdiscs, Schallplatten, DAT-Bänder, Videobänder, Disketten, CD-ROMs, Magnetaufzeichnungsträger, Halbleiteraufzeichnungsträger, sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; optische Geräte und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten, ausgenommen Brillen, Gläser, Brillenfassungen; Computersoftware (soweit in Klasse 9 enthalten); Beschallungsanlagen; Ton-, Licht-, Video-, Konferenz-, Bühnen- und Veranstaltungstechnikwaren, nämlich Lautsprecherboxen, Verstärker, Tonmischpulte, Mikrofone, Sendeanlagen, Elektrokabel, akustische Koppler, Amperemeter, Anschlussdosen, Anschlusskästen, Anschlussteile für elektrische Leitungen, Antennen, elektrische Anzeigegeräte, Apertometer, Audionen, elektrische Batterien, Belichtungsmesser, Bildschirme, Bildtelefone, Bildfunkgeräte, Blenden, Blitzlichter, Blitzlichtlampen, Codierer, Computerperipheriegeräte, Diapositive, Diaprojektoren, Dimmer, Drehzahlmesser, Elektrogeräte, Elektrokondensatoren, Elektromagnetspulen, elektronische Anzeigetafeln, elektronische Stifte für Bildschirmgeräte, Entfernungsmessgeräte, Entstörgeräte, Fernsprechapparate, Fernsteuerungsgeräte, Filme und Filmkameras, Filmschneidegeräte, Filter für fotografische Zwecke, Fluoreszenzschirme, Fotoapparate, Fotokopiergeräte, Frequenzmesser, Funksprechgeräte, Geschwindigkeitsmesser für die Fotografie, Geschwindigkeitsregler für Plattenspieler, Halbleiter, Hochfrequenzgeräte; Hologramme, Induktoren, Kabelkennfäden für elektrische Leitungen, Korrektionslinsen, kosmografische Instrumente, Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren, Lampen, Laser (nicht für medizinische Zwecke), Laser-Pointer, Lautsprecher, Leuchtschilder, Lichtpausapparate, Lichtstärkemesser, Mikroprozessoren, Mobiltelefone, Monitore, Plattenwechsler, Projektionsgeräte und Projektionsschirme, Radios, Scanner, Schallleitungen, Schallmembranen, Schallmessgeräte, Schalltrichter für Lautsprecher, Schaltpulte, Schalttafeln, Sender für elektronische Signale, Signalanlagen (leuchtend oder mechanisch), Spektrografen und Spektroskope, Stative für Fotoapparate und Filmkameras, Steuerungseinrichtungen, Strahlenmesser, Stromstärkemesser, Stromunterbrecher, Stromverlustanzeiger, Stromwandler und Stromwender, Taktmesser, Teleprompter, Transformatoren und Transistoren, Trockenapparate für Fotografien, Überspannungsschutzgeräte, Vergrößerungsapparate, Verstärkerröhren oder Verstärkerlampen, Verteilerschränke und Verteilertafeln, Voltmeter, Zeichentrickfilme, vorgenannte Waren auch geeignet zur Ausstattung einer Diskothek; Klasse 11 Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte und -anlagen, sanitäre Anlagen; Klasse 35 Marketing, Marktforschung, Marktanalyse; Unternehmens- und Organisationsberatung; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren; Meinungsforschung; Werbeforschung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Werbemittlung; Werbung, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, Internet-, Videotext- und Teletextwerbung; Werbevermarktung, insbesondere in vorbenannten Medien und über vorbenannte Medien; Veröffentlichung von Werbeprospekten; Werbefilmproduktion; Werbefilmvermietung; Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen, insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender (Computer-) Systeme; gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere zwecks Durchführung von Veranstaltungen aller Art; Klasse 37 Bauwesen, Reparatur von Veranstaltungstechnik, nämlich Lautsprecherboxen, Verstärkern, Tonmischpulten, Mikrofonen, Sendeanlagen, Elektrokabeln, akustischen Kopplern, Amperemetern, Anschlussdosen, Anschlusskästen, Anschlussteilen für elektrische Leitungen, Antennen, elektrischen Anzeigegeräten, Apertometern, Audionen, elektrischen Batterien, Belichtungsmessern, Bildschirmen, Bildtelefonen, Bildfunkgeräten, Blenden, Blitzlichtern, Blitzlichtlampen, Codierern, Computerperipheriegeräten, Diapositiven, Diaprojektoren, Dimmern, Drehzahlmessern, Elektrogeräten, Elektrokondensatoren, Elektromagnetspulen, elektronischen Anzeigetafeln, elektronischen Stiften für Bildschirmgeräte, Entfernungsmessgeräten, Entstörgeräten, Fernsprechapparaten, Fernsteuerungsgeräten, Filmen und Filmkameras, Filmschneidegeräten, Filtern für fotografische Zwecke, Fluoreszenzschirmen, Fotoapparaten, Fotokopiergeräten, Frequenzmessen, Funksprechgeräten, Geschwindigkeitsmessern für die Fotografie, Geschwindigkeitsreglern für Plattenspieler, Halbleitern, Hochfrequenzgeräten, Hologrammen, Induktoren, Kabelkennfäden für elektrische Leitungen, Korrektionslinsen, kosmografischen Instrumenten, Ladegeräten für elektrische Akkumulatoren, Lampen, Lasern (nicht für medizinische Zwecke), Laser-Pointern, Lautsprechern, Leuchtschildern, Lichtpausapparaten, Lichtstärkemessern, Mikroprozessoren, Mobiltelefonen, Monitoren, Plattenwechslern, Projektionsgeräten und Projektionsschirmen, Radios, Scannern, Schallleitungen, Schallmembranen, Schallmessgeräten, Schalltrichtern für Lautsprecher, Schaltpulten, Schalttafeln, Sendern für elektronische Signale, Signalanlagen (leuchtend oder mechanisch), Spektrografen und Spektroskopen, Stativen für Fotoapparate und Filmkameras, Steuerungseinrichtungen, Strahlenmessern, Stromstärkemessern, Stromunterbrechern, Stromverlustanzeigern, Stromwandlern und Stromwendern; Taktmessern, Telepromptern, Transformatoren und Transistoren, Trockenapparaten für Fotografien, Überspannungsschutzgeräten, Vergrößerungsapparaten, Verstärkerröhren oder Verstärkerlampen, Verteilerschränken und Verteilertafeln, Voltmetern, Zeichentrickfilmen, vorgenannte Waren auch geeignet zur Ausstattung einer Diskothek; Installationsarbeiten; Verleih von Beschallungsanlagen, Lichtanlagen und Bühnen; Montage von lichttechnischen tontechnischen und bautechnischen Anlagen; Installationsarbeiten; Verleih von Beschallungsanlagen, Lichtanlagen und Bühnen; Installation und Reparatur von Beschallungsanlagen, Ton-, Licht-, Video-, Konferenz-, Bühnen- und Veranstaltungstechnik, insbesondere Lautsprecherboxen, Verstärkern, Tonmischpulten, Mikrofonen, Sendeanlagen, Kabeln; Aufbau von Bühnenbauten, nämlich transportablen Bauten aus Metall; Vermietung von Veranstaltungstechnik, nämlich Lautsprecherboxen, Verstärker, Tonmischpulte, Mikrofone, Sendeanlagen, Elektrokabel, akustische Koppler, Amperemeter, Anschlussdosen, Anschlusskästen, Anschlussteile für elektrische Leitungen, Antennen, elektrische Anzeigegeräte, Apertometer, Audionen, elektrische Batterien, Belichtungsmesser, Bildschirme, Bildtelefone, Bildfunkgeräte, Blenden, Blitzlicht, Blitzlichtlampen, Codierer, Computerperipheriegeräte, Diapositive, Diaprojektoren, Dimmer, Drehzahlmesser, Elektrogeräte, Elektrokondensatoren, Elektromagnetspulen, elektronische Anzeigetafeln, elektronische Stifte für Bildschirmgeräte, Entfernungsmessgeräte, Entstörgeräte, Fernsprechapparate, Fernsteuerungsgeräte, Filme und Filmkameras, Filmschneidegeräte, Filter für fotografische Zwecke, Fluoreszenzschirme, Fotoapparate, Fotokopiergeräte, Frequenzmesser, Funksprechgeräte, Geschwindigkeitsmesser für die Fotografie, Geschwindigkeitsregler für Plattenspieler, Halbleiter, Hochfrequenzgeräte, Hologramme, Induktoren, Kabelkennfäden für elektrische Leitungen, Korrektionslinsen, kosmografische Instrumente; Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren, Lampen, Laser (nicht für medizinische Zwecke), Laser-Pointer, Lautsprecher, Leuchtschilder, Lichtpausapparate, Lichtstärkemesser, Mikroprozessoren, Mobiltelefone, Monitore, Plattenwechsler, Projektionsgeräte und Projektionsschirme, Radios, Scanner, Schallleitungen, Schallmembranen, Schallmessgeräte, Schalltrichter für Lautsprecher, Schaltpulte, Schalttafeln, Sender für elektronische Signale, Signalanlagen (leuchtend oder mechanisch), Spektrografen und Spektroskope, Stative für Fotoapparate und Filmkameras, Steuerungseinrichtungen, Strahlenmesser, Stromstärkemesser, Stromunterbrecher, Stromverlustanzeiger, Stromwandler und Stromwender, Taktmesser, Teleprompter, Transformatoren und Transistoren, Trockenapparate für Fotografien, Überspannungsschutzgeräte, Vergrößerungsapparate, Verstärkerröhren oder Verstärkerlampen, Verteilerschränke und Verteilertafeln, Voltmeter, Zeichentrickfilme, vorgenannte Waren auch geeignet zur Ausstattung einer Diskothek; Installation und Montage von Waren der Veranstaltungstechnik, die Unterhaltungs- und kulturellen Zwecken dienen; Klasse 38 Telekommunikation; Ausstrahlung von Film-, Fernseh-, Internet-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Teletextprogrammen oder -sendungen, insbesondere Werbespots; Sammeln und Liefern von Nachrichten und allgemeinen Informationen; Ton-, Bild- und Datenübertragung durch Kabel, Satellit, Computer(-Netzwerke), Telefon- und ISDN-Leitungen sowie jegliche weitere Übertragungsmedien; Klasse 41 Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Produktion von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Internet-, Teletextprogrammen oder -sendungen; Bild- und Tonträgervermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Katalogen, Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Produktion (Vervielfältigung) von belichteten oder bespielten Ton- und Bildträgern für Dritte; entgeltliche Zurverfügungstellung eines Ton-, Film-, Fernseh- oder Videostudios, einschließlich der Benutzung der technischen Einrichtungen auch mittels technischer Unterstützung durch Bedienungspersonal; Ton- und Bildaufzeichnung für Dritte; Vermittlung von Künstlern; Produktion von Musik- und Sprachaufnahmen; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, insbesondere Stadtfesten, privaten und öffentlichen Feiern, Ton-, Licht-, Video- und Bühnenveranstaltungen; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Konferenzveranstaltungen, insbesondere Seminaren, Workshops, Kolloquien; Vermietung von Waren der Veranstaltungstechnik, welche Unterhaltungs- und kulturellen Zwecken dienen; Klasse 42 Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Serviceplanung, nämlich Beratung bei der technischen Planung und Durchführung von Veranstaltungen in den Produktsparten Lichttechnik, Video- und Großbildübertragungstechnik sowie Beschallungstechnik; Einrichten und Betreiben einer Datenbank; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; gewerbliche und Bauberatung auf dem Gebiet des Schallschutzes (soweit in Klasse 42 enthalten) nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 12. Januar 2009, zu welchem die Anmelderin keine Stellung genommen hatte, als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe zurückgewiesen. In dem Beanstandungsbescheid war ausgeführt worden, dass die angemeldete Bezeichnung als geografische Angabe angesehen werden könne, mit der auf den Herkunfts-, Erbringungs- oder Bestimmungsort der beanspruchten Waren und Dienstleistungen sowie deren Art, Inhalt, Thematik oder Bestimmung hingewiesen werde; für das Freihaltungsbedürfnis spreche, dass vergleichbare Angaben bereits jetzt beschreibend verwendet würden. Die hiergegen eingelegte, nicht näher begründete Erinnerung der Anmelderin wurde mit Beschluss vom 4. August 2008, auf den Bezug genommen wurde, ebenfalls zurückgewiesen. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie keine beschreibende Angabe darstelle. Dem Wort „Westfalen“ komme kein konkret waren- oder dienstleistungsbeschreibender Sinngehalt zu; es beschreibe weder die Art der Musikgestaltung noch der Musiktechnik. Der weitere Begriff „Sound“ habe verschiedene Bedeutungen, was allein schon schutzbegründend sei. Auch die Zusammensetzung beider Bestandteile weise keinen beschreibenden Sinngehalt auf, sondern bezeichne die Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Für die Schutzfähigkeit spreche auch die Eintragung vergleichbarer Drittmarken. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2009 und 4. August 2009 aufzuheben. Ihren zunächst gestellten Hilfsantrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 4. März 2010 zurückgenommen und um Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten. II. A. Da die Anmelderin ihren Hilfsantrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen hat und der Senat eine solche nicht für erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden. B. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1 MarkenG versagt, weil ihr jedenfalls die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington;  MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Dies ist aber bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). 2. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, bezeichnet der Markenteil „Westfalen“ den nordöstlichen Teil des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Der weitere Bestandteil „Sound“, der in der englischen Sprache für „Schall; Laut; Geräusch; Ton; Klang; Laut; pl. Töne; Wortgeklingel; Wortschwall“ (vgl. Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch. 3. Aufl. Mannheim 2005 [CD-ROM], Stichwort „sound“) steht, hat auch in den deutschen Sprachgebrauch Einlass gefunden, wo es den „für einen Instrumentalisten, eine Gruppe oder einen Stil charakteristischen Klang und die charakteristische Klangfarbe“ bezeichnet (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM], Stichwort „Sound“).  Bei den begrifflichen Übersetzungen bzw. Umschreibungen des Begriffs „Sound“ handelt es sich dabei entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht um mehrdeutige Angaben, sondern um sog. Synonyme; ungeachtet dessen ist eine Mehrdeutigkeit entgegen der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach der allein maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aber ohnehin nicht schutzbegründend, denn reicht es für die Schutzversagung bereits aus, wenn ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD). 3. In ihrer Verbindung wird das Publikum die Anmeldemarke ohne Mühe im Sinne „Klang (-Farbe) (für oder aus) Westfalen“ verstehen. In Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die - Gegenteiliges hat die Anmelderin jedenfalls nicht geltend gemacht - allesamt mit der Klangerzeugung und -wiedergabe in Zusammenhang stehen können, indem sie ihr dienen oder diese ihren Inhalt und Gegenstand darstellen kann, wird das Publikum die Anmeldemarke nur als Sachhinweis auf diesen Umstand, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen ansehen. Damit fehlt ihr die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. 4. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass sich die Anmelderin auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken berufen hat. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007,351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). 5. Da der Anmeldemarke bereits die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob sie auch, wie von der Markenstelle angenommen wurde, nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freizuhalten ist. C. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen wegen der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht ebenso wenig Veranlassung wie für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG oder § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006561
BPatG
München
28. Senat
20100804
28 W (pat) 30/10
Beschluss
§ 39 Abs 1 MarkenG, § 119 BGB, § 142 BGB
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "OKAGEL" – Einreichung eines neu gefassten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nach Beanstandung durch Markenstelle - Teilrücknahme der Anmeldung im Umfang der nicht mehr in der Fassung des Verzeichnisses aufgeführten Waren – Vortrag der Markenanmelderin nach Markeneintragung: Beanstandung der Markenstelle sei unrichtig – kein nachträglicher Widerruf der Teilrücknahme möglich – kein Vorliegen einer wirksamen (unmittelbaren oder durch Auslegung erfolgten) Anfechtung wegen Irrtums
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 30 2008 060 840 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 4. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke OKAGEL wurde am 20. September 2008 zur Eintragung in das Register angemeldet. Das ursprünglich mit der Anmeldung eingereichte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis lautete wie folgt: „Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Baumaterialien aus Glas, insbesondere als Konstruktionselemente; Isolierglas; lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende und/oder isolierende, insbesondere wärmedämmende Scheiben oder Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Ein- oder Mehrscheiben- und/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke; lichtdurchlässige Bauteile aus Ein- und Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen; Dachplatten aus Glas. Klasse 37: Bauwesen. Klasse 42: Architekten- und Designerdienstleistungen, insbesondere in Verbindung mit industriellen Forschungsdienstleistungen.“. Mit Bescheid vom 25. November 2008 wurde die Anmelderin und jetzige Markeninhaberin von der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) auf Mängel des eingereichten Waren-/ und Dienstleistungsverzeichnisses aufmerksam gemacht. Im Hinblick auf die von der Anmelderin in die Klasse 19 eingruppierte Produktbezeichnung „lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende und/oder isolierende, insbesondere wärmedämmende Platten aus Glas und/oder Kunststoff , insbesondere als Ein- oder Mehrscheiben- und/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke“ wurde darauf hingewiesen, dass diese nach der Internationalen Klassifikation von Waren und Dienstleistungen in die Klasse 17 einzuordnen seien. Dies gelte ebenso für die Produktbezeichnung „lichtdurchlässige Bauteile aus Ein- und Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen “. Die Markeninhaberin wurde deshalb aufgefordert, die entsprechenden Begriffe entweder zu streichen oder die ansonsten anfallende vierte Klassengebühr zu entrichten. Daraufhin reichte die Anmelderin mit Eingabe vom 10. Dezember 2008 ein neues Waren-/Dienstleistungsverzeichnis ein und hielt der geltend gemachten Beanstandung entgegen, im Gegensatz zur Markenstelle habe die WIPO ihren Antrag auf internationale Registrierung der Markenanmeldung mit dem identischen Waren-/Dienstleistungsverzeichnis problemlos akzeptiert, mit dem auch die nationale Anmeldung erfolgt sei. Dem Schriftsatz war darüber hinaus noch ein weiteres, mit der Überschrift „äußerst hilfsweise Alternative“ versehenes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis beigefügt. Mit erneutem Beanstandungsbescheid vom 11. Dezember 2008 wies die Markenstelle nochmals darauf hin, dass die Warenbegriffe „isolierend, wärmedämmend“ sowie „mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen“ als Eigenschaften in die Klasse 17 einzuordnen seien und forderte die Anmelderin unter Fristsetzung auf, die fraglichen Warenangaben zu streichen oder die zusätzliche Klassengebühr zu entrichten. Mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 hielt die Anmelderin zwar an ihren Zweifeln hinsichtlich der korrekten Klassifikation der fraglichen Waren fest, überreichte aber dennoch ein neu gefasstes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis: „Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); Baumaterialien aus Glas, insbesondere als Konstruktionselemente; Isolierglas für Bauzwecke; lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende Scheiben oder Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Ein- oder Mehrscheiben- und/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke; Dachplatten aus Glas. Klasse 37: Bauwesen. Klasse 42: Architekten- und Designerdienstleistungen, insbesondere in Verbindung mit industriellen Forschungsdienstleistungen.“. Hierzu führte sie wörtlich aus: „Anliegend wird das wie bisher nach Klassen numerisch aufsteigend geordnete Gesamtverzeichnis der Waren und Dienstleistungen überreicht, aus welchem die beanstandeten, Produkteigenschaften beschreibende Angaben gestrichen sind. Es wird nunmehr wie beantragt, um beschleunigte Eintragung gebeten, nachdem allen Beanstandungen des Prüfers durch Streichung entsprochen ist.“ Mit Verfügung der Markenstelle vom 22. Januar 2009 wurde die angemeldete Marke mit diesem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis in das Register eingetragen. Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2009 machte die Markeninhaberin geltend, aus der IR-Eintragungsurkunde ergebe sich, dass die von der Markenstelle vorgenommene Beanstandung zu Unrecht erfolgt sei und beantragte sinngemäß die Eintragung im nationalen Register entsprechend abzuändern und um die zu Unrecht beanstandeten Warenbegriffe in der Klasse 19 zu ergänzen. Mit Bescheid vom 17. Juni 2009 teilte die Markenstelle der Inhaberin mit, diesem Antrag nicht entsprechen zu können. Darauf machte die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2009 geltend, sie habe erst mit Erhalt der Eintragungsverfügung bemerkt, dass in dem mit Eingabe vom 7. Januar 2009 eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis die Warenbezeichnung „lichtdurchlässige Bauteile aus Ein- und Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff“ versehentlich gefehlt habe. Von einer Teilrücknahme oder einer Einschränkung der angemeldeten Warenangaben in Klasse 19 könne diesbezüglich keine Rede sein. Insbesondere sei dieses irrtümlich verkürzte Verzeichnis nicht vorbehaltlos eingereicht worden, was sich auch aus dem damaligen Schriftsatz eindeutig ergebe. Mit Beschluss vom 26. Oktober 2009 hat die Markenstelle für Klasse 19 des DPMA den Antrag der Markeninhaberin auf Ergänzung- bzw. Berichtigung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 sei das mit der Anmeldung beanspruchte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis rechtswirksam und unwiderrufbar eingeschränkt worden. Eine Anfechtung wegen Irrtums scheide bereits deshalb aus, weil sie nicht unverzüglich nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgt sei. Zudem fehle es an jeden konkreten Angaben zum genauen Anfechtungsgrund sowie zur Kausalität zwischen Irrtum und Erklärung. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Zur Begründung trägt sie vor, bereits der Beanstandungsbescheid vom 25. November 2008 stelle sich als willkürlich dar, da in dem mit der Anmeldung eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis keine Waren der Klasse 17 enthalten gewesen seien. Vielmehr habe die Anmelderin verkehrsübliche Begriffe in deutscher Sprache gewählt und dabei neben der Produktbezeichnung „Baumaterialien (nicht aus Metall)“ lediglich einschränkende Eigenschaftsangaben verwendet. Alle diese Waren fielen deshalb in die Klasse 19. Das vorgelegte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis sei somit hinreichend bestimmt formuliert und richtig einklassifiziert worden. Dies bestätige die internationale Registrierung der Marke am 30. Oktober 2008 mit eben diesem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis, das von der WIPO zu keinem Zeitpunkt beanstandet worden sei. Angesichts der von Anfang an unberechtigten Beanstandungsbescheide der Markenstelle könne die Streichung bzw. der Verzicht auf die betroffenen Waren nicht als Zurücknahme der Anmeldung in diesem Umfang ausgelegt werden. Die Anmelderin habe ausdrücklich nur auf die Produkteigenschaften wegen der beanstandeten Worte „wärmedämmende“ und „mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen“ verzichtet, nicht aber auf die damit charakterisierten Waren. Zudem sei ihr rechtliches Gehör verletzt worden, da die Markenstelle bereits vor Ablauf einer ihr zuvor gesetzten Frist bis zum 26. Februar 2009 die Eintragung der Marke verfügt habe. Außerdem regt die Beschwerdeführerin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß) den angefochtenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben und festzustellen, dass die Marke 30 2008 060 840 auch für deren in Klasse 19 angemeldeten Waren „Baumaterialien (nicht aus Metall); Baumaterialien aus Glas, insbesondere als Konstruktionselemente; Isolierglas; lichtdurchlässige und/oder lichtstreuende und/oder isolierende, insbesondere wärmedämmende Scheiben oder Platten aus Glas und/oder Kunststoff, insbesondere als Ein- oder Mehrscheiben- und/oder -schichten-Isolierglas für Bauzwecke; lichtdurchlässige Bauteile aus Ein- und Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen; Dachplatten aus Glas“ in das Register einzutragen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat den Antrag auf Ergänzung- bzw. Berichtigung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der verfahrensgegenständlichen Marke zu Recht zurückgewiesen. 1. Die Markenstelle ist hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis zutreffend von einer Teilrücknahme der Anmeldung gemäß § 39 Abs. 1 MarkenG im Umfang der nicht mehr in dieser Fassung des Verzeichnisses aufgeführten Waren ausgegangen. Soweit die Markeninhaberin geltend macht, von einer solchen Teilrücknahme könne schon deshalb keine Rede sein, weil das fragliche Verzeichnis nicht vorbehaltlos eingereicht worden sei, fehlt es hierfür an jeglichen Anhaltspunkten. So hat die Markeninhaberin in dem genannten Schriftsatz ausdrücklich vorgetragen: „ Anliegend wird das wie bisher nach Klassen numerisch aufsteigend angeordnete Gesamtverzeichnis der Waren und Dienstleistungen überreicht, aus welchem die beanstandeten, Produkteigenschaften beschreibende Angaben gestrichen sind. Es wird nunmehr wie beantragt, um beschleunigte Eintragung gebeten, nachdem allen Beanstandungen des Prüfers durch Streichung entsprochen ist.“ Diesen Ausführungen lässt sich bei Zugrundelegen eines objektiven Empfängerhorizonts der unmissverständliche Antrag entnehmen, die angemeldete Marke mit eben diesem Waren-/Dienstleistungsverzeichnis unverzüglich einzutragen. Ebenso unzweideutig ist das Vorbringen als Teilrücknahme der nicht mehr in diesem Verzeichnis aufgeführten Waren zu verstehen. Konkrete Vorbehalte sind aus dem genannten Rücknahmeschriftsatz nicht ersichtlich – mögliche innere Vorbehalte wären von vornherein unbeachtlich. Dass die Teilrücknahme vorbehaltlos erfolgte, tritt im vorliegenden Fall auch deshalb umso deutlicher hervor, als die Markeninhaberin ein zuvor mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2008 eingereichtes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis noch ausdrücklich mit dem Hinweis „ äußerst hilfsweise Alternative “ überschrieben hatte. Da somit vorliegend kein Fall einer lediglich unter Vorbehalt erklärten Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnis gegeben ist, kann die Frage, ob eine solche, bedingt erklärte Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnis überhaupt zulässig wäre, unerörtert bleiben (vgl. hierzu Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 39, Rdn. 6 m. w. N.). Die mit Schriftsatz vom 7. Januar 2009 erklärte Teilrücknahme der Anmeldung entfaltete mit ihrem Eingang beim DPMA am 9. Januar 2009 unmittelbare Rechtswirkungen. Ein nachträglicher Widerruf der Teilrücknahme ist ausgeschlossen (Kirschneck, a. a. O., § 39, Rdn. 5 m. w. N.). Bei dieser Sach- und Rechtslage ist für eine Überprüfung der Frage, ob die von der Markenstelle vorgenommene Klassifizierung der mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen zutreffend war oder nicht kein Raum. Der Senat weist aber dennoch zur Klarstellung darauf hin, dass aus der beanstandungslosen, internationalen Registrierung der Marke keineswegs Rückschlüsse auf eine fehlerhafte Vorgehensweise der Markenstelle gezogen werden können, wie dies die Markeninhaberin annimmt. Denn die internationale Registrierung einer Marke entfaltet im Hinblick auf klassifikationsrechtliche Fragen keinerlei Rechtswirkungen, wie dies bereits die Markenstelle in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt hat. Vielmehr erfolgt die Registrierung durch die WIPO ohne jede vorherige Schutzfähigkeitsprüfung der betreffenden Marke sowie ohne Überprüfung der korrekten Klassifizierung der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen. Aus diesem Grund steht die Registrierung stets unter dem Vorbehalt, dass die beim nationalen Amt (hier: dem DPMA) angemeldete, so genannte „Basismarke“ tatsächlich in dem ursprünglich angegebenen Umfang zur Eintragung gelangt. Kommt es nicht dazu, wird also die Basismarke nach Durchlaufen des nationalen Verfahrens dort gar nicht oder nur für einen Teil der ursprünglich mit der Anmeldung beantragten Waren oder Dienstleistungen registriert, geht auch der Schutz der IR-Marke in dem entsprechenden Umfang verloren. 2. Zwar ist die Anfechtung einer Teilrücknahme der Anmeldung beim Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich möglich (Kirschneck, a. a. O., § 39, Rdn. 5 m. w. N.). Die Markeninhaberin hat die von ihr erklärte Teilrücknahme der Anmeldung jedoch nicht wirksam gemäß §§ 119, 142 BGB angefochten. Mit ihrem Schriftsatz vom 11. Februar 2009 hat sie geltend gemacht, aus der Urkunde der internationalen Registrierung der Marke ergebe sich, dass die von der Markenstelle vorgenommene Beanstandung völlig zu Unrecht erfolgt sei und beantragte deshalb sinngemäß die Eintragung im nationalen Register in der Klasse 19 entsprechend zu ändern und um die beanstandeten Warenbegriffe zu ergänzen. Unabhängig davon, dass diese Rechtsansicht – wie oben dargelegt – unzutreffend ist, lässt sich dem Schriftsatz weder unmittelbar noch mittels Auslegung eine Anfechtungserklärung wegen Irrtums entnehmen. In ihrem Schriftsatz vom 24. Juli 2009 hat die Markeninhaberin ebenfalls nicht ausdrücklich erklärt, ihre Rücknahmeerklärung wegen Irrtums anfechten zu wollen. Sie hat vorgetragen, erst mit Erhalt der Eintragungsverfügung habe sie bemerkt, dass in dem mit Eingabe vom 7. Januar 2009 eingereichten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis die Warenbezeichnung „lichtdurchlässige Bauteile aus Ein- und Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff“ versehentlich gefehlt habe. Von einer Teilrücknahme oder einer Einschränkung hinsichtlich der fraglichen Warenangaben könne keine Rede sein, insbesondere sei dieses irrtümlich verkürzte Verzeichnis nicht vorbehaltlos eingereicht worden, wie sich dies auch aus dem damaligen Schriftsatz ergebe. Es kann dahinstehen, ob diese Ausführungen als Anfechtungserklärung zu werten sind. Denn die Markeninhaberin hatte nach ihrem eigenen Vortrag mit Empfang der Eintragungsurkunde (am 5. Februar 2009) Kenntnis aller relevanten Umstände erlangt. Eine erst über fünf Monate danach erklärte Anfechtung wäre somit keinesfalls „unverzüglich“, also ohne schuldhaftes Zögern erfolgt und deshalb ohnehin als verspätet zurückzuweisen (§ 121 BGB). Dass es der Markeninhaberin aber überhaupt nicht auf eine Irrtumsanfechtung ankommt, zeigt ihr Beschwerdeantrag. Ihr Rechtsmittel hat die Markeninhaberin darauf gestützt, die Streichung bzw. der Verzicht auf die betroffenen Waren könne nicht als Zurücknahme der Anmeldung gewertet werden, weil die vorausgegangenen Beanstandungsbescheide der Markenstelle von Anfang an unberechtigt gewesen seien. Die Markeninhaberin habe in ihrem Schriftsatz vom 7. Januar 2009 ausdrücklich nur auf die Produkteigenschaften „wärmedämmende“ und „mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen“, nicht aber auf die damit charakterisierten Waren verzichtet. Dieses Vorbringen kann jedoch schon deshalb nicht als schlüssige, in sich widerspruchsfreie Darlegung relevanter Anfechtungsgründe gewertet werden, weil sich der Beschwerdeantrag der Markeninhaberin nicht etwa nur auf die Ergänzung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses um diese Waren (also „lichtdurchlässige Bauteile aus Ein- und Mehrschichtenplatten aus Glas und/oder Kunststoff“) richtet. Vielmehr beantragt sie darüber hinaus eine weitergehendere Ergänzung des Verzeichnisses um die Angaben „wärmedämmende“ und „mit Einlagen/-füllungen von Wärmedämmstoffen“. Hinsichtlich dieser Produkte hatte sie jedoch sogar nach ihrem eigenen Vortrag die Teilrücknahme der Anmeldung erklären wollen. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vorbringens der Markeninhaberin ergibt sich somit eindeutig, dass es ihr nicht um eine Irrtumsanfechtung geht, sondern quasi um eine „Restitution“ des Zustandes vor der von ihr – wirksam – erklärten Teilrücknahme. Für eine solche Rückgängigmachung der Rücknahmeerklärung bzw. Wiederherstellung der vorherigen Situation gibt es jedoch keine Rechtsgrundlage. Die Auffassung, das Vorgehen der Markenstelle erweise sich angesichts der hiervon abweichenden Vorgehensweise der WIPO als willkürlich und unberechtigt, bietet hierfür jedenfalls keinen Anhaltspunkt und stellt sich ohnehin als bloßer Rechtsirrtum dar. 3. Soweit sich die Markeninhaberin durch die Eintragung der Marke am 22. Januar 2009 in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt sieht, geht sie ebenfalls fehl. Mit Bescheid vom 17. Januar 2009 hatte die Markenstelle der Markeninhaberin zwar tatsächlich eine Frist von einem Monat gesetzt – diese bezog sich jedoch auf die Vorlage des eingeschränkte Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses, das die Anmelderin mit ihrem Schriftsatz vom 7. Januar 2009 eingereicht hatte, der Markenstelle aber zum Zeitpunkt des genannten Bescheids offensichtlich aus amtsinternen Gründen noch nicht im Original vorlag. Nachdem dieses Verzeichnis kurz darauf zur Akte gelangt war, hat die Markenstelle dann (wie dies die Anmelderin in dem fraglichen Schriftsatz selbst beantragt hatte) unverzüglich die Eintragung verfügt. Anhaltspunkte für eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin sind in dieser Vorgehensweise nicht ersichtlich. Die Beschwerde war nach alldem als unbegründet zurückzuweisen. Die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Weder ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Auch die Markeninhaberin hat hierzu keine konkrete Rechtsfrage aufzeigen können. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von der Anmelderin nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).
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BMJV
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München
28. Senat
20100825
28 W (pat) 543/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Der ORANGE Laden" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 030 425.4 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Register ist die Wortfolge Der ORANGE Laden als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 14 und 35 „Waren aus Metall, so weit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, so weit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Einzel- und Großhandelsdienstleistungen auch über das Internet mit Waren der Klassen 6, 14, 18, 20 und 21“. Die Markenstelle für Klasse 6 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Marke stelle sich als sprachüblich gebildete, beschreibende Angabe dar, mit der produktbezogenen Bedeutung einer Verkaufsstätte, in der Waren einer bestimmten Farbe angeboten würden. Die darüber hinaus beanspruchten Einzel- und Großhandelsdienstleistungen könnten auf entsprechende Produkte ausgerichtet bzw. spezialisiert sein. Ein Teil des Verkehrs werde in der Wortfolge zudem einen Sachhinweis auf die farbliche Gestaltung der Verkaufsräumlichkeiten sehen, aber ihr auch in dieser Bedeutung keinen Hinweis auf einen ganz bestimmten Anbieter entnehmen. Die Anmelderin hat gegen die Zurückweisungsentscheidung am 8. Januar 2010 Beschwerde eingelegt, in der Sache aber keine Stellungnahme abgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Wortfolge weist nicht die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Anmelderin die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt hat und sie nach Wertung des Senats auch nicht geboten ist. Der Umstand, dass sich die Anmelderin im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, steht einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ebenfalls nicht entgegen. Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung (§ 69 MarkenG). Die Anmelderin konnte auch nicht davon ausgehen, dass sie durch das Gericht im Vorhinein über den konkreten Termin für die Beschlussfassung unterrichtet wird (vgl. BGH GRUR 1997, 223 - Ceco). Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet es lediglich, ihr die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben und ihre eigene Auffassung zu den entsprechenden Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen (vgl. Knoll in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 83 Rdn. 30 ff.). Nachdem seit Einlegung der Beschwerde mehr als sieben Monate vergangen sind, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Anmelderin hierzu hinreichend Gelegenheit hatte. Die anwaltlich vertretene Anmelderin hat auch nicht angekündigt, zu einem späteren Zeitpunkt noch zur Sache Stellung nehmen zu wollen. Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 - Libertel). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 28 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Dies gilt für Marken, die nur aus einem einzelnen Wort bestehen ebenso wie für Wortfolgen, ohne dass insoweit unterschiedliche Anforderungen an ihre Unterscheidungskraft anzulegen sind (vgl. BGH, MarkenR 2002, 338 - Bar jeder Vernunft). Mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden die allgemeinen Endverbraucher angesprochen. Diese Verkehrskreise werden in der angemeldeten Marke eine sprachüblich gebildete und aus sich heraus verständliche Sachaussage sehen, mit der in unzweideutiger Weise auf ein Einzelhandelsgeschäft (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., 2006 [CD-ROM] - Stichwort: „Laden“) mit einem auf die Farbe Orange fokussierten Produktspektrum hingewiesen wird. Mit diesem Bedeutungsgehalt stellt die Wortfolge für die Verbraucher gleichzeitig einen werbeüblich formulierten Zielgruppenhinweis dar, durch den ein bestimmter Kundenkreis mit einer Vorliebe für die Farbe Orange angesprochen werden soll. Dieses Verständnis ist umso naheliegender, als farborientiertes Design auf dem hier einschlägigen Schmuck- und Uhrensektor eine zentrale Rolle spielt und sich Orange als belebender, fröhlicher Farbton beim Publikum besonderer Beliebtheit erfreut. Vor diesem Hintergrund ist die angemeldete Wortfolge geeignet, die angesprochenen Verbraucher über ein wesentliches Merkmal der beanspruchten Waren sowie über ihren Vertriebsort zu informieren (vgl. hierzu auch EuG, T-226/07, Rdn. 33 - PRANAHAUS, veröffentlicht unter http://curia.europa.eu; ihn bestätigend EuGH MarkenR 2010, 85 ff. - PRANAHAUS). So kann es sich bei den fraglichen Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumenten sowie aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren um in der Farbe Orange gehaltene Produkte handeln. Die darüber hinaus beanspruchten Edelmetalle und deren Legierungen sowie Edelsteine (wie etwa Karneole oder Jaspis) können zur Herstellung derartiger Produkte bestimmt sein. Soweit mit der Anmeldung Einzel- und Großhandelsdienstleistungen beansprucht werden, beziehen sich diese häufig auf ein spezifisches, d. h. auf besondere Kundenvorlieben ausgerichtetes Produktspektrum, so dass der jeweilige Dienstleistungserbringer gehalten ist, ein diesen Kundenwünschen entsprechendes Warensortiment aufzubauen bzw. die fraglichen Produkte auszuwählen und zu präsentieren. In diesem Zusammenhang ist die angemeldete Wortfolge geeignet, den Gegenstand der Dienstleistungen zu beschreiben, indem sie das maßgebliche Produktmerkmal benennt. Als häufig verwendetes Werbemittel ist der Verkehr seit langem an solche sloganartigen Aussagen gewöhnt, wobei ihm bewusst ist, dass mit ihnen die Aufmerksamkeit auf die beworbenen Produkte oder Leistungen gelenkt werden soll. Zwar lässt der Umstand, dass eine Wortfolge von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbemittel wahrgenommen wird, nicht schon für sich genommen den Rückschluss auf ihre fehlende Unterscheidungskraft zu (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rdn. 41 f. - Vorsprung durch Technik). Vielmehr schließt es ein werbemäßig anpreisender Sinngehalt nicht von vornherein aus, dass eine solche Wortmarke (auch) als betriebsbezogener Hinweis wahrgenommen werden kann (vgl. EuGH, a. a. O., Rdn. 45; sowie EuGH GRUR 2004, 1027, Rdn. 41 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BGH GRUR 2009, 949, Rdn. 12 - My World). Die vorliegend angemeldete Wortfolge erschöpft sich jedoch in einer gewöhnlichen Werbemitteilung, so dass nicht von einer in markenrechtlicher Hinsicht unterscheidungskräftigen Marke ausgegangen werden kann. Da das angemeldete Zeichen somit die zwingend erforderliche betriebliche Kennzeichnungsfunktion nicht erfüllen kann, steht ihrer Eintragung bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Frage, ob auch ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist - wofür nach Auffassung des Senats vieles spricht -, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Die Beschwerde war zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006564
BPatG
München
30. Senat
20100511
30 W (pat) 3/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "RGFLEX (IR-Marke)" - beschreibende Angabe - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die IR-Marke 883 963 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. Mai 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland sucht die international registrierte Marke RGFLEX nach; das Warenverzeichnis lautet: "Câbles électriques ou à fibres optiques pour les télécommunications, notamment câbles électriques ou à fibres optiques pour appareils et équipements audio et câbles électriques ou à fibres optiques pour applications dans le domaine radio fréquence." Die Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke in zwei Beschlüssen, einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen, den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses verweigert. Die IR-Marke bestehe erkennbar aus der Buchstabenfolge "RG" und dem Kürzel "FLEX". "RG" sei auf dem hier verfahrensgegenständlichen Gebiet die Abkürzung für "Radio Guide" und bezeichne damit Koaxialkabel, die auf dem Gebiet der Elektronik- und Hochfrequenztechnik, der Sende- und Empfangstechnik und der Videoübertragung eingesetzt werden können. "RG" sei im Elektronikbereich eine gängige Bezeichnung fast in der Art eines Gattungsbegriffs, andere Bedeutungen stünden nicht im Vordergrund. "FLEX" sei die lexikalisch nachweisbare Abkürzung von "flexibel" und stelle eine allgemeine Beschaffenheitsangabe dar. In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Waren werde der Verkehr in der Buchstabenfolge "RGFLEX" lediglich einen allgemein beschreibenden Hinweis auf flexible RG-Kabel,  flexible Koaxialkabel sehen. Die beschreibende Verwendung beider Bestandteile sei im einschlägigen Warengebiet feststellbar. Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt und ausgeführt,  zumindest für die Endabnehmer der in Frage stehenden Kabel sei "RGFLEX" keine eindeutig beschreibende Sachangabe. Auch wenn die Händler möglicherweise darin eine beschreibende Sachangabe sähen, habe die Buchstabenfolge für die Endabnehmer keine Bedeutung. Wegen der Mehrdeutigkeit der Bestandteile handle es sich nicht um ein eindeutig beschreibendes Zeichen, so dass Unterscheidungskraft gegeben sei.  Das Zeichen sei auch nicht freihaltebedürftig; der Endabnehmer kenne die Abkürzung für "Radio Guide" nicht, er werde nur diffuse Vorstellungen dazu haben, was "RG" beschreiben könnte. Zudem habe das Amt eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise vorgenommen. Die Markeninhaberin beruft sich auf vergleichbare Voreintragungen. Die IR-Markeninhaberin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. April 2008 und vom 14. Oktober 2009 aufzuheben und der Marke den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Markeninhaberin in einem Zwischenbescheid übersandten Hinweise Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der IR-Markeninhaberin ist in der Sache ohne Erfolg. Bei der schutzsuchenden IR-Marke "RGFLEX" handelt es sich um eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ, weshalb ihr der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu Recht von der Markenstelle verweigert worden ist (§§ 107, 113, 37 Abs. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 MMA). 1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem durch den gemeinsamen europäischen Markt nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - Test it). Dabei nimmt der Verkehr Kennzeichen von Waren und Dienstleistungen regelmäßig in der Form auf, wie sie ihm entgegentreten und ist erfahrungsgemäß wenig geneigt, sie begrifflich zu analysieren, um beschreibende Bedeutungen herauslesen zu können, so dass die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und keine zergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - 164 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort oder einer Wortfolge mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es Bezeichnungsalternativen, nämlich Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412 - BIOMILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck "dienen können". Es ist auch unerheblich, wie groß die Zahl der Mitbewerber ist, für die eine beschreibende Verwendung in Betracht kommt, weil beschreibende Angaben und Zeichen jedermann zur freien Benutzung verfügbar bleiben müssen (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). 2. In diesem Sinn ist die Marke "RGFLEX" eine beschreibende, freihaltebedürftige Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der von der Marke erfassten Waren dienen kann. Die Wortmarke "RGFLEX" stellt eine Zusammensetzung aus einer Fachabkürzung für eine englische Wortfolge und einer weiteren Abkürzung für ein im Deutschen gebräuchliches Wort dar. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, soweit die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 - BioID). Die Buchstabenfolge "RG" ist die Abkürzung für den Fachbegriff  "Radio Guide" und im Zusammenhang mit Kabeln Bestandteil der Normbezeichnung für Koaxialkabel (vgl. "RG" unter www. wikipedia.org; "Koaxialkabel-Kabelbezeichnungen" unter www. wikipedia.org; "RG" unter www. abkuerzungen.org). Wie aus den der Markeninhaberin mit entsprechendem Hinweis des Senats übersandten Belegen einer Internetrecherche ersichtlich, wird der Bestandteil "RG" in diesem Sinne in der Zusammensetzung "RG-Kabel" als Fachbegriff verwendet, um einen bestimmten Typ von Koaxialkabel zu bezeichnen, der einer bestimmten Norm entspricht. Mehrere Hersteller bzw. Lieferanten für Kabelkonfektionierung bieten Koaxialkabel unter der Bezeichnung "RG-Kabel" bzw. "RG-Kabel gemäß MIL(Military Norm)–C-17F und MIL-C-17G" an (vgl. z. B. "RG213 FRNC-B…RG-Kabel werden im gesamten Bereich der kommerziellen Elektronik- und Hochfrequenztechnik überall dort eingesetzt, wo entsprechend hohe Qualitätsanforderungen gestellt werden" unter www. elspec.de; "RG 213U MIL C17 F" unter www. kabel-kusch.de; "RG-Kabel nach Mil-Norm" unter www. interkabel.de; "RG-Kabel gemäß MIL-C-17F, MIL-C-17G" unter www. draka.com; "bedea RG-Kabel… Optimiert hinsichtlich elektrischer oder mechanischer Toleranzen, besonderen Umgebungsbedingungen und Robustheit, stellen diese – ursprünglich für den militärischen Einsatz genormten – RG-Kabel heute international verwendete Standards dar." unter www. bedea.com/downloads/bedeaRG-Kabeld_e6SLR.pdf). Entgegen der Ansicht der IR-Markeninhaberin kann hinsichtlich dieses Bestandteils "RG" nicht von Bedeutungsvielfalt gesprochen werden, da diese nicht abstrakt-lexikalisch zu beurteilen ist, sondern stets im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu sehen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt). Außerdem ist auch eine Angabe, die jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann, vom Markenschutz ausgenommen, unabhängig davon, ob ihr noch andere (nicht beschreibende) Bedeutungen zukommen können (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. (Nr. 32) – DOUBLEMINT). Der Bestandteil "FLEX" ist die Abkürzung für das Wort "flexibel, Flexibilität" (vgl. Duden, Wörterbuch der Abkürzungen, 4. Aufl. 1999). Wie aus der Internetrecherche weiter ersichtlich, kann ein gewisser Grad von Flexibilität eine Eigenschaft von Koaxialkabeln sein (vgl. "Koaxialkabel – Aufbau: Flexible Koaxialkabel besitzen meist Innenleiter aus …Kupferdrähten…" unter www. wikipedia.org; "Flexible PTFE-Koaxialkabel als Meterware: …Standardgemäß lieferbar sind Kabel nach MIL-C-17 Spezifikation…Die Kabel sind sehr geschmeidig und flexibel…Typ RG…" unter www. telemeter.info). Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Buchstabenfolge "RGFLEX" in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 29 - BioID). In Bezug auf die beanspruchten Waren, die Kabel für den Bereich der Telekommunikation betreffen, ergibt die schutzsuchende Marke "RGFLEX" die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um flexible RG-Kabel oder flexible Koaxialkabel handelt. Entgegen der Ansicht der IR-Markeninhaberin lässt sich damit ein eindeutig beschreibender Begriffsgehalt für alle beanspruchten Waren feststellen. Einer beschreibenden Eignung der sprachüblich verwendeten und ohne weiteres verständlichen Kombination "RGFLEX" steht nicht entgegen, dass Teilen der Endabnehmer der Fachbegriff "RG" nicht bekannt sein könnte. Maßgeblich ist der objektiv beschreibende Charakter und das darauf beruhende Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit als Sachangabe. Insoweit können bereits die Bedürfnisse eines relativ kleinen Teils des Gesamtverkehrs der Markeneintragung unter dem Gesichtspunkt des Allgemeininteresses entgegenstehen (vgl. EuGH a. a. O. - KPN-Postkantoor; BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS). 3. Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Anmeldung daher auch nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die IR-Markeninhaberin kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. - BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] - American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; 25 W (pat) 65/08 - Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 - Volksflat; auf der Internetseite des Gerichts). Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006564&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006565
BPatG
München
30. Senat
20100830
30 W (pat) 61/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "Cali Nails (Wort-Bildmarke)" - keine Bösgläubigkeit
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 29 306 (hier: Löschungsverfahren S 271/07) hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, den Richter Paetzold und die Richterin Hartlieb beschlossen: 1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Februar 2009 aufgehoben. 2. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen. 3. Der Antrag des Antragsgegners, der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
I. Die Wort-/Bildmarke (farbig blau, rot) ist für den Antragsgegner am 4. Mai 2007 als Marke angemeldet und am 31. Juli 2007 für folgende Waren und Dienstleistungen unter der Nummer 307 29 306 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden: "Klasse 03: Abbeizmittel; Abflussreinigungsmittel; Abschminkmittel; Adstringenzien für kosmetische Zwecke; Alaunsteine (antiseptisch); Ambra (Parfüm); Antistatika für Haushaltszwecke; Antitranspirantien (schweißhemmende Toilettenmittel); Aromastoffe, pflanzliche (ätherische Öle); Atemfrischesprays; ätherische Essenzen; ätherische Öle; ätherische Öle von Zedernholz; Augenbrauenkosmetika; Augenbrauenstifte; Avivageseifen; Backaromen (ätherische Öle); Badesalze, nicht für medizinische Zwecke; Badezusätze, kosmetische; Bartfärbemittel; Bartwichse; Bergamotteöl; Bimsstein; Bleichcreme für die Haut; Bleichmittel (Wäscherei); Bleichmittel für kosmetische Zwecke; Bleichsalze; Bleichsoda; Blumenextrakte (Parfümeriewaren); Bohnermittel; Bohnerwachs; Deodorants für den persönlichen Gebrauch (Parfümerieartikel); desinfizierende Seifen; desodorisierende Seifen; Detergentien, außer zur Verwendung in Herstellungsverfahren und für medizinische Zwecke; Diamantine (Schleifmittel); Druckluft in Dosen zur Reinigung und Entstaubung; Duftholz; Duftstoffe für die Wäsche; Duftwasser; Eau de Javel; Entfernungsmittel für Anstrichfarben; Enthaarungsmittel; Enthaarungswachs; Entkalkungsmittel für Haushaltszwecke; Farbaviviermittel, chemische, für Haushaltszwecke (Wäscherei); Färbemittel für die Wäsche; Färbemittel für Toilettenzwecke; Farbentfernungsmittel; Farbstoffe für die Kosmetik; Fette für kosmetische Zwecke; Fettentfernungsmittel, außer zur Verwendung in Herstellungsverfahren; Firnisentfernungsmittel; Fleckenentferner; Gaultheriaöl; Geraniol (Duftstoff); Glanzmittel; Glanzmittel für die Wäsche; Glanzstärke; Gläsertücher; Glasleinwand; Glättmittel (Wäschesatiniermittel); Glättsteine; Grundstoffe für Blumenparfüms; Haarfärbemittel; Haarspray; Haarwaschmittel; Haarwasser; Hautcreme (kosmetisch); Hautpflegemittel (kosmetisch); Heliotropin; Ionon (Duftstoff); Jasminöl; Klebemittel für Haarersatz; Klebstoffe für kosmetische Zwecke; Klebstoffe für künstliche Wimpern; Kölnischwasser; Korund (Schleifmittel); Kosmetika; Kosmetiknecessaires (gefüllt); Kosmetikstifte; Kreide zum Reinigen; künstliche Nägel; künstliche Wimpern; Lackentfernungsmittel; Lavendelöl; Lavendelwasser; Lederbleichmittel; Ledercreme; Lederkonservierungsmittel (Wichse); Lippenstifte; Lösungsmittel für Fußbodenwachs (Reinigungsmittel); Lotionen für kosmetische Zwecke; Make-up; Mandelmilch für kosmetische Zwecke; Mandelöl; Mandelseife; medizinische Seifen; Metallkarbide (Schleifmittel); mit einem Reinigungsmittel imprägnierte Putztücher; Mittel zur Erzeugung von Blattglanz für Pflanzen; Moschus (Parfümerieartikel); Mundpflegemittel, nicht für medizinische Zwecke; Nagellack; Nagelpflegemittel; Natronkristalle für Reinigungszwecke; Natronlauge; Neutralisierungsmittel für Dauerwellen; Öle für Körper- und Schönheitspflege; Öle für kosmetische Zwecke; Öle für Reinigungszwecke; Onduliermittel für Haare; Parfümerieöle; Parfümeriewaren; Parfüms; Pasten für Rasiermesserstreichriemen; Pfefferminz für Parfümeriewaren; Pfefferminzessenz; pflanzliche Aromastoffe für Getränke (ätherische Öle); Poliercreme; Poliermittel; Poliermittel für Zahnprothesen; Polierpapier; Polierrot; Polierstein; Polierwachs; Pomaden für kosmetische Zwecke; Potpourris (Duftstoffe); Präparate für die Trockenreinigung; Putzmittel; Quillajarinde (Waschmittel); Rasiermittel; Rasierseife; Rasiersteine (antiseptisch); Rasierwasser; Räuchermittel (Duftstoffe); Räucherstäbchen; Reinigungsflüssigkeit für Windschutzscheiben; Reinigungsmilch für Körper- und Schönheitspflege; Reinigungsmittel; Reinigungsmittel für Zahnprothesen; Rosenöl; Rostentfernungsmittel; rutschhemmende Flüssigkeiten für Fußböden; rutschhemmendes Wachs für Fußböden; Safrol; Salmiakgeist als Reinigungsmittel; Sandpapier; Schlämmkreide; Schlankheitspräparate, kosmetische; Schleifmittel; Schleifpapier; Schminke; Schminkmittel; Schminkpuder; Schmirgel; Schmirgelleinen; Schmirgelpapier; Schmirgeltuch; Schneiderwachs; Schönheitsmasken; Schuhcreme; Schuhwichse; Schusterpech; Schusterwachs; schweißhemmende Seifen; Seifen; Seifen gegen Fußschweiß; Shampoos; Siliziumkarbid (Schleifmittel); Sonnenschutzmittel (kosmetische Mittel zur Hautbräunung); Stärke (Appreturmittel); Sternanisessenz; Talkumpuder für Toilettezwecke; Tapetenreinigungsmittel; Terpene (ätherische Öle); Terpentin zum Entfetten; Terpentinöl zum Entfetten; Tierkosmetika; Tiershampoos; Toilettenmittel (Körperpflege); Toilettenseifen; Toilettenwasser; Tripel (Poliererde); Tücher, getränkt mit kosmetischen Lotionen; Vaseline (Erdölgelee) für kosmetische Zwecke; Vulkanasche (Putzmittel); Wachs für Wäschereizwecke; Waschblau; Wäscheeinweichmittel; Waschmittel (Wäsche); Wasserstoffsuperoxyd für kosmetische Zwecke; Watte für kosmetische Zwecke; Wattestäbchen für kosmetische Zwecke; Weichspülmittel für Wäsche; Weihrauch; Wimpernkosmetika; Wimperntusche (Mascara); Zahnbleichgelee; Zahnputzmittel; Ziermotive für kosmetische Zwecke; Zitronenöle, ätherische (so unvollständig beantragt und registriert) Klasse 08: Bartschneidemaschinen; elektrische Manikürenecessaires; Epiliergeräte (elektrische und nicht elektrische); Etuis für Rasierapparate; Federmesser; Federzangen; Feilen; Fingernagelpolierer (elektrisch oder nicht elektrisch); Fräsen (Handwerkzeuge); Frisiergeräte (handbetätigt, nicht elektrisch); Gabeln (Handwerkzeuge); Gartenmesser (kleine); Gartenscheren; Gartenwerkzeuge (handbetätigt); Haarbrenneisen; Haarentfernungsgeräte (elektrische und nicht elektrische); Haarschneidemaschinen (elektrische und nicht elektrische); Hobel; Hobeleisen; Kratzer (Handwerkzeuge); nicht elektrische Manikürenecessaires; Meißel (handbetätigte Werkzeuge); Messer (Handwerkzeuge); Nagelfeilen (handbetätigt); Nagelfeilen (elektrisch); Nagelhautzangen; Nagelscheren (elektrisch oder nicht elektrisch); Nagelzangen; Nagelzieher; Pedikürenecessaires; Pinzetten; Rasierapparate, elektrisch oder nicht elektrisch; Rasierklingen; Rasiermesser; Rasiermesserstreichriemen; Rasiernecessaires; Schaber (Handwerkzeuge); Schleifgeräte für Messer und Klingen; Schleifscheiben (Handwerkzeuge); Schleifsteine; Schmirgelschleifscheiben; Schneidwerkzeuge; Tätowiergeräte; Wetzstähle; Wetzsteinbehälter; Wetzsteine; Wiegemesser; Wimpernzangen Klasse 44: ambulante Pflegedienstleistungen; Aromatherapie-Dienste; Beratungen in der Pharmazie; Betrieb von öffentlichen Bädern für Zwecke der Körperhygiene; Betrieb von Saunen; Betrieb von Solarien; Betrieb von Pflegeheimen; Betrieb von Tiersalons; Betrieb von türkischen Bädern; Dienstleistungen einer Kurklinik; Dienstleistungen eines Floristen; Dienstleistungen eines Friseursalons; Dienstleistungen eines Optikers; Dienstleistungen von Visagisten; Dienstleistungen von Erholungs- und Genesungsheimen; Dienstleistungen von Schönheitssalons; Durchführung von Massagen; Ernährungsberatung; Gesundheits- und Schönheitspflege; Gesundheitsberatung; Haarimplantation; Krankenpflegedienste; Maniküre; physiotherapeutische Behandlungen; plastische und Schönheitschirurgie; Seniorenpflegedienste; Tätowieren; therapeutische Betreuung und ärztliche Versorgung." Am 22. August 2007 hat die Antragstellerin beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung dieser Marke nach § 50 Abs. 1 MarkenG wegen Bösgläubigkeit beantragt. Dem am 31. Oktober 2007 zugestellten Löschungsantrag  hat der Markeninhaber am 24. Dezember 2007 widersprochen. Folgender Sachverhalt liegt zu Grunde: Die Beteiligten sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Nagelstudio-Betriebs. Der Antragsgegner betrieb in Köln und Duisburg ursprünglich zwei Nagelstudios unter dem Namen "California Nails". Mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 (Anl AG 10) wurde der Antragsgegner von der Firma "CALIFORNIA NAILS", H… unter Hinweis auf Markenschutzrechte aufgefordert, nicht mehr unter dem Namen "California Nails" tätig zu werden. Für Frau H1… ist seit dem 24. Januar 2006 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 8 und 44 die nachfolgend wiedergegebene Marke 305 48 985 eingetragen: Dieser Aufforderung kam der Antragsgegner in der Weise nach, dass er fortan die Bezeichnung "Cali Nails" verwendete; so wurde mit an die Firma "Cali Nails" gerichtetem Schreiben eines Versicherers vom 4. Dezember 2006 ein Versicherungsschein übersandt (Anlage zum Schriftsatz vom 31. Januar 2008). Eine die die Bestellung von T-Shirts an das Nagelstudio Cali Nails des Antragsgegners adressierte Rechnung datiert vom 24. Januar 2007 (Anlage zum Schriftsatz vom 31. Januar 2008). Mit Anwaltsschreiben vom 5. März 2007 (Anlage AG 7) des Vertreters der Inhaberin der Marke 305 48 985; Frau H1…, wurde der Antragsgegner aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, weil er durch den Betrieb eines Geschäfts unter dem Namen "California Nails" Markenrechte der Frau H1… verletze. Gemäß Eidesstattlicher Versicherung (Anlage zum Schriftsatz vom 31. Januar 2008) des Vertreters des Antragsgegners suchte der Antragsgegner seinen Vertreter am 9. März 2007 zur Besprechung auf. Mit Antwort durch Anwaltsschriftsatz vom 20. März 2007 (Anlage AG 8) wies der Antragsgegner darauf hin, dass die Benutzung der Kennzeichnung "California Nails" auf das Schreiben der Frau H1… vom 16. Oktober 2006 sofort eingestellt worden sei. Zugleich erteilte der Antragsgegner, wie anwaltlich versichert, Auftrag zu einer Markenanmeldung. Die Anmeldung der eingangs dargestellten Wort-/Bildmarke erfolgte am 4. Mai 2007; die dazu vorgenommene Recherche des Vertreters des Antragsgegners hatte zu der am 9. März 2007 von der Antragstellerin für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 44 angemeldeten Wortmarke 307 056 78.3 "Nagelstudio Cali Nails" geführt, die am 17. Oktober 2007 eingetragen worden ist. Mit Anwaltsschreiben vom 4. Mai 2007 des Antragsgegnervertreters wurde die Antragstellerin auf eine böswillige Markenanmeldung ihrerseits hingewiesen und zur Übertragung ihrer Markenanmeldung aufgefordert (Anlage zum Schriftsatz des Vertreters der Antragstellerin vom 11. Juni 2008). Die vom Antragsgegner am 17. Oktober 2007 beantragte Löschung der Marke 307 056 78.3 "Nagelstudio Cali Nails" wegen Bösgläubigkeit wurde durch Beschluss des Patentamts vom 24. April 2008 zurückgewiesen. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 17. Februar 2009 die Eintragung der Marke 307 29 306 gelöscht, weil der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Anmeldung bösgläubig gewesen sei; er habe zum Zeitpunkt der Anmeldung seiner Wort-/Bildmarke gewusst, dass die Antragstellerin zuvor die Wortmarke "Nagelstudio Cali Nails" angemeldet habe; die Anmeldung sei erfolgt, um die Antragstellerin in der Benutzung ihrer Marke zu behindern. Der Antragsgegner hat Beschwerde eingelegt. Er hält mit näheren Ausführungen Bösgläubigkeit nicht für gegeben, vielmehr habe er anerkennenswerte Gründe für die Anmeldung gehabt, weil er bereits seit 2006 Nagelstudios unter dem Namen "Cali Nails" betreibe, nachdem ihm die Benutzung der Bezeichnung "California Nails" untersagt worden sei. Die Markenanmeldung der Antragstellerin sei nach diesem Zeitpunkt eingereicht worden; Recherchen im März 2007 in Telefonbüchern und im Handelsregister hätten keinen Hinweis auf ein "Nagelstudio Cali Nails" ergeben. Die Antragstellerin habe keinen wertvollen Besitzstand an der Bezeichnung "Cali Nails" erworben. Der Beschwerdeführer/Antragsgegner beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss kostenpflichtig aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen, Die Beschwerdegegnerin/Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Antragstellerin hält mit näheren Ausführungen Bösgläubigkeit für gegeben, weil ihre Markenanmeldung dem Antragsgegner bekannt gewesen sei. Für sie bestehe ein schutzwürdiger Besitzstand; sie betreibe seit 2005 ein Nagelstudio mit der Bezeichnung "Cali Nails" in München, wie es sich aus dem Schreiben der Vermieterin vom 10. Mai 2006 ergebe (Anlage zum Schriftsatz vom 20. August 2007). Dem Antragsgegner gehe es um die Störung ihres Besitzstandes. II. Die Beschwerde des Markeninhabers/Antragsgegners ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die von der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Antragsgegner die Marke 307 29 306 bösgläubig angemeldet hat. Die Löschung einer Marke kann nur erfolgen, wenn sich das behauptete Schutzhindernis zweifelsfrei feststellen lässt (vgl. BPatG GRUR 2006, 155 - Salatfix). Zu berücksichtigen sind dabei alle erheblichen Faktoren (vgl. EuGH MarkenR 2009, 361, 363 Nr. 37, 38 - Goldhase). Davon kann nach dem ergänzenden Vorbringen in der Beschwerdeinstanz nicht ausgegangen werden. Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben und der Löschungsantrag zurückzuweisen. Bösgläubigkeit eines Anmelders i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig - im Sinne wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit - erfolgt ist (BGH GRUR 2004, 510, 511 - S. 100). Auszugehen ist davon, dass ein Anmelder nicht schon deshalb unlauter handelt, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe (oder ein verwechselbar ähnliches) Zeichen für dieselben Waren und Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren und Dienstleistungen die gleiche (oder eine zum Verwechseln ähnliche) Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers in der Absicht anmeldet, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren. Sie können aber auch darin liegen, dass der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2008, 917, 918 [Nr. 20] - EROS; GRUR 2008,  621,  623  [Nr. 21] - AKADEMIKS; GRUR 2008, 160, 161 [Nr. 18] - CORDARONE; GRUR 2004, 510, 511 - S. 100; GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000; GRUR 1998, 1034, 1037 - Makalu). Ein solcher zweckfremder Einsatz liegt insbesondere dann vor, wenn die Anmeldung zu dem Zweck erfolgt, ein anderes Unternehmen unter Druck zu setzen und von diesem (finanzielle) Gegenleistungen zu erzwingen (vgl. BGH GRUR 2001, 242, 244 - Classe E; HK-MarkenR/Klippel, § 50 Rn. 16). An die Feststellung einer Behinderungsabsicht sind dabei keine zu hohen Anforderungen zu stellen. So können auch aus dem sonstigen Verhalten des Markenanmelders Rückschlüsse auf seine ursprünglichen Absichten gezogen werden (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rn. 559). Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht auch nicht der einzige Beweggrund für die Anmeldung zu sein; vielmehr reicht es aus (ist aber auch erforderlich), wenn (dass) diese Absicht das wesentliche Motiv war (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000; GRUR 2008, 621, 624 [Nr. 32] - AKADEMIKS; GRUR 2008, 917, 918 [Nr. 23] - EROS; Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 441). Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Löschung der verfahrensgegenständlichen Marke wegen Bösgläubigkeit des Antragsgegners im Anmeldezeitpunkt nicht gegeben. Eine Löschung der Streitmarke unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstands kommt nicht in Betracht, da die Antragstellerin einen solchen Besitzstand nicht dargetan hat. Ein schutzwürdiger Besitzstand setzt voraus, dass der Vorbenutzer das betreffende Zeichen tatsächlich für seine geschäftliche Betätigung im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen, also als Marke benutzt und das Zeichen dadurch eine hinreichende Bekanntheit im Verkehr erlangt hat (Ströbele, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 551 ff.). Dafür ist hier nichts ersichtlich. Die Antragstellerin hat lediglich vorgetragen, dass sie in dem maßgeblichen Zeitraum vor Anmeldung der Streitmarke in Kalifornien Nagelstudios unter der Bezeichnung "Fashion-Nails" geführt und seit 2005 ein Nagelstudio unter der Bezeichnung "Cali Nails" in München betreibe. Dabei mag es sich um Aktivitäten gehandelt haben, durch die möglicherweise ein gegenüber der Streitmarke prioritätsälteres Unternehmenskennzeichen nach § 5 Abs. 2 MarkenG entstanden ist (vgl. dazu Hacker, in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 5 Rn. 42 f.); ein durch werbende Tätigkeit entstandener markenmäßiger Besitzstand ist damit aber nicht dargetan. Angaben, aus denen sich Schlussfolgerungen über die Nutzung bzw. Stellung des Zeichens im Markt hätten ziehen lassen, (vgl. BGH GRUR 2004, 510, 511 - S. 100) sind nicht erfolgt. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Antragsgegner die Streitmarke - zumindest auch - in der Absicht angemeldet hat, diese zweckwidrig als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass es ein Zweck der Anmeldung war, unberechtigte Geldforderungen gegen die Antragstellerin durchzusetzen. Allerdings dürfen an die Feststellung der Behinderungsabsicht keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es handelt sich um ein subjektiv geprägtes Tatbestandsmerkmal, dessen Vorliegen regelmäßig nur indirekt anhand objektiver Gegebenheiten festgestellt werden kann (vgl. BPatG GRUR 2001, 744, 748 - S. 100 m. w. N.). Die Antragstellerin weist allerdings zutreffend darauf hin, dass dem Antragsgegner bei Anmeldung der Streitmarke ihre Markenanmeldung bekannt war und dass ihre Marke auch den Wortbestandteil "Cali Nails" enthält. Demgegenüber beruft sich der Antragsgegner unter Vorlage von Nachweisen darauf, dass er die Bezeichnung "Cali Nails" seit Herbst 2006 nach Erhalt des Schreibens der Inhaberin der Marke 305 48 985 "California Nails" vom 16. Oktober 2006 die Bezeichnung "Cali Nails" benutzt und den Auftrag zur Anmeldung der Streitmarke am 9. März 2007 nach Erhalt der Unterlassungserklärung erteilt hat, um die Rechte als Marke in der konkreten Ausgestaltung zu schützen. Erst nach Untersagung der Benutzung der Bezeichnung "California Nails" bestand für ihn damit Anlass, eine andere Kennzeichnung zu verwenden. Für diese Darstellung sprechen die von ihm vorgelegten Schreiben von Frau H1…, die Vorlage des Schreibens der Versicherung, die Vorlage der Rechnung über die Lieferung von T-Shirts, die Vorlage des Schreibens des Vertreters der Frau H1… sowie die eidesstattliche Versicherung seines Vertreters. Dass es dem Antragsgegner - zumindest im wesentlichen - um die Störung eines schutzwürdigen Besitzstands oder um die Erlangung eines Druckmittels bzw. um die Durchsetzung - objektiv nicht berechtigter - Geldforderungen gegangen wäre, ist objektiv nach den Umständen nicht dargetan und lässt sich aufgrund seiner dargelegten berechtigten eigenen wirtschaftlichen Aktivitäten nicht feststellen. Wie nachgewiesen, ist der der Antragsgegner seit 2006 in dem durch die Streitmarke abgedeckten Produkt- und Dienstleistungsbereich tätig. Auf die Beschwerde des Antragsgegners ist deshalb der Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und der Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Aufhebung betrifft auch die vom Patentamt getroffene Kostenauferlegung, nachdem der Antragsgegner mit seiner Beschwerde durchdringt. Gleiches gilt hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens, so das es bei der Grundregel verbleibt, dass jeder Verfahrensbeteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 MarkenG). Billigkeitsgesichtspunkte, die für eine Kostenauferlegung sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006565&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006566
BPatG
München
33. Senat
20100810
33 W (pat) 31/06
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "SPAR" – Unterscheidungskraft – Verkehrsdurchsetzung
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 304 04 065.7 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am OLG Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Februar 2006 aufgehoben, soweit er die noch einzig verfahrensgegenständliche Dienstleistung "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" umfasst.
I Am 28. Januar 2004 ist die Wortmarke SPAR für verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 39 angemeldet worden, u. a. für Klasse 35: Präsentation von Waren und Dienstleistungen in Großmärkten, Supermärkten, Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften und Warenhäusern; Betrieb von Großmärkten, Supermärkten, Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften und Warenhäusern, nämlich Vermittlung und Abschluss von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen. Mit Beschluss vom 1. Februar 2006 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch einen Angestellten des höheren Dienstes die Anmeldung nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle fehlt der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft, da sie als typisches Werbeschlagwort für die beanspruchten Dienstleistungen den beschreibenden Begriffinhalt i. S. v. Spar-Angeboten und ein damit verbundenes Wertversprechen in den Vordergrund stelle. Der Verkehr werde bei der Begegnung mit dem Markenwort, ohne dass dieses - auch in Alleinstellung - mehrdeutig oder ergänzungsbedürftig sei, an eine Beschreibung oder Bewerbung von Angeboten denken, da es sich in einem Hinweis auf Leistungen erschöpfe, die besonders günstig angeboten würden, so dass der Verkehr mit ihnen "sparen" könne. Dabei könne es dahinstehen, ob das Markenwort die ohne weiteres erkennbare korrekte Imperativform des Verbs "sparen" darstelle oder ob diese, wie die Anmelderin meine, korrekt "Spare!" bzw. "Spart!" heißen müsse. In jedem Fall werde es vom Verkehr nur als beschreibender Hinweis darauf verstanden, dass man bei der Inanspruchnahme der so bezeichneten Dienstleistungen sparen könne. Angesichts der Üblichkeit und vielfältigen Auffindbarkeit der Angabe "SPAR", in Alleinstellung wie auch in Kombinationen, ergebe sich der anpreisende und sachhinweisende Charakter des Markenworts unmittelbar aus dem originären Wortverständnis. So ließen sich etwa Internetportale wie www.Spar24.de, www.spar-anzeiger.de, Preisagenturen wie "Kauf & Spar", "Spar Versicherungen", "SparTipps", "Spar-Rechner", "Spar-Pakete", "Spar-Sets", "Spar-DSL", "Spar-Computer" usw. belegen. Die Anmelderin könne sich auch nicht auf eine überragende Bekanntheit ihrer Marke im Zusammenhang mit einer Einzelhandelskette, Tankstellen, Kioske, einer Krankenkasse oder einem Inkassokontor berufen. Deren Voraussetzungen seien nicht schlüssig dargelegt. Die eingereichte Unternehmensübersicht zeige nur das Wort-/Bildzeichen mit einer stilisierten Tanne im Kreis. Nachdem die Edeka-Gruppe einen Großteil der Supermärkte mit entsprechender "Umflaggung" übernommen habe, treffe die Darstellung der Anmelderin auch nicht mehr zu. Auf eine Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG habe sich die Anmelderin nicht berufen, so dass keine weiteren Schritte zu veranlassen seien. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Zur Begründung der Beschwerde hat die Anmelderin zunächst ausführlich zu der ihrer Auffassung nach von Haus aus bestehenden Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke vorgetragen. Ohne diese Auffassung ausdrücklich aufzugeben, hat sie außerdem die Verkehrsdurchsetzung ihrer Marke geltend gemacht und ihren Eintragungsantrag im Laufe des Beschwerdeverfahrens unter Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses auf "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" nur noch unter diesem Gesichtspunkt weiter verfolgt. Unter Vorlage von Ausdrucken aus ihrem Internetauftritt (zur Unternehmensgeschichte und Geschäftsentwicklung), von Geschäftsberichten für die Jahre 1998 bis 2004 und einer eidesstattlichen Versicherung ihres Leiters der Rechtsabteilung Harting vom 22. November 2007 hat sie ausgeführt, dass sie bis 2006 eine der bedeutendsten Einzelhandelsketten Deutschlands mit bundesweiten Großhandelsniederlassungen und einem dichten Netz eigener Märkte betrieben habe. "SPAR"-Märkte habe es in (West-)Deutschland seit 1952 gegeben. 1991 seien … ehemalige "HO"-Verkaufsstellen der früheren DDR hinzugekommen. 1998 sei eine Neuausrichtung des Konzerns auf die beiden Kernbereiche Großhandel mit selbstständigen "SPAR"- und "SUPERSPAR"-Einzelhändlern sowie "SPAR Convenience und Systemkunden" und den Lebensmitteleinzelhandel unter der Bezeichnung "EUROSPAR" mit Verbrauchermärkten vorgenommen worden. Bis 2005 seien rund … selbstständige "SPAR"-Einzelhändler, … weitere Einzelhandelskunden sowie rund … Tankstellen und Kioske über die Vertriebswege "SPAR Convenience" beliefert worden. Zudem habe die Anmelderin bis 2004 über insgesamt … konzerneigene Filialbetriebe mit einer Verkaufsfläche von über 1 Mio. Quadratmetern verfügt, wobei sie im Jahr 2003 über 33.000 Mitarbeiter beschäftigt und Umsätze in Höhe von … Mrd. € erzielt habe. Dabei seien mit Lebensmitteln in den Jahren 1998 bis 2005 durchschnittlich etwa … Mrd. € jährlich erzielt worden. Dies sei von einer entsprechenden Werbung begleitet worden. Ergänzend weist die Anmelderin daraufhin, dass bereits verschiedene "SPAR"-Marken im Wege der Verkehrsdurchsetzung für sie eingetragen seien, nämlich die Marken 1 001 957 (Wortmarke "SPAR", eingetragen seit 14.05.1980), 1 017 932 (Wort-/Bildmarke "SPAR", eingetragen seit 15.05.1981) und 1 017 933 (Wort-/Bildmarke "SPAR", eingetragen seit 15.05.1981, allesamt Warenmarken, eingetragen im Wesentlichen für Lebensmittel bzw. Waren der Klassen 29 bis 33). Zudem verweist sie auf das Ergebnis einer Endverbraucherbefragung von Juli 2005, bei dem die Anmeldemarke einen Zuordnungsgrad von 58,4 % erreicht habe (Gutachten der I. GmbH vom 29. Juli 2005). Seit September 2005 sei die SPAR-Gruppe hundertprozentige Tochter der EDEKA Zentral AG, wobei ein Teil der von der Anmelderin belieferten Lebensmitteleinzelhändler auf die Marke "EDEKA" "umgeflaggt" habe. Noch immer seien jedoch Einzelhändler unter der Bezeichnung "SPAR" tätig (Ende 2006: 460 Geschäfte). Außerdem werde die Marke weiterhin im Rahmen der "SPAR Express"-Shops (z. B. Jet-Tankstellen und Flughäfen) und im Rahmen der Belieferung der "SPAR-Convenience"-Kunden der Anmelderin verwendet. Im Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin ein weiteres Gutachten der I. GmbH vom 5. November 2009 über eine Endverbraucherbefragung zur Bekanntheit der Bezeichnung "SPAR" in Zusammenhang mit Lebensmitteleinzelhandel vom Oktober 2009 sowie Bestätigungen von Verbänden aus dem Bereich des Lebensmittelgroß- und -einzelhandels über ihre Bekanntheit als Marke vorgelegt. Außerdem hat der Senat unter Vermittlung des Deutschen Industrie- und Handelstags eine Befragung der unter den NACE-Klassen 46.3 und 47.2 (Groß- und Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren) geführten Mitglieder der deutschen Industrie- und Handelskammern zur Bekanntheit der Bezeichnung "SPAR" für Großhandelsdienstleistungen im Bereich Lebensmittel durchführen lassen. Das mit Schriftsatz der Anmelderin vom 20. Juli 2010 beschränkte und nunmehr mit Hauptantrag beanspruchte Dienstleistungsverzeichnis lautet wie folgt: "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II Die Beschwerde ist nach der Beschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses und der Vorlage von weiteren Nachweisen zum Beleg der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke begründet. 1. Die Neufassung des Dienstleistungsverzeichnisses ist zulässig. Insbesondere stellt sie keine unzulässige Erweiterung dar. Der neu formulierte Begriff "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von …" ist in dem ursprünglich angemeldeten Wortlaut "Klasse 35: … Präsentation von Waren und Dienstleistungen in Großmärkten, Supermärkten, Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften und Warenhäusern; Betrieb von Großmärkten, Supermärkten, Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften und Warenhäusern, nämlich Vermittlung und Abschluss von Verträgen über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen" inhaltlich enthalten. Mit den letztgenannten Dienstleistungsbegriffen wollte die Anmelderin erkennbar umfassenden Schutz für Handelsdienstleistungen im Rahmen des Groß- und Einzelhandels bzw. des Betriebs von Groß- und Einzelhandelsmärkten beanspruchen. Da das ursprüngliche Dienstleistungsverzeichnis mit der Anmeldung am 28. Januar 2004, also vor Erlass der "Praktiker"-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 7. Juli 2005 (GRUR 2005, 764) eingereicht wurde und damals in Erwartung der Entscheidung eine erhebliche Unsicherheit über die Zulässigkeit und die Formulierung von Handelsdienstleistungen bestand, würde hier im Übrigen auch eine gewisse Großzügigkeit bei der Auslegung angemeldeter Begriffe angebracht sein, der es vorliegend aber nicht bedarf. 2. Von Haus aus ist die angemeldete Marke allerdings nicht schutzfähig, weil ihr jedenfalls das Eintragungshindernis der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen steht. Aus dem Ergebnis der Senatsrecherche, das der Anmelderin mit Bescheid vom 10. März 2008 zur Kenntnis gegeben worden ist, ergibt sich, dass das angemeldete Markenwort "SPAR" als eingebürgerte Kurzform für "spare" in praktisch allen Lebensbereichen als Einladung bzw. Aufforderung zum Sparen verwendet und verstanden wird. Mit ihm ist zugleich ein werbliches Versprechen verbunden, bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder dem Kauf von Waren auch wirklich zu sparen. Insbesondere für die noch beanspruchten Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln wird die Marke von Haus aus als Einladung verstanden, den diese Kennzeichnung verwendenden Händler aufzusuchen und bei ihm durch die Inanspruchnahme der von ihm angebotenen Handelsdienstleistungen zu sparen. Soweit die Anmelderin hiergegen vorgetragen hat, dass allenfalls beim Kauf der angebotenen Waren gespart werden könne, nicht aber durch die Erbringung der Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen als solche, so dass sich kein beschreibender Bedeutungsgehalt im Sinne eines Hinweises auf besonders günstige Dienstleistungen erschließe, ist dem entgegenzuhalten, dass die Einzelhandelsdienstleistungen beim Kauf in Form der im Warenpreis enthaltenen Händlermarge bezahlt werden. Wenn dem Verbraucher also suggeriert wird, dass er beim Warenkauf spare, so wird ihm damit zugleich bedeutet, dass er bei der Inanspruchnahme der Handelsdienstleistungen (mit-)spart, wie auch immer der niedrige Preis, von dem bekanntermaßen auch der Händler lebt, zustande kommt (z. B. niedrige Personal- und Lagerkosten). Dementsprechend wird er das Wort "SPAR" auch als Merkmal der Dienstleistungen verstehen. Jedenfalls wird er die angemeldete Marke zumindest als unmittelbar handels-(dienstleistungs-)bezogene, rein werbliche Aufforderung verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft der Dienstleistungen aus einem ganz bestimmten Handelsbetrieb. Die vom Senat belegte vielfältige Verwendung des Wortes "Spar" in der Werbung durch ganz unterschiedliche und auf ihren Gebieten miteinander konkurrierende Anbieter zeigt, dass sich das Markenwort in der o. g. werblichen Einladung bzw. Aufforderung erschöpft und ihm die Eignung fehlt, Waren oder Dienstleistungen eines Anbieters von denjenigen eines anderen zu unterscheiden. Die angemeldete Marke ist daher von Haus aus nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Ob darüber hinaus auch ein Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 MarkenG besteht, kann hier offen bleiben. 3. Das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und ebenso eventuell bestehende Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 MarkenG sind jedoch nach § 8 Abs. 3 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung überwunden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 3 Abs. 3 MarkenRL ist Voraussetzung für eine durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft, dass ein wesentlicher Teil des angesprochenen Verkehrs die Marke mit einem konkreten Marktteilnehmer und mit keinem anderen Unternehmen in Verbindung bringt (GRUR 2002, 804, 808, Rdn. 65 - Philips). Die Prüfung, ob das Vorliegen dieser Voraussetzungen durch konkrete und verlässliche Informationen belegt ist, obliegt dem nationalen Gericht, d. h. hier dem zur Entscheidung berufenen Senat, wobei eine Gesamtschau sämtlicher relevanter Gesichtspunkte geboten ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 727, Rdn. 49, 54 - Chiemsee). In die Prüfung einzubeziehen sind u. a. der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Markenbenutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie der Teil des beteiligten Verkehrs, der die Waren auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt (EuGH, a. a. O., Rdn. 51 - Chiemsee; Rdn. 60 - Philips). Dabei kommt es nicht allein auf generelle und abstrakte Angaben, z. B. bestimmte Prozentsätze, an (EuGH, a. a. O., Nr. 62 - Philips), wenngleich in schwierig zu beurteilenden Fällen auch Verbraucherbefragungen nach Maßgabe des nationalen Rechts Berücksichtigung finden (EuGH, a. a. O., Nr. 53 - Chiemsee). Vorliegend ergibt die Gesamtbewertung aller vorgelegten und ermittelten Belege und Tatsachen, dass der Nachweis einer Durchsetzung der Marke "SPAR" für die Dienstleistungen "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" in den jeweils maßgeblichen Verkehrskreisen erbracht worden ist. a) Die angemeldete Marke wird nach den u. a. durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemachten Angaben, die weitgehend durch öffentlich zugängliche Quellen, wie Internet-Lexika, gestützt werden, seit 1952 in Westdeutschland und seit 1991 auch in den neuen Bundesländern benutzt, teil- bzw. zeitweise auch in den Varianten "SUPERSPAR" und "EUROSPAR". 2004 verfügte das Unternehmen über insgesamt … konzerneigene Filialbetriebe mit einer Verkaufsfläche von über 1 Mio. m². Außerdem wurden bis 2006 ca. … selbständige "SPAR"-Einzelhändler, über … weitere Einzelhandelskunden sowie rund … Tankstellen und Kioske im Rahmen der Betriebslinie "SPAR Convenience" beliefert. Die Groß- und Einzelhandelsumsätze mit Lebensmitteln lagen in den Jahren 1998 bis 2005 bei durchschnittlich … Mrd. €, wobei im Jahr 2003 ca. 33 000 Mitarbeiter beschäftigt wurden. Auch das vorgelegte Gutachten über eine im Juli 2005 durchgeführte Endverbraucherbefragung bestätigt mit einem Kennzeichnungsgrad von ca. 56 % (Berechnung des Senats) eine erhebliche Bekanntheit und Bedeutung der Marke, wenngleich dieses vor der "Praktiker"-Entscheidung des EuGH (a. a. O.) in Auftrag gegebene Gutachten wegen bestimmter methodischer Mängel für die Verkehrsdurchsetzung in Zusammenhang mit Handelsdienstleistungen nicht maßgebend verwertet werden kann (keine gezielte Befragung in Zusammenhang mit Handelsdienstleistungen, sondern Vorlage einer Begriffsliste ("- Lebensmittel, - NonFood-Arikel (z. B. …), - Einzelhandel"), die die Befragten offenbar schon angesichts der Reihenfolge dieser Begriffe mehr zu einer Warenmarke tendieren ließen). Allerdings wird die angemeldete Marke seit der Ende 2005 erfolgten Übernahme der SPAR-Gruppe durch das Handelsunternehmen EDEKA und der Eingliederung in dessen Konzern in Deutschland nur noch in einem deutlich geminderten Umfang benutzt, da der Hauptteil der bisherigen SPAR-Lebensmitteleinzelhändler auf die Marke der neuen Konzernmutter "umflaggte". So verblieben Ende 2006 noch … Einzelhandelsgeschäfte sowie "SPAR Express"-Shops an Tankstellen und Flughäfen. Dieser deutliche Rückgang der Benutzung seit etwa fünf Jahren führt jedoch vorliegend nicht zu durchgreifenden Bedenken gegen das Bestehen einer Verkehrsdurchsetzung auch noch zum aktuellen Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung. So ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich erfolgreiche Marken, die sich einmal in das Gedächtnis des Verbrauchers eingeprägt haben, von ihm kaum "vergessen" werden. Nach der Lebenserfahrung werden ehemals bedeutende Marken selbst Jahrzehnte nach ihrer völligen Einstellung noch von Verbrauchern erinnert (z. B. Pan Am, Borgward, NSU, Zündapp, Raider, Beispiele von Marken mit ca. fünfjähriger Nichtbenutzung: Swissair, Rover). Verschiedentlich werden solche Marken unter Anknüpfung an die noch vorhandene Markenkenntnis auch "wiederbelebt" (z. B. Creme 21, Tri Top, Wiederaufnahme der Form(-marke) des VW-Käfer im New Beetle). Die Bekanntheit solcher Marken verblasst durch das allmähliche Nachwachsen neuer Verbrauchergenerationen, weniger durch "Vergessen" der Verbraucher, bei denen sich eine Marke einmal nachhaltig einprägen konnte. Davon offenbar zu trennen sind Luxusmarken, die etwa durch wiederholte Nennungen in Medien sogar noch nach dem vollständigen Aussterben ihrer früheren Verkehrskreise einen Markenwert besitzen und entsprechend wiederbelebt werden können (z. B. Bugatti, Maybach, Adlon). Die SPAR-Gruppe gehörte jahrzehntelang zu den 10 größten Unternehmen bzw. Unternehmensketten auf dem Gebiet des Lebensmittelhandels (vgl. z. B. Aufstellung "Deutsche Top Ten im Lebensmittelhandel" in DER SPIEGEL 33/2002 v. 12.08.2002 (dort genannte Quelle: M+M Eurodata): Spar-Gruppe auf Nr. 8 mit … Mrd. € Inlandsumsatz 2001, hinter Tengelmann-Gruppe mit … Mrd. € und vor Lekkerland-Tobaccoland mit … Mrd. € sowie Schlecker mit … Mrd. € Inlandsumsatz). Die damalige intensive Benutzung der Marke "SPAR" (zumeist mit Tannensymbol) als Handelsmarke, vor allem im Bereich der Lebensmitteldiscounter, ist dem Senat, dessen Mitglieder zu den Abnehmerkreisen im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels gehören, nach wie vor bekannt. Zudem wird die Marke neben der belegten Verwendung in inländischen Tankstellen und Flughäfen nach Kenntnis des Senats teilweise auch im benachbarten Ausland (Österreich) benutzt, was unbeschadet der o. g. Umstände zusätzlich einem Verblassen der Markenerinnerung bei inländischen Verkehrsteilnehmern entgegenwirkt. b) Dies braucht indessen nicht vertieft zu werden, denn aktuelle Untersuchungen über die Bekanntheit der angemeldeten Wortmarke (also ohne Tannensymbol) belegen auch für den heutigen Zeitpunkt eine erhebliche Verkehrsbekanntheit. aa) Für die noch beanspruchte (Teil-)Dienstleistung "Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" hat die Anmelderin ein Gutachten der I. GmbH vom 5. November 2009 über eine Verkehrsbefragung vom Oktober 2009 vorgelegt. Dabei wurde die Dienstleistungsbezeichnung im Fragebogen einvernehmlich mit dem Senat in den gängigen Begriff "Lebensmitteleinzelhandel" umformuliert. Danach hat die Bezeichnung "SPAR" einen Bekanntheitsgrad von 83,5 % und einen Kennzeichnungsgrad (Verständnis als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen) von 56,8 %. Zieht man zur Ermittlung des Zuordnungsgrades hiervon (nur) die Antworten der Befragten ab, die auf die Frage nach dem Namen des betreffenden Unternehmens ausdrücklich mit Fehlzuordnungen (hier: Lidl, Metro, Rewe, Tengelmann, Aldi, Handelshof) geantwortet haben (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdn. 441), so verbleibt ein Zuordnungsgrad von 55,9 %. Nach Auffassung des Senats kann dieser Wert nicht um weitere 3,1 % erhöht werden, die das Meinungsforschungsinstitut aus einer Zusatzfrage (Frage 7) gewonnen haben will. Dabei hat es sich - insoweit legitim - von der demoskopischen Erfahrung leiten lassen, dass sich hinter negativen Antworten auf die Frage nach einem Unternehmenshinweis häufig immer noch "konkrete Unternehmensassoziationen" bzw. "Alleinstellungshinweise" verbergen. Die Zusatzfrage richtete sich an die Befragten, die auf die Frage 2 ("Weist die Bezeichnung "SPAR" Ihrer Meinung nach … auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin, oder weist sie auf mehrere Unternehmen hin, oder ist diese Bezeichnung für Sie gar kein Unternehmenshinweis? Oder können Sie dazu nichts sagen?") mit folgender Antwortalternative geantwortet haben: "Ist für mich gar kein Unternehmenshinweis". Diesen 35 Personen wurde anschließend die Frage 7 gestellt: "Wenn es für Sie kein Unternehmenshinweis ist, was verbinden Sie sonst mit dieser Bezeichnung? (Nachfragen: Und was sonst noch?)". Hierauf sind im Rahmen freier Mehrfachantworten ganz unterschiedliche Antworten gegeben worden, etwa "sparen, nichts ausgeben /hat mit sparen zu tun" (10 Antworten bzw. 1,2 %), "niedrige Preise/Werbeslogan/Sparangebote" (3 Antworten bzw. 0,3 %), "Spar war früher hier im Ort" (3 Antworten bzw. 0,3 %), "Lebensmittelkette/Lebensmittelkonzern" (7 Antworten bzw. 0,8 %), "Handelskette bzw. Einzelhandelskette" (4 Antworten bzw. 0,5 %), "Supermarkt/Discounter" (5 Antworten bzw. 0,6 %) usw. Der Senat hat mit Zwischenbescheid vom 9. Juli 2010 ausführlich Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der vom Institut vorgenommenen Berechnung und Bewertung geäußert. Diese Zweifel lagen insbesondere darin begründet, dass die Befragten zu Frage 7 bereits zweimal damit konfrontiert worden sind, dass "SPAR" für sie kein Unternehmenshinweis ist, nämlich zunächst bei ihrer Antwort zu Frage 2 und sodann in der Fragestellung zu Frage 7. Ohne aufklärende Kontrollnachfragen erscheint es daher nicht ohne weiteres nachvollziehbar, wie solche Befragten auf die Frage 7 dann doch zu der gegenteiligen Auffassung gelangt sein sollen. Zudem waren bei der Frage 7 Mehrfachantworten möglich und sind durch die Fragestellung ("Nachfragen: Und was sonst noch?") sogar provoziert worden. Insgesamt sind von 35 Personen bzw. 4,0 %, die zu Frage 7 befragt worden sind, 47 Antworten bzw. 5,4 % abgegeben worden. Wie sich hieraus der vom Institut festgestellte Wert von 27 Antworten bzw. 3,1 % zur Angabe "Spar/Lebensmittelgeschäft (netto)" unter Herausrechnung von Mehrfachantworten ergibt, und ob einzelne Befragte nicht letztlich doch (beschreibend) z. B. Lebensmittelhändler nennen wollten, bei denen man einfach sparen kann, ist trotz der Stellungnahme der Anmelderin (Schriftsatz vom 20. Juli 2010) für den Senat letztlich nicht ersichtlich gewesen. Es mag sein, dass sich hinter der Antwort "ist für mich gar kein Unternehmenshinweis" nach demoskopischer Erfahrung doch noch Nennungen verbergen, die auf ein Verständnis als Kennzeichnung schließen lassen (vgl. a. Pflüger, GRUR 2004, 652, 656). Gerade bei Befragten, die zuvor diese negative Antwort gegeben haben und sodann bei der Nachfrage freie Mehrfachantworten abgeben können, die - je nachdem - sowohl auf ein beschreibendes wie auch ein kennzeichnendes Verständnis hindeuten können, muss die Bewertung und Berechnung jedoch für die entscheidende Stelle transparent sein. Dies war vorliegend nicht der Fall. Der Senat geht damit von einem Zuordnungsgrad von 55,9 % aus, wie er sich anhand der bei Endverbraucherbefragungen üblichen Fragen (vgl. etwa Musterfragebogen in der Richtlinie Markenanmeldungen des DPMA, Ziff. 5.17, BlfPMZ 2005, 245, 255) ergeben hat. Dennoch wird zugunsten der Anmelderin zu berücksichtigen sein, dass es sich hier um einen Mindestwert handeln muss, da vorliegend aus bestimmten anderen Gründen (s. dazu unten bb)) tatsächlich Anlass zu der Annahme besteht, dass die markenrechtlich relevante Verkehrsbekanntheit der Anmeldemarke im Rahmen einer demoskopischen Befragung nicht erschöpfend erfasst werden konnte. Berücksichtigt man weiter die Fehlertoleranz von 3,7 %, so liegt der Abweichungswert bei einem Zuordnungsgrad von 55,9 % zwischen 52,2 % und 59,6 %. Es soll hier offen bleiben, ob die Fehlertoleranz überhaupt zu berücksichtigen ist, insbesondere in der Weise, dass strikt vom unteren Grenzwert auszugehen ist, wie dies der frühere 32. Senat des Bundespatentgerichts seit etwa 2006 verlangt hat (vgl. BPatG GRUR 2007, 324 - Kinder; GRUR 2007, 593 - Ristorante, dem folgend Ströbele/Hacker, § 9, Rdn. 449, alle ohne weitere Begründung) und wie es bei mehreren Markenbeschwerdesenaten des Bundespatentgerichts inzwischen zu beobachtende Praxis ist (vom Bundesgerichtshof ausdrücklich offen gelassen in BGH GRUR 2009, 954, 957, Nr. 37 - Kinder III). Nicht zuletzt die rechnerischen Ergebnisse in der o. g. Ristorante-Entscheidung, bei dem der Marktführer für Tiefkühlpizzen mit seiner Produktmarke "Ristorante" nach 20jähriger Benutzungsdauer bei jährlich 10 Mio. € Werbeausgaben und 25 % Marktanteil nach Abzug der Fehlertoleranz nur einen Durchsetzungsgrad von 49,9 % erreichte und damit knapp unterhalb der in ständiger Rechtsprechung verlangten Untergrenze von 50 % blieb, zeigen, dass die Praxis des glatten Abzugs der Fehlertoleranz überdenkenswert erscheint (vgl. a. Niedermann/Schneider, sic! 2002, 815, 817 (früher noch zitiert in Ströbele/Hacker, a. a. O. 8. Aufl., § 8, Fßn. 1031): "… die höchste Wahrscheinlichkeit hat aber immer der gefundene Wert (Gauss‘sche Glockenkurve) …"), ebenso wie auch überspannte Erwartungen an die Höhe der ermittelten Werte bedenklich erscheinen (vgl. a. BGH GRUR 2009, 669 - Post II). Auch dies braucht hier letztlich nicht entschieden zu werden. Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sind die erforderlichen Feststellungen nicht nur aufgrund von generellen und abstrakten Prozentsätzen demoskopischer Untersuchungen möglich, vielmehr können auch andere Umstände, wie der jeweilige Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den angesprochenen Verkehrskreisen von Bedeutung sein (EuGH, a. a. O. - Chiemsee). Neben dem bei vorsichtiger Berechnungsweise (s. o.) eher knapp wirkenden Durchsetzungsgrad von 52,2 %, der als solcher Zweifel an einer erfolgreichen Verkehrsdurchsetzung wecken könnte, werden hier vor allem die damalige Marktstellung und die sehr langjährige Benutzung der Marke bis (mindestens) 2006 im gesamten Bundesgebiet zu berücksichtigen sein. Sie hatte in der Vergangenheit bereits zu mehrfachen Eintragungen der Marke "SPAR" aufgrund von Verkehrsdurchsetzungen geführt, wenngleich - der damaligen Rechtslage entsprechend - als Warenzeichen. Hinzu kommt, dass die Marke für Lebensmitteleinzelhandel, also für eine Kategorie von Dienstleistungen benutzt worden ist und teilweise noch wird, die der Verbraucher extrem häufig in Anspruch nehmen muss. Es dürfte schon fast als allgemeinkundig i. S. d. § 291 ZPO vorausgesetzt werden, dass eine Mehrheit des Verkehrs die Marken der führenden Lebensmitteldiscounter kennt und lange Zeit im Gedächtnis behält. Der Senat sieht damit bei einer Gesamtschau aller Umstände die Verkehrsdurchsetzung für die (Teil-)Dienstleistung "Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" als nachgewiesen an. bb) Dies gilt erst recht für die weiter beanspruchte (Teil-)Dienstleistung "Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln", die sich sowohl auf der Abnehmer- wie auch auf der Erbringerseite ausschließlich an gewerbliche Fachverkehrsteilnehmer richtet. Die Anmelderin hat speziell hierzu mehrere Bestätigungen von entsprechenden Verbänden aus jüngerer Zeit (Juli 2009) vorgelegt, nach denen die Anmeldemarke im Bereich des Lebensmittelgroßhandels als betrieblicher Herkunftshinweis der Anmelderin verstanden wird (VDN Verband des Deutschen Nahrungsmittelgroßhandels, HDE Hauptverband des Deutschen Einzelhandels; BLL Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, wafg Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke, ZGV Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen). Außerdem hat der Senat Ende 2009/Anfang 2010 eine Befragung der als Verkehrsteilnehmer in Betracht kommenden Mitglieder der deutschen Industrie- und Handelskammern zur Bekanntheit der Bezeichnung "SPAR" für Großhandelsdienstleistungen im Bereich Lebensmittel durchführen lassen. Dabei wurden Lebensmittelgroßhändler und (als Abnehmer von Großhandelsdienstleistungen) Lebensmitteleinzelhändler befragt. Danach erreicht die Anmeldemarke bei Großhändlern einen Zuordnungsgrad von 65,4 %, bei Einzelhändlern betrug dieser Wert 57,1 %. Dies sind bereits sehr beachtliche Werte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass viele Befragte die im Präsens formulierten Fragen, z. B. ob der Befragte "SPAR" als Bezeichnung eines ganz bestimmten Unternehmens kenne, angesichts der seit einigen Jahren stark beschränkten Benutzung der Marke dahingehend missverstehen konnten, dass eine positive Antwort nur bei Kenntnis einer aktuell verwendeten Kennzeichnung gegeben werden dürfe. Zudem kennen offenbar viele Fachverkehrsteilnehmer die SPAR-Gruppe als einen Verbund von rechtlich eigenständigen Händlern bzw. Franchisenehmern und neigen daher vielfach zur Verneinung der Frage, ob ihnen "SPAR" als Bezeichnung eines ganz bestimmten Unternehmens bekannt ist und zur (grundsätzlich negativ zu bewertenden) Bejahung der Alternative, dass "SPAR" als Bezeichnung mehrerer Unternehmen bekannt sei. Erst aufgrund der auf Nachfrage gemachten Angaben über den Namen dieser Unternehmen, soweit diese Angaben überhaupt vorhanden bzw. von den einzelnen Kammern wiedergegeben sind, ließ sich bei Angaben wie "SPAR-Märkte", "SPAR-Handelskette", "EDEKA-Handelsgruppe" o. Ä. entnehmen, dass Befragte von einem Unternehmensverbund ausgingen, so dass diese Angaben positiv bewertet werden und in die Berechnung des Kennzeichnungsgrades einfließen konnten. Diese sich zuungunsten der Anmelderin auswirkenden Unsicherheiten müssen auch bei der Endverbraucherbefragung zur Teildienstleistung "Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" eine Rolle gespielt haben. Unter Berücksichtigung aller Umstände sieht der Senat damit die Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke für die noch beanspruchten Dienstleistungen "Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen im Bereich von Lebensmitteln" auch für den gegenwärtigen Zeitpunkt als nach § 8 Abs. 3 MarkenG nachgewiesen an. Dies gilt aus den eingangs näher dargestellten Gründen erst recht für den Anmeldetag, als die Anmeldemarke noch als zentrale Kennzeichnung eines der damals größten Handelskonzerne Deutschlands verwendet wurde. Der angefochtene Beschluss war daher im Umfang der noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aufzuheben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006568
BPatG
München
35. Senat
20100708
35 W (pat) 48/09
Beschluss
§ 17 Abs 4 S 2 GebrMG, § 84 Abs 2 PatG, § 91 Abs 1 ZPO, § 93 ZPO
DEU
Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren – Kostenentscheidung – zu den Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Kostenauferlegung nach § 93 ZPO
In der Kostenbeschwerdesache … betreffend das Gebrauchsmuster 20 2006 013 645 (hier: Kostenentscheidung) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Juli 2010 durch den Richter Baumgärtner als Vorsitzenden sowie die Richter Guth und Eisenrauch beschlossen: 1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
I. Die Antragsgegnerin war Inhaberin des am 1. September 2006 angemeldeten und am 8. Februar 2007 mit 7 Schutzansprüchen in das Register eingetragenen Gebrauchsmusters 20 2006 013 645 mit der Bezeichnung „Identifikationsarmband“. Der Gegenstand nach Hauptanspruch war ein „Identifikationsarmband zur Kennzeichnung von Personen, dadurch gekennzeichnet, dass an einem Armband (1) ein Werbeträger (2) in Form einer stilisierten Armbanduhr (3) mit Uhrenziffernblatt (4) angeordnet ist.“ In der Beschreibung wird hierzu ausgeführt, dass der Erfindung die Aufgabe zugrunde liege, ein Identifikationsarmband zu schaffen, welches zusätzlich zu der Identifikations- bzw. Kennzeichnungsfunktion die Funktion eines originellen Werbeträgers realisiere. Der Antragsteller hat am 5. April 2008 die vollumfängliche Löschung des Gebrauchsmusters beantragt und hierzu in seinem Antrag u. a. ausgeführt, die Aufgabe, die Funktion eines originellen Werbeträgers zu erfüllen, habe ebenso wenig einen technischen Charakter wie die vorgeschlagene Lösung, den Werbeträger in Form einer stilisierten Armbanduhr auszugestalten. Der Gegenstand des Gebrauchsmusters solle das Vorhandensein einer Armbanduhr vorgaukeln; es handele sich deshalb um die bloße Wiedergabe einer Information im Sinne des Schutzausschlussgrundes des § 1 Abs. 2 Nr. 4 GebrMG. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag mit Eingabe vom 15. Mai 2008 fristgerecht widersprochen. Mit Zwischenbescheid vom 8. Dezember 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) den Beteiligten mitgeteilt, dass voraussichtlich mit der antragsgemäßen Löschung des Streitgebrauchsmusters zu rechnen sei. Die Abteilung führt hierzu u. a. aus, dass das allgemeine Problem, ein Identifizierungsarmband mit Werbung zu versehen, nicht als technisches Problem angesehen werden könne. Anders wäre die Rechtslage gegebenenfalls dann zu beurteilen, wenn eine spezielle Technik eingesetzt würden müsse, um dieses Problem zu lösen. Dies sei jedoch den Schutzansprüchen nicht zu entnehmen. In diesen werde nur die Ausgestaltung einer Uhr als Werbeträger beschrieben, nicht aber auch eine technische Lehre - wie z. B. eine spezielle Drucktechnik o. dgl. - vermittelt. Nachdem die Gebrauchsmusterabteilung mit Ladung vom 19. Januar 2009 einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und hierüber die Beteiligten vorab per Telefax informiert hatte, hat die Antragsgegnerin mit Eingabe vom gleichen Tag ihren gegen den Löschungsantrag erhobenen Widerspruch zurückgenommen. Die Abteilung hat daraufhin die Löschung des Streitgebrauchsmusters verfügt. Mit Beschluss vom 22. Juli 2009 hat die Gebrauchsmusterabteilung der Antragsgegnerin die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. In der Begründung hat sie ausgeführt, für eine Anwendung des § 93 ZPO - wie von der Antragsgegnerin angeregt - gebe es keinen Raum. Die Zurücknahme des Widerspruchs könne nicht mehr als eine sofortige Anerkennung bewertet werden, da die vom Antragsteller im Löschungsantrag gemachten Ausführungen ohne weiteres geeignet gewesen seien, die Schutzfähigkeit des Gebrauchsmustergegenstandes in Frage zu stellen. Gegen diese Kostenentscheidung der Abteilung hat die Antragsgegnerin am 27. August 2009 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass aus Gründen der Billigkeit zu ihren Gunsten die Regelung des § 93 ZPO zur Anwendung kommen müsse und dementsprechend die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen seien. Der Löschungsantrag sei anfänglich unschlüssig gewesen. Erst später - nämlich mit der Eingabe des Antragstellers vom 6. Oktober 2008 - sei der Antragsgegnerin die Löschungsreife des Streitgebrauchsmusters aufgezeigt worden. Ihr Widerspruch sei daher aus kostenrechtlicher Sicht noch als unverzüglich zurückgenommen anzusehen. Die Antragsgegnerin beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Kosten des Löschungsverfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen. Der Antragsteller beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen. Er ist der Meinung, dass sein Löschungsantrag von Anfang an ausreichend begründet gewesen sei und die Antragsgegnerin ihren Löschungsantrag auch nicht unverzüglich zurückgenommen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat die Gebrauchsmusterabteilung I mit dem angefochtenen Beschluss vom 22. Juli 2009 die Kosten des patentamtlichen Gebrauchsmusterlöschungsverfahrens der Antragsgegnerin auferlegt. Der Kostenausspruch zu Lasten der Antragsgegnerin, wie er in dem angefochtenen Beschluss getroffen wurde, folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Wie im Patentnichtigkeitsverfahren entscheidet sich im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren die Frage, welcher der Beteiligten die Kosten des Löschungsverfahren zu tragen hat, grundsätzlich nach dem Unterliegensprinzip (§§ 91 ff. ZPO). Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 17 Abs. 4 Satz 2 GebrMG auf § 84 Abs. 2 PatG. Die Regelung des § 91 Abs. 1 ZPO ist vorliegend deshalb einschlägig, weil die Antragsgegnerin den ursprünglich von ihr gegen den Löschungsantrag erhobenen Widerspruch zurückgenommen und sich auf diese Weise mit der Löschung des Streitgebrauchsmusters einverstanden erklärt hat. Nach ständiger Rechtsprechung begibt sich ein Gebrauchsmusterinhaber durch die Zurücknahme des Widerspruchs in die Rolle der unterlegenen Partei, was regelmäßig rechtfertigt, ihm die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens aufzuerlegen (vgl. BPatGE 14, 55, 57; 22, 131, 132; BPatG Mitt. 1999, 374, 376). Zu Recht geht die Antragsgegnerin davon aus, dass sie von der Tragung der Kosten dann zu befreien wäre, wenn der vorliegende Sachverhalt ausnahmsweise die entsprechende Anwendung des § 93 ZPO als angemessen erscheinen ließe (vgl. BPatG Mitt. 1999, 374, 376). § 93 ZPO bestimmt, dass die Kosten dem Löschungsantragsteller zur Last fallen, wenn der Antragsgegner und Gebrauchsmusterinhaber den Löschungsanspruch sofort anerkennt und keinen Anlass zum Löschungsantrag gegeben hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber nicht gegeben. Die Antragsgegnerin irrt insoweit, als sie meint, der Umstand, dass vorliegend möglicherweise nicht alle Gründe, die den Löschungsantrag rechtfertigten, erschöpfend dargelegt worden seien, habe den Löschungsantrag unschlüssig gemacht und damit zu ihren Gunsten eine entsprechende Anwendung des § 93 ZPO nahegelegt. Auch wenn ein offensichtlich unschlüssiger Löschungsantrag keine Veranlassung zu einem sofortigen Verzicht auf das Schutzrecht geben mag, so verkennt die Antragsgegnerin hierbei, dass sich - im anderen Falle - ein Gebrauchsmusterinhaber bei einem ernsthaften Angriff auf sein Schutzrecht selbst über die Schutzfähigkeit dessen Gegenstandes vergewissern muss (vgl. BPatGE 8, 171, 175; Bühring, GebrMG, 7. Aufl., § 17 Rn. 76). Für einen ernsthaften Angriff bedarf es jedoch keines im Einzelnen ausgeführten Nachweises, warum das Gebrauchsmuster keinen Bestand hat. Es genügt, dass der geltend gemachte Löschungsgrund nebst den für ihn vorgebrachten, nachprüfbaren Tatsachen nicht völlig abwegig erscheint (BPatGE 26, 139, 141; BPatG GRUR 1989, 587, 588 - „Ausklinkvorrichtung“). Diesen Anforderungen war der vorliegende Löschungsantrag vom 1. April 2008 in vollem Umfang gerecht geworden. Der Antragsteller hatte in seinem Antrag in nachvollziehbarer Weise dargelegt, warum er den technischen Charakter der in den Schutzansprüchen niedergelegte Lehre für nicht gegeben erachte und weshalb vom Vorliegen des Schutzausschlussgrundes des § 1 Abs. 2 Nr. 4 GebrMG - und des damit implizierten Löschungsgrundes einer mangelnden Schutzfähigkeit gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG - auszugehen sei. Seine Einschätzung lag durchaus nahe, wie sich aus dem späteren Zwischenbescheid der Abteilung vom 8. Dezember 2008 ergab. Dass die Anwendung von § 93 ZPO im vorliegenden Fall der Billigkeit entspräche, belegen auch nicht die von der Antragsgegnerin genannten Zitate, nämlich Benkard/ Goebel , PatG und GebrMG, 10. Aufl., § 17 GebrMG Rn. 22 und 24; auch dort wird vielmehr klargestellt, dass das in § 93 ZPO enthaltene Tatbestandsmerkmal eines sofortigen Anerkenntnisses in aller Regel mit der Erhebung des Widerspruchs entfällt und eine Möglichkeit zur Nachholung einer solchen Erklärung nur unter sehr engen Voraussetzungen gewahrt bleibt. Eine entsprechende Möglichkeit zum sofortigen Anerkenntnis wird in den von der Antragsgegnerin genannten Zitaten beispielsweise nur in solchen Fällen in Erwägung gezogen, in denen nachträglich ein neuer Löschungsgrund im Verfahren geltend gemacht wird oder ein ursprünglich nur auf einen druckschriftlichen Stand der Technik gestützter Löschungsantrag im weiteren Verlauf des Verfahrens auch auf eine offenkundige Vorbenutzung gegründet wird. Einen derartigen - oder einen zumindest hiermit vergleichbaren - Sachverhalt hat die Antragsgegnerin aber weder vorgetragen noch ist ein solcher Sachverhalt in anderer Weise ersichtlich geworden. Als die im vorliegenden Beschwerdeverfahren unterlegene Partei trägt die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin zusätzlich die Kosten des Beschwerdeverfahrens, was aus § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. §§ 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, 91 Abs. 1 ZPO folgt.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006611
BPatG
München
11. Senat
20100506
11 W (pat) 13/05
Beschluss
§ 59 Abs 1 S 4 PatG, § 59 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Fixkamm für eine Kämm-Maschine" – zur Zulässigkeit des Einspruchs: zur Angabe einer entgegengehaltenen Druckschrift nur nach ihrer Nummer zur Begründung eines auf mangelnde Patentfähigkeit gestützten Einspruchs – Zusammenhang zwischen Merkmalen im Oberbegriff und der Entgegenhaltung ergibt sich aus einer kurzen Textstelle für den sachkundigen Leser von selbst und drängt sich für den behaupteten Einspruchsgrund geradezu auf – Zulässigkeit
In der Beschwerdesache … betreffend das Patent 195 31 605 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. W. Maier sowie der Richter v. Zglinitzki, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Univ. Hubert beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Auf die am 28. August 1995 beim Deutschen Patentamt (jetzt: Deutsches Patent- und Markenamt) eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 195 31 605 mit der Bezeichnung " Fixkamm für eine Kämmaschine“ erteilt und die Erteilung am 19. Juli 2001 veröffentlicht worden. Gegen das Patent wurde Einspruch erhoben, worauf die Patentabteilung 1.26 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent durch Beschluss vom 16. Februar 2005 mangels erfinderischer Tätigkeit widerrufen hat. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Sie hält den Einspruch für unzulässig Sie hat neue Ansprüche 1 und 9 gemäß Hauptantrag und jeweils einen Anspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 - 5 eingereicht und vorgetragen, dass die jeweiligen Ansprüche zulässig seien, die Gegenstände der nunmehr geltenden nebengeordneten Patentansprüche 1 und 9 neu seien sowie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Zur Stützung ihres Vorbringens bezieht sie sich u. a. gutachterlich auf: (D10) WO 91/15605 A1. Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 9 vom 15. März 2004, hilfsweise das Patent mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 1 und 2 vom 11. März 2010 in ihrer Reihenfolge und jeweils den Patentansprüchen 2 bis 9 vom 15. März 2004, weiter hilfsweise das Patent mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsanträgen 3 bis 5 vom 6. Mai 2010 und jeweils den Patentansprüchen 2 bis 9 vom 15. März 2004 sowie im Übrigen jeweils mit der Beschreibung und den Zeichnungen gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten. Demgegenüber beantragt die Einsprechende, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents für nicht patentfähig und hat zur Stützung ihres Vorbringens unter anderem auf folgende Druckschriften verwiesen: (D4) EP 0 557 698 B1 (D8) EP 0 398 415 B1 (D9) EP 0 351 443 A1 (D19) US 3 601 861 A Überdies ist sie der Auffassung, dass die Gegenstände der Hilfsanträge 2 bis 5 unzulässig sind. Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet mit grammatikalischen Berichtigungen in gegliederter Fassung: 1. Fixkamm für eine Kämmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung (27, 127, 227) 2. mit einem Trägerelement (10, 110, 210) 3. und einer Anzahl zum Eingreifen in das Faservlies dienender Kammzinken (20, 120, 220), die in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) nebeneinander am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind, 3.1. wobei die Kammzinken (20, 120, 220) zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn (25, 125, 225), 3.1.1. der im wesentlichen parallel zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufende Zahnflanken (28, 128, 228) und 3.eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (29, 129, 229) aufweist, gebildet sind, 3.1.3. wobei die Sägezähne (25, 125, 225) bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust (29, 129, 229) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, 3.1.4. dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten (29, 129, 229) und den Zahnflanken (28, 128, 228) der Zähne (25, 125, 225) abgerundet sind und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) jeweils aus einem Fuß (22, 122, 222) und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn (25, 125, 225) aufweisenden Blatt (24, 124, 224) bestehen, 3.1.5.1. wobei die Abmessungen des Fußes (22, 122, 222) in der im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) größer sind als die Abmessungen des Blattes (24, 124, 224) in dieser Richtung (26), 3.1.6. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) im Bereich ihrer Füße (22, 122, 222) am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind 3.1.7. und in diesem Bereich aneinander anliegen. Der geltende Anspruch 9 nach Hauptantrag lautet: Kämmaschine mit einem um eine raumfeste Achse umlaufenden Rundkamm und einem außerhalb der Bewegungsbahn des Rundkamms angeordneten Fixkamm nach einem der vorhergehenden Ansprüche. Der mit dem Hilfsantrag 1 verteidigte Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung: 1. Fixkamm für eine Kämmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung (27, 127, 227) 2. mit einem Trägerelement (10, 110, 210) 3. und einer Anzahl zum Eingreifen in das Faservlies dienender Kammzinken (20, 120, 220), die in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) nebeneinander am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind, 3.1. wobei die Kammzinken (20, 120, 220) zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn (25, 125, 225), 3.1.1. der im wesentlichen parallel zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufende Zahnflanken (28, 128, 228) und 3.1.2. eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (29, 129, 229) aufweist, gebildet sind, 3.1.3. wobei die Sägezähne (25, 125, 225) bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust (29, 129, 229) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, 3.1.4. dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten (29, 129, 229) und den Zahnflanken (28, 128, 228) der Zähne (25, 125, 225) abgerundet sind 3.1.5. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) jeweils aus einem Fuß (22, 122, 222) und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn (25, 125, 225) aufweisenden Blatt (24, 124, 224) bestehen, 3.1.5.1. wobei die Abmessungen des Fußes (22, 122, 222) in der im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) größer sind als die Abmessungen des Blattes (24, 124, 224) in dieser Richtung (26), 3.1.6. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) im Bereich ihrer Füße (22, 122, 222) am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind 3.1.7. und in diesem Bereich aneinander anliegen, 3.1.8. wobei die Rückseite (16, 116, 216) des Trägerelements (10, 110, 210) mit der an dem der Zahnbrust (29, 129, 229) des Sägezahns (25, 125, 225) entgegengesetzten Zahnrücken (32, 132, 232) anschließenden Rückseite (34, 134, 234) des Zahnfußes (22, 122, 222) fluchtet. Der mit dem Hilfsantrag 2 verteidigte Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung: 1. Fixkamm für eine Kämmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung (27, 127, 227) 2. mit einem Trägerelement (10, 110, 210) 3. und einer Anzahl zum Eingreifen in das Faservlies dienender Kammzinken (20, 120, 220), die in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) nebeneinander am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind, 3.1. wobei die Kammzinken (20, 120, 220) zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn (25, 125, 225), 3.1.1. der im wesentlichen parallel zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufende Zahnflanken (28, 128, 228) und 3.1.2. eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (29, 129, 229) aufweist, gebildet sind, 3.1.3. wobei die Sägezähne (25, 125, 225) bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust (29, 129, 229) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, 3.1.4. dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten (29, 129, 229) und den Zahnflanken (28, 128, 228) der Zähne (25, 125, 225) abgerundet sind 3.1.5. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) jeweils aus einem Fuß (22, 122, 222) und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn (25, 125, 225) aufweisenden Blatt (24, 124, 224) bestehen, 3.1.5.1. wobei die Abmessungen des Fußes (22, 122, 222) in der im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) größer sind als die Abmessungen des Blattes (24, 124, 224) in dieser Richtung (26), 3.1.6. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) im Bereich ihrer Füße (22, 122, 222) am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind 3.1.7. und in diesem Bereich aneinander anliegen, 3.1.8. wobei die Rückseite (16, 116, 216) des Trägerelements (10, 110, 210) mit der an dem der Zahnbrust (29, 129, 229) des Sägezahns (25, 125, 225) entgegengesetzten Zahnrücken (32, 132, 232) anschließenden Rückseite (34, 134, 234) des Zahnfußes (22, 122, 222) fluchtet, 3.1.9. und der Zahnrücken (32, 132, 232) sich von der durch dieses Fluchten definierten Fluchtlinie wegkrümmt und dabei die Fluchtlinie nicht überschreitet. Der mit dem Hilfsantrag 3 verteidigte Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung: 1. Fixkamm für eine Kämmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung (27, 127, 227) 2. mit einem Trägerelement (10, 110, 210) 3. und einer Anzahl zum Eingreifen in das Faservlies dienender Kammzinken (20, 120, 220), die in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) nebeneinander am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind, 3.1. wobei die Kammzinken (20, 120, 220) zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn (25, 125, 225), 3.1.1 der im wesentlichen parallel zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufende Zahnflanken (28, 128, 228) und 3.1.2. eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (29, 129, 229) aufweist, gebildet sind, 3.1.3. wobei die Sägezähne (25, 125, 225) bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust (29, 129, 229) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, 3.1.4. dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten (29, 129, 229) und den Zahnflanken (28, 128, 228) der Zähne (25, 125, 225) abgerundet sind 3.1.5. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) jeweils aus einem Fuß (22, 122, 222) und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn (25, 125, 225) aufweisenden Blatt (24, 124, 224) bestehen, 3.1.5.1. wobei die Abmessungen des Fußes (22, 122, 222) in der im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) größer sind als die Abmessungen des Blattes (24, 124, 224) in dieser Richtung (26), 3.1.6. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) im Bereich ihrer Füße (22, 122, 222) am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind 3.1.7. und in diesem Bereich aneinander anliegen, 3.1.10. wobei das Trägerelement (10, 110, 210) in einer Richtung von Zahnfuß zu Zahnspitze nicht über die Füße hinausragt. Der mit dem Hilfsantrag 4 verteidigte Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung: 1. Fixkamm für eine Kämmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung (27, 127, 227) 2. mit einem Trägerelement (10, 110, 210) 3. und einer Anzahl zum Eingreifen in das Faservlies dienender Kammzinken (20, 120, 220), die in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) nebeneinander am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind, 3.1. wobei die Kammzinken (20, 120, 220) zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn (25, 125, 225), 3.1.1. der im wesentlichen parallel zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufende Zahnflanken (28, 128, 228) und 3.1.2. eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (29, 129, 229) aufweist, gebildet sind, 3.1.3. wobei die Sägezähne (25, 125, 225) bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust (29, 129, 229) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, 3.1.4. dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten (29, 129, 229) und den Zahnflanken (28, 128, 228) der Zähne (25, 125, 225) abgerundet sind 3.1.5. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) jeweils aus einem Fuß (22, 122, 222) und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn (25, 125, 225) aufweisenden Blatt (24, 124, 224) bestehen, 3.1.5.1. wobei die Abmessungen des Fußes (22, 122, 222) in der im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) größer sind als die Abmessungen des Blattes (24, 124, 224) in dieser Richtung (26), 3.1.6. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) im Bereich ihrer Füße (22, 122, 222) am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind 3.1.7. und in diesem Bereich aneinander anliegen, 3.1.10. wobei das Trägerelement (10, 110, 210) in einer Richtung von Zahnfuß zu Zahnspitze nicht über die Zahnfüße (22, 122, 222) hinausragt, 3.1.8. und wobei die Rückseite (16, 116, 216) des Trägerelementes (10, 110, 210) mit der an dem der Zahnbrust (29, 129, 229) des Sägezahns (25, 125, 225) entgegengesetzten Zahnrücken (32, 132, 232) anschließenden Rückseite (34, 134, 234) des Zahnfußes (22, 122, 222) fluchtet. Der mit dem Hilfsantrag 5 verteidigte Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung: 1. Fixkamm für eine Kämmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung (27, 127, 227) 2. mit einem Trägerelement (10, 110, 210) 3. und einer Anzahl zum Eingreifen in das Faservlies dienender Kammzinken (20, 120, 220), die in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) nebeneinander am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind, 3.1. wobei die Kammzinken (20, 120, 220) zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn (25, 125, 225), 3.1.1. der im wesentlichen parallel zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufende Zahnflanken (28, 128, 228) und 3.1.2. eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (29, 129, 229) aufweist, gebildet sind, 3.1.3. wobei die Sägezähne (25, 125, 225) bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust (29, 129, 229) gebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten (29, 129, 229) und den Zahnflanken (28, 128, 228) der Zähne (25, 125, 225) abgerundet sind 3.1.5. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) jeweils aus einem Fuß (22, 122, 222) und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn (25, 125, 225) aufweisenden Blatt (24, 124, 224) bestehen, 3.1.5.1. wobei die Abmessungen des Fußes (22, 122, 222) in der im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung (27, 127, 227) verlaufenden Richtung (26) größer sind als die Abmessungen des Blattes (24, 124, 224) in dieser Richtung (26), 3.1.6. und die Sägezahndrahtabschnitte (20, 120, 220) im Bereich ihrer Füße (22, 122, 222) am Trägerelement (10, 110, 210) festgelegt sind 3.1.7. und in diesem Bereich aneinander anliegen, 3.1.10 wobei das Trägerelement (10, 110, 210) in einer Richtung von Zahnfuß zu Zahnspitze nicht über die Zahnfüße (22, 122, 222) hinausragt, 3.1.8. und wobei die Rückseite (16, 116, 216) des Trägerelements (10, 110, 210) mit der an dem der Zahnbrust (29, 129, 229) des Sägezahns (25, 125, 225) entgegengesetzten Zahnrücken (32, 132, 232) anschließenden Rückseite (34, 134, 234) des Zahnfußes (22, 122, 222) fluchtet, 3.1.9. und der Zahnrücken (32, 132, 232) sich von der durch dieses Fluchten definierten Fluchtlinie wegkrümmt und dabei die Fluchtlinie nicht überschreitet. Zu den diesen Ansprüchen nachgeordneten Ansprüchen und wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Patentabteilung des Patentamts hat das Patent jedenfalls im Ergebnis zu Recht widerrufen. Die Erfindung betrifft einen Fixkamm für eine Kämmmaschine zum Kämmen eines Faservlieses in einer Kämmrichtung nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 und eine Kämmmaschine mit einem um eine raumfeste Achse umlaufenden Rundkamm und einem außerhalb der Bewegungsbahn des Rundkamms angeordneten Fixkamm. Wie auch einleitend in der Patentschrift dargelegt, dienen Kämmmaschinen zum Veredeln von aus Textilfasern hergestellten Garnen. Sie sind bei der Garnherstellung üblicherweise zwischen der Karde und der Strecke angeordnet. Die Hauptaufgaben der Kämmmaschine bestehen in der Ausscheidung von Kurzfasern aus den von der Karde erzeugten Kardenbändern sowie in der Verbesserung der Parallelisierung der einzelnen Fasern des in Form des Kardenbandes von der Karde gelieferten Faservlieses. Als Nebeneffekt wird in der Kämmmaschine eine weitere Reinigung des Faservlieses durch Ausscheiden von Nissen und Schalenteilen erreicht (vgl. Sp. 1, Z. 6 - 17 der Patentschrift). Um die vorstehend beschriebenen Verbesserungen des Faservlieses zu erhalten, wird in der Kämmmaschine ein von einem Speisezylinder zugeführter und von einer Zange gehaltener Faserbart des Faservlieses von einem eine raumfeste Achse umlaufenden Rundkamm durchfahren, mit einem bereits gekämmten Kämmvlies verlötet und durch Eingreifen eines Fixkamms in den vom Rundkamm gekämmten Faserbart und gleichzeitiges Abziehen des Kämmvlieses vom Speisezylinder vom noch zu kämmenden Faservlies abgerissen. Die gewünschte Verbesserung der Parallelität der Einzelfasern des Faservlieses sowie die Ausscheidung von Kurzfasern wird dabei durch das Zusammenwirken von Rundkamm und Fixkamm bewirkt (vgl. Sp. 1, Z. 18 - 30 der Patentschrift). In der Beschreibungseinleitung wird weiterhin erläutert, dass der Fixkamm herkömmlicher Kämmmaschinen üblicherweise aus einem Trägerelement in Form eines Blechstreifens und daran angelöteten Kammzinken in Form von Flachnadeln gebildet sei. Insbesondere bei hohen Arbeitsgeschwindigkeiten der Kämmmaschine habe es sich gezeigt, dass mit dem Einsatz derartiger Fixkämme keine den Anforderungen an hochwertige Garne genügende Parallelisierung der Einzelfasern des Faservlieses erreichbar sei, während gleichzeitig eine starke Verunreinigung des Fixkammes zu beobachten sei, die eine häufige Reinigung notwendig mache (vgl. Sp. 1, Z. 31 - 41 der Patentschrift). Ferner sei aus der EP 0 557 698 B1 ( D4 ) ein Fixkamm für eine Textil-Kämmmaschine nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bekannt, bei dem die Spitzen im Bereich ihres freien Vorstandes sichelartig gekrümmt seien (vgl. Sp. 1, Z. 42 - 45 der Patentschrift). Die Aufgabe soll in der Bereitstellung eines Fixkamms für eine Kämmmaschine bestehen, mit dem bei einer hohen Maschinenlaufzeit und -arbeitsgeschwindigkeit ein qualitativ hochwertiger Kammzug oder Kammmaschinen-Band herstellbar ist (vgl. Sp. 1, Z. 49 - 54 der Patentschrift). Als der mit der Lösung dieser Aufgabe betraute Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung in Konstruktion und Betrieb von Textilmaschinen, insbesondere Kämmmaschinen, anzusehen. Zulässigkeit des Einspruchs: Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin hält der Senat den Einspruch für zulässig. Die Patentinhaberin ist der Auffassung, der Einspruch sei unzulässig, da zu den einzelnen Merkmalen das Oberbegriffs, insbesondere den Merkmalen 3.1, 3.1.1 und 3.1.2, wonach die Kammzinken zumindest teilweise in Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn gebildet sind, der im Wesentlichen parallel zur Kämmrichtung verlaufende Zahnflanken und und eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust aufweist, der Zusammenhang zum genannten Stand der Technik nicht hergestellt worden sei. Nach § 59 Abs 1 Satz 4 PatG müssen die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Einspruchsfrist im Einzelnen angegeben werden. Die Begründung des Einspruchs muss daher eine nähere Darlegung der Tatsachen enthalten, aus denen der Einsprechende die mangelnde Patentfähigkeit herleitet. Die Nennung der Nummern von Patent- oder Auslegeschriften oder der Fundstellen von sonstigen Veröffentlichungen reicht dafür in aller Regel nicht aus. Die Begründung muss den Anmelder und das Patentamt in die Lage versetzen, die Behauptung des Einsprechenden, der Gegenstand der Anmeldung sei nicht patentfähig, anhand der im Einzelnen mitgeteilten Umstände zu überprüfen; sie darf es nicht dem Anmelder und dem Patentamt überlassen, diese Umstände selbst zu ermitteln. Sie genügt mithin den gesetzlichen Voraussetzungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung der Patentfähigkeit maßgeblichen Umstände so vollständig darlegt, dass der Anmelder und das Patentamt abschließend dazu Stellung nehmen können. In besonders liegenden Einzelfällen kann jedoch die Angabe von Patent- oder Auslegeschriften nur nach ihrer Nummer zur Begründung eines auf mangelnde Patentfähigkeit gestützten Einspruchs genügen. Eine nähere Darlegung ist dann entbehrlich, wenn sich der Zusammenhang aus einer kurzen Textstelle für den sachkundigen Leser von selbst ergibt und sich als Beleg für den behaupteten Einspruchsgrund "geradezu aufdrängt" und "ins Auge fallt". Nur in solchen besonders liegenden Fällen gibt die bloße Nennung der Vorveröffentlichung eine ausreichende Grundlage für eine abschließende Stellungnahme durch den Anmelder und für eine abschließende Beurteilung durch das Patentamt (vgl. BGH BlPMZ 1972, 173 – Sortiergerät). Diese Besonderheit trifft im vorliegenden Fall zu. Die Einsprechende hat die Nummer der Entgegenhaltung genannt (EP 0 557 698 B1 ( D4 )) und angegeben, sie gehe davon aus, dass die im Oberbegriff des erteilten Anspruchs 1 genannten Merkmale aus dieser Schrift bekannt seien, da auch die Patentinhaberin diese Druckschrift zur Formulierung des Oberbegriffs herangezogen habe. Der Zusammenhang zwischen den Merkmalen ergibt sich aus der lediglich eine Seite Text und drei Figuren aufweisenden Druckschrift für den sachkundigen Leser von selbst. Die Merkmale 1, 2, 3 und 3.1.3 sind zweifelsfrei Anspruch 1 i. V. m. den Figuren zu entnehmen, was auch die Patentinhaberin nicht bestritten hat. Dass die Einsprechende die im Anspruch 1 der D4 genannten Sägezahnstanzteile offensichtlich den Sägezahndrahtabschnitten gleichsetzt und ihnen die gleichen Eigenschaften zuschreibt, wie sie durch die Merkmale 3.1.1 und 3.1.2 beschrieben werden, ergibt sich für den Fachmann ohne Weiteres. Somit ist eine ausreichende Grundlage für eine abschließende Stellungnahme durch den Anmelder und für eine abschließende Beurteilung durch das Patentamt gegeben gewesen. Zulässigkeit der Ansprüche: Die geltenden Ansprüche 1 bis 9 nach Hauptantrag und die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 2 sind zulässig, da sie sich aus den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sowie der Patentschrift herleiten und den erteilten Gegenstand einschränken. Die Merkmale des Anspruchs 1 nach Hauptantrag sind in ihrer Merkmalsreihenfolge in den Ansprüchen 1, 12, 10 und 2 der Anmeldeunterlagen und den Ansprüchen 1 und 2 der Patentschrift offenbart. Die Ansprüche 2 bis 9 entsprechen den Ansprüchen 3 – 7, 9, 11 und 13 der Anmeldeunterlagen und den Ansprüchen 3 – 7 und 9 - 11 der Patentschrift. Das gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag zusätzliche Merkmal 3.1.8 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist in Fig. 1b i. V. m. S. 8, Z. 11 - 13 der Anmeldeunterlagen und in Fig. 1b i. V. m. Sp. 2, Z. 40 – 42 der Patentschrift offenbart. Das gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zusätzliche Merkmal 3.1.9 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist in Fig. 1b der Anmeldeunterlagen und der Patentschrift offenbart. Da es bei dem Gegenstand der Streitpatents auf die Krümmung der Sägezähne ankommt (vgl. z. B. Anspruch 1 des Hauptantrags), wird der Fachmann der Darstellung der gekrümmten Zähne in den Figuren besondere Aufmerksamkeit schenken und erkennen, dass das Merkmal 3.1.9 ohne weiteres der Zeichnung zu entnehmen ist (vgl. Schulte PatG 8. Aufl. § 34 Rdn. 316 und 317). Die Ansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 3 bis 5 sind jedoch unzulässig, da das gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag jeweils zusätzliche Merkmal 3.1.10 nicht in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und der Patentschrift offenbart ist. Weder aus den Figuren noch aus der Beschreibung der Anmeldeunterlagen ist nämlich zu entnehmen, dass das Trägerelement in einer Richtung von Zahnfuß zu Zahnspitze nicht über die Füße hinausragt. Die Fig. 1b, 2 und 3 zeigen, dass das Trägerelement im Bereich des Zahnfußes befestigt ist, wobei nach den drei dort dargestellten Ausführungsformen immer ein deutlicher Abstand zum Blatt des Sägezahndrahtabschnittes verbleibt. Nach dem Wortlaut des Merkmals 3.1.10 aber kann das Trägerelement bis zum Blatt des Sägezahndrahtabschnittes heranreichen, was durch die Figuren nicht offenbart ist und somit eine unzulässige Erweiterung darstellt. Hauptantrag Der Fixkamm für eine Kämmmaschine nach Anspruch 1 des Hauptantrags mag zwar neu und gewerblich anwendbar sein, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Für den Fachmann ergibt sich der nächstkommende Stand der Technik aus der Druckschrift D4 , die nach deren Anspruch 1 einen Fixkamm für eine Textil-Kämm-Maschine betrifft ( Merkmal 1 des geltenden Patentanspruchs). In Sp. 1, Z. 49 bis 54 dieser Schrift ist beschrieben, dass der Fixkamm 10 einen ortsfest an der jeweiligen Textilmaschine angeordneten Fixkammträger 11 und ein Deckblech 12 umfasst, wobei eine Mehrzahl von Nadeln 13 zwischen dem Fixkammträger 11 und dem Deckblech 12 aufgereiht ist. Somit entspricht der Fixkammträger 11 dem Trägerelement gemäß Merkmal 2 des Streitpatents. Aus Fig. 1 bis 3 i. V. m. Sp. 1, Z. 49 bis 56 ist zu entnehmen, dass die Spitzen 14, die über die Unterkanten 15 bzw. 16 von Fixkammträger 11 bzw. Deckblech 12 frei vor stehen, Kammzinken darstellen, die zum Eingreifen in das Faservlies dienen und in einer im wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung verlaufenden Richtung nebeneinander am Trägerelement festgelegt sind ( Merkmal 3 ). Auch haben die Kammzinken gemäß D4 (vgl. Fig. 1 und 2) zumindest teilweise die Form von Sägezahndrahtabschnitten mit jeweils mindestens einem Sägezahn ( Merkmal 3.1 ). Sägezahnstanzteile sind nämlich, wie bereits die Patentabteilung in ihrem Beschluss zutreffend festgestellt hat, fertigungstechnisch den Sägezahndrahtabschnitten gleichzusetzen, da sie ebenfalls durch Stanzen hergestellt werden und als Ausgangsmaterial einen Draht verwenden. Rein zum druckschriftlichen Nachweis des Wissens des Fachmanns wird hier auf die Druckschrift D10 verwiesen, in der die Herstellung von Sägezahndraht beschrieben wird. Die Auffassung der Patentinhaberin, wonach in der Entgegenhaltung D4 zwar im Anspruch Sägezahnstanzteile genannt seien, jedoch die Schrift und insbesondere die Figurenbeschreibung nur Nadeln beträfen, vermag den Senat nicht überzeugen. Im Anspruch 1 der D4 sind Nadeln und Sägezahnstanzteile als gleichwertig angegeben. Somit treffen die zum Gegenstand dieser Druckschrift in der Beschreibung gemachten Aussagen und die aus den Figuren zu entnehmenden Merkmale sowohl auf Nadeln als auch auf Sägezahnstanzteile zu. Stanzteile besitzen aufgrund der Dicke des Ausgangsmaterials der Kontur des Stanzwerkzeugs folgende Seitenflächen, die bei ebenen Oberflächen des Ausgangsmaterials senkrecht zu diesen Oberflächen verlaufen. Somit weisen auch die Sägezahnstanzteile gemäß D4 durch die Kontur des Stanzwerkzeugs bedingte Seitenflächen auf, die senkrecht zu den in den Figuren 1 und 2 dargestellten Oberflächen der Sägezahnstanzteile verlaufen. Da die Seitenflächen durch die Kontur des Stanzwerkzeugs bedingt sind, befinden sich zusätzlich zu den in Fig. 1 und 3 sichtbaren Seitenflächen an der Rückseite auch Seitenflächen an der nicht dargestellten Vorderseite der in den Fig. 1 und 3 gezeigten Zähne. Folglich weisen auch die Sägezahnstanzteile nach D4 im Wesentlichen parallel zur Kämmrichtung verlaufende Zahnflanken (oben als Oberflächen bezeichnet) und eine senkrecht dazu verlaufende Zahnbrust (oben als Seitenflächen der nicht dargestellten Vorderseite bezeichnet) auf ( Merkmale 3.1.1 und 3.1.2). Dass die Sägezähne bogenzahnartig mit in Kämmrichtung gekrümmter Zahnbrust gebildet sind, ist insbesondere Fig. 2 i. V. m. mit den Ansprüchen 2 und 3 zu entnehmen ( Merkmal 3.1.3 ). Weiterhin sind D4 die Merkmale 3.1.5 und 3.1.6 zu entnehmen, wonach die Sägezahndrahtabschnitte jeweils aus einem Fuß und einem daran anschließenden, den mindestens einen Sägezahn aufweisenden Blatt bestehen und die Sägezahndrahtabschnitte im Bereich ihrer Füße am Trägerelement festgelegt sind. Wie die Figuren 1 bis 3 zeigen, weisen die Sägezahnstanzabschnitte einen zwischen Fixkammträger 11 und Abdeckblech 12 eingespannten Teil auf, wobei die Sägezahnstanzabschnitte als einzelne Teile nebeneinander unter dem Abdeckblech 12 gehalten sind, was in Fig. 1 durch die unter dem schrägen Teil des Abdeckblechs 12 dargestellte, das einzelne Teil begrenzende als Linie sichtbare Kante verdeutlicht wird. Dieser eingespannte, also am Trägerelement festgelegte Teil stellt den Fuß des Sägezahnstanzabschnitts und der aus Fixkammträger 11 und Abdeckblech 12 herausragende Teil des Stanzteils das Blatt dar. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik dadurch, dass die Übergänge zwischen den Zahnbrüsten und den Zahnflanken der Zähne abgerundet sind (Merkmal 3.1.4), dass die Abmessungen des Fußes in der im Wesentlichen senkrecht zur Kämmrichtung verlaufenden Richtung größer sind als die Abmessungen des Blattes in dieser Richtung (Merkmal 3.1.5.1) und dadurch, dass die Sägezahndrahtabschnitte im Bereich ihrer Füße aneinander anliegen (Merkmal 3.1.7). Der oben genannte Fachmann weiß, dass beim Stanzen an der Unterseite des Werkstücks ein rauer und spröder Bereich entsteht und dass es je nach Duktilität des Werkstoffes zur Gratbildung kommen kann. Sowohl ein rauer Bereich als auch Grate sind bei faserführenden Teilen an Textilmaschinen unerwünscht, da sich dort Fasern und Verunreinigungen ansammeln, was eine häufige Reinigung des Fixkamms zu Folge hätte. Dies soll jedoch nach der Beschreibung der Patentschrift vermieden werden (vgl. Sp. 1, Z. 31 – 41 der PS). Um diesen Mangel zu beseitigen, wird der Fachmann, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden, die Randbereiche bearbeiten und damit zwangsläufig ein Abrunden der Zahnflanken bewirken ( Merkmal 3.1.4 ). Rein zum druckschriftlichen Nachweis dafür, dass das Abrunden durch Entgraten bei kammartigen, faserführenden Teilen in Textilmaschinen für den Fachmann üblich ist und somit zu seinem Wissen gehört, wird auf D8 , S. 3, Z. 11 bis 18 hingewiesen. Der von der Patentinhaberin diesbezüglich vorgebrachte Einwand, dass bei Sägezahndrähten von Karden nach D10 , S. 20, Z. 13 - 22 sogar Grate erwünscht seien, bezieht sich lediglich auf die Spitzen der Zähne und nicht auf deren Zahnflanken und ist überdies nicht auf Kammzinken von Fixkämmen übertragbar. Um den Abstand von Nadeln oder Stanzteilen an Einrichtungen für Textilmaschinen einzustellen, ist es dem Fachmann aus der Druckschrift D9 bekannt, den Fuß der Nadeln oder der Stanzteilen, welcher im Trägerelement gehalten wird, breiter zu gestalten (vgl., Fig. 2, i. V. m. Sp. 5, Z. 23 – 29). Um die Vorteile der Lehre der D9 zu nutzen und Fertigungsaufwand zu minimieren, wird der Fachmann die Breite des Fußes, also die Abmessungen des Fußes in der senkrecht zur Kämmrichtung verlaufenden Richtung größer ausgestalten als die Abmessungen des Blattes in dieser Richtung und er wird die Stanzteile hierfür auch so montieren, dass die Sägezahndrahtabschnitte im Bereich ihrer Füße aneinander anliegen ( Merkmale 3.1.5.1 und 3.1.7 ). Wenn der Fachmann daher sein Fachwissen und die Lehre der D9 auf den Gegenstand der D4 anwendet, um ein qualitativ hochwertiges Kämmmaschinen-Band zu erzeugen, gelangt er in naheliegender Weise zu einem Fixkamm gemäß dem geltenden Anspruch 1. Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist folglich nicht patentfähig. Hilfsantrag 1 Der Fixkamm nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Fixkamm nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unterscheidet sich von dem des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dadurch, dass zusätzlich entsprechend Merkmal 3.1.8 die Rückseite des Trägerelements mit der an dem der Zahnbrust des Sägezahns entgegengesetzten Zahnrücken anschließenden Rückseite des Zahnfußes fluchtet. Fig. 7 der Druckschrift D19 zeigt, dass die Kammzinken eines Fixkamms so befestigt werden können, dass die Rückseite des Trägerelements mit der Rückseite des Zahnteiles fluchtet, mit dem er am Träger befestigt ist. Dies dient, wie der Fachmann zweifelsohne erkennt, dazu, vorstehende Teile zu vermeiden und möglichst ebene Flächen zu erzeugen, um Faseranhaftungen in Rücksprüngen oder Zwischenräumen zu vermeiden. Überträgt man diese Lehre auf den dem Streitgegenstand am nächsten kommenden Stand der Technik nach D4 , um aufgabengemäß auch bei hoher Maschinenlaufzeit und -arbeitsgeschwindigkeit ein qualitativ hochwertiges Kämmmaschinen-Band zu erzeugen, dann wird der Fachmann, um eine ebene Fläche zu erzielen, dort das Deckblech 12 im Bereich des Zahnfußes mit der Rückseite des Zahnfußes fluchten lassen, um das Hervorstehen des Deckblechs im Bereich des Zahnfußes zu vermeiden. Da dieses Merkmal zusammen mit den anderen Merkmalen auch keine überraschende Wirkung erzielt und in aggregativer Weise die Aufgabe ist, beruht der Fixkamm mit dem zusätzlichen Merkmal des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist daher nicht patentfähig. Hilfsantrag 2 Der Fixkamm nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Fixkamm nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 unterscheidet sich von dem des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 dadurch, dass zusätzlich entsprechend Merkmal 3.1.9 der Zahnrücken sich von der durch dieses Fluchten definierten Fluchtlinie wegkrümmt und dabei die Fluchtlinie nicht überschreitet. Dass sich der Zahnrücken von einer durch die Rückseite des Deckblechs gebildete Fluchtlinie wegkrümmt, ist aus Fig. 2 der D4 zu entnehmen. Hierbei die in naheliegender Weise (vgl. Hilfsantrag 1) auszubildende Fluchtlinie nicht zu überschreiten, ist eine rein konstruktive Maßnahme, die der Fachmann beispielsweise treffen wird, wenn er einen Übergang zwischen Fuß und Blatt so gestalten will, dass sich dort keine Fasern ansammeln, die die Qualität des Kämmprozesses negativ beeinflussen. Somit beruht auch das Merkmal 3.1.9 weder für sich noch - mangels einer überraschenden Wirkung - in seiner Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Fixkamm gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist daher nicht patentfähig. Hilfsanträge 3 bis 5 Da die Hilfsanträge 3 bis 5, wie zur Zulässigkeit ausgeführt, unzulässig sind, erübrigt sich eine sachliche Stellungnahme zu den Ansprüchen dieser Anträge. Im Rahmen der Antragsgesamtheit haben auch die dem Anspruch 1 gemäß dem Haupt- und den Hilfsanträgen 1 und 2 nach- und nebengeordneten Ansprüche keinen Bestand (BGH, GRUR 1997, 20 - Elektrisches Speicherheizgerät).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006611&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006614
BPatG
München
24. Senat
20100615
24 W (pat) 96/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "printadvice" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 62 969.4 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch in der Sitzung vom 15. Juni 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die am 27. September 2007 angemeldete Wortmarke printadvice ist für folgende Dienstleistungen bestimmt: „35: betriebswirtschaftliche Beratung bei der Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens; betriebswirtschaftliche Beratung bei der Durchführung von Geschäftsführung eines Industrie- oder Handelsunternehmens; Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Immobilien und von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Maschinen; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren; Produktionsdatenerfassung (Büroarbeiten), Analyse, Optimierung und Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens in betriebswirtschaftlicher Hinsicht; Hilfe bei der Aufbau, Analyse und Optimierung der Personalstruktur eines Industrie- oder Handelsunternehmens (Personalmanagementberatung); 36: finanzielle Beratung; Entwicklung von finanzieller Nutzungskonzepten für Immobilien und von finanzieller Nutzungskonzepten für Maschinen; Erteilung von Finanzauskünften; Mergers- und Akquisitionsgeschäfte, nämlich finanzielle Beratung beim Kauf oder Verkauf von Unternehmen sowie Unternehmensbeteiligungen; Vermittlung von finanziellem Know-How (Franchising); 41: Ausbildung; Ausbildungsberatung und Fortbildungsberatung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; 42: technische Projektplanung; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von EDV-Datenbanken (Software) für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Datenbanken für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens; Beratung zu rechtlichen Bestimmungen, zu Vertragsgestaltung und zu Vertragsverhandlungen für Investitionsgüter und Software.“ Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 22. November 2007 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Die angemeldete Wortzusammensetzung könne mit „Druckberatung“ übersetzt werden. Es gebe Unternehmen, die auf diesem Sektor (Workflow-Optimierung) tätig seien. Die Angabe weise zu den beanspruchten Dienstleistungen einen engen beschreibenden Bezug (hinsichtlich des möglichen Inhalts, Zwecks, Ergebnisses, Themas) auf. Ungewöhnliche Veränderungen, z. B. syntaktischer und semantischer Art, welche eine schutzfähige Gesamtaussage begründen könnten, seien nicht vorhanden. Dem Beschluss waren einige Internet-Seiten (6 Blatt) beigefügt. Die Erinnerung der Anmelderin ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle - besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes - vom 15. Oktober 2008 zurückgewiesen worden. Der Bestandteil „print“ finde sich in zahlreichen deutschen Wortzusammensetzungen. Das Wort „advice“ gehöre dem Grundwortschatz der englischen Sprache an (Hinweis auf „technical advice, financial advice, legal advice, money advice“). Die Begriffe „ printadvice “ (bzw. „print advice“) und „Druckberatung“ seien in den jeweiligen Sprachen gebräuchlich. Der Verkehr sehe hierin den Hinweis auf (umfassende) Beratungsdienstleistungen für Unternehmen der Druckindustrie, nicht aber auf deren betriebliche Herkunft. Dem Beschluss waren 16 Blatt Internet-Ausdrucke beigefügt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. November 2007 sowie vom 15. Oktober 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke für sämtliche ursprünglich beanspruchten Waren und Dienstleistungen in das Markenregister einzutragen, hilfsweise für folgende Waren und Dienstleistungen einzutragen: „35 Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Immobilien und von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Maschinen; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren; Produktionsdatenerfassung (Büroarbeiten), Analyse, Optimierung und Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens in betriebswirtschaftlicher Hinsicht. 36 Entwicklung von finanzieller Nutzungskonzepten für Immobilien und von finanzieller Nutzungskonzepten für Maschinen; Vermittlung von finanziellem Know-How (Franchising). 41 Ausbildung; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung. 42 Technische Projektplanung; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Software für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von EDV-Datenbanken (Software) für den Betrieb oder die Leitung eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Durchführung von Geschäften oder Handelsverrichtungen eines Industrie- oder Handelsunternehmens, für die Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien und Maschinen in betriebswirtschaftlicher Hinsicht und für die Entwicklung von strategischen Gebäude- und Produktionsprozess-Konzepten als Basis für die Investitionsplanung oder Gebäudeplanung; Erstellung, Vermietung, Installation und Wartung von Datenbanken für die Produktionsdatenerfassung, die Analyse, die Optimierung und die Produktionssteuerung in der Produktion und im Management eines Industrieunternehmens.“ Nach Ansicht der Anmelderin sind die übersandten Internet-Auszüge unbeachtlich, soweit sie sich auf andere Begriffe als die angemeldete Bezeichnung und auf - ihrer Ansicht nach zweifelhafte - Diskussionsbeiträge aus Chat- und Communityforen bezögen. Zudem sei eine beschreibende Bedeutung der Wortfolge „print advice“ bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen aus unterschiedlichen Klassen nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht belegt, dass dieser Begriff (bzw. „Druckberatung“) für sämtliche Dienstleistungen im Deutschen sprachüblich sei. Im hilfsweise geltenden Verzeichnis seien alle Bezugnahmen auf den Begriff „Beratung“ gestrichen. Für andere Dienstleistungen sei „ printadvice “ nicht beschreibend. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, jedoch in der Sache - mit dem Hauptantrag ebenso wie mit dem Hilfsantrag - nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung „ printadvice “ für die jeweils beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Dienstleistungen (oder Waren) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 2006, 229, 230, Nr. 27 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710, Nr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL ; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard ). Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel der betrieblichen Herkunft nach versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard ). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 411, Nr. 9 - STREETBALL ). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Dienstleistungen in engem sachlichen Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen stehen, für welche die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2009, 949, 951, Nr. 20 - My World). Die Eignung, Dienstleistungsangebote ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953, Nr. 10 - DeutschlandCard ). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf die konkret beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt (EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 19 - Maglite; GRUR 2005, 763, Nr. 25 - Nestlé/Mars; BGH GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard ). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2004, 943, Nr. 24 - SAT 2). Den Sinngehalt der Wortbildung „ printadvice “ (= Druckberatung) hat die Markenstelle zutreffend aufgezeigt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die Wortfolge „print advice“ ist im englischen Sprachbereich üblich und verbreitet, wie die Markenstelle ausreichend belegt hat (ebenso wie die mit diesem Begriff in einem engen Zusammenhang stehenden und von daher vorliegend bedeutsamen Bezeichnungen „printing advice“ und „print advisor“). Die zusammengeschriebene Form, wie sie Gegenstand der Anmeldung ist, mag zwar für einen Interessenten mit englischer Muttersprache auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen; für das hier maßgebliche inländische (Fach-)Publikum gilt dies aber nicht, da im deutschen Sprachbereich die Zusammenschreibung von Wörtern, auch solchen fremdsprachlichen Ursprungs, allgemein verbreitet ist. Die neutrale - also nicht speziell auf die Druckbranche abstellende - Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses (in der ursprünglichen ebenso wie in der hilfsweise eingeschränkten Form) vermag nichts daran zu ändern, dass sich die beanspruchten Dienstleistungen auch an Verkehrskreise aus dem Druckgewerbe richten können, es also um Angebote in Bezug auf Gebäude, Maschinen, EDV-Anlagen, Personal, Finanzbedarf usw. auf diesem Dienstleistungssegment gehen kann. Für Druckereibetriebe und dort tätiges Personal (auf drucktechnischem ebenso wie auf kaufmännischem Gebiet) erschließt sich angesichts der weltweiten Verbreitung des Englischen als Fachsprache der Sinngehalt der Bezeichnung „ printadvice “, auch in der konkreten Schreibweise, auf Anhieb. Niemand wird dort den angemeldeten Begriff von Haus aus, d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung, als Marke im Sinne eines Hinweises auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Dienstleistungen verstehen. Diese Beurteilung gilt auch dann, wenn im Einzelfall der Bezug zum Druckereiwesen nicht (oder jedenfalls nicht sofort) auf der Hand liegen sollte. Von daher vermag sich auch die hilfsweise Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses, d. h. im Wesentlichen die Eliminierung des Begriffs „Beratung“, nicht zu Gunsten der Anmelderin auszuwirken. Die angemeldete Bezeichnung, die eben den Begriff „advice“ (= Beratung) enthält, wird auf den betreffenden Dienstleistungssektoren in keinem Verwendungszusammenhang als individueller betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Das - auch bei Prüfung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigende - Allgemeininteresse, den Verkehr vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 43 m. w. Nachw.), verbietet daher im vorliegenden Fall die Registrierung der angemeldeten Bezeichnung zu Gunsten eines einzigen Unternehmens. Mithin ist der Beschwerde der Anmelderin der Erfolg insgesamt zu versagen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006614&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006615
BPatG
München
25. Senat
20100915
25 W (pat) 8/09
Beschluss
§ 8 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 68 Abs 2 MarkenG, § 107 Abs 1 MarkenG, § 115 Abs 1 MarkenG, Art 6quinquies Abschn B Nr 3 PVÜ
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Schutzentziehungsverfahren - "Schokoladenstäbchen" (international registrierte dreidimensionale Marke) - zur grafischen Darstellbarkeit
In der Beschwerdesache … … betreffend das Schutzentziehungsverfahren S 35/06 gegen die Marke IR 869 586 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: 1. Der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts wird anheimgegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten. 2. Für den Fall des Beitritts erhält die Präsidentin Gelegenheit bis spätestens 25. Oktober 2010 Ausführungen in der Sache zu machen.
I. Gegen die für die Markeninhaberin für die Waren der Klasse 30 " Cacao, chocolat, produits de chocolaterie " international unter der Nummer IR 869 586 seit dem 7. September 2005 registrierte dreidimensionale Marke , deren Schutz seit dem 15. Dezember 2005 auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckt ist, hat die Antragstellerin mit einem am 13. Januar 2006 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz einen Schutzentziehungsantrag mit der Begründung gestellt, dass dieser Marke Schutz entgegen § 8 MarkenG gewährt worden sei. Die Antragsgegnerin hat dem Antrag auf Schutzentziehung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antrag mit Beschluss vom 24. Mai 2007 zurückgewiesen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden sei. Die angegriffene Marke hebe sich von den auf dem hier einschlägigen Warengebiet üblichen Warenformen deutlich ab. Üblich seien auf dem Gebiet der Schokoladewaren neben der klassischen "Riegelform" nur Gestaltungen, die einen ohne weiteres erkennbaren realen Bezug hätten und außerdem von einem gewissen Wert seien; es gebe daher u. a. Schokoladenhandys, -armbanduhren, -autos, -CDs und Tiere aller Art. Die Gestaltung der angegriffene Marke falle aus diesem üblichen Muster heraus. In der Abbildung lasse sich auf den ersten Blick überhaupt nichts aus der realen Welt Bekanntes erkennen. Auch der bei der Markenbeschreibung herausgestellte Bezug zu einer "Weinranke" sei nur mit Mühe nachvollziehbar. Es handele sich auch nicht um eine den üblichen Gestaltungsformen entsprechende Form, da Weinranken, die der eingetragenen Darstellung entsprächen, im realen Leben weder als solches von irgendeinem besonderen Interesse seien noch einen besonderen Wert hätten. Schließlich sei auch der Verkauf von Schokolade in der Form von leicht geschlängelten Stäbchen, anders als in der "echten" Form eines Stabes oder Sticks, nicht allgemein üblich. Es handele sich demgemäß bei der eingetragenen Abbildung um eine (völlig) willkürliche Form, so dass der Verkehr diese Form nicht als (übliches) Dekor auffasse, und demgemäß die angegriffene Marke als betrieblicher Herkunftshinweis wirke. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Mai 2007 aufzuheben und der Marke IR 869 586 den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu entziehen. Das Zeichen bestehe aus der bloßen Abbildung der Ware selbst, so dass es vom Verkehr einerseits nicht als Betriebshinweis verstanden würde und andererseits in Bezug auf die eingetragenen Waren lediglich eine beschreibende Angabe sei, an der auch ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber bestehe. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin bereits vor Anmeldung der IR-Marke eine vergleichbare Form für ein Schokoladenprodukt verwendet habe, verdeutliche das Allgemeininteresse an einer freien Verwendbarkeit dieser Form und ein sich daraus ergebendes Freihaltungsbedürfnis i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Den Mitbewerbern müsse die freie Wahl zwischen allen beschreibenden Formen erhalten bleiben. Die eingetragene Marke weise zudem auch keine tatsächlich an eine Weinranke erinnernde und über die bloße Form eines zylinderförmiges Stäbchen mit Streuseln hinausgehende Ausgestaltung auf. Auch die Markenabteilung habe festgestellt, dass eine Assoziation an einer Weinranke allenfalls mit Mühe nachvollziehbar sei. Dementsprechend habe eine in einem französischen Verletzungsverfahren auf Veranlassung der Antragstellerin durchgeführte demoskopische Umfrage ergeben, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der befragten Verkehrsbeteiligten die hier maßgebliche Warenform nicht als Kennzeichen eines bestimmten Herstellers ansehe. Die angegriffene Marke erschöpfe sich in einer Kombination einfacher gestalterischer Merkmale. Der Verkehr werde in der angegriffenen Marke lediglich ein gleichmäßig gewelltes Schokoladenstäbchen mit Streuseln, also eine ausschließlich beschreibende Angabe erkennen. Den Streuseln werde er dabei ausschließlich eine geschmackliche bzw. ästhetische Funktion zumessen. Auch die wellenförmige Ausgestaltung des Schokoladenstäbchens hebe sich nicht durch charakteristische, identitätsstiftende Merkmale in hinreichender Weise von anderen Produktgestaltungen im hier maßgeblichen Warenbereich ab. Eine von der Markeninhaberin geltend gemachte Anlehnung der Warenform an "knorrige Zweige einer Weinrebe" könne der Marke nicht entnommen werde. Soweit die Markeninhaberin tatsächlich eine daran erinnernde Warenform vertreibe, könne dies nicht berücksichtigt werden, da diese Warenform nicht Gegenstand der Eintragung sei. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen sowie der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die hier geschützte Form eines welligen Stäbchens mit einzelnen Punkten (Krümeln) an der Oberfläche gehöre nicht zu den üblichen Gestaltungsformen für Schokoladenwaren. Ob diese Form den Verbraucher an eine Weinranke erinnere, sei daher unerheblich. Auch die Antragstellerin habe nichts dazu vorgetragen, dass diese Form vor Anmeldung der IR-Marke eine übliche Formgebung im hier maßgeblichen Warenbereich gewesen sei. In Anbetracht der nahezu unerschöpflichen Formenvielfalt bei Schokoladenwaren bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis an der eingetragenen Warenform. In der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Mai 2010 hat der Senat Zweifel geäußert, ob der Schutzgegenstand der angegriffenen Marke nach dem der Eintragung zugrundeliegenden Bild hinreichend eindeutig bestimmt und definiert sei und damit den Anforderungen an eine grafische Darstellbarkeit i. S. des § 8 Abs. 1 MarkenG genüge. Die Markeninhaberin hat dazu geltend gemacht, dass diese Frage vom Senat nicht aufgegriffen werden dürfe, da das Löschungsverfahren kontradiktorisch ausgestaltet sei, jedoch weder die Antragstellerin eine mangelnde Bestimmtheit des Schutzgegenstands geltend gemacht noch die Markenabteilung sich in der angefochtenen Entscheidung damit beschäftigt habe. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sei daher allein die Frage, ob die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 MarkenG Schutz erhalten habe. Jedenfalls handele es sich um eine Klageänderung, der es jedoch an Sachdienlichkeit fehle, da die Frage einer hinreichenden Bestimmtheit ein völlig neuer rechtlicher Gesichtspunkt sei. Eine unzureichende Bestimmtheit und/oder Darstellung einer dreidimensionalen Marke stelle ferner allein einen im Eintragungsverfahren nach § 32 Abs. 2 MarkenG zu beanstandenen Verfahrensfehler dar, begründe jedoch bei erfolgter Eintragung keinen Nichtigkeitsgrund i. S. des § 50 MarkenG. Unabhängig davon genüge die eingetragene Marke den Anforderungen an eine grafische Darstellbarkeit i. S. des § 8 Abs. 1 MarkenG, insbesondere sei sie hinreichend klar dargestellt. Denn vor allem der - auch im vorliegenden Verfahren maßgeblichen - Darstellung der in Frankreich hinterlegten Basismarke zu der vorliegenden IR-Marke ließen sich die runde und gewellte Form des Stäbchens sowie die darauf angebrachten Krümel entnehmen. Anfang und Ende des abgebildeten Stäbchens zeigten die runde Ausgestaltung des Stäbchens und damit auch dessen Dreidimensionalität. Konturen und Form des Stäbchens seien somit deutlich erkennbar, wobei die Form des Stäbchens auch durch die beigefügte Beschreibung noch verdeutlicht werde. (Französischer Registereintrag der Ausgangsmarke numéro 02 ou 3188047)). Dementsprechend sei die Darstellung auch in einer Reihe weiterer Länder, in denen die Marke um Schutz nachgesucht habe, nicht beanstandet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. 1. Der Senat erachtet es als angemessen, der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts gemäß § 68 Abs. 2 MarkenG anheimzugeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten. Im vorliegenden Löschungsverfahren ist über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu befinden, wobei die Beschwerdeentscheidung über den Einzelfall hinaus allgemeine Auswirkungen auch auf das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt haben könnte. Nach vorläufiger Auffassung des Senats hat die zulässige Beschwerde der Antragstellerin Aussicht auf Erfolg, da der mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke Schutz für die Bundesrepublik Deutschland entgegen § 8 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 107 Abs. 1, 113 Abs. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 MMA, Art. 6 quinquies B Nr. 3 PVÜ bewilligt worden ist. Der angegriffenen Marke ist daher der Schutz für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland nach §§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1, §§ 107 Abs. 1, 115 Abs. 1 MarkenG zu entziehen. Die als dreidimensionale Gestaltung eingetragene angegriffene Marke ist nach Auffassung des Senats nicht hinreichend eindeutig dargestellt und ihr ist deshalb der Schutz für den Bereich der Bundesrepublik zu entziehen. Die eindeutige grafische Darstellung des Zeichens, für das Markenschutz begehrt bzw. - im Falle der mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke - Fortgeltung des Markenschutzes beansprucht wird, und die sich daraus ergebende eindeutige Festlegung dessen, was geschützt werden soll, ist für die Entscheidung über die Registereintragung im Anmeldeverfahren bzw. - im Falle einer bereits vollzogenen Eintragung - für den Verbleib der Marke im Register bei der Entscheidung über einen Löschungsantrag fundamental und Bestandteil des ordre-public im Sinne von Art. 6 quinquies B Nr. 3 PVÜ (vgl. zur ordre-public-Wertung der Schutzhindernisse des in der PVÜ ebenfalls nicht enthaltenen Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 MarkenG, Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 3 Rdn. 81). Sinn und Zweck der grafischen Darstellung i. S. d. § 8 Abs. 1 MarkenG, der die obligatorische Norm des Art. 2 der MarkenRL umsetzt, ist die eindeutige Definition des Schutzgegenstandes durch den Registereintrag. Dieses zentrale materiell-rechtliche Erfordernis bei Registermarken dient dazu, (1.) im Eintragungsverfahren der Beurteilung der Marke eine festgelegte Form zugrunde legen zu können, (2.) die Eintragung in das Register als solche überhaupt zu ermöglichen und (3.) die Eintragung im Interesse der Allgemeinheit zur Unterrichtung über die in Kraft stehenden Marken und über ihren Schutzbereich zu veröffentlichen. Insoweit ist das Register die Grundlage für die Entscheidung markenrechtlicher Kollisionsfälle, aber z. B. auch für die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 3 Rdn. 15 m. w. N.). Bei internationalen Markenanmeldungen mit einem Schutzausdehnungsgesuch auf den Bereich der Bundesrepublik muss ebenso wie bei inländischen Markenanmeldungen das Zeichen, für das Schutz bzw. Schutzausdehnung begehrt wird, in der Anmeldung durch die grafische Darstellung so klar und eindeutig festgelegt sein, dass eine genaue Identifizierung und Bestimmung des Schutzgegenstandes möglich ist. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH zu Art. 2 Markenrechtsrichtlinie und des BGH zu § 8 Abs. 1 MarkenG (vgl. dazu EuGH GRUR 2003, 145, 147 [Tz. 46] - Sieckmann; GRUR 2003, 604, 606 [Tz. 28] - Libertel; GRUR 2004, 858, 859 [Tz. 25] - Heidelberger Bauchemie GmbH und GRUR 2004, 54, 57 [Tz. 55 -63] - Shield Mark/Kist und BGH GRUR 2007, 150, 151 [Tz. 16 - 23] - Tastmarke). Dieser Grundsatz gilt nicht nur für visuell nicht wahrnehmbare Marken wie z. B. Hör-, Riech- und Tastmarken (so EuGH GRUR 2003, 145 Tz. 52 - 55 - Sieckmann; EuGH GRUR 2004, 54 Tz. 55 - Shield Mark/Kist und BGH GRUR 2007, 150, 151 [Tz. 16 - 23] - Tastmarke) oder für die visuell (wohl) wahrnehmbare abstrakten Farbmarken (GRUR 2003, 604, 606 [Tz. 28] - Libertel; GRUR 2004, 858, 859 [Tz. 25] - Heidelberger Bauchemie GmbH), sondern ebenso für alle anderen visuell wahrnehmbaren Markenformen, also auch für dreidimensionale Gestaltungen. Dabei kann es genügen, das Zeichen mit hinreichend eindeutigen Symbolen, insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder Schriftzeichen hinreichend eindeutig zu identifizieren und damit zu definieren (vgl. dazu die vorgenannten EuGH- und BGH-Entscheidungen - Sieckmann, Libertel, Heidelberger Bauchemie GmbH, Shield Mark/Kist, Tastmarke, jeweils a. a. O.). Das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit im Sinne von Art. 2 MRRL und § 8 Abs. 1 MarkenG ist nicht schon dann erfüllt, wenn der Schutzgegenstand als solcher darstellbar ist, selbst wenn der Wortlaut der Vorschriften ein solches Verständnis zunächst nahelegen mag. Vielmehr muss nach den genannten Vorschriften die konkret eingereichte grafische Darstellung, die der Anmeldung bzw. Eintragung zugrunde liegt, im Einzelfall die klare und eindeutige Definition des konkret beanspruchten Schutzgegenstandes ermöglichen. Die Frage der grafischen Darstellbarkeit nach Art. 2 MRRL bzw. § 8 Abs. 1 MarkenG kann nämlich immer nur anhand der konkret eingereichten grafischen Darstellung geprüft werden. Die Eintragung bzw. Schutzgewährung einer durch die vorhandene Markenwiedergabe unzureichend definierten Marke führt im Rahmen eines Löschungs- bzw. Schutzentziehungsverfahrens zur Löschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG bzw. Schutzentziehung nach § 115 i. V. m. § 50 Abs. 1 MarkenG, ohne die einschränkenden Erfordernisse des § 50 Abs. 2 MarkenG (auch nicht in Bezug auf die 10-Jahres-Frist). Der Senat teilt nicht die seitens der Markeninhaberin unter Bezugnahme auf die Entscheidung BPatG GRUR 2002, 163, 164 - BIC-Kugelschreiber vertretene Auffassung, bei einer Eintragung trotz unzureichender Markenwiedergabe handele es lediglich um einen Verfahrensfehler, welcher nicht unter die Nichtigkeitsgründe des § 50 Abs. 1 MarkenG falle, zumal ohne hinreichende Bestimmtheit des Schutzgegenstandes eine Prüfung der markenrechtlichen Schutzfähigkeit überhaupt nicht stattfinden kann. Insofern ist nach Auffassung des Senats die Frage der Bestimmtheit des Schutzgegenstandes eine im registerrechtlichen Verfahren ohne weiteres immanente unabdingbare Voraussetzung für die Schutzgewährung bzw. -belassung. Die hier zu beurteilende streitgegenständliche dreidimensionale Marke ist nach Auffassung des Senats nicht hinreichend eindeutig bestimmt und definiert. Bei einer 3-D-Marke muss durch die bildliche Wiedergabe der beanspruchten Gestaltung insbesondere deutlich werden, inwieweit Schutz in Bezug auf die "dritte Dimension" begehrt wird, die letztlich die Markenkategorie der dreidimensionalen Marken überhaupt erst ausmacht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 32 Rdn. 28). Das der vorliegenden IR-Eintragung zugrunde liegende Bild ist unscharf und lässt insbesondere nicht erkennen, wie die Marke in ihrer Dreidimensionalität gestaltet ist. Dies gilt auch für die etwas deutlichere Darstellung des Schutzgegenstandes in der französischen Ausgangsanmeldung, welche die Markeninhaberin mit der Anlage 1 dem Schriftsatz vom 19. Mai 2010 (Bl. 220 d. A.) vorgelegt und damit ins Verfahren eingeführt hat (im Tatbestandsteil dieses Beschlusses ist die französische Ausgangseintragung - entnommen aus dem französischen Markenregister - dargestellt). Diese Darstellung ist letztlich die maßgebliche Grundlage für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der hier zu beurteilenden IR-Marke (vgl. dazu BPatGE 33, 135 ff.). Es kann dahinstehen, ob ein dreidimensionaler Gegenstand in allen Einzelheiten - d. h. auch aus allen Perspektiven vollständig dargestellt sein muss, was dann bei komplexen dreidimensionalen Gestaltungen regelmäßig mehrere Ansichten erfordern würde (vgl. dazu die Senatsentscheidung GRUR 2001, 521 - Penta Kartusche). Auch wenn man selbst bei komplexeren dreidimensionalen Marken eine einzige Darstellung ausreichen lassen würde und so den Schutz der Marke auf jene Merkmale beschränken würde, die in der eingereichten Wiedergabe dargestellt sind (siehe dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 32 Rdn. 29), wovon - ohne dies zu thematisieren - offensichtlich der Bundesgerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen selbst ausgegangen ist (vgl. dazu z. B. BGH MarkenR 2001, 75 bzw. GRUR 2004, 505 - Rado-Uhr bzw. Rado-Uhr II; GRUR 2004, 507 - Transformatorengehäuse, vgl. auch den nicht veröffentlichten Beschluss des BGH vom 14. Dezember 2000 im Verfahren mit dem Aktenzeichen I ZB 40/98 - Uhrgehäuse), genügt die streitgegenständliche Marke auch diesen geringeren Anforderungen nicht. Denn im Gegensatz zu den vorgenannten Entscheidungen des BGH, in denen der Schutzgegenstand in seiner Dreidimensionalität zwar nicht vollständig, aber doch zumindest aus einer Sicht hinreichend definiert erscheint, ist dies bei der streitgegenständlichen Marke nicht der Fall. Es fehlt jegliches perspektivische Moment bzw. ein solches ist nicht hinreichend deutlich zu erkennen. Dem der Markenanmeldung zugrunde liegenden Bild kann weder die genaue Form noch die Struktur des Stäbchens entnommen werden. Das Bild zeigt lediglich ein gewelltes Etwas (Stäbchen oder ähnliches), wobei insbesondere nicht erkennbar ist, ob die Wellenform in einer Dimension auf und ab erfolgt oder etwa gewunden ist und dadurch eine weitere Dimension in der Tiefe hat. Auch die erläuternde Beschreibung der angegriffenen Marke, wonach die Marke die Form eines Weinzweiges (Zweig eines Weinstocks), einer Weinrebe oder einer Weinranke darstellt, führt zu keinem hinreichend eindeutig bestimmten Schutzgegenstand. Denn Weinzweige, Weinreben oder Weinranken wachsen naturgemäß ganz unterschiedlich und können deshalb auch völlig unterschiedlich gestaltet sein, so dass die vorhandene Beschreibung hier auch im Zusammenhang mit der bildlichen Darstellung nicht die für ein Registerrecht hinreichende Klarheit und Eindeutigkeit schafft. Vorliegend sind nach Auffassung des Senats tatsächlich einige unterschiedliche dreidimensionale Gestaltungen vorstellbar, die angesichts der undeutlichen Zeichenwiedergabe als identisch mit der eingereichten Abbildung angesehen werden könnten. So kann ein in einer Ebene gewelltes Stäbchen ebenso auf die Abbildung "gelesen" werden wie etwa ein "gewundenes" Stäbchen. Letztlich würde die Anerkennung der vorliegenden undeutlichen Art der Zeichenwiedergabe dazu führen, dass ein ganzes Bündel von denkbaren Gestaltungen geschützt wäre. Bei einer aus Buchstaben bestehenden Marke würde ein ähnlicher Effekt entstehen, wenn Schutz etwa für die Buchstaben "T", "A" und "R" in beliebiger Reihenfolge und Anordnung gewährt würde. Bei einer Bildmarke, die einen Gegenstand mit räumlicher Ausdehnung wiedergibt, ist eine Unschärfe der bildlichen Wiedergabe oder Unklarheit in Bezug auf die Dreidimensionalität des abgebildeten Gegenstandes jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit des Schutzgegenstandes in aller Regel nicht problematisch, weil hier die Bilder selbst Schutzgegenstand sind. Dies ist bei einer nicht hinreichend deutlich wiedergegebenen dreidimensionalen Marke anders zu beurteilen. Bei ihr ist nicht das Bild der Schutzgegenstand, sondern das Bild ist nur die - unter Umständen unzulängliche - Wiedergabe des Schutzgegenstandes, aus der sich der Schutzgegenstand erst hinreichend eindeutig auch in seiner Dreidimensionalität ergeben muss. Soweit die Markeninhaberin im Verfahren die Auffassung geäußert hat, dass die Frage der Bestimmtheit des Schutzgegenstandes und in diesem Zusammenhang die Frage der hinreichend deutlichen grafischen Darstellung nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei und deshalb vom Senat nicht aufgegriffen werden dürfe, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil dieser Gesichtspunkt von der Löschungsantragstellerin bereits im Verfahren vor der Markenabteilung im ersten Schriftsatz angesprochen worden ist, der Ausführungen in der Sache enthält (vgl. Schriftsatz vom 31. Januar 2006, Seite 1, unter Hinweis auf die Entscheidung "Penta Kartusche"). Demzufolge ist diese Frage - unabhängig davon, ob der Senat sie nicht auch von Amts wegen aufgreifen könnte, um überhaupt in eine sachgerechte Prüfung der Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 und § 8 Abs. 2 MarkenG eintreten zu können - jedenfalls verfahrens- und damit auch beschwerdegegenständlich geworden. 2. Die Frage, ob dem angemeldeten Zeichen schon in der denkbaren Variationsbreite der aufgrund unzureichender Abbildung möglichen tatsächlichen Formen die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt, kann dahinstehen und soll hier nicht weiter vertieft werden. 3. Der vorliegende Fall wirft einige Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung bei dreidimensionalen Marken auf, die nach Auffassung des Senats teilweise noch nicht höchstrichterlich geklärt sind. So erscheint z. B. nicht geklärt, ob eine (komplexe) dreidimensionale Gestaltung, die unter Schutz gestellt werden soll, durch die grafische Darstellung im Sinne des Art. 2 der Markenrechtsrichtlinie bzw. nach § 8 Abs. 1 MarkenG von allen Seiten dargestellt und insoweit (vollständig) definiert sein muss oder ob die Ansicht von nur einer Seite ausreicht und quasi Teilschutz für eine Seitenansicht einer dreidimensionalen Gestaltung gewährt werden kann. Es erscheint denkbar, dass solche "3D Teilansichtsschutzgegenstände" keine dreidimensionalen Gestaltungen sind, sondern als sonstige Markenformen zu werten sind. Obergerichtlich ist ferner nicht geklärt, ob die eindeutige grafische Darstellung des Zeichens, für das Markenschutz begehrt bzw. im Falle der Eintragung - Schutz beansprucht wird, und die sich daraus ergebende eindeutige Festlegung dessen, was geschützt werden soll, Bestandteil des deutschen und auch des europäischen ordre-public im Sinne von Art. 6 quinquies B Nr. 3 PVÜ ist und ob ein entsprechender Mangel eine Löschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG bzw. Schutzentziehung nach §§ 50 Abs. 1, 107 Abs. 1, 115 Abs. 1 MarkenG rechtfertigt.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006615&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006617
BPatG
München
26. Senat
20100630
26 W (pat) 87/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "snipcall" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 41 697.6 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2009 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen „Klasse 35: Online-Werbung; Klasse 41: Durchführung von Spielen im Internet“ zurückgewiesen worden ist.
I Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Dienstleistungen angemeldete Wortmarke 307 41 697.6 / 38 snipcall mit Beschluss vom 20. Januar 2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke sei erkennbar aus den englischen Wörtern „snip“ und „call“ zusammengesetzt, wobei „snip“ die Bedeutung „Schnäppchen“ und „call“ die Bedeutung „Anruf“ habe. Der Bezeichnung „Snipcall“ insgesamt werde der Verkehr, obwohl es sich um eine neue Wortbildung handele, den beschreibenden Hinweis entnehmen, dass man mittels eines Anrufs Zugang zu Schnäppchen im Sinne von günstigen Kaufgelegenheiten habe. Der Verkehr sei nämlich daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen in neuer, einprägsamer Form übermittelt werden sollten. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der inländische Verkehr werde das Wort „snipcall“ als Phantasiebezeichnung auffassen, weil er seine Bedeutung nicht verstehe und er es auch nicht analytisch zergliedern werde. Der inländische Verkehr übersetze nämlich „snip“ mit „Schnitt, Einschnitt, schneiden, zerschneiden, abschneiden, Schnipsel“, nicht jedoch mit der nur in der englischen Umgangssprache gebräuchlichen und daher dem inländischen Verkehr weniger bekannten Bedeutung „Schnäppchen, günstiger Kauf“. Ferner sei der Bestandteil „call“ in der Bedeutung „Anruf“ für einen Teil der beanspruchten Dienstleistungen, wie z. B. „Durchführung von Auktionen und Versteigerungen im Internet“, „Online-Werbung“, „Durchführung von Spielen im Internet“, „Bereitstellung von Suchmaschinen für das Internet“ nicht beschreibend, da es sich bei diesen Dienstleistungen nicht um über das Telefon, sondern um im Internet erbrachte Dienstleistungen handele. Die Anmelderin hat im Beschwerdeverfahren das Dienstleistungsverzeichnis auf die Dienstleistungen „Online-Werbung; Durchführung von Spielen im Internet“ beschränkt. Sie beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen „Online-Werbung; Durchführung von Spielen im Internet“ zurückgewiesen worden ist. II Die zulässige Beschwerde ist in Bezug auf die nach der Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Dienstleistungen „Klasse 35: Online-Werbung; Klasse 41: Durchführung von Spielen im Internet“ begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für diese Dienstleistungen stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht entgegen. Im Ausgangspunkt zutreffend ist die Markenstelle auch insoweit davon ausgegangen, dass sich das angemeldete Zeichen erkennbar aus den der englischen Sprache entnommenen Bestandteilen „snip“ und „call“ zusammensetzt und u. a. auch die Bedeutung „Schnäppchenanruf“ haben kann. In dieser einzig sinnvollen Bedeutung kann es jedoch nicht zur Beschreibung der vorgenannten, allein noch beanspruchten Dienstleistungen dienen; denn es bezeichnet in dieser Bedeutung weder die Art, die Beschaffenheit, die Bestimmung oder eine sonstige Eigenschaft dieser Dienstleistungen. Der von der Markenstelle in Bezug auf diese Dienstleistungen angenommene beschreibende Inhalt ist zu fernliegend, um als unmittelbare Beschreibung von Eigenschaften dieser Dienstleistungen gewertet werden zu können. Bei dieser Sachlage besteht kein Allgemeininteresse i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG an der Freihaltung der angemeldeten Bezeichnung für die Dienstleistungen „Online-Werbung“ und „Durchführung von Spielen in Internet“. Da die angemeldete Marke für die nunmehr noch beanspruchten Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend ist und es auch an einem für den Verkehr erkennbaren und verständlichen sonstigen Sachbezug zu diesen Dienstleistungen fehlt - „snip“ in der Bedeutung „Schnäppchen“ gehört nicht zum englischen Grundwortschatz und wird – soweit ersichtlich – in dieser Bedeutung im Inland bisher auch nicht als beschreibende Angabe verwendet - und es sich bei der angemeldeten Marke letztlich auch nicht um eine im Verkehr sonst gebräuchliche Bezeichnung handelt, kann ihr insoweit auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden. Der Beschwerde der Anmelderin ist daher im beantragten Umfang stattzugeben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006617&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006618
BPatG
München
26. Senat
20100915
26 W (pat) 97/08
Beschluss
§ 27 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "patentamtliches Umschreibungsverfahren" - registerrechtliches Massenverfahren - keine Durchführung einer Beweisaufnahme und keine umfassende rechtliche Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Rechtsübergangs seitens der Markenstelle - bei begründeten Zweifeln an einem Abschluss eines Abtretungsvertrages vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Umschreibungsantrag zurückzuweisen - Antragstellerin bleibt der Klageweg vor dem zuständigen ordentlichen Gericht unbenommen
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke... hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2010 15. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker sowie des Richters am OLG Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die L… GmbH – im folgenden: Markeninhaberin - hat am 6. Oktober 1997 für Waren der Klassen 29, 31 und 32 die farbige Wort-Bild-Marke ... angemeldet, die am 3. Dezember 1997 unter der Nummer ... in das Markenregister eingetragen worden ist. Am 3. Juli 2007 hat der Antragsgegner dem Deutschen Patent- und Markenamt angezeigt, dass er zum Insolvenzverwalter der Markeninhaberin bestellt worden ist. Zum Nachweis hierfür hat er eine Kopie des Beschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 6. Oktober 1999 vorgelegt, mit dem über das Vermögen der Markeninhaberin gemäß §§ 11-19, 27 InsO das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zugleich hat er um Mitteilung der für die Markeninhaberin beim Amt bestehenden Schutzrechte gebeten. Mit einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 10. August 2007 eingegangenen Schreiben hat sodann die Antragstellerin die Kopie eines vom 1. August 1998 datierenden Vertrages vorgelegt und mitgeteilt, dass die Markeninhaberin ihr die Rechte u. a. an der o. a. Marke mit diesem Vertrag abgetreten habe. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antragsgegner davon unterrichtet, dass unter Vorlage eines Abtretungsvertrages vom 01.08.1998 die Umschreibung der Marken beantragt worden sei, und ihn zugleich darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit habe, eine Verfügungsbeschränkung ins Markenregister eintragen zu lassen, die zur Folge habe, dass die Markeninhaberin nur noch mit seiner Zustimmung Änderungen in Bezug auf die Marken vornehmen könne. Der Insolvenzverwalter hat daraufhin die Eintragung einer solchen Verfügungsbeschränkung beantragt, die jedoch vom Amt unter Hinweis auf den von der Antragstellerin vorgelegten Abtretungsvertrag abgelehnt worden ist. Des weiteren hat die Markenabteilung der Antragstellerin mitgeteilt, dass begründete Zweifel an einem wirksamen Rechtsübergang der Marken auf sie bestünden, weil der vorgelegte Abtretungsvertrag bereits vom 1. August 1998 datiere, dieser jedoch erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin vorgelegt worden sei. Zugleich hat sie um die Vorlage weiterer Nachweise gebeten, die die gegenüber der Wirksamkeit des Rechtsübergangs bestehen Bedenken ausräumen könnten. Anderenfalls sei mit der Zurückweisung des Umschreibungsantrags und einer Verweisung der Antragstellerin auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten zu rechnen. Auf dieses Schreiben der Markenabteilung hin hat die Antragstellerin eine eigene eidesstattliche Versicherung sowie eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Markeninhaberin, L1…, vorgelegt. Darin erklären beide übereinstimmend, dass sie den Vertrag über die Abtretung der Markenrechte vom 1. August 1998 „zu dem angegebenen Datum“ abgeschlossen hätten. Der Antragsgegner, dem diese eidesstattlichen Versicherungen von der Markenabteilung übersandt worden sind, hat daraufhin erklärt, dass er mit einer Umschreibung der Marken auf die Antragstellerin nicht einverstanden sei. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Umschreibung. Aus den Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin und Insolvenzschuldnerin sei nichts zu entnehmen, was auf eine Übertragung der Marke auf die Antragstellerin im Jahre 1998 hindeute. Es sei nicht auszuschließen, dass der erst im Jahre 2007 eingereichte Abtretungsvertrag nicht im Jahre 1998, sondern erst später erstellt worden sei. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei eine Umschreibung ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters ohnehin nicht möglich. Nachdem der Insolvenzverwalter durch Zahlung der Verlängerungsgebühren samt Zuschlägen die Verlängerung der Schutzdauer der Marken erwirkt hat, hat die Markenabteilung mit Beschluss vom 28. Mai 2008 den Umschreibungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Umschreibung der Marken gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG lägen nicht vor, da begründete Zweifel an dem von der Antragstellerin behaupteten Rechtsübergang im Jahre 1998 bestünden, die die Antragstellerin nicht habe ausräumen können. Die verbleibenden Zweifel bezögen sich dabei nicht auf die Abtretung des Markenrechts an sich, sondern auf deren Zeitpunkt. Für die verbleibenden Zweifel entscheidend sei zum einen, dass nach den Angaben des Antragsgegners aus den Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin keine Angaben oder Hinweise auf die angeblich im Jahre 1998 erfolgte Übertragung der Markenrechte ersichtlich seien. Zum anderen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin trotz des bereits im Jahre 1999 eröffneten Insolvenzverfahrens neun Jahre zugewartet habe, bis sie die Umschreibung der Marken beantragt habe. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb die Übertragungsproblematik nicht umgehend nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzverwalter geklärt worden sei. Diese Zweifel hätten auch nicht durch die vorgelegten, sehr kurz gehaltenen eidesstattlichen Versicherungen ausgeräumt werden können. Da bei einer tatsächlich erst später erfolgten Übertragung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf die Marke nach § 80 Abs. 1 InsO bereits beim Insolvenzverwalter gelegen habe, sei die beantragte Umschreibung zu verweigern gewesen (BPatG BlPMZ 2001, 354 – Umschreibungsantrag). Der Antragstellerin verbleibe die Möglichkeit einer Klage auf Bewilligung der Umschreibung vor den ordentlichen Gerichten (BGH GRUR 1969, 43, 45 f. – Marpin). Gegen den Beschluss der Markenabteilung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Zu deren Begründung macht sie geltend, der auf den Zeitpunkt des Abtretungsvertrages bezogene Fälschungseinwand des Insolvenzverwalters der Markeninhaberin sei unsubstantiiert. Bei der Erklärung des Insolvenzverwalters, dass der Abtretungsvertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden bzw. im Nachhinein mit einem früheren Datum versehen worden sei, handele es sich um eine bloße Mutmaßung. Gründe hierfür seien nicht angeführt worden. Die Markenabteilung habe auch keine Gründe dafür angeführt, weshalb sie die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin nicht als zur Glaubhaftmachung ausreichend anerkannt habe. Es werde nochmals versichert, dass der Abtretungsvertrag am 1. August 1998 abgeschlossen worden sei. Eine frühere Umschreibung im Markenregister sei nicht erforderlich gewesen, weil diese nur deklaratorische Wirkung habe. Angesichts der ökonomischen Entwicklung der Markeninhaberin sei es bereits im Jahre 1998 ratsam gewesen, die Marke aus deren Unternehmensvermögen herauszunehmen. Die im Jahre 1998 erfolgte Abtretung der Marke sei eine vorausschauende Maßnahme gewesen. Angesichts der im Jahre 1998 erfolgten Übertragung sei die Marke nicht in die Insolvenzmasse des Unternehmens eingegangen. Es habe deshalb auch kein Anlass für eine Aussonderung aus der Insolvenzmasse bestanden. Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Umschreibung der Marke auf sie vorzunehmen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er schließt sich der Argumentation der Markenabteilung an und macht geltend, die Antragstellerin versuche, neun Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzmasse einen Vermögensgegenstand zu entziehen und die Auseinandersetzung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden. Eine Gegenleistung für die angebliche Übertragung der Marken auf die Antragstellerin habe die Markeninhaberin zu keinem Zeitpunkt erhalten. Der Senat hat über die Frage des Zeitpunkts des Abschlusses des Abtretungsvertrages Beweis erhoben durch Vernehmung des seinerzeitigen Geschäftsführers der Markeninhaberin und Ehemanns der Antragstellerin L1…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 5. Mai 2010 Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Umschreibungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG wird der Übergang des durch die Eintragung einer Marke begründeten Rechts auf Antrag eines Beteiligten in das Register eingetragen, wenn er dem Patentamt nachgewiesen wird. Zum Nachweis eines Rechtsübergangs ist zum einen ein sowohl von dem eingetragenen Markeninhaber bzw. seinem Vertreter und dem Rechtsnachfolger unterschriebener Umschreibungsantrag geeignet. Ein solcher beidseitiger Antrag liegt hier nicht vor, weil der als Insolvenzverwalter der Markeninhaberin tätige Antragsgegner seine Zustimmung zur Umschreibung nicht erteilt hat. Für eine Umschreibung kann aber auch ein vom Rechtsnachfolger allein gestellter Umschreibungsantrag genügen, sofern dem Antrag Unterlagen beigefügt sind, aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie z. B. ein vom eingetragenen Inhaber und dem Rechtsnachfolger unterschriebener Übertragungsvertrag. Bei einem solchen einseitigen Umschreibungsantrag hat das Deutsche Patent- und Markenamt vor der Vornahme der Umschreibung dem Markeninhaber stets rechtliches Gehör zu gewähren. Ergeben sich, insbesondere auf Grund der Stellungnahme des eingetragenen Markeninhabers oder seines rechtlichen Vertreters, begründete Zweifel an dem Rechtsübergang, so hat das Patentamt dem Antragsteller diese Zweifel mitzuteilen und weitere Nachweise anzufordern (§ 28 Abs. 6 DPMAV). Bestehen auch danach weiterhin begründete Zweifel an dem vom Antragsteller behaupteten Rechtsübergang, so hat das Amt den Umschreibungsantrag ohne weitere Sachaufklärung zurückzuweisen. Ob begründete Zweifel vorliegen, beurteilt sich nach objektiven Maßstäben. Anlass zu begründeten Zweifeln kann insbesondere auch eine längere Zeitspanne zwischen der Erstellung der nach § 28 Abs. 3 Nr. 2 DPMAV vorgelegten Dokumente (Umschreibungsbewilligung bzw. Übertragungsvertrag) und der Stellung des Umschreibungsantrags geben (vgl. BPatG GRR-RR 2008, 261, 262 - Markenumschreibung). Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Zurückweisung des Umschreibungsantrags durch die Markenabteilung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere durfte die Markenabteilung angesichts der Vorlage des vom 1. August 1998 datierenden Abtretungsvertrages nach Ablauf von mehr als neun Jahren und zeitnah im Anschluss an eine Rechtsstandsanfrage des Antragsgegners und Insolvenzverwalters der Markeninhaberin begründete Zweifel daran haben, dass dieser Vertrag tatsächlich bereits zu dem im Vertrag angegebenen Datum geschlossen und die darin aufgeführten Marken bereits zu diesem Zeitpunkt - und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin - materiellrechtlich auf die Antragstellerin übergegangen sind, was Voraussetzung für eine Umschreibung wäre. Auch der Vortrag des Antragsgegners, in den Geschäftsbüchern und den sonstigen Unterlagen der Markeninhaberin fänden sich keinerlei Hinweise auf eine bereits im Jahre 1998 erfolgte Abtretung der Markenrechte an die Antragstellerin, sowie der Umstand, dass die Antragstellerin hierfür gegenüber der Markenabteilung keine nachvollziehbare und überzeugende Begründung geliefert hat, war und ist geeignet, die bereits angesichts der langen Zeitspanne zwischen dem behaupteten Übertragungszeitpunkt der Marke und dem Zeitpunkt der Stellung des Umschreibungsantrags begründeten Zweifel an einer Übertragung der Marke vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin weiter zu nähren. Um diese Zweifel auszuräumen, hat die Antragstellerin zwar zwei inhaltlich weitgehend übereinstimmende eidesstattliche Versicherungen von sich selbst und ihrem Ehemann und seinerzeitigen Geschäftsführer der Markeninhaberin, L1… vorgelegt, in denen übereinstimmend versichert worden ist, dass der Abtretungsvertrag vom 1. August 1998 „zu dem angegebenen Datum“ unwiderruflich abgeschlossen worden sei. Soweit die Markenabteilung insoweit die Auffassung vertreten hat, diese eidesstattlichen Versicherungen könnten die sich aus den sonstigen tatsächlichen Umständen ergebenden Zweifel an dem Abschluss des Abtretungsvertrages im August 1998 nicht beheben, ist auch dies rechtlich nicht zu beanstanden. Bereits die in den eidesstattlichen Versicherungen übereinstimmend gewählte Formulierung „ zu dem angegebenen Datum“ beinhaltet nämlich - anders als etwa die Formulierung „an dem angegebenen Datum“ - keine eindeutige Aussage und Festlegung dahingehend, dass der Vertragsabschluss an diesem Tage oder auch nur in zeitlicher Nähe dazu erfolgt ist, sondern kann ebenso dahingehend verstanden werden, dass der Vertrag mit Wirkung zum 01.08.1998 geschlossen worden ist, wobei offenbleibt, wann er tatsächlich formuliert und unterzeichnet worden ist. Insoweit besteht eine beachtliche inhaltliche Diskrepanz zwischen dem Sachvortrag der Antragstellerin und ihrer eidesstattlichen Versicherung bzw. der eidesstattlichen Versicherung ihres Ehemannes, des früheren Geschäftsführers der Markeninhaberin. Unbeantwortet geblieben ist auch im Sachvortrag der Antragstellerin weiterhin, auf welchem schuldrechtlichen Kausalgeschäft die Abtretung der Marke seinerzeit erfolgt sein soll. Auch hierzu hat die Antragstellerin trotz entsprechender, vom Insolvenzverwalter aufgeworfener Fragen weder gegenüber der Markenabteilung noch in der mündlichen Verhandlung auf Befragen durch den Senat nachvollziehbare und überzeugende Angaben machen können. Ihre Einlassungen zur Motivation für die Umschreibung der Marke lassen die nötige Genauigkeit vermissen. Zudem beziehen sie sich allein auf einen dem behaupteten Vertragsschluss vorangehenden Zeitraum vor der Anmeldung der Marken im Jahre 1997. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass die Markenabteilung von einer Einvernahme des angebotenen Zeugen L1… abgesehen hat. Die Durchführung einer Beweisaufnahme sowie einer umfassenden rechtlichen Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Rechtsübergangs kann nicht Gegenstand des Umschreibungsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sein, weil sie mit dem Charakter des patentamtlichen Umschreibungsverfahrens als einem registerrechtlichen Massenverfahren (im Jahre 2007 waren vom Patentamt nahezu 100.000 Umschreibungen vorzunehmen) nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1969, 43, 45 - Marpin; BPatG a. a. O. - Markenumschreibung). Die Entscheidung der Markenstelle, die Umschreibung zu verweigern, war daher rechtlich korrekt. Aber auch das Ergebnis der vom Senat auf den Antrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zur Frage des Zeitpunkts des Vertragsschlusses durchgeführten Beweisaufnahme ist nicht geeignet, die sich aus den Begleitumständen des Umschreibungsantrags, insbesondere die sich aus der langen Zeitdauer zwischen dem behaupteten Abschluss des Abtretungsvertrages und der Stellung des Umschreibungsantrags resultierenden Zweifel an einem Abschluss des Abtretungsvertrages bereits im Jahre 1998 auszuräumen. Der zu der Frage, wann der Vertrag über die Abtretung der Markenrechte abgeschlossen wurde, als Zeuge vernommene Ehemann der Antragstellerin und seinerzeitige Geschäftsführer der Markeninhaberin hat zwar auf Befragen wiederholt erklärt, wenn in dem Vertrag als Datum der „01.08.1998“ angegeben sei, dann sei dieser an diesem Tage geschlossen worden. Angesichts der ansonsten jedoch erheblichen Erinnerungslücken des Zeugen, was den Entwurf des Abtretungsvertrages, dessen Durchsicht, die daran beteiligten Personen und die Gründe, weshalb nicht zeitnah eine Umschreibung der Marken beantragt wurde, betrifft, erscheint es jedoch als wenig glaubhaft, dass sich der Zeuge ausgerechnet daran erinnern können will, an welchem Tage der Vertrag abgefasst und unterzeichnet worden ist. Des weiteren ist auch der Zeuge eine Erklärung dafür schuldig geblieben, warum sich in den dem Insolvenzverwalter übergebenen Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin kein Exemplar des die Marke betreffenden Abtretungsvertrages befindet, obwohl dies, weil durch den Vertrag das Vermögen der Markeninhaberin unmittelbar betroffen ist, zu erwarten wäre. Angesichts dieser Tatsachen verbleiben auch unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen erhebliche Zweifel daran, dass der Vertrag über die Abtretung der Markenrechte bereits am 01.08.1998 und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin abgeschlossen worden ist, und damit daran, dass die Markeninhaberin bzw. ihr Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch befugt waren, über das Recht an der Marke zu verfügen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Antragstellerin keinen Erfolg haben. Der Antragstellerin bleibt es auch nach dieser Entscheidung weiterhin unbenommen, ihren Anspruch auf Bewilligung der Umschreibung der Marke durch Erhebung einer Klage vor dem zuständigen ordentlichen Gericht geltend zu machen (BGH a. a. O. – Marpin). Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf eine der am Verfahren beteiligten Parteien aus Gründen der Billigkeit (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht kein Anlass, so dass jede Partei die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006619
BPatG
München
26. Senat
20100915
26 W (pat) 98/08
Beschluss
§ 27 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "patentamtliches Umschreibungsverfahren" - registerrechtliches Massenverfahren - keine Durchführung einer Beweisaufnahme und keine umfassende rechtliche Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Rechtsübergangs seitens der Markenstelle - bei begründeten Zweifeln an einem Abschluss eines Abtretungsvertrages vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Umschreibungsantrag zurückzuweisen - Antragstellerin bleibt der Klageweg vor dem zuständigen ordentlichen Gericht unbenommen
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke ... hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker sowie des Richters am OLG Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die L… GmbH – im folgenden: Markeninhaberin - hat am 6. Oktober 1997 für Waren der Klassen 29, 31 und 32 die Wortmarke ... angemeldet, die am 25. November 1997 unter der Nummer ... in das Markenregister eingetragen worden ist. Am 3. Juli 2007 hat der Antragsgegner dem Deutschen Patent- und Markenamt angezeigt, dass er zum Insolvenzverwalter der Markeninhaberin bestellt worden ist. Zum Nachweis hierfür hat er eine Kopie des Beschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 6. Oktober 1999 vorgelegt, mit dem über das Vermögen der Markeninhaberin gemäß §§ 11-19, 27 InsO das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zugleich hat er um Mitteilung der für die Markeninhaberin beim Amt bestehenden Schutzrechte gebeten. Mit einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 10. August 2007 eingegangenen Schreiben hat sodann die Antragstellerin die Kopie eines vom 1. August 1998 datierenden Vertrages vorgelegt und mitgeteilt, dass die Markeninhaberin ihr die Rechte u. a. an der o. a. Marke mit diesem Vertrag abgetreten habe. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antragsgegner davon unterrichtet, dass unter Vorlage eines Abtretungsvertrages vom 01.08.1998 die Umschreibung der Marken beantragt worden sei, und ihn zugleich darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit habe, eine Verfügungsbeschränkung ins Markenregister eintragen zu lassen, die zur Folge habe, dass die Markeninhaberin nur noch mit seiner Zustimmung Änderungen in Bezug auf die Marken vornehmen könne. Der Insolvenzverwalter hat daraufhin die Eintragung einer solchen Verfügungsbeschränkung beantragt, die jedoch vom Amt unter Hinweis auf den von der Antragstellerin vorgelegten Abtretungsvertrag abgelehnt worden ist. Des weiteren hat die Markenabteilung der Antragstellerin mitgeteilt, dass begründete Zweifel an einem wirksamen Rechtsübergang der Marken auf sie bestünden, weil der vorgelegte Abtretungsvertrag bereits vom 1. August 1998 datiere, dieser jedoch erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin vorgelegt worden sei. Zugleich hat sie um die Vorlage weiterer Nachweise gebeten, die die gegenüber der Wirksamkeit des Rechtsübergangs bestehen Bedenken ausräumen könnten. Anderenfalls sei mit der Zurückweisung des Umschreibungsantrags und einer Verweisung der Antragstellerin auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten zu rechnen. Auf dieses Schreiben der Markenabteilung hin hat die Antragstellerin eine eigene eidesstattliche Versicherung sowie eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Markeninhaberin, L1… vorgelegt. Darin erklären beide übereinstimmend, dass sie den Vertrag über die Abtretung der Markenrechte vom 1. August 1998 „zu dem angegebenen Datum“ abgeschlossen hätten. Der Antragsgegner, dem diese eidesstattlichen Versicherungen von der Markenabteilung übersandt worden sind, hat daraufhin erklärt, dass er mit einer Umschreibung der Marken auf die Antragstellerin nicht einverstanden sei. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Umschreibung. Aus den Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin und Insolvenzschuldnerin sei nichts zu entnehmen, was auf eine Übertragung der Marke auf die Antragstellerin im Jahre 1998 hindeute. Es sei nicht auszuschließen, dass der erst im Jahre 2007 eingereichte Abtretungsvertrag nicht im Jahre 1998, sondern erst später erstellt worden sei. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei eine Umschreibung ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters ohnehin nicht möglich. Nachdem der Insolvenzverwalter durch Zahlung der Verlängerungsgebühren samt Zuschlägen die Verlängerung der Schutzdauer der Marken erwirkt hat, hat die Markenabteilung mit Beschluss vom 28. Mai 2008 den Umschreibungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Umschreibung der Marken gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG lägen nicht vor, da begründete Zweifel an dem von der Antragstellerin behaupteten Rechtsübergang im Jahre 1998 bestünden, die die Antragstellerin nicht habe ausräumen können. Die verbleibenden Zweifel bezögen sich dabei nicht auf die Abtretung des Markenrechts an sich, sondern auf deren Zeitpunkt. Für die verbleibenden Zweifel entscheidend sei zum einen, dass nach den Angaben des Antragsgegners aus den Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin keine Angaben oder Hinweise auf die angeblich im Jahre 1998 erfolgte Übertragung der Markenrechte ersichtlich seien. Zum anderen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin trotz des bereits im Jahre 1999 eröffneten Insolvenzverfahrens neun Jahre zugewartet habe, bis sie die Umschreibung der Marken beantragt habe. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb die Übertragungsproblematik nicht umgehend nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzverwalter geklärt worden sei. Diese Zweifel hätten auch nicht durch die vorgelegten, sehr kurz gehaltenen eidesstattlichen Versicherungen ausgeräumt werden können. Da bei einer tatsächlich erst später erfolgten Übertragung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf die Marke nach § 80 Abs. 1 InsO bereits beim Insolvenzverwalter gelegen habe, sei die beantragte Umschreibung zu verweigern gewesen (BPatG BlPMZ 2001, 354 – Umschreibungsantrag). Der Antragstellerin verbleibe die Möglichkeit einer Klage auf Bewilligung der Umschreibung vor den ordentlichen Gerichten (BGH GRUR 1969, 43, 45 f. – Marpin). Gegen den Beschluss der Markenabteilung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Zu deren Begründung macht sie geltend, der auf den Zeitpunkt des Abtretungsvertrages bezogene Fälschungseinwand des Insolvenzverwalters der Markeninhaberin sei unsubstantiiert. Bei der Erklärung des Insolvenzverwalters, dass der Abtretungsvertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden bzw. im Nachhinein mit einem früheren Datum versehen worden sei, handele es sich um eine bloße Mutmaßung. Gründe hierfür seien nicht angeführt worden. Die Markenabteilung habe auch keine Gründe dafür angeführt, weshalb sie die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin nicht als zur Glaubhaftmachung ausreichend anerkannt habe. Es werde nochmals versichert, dass der Abtretungsvertrag am 1. August 1998 abgeschlossen worden sei. Eine frühere Umschreibung im Markenregister sei nicht erforderlich gewesen, weil diese nur deklaratorische Wirkung habe. Angesichts der ökonomischen Entwicklung der Markeninhaberin sei es bereits im Jahre 1998 ratsam gewesen, die Marke aus deren Unternehmensvermögen herauszunehmen. Die im Jahre 1998 erfolgte Abtretung der Marke sei eine vorausschauende Maßnahme gewesen. Angesichts der im Jahre 1998 erfolgten Übertragung sei die Marke nicht in die Insolvenzmasse des Unternehmens eingegangen. Es habe deshalb auch kein Anlass für eine Aussonderung aus der Insolvenzmasse bestanden. Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Umschreibung der Marke auf sie vorzunehmen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er schließt sich der Argumentation der Markenabteilung an und macht geltend, die Antragstellerin versuche, neun Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzmasse einen Vermögensgegenstand zu entziehen und die Auseinandersetzung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden. Eine Gegenleistung für die angebliche Übertragung der Marken auf die Antragstellerin habe die Markeninhaberin zu keinem Zeitpunkt erhalten. Der Senat hat über die Frage des Zeitpunkts des Abschlusses des Abtretungsvertrages Beweis erhoben durch Vernehmung des seinerzeitigen Geschäftsführers der Markeninhaberin und Ehemanns der Antragstellerin L1…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 5. Mai 2010 Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Umschreibungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG wird der Übergang des durch die Eintragung einer Marke begründeten Rechts auf Antrag eines Beteiligten in das Register eingetragen, wenn er dem Patentamt nachgewiesen wird. Zum Nachweis eines Rechtsübergangs ist zum einen ein sowohl von dem eingetragenen Markeninhaber bzw. seinem Vertreter und dem Rechtsnachfolger unterschriebener Umschreibungsantrag geeignet. Ein solcher beidseitiger Antrag liegt hier nicht vor, weil der als Insolvenzverwalter der Markeninhaberin tätige Antragsgegner seine Zustimmung zur Umschreibung nicht erteilt hat. Für eine Umschreibung kann aber auch ein vom Rechtsnachfolger allein gestellter Umschreibungsantrag genügen, sofern dem Antrag Unterlagen beigefügt sind, aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie z. B. ein vom eingetragenen Inhaber und dem Rechtsnachfolger unterschriebener Übertragungsvertrag. Bei einem solchen einseitigen Umschreibungsantrag hat das Deutsche Patent- und Markenamt vor der Vornahme der Umschreibung dem Markeninhaber stets rechtliches Gehör zu gewähren. Ergeben sich, insbesondere auf Grund der Stellungnahme des eingetragenen Markeninhabers oder seines rechtlichen Vertreters, begründete Zweifel an dem Rechtsübergang, so hat das Patentamt dem Antragsteller diese Zweifel mitzuteilen und weitere Nachweise anzufordern (§ 28 Abs. 6 DPMAV). Bestehen auch danach weiterhin begründete Zweifel an dem vom Antragsteller behaupteten Rechtsübergang, so hat das Amt den Umschreibungsantrag ohne weitere Sachaufklärung zurückzuweisen. Ob begründete Zweifel vorliegen, beurteilt sich nach objektiven Maßstäben. Anlass zu begründeten Zweifeln kann insbesondere auch eine längere Zeitspanne zwischen der Erstellung der nach § 28 Abs. 3 Nr. 2 DPMAV vorgelegten Dokumente (Umschreibungsbewilligung bzw. Übertragungsvertrag) und der Stellung des Umschreibungsantrags geben (vgl. BPatG GRR-RR 2008, 261, 262 - Markenumschreibung). Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Zurückweisung des Umschreibungsantrags durch die Markenabteilung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere durfte die Markenabteilung angesichts der Vorlage des vom 1. August 1998 datierenden Abtretungsvertrages nach Ablauf von mehr als neun Jahren und zeitnah im Anschluss an eine Rechtsstandsanfrage des Antragsgegners und Insolvenzverwalters der Markeninhaberin begründete Zweifel daran haben, dass dieser Vertrag tatsächlich bereits zu dem im Vertrag angegebenen Datum geschlossen und die darin aufgeführten Marken bereits zu diesem Zeitpunkt - und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin - materiellrechtlich auf die Antragstellerin übergegangen sind, was Voraussetzung für eine Umschreibung wäre. Auch der Vortrag des Antragsgegners, in den Geschäftsbüchern und den sonstigen Unterlagen der Markeninhaberin fänden sich keinerlei Hinweise auf eine bereits im Jahre 1998 erfolgte Abtretung der Markenrechte an die Antragstellerin, sowie der Umstand, dass die Antragstellerin hierfür gegenüber der Markenabteilung keine nachvollziehbare und überzeugende Begründung geliefert hat, war und ist geeignet, die bereits angesichts der langen Zeitspanne zwischen dem behaupteten Übertragungszeitpunkt der Marke und dem Zeitpunkt der Stellung des Umschreibungsantrags begründeten Zweifel an einer Übertragung der Marke vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin weiter zu nähren. Um diese Zweifel auszuräumen, hat die Antragstellerin zwar zwei inhaltlich weitgehend übereinstimmende eidesstattliche Versicherungen von sich selbst und ihrem Ehemann und seinerzeitigen Geschäftsführer der Markeninhaberin, L1…, vorgelegt, in denen übereinstimmend versichert worden ist, dass der Abtretungsvertrag vom 1. August 1998 „zu dem angegebenen Datum“ unwiderruflich abgeschlossen worden sei. Soweit die Markenabteilung insoweit die Auffassung vertreten hat, diese eidesstattlichen Versicherungen könnten die sich aus den sonstigen tatsächlichen Umständen ergebenden Zweifel an dem Abschluss des Abtretungsvertrages im August 1998 nicht beheben, ist auch dies rechtlich nicht zu beanstanden. Bereits die in den eidesstattlichen Versicherungen übereinstimmend gewählte Formulierung „ zu dem angegebenen Datum“ beinhaltet nämlich - anders als etwa die Formulierung „an dem angegebenen Datum“ - keine eindeutige Aussage und Festlegung dahingehend, dass der Vertragsabschluss an diesem Tage oder auch nur in zeitlicher Nähe dazu erfolgt ist, sondern kann ebenso dahingehend verstanden werden, dass der Vertrag mit Wirkung zum 01.08.1998 geschlossen worden ist, wobei offenbleibt, wann er tatsächlich formuliert und unterzeichnet worden ist. Insoweit besteht eine beachtliche inhaltliche Diskrepanz zwischen dem Sachvortrag der Antragstellerin und ihrer eidesstattlichen Versicherung bzw. der eidesstattlichen Versicherung ihres Ehemannes, des früheren Geschäftsführers der Markeninhaberin. Unbeantwortet geblieben ist auch im Sachvortrag der Antragstellerin weiterhin, auf welchem schuldrechtlichen Kausalgeschäft die Abtretung der Marke seinerzeit erfolgt sein soll. Auch hierzu hat die Antragstellerin trotz entsprechender, vom Insolvenzverwalter aufgeworfener Fragen weder gegenüber der Markenabteilung noch in der mündlichen Verhandlung auf Befragen durch den Senat nachvollziehbare und überzeugende Angaben machen können. Ihre Einlassungen zur Motivation für die Umschreibung der Marke lassen die nötige Genauigkeit vermissen. Zudem beziehen sie sich allein auf einen dem behaupteten Vertragsschluss vorangehenden Zeitraum vor der Anmeldung der Marken im Jahre 1997. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass die Markenabteilung von einer Einvernahme des angebotenen Zeugen L1… abgesehen hat. Die Durchführung einer Beweisaufnahme sowie einer umfassenden rechtlichen Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Rechtsübergangs kann nicht Gegenstand des Umschreibungsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sein, weil sie mit dem Charakter des patentamtlichen Umschreibungsverfahrens als einem registerrechtlichen Massenverfahren (im Jahre 2007 waren vom Patentamt nahezu 100.000 Umschreibungen vorzunehmen) nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1969, 43, 45 - Marpin; BPatG a. a. O. - Markenumschreibung). Die Entscheidung der Markenstelle, die Umschreibung zu verweigern, war daher rechtlich korrekt. Aber auch das Ergebnis der vom Senat auf den Antrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zur Frage des Zeitpunkts des Vertragsschlusses durchgeführten Beweisaufnahme ist nicht geeignet, die sich aus den Begleitumständen des Umschreibungsantrags, insbesondere die sich aus der langen Zeitdauer zwischen dem behaupteten Abschluss des Abtretungsvertrages und der Stellung des Umschreibungsantrags resultierenden Zweifel an einem Abschluss des Abtretungsvertrages bereits im Jahre 1998 auszuräumen. Der zu der Frage, wann der Vertrag über die Abtretung der Markenrechte abgeschlossen wurde, als Zeuge vernommene Ehemann der Antragstellerin und seinerzeitige Geschäftsführer der Markeninhaberin hat zwar auf Befragen wiederholt erklärt, wenn in dem Vertrag als Datum der „01.08.1998“ angegeben sei, dann sei dieser an diesem Tage geschlossen worden. Angesichts der ansonsten jedoch erheblichen Erinnerungslücken des Zeugen, was den Entwurf des Abtretungsvertrages, dessen Durchsicht, die daran beteiligten Personen und die Gründe, weshalb nicht zeitnah eine Umschreibung der Marken beantragt wurde, betrifft, erscheint es jedoch als wenig glaubhaft, dass sich der Zeuge ausgerechnet daran erinnern können will, an welchem Tage der Vertrag abgefasst und unterzeichnet worden ist. Des weiteren ist auch der Zeuge eine Erklärung dafür schuldig geblieben, warum sich in den dem Insolvenzverwalter übergebenen Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin kein Exemplar des die Marke betreffenden Abtretungsvertrages befindet, obwohl dies, weil durch den Vertrag das Vermögen der Markeninhaberin unmittelbar betroffen ist, zu erwarten wäre. Angesichts dieser Tatsachen verbleiben auch unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen erhebliche Zweifel daran, dass der Vertrag über die Abtretung der Markenrechte bereits am 01.08.1998 und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin abgeschlossen worden ist, und damit daran, dass die Markeninhaberin bzw. ihr Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch befugt waren, über das Recht an der Marke zu verfügen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Antragstellerin keinen Erfolg haben. Der Antragstellerin bleibt es auch nach dieser Entscheidung weiterhin unbenommen, ihren Anspruch auf Bewilligung der Umschreibung der Marke durch Erhebung einer Klage vor dem zuständigen ordentlichen Gericht geltend zu machen (BGH a. a. O. – Marpin). Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf eine der am Verfahren beteiligten Parteien aus Gründen der Billigkeit (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht kein Anlass, so dass jede Partei die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006619&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006620
BPatG
München
26. Senat
20100915
26 W (pat) 99/08
Beschluss
§ 27 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "patentamtliches Umschreibungsverfahren" - registerrechtliches Massenverfahren - keine Durchführung einer Beweisaufnahme und keine umfassende rechtliche Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Rechtsübergangs seitens der Markenstelle - bei begründeten Zweifeln an einem Abschluss eines Abtretungsvertrages vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist der Umschreibungsantrag zurückzuweisen - Antragstellerin bleibt der Klageweg vor dem zuständigen ordentlichen Gericht unbenommen
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke ... hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker sowie des Richters am OLG Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die L… GmbH – im folgenden: Markeninhaberin - hat am 15. Mai 1998 für Waren der Klassen 29, 30, 31 und 32 die Wortmarke ... angemeldet, die am 27. Juli 1998 unter der Nummer ...in das Markenregister eingetragen worden ist. Am 3. Juli 2007 hat der Antragsgegner dem Deutschen Patent- und Markenamt angezeigt, dass er zum Insolvenzverwalter der Markeninhaberin bestellt worden ist. Zum Nachweis hierfür hat er eine Kopie des Beschlusses des Amtsgerichts Potsdam vom 6. Oktober 1999 vorgelegt, mit dem über das Vermögen der Markeninhaberin gemäß §§ 11-19, 27 InsO das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Zugleich hat er um Mitteilung der für die Markeninhaberin beim Amt bestehenden Schutzrechte gebeten. Mit einem beim Deutschen Patent- und Markenamt am 10. August 2007 eingegangenen Schreiben hat sodann die Antragstellerin die Kopie eines vom 1. August 1998 datierenden Vertrages vorgelegt und mitgeteilt, dass die Markeninhaberin ihr die Rechte u. a. an der o. a. Marke mit diesem Vertrag abgetreten habe. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antragsgegner davon unterrichtet, dass unter Vorlage eines Abtretungsvertrages vom 01.08.1998 die Umschreibung der Marken beantragt worden sei, und ihn zugleich darauf hingewiesen, dass er die Möglichkeit habe, eine Verfügungsbeschränkung ins Markenregister eintragen zu lassen, die zur Folge habe, dass die Markeninhaberin nur noch mit seiner Zustimmung Änderungen in Bezug auf die Marken vornehmen könne. Der Insolvenzverwalter hat daraufhin die Eintragung einer solchen Verfügungsbeschränkung beantragt, die jedoch vom Amt unter Hinweis auf den von der Antragstellerin vorgelegten Abtretungsvertrag abgelehnt worden ist. Des weiteren hat die Markenabteilung der Antragstellerin mitgeteilt, dass begründete Zweifel an einem wirksamen Rechtsübergang der Marken auf sie bestünden, weil der vorgelegte Abtretungsvertrag bereits vom 1. August 1998 datiere, dieser jedoch erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin vorgelegt worden sei. Zugleich hat sie um die Vorlage weiterer Nachweise gebeten, die die gegenüber der Wirksamkeit des Rechtsübergangs bestehen Bedenken ausräumen könnten. Anderenfalls sei mit der Zurückweisung des Umschreibungsantrags und einer Verweisung der Antragstellerin auf den Klageweg vor den ordentlichen Gerichten zu rechnen. Auf dieses Schreiben der Markenabteilung hin hat die Antragstellerin eine eigene eidesstattliche Versicherung sowie eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Markeninhaberin, L1… vorgelegt. Darin erklären beide übereinstimmend, dass sie den Vertrag über die Abtretung der Markenrechte vom 1. August 1998 „zu dem angegebenen Datum“ abgeschlossen hätten. Der Antragsgegner, dem diese eidesstattlichen Versicherungen von der Markenabteilung übersandt worden sind, hat daraufhin erklärt, dass er mit einer Umschreibung der Marken auf die Antragstellerin nicht einverstanden sei. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf die beantragte Umschreibung. Aus den Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin und Insolvenzschuldnerin sei nichts zu entnehmen, was auf eine Übertragung der Marke auf die Antragstellerin im Jahre 1998 hindeute. Es sei nicht auszuschließen, dass der erst im Jahre 2007 eingereichte Abtretungsvertrag nicht im Jahre 1998, sondern erst später erstellt worden sei. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei eine Umschreibung ohne Zustimmung des Insolvenzverwalters ohnehin nicht möglich. Nachdem der Insolvenzverwalter durch Zahlung der Verlängerungsgebühren samt Zuschlägen die Verlängerung der Schutzdauer der Marken erwirkt hat, hat die Markenabteilung mit Beschluss vom 28. Mai 2008 den Umschreibungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Umschreibung der Marken gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG lägen nicht vor, da begründete Zweifel an dem von der Antragstellerin behaupteten Rechtsübergang im Jahre 1998 bestünden, die die Antragstellerin nicht habe ausräumen können. Die verbleibenden Zweifel bezögen sich dabei nicht auf die Abtretung des Markenrechts an sich, sondern auf deren Zeitpunkt. Für die verbleibenden Zweifel entscheidend sei zum einen, dass nach den Angaben des Antragsgegners aus den Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin keine Angaben oder Hinweise auf die angeblich im Jahre 1998 erfolgte Übertragung der Markenrechte ersichtlich seien. Zum anderen sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Antragstellerin trotz des bereits im Jahre 1999 eröffneten Insolvenzverfahrens neun Jahre zugewartet habe, bis sie die Umschreibung der Marken beantragt habe. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb die Übertragungsproblematik nicht umgehend nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Insolvenzverwalter geklärt worden sei. Diese Zweifel hätten auch nicht durch die vorgelegten, sehr kurz gehaltenen eidesstattlichen Versicherungen ausgeräumt werden können. Da bei einer tatsächlich erst später erfolgten Übertragung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in Bezug auf die Marke nach § 80 Abs. 1 InsO bereits beim Insolvenzverwalter gelegen habe, sei die beantragte Umschreibung zu verweigern gewesen (BPatG BlPMZ 2001, 354 – Umschreibungsantrag). Der Antragstellerin verbleibe die Möglichkeit einer Klage auf Bewilligung der Umschreibung vor den ordentlichen Gerichten (BGH GRUR 1969, 43, 45 f. – Marpin). Gegen den Beschluss der Markenabteilung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Zu deren Begründung macht sie geltend, der auf den Zeitpunkt des Abtretungsvertrages bezogene Fälschungseinwand des Insolvenzverwalters der Markeninhaberin sei unsubstantiiert. Bei der Erklärung des Insolvenzverwalters, dass der Abtretungsvertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden bzw. im Nachhinein mit einem früheren Datum versehen worden sei, handele es sich um eine bloße Mutmaßung. Gründe hierfür seien nicht angeführt worden. Die Markenabteilung habe auch keine Gründe dafür angeführt, weshalb sie die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin nicht als zur Glaubhaftmachung ausreichend anerkannt habe. Es werde nochmals versichert, dass der Abtretungsvertrag am 1. August 1998 abgeschlossen worden sei. Eine frühere Umschreibung im Markenregister sei nicht erforderlich gewesen, weil diese nur deklaratorische Wirkung habe. Angesichts der ökonomischen Entwicklung der Markeninhaberin sei es bereits im Jahre 1998 ratsam gewesen, die Marke aus deren Unternehmensvermögen herauszunehmen. Die im Jahre 1998 erfolgte Abtretung der Marke sei eine vorausschauende Maßnahme gewesen. Angesichts der im Jahre 1998 erfolgten Übertragung sei die Marke nicht in die Insolvenzmasse des Unternehmens eingegangen. Es habe deshalb auch kein Anlass für eine Aussonderung aus der Insolvenzmasse bestanden. Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Umschreibung der Marke auf sie vorzunehmen. Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er schließt sich der Argumentation der Markenabteilung an und macht geltend, die Antragstellerin versuche, neun Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzmasse einen Vermögensgegenstand zu entziehen und die Auseinandersetzung im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu vermeiden. Eine Gegenleistung für die angebliche Übertragung der Marken auf die Antragstellerin habe die Markeninhaberin zu keinem Zeitpunkt erhalten. Der Senat hat über die Frage des Zeitpunkts des Abschlusses des Abtretungsvertrages Beweis erhoben durch Vernehmung des seinerzeitigen Geschäftsführers der Markeninhaberin und Ehemanns der Antragstellerin L1…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 5. Mai 2010 Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Umschreibungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Gemäß § 27 Abs. 3 MarkenG wird der Übergang des durch die Eintragung einer Marke begründeten Rechts auf Antrag eines Beteiligten in das Register eingetragen, wenn er dem Patentamt nachgewiesen wird. Zum Nachweis eines Rechtsübergangs ist zum einen ein sowohl von dem eingetragenen Markeninhaber bzw. seinem Vertreter und dem Rechtsnachfolger unterschriebener Umschreibungsantrag geeignet. Ein solcher beidseitiger Antrag liegt hier nicht vor, weil der als Insolvenzverwalter der Markeninhaberin tätige Antragsgegner seine Zustimmung zur Umschreibung nicht erteilt hat. Für eine Umschreibung kann aber auch ein vom Rechtsnachfolger allein gestellter Umschreibungsantrag genügen, sofern dem Antrag Unterlagen beigefügt sind, aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie z. B. ein vom eingetragenen Inhaber und dem Rechtsnachfolger unterschriebener Übertragungsvertrag. Bei einem solchen einseitigen Umschreibungsantrag hat das Deutsche Patent- und Markenamt vor der Vornahme der Umschreibung dem Markeninhaber stets rechtliches Gehör zu gewähren. Ergeben sich, insbesondere auf Grund der Stellungnahme des eingetragenen Markeninhabers oder seines rechtlichen Vertreters, begründete Zweifel an dem Rechtsübergang, so hat das Patentamt dem Antragsteller diese Zweifel mitzuteilen und weitere Nachweise anzufordern (§ 28 Abs. 6 DPMAV). Bestehen auch danach weiterhin begründete Zweifel an dem vom Antragsteller behaupteten Rechtsübergang, so hat das Amt den Umschreibungsantrag ohne weitere Sachaufklärung zurückzuweisen. Ob begründete Zweifel vorliegen, beurteilt sich nach objektiven Maßstäben. Anlass zu begründeten Zweifeln kann insbesondere auch eine längere Zeitspanne zwischen der Erstellung der nach § 28 Abs. 3 Nr. 2 DPMAV vorgelegten Dokumente (Umschreibungsbewilligung bzw. Übertragungsvertrag) und der Stellung des Umschreibungsantrags geben (vgl. BPatG GRR-RR 2008, 261, 262 - Markenumschreibung). Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Zurückweisung des Umschreibungsantrags durch die Markenabteilung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere durfte die Markenabteilung angesichts der Vorlage des vom 1. August 1998 datierenden Abtretungsvertrages nach Ablauf von mehr als neun Jahren und zeitnah im Anschluss an eine Rechtsstandsanfrage des Antragsgegners und Insolvenzverwalters der Markeninhaberin begründete Zweifel daran haben, dass dieser Vertrag tatsächlich bereits zu dem im Vertrag angegebenen Datum geschlossen und die darin aufgeführten Marken bereits zu diesem Zeitpunkt - und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin - materiellrechtlich auf die Antragstellerin übergegangen sind, was Voraussetzung für eine Umschreibung wäre. Auch der Vortrag des Antragsgegners, in den Geschäftsbüchern und den sonstigen Unterlagen der Markeninhaberin fänden sich keinerlei Hinweise auf eine bereits im Jahre 1998 erfolgte Abtretung der Markenrechte an die Antragstellerin, sowie der Umstand, dass die Antragstellerin hierfür gegenüber der Markenabteilung keine nachvollziehbare und überzeugende Begründung geliefert hat, war und ist geeignet, die bereits angesichts der langen Zeitspanne zwischen dem behaupteten Übertragungszeitpunkt der Marke und dem Zeitpunkt der Stellung des Umschreibungsantrags begründeten Zweifel an einer Übertragung der Marke vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin weiter zu nähren. Um diese Zweifel auszuräumen, hat die Antragstellerin zwar zwei inhaltlich weitgehend übereinstimmende eidesstattliche Versicherungen von sich selbst und ihrem Ehemann und seinerzeitigen Geschäftsführer der Markeninhaberin, L1…, vorgelegt, in denen übereinstimmend versichert worden ist, dass der Abtretungsvertrag vom 1. August 1998 „zu dem angegebenen Datum“ unwiderruflich abgeschlossen worden sei. Soweit die Markenabteilung insoweit die Auffassung vertreten hat, diese eidesstattlichen Versicherungen könnten die sich aus den sonstigen tatsächlichen Umständen ergebenden Zweifel an dem Abschluss des Abtretungsvertrages im August 1998 nicht beheben, ist auch dies rechtlich nicht zu beanstanden. Bereits die in den eidesstattlichen Versicherungen übereinstimmend gewählte Formulierung „ zu dem angegebenen Datum“ beinhaltet nämlich - anders als etwa die Formulierung „an dem angegebenen Datum“ - keine eindeutige Aussage und Festlegung dahingehend, dass der Vertragsabschluss an diesem Tage oder auch nur in zeitlicher Nähe dazu erfolgt ist, sondern kann ebenso dahingehend verstanden werden, dass der Vertrag mit Wirkung zum 01.08.1998 geschlossen worden ist, wobei offenbleibt, wann er tatsächlich formuliert und unterzeichnet worden ist. Insoweit besteht eine beachtliche inhaltliche Diskrepanz zwischen dem Sachvortrag der Antragstellerin und ihrer eidesstattlichen Versicherung bzw. der eidesstattlichen Versicherung ihres Ehemannes, des früheren Geschäftsführers der Markeninhaberin. Unbeantwortet geblieben ist auch im Sachvortrag der Antragstellerin weiterhin, auf welchem schuldrechtlichen Kausalgeschäft die Abtretung der Marke seinerzeit erfolgt sein soll. Auch hierzu hat die Antragstellerin trotz entsprechender, vom Insolvenzverwalter aufgeworfener Fragen weder gegenüber der Markenabteilung noch in der mündlichen Verhandlung auf Befragen durch den Senat nachvollziehbare und überzeugende Angaben machen können. Ihre Einlassungen zur Motivation für die Umschreibung der Marke lassen die nötige Genauigkeit vermissen. Zudem beziehen sie sich allein auf einen dem behaupteten Vertragsschluss vorangehenden Zeitraum vor der Anmeldung der Marken im Jahre 1997. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass die Markenabteilung von einer Einvernahme des angebotenen Zeugen L1… abgesehen hat. Die Durchführung einer Beweisaufnahme sowie einer umfassenden rechtlichen Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Rechtsübergangs kann nicht Gegenstand des Umschreibungsverfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sein, weil sie mit dem Charakter des patentamtlichen Umschreibungsverfahrens als einem registerrechtlichen Massenverfahren (im Jahre 2007 waren vom Patentamt nahezu 100.000 Umschreibungen vorzunehmen) nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1969, 43, 45 - Marpin; BPatG a. a. O. - Markenumschreibung). Die Entscheidung der Markenstelle, die Umschreibung zu verweigern, war daher rechtlich korrekt. Aber auch das Ergebnis der vom Senat auf den Antrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zur Frage des Zeitpunkts des Vertragsschlusses durchgeführten Beweisaufnahme ist nicht geeignet, die sich aus den Begleitumständen des Umschreibungsantrags, insbesondere die sich aus der langen Zeitdauer zwischen dem behaupteten Abschluss des Abtretungsvertrages und der Stellung des Umschreibungsantrags resultierenden Zweifel an einem Abschluss des Abtretungsvertrages bereits im Jahre 1998 auszuräumen. Der zu der Frage, wann der Vertrag über die Abtretung der Markenrechte abgeschlossen wurde, als Zeuge vernommene Ehemann der Antragstellerin und seinerzeitige Geschäftsführer der Markeninhaberin hat zwar auf Befragen wiederholt erklärt, wenn in dem Vertrag als Datum der „01.08.1998“ angegeben sei, dann sei dieser an diesem Tage geschlossen worden. Angesichts der ansonsten jedoch erheblichen Erinnerungslücken des Zeugen, was den Entwurf des Abtretungsvertrages, dessen Durchsicht, die daran beteiligten Personen und die Gründe, weshalb nicht zeitnah eine Umschreibung der Marken beantragt wurde, betrifft, erscheint es jedoch als wenig glaubhaft, dass sich der Zeuge ausgerechnet daran erinnern können will, an welchem Tage der Vertrag abgefasst und unterzeichnet worden ist. Des weiteren ist auch der Zeuge eine Erklärung dafür schuldig geblieben, warum sich in den dem Insolvenzverwalter übergebenen Geschäftsunterlagen der Markeninhaberin kein Exemplar des die Marke betreffenden Abtretungsvertrages befindet, obwohl dies, weil durch den Vertrag das Vermögen der Markeninhaberin unmittelbar betroffen ist, zu erwarten wäre. Angesichts dieser Tatsachen verbleiben auch unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen erhebliche Zweifel daran, dass der Vertrag über die Abtretung der Markenrechte bereits am 01.08.1998 und damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Markeninhaberin abgeschlossen worden ist, und damit daran, dass die Markeninhaberin bzw. ihr Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch befugt waren, über das Recht an der Marke zu verfügen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Antragstellerin keinen Erfolg haben. Der Antragstellerin bleibt es auch nach dieser Entscheidung weiterhin unbenommen, ihren Anspruch auf Bewilligung der Umschreibung der Marke durch Erhebung einer Klage vor dem zuständigen ordentlichen Gericht geltend zu machen (BGH a. a. O. – Marpin). Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf eine der am Verfahren beteiligten Parteien aus Gründen der Billigkeit (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht kein Anlass, so dass jede Partei die ihr erwachsenen Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006621
BPatG
München
17. Senat
20100617
17 W (pat) 41/05
Beschluss
§ 1 Abs 3 Nr 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Katalog für Datenträger" – Wiedergabe von Informationen – keine Erfindung
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 195 11 984.3-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch, der Richterin Eder sowie der Richterin Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Katalog für Datenträger" ist am 31. März 1995 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts mangels Neuheit zurückgewiesen. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 9, Beschreibung Seiten 1 bis 4 und 1 Blatt Zeichnungen mit 2 Figuren, jeweils vom Anmeldetag, gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 bis 7, gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 bis 5, gemäß Hilfsantrag 3 mit Patentansprüchen 1 bis 3, gemäß Hilfsantrag 4 mit Patentansprüchen 1 bis 3, gemäß Hilfsantrag 5 mit Patentansprüchen 1 bis 3, wobei sämtliche Hilfsanträge in der mündlichen Verhandlung überreicht worden sind, jeweils noch anzupassender Beschreibung und Zeichnungen mit Figuren jeweils wie Hauptantrag. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, mit einer Gliederung versehen, lautet: a) Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums, mit auf dem optischen Aufzeichnungsmedium enthaltenen Informationen über die im Katalog aufgelisteten Datenträger als suchbare alphanumerische Zeichen, b) wobei jedem der aufgelisteten Datenträger ein Satz von alphanumerischen Zeichen zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, c) dass neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen zu den im Katalog aufgelisteten Datenträgern abgelegt sind, d) und dass die weiteren Informationen einen Auszug und/oder eine Zusammenfassung der Nutzinformationen der im Katalog aufgelisteten Datenträger darstellen. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, mit einer Gliederung versehen, lautet: a) Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums, mit auf dem optischen Aufzeichnungsmedium enthaltenen Informationen über die im Katalog aufgelisteten Datenträger als suchbare alphanumerische Zeichen, b) wobei jedem der aufgelisteten Datenträger ein Satz von alphanumerischen Zeichen zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, c) dass neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen zu den im Katalog aufgelisteten Datenträgern abgelegt sind, d) und dass die weiteren Informationen einen Auszug und/oder eine Zusammenfassung der Nutzinformationen der im Katalog aufgelisteten Datenträger darstellen, e) wobei jeder zu einem Datenträger gehörige Satz von Informationen in Form von alphanumerischen Zeichen mit den zu diesem Datenträger gehörigen weiteren Informationen verknüpft ist und jeder Satz von alphanumerischen Zeichen Daten enthält, die eine Adresse der weiteren Informationen auf dem optischen Aufzeichnungsmedium darstellen. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2, mit einer Gliederung versehen, lautet: a) Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums, mit auf dem optischen Aufzeichnungsmedium enthaltenen Informationen über die im Katalog aufgelisteten Datenträger als suchbare alphanumerische Zeichen, b) wobei jedem der aufgelisteten Datenträger ein Satz von alphanumerischen Zeichen zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, c) dass neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen zu den im Katalog aufgelisteten Datenträgern abgelegt sind, c1) dass die weiteren Informationen Audio- und/oder Videosignale sind oder die weiteren Informationen Programmcode für Videospiele und/oder interaktive Unterhaltungs- oder Lernprogramme sind, d) und dass die weiteren Informationen einen Auszug und/oder eine Zusammenfassung der Nutzinformationen der im Katalog aufgelisteten Datenträger darstellen, e) wobei jeder zu einem Datenträger gehörige Satz von Informationen in Form von alphanumerischen Zeichen mit den zu diesem Datenträger gehörigen weiteren Informationen verknüpft ist und jeder Satz von alphanumerischen Zeichen Daten enthält, die eine Adresse der weiteren Informationen auf dem optischen Aufzeichnungsmedium darstellen. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3, mit einer Gliederung versehen, lautet: a) Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums, mit auf dem optischen Aufzeichnungsmedium enthaltenen Informationen über die im Katalog aufgelisteten Datenträger als suchbare alphanumerische Zeichen, b) wobei jedem der aufgelisteten Datenträger ein Satz von alphanumerischen Zeichen zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, c) dass neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen zu den im Katalog aufgelisteten Datenträgern abgelegt sind, c1) dass die weiteren Informationen Audio- und/oder Videosignale sind oder die weiteren Informationen Programmcode für Videospiele und/oder interaktive Unterhaltungs- oder Lernprogramme sind, d) und dass die weiteren Informationen einen Auszug und/oder eine Zusammenfassung der Nutzinformationen der im Katalog aufgelisteten Datenträger darstellen, e) wobei jeder zu einem Datenträger gehörige Satz von Informationen in Form von alphanumerischen Zeichen mit den zu diesem Datenträger gehörigen weiteren Informationen verknüpft ist und jeder Satz von alphanumerischen Zeichen Daten enthält, die eine Adresse der weiteren Informationen auf dem optischen Aufzeichnungsmedium darstellen f) und die alphanumerischen Zeichen bibliographische Informationen darstellen und die bibliographischen Informationen Titel, Verlag, Erscheinungsdatum, Autor und/oder Interpret und Bestellnummer umfassen. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4, mit einer Gliederung versehen, lautet: a) Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums, mit auf dem optischen Aufzeichnungsmedium enthaltenen Informationen über die im Katalog aufgelisteten Datenträger als suchbare alphanumerische Zeichen, b) wobei jedem der aufgelisteten Datenträger ein Satz von alphanumerischen Zeichen zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, c) dass neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen zu den im Katalog aufgelisteten Datenträgern abgelegt sind, c1') dass die weiteren Informationen Audio- und/oder Videosignale sind, d') und dass die weiteren Informationen einen Auszug der Nutzinformationen der im Katalog aufgelisteten Datenträger darstellen, e) wobei jeder zu einem Datenträger gehörige Satz von Informationen in Form von alphanumerischen Zeichen mit den zu diesem Datenträger gehörigen weiteren Informationen verknüpft ist und jeder Satz von alphanumerischen Zeichen Daten enthält, die eine Adresse der weiteren Informationen auf dem optischen Aufzeichnungsmedium darstellen f) und die alphanumerischen Zeichen bibliographische Informationen darstellen und die bibliographischen Informationen Titel, Verlag, Erscheinungsdatum, Autor und/oder Interpret und Bestellnummer umfassen. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 5, mit einer Gliederung versehen, lautet: a) Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums, mit auf dem optischen Aufzeichnungsmedium enthaltenen Informationen über die im Katalog aufgelisteten Datenträger als suchbare alphanumerische Zeichen, b) wobei jedem der aufgelisteten Datenträger ein Satz von alphanumerischen Zeichen zugeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, c) dass neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen zu den im Katalog aufgelisteten Datenträgern abgelegt sind, c1'') dass die weiteren Informationen Programmcode für Videospiele und/ oder interaktive Unterhaltungs- oder Lernprogramme sind, d'') und dass die weiteren Informationen einen Auszug der Nutzinformationen der im Katalog aufgelisteten Datenträger darstellen und eine begrenzte Version der Spiele oder Programme enthalten, e) wobei jeder zu einem Datenträger gehörige Satz von Informationen in Form von alphanumerischen Zeichen mit den zu diesem Datenträger gehörigen weiteren Informationen verknüpft ist und jeder Satz von alphanumerischen Zeichen Daten enthält, die eine Adresse der weiteren Informationen auf dem optischen Aufzeichnungsmedium darstellen f) und die alphanumerischen Zeichen bibliographische Informationen darstellen und die bibliographischen Informationen Titel, Verlag, Erscheinungsdatum, Autor und/oder Interpret und Bestellnummer umfassen. Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin an, dass der Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums in den beantragten Fassungen dem Patentschutz zugänglich sei. Dies ergebe sich schon aus dem Umstand, dass Schutz für einen technischen Gegenstand, nämlich für ein optisches Aufzeichnungsmedium beansprucht werde. Mit dem beanspruchten Gegenstand werde auch eine konkrete technische Aufgabe mit technischen Mitteln gelöst. Dadurch, dass auf dem Aufzeichnungsmedium nur Auszüge von Nutzinformationen gespeichert würden, werde Speicherplatz eingespart und auch nur eine geringe Verarbeitungsleistung benötigt. Deshalb dürfe das beanspruchte Aufzeichnungsmedium nicht als einer der in § 1 Abs. 3 PatG genannten Gegenstände oder Tätigkeiten gewertet werden, die "als solche" nicht als Erfindungen anzusehen seien. II. Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents in den beantragten Fassungen entweder als Wiedergabe von Informationen nicht als Erfindung anzusehen ist oder nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§ 1 Abs. 3, Nr. 4; § 4 PatG). 1. In der Anmeldung wird eingangs ausgeführt, dass für Datenträger wie Audio-CDs eine Vielzahl von Katalogen veröffentlicht würden, in denen bspw. nach Interpreten sortiert alle in letzter Zeit erschienenen Audio-CDs enthalten seien. Da die Handhabung von gedruckten Katalogen umständlich sei, seien seit einiger Zeit Kataloge auf CD-ROM bekannt, die neben geringeren Herstellungskosten den Vorteil aufwiesen, dass mittels eines Computers sehr einfach Suchen durchgeführt werden könnten. Bisher bekannte Kataloge wiesen allerdings den Nachteil auf, dass eine Suche nur nach abstrakten Suchbegriffen wie bibliographischen Informationen möglich sei. Diese Suche könne sich als schwierig erweisen, wenn dem Kunden keine genaueren Angaben bekannt seien. Der Patentanmeldung liege daher die Aufgabe zugrunde, einen Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums zu schaffen, mit dem diese Nachteile vermieden werden (vgl. S. 1, Z. 4 - S. 2, Z. 12 der Beschreibung). 2. Entsprechend bezieht sich Patentanspruch 1 nach Hauptantrag auf einen Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums. Das Aufzeichnungsmedium enthält zu jedem der aufgelisteten Datenträger einen Satz von alphanumerischen Zeichen, der das Auffinden eines bestimmten, im "Katalog" aufgelisteten Datenträgers, bspw. einer Audio-CD, ermöglichen soll (Merkmale a) und b)). Die alphanumerischen Zeichen können bspw. bibliographische Informationen sein (vgl. S. 3, Z. 14 - 23). Merkmal c) schlägt vor, zu jedem in dem "Katalog" aufgelisteten Datenträger neben den alphanumerischen Zeichen weitere Informationen auf dem Aufzeichnungsmedium abzulegen. Merkmal d) spezifiziert die Art der abgelegten weiteren Informationen als Auszug und/oder Zusammenfassung der Nutzinformation der aufgelisteten Datenträger. Für den Fall, dass es sich um einen "Katalog" handelt, in dem Audio-CDs verzeichnet sind, könnte die weitere Information bspw. aus einem Auszug aus der Audioaufzeichnung des Datenträgers bestehen (vgl. S. 4, Z. 1 - 8). Der Fachmann, etwa ein im Bereich der Unterhaltungstechnik tätiger Elektronikingenieur, versteht die Merkmale des Anspruchs 1 in der Weise, dass als "Katalog" ein optisches Aufzeichnungsmedium dienen soll, dessen Aufzeichnungen per Computer lesbar sind, bspw. einer CD-ROM (vgl. S. 2, Z. 31 - 32). Dabei soll die Aufzeichnung zu jedem Katalogobjekt aus alphanumerischen Zeichen (Textinformationen) bestehen und aus weiteren Informationen, bspw. Auszügen der auf dem jeweiligen Datenträger bzw. Katalogobjekt vorhandenen Bild- oder Tonaufzeichnungen. Es ist nachvollziehbar, dass durch die Benutzung eines optischen Aufzeichnungsmediums, bspw. einer von einem Computer lesbaren CD-ROM (vgl. S. 1, Z. 12 - 18) als "Katalog" die Suche nach einem bestimmten Katalogobjekt komfortabler gestaltet werden kann. Denn zum Auffinden eines bestimmten Katalogobjekts können nicht nur alphanumerische Zeichen wie bibliographische Daten benutzt werden, sondern auch die weiteren Informationen, bspw. in Form von Auszügen von Musikstücken. 3. Der Katalog für Datenträger in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums mit aufgezeichneten alphanumerischen Zeichen und weiteren Informationen betrifft die Wiedergabe von Informationen und ist deshalb aufgrund von § 1 Abs. 3 Nr. 4 PatG nicht als Erfindung anzusehen. Der Anspruch 1 schlägt vor, auf einem Aufzeichnungsmedium alphanumerische Zeichen und weitere Informationen über Datenträger aufzubringen. Um die gewünschte Funktion als Katalog erfüllen zu können, müssen die auf diesem Aufzeichnungsmedium aufgezeichneten Informationen wiedergegeben werden. Insoweit ist die Wiedergabe von Informationen Gegenstand des Anspruchs 1. Die Anmelderin führt hiergegen an, dass Anspruch 1 auf einen körperlichen Gegenstand gerichtet sei, nämlich auf ein Aufzeichnungsmedium, deshalb auf technischem Gebiet liege und der im § 1 Abs. 3 Nr. 4 PatG genannte Ausschlusstatbestand nicht greife. Dieser Auffassung war bei Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung nicht zu folgen. In der Entscheidung "Suche fehlerhafter Zeichenketten" hat der Bundesgerichtshof zur Patentfähigkeit eines Aufzeichnungsmediums bzw. eines digitalen Speichermediums ausgeführt, dass eine solche Lehre nicht schon deshalb patentiert werden kann, "weil dieser Anspruch insbesondere auf eine Diskette [vorliegend: Aufzeichnungsmedium] und damit auf einen körperlichen Gegenstand gerichtet ist" (vgl. BGH in GRUR 2002, 143, III. 2. b)). Auch das von der Anmelderin vorgebrachte Argument, dass mit dem beanspruchten Katalog in Form eines Aufzeichnungsmediums eine technische Aufgabe mit technischen Mitteln gelöst werde und deshalb der genannte Ausschlusstatbestand nicht zum Tragen komme, greift nicht. Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung "Aufzeichnungsträger" (abgedruckt in GRUR 2005, 749) zwar ausgeführt, dass es dem Patentschutz nicht entgegenstehe, dass eine Vorrichtung die Wiedergabe von Informationen betreffe. "Maßgeblich sei vielmehr, ob die beanspruchte Lehre Anweisungen enthält, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen" (vgl. a. a. O. Leitsatz 2.). Derartige Anweisungen finden sich im Anspruch 1 nicht. Der Anspruch schlägt lediglich vor, auf einem Aufzeichnungsmedium zwei verschiedene Informationen aufzubringen bzw. wiederzugeben. Er enthält aber keine Anweisungen, die aufzeigen, dass technische Probleme bei dem Aufbringen oder der Wiedergabe dieser unterschiedlichen Informationen zu überwinden waren und mit welchen technischen Mitteln oder Maßnahmen sie gelöst wurden. In diesem Zusammenhang erweist sich auch das Argument, dass Speicherplatz eingespart würde, weil auf dem Aufzeichnungsmedium nur Auszüge von Nutzinformationen gespeichert seien, und folglich eine geringere Verarbeitungsleistung erforderlich sei, als nicht stichhaltig. Denn dass auf dem als "Katalog" verwendeten Aufzeichnungsmedium nicht die vollständigen Nutzinformation aufgezeichnet sind, findet seine Rechtfertigung nicht in technischen Umständen, sondern darin, dass der Katalog, ebenso wie herkömmliche Kataloge, dazu dienen soll, Kunden anzureizen, die im Katalog aufgelisteten Datenträger käuflich zu erwerben. Der Katalog in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums nach dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterfällt somit dem Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 4 PatG und ist daher nicht als Erfindung auf technischem Gebiet anzusehen. 4.1 Der Katalog nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem nach Hauptantrag durch die Ergänzung des Merkmals e). Danach soll jeder für einen Datenträger vorhandene Satz von alphanumerischen Zeichen Daten enthalten, die eine Adresse der weiteren Informationen darstellen. Wie in Figur 1 i. V. m. S. 3, Z. 5 - 12 der Anmeldung gezeigt, kann der Datenbereich für die alphanumerischen Zeichen (B) von dem Datenbereich für die weiteren Informationen (N) auf dem Aufzeichnungsmedium getrennt sein. Um bspw. nach Aufsuchen eines Datenträgers anhand von bibliographischen Daten im Bereich der alphanumerischen Zeichen die weiteren Informationen bspw. in Form eines Ausschnitts aus einem Musikstück wiedergeben zu können, ist es erforderlich, die zugehörige weitere Information im anderen Bereich aufzufinden. Dies kann als konkrete technische Problemstellung erkannt werden. Merkmal e) schlägt zu diesem Zweck vor, jedem Satz von alphanumerischen Zeichen Daten hinzuzufügen, die die Adresse der zugehörigen weiteren Informationen darstellen, also den Speicherbereich kennzeichnen, in dem sich die jeweils zugehörige weitere Information befindet. 4.2 Soweit man die Kenntnis einer solchen Adressierung eines Speicherbereichs nicht dem Grundwissen des Fachmanns zurechnen will, so ist sie jedenfalls aus der im Prüfungsverfahren entgegengehaltenen DE 39 18 781 A1 (D1) nahe gelegt. In dieser Druckschrift ist eine Informationsverarbeitungseinrichtung beschrieben, in der Sätze von alphanumerischen Zeichen (Titel) in einer Dokumentendaten-Tabelle 61 aufgelistet sind. Um die zu einem bestimmten Satz von alphanumerischen Zeichen gehörigen weiteren Informationen (Seitennummern, Bildnummern in Seitendaten-Tabelle 62) auffinden zu können, sind die Sätze von alphanumerischen Zeichen jeweils um eine Adresse (Dokumentennummer) ergänzt, mit der die zugehörigen weiteren Informationen aufgefunden werden können (vgl. Sp. 2, Z. 15 - 28 i. V. m. Fig. 3 der D1). Bei der bekannten Informationsverarbeitungseinrichtung stellen die weiteren Informationen zwar keinen Auszug oder eine Zusammenfassung von in einem Katalog aufgelisteten Datenträgern dar (vgl. Merkmal d). Es lag für den Fachmann aber nahe, das in der D1 beschriebene allgemeine Prinzip der Verknüpfung von zusammengehörigen Informationen in verschiedenen Speicherbereichen durch Vorsehen einer Adresse auch in diesem Zusammenhang zu verwenden. Der Katalog gemäß Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht daher nicht auf erfinderischer Tätigkeit. 5. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass die weiteren Informationen Audio- und/oder Videosignale oder Programmcode für Videospiele und/oder interaktive Unterhaltungs- oder Lernprogramme sein sollen (vgl. Merkmal c1). Allein in der Angabe, dass eine bestimmte Art von Informationen aufgezeichnet oder wiedergegeben soll, kann noch keine technische Anweisung erkannt werden. Ein in technischer Hinsicht geänderter Aufbau oder eine geänderte Arbeitsweise des Katalogs in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums ergibt sich aus Merkmal c1) nicht. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 stellt sich seinem technischen Gehalt nach nicht anders dar als Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1. Der Katalog gemäß Patentanspruch 1 beruht daher ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist nicht patentfähig. 6. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ist gegenüber Hilfsantrag 2 um Merkmal f) ergänzt, dem gemäß die alphanumerischen Zeichen bibliographische Informationen darstellen, nämlich Titel, Verlag, Erscheinungsdatum u. ä. Wie bereits zum Hilfsantrag 2 ausgeführt, ergibt sich durch diese Angaben in technischer Hinsicht kein geänderter Aufbau oder eine geänderte Arbeitsweise des Katalogs in Form eines optischen Aufzeichnungsmediums. Der Patentanspruch 1 gemäß dieser Fassung stellt sich seinem technischen Gehalt nach nicht anders dar als Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1. Der Katalog gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 beruht deshalb gleichfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist nicht patentfähig. 7. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 unterscheidet sich gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 3 durch das Weglassen der Varianten, dass die weiteren Informationen auch Programmcode sein können (Merkmal c1') und die weiteren Informationen eine Zusammenfassung der Nutzinformation sein können (Merkmal d'). Wie zum Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unter Hinweis auf Hilfsantrag 2 erläutert, ist keine der dort genannten Varianten patentfähig. Entsprechend kann der Verzicht auf einzelne Varianten nicht zur Patentfähigkeit führen. 8. Nicht anders ist der Katalog nach Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 zu bewerten. Abweichend von Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 wird dort die Variante beansprucht, dass die weiteren Informationen Programmcode für Videospiele und/oder interaktive Unterhaltungs- oder Lernprogramme sind und nicht Audio- und/oder Videosignale (vgl. Merkmal c1''); dementsprechend handelt es sich bei der Auszugsinformation um eine begrenzte Version der Spiele oder Programme (Merkmal d''). Diese Variante war bereits Gegenstand der Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 und ist aus den hierzu erläuterten Gründen nicht patentfähig. Bei dieser Sachlage konnte keinem der Anträge der Patentanmelderin gefolgt werden. Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.
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JURE109006622
BPatG
München
17. Senat
20100624
17 W (pat) 85/05
Beschluss
§ 1 Abs 3 Nr 3 PatG, § 1 Abs 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Applikation zum Erstellen, Ändern und/oder Darstellen einer Wörter enthaltenden Datei und Serverprogramm" – Programm für Datenverarbeitungsanlagen – keine Erfindung auf technischem Gebiet
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 46 526.2-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch sowie des Richters Dipl.-Ing. Prasch und der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Applikation zum Erstellen, Ändern und/oder Darstellen einer Wörter enthaltenden Datei und Serverprogramm" ist am 21. September 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und ein Patent zu erteilen mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1 vom 20. Januar 2005, eingegangen am 21. Januar 2005, Patentansprüche 2 - 7 vom 15. Oktober 2002, eingegangen am 17. Oktober 2002, Beschreibung, S. 1, 1a vom 20. Januar 2005, eingegangen am 21. Januar 2005, S. 2 und 3 vom 15. Oktober 2002, eingegangen am 17. Oktober 2002, S. 4 bis 7 vom 21. September 2001, mit der Maßgabe, dass auf S. 4, Z. 11 hinter Applikationsrechner "1" eingefügt wird, 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 4 vom 20. Januar 2005, eingegangen am 21. Januar 2005, hilfsweise mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag vom 14. Dezember 2005, eingegangen am 16. Dezember 2005, Patentansprüche 2 - 7 vom 15. Oktober 2002, eingegangen am 17. Oktober 2002, Beschreibung S. 1, 2, 2a vom 14. Dezember 2005, eingegangen am 16. Dezember 2005, S. 3 vom 15. Oktober 2002, eingegangen am 17. Oktober 2002, S. 4 bis 7 vom 21. September 2001, mit der Maßgabe, dass auf S. 4, Z. 11 hinter Applikationsrechner "1" eingefügt wird, 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 4 vom 20. Januar 2005, eingegangen am 21. Januar 2005. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet: Applikation in Form eines in einem Rechner (1) abarbeitbaren Computerprogramms zum Erstellen, Ändern und Darstellen einer Wörter enthaltenden Datei (9), mit einem in die Applikation (6) integrierten Abrufprogramm (7), a) wobei ein Teil der Wörter Schlüsselwörter (21) und ein anderer Teil der Wörter keine Schlüsselwörter sind, b) wobei den Schlüsselwörtern (21) Codes zuordenbar sind und den anderen Wörtern keine Codes zuordenbar sind, c) wobei dem Abrufprogramm (7) aus der Applikation (6) heraus durch interaktives Selektieren eines in der Datei (9) enthaltenen Schlüsselwortes (21) und Eingeben eines Bestätigungsbefehls interaktiv das Schlüsselwort (21) bzw. ein mit dem Schlüsselwort (21) korrespondierender Code vorgebbar ist, d) wobei dem Abrufprogramm (7) zusätzlich auch mindestens ein Auswahlkriterium vorgebbar ist, e) wobei der Code und das Auswahlkriterium von dem Abrufprogramm (7) über ein Rechnernetz (10) an ein Serverprogramm (13) übermittelbar sind und von dem Abrufprogramm (7) über das Rechnernetz (10) übermittelte, dem Code zugeordnete Informationen empfangbar und einem Anwender (8) der Applikation (6) zur Verfügung stellbar sind. (Gliederung ergänzt) Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet: "Applikation in Form eines in einem Rechner (1) abarbeitbaren Computerprogramms zum Erstellen, Ändern und Darstellen einer Wörter enthaltenden Datei (9), mit einem in die Applikation (6) integrierten Abrufprogramm (7), a) wobei ein Teil der Wörter Schlüsselwörter (21) und ein anderer Teil der Wörter keine Schlüsselwörter sind, b) wobei den Schlüsselwörtern (21) Codes zuordenbar sind und den anderen Wörtern keine Codes zuordenbar sind, c) wobei dem Abrufprogramm (7) aus der Applikation (6) heraus durch interaktives Selektieren eines beliebigen in der Datei (9) enthaltenen Schlüsselwortes (21) und Eingeben eines Bestätigungsbefehls interaktiv das Schlüsselwort (21) bzw. ein mit dem Schlüsselwort (21) korrespondierender Code vorgebbar ist, wobei die Selektion des Schlüsselwortes (21) unabhängig davon möglich ist, ob das Schlüsselwort (21) unmittelbar vor dem Selektieren in die Datei (9) eingegeben wurde oder nicht, d) wobei dem Abrufprogramm (7) zusätzlich zum Schlüsselwort (21) auch mindestens ein Auswahlkriterium vorgebbar ist, e) wobei der Code und das Auswahlkriterium von dem Abrufprogramm (7) zusammen über ein Rechnernetz (10) an ein Serverprogramm (13) übermittelbar sind und von dem Abrufprogramm (7) über das Rechnernetz (10) übermittelte, dem Code zugeordnete Informationen empfangbar und einem Anwender (8) der Applikation (6) zur Verfügung stellbar sind." (Gliederung ergänzt, Änderungen gegenüber Hauptantrag unterstrichen) Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin im Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 aus, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in den Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag auf erfinderischer Tätigkeit gegenüber den entgegengehaltenen Druckschriften beruhe. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung war der Anmelderin mitgeteilt worden, dass die beanspruchte Applikation in Form eines Computerprogramms zum Erstellen, Ändern und Darstellen einer Wörter enthaltenden Datei möglicherweise schon aufgrund von § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung angesehen werden könne. Die Anmelderin hat sich hierzu nicht geäußert. Zur mündlichen Verhandlung ist sie nicht erschienen. II. Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents in den beantragten Fassungen als Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches nicht als Erfindung auf technischem Gebiet anzusehen ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG). 1. In der Beschreibung der Anmeldung wird eingangs erläutert, dass zur Dokumentierung medizinischer Untersuchungen früher mit Textverarbeitungsprogrammen Freitextdokumente erstellt wurden. Zur Zeit setze sich aber mehr und mehr die Erstellung von Dokumenten in strukturierter Form, das sogenannte "Structured Reporting" durch. Ein wichtiger Bestandteil dieser strukturierten Dokumente sei die Verwendung von Code-Bibliotheken, mit denen Freitext zur Beschreibung medizinischer Sachverhalte durch eine standardisierte Nomenklatur ersetzt oder ergänzt werde. Beispielsweise könne einer Arterie im Finger der Code T-47260.1 zugeordnet werden. Werde ein derartiger Code verwendet, ergebe sich eine Vereinheitlichung der Dokumentation, die bspw. zur automatisierten Abrechnung oder zum Wiederauffinden von Sachverhalten herangezogen werden könne. Entsprechend soll der Anmeldung die Aufgabe zugrunde liegen, eine Applikation und ein hiermit korrespondierendes Serverprogramm zu schaffen, mittels derer einem Anwender aus der Applikation heraus auf einfache Weise gezielt Informationen zu Schlüsselwörtern zur Verfügung stellbar sind (vgl. S. 2, Z. 18 - 22 der ursprünglichen Beschreibung bzw. die entsprechenden Passagen der geltenden Beschreibungen). 2. Entsprechend geht der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag davon aus, dass das mit der Applikation, d. h. mit dem Textverarbeitungsprogramm erstellte Dokument, also die (Text-) Datei, zu einem Teil aus Wörtern besteht, die keine Schlüsselwörter sind (z. B. Freitext) und zu einem anderen Teil aus Schlüsselwörtern (vgl. Merkmal a). Nur den Schlüsselwörtern sollen Codes zuordenbar sein (Merkmal b). Um wie beabsichtigt zu den in der (Text-) Datei enthaltenen Schlüsselwörtern auf einfache Weise den korrespondierenden Code oder andere Informationen zur Verfügung stellen zu können, schlägt Merkmal c) vor, das Textverarbeitungsprogramm um ein Abrufprogramm zu ergänzen. Dieses soll veranlassen, dass nach interaktiver Selektion eines Schlüsselwortes und Eingabe eines Bestätigungsbefehls (z. B. per Maustaste, vgl. S. 5, Z. 24 - 28 der Beschreibung) das Schlüsselwort bzw. der korrespondierende Code "vorgebbar ist". Merkmal d) schlägt ergänzend vor, dass auch mindestens ein Auswahlkriterium vorgegeben werden kann. Der interaktiv ausgewählte Code und das Auswahlkriterium werden von dem Abrufprogramm über ein Rechnernetz an einen Server bzw. ein Serverprogramm übermittelt, der die zugeordnete Information dem Anwender der Applikation zur Verfügung stellt (Merkmal e), bspw. als Darstellung auf dem Monitor (vgl. S. 7, Z. 14 - 17 i. V. m. Figur 2). Letztlich schlägt der Patentanspruch 1 vor, ein Textverarbeitungsprogramm um ein "Abrufprogramm" zu ergänzen, das auf die durch einen Anwender erfolgende Auswahl von Schlüsselwörtern und ggf. weiterer Auswahlkriterien hin zusätzliche Informationen abruft und anzeigt. Wie auf Seite 7, Z. 19 - 24 i. V. m. Figur 4 ausgeführt, kann diese Information bspw. aus einer Beschreibung des Codes und weiteren Informationen zu dem abgefragten Code bestehen. Für den einschlägigen Fachmann, einen Informatiker mit Erfahrung auf dem Gebiet der Dokumentierung und Textverarbeitung ist insoweit nachvollziehbar, dass mit der vorgeschlagenen Ergänzung eines Textverarbeitungsprogramms um das Abrufprogramm dem Anwender auf einfache Weise gezielt zusätzliche Informationen zu Schlüsselwörtern zur Verfügung gestellt werden können. 3. Die Applikation in Form eines Computerprogramms zum Erstellen, Ändern und Darstellen einer Datei gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ist jedoch als Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung auf dem Gebiet der Technik anzusehen. Wie sich schon aus dem Wortlaut des Anspruchs ergibt, betrifft die Anmeldung ein Computerprogramm. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Anmeldung, die ein Computerprogramm oder ein durch Software realisiertes Verfahren zum Gegenstand hat, wegen des Patentierungsausschlusses von Computerprogrammen als solchen "verfahrensbestimmende Anweisungen enthalten, welche die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand haben" (vgl. GRUR 2009, 479 Abs. [0011] - Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten -). Der Vorschlag, bestimmten Wörtern einer Textdatei, sog. Schlüsselwörtern, Codes zuzuordnen, stellt für sich eine gedankliche Tätigkeit dar, die bspw. auf medizinischem Gebiet liegt, wenn einer Arterie im Finger ein bestimmter Code zugeordnet wird. Auch die Zuordnung von zusätzlichen (fachlichen) Informationen zu den Schlüsselwörtern, bspw. einer Beschreibung des Codes, unter denen ein Anwender eine (sinnvolle) Auswahl treffen kann, beruht auf einer solchen gedanklichen Tätigkeit. Dass eine gedankliche Tätigkeit mit Mitteln der Datenverarbeitung automatisiert ausgeführt wird, stellt für sich jedoch noch keine technische Leistung dar. Wie vom Bundesgerichtshof in der o. g. Entscheidung ausgeführt, sind in der Sammlung, Speicherung, Auswertung und Verwendung von Daten allein nur außertechnische Vorgänge zu sehen (vgl. a. a. O., Abs. [0013]). Eine darüber hinaus gehende Anweisung, die die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand hat, kann im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht erkannt werden. Eine solche Anweisung kann auch nicht in dem Umstand gesehen werden, dass die gedankliche Tätigkeit auf mehrere Computer verteilt ausgeführt wird, nämlich auf Rechner und Server. Denn der Fachmann wird nicht darüber belehrt, aus welchen technischen Gründen eine bestimmte Verteilung der Tätigkeiten vorteilhaft ist. Bei einer Prüfung auf erfinderische Tätigkeit ist somit keine Aussage darüber möglich, ob eine Bereicherung der Technik vorliegt, die einen Patentschutz rechtfertigt (vgl. hierzu BGH in GRUR 2004, 667 Leitsatz - Elektronischer Zahlungsverkehr -). 4. Der Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich von der nach Hauptantrag dahingehend, dass in der Datei beliebige Schlüsselwörter selektierbar sein sollen, die Selektierbarkeit unabhängig davon möglich sein soll, ob das Schlüsselwort unmittelbar vor dem Selektieren eingegeben wurde, das Auswahlkriterium zusätzlich zum Schlüsselwort vorgebbar ist und der Code und das Auswahlkriterium zusammen an ein Serverprogramm übermittelbar sind (vgl. im Anspruchswortlaut unterstrichene Passagen). Mit diesen Merkmalen soll nach den Ausführungen der Anmelderin im Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 eine Klarstellung des Gegenstands des Anspruchs 1 nach Hauptantrag bewirkt werden. Die von der Anmelderin vorgenommenen Ergänzungen fügen dem Anspruch 1 nach Hauptantrag jedenfalls in Hinsicht auf die technischen Anweisungen nichts hinzu. Insoweit kann die Fassung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag nicht zu einer anderen Bewertung führen. Der Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag ist daher ebenfalls als Programm für Datenverarbeitungsanlagen als solches gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung anzusehen und vom Patentschutz ausgeschlossen. Es konnte daher keinem der Anträge der Anmelderin gefolgt werden. Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006622&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006626
BPatG
München
33. Senat
20100810
33 W (pat) 20/09
Beschluss
§ 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 66 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 99 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – isolierte Kostenbeschwerde - "Limit Plus/Plus (Wort-Bild-Marke)" – Ausführungen zu Kostenentscheidungen: Möglichkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht – Kostenauferlegung aus Gründen der Billigkeit zu Lasten eines Beteiligten bedarf besonderer Umstände – zum schuldhaften Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht – keine pauschale Entscheidung über eine Kostenauferlegung – Würdigung sämtlicher Umstände bei isolierter Kostenbeschwerde - in der Hauptsache obsiegender Beteiligter unterliegt mit der isolierten Kostenbeschwerde: Kostenauferlegung kann unbillig sein, so dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat – bei erfolgreicher isolierter Kostenbeschwerde kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt sein
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 304 68 698 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 10. August 2010 beschlossen: 1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. November 2008 insoweit aufgehoben, als der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind. 2. Die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt jede Beteiligte selbst. 3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I. Gegen die am 23. Februar 2005 eingetragene Wortmarke 304 68 698 Limit Plus für verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 42 ist am 8. Juni 2005 Widerspruch erhoben worden aus der am 11. Juni 1996 eingetragenen Wort-/Bildmarke 396 02 967 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 6, 8 bis 11, 13 bis 18, 20 bis 39, 41, 42. Die Widerspruchsmarke ist später, auf Antrag der Widersprechenden, am 5. Mai 2009 gelöscht worden. Mit Beschluss vom 13. November 2008 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) den Widerspruch zurückgewiesen und der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Die Markenstelle hat hierzu ausgeführt, dass der Widerspruch erfolglos sei, weil keine Verwechslungsgefahr zwischen den konkurrierenden Marken bestehe. Zwar seien die Dienstleistungen „Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Versicherungswesen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ für beide Marken identisch. Es könne aber dahinstehen, inwieweit es darüber hinaus zu Überschneidungen zwischen den Dienstleistungen komme, da eine Verwechslungsgefahr in jedem Falle ausscheide, weil die Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der allenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen ausreichenden Abstand voneinander einhalten würden. Von einer erhöhten Kennzeichnungskraft sei nicht auszugehen, da diese zumindest für den Dienstleistungsbereich nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden sei. Zwar sei die Widerspruchsmarke als Marke für einen Lebensmitteldiscounter vergleichsweise bekannt, dies gelte indes nicht für das hier betroffene Dienstleistungsgebiet. Vor diesem Hintergrund seien die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen deutlich genug, um Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang zu vermeiden. Auch eine assoziative Verwechslung der Vergleichsmarken sei nicht zu befürchten. Insbesondere genüge die partielle Übereinstimmung in dem Wortbestandteil „PLUS“ nicht, um eine Ähnlichkeit der Marken insgesamt zu begründen, da diesem Bestandteil keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Eine Prägung durch den Begriff „PLUS“ komme nicht in Betracht, weil das Wort „PLUS“ in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften oder auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Das Publikum werde das Wort „Plus“ neben „Limit“ daher nicht besonders wahrnehmen. Auf Grund der Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ könne dieser Bestandteil eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Zudem sei - wie schon im Beschluss des Bundespatentgerichts 28 W (pat) 102/01 - PLUS/GILLETTE GII PLUS entschieden - auch auszuschließen, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Darüber hinaus hat das Deutsche Patent- und Markenamt ausgeführt, dass es ausnahmsweise der Billigkeit entspreche, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung komme in Betracht, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erlöschen des Schutzes der gegnerischen Marke durchzusetzen versuche. Dies könne der Fall sein, wenn eine mehrgliedrige Widerspruchsmarke nur in einem schutzunfähigen Bestandteil rein tatsächliche Ähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aufweise, wie es vorliegend der Fall sei. Darüber hinaus sei der Widersprechenden die Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ ihrer Wort-/Bildmarke auf Grund zahlreicher Entscheidungen in Markeneintragungsverfahren bereits bekannt. Zudem habe das Deutsche Patent- und Markenamt, insbesondere die Markenstelle für Klasse 36, zahlreiche hierauf gestützte Widersprüche zurückgewiesen. Etwaige Beschwerdeverfahren seien infolge von Rücknahmen der Widersprüche ohne eine Entscheidung des Gerichts beendet worden. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Widersprechende ausschließlich gegen die in dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 13. November 2008 angeordnete Auferlegung von Kosten. Sie ist der Ansicht, dass der Verfahrensausgang keine Kostenauferlegung rechtfertige, da das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt einem Zivilverfahren nicht gleichgestellt werden dürfe. Darüber hinaus habe die Widersprechende auch nicht sicher damit rechnen müssen zu unterliegen. Insbesondere habe sie nicht von einer völligen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ausgehen müssen. Dies ergebe sich aus dem umfassenden Sachvortrag der Widersprechenden zur Verwechslungsgefahr sowie zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Im Übrigen würden die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts in Sachen „PLUS/Reisen mit Plus“, „PLUS/2 Plus“ „PLUS/U2B PLUS“ sowie die Entscheidung des HABM „PLUS/BIG PLUS“ zeigen, dass das Markenwort „PLUS“ nicht nur schutzfähig sei, sondern zugleich eine „Kollisionsgefahr“ möglich sei. Dies werde bestätigt durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen „City Plus/D2 - BestCityPlus“ (I ZR 122/00). Zudem gebe es mehrere Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „Plus“. Vor der Markenstelle hat die Widersprechende ergänzend vorgetragen, dass der Zeichenbestandteil „Limit“ beschreibend und nicht unterscheidungskräftig sei. Außerdem meint die Widersprechende, dass die Widerspruchsmarke über eine mindestens normale Kennzeichnungskraft verfüge. Vor der Markenstelle hat sie die Ansicht vertreten, dass sogar von einer erhöhten Kennzeichnungskraft auszugehen sei. Die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke könne nicht auf ihren Bildbestandteil reduziert werden, weil eine Bezugnahme auf sie regelmäßig klanglich stattfinde und insoweit nur aus dem Wort „Plus“ bestehe. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss vom 13. November 2008 insoweit aufzuheben, als der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Sie ist der Ansicht, dass das Verhalten der Widersprechenden Anlass für eine Kostenauferlegung gegeben habe, weil sie aufgrund zahlreicher Beschlüsse habe vorhersehen können, dass sie unterliegen werde. Bereits im Februar und Juli 2004 seien nämlich Widersprüche aus der Widerspruchsmarke zurückgewiesen worden. Die von der Widersprechenden erwähnten Entscheidungen, die erst nach Einlegung des Widerspruchs in diesem Verfahren ergangen seien, könnten nicht zu ihren Gunsten berücksichtigt werden. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens seien der Widersprechenden ebenfalls aufzuerlegen, weil für sie aufgrund vorangegangener Entscheidungen des Bundespatentgerichts vorhersehbar gewesen sei, dass ihr die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Gründen der Billigkeit auferlegt werden würden. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. 1. a) Die Statthaftigkeit der Beschwerde folgt aus § 66 MarkenG. Vorliegend handelt es sich um eine sogenannte isolierte Kostenbeschwerde, da mit der Beschwerde ausschließlich die Kostengrundentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes, das die Kosten des Erinnerungsverfahrens aus Billigkeitsgründen gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Widersprechenden auferlegt hat, nicht aber die Entscheidung in der Hauptsache, angegriffenen wird. Eine solche isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist im Markenrecht nach ständiger Rechtsprechung zulässig (BPatGE 10, 311 (LS, 312) - Choco Flakes/Choco-Wach; BPatGE 34, 99 (101); BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 6, § 71 Rd. 4; Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 7; Kirchner, Mitt. 1998, 147 (148); BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI HaarPLUS/PLUS; BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS). Die Vorschrift des § 99 ZPO, die bestimmt, dass die Anfechtung der gerichtlichen Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, findet trotz der Verweisungsnorm in § 82 Abs. 1, 1. Halbs. MarkenG keine Anwendung. Die Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens vor dem Patentgericht schließen deren Anwendung aus (§ 82 Abs. 1, 2. Halbs. MarkenG), weil alle belastenden Entscheidungen des Patentamtes als Träger öffentlicher Gewalt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gerichtlich überprüfbar sein müssen. aa) Für die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtung sprechen sowohl historische als auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte. § 5 Abs. 6 Satz 4 des Warenzeichengesetzes (WZG) in der vor dem Inkrafttreten des 6. Überleitungsgesetzes vom 23. März 1961 (BlPMZ 1961, 124 ff.) geltenden Fassung sah vor, dass die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar sein sollte und zwar auch dann nicht, wenn diese den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildete. § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG ist indes durch Art. 3 Nr. 9 i. V. m. Art. 1 Nr. 25 des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 124 (135, 126)) ersatzlos gestrichen worden. Diese ersatzlose Streichung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, eine entsprechende isolierte Kostenanfechtung in Abkehr von der vorherigen Rechtslage ausdrücklich zuzulassen. Für die Streichung des § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG lautet die Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 164 zu Nr. 9)) wie folgt: „In dieser Bestimmung sieht der Entwurf eine redaktionelle Angleichung des § 5 Abs. 6 des Warenzeichengesetzes an die mit dem Entwurf für § 33 Abs. 2 des Patentgesetzes vorgeschlagene Neufassung vor. Eine sachliche Änderung des geltenden Rechts ist mit der Neuregelung nur insofern verbunden, als die bisherige Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung beseitigt wird. Wegen der Gründe hierfür wird auf die Begründung zu der Neufassung des § 33 des Patentgesetzes (vgl. § 1 Nr. 23 des Entwurfs) verwiesen.“ In der Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes zu § 33 Abs. 2 PatG (BlPMZ 1961, 150 (zu Nr. 23, jetzt Nr. 25 b) bb)) heißt es: „Ferner wird der bisherige Satz 3 des § 33 Abs. 2, wonach die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar ist, auch wenn sie den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildet, gestrichen. Diese Bestimmung ist mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG zwar insofern vereinbar, als sie eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung der Prüfungsstelle oder der Patentabteilung ermöglicht. Es sind aber auch Fälle denkbar - z. B. bei Zurücknahme der Anmeldung oder eines Einspruchs -, in dem eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung deshalb nicht möglich ist, weil eine Endentscheidung nicht ergeht. In diesen Fällen steht die Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG in Widerspruch. Der Entwurf sieht deshalb die ersatzlose Streichung dieser Bestimmung des Patentgesetzes vor.“ Würde man ausschließlich auf diese Entwurfsbegründungen abstellen, so würde sich die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen allerdings nur auf solche Fälle beschränken, in denen eine Entscheidung nur noch zum Kostenpunkt ergangen ist, also insbesondere Fälle der Zurücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148)). Eine solche Sichtweise würde aber verkennen, dass die Vorschrift insgesamt gestrichen wurde und dass es sich bei der Kostenentscheidung des Patentamts nach § 63 Abs. 1 MarkenG um eine Entscheidung handelt, für die Art. 19 Abs. 4 GG die uneingeschränkte Nachprüfung durch ein unabhängiges Gericht erfordert. Insoweit ist zu beachten, dass eine nachteilige Maßnahme der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur im Rahmen einer nachteiligen Sachentscheidung, sondern auch in einer belastenden Kostenentscheidung liegen kann (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Dies gilt auch dann, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache ergeht, diese aber - im Gegensatz zur Nebenentscheidung über die Kosten - vom Beschwerdeführer akzeptiert wird. Aufgrund der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG darf ein Rechtsschutzbedürfnis an einer isolierten Anfechtbarkeit der belastenden patentamtlichen Kostenentscheidung daher nicht verneint werden. bb) Gegen diese Sichtweise spricht nicht, dass das Widerspruchsverfahren als echtes Streitverfahren ausgestaltet ist, das außer von der Amtsermittlung (§ 73 Abs. 1 MarkenG) von der Verhandlungsmaxime und der Dispositionsfreiheit der Verfahrensbeteiligten bestimmt wird und insoweit keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten aufweist, die der gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gebotenen entsprechenden Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung, insbesondere des § 99 ZPO, prinzipiell entgegenstehen würden (vgl. BGH GRUR 1998, 940 (941) - Sanopharm/Salorpharm). Zwar könnte der Sinn und Zweck des § 99 ZPO, der verhindern soll, dass eine Anfechtung allein im Kostenpunkt erfolgt und über diesen Umweg eine Nachprüfung auch in der (nicht angefochtenen) Hauptsacheentscheidung erforderlich wird (vgl. BGH GRUR 1967, 94 (96) - Stute/Hengst), gleichermaßen für das Widerspruchsverfahren gelten, da es nicht wünschenswert erscheint, dass die höhere Instanz die Hauptsache nur wegen der Kostenentscheidung nachprüfen muss und u. U. eine Kostenentscheidung getroffen wird, die in ihren Gründen im Widerspruch zur unabänderlich gewordenen Hauptsacheentscheidung stehen würde. Dementsprechend hält der Bundesgerichtshof im Markenrecht jedenfalls eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung im Wege der Rechtsbeschwerde für unzulässig und verweist insoweit auf den Grundsatz des § 99 ZPO (BGH GRUR 1967, 94 (96) - Stute/Hengst; BGH GRUR 2001, 139 (140) - Parkkarte m. w. N.). Auch der Umstand, dass es sich bei der Entscheidung des DPMA nach § 63 Abs. 1 MarkenG um eine Billigkeitsentscheidung handelt, die dementsprechend einen weiteren Beurteilungsspielraum vorsieht, als dies in § 91 ff. ZPO der Fall wäre, würde für sich genommen die Nichtanwendbarkeit von § 99 ZPO nicht rechtfertigen, zumal zu berücksichtigen ist, dass auch andere Verfahrensordnungen, wie z. B. das bis vor kurzem geltende Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), im Rahmen der Kostenverteilung ebenfalls eine Billigkeitsentscheidung vorsahen (§ 13 a FGG a. F.) und dennoch eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung untersagten (§ 20a Abs. 1 Satz 1 FGG a. F., wobei nunmehr, nach dem ersatzlosen Fortfall von § 20 a FGG, gem. § 58 FamFG eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung zulässig ist (vgl. OLG Stuttgart NJW 2010, 383 (Ls)). Letztlich vermögen diese eher verfahrensökonomischen Gesichtspunkte aber aufgrund des dargestellten Vorrangs des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes gegen alle belastenden Akte der öffentlichen Gewalt, einschließlich nachteiliger Kostenentscheidungen, nicht zu überzeugen. 2. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Im vorliegenden Verfahren entsprach es gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, mit der Folge, dass jede Beteiligte, die ihr im Widerspruchsverfahren erwachsenen Kosten gem. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen hat. a) Die vom Patent- und Markenamt beschlossene Kostenauferlegung ist im Beschwerdeverfahren gerichtlich nachprüfbar. Nach § 63 Abs. 1 MarkenG „kann das Patentamt in der Entscheidung bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens … einem Beteiligten ganz oder teilweise zu Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht“. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass diese Vorschrift dem Patentamt ein Ermessen einräumt. Es wird indes unterschiedlich beurteilt, inwieweit diese Entscheidung einer Nachprüfbarkeit im Rahmen des patentgerichtlichen Beschwerdeverfahrens unterliegt: aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Ausübung des Ermessens im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Gericht unterliege (BPatGE 10, 310 (312) - Choco Flakes/Choco-Wach; vgl. BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen Manager; BPatG 25 W (pat) 4/01 - TACO BELL; BPatGE 23, 224 (227) - POMOSIN/Pomesin; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 9; Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149); Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 5). Das wird teilweise damit begründet, dass die für das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Regelungen eine dem § 114 VwGO entsprechende Vorschrift nicht enthalten würden (vgl. Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149)), so dass nicht lediglich die in § 114 VwGO vorgesehene beschränkte Prüfung auf Ermessensfehler, sondern eine vollständige Überprüfung vorzunehmen sei. bb) Nach anderer Auffassung sollen die Grundsätze zur eingeschränkten Prüfung von Ermessensentscheidungen gelten (mit ausführlicher Begründung: BPatGE 34, 99 (103 ff.); BPatGE 40, 229 (231) - LA TOUR Nomen est Omen; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger-Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 63 Rd. 4). Demnach wäre die Nachprüfung der patentamtlichen Kostenentscheidung durch das Patentgericht in entsprechender Anwendung von § 114 VwGO auf die Beurteilung beschränkt, ob das Ermessen innerhalb des gegebenen Ermessensspielraums rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist (ebenso: BPatGE 40, 229 (231) - LATOUR Nomen est Omen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic). Für diese Rechtsauffassung wird angeführt, dass § 114 VwGO Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes sei, der besage, dass es mit dem Sinn und Zweck einer als Ermessenvorschrift konzipierten Bestimmung nicht vereinbar wäre, wenn auch das - im Rahmen der Billigkeit liegende - „Können“ einer Behörde volljustiziabel wäre (BVerwGE 39, 355 (366)). Diese beschränkte Prüfung sei kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, weil diese Bestimmung nur einen Anspruch auf Rechtmäßigkeits-, nicht jedoch auch Zweckmäßigkeitskontrolle einräume (BPatGE 34, 99 (104)). Es sei daher unzulässig, wenn sich das Gericht durch Vornahme von Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle der zuständigen Behörde setze (BPatGE 34, 99 (104)). In diese Richtung tendiert wohl auch der Bundesgerichtshof, der im Zusammenhang mit patentgerichtlichen Kostenentscheidungen, die eine vergleichbare Billigkeitsentscheidung vorsehen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG), eine Prüfung lediglich im Hinblick auf Ermessensfehler vorzusehen scheint (vgl. BGH GRUR 1966, 493 (495) - Lili; BGH GRUR 1977, 559 zu § 9 Abs. 3 Satz 3 GebrMG, § 33 Abs. 2 Satz 3 PatG, wo es heißt, dass dem Bundespatentgericht ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werde, weshalb die Ausübung dieses Ermessens in Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt darauf hin überprüft werden könne, ob das Beschwerdegericht die dadurch gezogenen Grenzen überschritten habe). cc) Eine nähere Betrachtung des Wortlauts von § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zeigt indes, dass genau zwischen dem unbestimmten Rechtsbegriff der Billigkeit auf Tatbestandseite einerseits und der nach den Grundsätzen von § 114 VwGO und dem durch die Formulierung „kann“ verdeutlichten Ermessen auf Rechtsfolgenseite andererseits zu unterscheiden ist. Soweit dem Patentamt auf Rechtfolgenseite ein Ermessen eingeräumt wird, ist dies nach den Grundsätzen von § 114 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (näher zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens von § 114 VwGO im Markenrecht: BPatGE 34, 99 (103 f.)). Demgegenüber räumt der Gesetzeswortlaut kein ausdrückliches Ermessen ein bei der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung, nämlich entsprechende Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, so dass insoweit eine umfassende gerichtliche Prüfung vorzunehmen ist. (1) Im traditionellen Normaufbau betrifft eine gesetzliche Ermessenseinräumung die Rechtsfolgenseite, die Frage eines Beurteilungsspielraums infolge unbestimmter Rechtsbegriffe hingegen die Tatbestandsseite einer Norm. Die Subsumtion des Sachverhalts unter einen unbestimmten Rechtsbegriff gilt dabei als kognitiver Akt der Rechtserkenntnis, der im Normalfall wegen Art. 19 Abs. 4 GG uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, selbst wenn es sich um sprachlich weite Begriffe handelt (BVerfG NJW 1991, 2005; BGH NJW 1982, 1058; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 3, 24 a; Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rd. 55, 56 m. w. N.). Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert demjenigen den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird nicht nur der Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen behördlichen Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus (BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.; BVerfGE 64, 261 (279)). Die Regeln über die eingeschränkte Kontrolle des Verwaltungsermessens gelten daher im Normalfall nicht für die Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe können allerdings wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt, weshalb der rechtsanwendenden Behörde in solchen Fällen ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze ausnahmsweise ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen sein kann (vgl. BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein solcher Beurteilungsspielraum vorwiegend angenommen worden, wenn es sich um die Beurteilung in der Zukunft liegender Vorgänge (Prognoseentscheidungen) oder um sonstige Fragen handelt, die eine persönliche Wertung enthalten (vgl. auch BVerfGE 39, 334 (353, 354)). (2) Jedoch gibt es auch Vorschriften, welche die Ermächtigung zu einer Ermessensausübung enthalten, die sich an einem unbestimmten Begriff zu orientieren hat, so dass der Verwaltungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zustehen kann, in dessen Rahmen sie mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (sogenannte Koppelungsentscheidungen, dazu: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BVerwGE 39, 355 (364)). Ob der Verwaltungsbehörde vom Gesetz ein solcher Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, richtet sich nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift (BVerwGE 39, 355 (364)) und ist durch Auslegung zu ermitteln. (3) Die kostenrechtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfordert auf Tatbestandsseite das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten, um eine vom Regelfall (jeder Beteiligte trägt seine Kosten selbst) abweichende Kostenentscheidung zu treffen. Andererseits führt das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten nicht zwingend zu einer vom Regelfall abweichenden Kostenregelung. Vielmehr „kann“ eine Kostenentscheidung des DPMA ergehen. Sie kann aber aus Zweckmäßigkeiterwägungen auch unterbleiben und steht damit im Ermessen des DPMA. Die Struktur des § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG entspricht daher einer sogenannten Koppelungsvorschrift, in der auf Tatbestandsseite ein unbestimmter Rechtsbegriff auftaucht, der mit einem Ermessen auf Rechtsfolgenseite gekoppelt ist. Die Regeln über die nur begrenzte Nachprüfung des Ermessens gelten in diesen Koppelungstatbeständen nur dann auch für die Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe, wenn die Auslegung dies ausnahmsweise gebietet (eingehend dazu: Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 ff.; BVerwGE 45, 162 (164 f)). Dies kann der Fall sein, wenn die Norm in spezifischer Weise wertende oder prognostische Elemente beinhaltet, die der Verwaltung vorbehalten sein sollen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23; BVerfG NJW 1991, 2005). Im Zweifel ist jedoch eine volle Justiziabilität anzunehmen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 f). Eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 19.10.1971 ( BVerwGE 39, 355 ff.) zur Auslegung von § 131 Abs. 1 S. 1 AO (in der Fassung des Art. 17 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13.07.1961 - BGBl. I, 981; BStBl. I, 444) scheint wegen der strukturellen Ähnlichkeit dieser Norm mit § 63 Abs. 1 MarkenG auf den ersten Blick dafür zu sprechen, eine Prüfung ausschließlich nach den Grundsätzen für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung vorzunehmen. Die maßgebliche Fassung von § 131 AO lautete: „Im Einzelfall können Steuern und sonstige Geldleistungen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter der gleichen Voraussetzung können bereits entrichtete Steuern und sonstige Geldleistungen erstattet oder angerechnet werden.“ Ähnlich wie § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG knüpft damit auch § 131 AO in der zitierten Fassung an das tatbestandliche Vorliegen einer Billigkeit an, um der Behörde sodann mit einer „kann-Regelung“ ein Ermessen auf Rechtfolgenseite einzuräumen. Für die konkrete Norm des § 131 AO hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entschieden, dass der Begriff „unbillig“ nicht losgelöst davon gewürdigt werden könne, dass er ein „Können“ der Behörde zur Folge habe. Ein völliger Wegfall des Ermessenselements in dieser als typische Ermessensvorschrift geschaffenen Bestimmung könne mit dem Sinn und Zweck derselben nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden (BVerwGE 39, 355(365 f.)). Die Verlagerung des Begriffs „unbillig“ in den Tatbestand der Norm würde einer Ermessensbetätigung praktisch keinen Spielraum mehr lassen, also zu einer nahezu vollständigen Ermessensschrumpfung führen (BVerwGE 39, 355(365 f.)). Nach den Ausführungen des Gemeinsamen Senats bestehe nämlich insoweit eine unlösbare Verbindung, als der Begriff „unbillig“ in den Ermessensbereich hineinrage und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimme (BVerwGE 39, 355 (366)). Dabei hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe diese Beurteilung wesentlich darauf gestützt, dass sich die Norm an die Eingriffsverwaltung richte und dem Begriff der Billigkeit im Steuerrecht gerade im Bereich der Ermessensentscheidungen eine überragende Bedeutung zukomme, weshalb dieser einheitliche Maßstäbe erfordere (BVerwGE 39, 355(367)). Andererseits hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe aber auch verdeutlicht, dass nicht für alle Vorschriften, in denen eine Verbindung zwischen einem unbestimmten, einer unmittelbaren Subsumtion nicht zugänglichen Begriff („Billigkeit“) und einem „Können“ der Behörde hergestellt wird, von vornherein festgelegt werden könne, dass die Anwendung der Vorschrift insgesamt nach Ermessensgrundsätzen zu überprüfen sei (BVerwGE 39, 355(355 ff.); ebenso: BVerwGE 40, 353 (356)). Vielmehr müsse für jede Einzelnorm nach ihrem Sinn und Zweck ermittelt werden, ob sie in den Bereich der Ermessensbetätigung oder der Rechtsanwendung führt (BVerwGE 39, 355 ff.). Für § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG ist indes festzustellen, dass er keinen Fall der Eingriffsverwaltung betrifft und zudem Konstellationen mit mehreren Beteiligten erfasst. Die Benachteiligung eines Beteiligten, die im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren - anders als im Anwendungsbereich des § 131 AO - mit der Annahme eines Billigkeitsfalls verbunden ist, spricht unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG daher eher für eine weitergehende gerichtliche Überprüfung. Während nämlich die Ablehnung einer Billigkeit nach § 131 AO nur zur Versagung eines in das Ermessen der Behörde gestellten Vorteils für den Steuerzahler führen würde, führt eine Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG zur Belastung eines Verfahrensbeteiligten mit den Kosten des Gegners. Deshalb gilt im Markenrecht im Rahmen von § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG uneingeschränkt das Rechtsschutzgebot des Art. 19 Abs. 4 GG, das gerichtlichen Rechtsschutz gerade dann absichern soll, wenn in die Rechtsstellung der Betroffenen nachteilig eingegriffen wird (vgl. ähnliche Wertungen in: BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Demgegenüber führt eine kraft Ermessensausübung unterbliebene Kostenentscheidung nur dazu, dass es bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da hierdurch keine gegenseitigen finanziellen Ansprüche begründet werden, erscheint es insoweit gerechtfertigt, das in dieser Weise ausgeübte Ermessen nur eingeschränkt, nach den Grundsätzen von § 114 VwGO zu überprüfen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass gerade die einheitliche Auslegung des Begriffs der Billigkeit bei markenrechtlichen Kostenentscheidungen für eine umfassende gerichtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Kostenentscheidung spricht. Anderenfalls wäre es nämlich möglich, dass die wortgleich konzipierten Tatbestandsvoraussetzungen in den Vorschriften § 63 Abs.1 S. 1 MarkenG und § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG im patentamtlichen und im gerichtlichen Verfahren unterschiedlich ausgelegt würden, obwohl ihnen ein einheitlicher Zweck und Rechtsgedanke zu Grunde liegt. Die Regelung in § 71 MarkenG lässt zudem erkennen, dass die wertenden Gesichtspunkte, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind, gerade nicht der Behörde vorbehalten sein sollen, sondern vom Gericht gleichermaßen ergründet werden können und sollen. Aus diesem Grund hat das Gericht im Beschwerdeverfahren uneingeschränkt zu überprüfen, ob tatsächlich Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, die eine vom allgemeinen Grundsatz abweichende Kostenregelung für das Verfahren beim Patentamt gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG rechtfertigen. Allerdings käme wohl auch die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgesehene Prüfung zu einem ähnlichen Ergebnis, weil der gemeinsame Senat davon ausgeht, dass es vom Ergebnis her keinen Unterschied mache, ob die Gerichte von einer Ermessensentscheidung ausgehen, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüfen, oder ob die Gerichte zwar von einer Rechtsentscheidung ausgehen, sich aber zur Vermeidung einer „uferlosen“ Kontrolle auf eine „taktvolle und behutsame Rechtskontrolle“ beschränken (BVerwGE 39, 355 (368)). b) Vorliegend führt die vom Senat vorzunehmende Nachprüfung der „Billigkeit“ zur Aufhebung der die Widersprechende belastenden Kostenentscheidung. Die Grundsätze der Billigkeit gebieten es nicht, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG aufzuerlegen. aa) Vorliegend hat das Deutsche Patent- und Markenamt den Widerspruch zurückgewiesen, weil aus dem schutzunfähigen Bestandteil „PLUS“ keine Verwechslungsgefahr hergeleitet werden könne und eine Verkehrsbekanntheit für die einschlägigen Dienstleistungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sei. Die Hauptsacheentscheidung ist rechtskräftig und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (vgl. dazu die ausführlich begründete Entscheidung des 25. Senats zu WhoisPLUS/PLUS (25 W (pat) 38/08), der eine vergleichbare Rechtsproblematik zu Grunde lag). bb) Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bedarf es aber nach zutreffender h.M. zusätzlicher, besonderer Umstände (Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; BPatGE 10, 311 (312); BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Der Verfahrensausgang allein kann nämlich kein hinreichendes Kriterium für die Auferlegung von Kosten sein, weil die markenrechtliche Kostenregelung in bewusster Abgrenzung zu § 91 ff. ZPO getroffen wurde (BGH GRUR 1972, 600 (601) - Lewapur; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 11 m. w. N.). Soweit in dem Markenrechtskommentar v. Schultz/Donle (MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 3) in Frage gestellt wird, ob an diesem Grundsatz im Hinblick auf eine richtlinienkonforme Auslegung von Art. 14 der Richtlinie zur Durchsetzung des geistigen Eigentums (RL 2004/48/EG 29.4.2004, ABl. EU Nr. L 157, 30.4.2004) festgehalten werden kann, wird verkannt, dass die Richtlinie sich auf Verletzungstatbestände bezieht, nicht aber auf das Widerspruchsverfahren, in dem in einem amtlichen Verfahren zeitnah zur Eintragung allein der Bestand einer eingetragenen Marke im Hinblick auf ältere Rechte geprüft wird. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen erfordert daher neben dem Unterliegen in der Hauptsache zusätzlich einen schuldhaften Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht, die es unbillig erscheinen lassen würde, einen anderen Beteiligten die vermeidbaren Kosten tragen zu lassen (BGH GRUR 1996, 399 (401) - Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224 (227) - Pomesin/POMOSIN; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 11). Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht kann nach h.M. vorliegen, wenn eine Partei in einer erkennbar aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, ihr eigenes rechtliches Interesse durchzusetzen (st. Rspr. BGH GRUR 1966, 493 - Lili; BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; Bücher/Dittmer/Schiwy; Gewerbl. Rechtsschutz 2008, § 63 Rd. 3; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2). Sinn der Kostenvorschrift des § 63 MarkenG ist es nämlich, die Verfahrensbeteiligten zu veranlassen, sorgfältig zu prüfen, ob ihre Rechtsverfolgung sinnvoll und gerechtfertigt ist (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 6 WZG, BlPMZ 1967, 264 (zu Art. 2 Nr. 3); BPatG Mitt. 1976, 99 (99) - DUROMAT/DUROMAT; BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Bei einem Widerspruch, der wegen offensichtlicher Unähnlichkeit der Vergleichsmarken unbegründet ist, kann die Rechtsverfolgung erkennbar aussichtslos sein (vgl. dazu: BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 5). Zudem wird vielfach vertreten, dass zu dieser Fallgruppe auch Fälle zählen, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombinationsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil übereinstimmen (BPatG 33 W (pat) 156/04 - FINANZ-PARTNER HAMBURG/FinanzPartner DE; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS). Insoweit ist jedoch Zurückhaltung geboten, da die gesetzliche Grundregel auch für Beschwerden mit geringen Erfolgsaussichten gilt (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 16; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 7). Von einer erkennbar aussichtslosen Rechtslage kann man daher nicht ausgehen, wenn zur Zeit der Widerspruchseinlegung keine einheitliche Rechtsprechung existiert oder wenn es Entscheidungen zugunsten des Widersprechenden gibt, selbst wenn diese erst nach Widerspruchseinlegung ergangen sind (abweichend: BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus /PLUS), da durch die abweichenden Entscheidungen belegt wird, dass die Rechtslage sich eben nicht eindeutig gestaltet. Eine einheitliche Entscheidungspraxis allein des Patentamts oder gar einer einzelnen Markenstelle kann dabei eine einheitliche Rechtsprechung nicht ersetzen. An der (subjektiven) Erkennbarkeit kann es zudem auch fehlen, wenn der Widersprechende, z. B. aufgrund einer lückenhaften oder missverständlichen Begründung des Patentamts, Zweifel an der angefochtenen Entscheidung haben durfte (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16). Eine erkennbare Aussichtslosigkeit setzt zudem voraus, dass die Rechtslage überschaubar ist . Das ist nur dann der Fall, wenn es um einzelne Rechtsprobleme geht, deren Beurteilung keine umfassenden Ausführungen und/ oder abwägende Bewertungen erfordern. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall angesichts der Umfangs der zu beurteilenden Rechtsprobleme und der nicht in allen Aspekten einheitlichen Entscheidungen nicht vor, so dass eine Kostenauferlegung nicht in Betracht kommt (im Ergebnis ebenso: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS; anders: BPatG 33 W (pat) 159/01 - 1 Plus/MHPlus; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS und BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS). Zum einen hat die Rechtsprechung zur Verwechselbarkeit mehrgliedriger Marken, die nur in einzelnen Bestandteilen übereinstimmen, in den letzten Jahren ständig Änderungen erfahren (vgl. dazu Darstellung bei Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 9 Rd. 246 ff., 258, 260 ff.). Zur Frage, ob bzw. wann aus einem eigentlich schutzunfähigen Bestandteil vorgegangen werden kann und welche Rolle die Verkehrsbekanntheit dabei spielt, existieren verschiedene, nicht vollständig deckungsgleiche Entscheidungen (BGH GRUR 2008, 505 (Nr. 28, 35) - TUC Salzcracker; BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; EuGH GRUR Int. 2005, 221 (Nr. 54) - HUBERT/SAINT HUBERT) . Eine gefestigte Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs gibt es ebenfalls nicht. Zum anderen bedarf es der umfassenden Beurteilung einer Vielzahl von Aspekten, die durchaus abwägende Bewertungen beinhalten. Im vorliegenden Fall spielten insbesondere die Frage einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kraft Verkehrsbekanntheit (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 291 ff.) sowie einer assoziativen Verwechslungsgefahr (vgl. hierzu ausführlich: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; sowie allgemein: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 374 ff. m. w. N.) eine Rolle. Wenngleich zur Schutzunfähigkeit des Zeichenbestandteils „PLUS“ mehrere Entscheidungen existieren (z. B: BPatG Mitt. 1972, 212 - Plus; BPatG 30 W (pat) 41/97 - CABLE PLUS/CANAL PLUS; BPatG 30 W (pat) 140/97 - PLUS; BPatG 33 W (pat) 159/01 - MH-Plus/Xplus; BPatG 24 W (pat) 41/04 - sani plus/SANIFORM PLUS; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar PLUS/PLUS; HABM R724/2007-4 vom 8. September 2008 - bioPLUS/PLUS), ist nicht zu verkennen, dass es auf europäischer Ebene Entscheidungen zu mehrgliedrigen Marken mit dem Bestandteil „Plus“ gibt, die ein anderes Verständnis beschreibender Merkmale andeuten (so z. B.: HABM R 991/2000-3 - BIGPlus; EuG T-0360/00 - UltraPlus; HABM zu WhoisPlus/PLUS, zitiert nach BPatG 25 W (pat) 38/08). Auch das Bundespatentgericht hat die Schutzfähigkeit des Zeichens „PLUS“ zumindest für einzelne Waren anerkannt (BPatG 28 W (pat) 296/03 - Plus: Schutzfähigkeit bejaht für Christbaumschmuck). Zudem hat das Patentamt selbst in drei Entscheidungen, die den Zeichenbestandteil „PLUS“ betrafen, eine (teilweise nur assoziative) Verwechslungsgefahr angenommen (DPMA vom 29.04.2003 - 2 plus/PLUS - 30083008.4/32; DPMA vom 6.5.2003 - Reisen mit Plus/PLUS - 30126352.3/39; DPMA vom 1.9.2006 U2B Plus/PLUS - 30037135.7/03). Dabei hat das Patentamt in seinem Beschluss vom 6. Mai 2003 (Reisen mit Plus/PLUS) ausschließlich darauf abgestellt, dass in der angegriffenen Wort-/Bildmarke ein weiterer beschreibender Bestandteil vorhanden gewesen sei. Eine entsprechende Begründung findet sich auch in der Entscheidung des HABM vom 7. September 2005 (R928/04-1 - BIGPLUS/PLUS). Da auch in der hier angegriffenen Marke „Limit Plus“ mit dem Bestandteil „Limit“ eine beschreibende Bedeutung nicht gänzlich auszuschließen war, erschien es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass das Patentamt eine entsprechende Bewertung vornehmen würde. Zudem findet sich - wenngleich unzureichender - Vortrag der Widersprechenden zur Darlegung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen Verkehrsbekanntheit, der eine zusätzliche Prüfung erforderlich machte. Schließlich war auf Grund des Vortrags der Widersprechenden zur behaupteten mittelbaren Verwechslungsgefahr auf Grund des Bestehens einer Serienmarke auch die Frage der assoziativen Verwechslungsgefahr zu prüfen. Hierbei handelt es sich um einen komplexen Bereich, der eine eingehende Lektüre verschiedener Gerichtsentscheidungen erfordert (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 374 ff. m. w. N.). Demnach kann - wenn auch unter strengen Voraussetzungen - ausnahmsweise auch ein von Haus aus kennzeichnungsschwacher Bestandteil, wenn er sich als Herkunftshinweis für den Inhaber der älteren Marke durchgesetzt hat und/oder im Rahmen einer Markenserie tatsächlich als Stammbestandteil aufgefasst wird, eine mittelbare Verwechslungsgefahr begründen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 388). Im Ergebnis kann angesichts der Komplexität der Rechtslage, die sich deutlich aus den umfangreichen Ausführungen in dem Beschluss des BPatG, 25 W (pat) 38/08 - WhoisPlus/PLUS ergibt, nicht davon ausgegangen werden, dass die Widersprechende mit der Einlegung des Widerspruchs eine prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt hätte. Es liegen damit keine Billigkeitsgründe vor, die nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung erlauben würden. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG jede Beteiligte selbst. Eine hiervon abweichende Kostenverteilung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war nicht geboten, denn die Voraussetzungen für eine Billigkeitsentscheidung zugunsten der Widersprechenden liegen in diesem Verfahren nicht vor (im Ergebnis ebenso zu anderen Verfahren betreffend die Wort-/Bildmarke „PLUS“: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS /PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Zwar wird in Literatur und Rechtsprechung zu Recht darauf hingewiesen, dass im Rahmen isolierter Kostenbeschwerden ein wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis in der Regel nur dann erzielt werden kann, wenn der durch die patentamtliche Kostenentscheidung benachteiligten Partei ein Kostenerstattungsanspruch zugebilligt wird (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217); BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS). Anderenfalls wäre die erfolgreiche Beschwerdeentscheidung praktisch ohne Wert für den Beschwerdeführer, da dieser lediglich von den Kosten des vorangegangenen patentamtlichen Verfahren entlastet würde, zugleich aber diejenige Kosten, die zur Korrektur der unrichtigen Kostenentscheidung aufzuwenden sind - also die Beschwerdegebühr und seine außergerichtlichen Kosten - selbst tragen müsste (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Eine derartige Betrachtungsweise erscheint zumindest in den Fällen zutreffend, in denen der im Beschwerdeverfahren obsiegende Beteiligte identisch mit dem in der Hauptsache Obsiegenden ist (so in den Verfahren BPatG Mitt. 1973, 215; BPatG Mitt. 1976, 99 - DUROMAT/DUROMAT; BPatG MarkenR 2007, 271 f.). Diese Erwägungen dürfen jedoch nicht zu einer pauschalen Differenzierung nach Verfahrensarten führen (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 15). Eine Billigkeitsentscheidung muss vielmehr stets sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit würdigen. Wenn - wie hier - die in der Hauptsache obsiegende Beteiligte lediglich im Hinblick auf die Kostenbeschwerde unterliegt, erschiene es unbillig, diese nunmehr mit den Gerichts- und Anwaltskosten der ausschließlich im Kostenbeschwerdeverfahren obsiegenden Widersprechenden zu belasten. 4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr erscheint vorliegend angemessen. Gem. § 71 Abs. 3 MarkenG kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr vom Patentgericht angeordnet werden. Anders als in § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG knüpft das Gesetz für den Gebührenerlass in § 71 Abs. 3 MarkenG dem Wortlaut nach nicht an Billigkeitsgesichtspunkte. Dies ermöglicht einen - im Vergleich zur Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG - weitergehenden Spielraum, der sich dadurch erklärt, dass beim Erlass der Beschwerdegebühr, anders als bei einer vom Grundsatz abweichenden Kostenentscheidung, keiner der Beteiligten belastet wird. Gleichwohl kommt eine Erstattung der Beschwerdegebühr nur in Ausnahmefällen in Betracht (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 35; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 31), um dem grundsätzlichen Anliegen des Gesetzgebers, das gerichtliche Beschwerdeverfahren für den Regelfall gebührenpflichtig auszugestalten, gerecht zu werden (abweichend noch: § 13 Abs. 2 WZG; vgl. zur entsprechenden Änderung im Markengesetz: Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BlPMZ 1994, S. 98 (zu § 66 MarkenG)). Ein Gebührenerlass kann z. B. bei erheblichen Verfahrensfehlern des Patentamts angebracht sein; insbesondere bei schlechterdings unvertretbaren Entscheidungen oder einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (BPatG GRUR 2003, 1069 (1070) - Nettpack; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 38 ff. m. w. N.; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 29 ff.; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 14; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 71 Rd. 13). Zwar sind vorliegend keine derartigen erheblichen Fehler ersichtlich, indes war die Beschwerdegebühr ausnahmsweise gem. § 71 Abs. 4 MarkenG an die im Beschwerdeverfahren obsiegende Widersprechende zurückzuzahlen, um so zu verhindern, dass die im Ergebnis erfolgreiche Kostenbeschwerde wirtschaftlich völlig sinnlos wäre. Auf diese Weise bleibt die Widersprechende zwar - ebenso wie die Inhaberin der angegriffenen Marke - weiterhin mit den eigenen Kosten belastet, wird aber zumindest von den gerichtlichen Verfahrenskosten entlastet, die letztlich erst infolge der im Beschwerdeverfahren korrigierten Kostenentscheidung des DPMA erforderlich wurden. Dieses Ergebnis entspricht schließlich auch der in Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach Beschwerden nach § 11 Abs. 2 PatKostG, also Beschwerden gegen eine Entscheidung des DPMA über eine Kostenerinnerung, gebührenfrei sind.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006626&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006627
BPatG
München
33. Senat
20100810
33 W (pat) 38/09
Beschluss
§ 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 66 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 99 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – isolierte Kostenbeschwerde - "Plus 2/Plus (Wort-Bild-Marke)" – Ausführungen zu Kostenentscheidungen: Möglichkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht – Kostenauferlegung aus Gründen der Billigkeit zu Lasten eines Beteiligten bedarf besonderer Umstände – zum schuldhaften Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht – keine pauschale Entscheidung über eine Kostenauferlegung – Würdigung sämtlicher Umstände bei isolierter Kostenbeschwerde - in der Hauptsache obsiegender Beteiligter unterliegt mit der isolierten Kostenbeschwerde: Kostenauferlegung kann unbillig sein, so dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat – bei erfolgreicher isolierter Kostenbeschwerde kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt sein
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 300 78 253 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 10. August 2010 beschlossen: 1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2009 insoweit aufgehoben, als der Widersprechenden die Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegt worden sind. 2. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt jede Beteiligte selbst. 3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I. Gegen die am 28. November 2000 eingetragene Wortmarke 300 78 253 Plus 2 für die Dienstleistung Versicherungswesen der Klasse 36 ist am 6. Februar 2001 Widerspruch erhoben worden aus der am 11. Juni 1996 eingetragenen Wort-/Bildmarke 396 02 967 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 6, 8 bis 11, 13 bis 18, 20 bis 39, 41, 42. Die Widerspruchsmarke ist später, auf Antrag der Widersprechenden, am 5. Mai 2009 gelöscht worden. Mit Beschluss des Erstprüfers vom 13. Mai 2004 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) den Widerspruch zurückgewiesen. Von einer Auferlegung der Verfahrenskosten hat sie in diesem Beschluss abgesehen. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden hat der Erinnerungsprüfer mit Beschluss vom 29. Januar 2009 zurückgewiesen und der Widersprechenden die Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Widerspruch erfolglos sei, weil keine Verwechslungsgefahr zwischen den konkurrierenden Marken bestehe. Zwar seien die Dienstleistungen „Versicherungswesen“ für beide Marken identisch. Es könne jedoch dahinstehen, inwieweit es darüber hinaus zu Überschneidungen zwischen den Waren und Dienstleistungen komme, da eine Verwechslungsgefahr in jedem Falle ausscheide, weil die Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der allenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen ausreichenden Abstand voneinander einhalten würden. Von einer erhöhten Kennzeichnungskraft sei nicht auszugehen, da diese zumindest für den Dienstleistungsbereich nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden sei. Zwar sei die Widerspruchsmarke als Marke für einen Lebensmitteldiscounter vergleichsweise bekannt, dies gelte indes nicht für das hier betroffene Dienstleistungsgebiet. Insoweit habe sich der Vortrag der Widersprechenden lediglich auf wenige knappe Sätze beschränkt. Vor diesem Hintergrund seien die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen deutlich genug, um Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang zu vermeiden. Auch eine assoziative Verwechslung der Vergleichsmarken sei nicht zu befürchten. Insbesondere genüge die partielle Übereinstimmung in dem Wortbestandteil „PLUS“ nicht, um eine Ähnlichkeit der Marken insgesamt zu begründen, da diesem Bestandteil keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Dies gelte selbst dann, wenn die Zahl „2“ in Zusammenhang mit Versicherungsdienstleistungen nicht als sonderlich kennzeichnungskräftig anzusehen sei. Eine Prägung durch den Begriff „PLUS“ komme jedenfalls nicht in Betracht, weil das Wort „PLUS“ in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften oder auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Auf Grund der Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ könne dieser Bestandteil eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Zudem sei - wie schon im Beschluss des Bundespatentgerichts 28 W (pat) 102/01 - PLUS/GILLETTE GII PLUS entschieden - auch auszuschließen, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Darüber hinaus hat der Erinnerungsprüfer ausgeführt, dass es ausnahmsweise der Billigkeit entspreche, der Widersprechenden die Kosten des Erinnerungsverfahrens gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung komme in Betracht, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erlöschen des Schutzes der gegnerischen Marke durchzusetzen versuche. Dies könne der Fall sein, wenn eine mehrgliedrige Widerspruchsmarke nur in einem schutzunfähigen Bestandteil rein tatsächliche Ähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aufweise, wie es vorliegend der Fall sei. Darüber hinaus sei der Widersprechenden die Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ ihrer Wort-/Bildmarke auf Grund zahlreicher Entscheidungen in Markeneintragungsverfahren bereits bekannt. Zudem habe das Deutsche Patent- und Markenamt, insbesondere die Markenstelle für Klasse 36, zahlreiche hierauf gestützte Widersprüche zurückgewiesen. Etwaige Beschwerdeverfahren seien infolge von Rücknahmen der Widersprüche ohne eine Entscheidung des Gerichts beendet worden. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Widersprechende ausschließlich gegen die in dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 29. Januar 2009 angeordnete Auferlegung von Kosten. Sie ist der Ansicht, dass der Verfahrensausgang keine Kostenauferlegung rechtfertige, da das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt einem Zivilverfahren nicht gleichgestellt werden dürfe. Darüber hinaus habe die Widersprechende auch nicht sicher damit rechnen müssen zu unterliegen. Insbesondere habe sie nicht von einer völligen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ausgehen müssen. Dies ergebe sich aus dem umfassenden Sachvortrag der Widersprechenden zur Verwechslungsgefahr sowie zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Im Übrigen würden die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts in Sachen „PLUS/Reisen mit Plus“, „PLUS/2 plus“, „PLUS/U2B PLUS“ sowie die Entscheidung des HABM „PLUS/BIG PLUS“ zeigen, dass das Markenwort „PLUS“ nicht nur schutzfähig sei, sondern zugleich eine Verwechslungsgefahr begründen könne. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen „City Plus/D2 - BestCityPlus“ (I ZR 122/00) ergebe sich die Schutzfähigkeit des Markenwortes „PLUS“. Zudem gebe es mehrere Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „Plus“. Des Weiteren ist die Widersprechende der Auffassung, dass die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke nicht auf ihren Bildbestandteil reduziert werden könne, weil eine Bezugnahme auf sie regelmäßig klanglich stattfinde und insoweit nur aus dem Wort „Plus“ bestehe. Außerdem meint die Widersprechende, dass die Widerspruchsmarke über eine zumindest normale Kennzeichnungskraft verfüge und verweist hierzu auf ihren Vortrag vor der Markenstelle. Vor der Markenstelle hat die Widersprechende die Auffassung vertreten, dass die Widerspruchsmarke über eine kraft Benutzung erhöhte Kennzeichnungskraft verfüge. Außerdem könne die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke nicht auf ihren Bildbestandteil reduziert werden, weil eine Bezugnahme auf sie regelmäßig klanglich stattfinde und insoweit nur aus dem Wort „Plus“ bestehe. Auf die in der angegriffenen Marke nachgestellte Zahl „2“ komme es nicht an, weil diese den Wortanfang der Marke optisch und akustisch in den Mittelpunkt rücke. Über die Gefahr der unmittelbaren Verwechslungsgefahr hinaus bestehe auch die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Die Gefahr einer assoziativen Verwechslungsgefahr werde erheblich dadurch gesteigert, dass die Widersprechende und ihre Tochtergesellschaften über zahlreiche weitere Marken mit dem Stammbestandteil „Plus“ verfügten. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss vom 29. Januar 2009 insoweit aufzuheben, als der Widersprechenden die Kosten des Erinnerungsverfahrens auferlegt wurden. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden vom 26. Februar 2009 zurückzuweisen und den Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 29. Januar 2009 zu bestätigen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im Beschwerdeverfahren keine weitere inhaltliche Stellungnahme abgegeben. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. 1. a) Die Statthaftigkeit der Beschwerde folgt aus § 66 MarkenG. Vorliegend handelt es sich um eine sogenannte isolierte Kostenbeschwerde, da mit der Beschwerde ausschließlich die Kostengrundentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes, das die Kosten des Erinnerungsverfahrens aus Billigkeitsgründen gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Widersprechenden auferlegt hat, nicht aber die Entscheidung in der Hauptsache, angegriffenen wird. Eine solche isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist im Markenrecht nach ständiger Rechtsprechung zulässig (BPatGE 10, 311 (LS, 312) - Choco Flakes/Choco-Wach; BPatGE 34, 99 (101); BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 6, § 71 Rd. 4; Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/ Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 7; Kirchner, Mitt. 1998, 147 (148); BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI HaarPLUS/PLUS; BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS). Die Vorschrift des § 99 ZPO, die bestimmt, dass die Anfechtung der gerichtlichen Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, findet trotz der Verweisungsnorm in § 82 Abs. 1, 1. Halbs. MarkenG keine Anwendung. Die Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens vor dem Patentgericht schließen deren Anwendung aus (§ 82 Abs. 1, 2. Halbs. MarkenG), weil alle belastenden Entscheidungen des Patentamtes als Träger öffentlicher Gewalt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gerichtlich überprüfbar sein müssen. aa) Für die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtung sprechen sowohl historische als auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte. § 5 Abs. 6 Satz 4 des Warenzeichengesetzes (WZG) in der vor dem Inkrafttreten des 6. Überleitungsgesetzes vom 23. März 1961 (BlPMZ 1961, 124 ff.) geltenden Fassung sah vor, dass die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar sein sollte und zwar auch dann nicht, wenn diese den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildete. § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG ist indes durch Art. 3 Nr. 9 i. V. m. Art. 1 Nr. 25 des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 124 (135, 126)) ersatzlos gestrichen worden. Diese ersatzlose Streichung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, eine entsprechende isolierte Kostenanfechtung in Abkehr von der vorherigen Rechtslage ausdrücklich zuzulassen. Für die Streichung des § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG lautet die Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 164 (zu Nr. 9)) wie folgt: „In dieser Bestimmung sieht der Entwurf eine redaktionelle Angleichung des § 5 Abs. 6 des Warenzeichengesetzes an die mit dem Entwurf für § 33 Abs. 2 des Patentgesetzes vorgeschlagene Neufassung vor. Eine sachliche Änderung des geltenden Rechts ist mit der Neuregelung nur insofern verbunden, als die bisherige Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung beseitigt wird. Wegen der Gründe hierfür wird auf die Begründung zu der Neufassung des § 33 des Patentgesetzes (vgl. § 1 Nr. 23 des Entwurfs) verwiesen.“ In der Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes zu § 33 Abs. 2 PatG (BlPMZ 1961, 150 (zu Nr. 23, jetzt Nr. 25 b) bb)) heißt es: „Ferner wird der bisherige Satz 3 des § 33 Abs. 2, wonach die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar ist, auch wenn sie den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildet, gestrichen. Diese Bestimmung ist mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG zwar insofern vereinbar, als sie eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung der Prüfungsstelle oder der Patentabteilung ermöglicht. Es sind aber auch Fälle denkbar - z. B. bei Zurücknahme der Anmeldung oder eines Einspruchs -, in dem eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung deshalb nicht möglich ist, weil eine Endentscheidung nicht ergeht. In diesen Fällen steht die Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG in Widerspruch. Der Entwurf sieht deshalb die ersatzlose Streichung dieser Bestimmung des Patentgesetzes vor.“ Würde man ausschließlich auf diese Entwurfsbegründungen abstellen, so würde sich die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen allerdings nur auf solche Fälle beschränken, in denen eine Entscheidung nur noch zum Kostenpunkt ergangen ist, also insbesondere Fälle der Zurücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148)). Eine solche Sichtweise würde aber verkennen, dass die Vorschrift insgesamt gestrichen wurde und dass es sich bei der Kostenentscheidung des Patentamts nach § 63 Abs. 1 MarkenG um eine Entscheidung handelt, für die Art. 19 Abs. 4 GG die uneingeschränkte Nachprüfung durch ein unabhängiges Gericht erfordert. Insoweit ist zu beachten, dass eine nachteilige Maßnahme der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur im Rahmen einer nachteiligen Sachentscheidung, sondern auch in einer belastenden Kostenentscheidung liegen kann (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Dies gilt auch dann, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache ergeht, diese aber - im Gegensatz zur Nebenentscheidung über die Kosten - vom Beschwerdeführer akzeptiert wird. Aufgrund der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG darf ein Rechtsschutzbedürfnis an einer isolierten Anfechtbarkeit der belastenden patentamtlichen Kostenentscheidung daher nicht verneint werden. bb) Gegen diese Sichtweise spricht nicht, dass das Widerspruchsverfahren als echtes Streitverfahren ausgestaltet ist, das außer von der Amtsermittlung (§ 73 Abs. 1 MarkenG) von der Verhandlungsmaxime und der Dispositionsfreiheit der Verfahrensbeteiligten bestimmt wird und insoweit keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten aufweist, die der gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gebotenen entsprechenden Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung, insbesondere des § 99 ZPO, prinzipiell entgegenstehen würden (vgl. BGH GRUR 1998, 940 (941) - Sanopharm/Solarpharm). Zwar könnte der Sinn und Zweck des § 99 ZPO, der verhindern soll, dass eine Anfechtung allein im Kostenpunkt erfolgt und über diesen Umweg eine Nachprüfung auch in der (nicht angefochtenen) Hauptsacheentscheidung erforderlich wird (vgl. BGH GRUR 1967, 94 (96) - Stute/Hengst), gleichermaßen für das Widerspruchsverfahren gelten, da es nicht wünschenswert erscheint, dass die höhere Instanz die Hauptsache nur wegen der Kostenentscheidung nachprüfen muss und u. U. eine Kostenentscheidung getroffen wird, die in ihren Gründen im Widerspruch zur unabänderlich gewordenen Hauptsacheentscheidung stehen würde. Dementsprechend hält der Bundesgerichtshof im Markenrecht jedenfalls eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung im Wege der Rechtsbeschwerde für unzulässig und verweist insoweit auf den Grundsatz des § 99 ZPO (BGH GRUR 1967 94 (96) - Stute/Hengst; BGH GRUR 2001, 139 (140) - Parkkarte m. w. N.). Auch der Umstand, dass es sich bei der Entscheidung des DPMA nach § 63 Abs. 1 MarkenG um eine Billigkeitsentscheidung handelt, die dementsprechend einen weiteren Beurteilungsspielraum vorsieht als dies in § 91 ff. ZPO der Fall wäre, würde für sich genommen die Nichtanwendbarkeit von § 99 ZPO nicht rechtfertigen, zumal zu berücksichtigen ist, dass auch andere Verfahrensordnungen, wie z. B. das bis vor kurzem geltende Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), im Rahmen der Kostenverteilung ebenfalls eine Billigkeitsentscheidung vorsahen (§ 13 a FGG a.F.) und dennoch eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung untersagten (§ 20a Abs. 1 Satz 1 FGG a.F., wobei nunmehr, nach dem ersatzlosen Fortfall von § 20 a FGG, gem. § 58 FamFG eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung zulässig ist (vgl. OLG Stuttgart NJW 2010, 383 (Ls)). Letztlich vermögen diese eher verfahrensökonomischen Gesichtspunkte aber aufgrund des dargestellten Vorrangs des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes gegen alle belastenden Akte der öffentlichen Gewalt, einschließlich nachteiliger Kostenentscheidungen, nicht zu überzeugen. 2. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Im vorliegenden Verfahren entsprach es gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Erinnerungsverfahrens aufzuerlegen. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, mit der Folge, dass jede Beteiligte, die ihr im Erinnerungsverfahren erwachsenen Kosten gem. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen hat. a) Die vom Patent- und Markenamt beschlossene Kostenauferlegung ist im Beschwerdeverfahren gerichtlich nachprüfbar. Nach § 63 Abs. 1 MarkenG „kann das Patentamt in der Entscheidung bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens … einem Beteiligten ganz oder teilweise zu Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht“. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass diese Vorschrift dem Patentamt ein Ermessen einräumt. Es wird indes unterschiedlich beurteilt, inwieweit diese Entscheidung einer Nachprüfbarkeit im Rahmen des patentgerichtlichen Beschwerdeverfahrens unterliegt: aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Ausübung des Ermessens im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Gericht unterliege (BPatGE 10, 310 (312) - Choco Flakes/Choco-Wach; vgl. BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen Manager; BPatG 25 W (pat) 4/01 - TACO BELL; BPatGE 23, 224 (227) - POMOSIN/Pomesin; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 9; Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149); Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 5). Das wird teilweise damit begründet, dass die für das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Regelungen eine dem § 114 VwGO entsprechende Vorschrift nicht enthalten würden (vgl. Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149)), so dass nicht lediglich die in § 114 VwGO vorgesehene beschränkte Prüfung auf Ermessensfehler, sondern eine vollständige Überprüfung vorzunehmen sei. bb) Nach anderer Auffassung sollen die Grundsätze zur eingeschränkten Prüfung von Ermessensentscheidungen gelten (mit ausführlicher Begründung: BPatGE 34, 99 (103 ff.); BPatGE 40, 229 (231) - LA TOUR Nomen est Omen; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger-Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 63 Rd. 4). Demnach wäre die Nachprüfung der patentamtlichen Kostenentscheidung durch das Patentgericht in entsprechender Anwendung von § 114 VwGO auf die Beurteilung beschränkt, ob das Ermessen innerhalb des gegebenen Ermessensspielraums rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist (ebenso: BPatGE 40, 229 (231) - LATOUR Nomen est Omen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic). Für diese Rechtsauffassung wird angeführt, dass § 114 VwGO Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes sei, der besage, dass es mit dem Sinn und Zweck einer als Ermessenvorschrift konzipierten Bestimmung nicht vereinbar wäre, wenn auch das - im Rahmen der Billigkeit liegende - „Können“ einer Behörde volljustiziabel wäre (BVerwGE 39, 355 (366)). Diese beschränkte Prüfung sei kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, weil diese Bestimmung nur einen Anspruch auf Rechtmäßigkeits-, nicht jedoch auch Zweckmäßigkeitskontrolle einräume (BPatGE 34, 99 (104)). Es sei daher unzulässig, wenn sich das Gericht durch Vornahme von Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle der zuständigen Behörde setze (BPatGE 34, 99 (104)). In diese Richtung tendiert wohl auch der Bundesgerichtshof, der im Zusammenhang mit patentgerichtlichen Kostenentscheidungen, die eine vergleichbare Billigkeitsentscheidung vorsehen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG), eine Prüfung lediglich im Hinblick auf Ermessensfehler vorzusehen scheint (vgl. BGH GRUR 1966, 493 (495) - Lili; BGH GRUR 1977, 559 zu § 9 Abs. 3 Satz 3 GebrMG, § 33 Abs. 2 Satz 3 PatG, wo es heißt, dass dem Bundespatentgericht ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werde, weshalb die Ausübung dieses Ermessens in Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt darauf hin überprüft werden könne, ob das Beschwerdegericht die dadurch gezogenen Grenzen überschritten habe). cc) Eine nähere Betrachtung des Wortlauts von § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zeigt indes, dass genau zwischen dem unbestimmten Rechtsbegriff der Billigkeit auf Tatbestandseite einerseits und der nach den Grundsätzen von § 114 VwGO und dem durch die Formulierung „kann“ verdeutlichten Ermessen auf Rechtsfolgenseite andererseits zu unterscheiden ist. Soweit dem Patentamt auf Rechtfolgenseite ein Ermessen eingeräumt wird, ist dies nach den Grundsätzen von § 114 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (näher zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens von § 114 VwGO im Markenrecht: BPatGE 34, 99 (103 f.)). Demgegenüber räumt der Gesetzeswortlaut kein ausdrückliches Ermessen ein bei der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung, nämlich entsprechende Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, so dass eine umfassende gerichtliche Überprüfung vorzunehmen ist. (1) Im traditionellen Normaufbau betrifft eine gesetzliche Ermessenseinräumung die Rechtsfolgenseite, die Frage eines Beurteilungsspielraums infolge unbestimmter Rechtsbegriffe hingegen die Tatbestandsseite einer Norm. Die Subsumtion des Sachverhalts unter einen unbestimmten Rechtsbegriff gilt dabei als kognitiver Akt der Rechtserkenntnis, der im Normalfall wegen Art. 19 Abs. 4 GG uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, selbst wenn es sich um sprachlich weite Begriffe handelt (BVerfG NJW 1991, 2005; BGH NJW 1982, 1058; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 3, 24 a; Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rd. 55, 56 m. w. N.). Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert demjenigen den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird nicht nur der Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen behördlichen Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus (BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.; BVerfGE 64, 261 (279)). Die Regeln über die eingeschränkte Kontrolle des Verwaltungsermessens gelten daher im Normalfall nicht für die Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe können allerdings wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt, weshalb der rechtsanwendenden Behörde in solchen Fällen ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze ausnahmsweise ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen sein kann (vgl. BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein solcher Beurteilungsspielraum vorwiegend angenommen worden, wenn es sich um die Beurteilung in der Zukunft liegender Vorgänge (Prognoseentscheidungen) oder um sonstige Fragen handelt, die eine persönliche Wertung enthalten (vgl. auch BVerfGE 39, 334 (353, 354)). (2) Jedoch gibt es auch Vorschriften, welche die Ermächtigung zu einer Ermessensausübung enthalten, die sich an einem unbestimmten Begriff zu orientieren hat, so dass der Verwaltungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zustehen kann, in dessen Rahmen sie mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (sogenannte Koppelungsentscheidungen, dazu: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BVerwGE 39, 355 (364)). Ob der Verwaltungsbehörde vom Gesetz ein solcher Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, richtet sich nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift (BVerwGE 39, 355 (364)) und ist durch Auslegung zu ermitteln. (3) Die kostenrechtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfordert auf Tatbestandsseite das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten, um eine vom Regelfall (jeder Beteiligte trägt seine Kosten selbst) abweichende Kostenentscheidung zu treffen. Andererseits führt das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten nicht zwingend zu einer vom Regelfall abweichenden Kostenregelung. Vielmehr „kann“ eine Kostenentscheidung des DPMA ergehen. Sie kann aber aus Zweckmäßigkeiterwägungen auch unterbleiben und steht damit im Ermessen des DPMA. Die Struktur des § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG entspricht daher einer sogenannten Koppelungsvorschrift, in der auf Tatbestandsseite ein unbestimmter Rechtsbegriff auftaucht, der mit einem Ermessen auf Rechtsfolgenseite gekoppelt ist. Die Regeln über die nur begrenzte Nachprüfung des Ermessens gelten in diesen Koppelungstatbeständen nur dann auch für die Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe, wenn die Auslegung dies ausnahmsweise gebietet (eingehend dazu: Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 ff.; BVerwGE 45, 162 (164 f)). Dies kann der Fall sein, wenn die Norm in spezifischer Weise wertende oder prognostische Elemente beinhaltet, die der Verwaltung vorbehalten sein sollen (Kopp/ Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23; BVerfG NJW 1991, 2005). Im Zweifel ist jedoch eine volle Justiziabilität anzunehmen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 f.). Eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 19.10.1971 (BVerwGE 39, 355 ff.) zur Auslegung von § 131 Abs. 1 S. 1 AO (in der Fassung des Art. 17 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13.07.1961 - BGBl. I, 981; BStBl. I, 444) scheint wegen der strukturellen Ähnlichkeit dieser Norm mit § 63 Abs. 1 MarkenG auf den ersten Blick dafür zu sprechen, eine Prüfung ausschließlich nach den Grundsätzen für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung vorzunehmen. Die maßgebliche Fassung von § 131 AO lautete: „Im Einzelfall können Steuern und sonstige Geldleistungen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter der gleichen Voraussetzung können bereits entrichtete Steuern und sonstige Geldleistungen erstattet oder angerechnet werden.“ Ähnlich wie § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG knüpft damit auch § 131 AO in der zitierten Fassung an das tatbestandliche Vorliegen einer Billigkeit an, um der Behörde sodann mit einer „kann-Regelung“ ein Ermessen auf Rechtfolgenseite einzuräumen. Für die konkrete Norm des § 131 AO hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entschieden, dass der Begriff „unbillig“ nicht losgelöst davon gewürdigt werden könne, dass er ein „Können“ der Behörde zur Folge habe. Ein völliger Wegfall des Ermessenselements in dieser als typische Ermessensvorschrift geschaffenen Bestimmung könne mit dem Sinn und Zweck derselben nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden (BVerwGE 39, 355 (365 f.)). Die Verlagerung des Begriffs „unbillig“ in den Tatbestand der Norm würde einer Ermessensbetätigung praktisch keinen Spielraum mehr lassen, also zu einer nahezu vollständigen Ermessensschrumpfung führen (BVerwGE 39, 355 (365 f.)). Nach den Ausführungen des Gemeinsamen Senats bestehe nämlich insoweit eine unlösbare Verbindung, als der Begriff „unbillig“ in den Ermessensbereich hineinrage und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimme (BVerwGE 39, 355 (366)). Dabei hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe diese Beurteilung wesentlich darauf gestützt, dass sich die Norm an die Eingriffsverwaltung richte und dem Begriff der Billigkeit im Steuerrecht gerade im Bereich der Ermessensentscheidungen eine überragende Bedeutung zukomme, weshalb dieser einheitliche Maßstäbe erfordere (BVerwGE 39, 355 (367)). Andererseits hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe aber auch verdeutlicht, dass nicht für alle Vorschriften, in denen eine Verbindung zwischen einem unbestimmten, einer unmittelbaren Subsumtion nicht zugänglichen Begriff („Billigkeit“) und einem „Können“ der Behörde hergestellt wird, von vornherein festgelegt werden könne, dass die Anwendung der Vorschrift insgesamt nach Ermessensgrundsätzen zu überprüfen sei (BVerwGE 39, 355 (355 ff.)); ebenso: BVerwGE 40, 353 (356)). Vielmehr müsse für jede Einzelnorm nach ihrem Sinn und Zweck ermittelt werden, ob sie in den Bereich der Ermessensbetätigung oder der Rechtsanwendung führt (BVerwGE 39, 355 ff). Für § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG ist indes festzustellen, dass er keinen Fall der Eingriffsverwaltung betrifft und zudem Konstellationen mit mehreren Beteiligten erfasst. Die Benachteiligung eines Beteiligten, die im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren - anders als im Anwendungsbereich des § 131 AO - mit der Annahme eines Billigkeitsfalls verbunden ist, spricht unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG daher eher für eine weitergehende gerichtliche Überprüfung. Während nämlich die Ablehnung einer Billigkeit nach § 131 AO nur zur Versagung eines in das Ermessen der Behörde gestellten Vorteils für den Steuerzahler führen würde, führt eine Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG zur Belastung eines Verfahrensbeteiligten mit den Kosten des Gegners. Deshalb gilt im Markenrecht im Rahmen von § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG uneingeschränkt das Rechtsschutzgebot des Art. 19 Abs. 4 GG, das gerichtlichen Rechtsschutz gerade dann absichern soll, wenn in die Rechtsstellung der Betroffenen nachteilig eingegriffen wird (vgl. ähnliche Wertungen in: BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Demgegenüber führt eine kraft Ermessensausübung unterbliebene Kostenentscheidung nur dazu, dass es bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da hierdurch keine gegenseitigen finanziellen Ansprüche begründet werden, erscheint es insoweit gerechtfertigt, das in dieser Weise ausgeübte Ermessen nur eingeschränkt, nach den Grundsätzen von § 114 VwGO zu überprüfen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass gerade die einheitliche Auslegung des Begriffs der Billigkeit bei markenrechtlichen Kostenentscheidungen für eine umfassende gerichtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Kostenentscheidung spricht. Anderenfalls wäre es nämlich möglich, dass die wortgleich konzipierten Tatbestandsvoraussetzungen in den Vorschriften § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG und § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG im patentamtlichen und im gerichtlichen Verfahren unterschiedlich ausgelegt würden, obwohl ihnen ein einheitlicher Zweck und Rechtsgedanke zu Grunde liegt. Die Regelung in § 71 MarkenG lässt zudem erkennen, dass die wertenden Gesichtspunkte, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind, gerade nicht der Behörde vorbehalten sein sollen, sondern vom Gericht gleichermaßen ergründet werden können und sollen. Aus diesem Grund hat das Gericht im Beschwerdeverfahren uneingeschränkt zu überprüfen, ob tatsächlich Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, die eine vom allgemeinen Grundsatz abweichende Kostenregelung für das Verfahren beim Patentamt gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG rechtfertigen. Allerdings käme wohl auch die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgesehene Prüfung zu einem ähnlichen Ergebnis, weil der gemeinsame Senat davon ausgeht, dass es vom Ergebnis her keinen Unterschied mache, ob die Gerichte von einer Ermessensentscheidung ausgehen, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüfen, oder ob die Gerichte zwar von einer Rechtsentscheidung ausgehen, sich aber zur Vermeidung einer „uferlosen“ Kontrolle auf eine „taktvolle und behutsame Rechtskontrolle“ beschränken (BVerwGE 39, 355 (368)). b) Vorliegend führt die vom Senat vorzunehmende Nachprüfung der „Billigkeit“ zur Aufhebung der die Widersprechende belastenden Kostenentscheidung. Die Grundsätze der Billigkeit gebieten es nicht, der Widersprechenden die Kosten des Erinnerungsverfahrens gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG aufzuerlegen. aa) Vorliegend hat das Deutsche Patent- und Markenamt den Widerspruch zurückgewiesen, weil aus dem schutzunfähigen Bestandteil „PLUS“ keine Verwechslungsgefahr hergeleitet werden könne und eine Verkehrsbekanntheit für die einschlägigen Dienstleistungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sei. Die Hauptsacheentscheidung ist rechtskräftig und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (vgl. dazu die ausführlich begründete Entscheidung des 25. Senats zu WhoisPLUS/PLUS (25 W (pat) 38/08), der eine vergleichbare Rechtsproblematik zu Grunde lag). bb) Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bedarf es aber nach zutreffender h.M. zusätzlicher, besonderer Umstände (Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; BPatGE 10, 311 (312); BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Der Verfahrensausgang allein kann nämlich kein hinreichendes Kriterium für die Auferlegung von Kosten sein, weil die markenrechtliche Kostenregelung in bewusster Abgrenzung zu § 91 ff. ZPO getroffen wurde (BGH GRUR 1972, 600 (601) - Lewapur; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 11 m. w. N.). Soweit in dem Markenrechtskommentar v. Schultz/Donle (MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 3) in Frage gestellt wird, ob an diesem Grundsatz im Hinblick auf eine richtlinienkonforme Auslegung von Art. 14 der Richtlinie zur Durchsetzung des geistigen Eigentums (RL 2004/48/EG 29.4.2004, ABl. EU Nr. L 157, 30.4.2004) festgehalten werden kann, wird verkannt, dass die Richtlinie sich auf Verletzungstatbestände bezieht, nicht aber auf das Widerspruchsverfahren, in dem in einem amtlichen Verfahren zeitnah zur Eintragung allein der Bestand einer eingetragenen Marke im Hinblick auf ältere Rechte geprüft wird. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen erfordert daher neben dem Unterliegen in der Hauptsache zusätzlich einen schuldhaften Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht, die es unbillig erscheinen lassen würde, einen anderen Beteiligten die vermeidbaren Kosten tragen zu lassen (BGH GRUR 1996, 399 (401) - Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224 (227) - Pomesin/POMOSIN; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 11). Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht kann nach h.M. vorliegen, wenn eine Partei in einer erkennbar aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, ihr eigenes rechtliches Interesse durchzusetzen (st. Rspr. BGH GRUR 1966, 493 - Lili; BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; Bücher/Dittmer/Schiwy; Gewerbl. Rechtsschutz 2008, § 63 Rd. 3; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2). Sinn der Kostenvorschrift des § 63 MarkenG ist es nämlich, die Verfahrensbeteiligten zu veranlassen, sorgfältig zu prüfen, ob ihre Rechtsverfolgung sinnvoll und gerechtfertigt ist (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 6 WZG, BlPMZ 1967, 264 (zu Art. 2 Nr. 3); BPatG Mitt. 1976, 99 (99) - DUROMAT/DUROMAT; BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Bei einem Widerspruch, der wegen offensichtlicher Unähnlichkeit der Vergleichsmarken unbegründet ist, kann die Rechtsverfolgung erkennbar aussichtslos sein (vgl. dazu: BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 5). Zudem wird vielfach vertreten, dass zu dieser Fallgruppe auch Fälle zählen, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombinationsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil übereinstimmen (BPatG 33 W (pat) 156/04 - FINANZ-PARTNER HAMBURG/FinanzPartner DE; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS). Insoweit ist jedoch Zurückhaltung geboten, da die gesetzliche Grundregel auch für Beschwerden mit geringen Erfolgsaussichten gilt (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 7). Von einer erkennbar aussichtslosen Rechtslage kann man daher nicht ausgehen, wenn zur Zeit der Widerspruchs- bzw. Erinnerungseinlegung keine einheitliche Rechtsprechung existiert oder wenn es Entscheidungen zugunsten des Widersprechenden gibt, selbst wenn diese erst nach Widerspruchs- bzw. Erinnerungseinlegung ergangen sind (abweichend: BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS), da durch die abweichenden Entscheidungen belegt wird, dass die Rechtslage sich eben nicht eindeutig gestaltet. Eine einheitliche Entscheidungspraxis allein des Patentamts oder gar einer einzelnen Markenstelle kann dabei eine einheitliche Rechtsprechung nicht ersetzen. An der (subjektiven) Erkennbarkeit kann es zudem auch fehlen, wenn der Widersprechende, z. B. aufgrund einer lückenhaften oder missverständlichen Begründung des Patentamts, Zweifel an der angefochtenen Entscheidung haben durfte (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16). Eine erkennbare Aussichtslosigkeit setzt zudem voraus, dass die Rechtslage überschaubar ist . Das ist nur dann der Fall, wenn es um einzelne Rechtsprobleme geht, deren Beurteilung keine umfassenden Ausführungen und/ oder abwägende Bewertungen erfordern. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall angesichts der Umfangs der zu beurteilenden Rechtsprobleme und der nicht in allen Aspekten einheitlichen Entscheidungen nicht vor, so dass eine Kostenauferlegung nicht in Betracht kommt (im Ergebnis ebenso: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS anders: BPatG 33 W (pat) 159/01 - 1 Plus/MHPlus; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS und BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS). Zum einen hat die Rechtsprechung zur Verwechselbarkeit mehrgliedriger Marken, die nur in einzelnen Bestandteilen übereinstimmen, in den letzten Jahren ständig Änderungen erfahren (vgl. dazu Darstellung bei Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 9 Rd. 246 ff., 258, 260 ff.). Zur Frage, ob bzw. wann aus einem eigentlich schutzunfähigen Bestandteil vorgegangen werden kann und welche Rolle die Verkehrsbekanntheit dabei spielt, existieren verschiedene, nicht vollständig deckungsgleiche Entscheidungen (BGH GRUR 2008, 505 (Nr. 28, 35) - TUC Salzcracker; BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; EuGH GRUR Int. 2005, 221 (Nr. 54) - HUBERT/SAINT HUBERT) . Eine gefestigte Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs gibt es ebenfalls nicht. Zum anderen bedarf es der umfassenden Beurteilung einer Vielzahl von Aspekten, die durchaus abwägende Bewertungen beinhalten. Im vorliegenden Fall spielten insbesondere die Frage einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kraft Verkehrsbekanntheit (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 291 ff.) sowie einer assoziativen Verwechslungsgefahr wegen des von der Widersprechenden behaupteten Vorliegens einer Serienmarke (vgl. hierzu ausführlich: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; sowie allgemein: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 374 ff. m. w. N.) eine Rolle. Wenngleich zur Schutzunfähigkeit des Zeichenbestandteils „PLUS“ mehrere Entscheidungen existieren (z. B: BPatG Mitt. 1972, 212 - Plus; BPatG 30 W (pat) 41/97 - CABLE PLUS/CANAL PLUS; BPatG 30 W (pat) 140/97 - PLUS; BPatG 33 W (pat) 159/01 - MH-Plus/Xplus; BPatG 24 W (pat) 41/04 - sani plus/SANIFORM PLUS; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar PLUS/PLUS; HABM R724/2007-4 vom 8. September 2008 - bioPLUS/PLUS), ist nicht zu verkennen, dass es auf europäischer Ebene Entscheidungen zu mehrgliedrigen Marken mit dem Bestandteil „Plus“ gibt, die ein anderes Verständnis beschreibender Merkmale andeuten (so z. B.: HABM R 991/2000-3 - BIGPlus; EuG T-0360/00 - UltraPlus; HABM zu WhoisPlus/PLUS, zitiert nach BPatG 25 W (pat) 38/08). Auch das Bundespatentgericht hat die Schutzfähigkeit des Zeichens „PLUS“ zumindest für einzelne Waren anerkannt (BPatG 28 W (pat) 296/03 - Plus: Schutzfähigkeit bejaht für Christbaumschmuck). Zudem hat das Patentamt selbst in drei Entscheidungen, die den Zeichenbestandteil „PLUS“ betrafen, eine (teilweise allerdings nur assoziative) Verwechslungsgefahr angenommen (DPMA vom 29.04.2003 - 2 plus/PLUS - 30083008.4/32; DPMA vom 6.5.2003 - Reisen mit Plus/PLUS - 30126352.3/39; DPMA vom 1.9.2006 U2B Plus/PLUS - 30037135.7/03). Wegen der Ähnlichkeit der hier angegriffenen Marke mit dem Verfahren beim DPMA zu 2 plus/PLUS - 30083008.4/32 erschien es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass das Deutsche Patent- und Markenamt eine entsprechende Bewertung, wie in dem dort abgesetzten Beschluss vom 29. April 2003 vornehmen würde. Zudem findet sich - wenngleich unzureichender - Vortrag der Widersprechenden zur Darlegung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen Verkehrsbekanntheit, der eine zusätzliche Prüfung erforderlich machte. Schließlich war auf Grund des Vortrags der Widersprechenden zur behaupteten mittelbaren Verwechslungsgefahr auf Grund des Bestehens einer Serienmarke auch die Frage der assoziativen Verwechslungsgefahr zu prüfen. Hierbei handelt es sich um einen komplexen Bereich, der eine eingehende Lektüre verschiedener Gerichtsentscheidungen erfordert (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 374 ff. m.. w. N.). Demnach kann - wenn auch unter strengen Voraussetzungen - ausnahmsweise auch ein von Haus aus kennzeichnungsschwacher Bestandteil, wenn er sich als Herkunftshinweis für den Inhaber der älteren Marke durchgesetzt hat und/oder im Rahmen einer Markenserie tatsächlich als Stammbestandteil aufgefasst wird, eine mittelbare Verwechslungsgefahr begründen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 388). Im Ergebnis kann angesichts der Komplexität der Rechtslage, die sich deutlich aus den umfangreichen Ausführungen in dem Beschluss des BPatG, 25 W (pat) 38/08 - WhoisPlus/PLUS ergibt, nicht davon ausgegangen werden, dass die Widersprechende mit der Einlegung des Widerspruchs bzw. der Erinnerung eine prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt hätte. Es liegen damit keine Billigkeitsgründe vor, die nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung erlauben würden. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG jede Beteiligte selbst. Eine hiervon abweichende Kostenverteilung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war nicht geboten, denn die Voraussetzungen für eine hiervon abweichende Billigkeitsentscheidung gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zugunsten der Widersprechenden liegen in diesem Verfahren nicht vor (im Ergebnis ebenso zu anderen Verfahren betreffend die Wort-/Bildmarke „PLUS“: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Zwar wird in Literatur und Rechtsprechung zu Recht darauf hingewiesen, dass im Rahmen isolierter Kostenbeschwerden ein wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis in der Regel nur dann erzielt werden kann, wenn der durch die patentamtliche Kostenentscheidung benachteiligten Partei ein Kostenerstattungsanspruch zugebilligt wird (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217); BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS). Anderenfalls wäre die erfolgreiche Beschwerdeentscheidung praktisch ohne Wert für den Beschwerdeführer, da dieser lediglich von den Kosten des vorangegangenen patentamtlichen Verfahren entlastet würde, zugleich aber diejenige Kosten, die zur Korrektur der unrichtigen Kostenentscheidung aufzuwenden sind - also die Beschwerdegebühr und seine außergerichtlichen Kosten - selbst tragen müsste (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Eine derartige Betrachtungsweise erscheint zumindest in den Fällen zutreffend, in denen der im Beschwerdeverfahren obsiegende Beteiligte identisch mit dem in der Hauptsache Obsiegenden ist (so in den Verfahren BPatG Mitt. 1973, 215; BPatG Mitt. 1976, 99 - DUROMAT/DUROMAT; BPatG MarkenR 2007, 271 f.). Diese Erwägungen dürfen jedoch nicht zu einer pauschalen Differenzierung nach Verfahrensarten führen (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 15). Eine Billigkeitsentscheidung muss vielmehr stets sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit würdigen. Wenn - wie hier - die in der Hauptsache obsiegende Partei lediglich im Hinblick auf die Kostenbeschwerde unterliegt und zudem keine inhaltliche Stellungnahme im Beschwerdeverfahren abgegeben hat, erschiene es unbillig, diese Partei nunmehr mit den Gerichts- und Anwaltskosten des ausschließlich im Kostenbeschwerdeverfahren obsiegenden Beteiligten zu belasten. 4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr erscheint vorliegend angemessen. Gem. § 71 Abs. 3 MarkenG kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr vom Patentgericht angeordnet werden. Anders als in § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG knüpft das Gesetz für den Gebührenerlass in § 71 Abs. 3 MarkenG dem Wortlaut nach nicht an Billigkeitsgesichtspunkte. Dies ermöglicht einen - im Vergleich zur Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG - weitergehenden Spielraum, der sich dadurch erklärt, dass beim Erlass der Beschwerdegebühr, anders als bei einer vom Grundsatz abweichenden Kostenentscheidung, keiner der Beteiligten belastet wird. Gleichwohl kommt eine Erstattung der Beschwerdegebühr nur in Ausnahmefällen in Betracht (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 35; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 31), um dem grundsätzlichen Anliegen des Gesetzgebers, das gerichtliche Beschwerdeverfahren für den Regelfall gebührenpflichtig auszugestalten, gerecht zu werden (abweichend noch: § 13 Abs. 2 WZG; vgl. zur entsprechenden Änderung im Markengesetz: Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BlPMZ 1994, S. 98 (zu § 66 MarkenG)). Ein Gebührenerlass kann z. B. bei erheblichen Verfahrensfehlern des Patentamts angebracht sein; insbesondere bei schlechterdings unvertretbaren Entscheidungen oder einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (BPatG GRUR 2003, 1069 (1070) - Nettpack; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 38 ff. m. w. N.; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 29 ff.; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 14; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 71 Rd. 13). Zwar sind vorliegend keine derartigen erheblichen Fehler ersichtlich, indes war die Beschwerdegebühr ausnahmsweise gem. § 71 Abs. 4 MarkenG an die im Beschwerdeverfahren obsiegende Widersprechende zurückzuzahlen, um so zu verhindern, dass die im Ergebnis erfolgreiche Kostenbeschwerde wirtschaftlich sinnlos wäre. Auf diese Weise bleibt die Widersprechende zwar - ebenso wie die Inhaberin der angegriffenen Marke - weiterhin mit den eigenen Kosten belastet, wird aber zumindest von den gerichtlichen Verfahrenskosten entlastet, die letztlich erst infolge der im Beschwerdeverfahren korrigierten Kostenentscheidung des DPMA erforderlich wurden. Dieses Ergebnis entspricht schließlich auch der in Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach Beschwerden nach § 11 Abs. 2 PatKostG, also Beschwerden gegen eine Entscheidung des DPMA über eine Kostenerinnerung, gebührenfrei sind.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006627&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006628
BPatG
München
33. Senat
20100810
33 W (pat) 43/09
Beschluss
§ 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 66 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 99 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – isolierte Kostenbeschwerde - "REISE plus (Wort-Bild-Marke)/Plus (Wort-Bild-Marke)" – Ausführungen zu Kostenentscheidungen: Möglichkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht – Kostenauferlegung aus Gründen der Billigkeit zu Lasten eines Beteiligten bedarf besonderer Umstände – zum schuldhaften Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht – keine pauschale Entscheidung über eine Kostenauferlegung – Würdigung sämtlicher Umstände bei isolierter Kostenbeschwerde - in der Hauptsache obsiegender Beteiligter unterliegt mit der isolierten Kostenbeschwerde: Kostenauferlegung kann unbillig sein, so dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat – bei erfolgreicher isolierter Kostenbeschwerde kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt sein
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 65 627 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 10. August 2010 beschlossen: 1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Januar 2009 insoweit aufgehoben, als der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind. 2. Die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt jede Beteiligte selbst. 3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I. Gegen die am 11. April 2007 eingetragene Wort-/Bildmarke 306 65 627 Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen für Krankenversicherungsdienstleistungen der Klassen 36 ist am 9. August 2007 Widerspruch erhoben worden aus der am 11. Juni 1996 eingetragenen Wort-/Bildmarke 396 02 967 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 6, 8 bis 11, 13 bis 18, 20 bis 39, 41, 42. Die Widerspruchsmarke ist später, auf Antrag der Widersprechenden, am 5. Mai 2009 gelöscht worden. Mit Beschluss vom 28. Januar 2009 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) den Widerspruch zurückgewiesen und der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Die Markenstelle hat hierzu ausgeführt, dass der Widerspruch erfolglos sei, weil keine Verwechslungsgefahr zwischen den konkurrierenden Marken bestehe. Zwar seien die Dienstleistungen „Versicherungswesen“ für beide Marken identisch. Es könne dahinstehen, inwieweit es darüber hinaus zu Überschneidungen zwischen den Waren und Dienstleistungen komme, da eine Verwechslungsgefahr in jedem Falle ausscheide, weil die Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der allenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen ausreichenden Abstand voneinander einhalten würden. Von einer erhöhten Kennzeichnungskraft sei nicht auszugehen, da diese zumindest für den Dienstleistungsbereich nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden sei. Zwar sei die Widerspruchsmarke als Marke für einen Lebensmitteldiscounter vergleichsweise bekannt, dies gelte indes nicht für das hier betroffene Dienstleistungsgebiet. Vor diesem Hintergrund seien die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen deutlich genug, um Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang zu vermeiden. Auch eine assoziative Verwechslung der Vergleichsmarken sei nicht zu befürchten. Insbesondere genüge die partielle Übereinstimmung in dem Wortbestandteil „PLUS“ nicht, um eine Ähnlichkeit der Marken insgesamt zu begründen, da diesem Bestandteil keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Dies gelte selbst dann, wenn das Wort „Reise“ in der angegriffenen Marke als Hinweis auf Art bzw. Zweck der angemeldeten Krankenversicherungsdienstleistungen einen beschreibenden Inhalt aufweise. Eine Prägung durch den Begriff „PLUS“ komme nicht in Betracht, weil das Wort „PLUS“ in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften oder auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Auf Grund der Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ könne dieser Bestandteil eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Zudem sei – wie schon im Beschluss des Bundespatentgerichts 28 W (pat) 102/01 - PLUS/GILLETTE GII PLUS entschieden - auch auszuschließen, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Darüber hinaus hat das Deutsche Patent- und Markenamt ausgeführt, dass es ausnahmsweise der Billigkeit entspreche, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung komme in Betracht, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erlöschen des Schutzes der gegnerischen Marke durchzusetzen versuche. Dies könne der Fall sein, wenn eine mehrgliedrige Widerspruchsmarke nur in einem schutzunfähigen Bestandteil rein tatsächliche Ähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aufweise, wie es vorliegend der Fall sei. Darüber hinaus sei der Widersprechenden die Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ ihrer Wort-/Bildmarke auf Grund zahlreicher Entscheidungen in Markeneintragungsverfahren bereits bekannt. Zudem habe das Deutsche Patent- und Markenamt, insbesondere die Markenstelle für Klasse 36 zahlreiche hierauf gestützte Widersprüche zurückgewiesen. Etwaige Beschwerdeverfahren seien infolge von Rücknahmen der Widersprüche ohne eine Entscheidung des Gerichts beendet worden. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Widersprechende ausschließlich gegen die in dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 28. Januar 2009 angeordnete Auferlegung von Kosten. Sie ist der Ansicht, dass der Verfahrensausgang keine Kostenauferlegung rechtfertige, da das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt einem Zivilverfahren nicht gleichgestellt werden dürfe. Darüber hinaus habe die Widersprechende auch nicht sicher damit rechnen müssen zu unterliegen. Insbesondere habe sie nicht von einer völligen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ausgehen müssen. Dies ergebe sich aus dem umfassenden Sachvortrag der Widersprechenden zur Verwechslungsgefahr sowie zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Im Übrigen würden die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts in Sachen „PLUS/Reisen mit Plus“, „PLUS/U2B PLUS“ sowie die Entscheidung des HABM „PLUS/BIG PLUS“ zeigen, dass das Markenwort „PLUS“ nicht nur schutzfähig sei, sondern zugleich auch eine Verwechselungsgefahr begründen könne. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen „City Plus/D2 - BestCityPlus“ (I ZR 122/00) ergebe sich die Schutzfähigkeit des Markenwortes „PLUS“. Zudem gebe es mehrere Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „Plus“. Außerdem meint die Widersprechende, dass die Widerspruchsmarke über eine mindestens normale Kennzeichnungskraft verfüge und verweist hierzu auf ihren Vortrag vor der Markenstelle. Vor der Markenstelle hat die Widersprechende die Auffassung vertreten, dass die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke nicht auf ihren Bildbestandteil reduziert werden könne, weil eine Bezugnahme auf sie regelmäßig klanglich stattfinde und insoweit nur aus dem Wort „Plus“ bestehe. „PLUS“ kollidiere auch mit der angegriffenen Marke „Reise plus“, weil das Wort „Reise“ auf Grund seines Inhalts eindeutig inhaltsbeschreibend für die Dienste der angegriffenen Marke sei und deshalb das Zeichen nicht prägen könne. Über die Gefahr der unmittelbaren Verwechslungsgefahr hinaus bestehe auch die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Die assoziative Verwechslungsgefahr werde erheblich dadurch gesteigert, dass die Widersprechende und ihre Tochtergesellschaften über zahlreiche weitere Marken mit dem Stammbestandteil „Plus“ verfügten. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss vom 28. Januar 2009 insoweit aufzuheben, als der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. 1. a) Die Statthaftigkeit der Beschwerde folgt aus § 66 MarkenG. Vorliegend handelt es sich um eine sogenannte isolierte Kostenbeschwerde, da mit der Beschwerde ausschließlich die Kostengrundentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes, das die Kosten des Widerspruchsverfahrens aus Billigkeitsgründen gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Widersprechenden auferlegt hat, nicht aber die Entscheidung in der Hauptsache, angegriffenen wird. Eine solche isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist im Markenrecht nach ständiger Rechtsprechung zulässig (BPatGE 10, 311 (LS, 312) - Choco Flakes/Choco-Wach; BPatGE 34, 99 (101); BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 6, § 71 Rd. 4; Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 7; Kirchner, Mitt. 1998, 147 (148); BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI HaarPLUS/PLUS; BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS). Die Vorschrift des § 99 ZPO, die bestimmt, dass die Anfechtung der gerichtlichen Kostenentscheidung unzulässig ist, wenn nicht auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, findet trotz der Verweisungsnorm in § 82 Abs. 1, 1. Halbs. MarkenG keine Anwendung. Die Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens vor dem Patentgericht schließen deren Anwendung aus (§ 82 Abs. 1, 2. Halbs. MarkenG), weil alle belastenden Entscheidungen des Patentamtes als Träger öffentlicher Gewalt im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gerichtlich überprüfbar sein müssen. aa) Für die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtung sprechen sowohl historische als auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte. § 5 Abs. 6 Satz 4 des Warenzeichengesetzes (WZG) in der vor dem Inkrafttreten des 6. Überleitungsgesetzes vom 23. März 1961 (BlPMZ 1961, 124 ff.) geltenden Fassung sah vor, dass die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar sein sollte und zwar auch dann nicht, wenn diese den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildete. § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG ist indes durch Art. 3 Nr. 9 i. V. m. Art. 1 Nr. 25 des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 124 (135, 126)) ersatzlos gestrichen worden. Diese ersatzlose Streichung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, eine entsprechende isolierte Kostenanfechtung in Abkehr von der vorherigen Rechtslage ausdrücklich zuzulassen. Für die Streichung des § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG lautet die Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 164 (zu Nr. 9)) wie folgt: „In dieser Bestimmung sieht der Entwurf eine redaktionelle Angleichung des § 5 Abs. 6 des Warenzeichengesetzes an die mit dem Entwurf für § 33 Abs. 2 des Patentgesetzes vorgeschlagene Neufassung vor. Eine sachliche Änderung des geltenden Rechts ist mit der Neuregelung nur insofern verbunden, als die bisherige Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung beseitigt wird. Wegen der Gründe hierfür wird auf die Begründung zu der Neufassung des § 33 des Patentgesetzes (vgl. § 1 Nr. 23 des Entwurfs) verwiesen.“ In der Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes zu § 33 Abs. 2 PatG (BlPMZ 1961, 150 (zu Nr. 23, jetzt Nr. 25 b) bb)) heißt es: „Ferner wird der bisherige Satz 3 des § 33 Abs. 2, wonach die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar ist, auch wenn sie den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildet, gestrichen. Diese Bestimmung ist mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG zwar insofern vereinbar, als sie eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung der Prüfungsstelle oder der Patentabteilung ermöglicht. Es sind aber auch Fälle denkbar - z. B. bei Zurücknahme der Anmeldung oder eines Einspruchs -, in dem eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung deshalb nicht möglich ist, weil eine Endentscheidung nicht ergeht. In diesen Fällen steht die Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG in Widerspruch. Der Entwurf sieht deshalb die ersatzlose Streichung dieser Bestimmung des Patentgesetzes vor.“ Würde man ausschließlich auf diese Entwurfsbegründungen abstellen, so würde sich die Statthaftigkeit einer isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen allerdings nur auf solche Fälle beschränken, in denen eine Entscheidung nur noch zum Kostenpunkt ergangen ist, also insbesondere Fälle der Zurücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148)). Eine solche Sichtweise würde aber verkennen, dass die Vorschrift insgesamt gestrichen wurde und dass es sich bei der Kostenentscheidung des Patentamts nach § 63 Abs. 1 MarkenG um eine Entscheidung handelt, für die Art. 19 Abs. 4 GG die uneingeschränkte Nachprüfung durch ein unabhängiges Gericht erfordert. Insoweit ist zu beachten, dass eine nachteilige Maßnahme der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur im Rahmen einer nachteiligen Sachentscheidung, sondern auch in einer belastenden Kostenentscheidung liegen kann (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Dies gilt auch dann, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache ergeht, diese aber - im Gegensatz zur Nebenentscheidung über die Kosten - vom Beschwerdeführer akzeptiert wird. Aufgrund der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG darf ein Rechtsschutzbedürfnis an einer isolierten Anfechtbarkeit der belastenden patentamtlichen Kostenentscheidung daher nicht verneint werden. bb) Gegen diese Sichtweise spricht nicht, dass das Widerspruchsverfahren als echtes Streitverfahren ausgestaltet ist, das außer von der Amtsermittlung (§ 73 Abs. 1 MarkenG) von der Verhandlungsmaxime und der Dispositionsfreiheit der Verfahrensbeteiligten bestimmt wird und insoweit keine verfahrensrechtlichen Besonderheiten aufweist, die der gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gebotenen entsprechenden Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung, insbesondere des § 99 ZPO, prinzipiell entgegenstehen würden (vgl. BGH GRUR 1998, 940 (941) - Sanopharm/Salorpharm). Zwar könnte der Sinn und Zweck des § 99 ZPO, der verhindern soll, dass eine Anfechtung allein im Kostenpunkt erfolgt und über diesen Umweg eine Nachprüfung auch in der (nicht angefochtenen) Hauptsacheentscheidung erforderlich wird (vgl. BGH GRUR 1967, 94 (96) - Stute/Hengst), gleichermaßen für das Widerspruchsverfahren gelten, da es nicht wünschenswert erscheint, dass die höhere Instanz die Hauptsache nur wegen der Kostenentscheidung nachprüfen muss und u. U. eine Kostenentscheidung getroffen wird, die in ihren Gründen im Widerspruch zur unabänderlich gewordenen Hauptsacheentscheidung stehen würde. Dementsprechend hält der Bundesgerichtshof im Markenrecht jedenfalls eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung im Wege der Rechtsbeschwerde für unzulässig und verweist insoweit auf den Grundsatz des § 99 ZPO (BGH GRUR 1967, 94 (96) - Stute/Hengst; BGH GRUR 2001, 139 (140) - Parkkarte). Auch der Umstand, dass es sich bei der Entscheidung des DPMA nach § 63 Abs. 1 MarkenG um eine Billigkeitsentscheidung handelt, die dementsprechend einen weiteren Beurteilungsspielraum vorsieht, als dies in § 91 ff. ZPO der Fall wäre, würde für sich genommen die Nichtanwendbarkeit von § 99 ZPO nicht rechtfertigen, zumal zu berücksichtigen ist, dass auch andere Verfahrensordnungen, wie z. B. das bis vor kurzem geltende Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), im Rahmen der Kostenverteilung ebenfalls eine Billigkeitsentscheidung vorsahen (§ 13 a FGG a.F.) und dennoch eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung untersagten (§ 20a Abs. 1 Satz 1 FGG a.F., wobei nunmehr, nach dem ersatzlosen Fortfall von § 20 a FGG, gem. § 58 FamFG eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung zulässig ist (vgl. OLG Stuttgart NJW 2010, 383 (Ls)). Letztlich vermögen diese eher verfahrensökonomischen Gesichtspunkte aber aufgrund des dargestellten Vorrangs des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes gegen alle belastenden Akte der öffentlichen Gewalt, einschließlich nachteiliger Kostenentscheidungen, nicht zu überzeugen. 2. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Im vorliegenden Verfahren entsprach es gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, mit der Folge, dass jede Beteiligte, die ihr im Widerspruchsverfahren erwachsenen Kosten gem. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen hat. a) Die vom Patent- und Markenamt beschlossene Kostenauferlegung ist im Beschwerdeverfahren gerichtlich nachprüfbar. Nach § 63 Abs. 1 MarkenG „kann das Patentamt in der Entscheidung bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens … einem Beteiligten ganz oder teilweise zu Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht“. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass diese Vorschrift dem Patentamt ein Ermessen einräumt. Es wird indes unterschiedlich beurteilt, inwieweit diese Entscheidung einer Nachprüfbarkeit im Rahmen des patentgerichtlichen Beschwerdeverfahrens unterliegt: aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Ausübung des Ermessens im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Gericht unterliege (BPatGE 10, 310 (312) - Choco Flakes/Choco-Wach; vgl. BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen Manager; BPatG 25 W (pat) 4/01 - TACO BELL; BPatGE 23, 224 (227) - POMOSIN/Pomesin; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 9; Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149); Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 5). Das wird teilweise damit begründet, dass die für das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Regelungen eine dem § 114 VwGO entsprechende Vorschrift nicht enthalten würden (vgl. Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149)), so dass nicht lediglich die in § 114 VwGO vorgesehene beschränkte Prüfung auf Ermessensfehler, sondern eine vollständige Überprüfung vorzunehmen sei. bb) Nach anderer Auffassung sollen die Grundsätze zur einschränkten Prüfung von Ermessensentscheidungen gelten (mit ausführlicher Begründung: BPatGE 34, 99 (103 ff.); BPatGE 40, 229 (231) - LA TOUR Nomen est Omen; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger-Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 63 Rd. 4). Demnach wäre die Nachprüfung der patentamtlichen Kostenentscheidung durch das Patentgericht in entsprechender Anwendung von § 114 VwGO auf die Beurteilung beschränkt, ob das Ermessen innerhalb des gegebenen Ermessensspielraums rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist (ebenso: BPatGE 40, 229 (231) - LATOUR Nomen est Omen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic). Für diese Rechtsauffassung wird angeführt, dass § 114 VwGO Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes sei, der besage, dass es mit dem Sinn und Zweck einer als Ermessenvorschrift konzipierten Bestimmung nicht vereinbar wäre, wenn auch das - im Rahmen der Billigkeit liegende - „Können“ einer Behörde volljustiziabel wäre (BVerwGE 39, 355 (366)). Diese beschränkte Prüfung sei kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, weil diese Bestimmung nur einen Anspruch auf Rechtmäßigkeits-, nicht jedoch auch Zweckmäßigkeitskontrolle einräume (BPatGE 34, 99 (104)). Es sei daher unzulässig, wenn sich das Gericht durch Vornahme von Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle der zuständigen Behörde setze (BPatGE 34, 99 (104)). In diese Richtung tendiert wohl auch der Bundesgerichtshof, der im Zusammenhang mit patentgerichtlichen Kostenentscheidungen, die eine vergleichbare Billigkeitsentscheidung vorsehen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG), eine Prüfung lediglich im Hinblick auf Ermessensfehler vorzusehen scheint (vgl. BGH GRUR 1966, 493 (495) - Lili; BGH GRUR 1977, 559 zu § 9 Abs. 3 Satz 3 GebrMG, § 33 Abs. 2 Satz 3 PatG, wo es heißt, dass dem Bundespatentgericht ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werde, weshalb die Ausübung dieses Ermessens in Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt darauf hin überprüft werden könne, ob das Beschwerdegericht die dadurch gezogenen Grenzen überschritten habe). cc) Eine nähere Betrachtung des Wortlauts von § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zeigt indes, dass genau zwischen dem unbestimmten Rechtsbegriff der Billigkeit auf Tatbestandseite einerseits und der nach den Grundsätzen von § 114 VwGO und dem durch die Formulierung „kann“ verdeutlichten Ermessen auf Rechtsfolgenseite andererseits zu unterscheiden ist. Soweit dem Patentamt auf Rechtfolgenseite ein Ermessen eingeräumt wird, ist dies nach den Grundsätzen von § 114 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (näher zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens von § 114 VwGO im Markenrecht: BPatGE 34, 99 (103 f.)). Demgegenüber räumt der Gesetzeswortlaut kein ausdrückliches Ermessen ein bei der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung, nämlich entsprechende Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, so dass insoweit eine umfassende gerichtliche Überprüfung vorzunehmen ist. (1) Im traditionellen Normaufbau betrifft eine gesetzliche Ermessenseinräumung die Rechtsfolgenseite, die Frage eines Beurteilungsspielraums infolge unbestimmter Rechtsbegriffe hingegen die Tatbestandsseite einer Norm. Die Subsumtion des Sachverhalts unter einen unbestimmten Rechtsbegriff gilt dabei als kognitiver Akt der Rechtserkenntnis, der im Normalfall wegen Art. 19 Abs. 4 GG uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, selbst wenn es sich um sprachlich weite Begriffe handelt (BVerfG NJW 1991, 2005; BGH NJW 1982, 1058; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 3, 24 a; Geiger, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rd. 55, 56 m. w. N.). Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert demjenigen den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird nicht nur der Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen behördlichen Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus (BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.; BVerfGE 64, 261 (279)). Die Regeln über die eingeschränkte Kontrolle des Verwaltungsermessens gelten daher im Normalfall nicht für die Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe können allerdings wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt, weshalb der rechtsanwendenden Behörde in solchen Fällen ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze ausnahmsweise ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen sein kann (vgl. BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein solcher Beurteilungsspielraum vorwiegend angenommen worden, wenn es sich um die Beurteilung in der Zukunft liegender Vorgänge (Prognoseentscheidungen) oder um sonstige Fragen handelt, die eine persönliche Wertung enthalten (vgl. auch BVerfGE 39, 334 (353, 354)). (2) Jedoch gibt es auch Vorschriften, welche die Ermächtigung zu einer Ermessensausübung enthalten, die sich an einem unbestimmten Begriff zu orientieren hat, so dass der Verwaltungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zustehen kann, in dessen Rahmen sie mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (sogenannte Koppelungsentscheidungen, dazu: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BVerwGE 39, 355 (364)). Ob der Verwaltungsbehörde vom Gesetz ein solcher Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, richtet sich nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift (BVerwGE 39, 355 (364)) und ist durch Auslegung zu ermitteln. (3) Die kostenrechtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfordert auf Tatbestandsseite das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten, um eine vom Regelfall (jeder Beteiligte trägt seine Kosten selbst) abweichende Kostenentscheidung zu treffen. Andererseits führt das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten nicht zwingend zu einer vom Regelfall abweichenden Kostenregelung. Vielmehr „kann“ eine Kostenentscheidung des DPMA ergehen. Sie kann aber aus Zweckmäßigkeiterwägungen auch unterbleiben und steht damit im Ermessen des DPMA. Die Struktur des § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG entspricht daher einer sogenannten Koppelungsvorschrift, in der auf Tatbestandsseite ein unbestimmter Rechtsbegriff auftaucht, der mit einem Ermessen auf Rechtsfolgenseite gekoppelt ist. Die Regeln über die nur begrenzte Nachprüfung des Ermessens gelten in diesen Koppelungstatbeständen nur dann auch für die Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe, wenn die Auslegung dies ausnahmsweise gebietet (eingehend dazu: Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 ff.; BVerwGE 45, 162 (164 f)). Dies kann der Fall sein, wenn die Norm in spezifischer Weise wertende oder prognostische Elemente beinhaltet, die der Verwaltung vorbehalten sein sollen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23; BVerfG NJW 1991, 2005). Im Zweifel ist jedoch eine volle Justiziabilität anzunehmen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 f.). Eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 19.10.1971 (BVerwGE 39, 355 ff.) zur Auslegung von § 131 Abs. 1 S. 1 AO (in der Fassung des Art. 17 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13.07.1961 - BGBl. I, 981; BStBl. I, 444) scheint wegen der strukturellen Ähnlichkeit dieser Norm mit § 63 Abs. 1 MarkenG auf den ersten Blick dafür zu sprechen, eine Prüfung ausschließlich nach den Grundsätzen für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung vorzunehmen. Die maßgebliche Fassung von § 131 AO lautete: „Im Einzelfall können Steuern und sonstige Geldleistungen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter der gleichen Voraussetzung können bereits entrichtete Steuern und sonstige Geldleistungen erstattet oder angerechnet werden.“ Ähnlich wie § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG knüpft damit auch § 131 AO in der zitierten Fassung an das tatbestandliche Vorliegen einer Billigkeit an, um der Behörde sodann mit einer „kann-Regelung“ ein Ermessen auf Rechtfolgenseite einzuräumen. Für die konkrete Norm des § 131 AO hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entschieden, dass der Begriff „unbillig“ nicht losgelöst davon gewürdigt werden könne, dass er ein „Können“ der Behörde zur Folge habe. Ein völliger Wegfall des Ermessenselements in dieser als typische Ermessensvorschrift geschaffenen Bestimmung könne mit dem Sinn und Zweck derselben nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden (BVerwGE 39, 355 (365 f)). Die Verlagerung des Begriffs „unbillig“ in den Tatbestand der Norm würde einer Ermessensbetätigung praktisch keinen Spielraum mehr lassen, also zu einer nahezu vollständigen Ermessensschrumpfung führen (BVerwGE 39, 355 (365 f.)). Nach den Ausführungen des Gemeinsamen Senats bestehe nämlich insoweit eine unlösbare Verbindung, als der Begriff „unbillig“ in den Ermessensbereich hineinrage und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimme (BVerwGE 39, 355(366)). Dabei hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe diese Beurteilung wesentlich darauf gestützt, dass sich die Norm an die Eingriffsverwaltung richte und dem Begriff der Billigkeit im Steuerrecht gerade im Bereich der Ermessensentscheidungen eine überragende Bedeutung zukomme, weshalb dieser einheitliche Maßstäbe erfordere (BVerwGE 39, 355(367)). Andererseits hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe aber auch verdeutlicht, dass nicht für alle Vorschriften, in denen eine Verbindung zwischen einem unbestimmten, einer unmittelbaren Subsumtion nicht zugänglichen Begriff („Billigkeit“) und einem „Können“ der Behörde hergestellt wird, von vornherein festgelegt werden könne, dass die Anwendung der Vorschrift insgesamt nach Ermessensgrundsätzen zu überprüfen sei ((BVerwGE 39, 355 (355 ff.); ebenso: BVerwGE 40, 353 (356)). Vielmehr müsse für jede Einzelnorm nach ihrem Sinn und Zweck ermittelt werden, ob sie in den Bereich der Ermessensbetätigung oder der Rechtsanwendung führt (BVerwGE 39, 355 ff.). Für § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG ist indes festzustellen, dass er keinen Fall der Eingriffsverwaltung betrifft und zudem Konstellationen mit mehreren Beteiligten erfasst. Die Benachteiligung eines Beteiligten, die im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren - anders als im Anwendungsbereich des § 131 AO - mit der Annahme eines Billigkeitsfalls verbunden ist, spricht unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG daher eher für eine weitergehende gerichtliche Überprüfung. Während nämlich die Ablehnung einer Billigkeit nach § 131 AO nur zur Versagung eines in das Ermessen der Behörde gestellten Vorteils für den Steuerzahler führen würde, führt eine Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG zur Belastung eines Verfahrensbeteiligten mit den Kosten des Gegners. Deshalb gilt im Markenrecht im Rahmen von § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG uneingeschränkt das Rechtsschutzgebot des Art. 19 Abs. 4 GG, das gerichtlichen Rechtsschutz gerade dann absichern soll, wenn in die Rechtsstellung der Betroffenen nachteilig eingegriffen wird (vgl. ähnliche Wertungen in: BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Demgegenüber führt eine kraft Ermessensausübung unterbliebene Kostenentscheidung nur dazu, dass es bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da hierdurch keine gegenseitigen finanziellen Ansprüche begründet werden, erscheint es insoweit gerechtfertigt, das in dieser Weise ausgeübte Ermessen nur eingeschränkt, nach den Grundsätzen von § 114 VwGO zu überprüfen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass gerade die einheitliche Auslegung des Begriffs der Billigkeit bei markenrechtlichen Kostenentscheidungen für eine umfassende gerichtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Kostenentscheidung spricht. Anderenfalls wäre es nämlich möglich, dass die wortgleich konzipierten Tatbestandsvoraussetzungen in den Vorschriften § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG und § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG im patentamtlichen und im gerichtlichen Verfahren unterschiedlich ausgelegt würden, obwohl ihnen ein einheitlicher Zweck und Rechtsgedanke zu Grunde liegt. Die Regelung in § 71 MarkenG lässt zudem erkennen, dass die wertenden Gesichtspunkte, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind, gerade nicht der Behörde vorbehalten sein sollen, sondern vom Gericht gleichermaßen ergründet werden können und sollen. Aus diesem Grund hat das Gericht im Beschwerdeverfahren uneingeschränkt zu überprüfen, ob tatsächlich Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, die eine vom allgemeinen Grundsatz abweichende Kostenregelung für das Verfahren beim Patentamt gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG rechtfertigen. Allerdings käme wohl auch die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgesehene Prüfung zu einem ähnlichen Ergebnis, weil der gemeinsame Senat davon ausgeht, dass es vom Ergebnis her keinen Unterschied mache, ob die Gerichte von einer Ermessensentscheidung ausgehen, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüfen, oder ob die Gerichte zwar von einer Rechtsentscheidung ausgehen, sich aber zur Vermeidung einer „uferlosen“ Kontrolle auf eine „taktvolle und behutsame Rechtskontrolle“ beschränken (BVerwGE 39, 355 (368)). b) Vorliegend führt die vom Senat vorzunehmende Nachprüfung der „Billigkeit“ zur Aufhebung der die Widersprechende belastenden Kostenentscheidung. Die Grundsätze der Billigkeit gebieten es nicht, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG aufzuerlegen. aa) Vorliegend hat das Deutsche Patent- und Markenamt den Widerspruch zurückgewiesen, weil aus dem schutzunfähigen Bestandteil „PLUS“ keine Verwechslungsgefahr hergeleitet werden könne und eine Verkehrsbekanntheit für die einschlägigen Dienstleistungen nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden sei. Die Hauptsacheentscheidung ist rechtskräftig und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts (vgl. dazu die ausführlich begründete Entscheidung des 25. Senats zu WhoisPLUS/PLUS (25 W (pat) 38/08), der eine vergleichbare Rechtsproblematik zu Grunde lag). bb) Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bedarf es aber nach zutreffender h. M. zusätzlicher, besonderer Umstände (Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; BPatGE 10, 311 (312); BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Der Verfahrensausgang allein kann nämlich kein hinreichendes Kriterium für die Auferlegung von Kosten sein, weil die markenrechtliche Kostenregelung in bewusster Abgrenzung zu § 91 ff. ZPO getroffen wurde (BGH GRUR 1972, 600 (601) - Lewapur; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 11 m. w. N.). Soweit in dem Markenrechtskommentar v. Schultz/Donle (MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 3) in Frage gestellt wird, ob an diesem Grundsatz im Hinblick auf eine richtlinienkonforme Auslegung von Art. 14 der Richtlinie zur Durchsetzung des geistigen Eigentums (RL 2004/48/EG 29.4.2004, ABl. EU Nr. L 157, 30.4.2004) festgehalten werden kann, wird verkannt, dass die Richtlinie sich auf Verletzungstatbestände bezieht, nicht aber auf das Widerspruchsverfahren, in dem in einem amtlichen Verfahren zeitnah zur Eintragung allein der Bestand einer eingetragenen Marke im Hinblick auf ältere Rechte geprüft wird. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen erfordert daher neben dem Unterliegen in der Hauptsache zusätzlich einen schuldhaften Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht, die es unbillig erscheinen lassen würde, einen anderen Beteiligten die vermeidbaren Kosten tragen zu lassen (BGH GRUR 1996, 399 (401) - Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224 (227) - Pomesin/POMOSIN; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 11). Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht kann nach h.M. vorliegen, wenn eine Partei in einer erkennbar aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, ihr eigenes rechtliches Interesse durchzusetzen (st. Rspr. BGH GRUR 1966, 493 - Lili; BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; Bücher/Dittmer/Schiwy; Gewerbl. Rechtsschutz 2008, § 63 Rd. 3; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2). Sinn der Kostenvorschrift des § 63 MarkenG ist es nämlich, die Verfahrensbeteiligten zu veranlassen, sorgfältig zu prüfen, ob ihre Rechtsverfolgung sinnvoll und gerechtfertigt ist (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 6 WZG, BlPMZ 1967, 264 (zu Art. 2 Nr. 3); BPatG Mitt. 1976, 99 (99) - DUROMAT/DUROMAT; BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Bei einem Widerspruch, der wegen offensichtlicher Unähnlichkeit der Vergleichsmarken unbegründet ist, kann die Rechtsverfolgung erkennbar aussichtslos sein (vgl. dazu: BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 5). Zudem wird vielfach vertreten, dass zu dieser Fallgruppe auch Fälle zählen, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombinationsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil übereinstimmen (BPatG 33 W (pat) 156/04 - FINANZ-PARTNER HAMBURG/FinanzPartner DE; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat)141/04 - One System Plus/PLUS). Insoweit ist jedoch Zurückhaltung geboten, da die gesetzliche Grundregel auch für Beschwerden mit geringen Erfolgsaussichten gilt (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 7). Von einer erkennbar aussichtslosen Rechtslage kann man daher nicht ausgehen, wenn zur Zeit der Widerspruchseinlegung keine einheitliche Rechtsprechung existiert oder wenn es Entscheidungen zugunsten des Widersprechenden gibt, selbst wenn diese erst nach Widerspruchseinlegung ergangen sind (abweichend: BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System PlusPLUS), da durch die abweichenden Entscheidungen belegt wird, dass die Rechtslage sich eben nicht eindeutig gestaltet. Eine einheitliche Entscheidungspraxis allein des Patentamts oder gar einer einzelnen Markenstelle kann dabei eine einheitliche Rechtsprechung nicht ersetzen. An der (subjektiven) Erkennbarkeit kann es zudem auch fehlen, wenn der Widersprechende, z. B. aufgrund einer lückenhaften oder missverständlichen Begründung des Patentamts, Zweifel an der angefochtenen Entscheidung haben durfte (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16). Eine erkennbare Aussichtslosigkeit setzt zudem voraus, dass die Rechtslage überschaubar ist . Das ist nur dann der Fall, wenn es um einzelne Rechtsprobleme geht, deren Beurteilung keine umfassenden Ausführungen und/oder abwägende Bewertungen erfordern. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall angesichts der Umfangs der zu beurteilenden Rechtsprobleme und der nicht in allen Aspekten einheitlichen Entscheidungen nicht vor, so dass eine Kostenauferlegung nicht in Betracht kommt (im Ergebnis ebenso: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS anders: BPatG 33 W (pat) 159/01 - 1 Plus/MHPlus; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS und BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS). Zum einen hat die Rechtsprechung zur Verwechselbarkeit mehrgliedriger Marken, die nur in einzelnen Bestandteilen übereinstimmen, in den letzten Jahren ständig Änderungen erfahren (vgl. dazu Darstellung bei Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 9 Rd. 246 ff., 258, 260 ff.). Zur Frage, ob bzw. wann aus einem eigentlich schutzunfähigen Bestandteil vorgegangen werden kann und welche Rolle die Verkehrsbekanntheit dabei spielt, existieren verschiedene nicht vollständig deckungsgleiche Entscheidungen (BGH GRUR 2008, 505 (Nr. 28, 35) - TUC Salzcracker; BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; EuGH GRUR Int. 2005, 221 (Nr. 54) - HUBERT/SAINT HUBERT) . Eine gefestigte Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs gibt es ebenfalls nicht. Zum anderen bedarf es der umfassenden Beurteilung einer Vielzahl von Aspekten, die durchaus abwägende Bewertungen beinhalten. Im vorliegenden Fall spielten insbesondere die Frage einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kraft Verkehrsbekanntheit (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 291 ff.) sowie einer assoziativen Verwechslungsgefahr (vgl. hierzu ausführlich: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; sowie allgemein: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 374 ff. m. w. N.) eine Rolle. Wenngleich zur Schutzunfähigkeit des Zeichenbestandteils „PLUS“ mehrere Entscheidungen existieren (z. B: BPatG Mitt. 1972, 212 - Plus; BPatG 30 W (pat) 41/97 - CABLE PLUS/CANAL PLUS; BPatG 30 W (pat) 140/97 - PLUS; BPatG 33 W (pat) 159/01 - MH-Plus/Xplus; BPatG 24 W (pat) 41/04 - sani plus/SANIFORM PLUS; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar PLUS/PLUS; HABM R724/2007-4 vom 8. September 2008 - bioPLUS/PLUS), ist nicht zu verkennen, dass es auf europäischer Ebene Entscheidungen zu mehrgliedrigen Marken mit dem Bestandteil „Plus“ gibt, die ein anderes Verständnis beschreibender Merkmale andeuten (so z. B.: HABM R 991/2000-3 - BIGPlus; EuG T-0360/00 - UltraPlus; HABM zu WhoisPlus/PLUS, zitiert nach BPatG 25 W (pat) 38/08). Auch das BPatG hat die Schutzfähigkeit von PLUS zumindest für einzelne Waren anerkannt (BPatG 28 W (pat) 296/03 - Plus: Schutzfähigkeit bejaht für Christbaumschmuck). Zudem hat das DPMA selbst in drei Entscheidungen, die den Zeichenbestandteil „PLUS“ betrafen, eine (teilweise nur assoziative) Verwechslungsgefahr angenommen (DPMA vom 29.04.2003 - 2 plus/PLUS - 30083008.4/32; DPMA vom 6.5.2003 - Reisen mit Plus/PLUS - 30126352.3/39; DPMA vom 1.9.2006 - U2B Plus/PLUS - 30037135.7/03). Dabei hat das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem Beschluss vom 6. Mai 2003 (Reisen mit Plus/PLUS) maßgeblich darauf abgestellt, dass in der angegriffenen Wort-/Bildmarke ein weiterer beschreibender Bestandteil vorhanden gewesen sei. Eine entsprechende Begründung findet sich auch in der Entscheidung des HABM vom 7. September 2005 (R928/04 - 1 - BIGPLUS/PLUS). Da auch in der hier angegriffenen Marke „ReisePlus“ mit dem Bestandteil „Reise“ eine beschreibende Bedeutung in Betracht kommen konnte und zudem erhebliche Ähnlichkeit mit dem Verfahren 30126352.3/39 - „Reisen mit Plus“ bestand, erschien es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass das Deutsche Patent- und Markenamt auch in diesem Verfahren eine entsprechende Bewertung vornehmen würde. Zudem findet sich - wenngleich unzureichender - Vortrag der Widersprechenden zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen Verkehrsbekanntheit. Schließlich war auf Grund des Vortrags der Widersprechenden zur behaupteten mittelbaren Verwechslungsgefahr auf Grund des Bestehens einer Serienmarke auch die Frage der assoziativen Verwechslungsgefahr zu prüfen. Hierbei handelt es sich um einen komplexen Bereich, der eine eingehende Lektüre verschiedener Gerichtsentscheidungen erfordert (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 374 ff. m. w. N.). Demnach kann - wenn auch unter strengen Voraussetzungen - ausnahmsweise auch ein von Haus aus kennzeichnungsschwacher Bestandteil, wenn er sich als Herkunftshinweis für den Inhaber der älteren Marke durchgesetzt hat und/oder im Rahmen einer Markenserie tatsächlich als Stammbestandteil aufgefasst wird, eine mittelbare Verwechslungsgefahr begründen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 388). Im Ergebnis kann angesichts der Komplexität der Rechtslage, die sich deutlich aus den umfangreichen Ausführungen in dem Beschluss des BPatG, 25 W (pat) 38/08 - WhoisPlus/PLUS ergibt, nicht davon ausgegangen werden, dass die Widersprechende mit der Einlegung des Widerspruchs eine prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt hätte. Es liegen damit keine Billigkeitsgründe vor, die nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung erlauben würden. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG jede Beteiligte selbst. Eine hiervon abweichende Kostenverteilung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war nicht geboten, denn die Voraussetzungen für eine hiervon abweichende Billigkeitsentscheidung gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zugunsten der Widersprechenden liegen in diesem Verfahren nicht vor (im Ergebnis ebenso zu anderen Verfahren betreffend die Wort-/Bildmarke „PLUS“: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 – APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W 52/08 - MeatPlus/PLUS). Zwar wird in Literatur und Rechtsprechung zu Recht darauf hingewiesen, dass im Rahmen isolierter Kostenbeschwerden ein wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis in der Regel nur dann erzielt werden kann, wenn der durch die patentamtliche Kostenentscheidung benachteiligten Partei ein Kostenerstattungsanspruch zugebilligt wird (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217); BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS). Anderenfalls wäre die erfolgreiche Beschwerdeentscheidung praktisch ohne Wert für den Beschwerdeführer, da dieser lediglich von den Kosten des vorangegangenen patentamtlichen Verfahren entlastet würde, zugleich aber diejenige Kosten, die zur Korrektur der unrichtigen Kostenentscheidung aufzuwenden sind - also die Beschwerdegebühr und seine außergerichtlichen Kosten - selbst tragen müsste (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Eine derartige Betrachtungsweise erscheint zumindest in den Fällen zutreffend, in denen der im Beschwerdeverfahren obsiegende Beteiligte identisch mit dem in der Hauptsache Obsiegenden ist (so in den Verfahren BPatG Mitt. 1973, 215; BPatG Mitt. 1976, 99 - DUROMAT/DUROMAT; BPatG MarkenR 2007, 271 f.). Diese Erwägungen dürfen jedoch nicht zu einer pauschalen Differenzierung nach Verfahrensarten führen (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 15). Eine Billigkeitsentscheidung muss vielmehr stets sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit würdigen. Wenn - wie hier - die in der Hauptsache obsiegende Beteiligte lediglich im Hinblick auf die Kostenbeschwerde unterliegt und zudem keine inhaltliche Stellungnahme im Beschwerdeverfahren abgegeben hat, erschiene es unbillig, diese nunmehr mit den Gerichts- und Anwaltskosten der ausschließlich im Kostenbeschwerdeverfahren obsiegenden Widersprechenden zu belasten. 4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr erscheint vorliegend angemessen. Gem. § 71 Abs. 3 MarkenG kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr vom Patentgericht angeordnet werden. Anders als in § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG knüpft das Gesetz für den Gebührenerlass in § 71 Abs. 3 MarkenG dem Wortlaut nach nicht an Billigkeitsgesichtspunkte. Dies ermöglicht einen - im Vergleich zur Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG - weitergehenden Spielraum, der sich dadurch erklärt, dass beim Erlass der Beschwerdegebühr, anders als bei einer vom Grundsatz abweichenden Kostenentscheidung, keiner der Beteiligten belastet wird. Gleichwohl kommt eine Erstattung der Beschwerdegebühr nur in Ausnahmefällen in Betracht (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 35; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 31), um dem grundsätzlichen Anliegen des Gesetzgebers, das gerichtliche Beschwerdeverfahren für den Regelfall gebührenpflichtig auszugestalten, gerecht zu werden (abweichend noch: § 13 Abs. 2 WZG; vgl. zur entsprechenden Änderung im Markengesetz: Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BlPMZ 1994, S. 98 (zu § 66 MarkenG)). Ein Gebührenerlass kann z. B. bei erheblichen Verfahrensfehlern des Patentamts angebracht sein; insbesondere bei schlechterdings unvertretbaren Entscheidungen oder einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (BPatG GRUR 2003, 1069 (1070) - Nettpack; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 38 ff. m. w. N.; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 29 ff.; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 14; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 71 Rd. 13). Zwar sind vorliegend keine derartigen erheblichen Fehler ersichtlich, indes war die Beschwerdegebühr ausnahmsweise gem. § 71 Abs. 4 MarkenG an die im Beschwerdeverfahren obsiegende Widersprechende zurückzuzahlen, um so zu verhindern, dass die im Ergebnis erfolgreiche Kostenbeschwerde wirtschaftlich sinnlos wäre. Auf diese Weise bleibt die Widersprechende zwar - ebenso wie die Inhaberin der angegriffenen Marke - weiterhin mit den eigenen Kosten belastet, wird aber zumindest von den gerichtlichen Verfahrenskosten entlastet, die letztlich erst infolge der im Beschwerdeverfahren korrigierten Kostenentscheidung des DPMA erforderlich wurden. Dieses Ergebnis entspricht schließlich auch der in Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach Beschwerden nach § 11 Abs. 2 PatKostG, also Beschwerden gegen eine Entscheidung des DPMA über eine Kostenerinnerung, gebührenfrei sind.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006628&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006629
BPatG
München
33. Senat
20100810
33 W (pat) 44/09
Beschluss
§ 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 66 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 99 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – isolierte Kostenbeschwerde - "Z.plus/Plus (Wort-Bild-Marke)" – Ausführungen zu Kostenentscheidungen: Möglichkeit der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht – Kostenauferlegung aus Gründen der Billigkeit zu Lasten eines Beteiligten bedarf besonderer Umstände – zum schuldhaften Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht – keine pauschale Entscheidung über eine Kostenauferlegung – Würdigung sämtlicher Umstände bei isolierter Kostenbeschwerde - in der Hauptsache obsiegender Beteiligter unterliegt mit der isolierten Kostenbeschwerde: Kostenauferlegung kann unbillig sein, so dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat – bei erfolgreicher isolierter Kostenbeschwerde kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt sein
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 24 824 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 10. August 2010 beschlossen: 1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Februar 2009 insoweit aufgehoben, als der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind. 2. Die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt jede Beteiligte selbst. 3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I. Gegen die am 30. Mai 2006 eingetragene Wortmarke 306 24 824 Z.plus für die Dienstleistungen „Druckereierzeugnisse“ (Klasse 16); „Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Versicherungswesen" (Klasse 36) ist am 2. August 2006 Widerspruch erhoben worden aus der am 11. Juni 1996 eingetragenen Wort-/Bildmarke 396 02 967 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 6, 8 bis 11, 13 bis 18, 20 bis 39, 41, 42. Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede erhoben hat, hat die Widersprechende den Widerspruch am 14. März 2007 zurückgenommen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat auch nach der Rücknahme des Widerspruchs beantragt, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Die Widerspruchsmarke ist später, auf Antrag der Widersprechenden, am 5. Mai 2009 vollständig gelöscht worden. Mit Beschluss vom 6. Februar 2009 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) der Widersprechenden gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Sie hat hierzu ausgeführt, dass eine Kostenauferlegung in Betracht komme, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation, sein Interesse an dem Erlöschen des Schutzes der gegnerischen Marke durchzusetzen versuche. Dies könne der Fall sein, wenn eine mehrgliedrige Widerspruchsmarke nur in einem schutzunfähigen Bestandteil rein tatsächliche Ähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aufweise, wie es vorliegend der Fall sei. Es habe keine Verwechslungsgefahr zwischen den konkurrierenden Marken bestanden. Zwar seien die Dienstleistungen der angegriffenen Marke mit denen der Widerspruchsmarke identisch. Es könne aber dahinstehen, inwieweit es darüber hinaus zu Überschneidungen zwischen den Waren und Dienstleistungen komme, da eine Verwechslungsgefahr in jedem Falle ausscheide, weil die Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der allenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen ausreichenden Abstand voneinander einhalten würden. Die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede zwischen den beiden Zeichen seien deutlich genug, um Verwechslungen in rechtserheblichem Umfang zu vermeiden. Auch eine assoziative Verwechslung der Vergleichsmarken sei nicht zu befürchten. Insbesondere genüge die partielle Übereinstimmung in dem Wortbestandteil „PLUS“ nicht, um eine Ähnlichkeit der Marken insgesamt zu begründen, da diesem Bestandteil keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Eine Prägung durch den Begriff „PLUS“ komme nicht in Betracht, weil das Wort „PLUS“ in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften oder auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Auf Grund der Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils "PLUS" könne dieser Bestandteil eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Zudem sei - wie schon im Beschluss des Bundespatentgerichts 28 W (pat) 102/01 - PLUS/GILLETTE GII PLUS entschieden - auch auszuschließen, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Darüber hinaus sei der Widersprechenden die Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ ihrer Wort-/Bildmarke auf Grund zahlreicher Entscheidungen in Markeneintragungsverfahren bereits bekannt. Zudem habe das Deutsche Patent- und Markenamt, insbesondere die Markenstelle für Klasse 36 zahlreiche hierauf gestützte Widersprüche zurückgewiesen. Etwaige Beschwerdeverfahren seien - ebenso wie das hier zu entscheidende - infolge von Rücknahmen der Widersprüche ohne eine Entscheidung des Gerichts beendet worden. Die Widersprechende sei allem Anschein nach nicht in der Lage gewesen, die Benutzung ihrer Marke im kollisionsrelevanten Dienstleistungsbereich glaubhaft zu machen, da sie ihren Widerspruch ohne weiteren Vortrag kurz nach Erhebung der Nichtbenutzungseinrede durch die Inhaberin der angegriffenen Marke zurückgenommen habe. Die Markenstelle meint zudem, die Widersprechende selbst halte ihre Widersprüche in der Hauptsache für wenig aussichtsreich, weshalb sie in mehreren Verfahren nur gegen die Kostenentscheidung vorgehe. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Widersprechende gegen die in dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 6. Februar 2009 angeordnete Auferlegung von Kosten. Sie ist der Ansicht, dass der Verfahrensausgang keine Kostenauferlegung rechtfertige, da das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt einem Zivilverfahren nicht gleichgestellt werden dürfe. Darüber hinaus habe die Widersprechende auch nicht sicher damit rechnen müssen zu unterliegen. Insbesondere habe sie nicht von einer völligen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ausgehen müssen. Dies ergebe sich aus dem umfassenden Sachvortrag der Widersprechenden zur Verwechslungsgefahr sowie zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Abzustellen sei im Übrigen auf den Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung. Spätere nachteilige Entscheidungen seien nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen würden die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts in Sachen „PLUS/Reisen mit Plus“, „PLUS/U2B PLUS“ sowie die Entscheidung des HABM „PLUS/BIG PLUS“ zeigen, dass das Markenwort „PLUS“ nicht nur schutzfähig sei, sondern zugleich eine „Kollisionsgefahr der Vergleichszeichen“ in Betracht komme. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen „City Plus/D2 - BestCityPlus“ (I ZR 122/00) ergebe sich die Schutzfähigkeit des Markenwortes „PLUS“. Außerdem meint die Widersprechende, dass die Widerspruchsmarke über eine mindestens normale Kennzeichnungskraft verfüge. Vor der Markenstelle hatte sie allerdings eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geltend gemacht. Die Widersprechende ist außerdem der Ansicht, die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke könne nicht auf ihren Bildbestandteil reduziert werden, weil eine Bezugnahme auf sie regelmäßig klanglich stattfinde und insoweit nur aus dem Wort „Plus“ bestehe. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss vom 6. Februar 2009 aufzuheben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Sie meint, die Kostenentscheidung der Markenstelle sei zutreffend und könne nur abgeändert werden, wenn die Markenstelle ihr an Billigkeitserwägungen auszurichtendes Ermessen fehlerhaft ausgeübt hätte, was nicht der Fall sei. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. 1. Die Statthaftigkeit der Beschwerde folgt aus § 66 MarkenG. Vorliegend betrifft die Beschwerde ausschließlich die Kostengrundentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes, das nach der Rücknahme des Widerspruchs nur noch über den Kostenantrag der Inhaberin der angegriffenen Marke entschieden hat. Die Beschwerde ist statthaft. Für die Statthaftigkeit einer Beschwerde, die sich gegen einen Beschluss richtet, in dem nur eine Kostenentscheidung getroffen wurde, sprechen sowohl historische als auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte. § 5 Abs. 6 Satz 4 des Warenzeichengesetzes (WZG) in der vor dem Inkrafttreten des 6. Überleitungsgesetzes vom 23. März 1961 (BlPMZ 1961, 124 ff.) geltenden Fassung sah vor, dass die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar sein sollte und zwar auch dann nicht, wenn diese den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildete. § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG ist indes durch Art. 3 Nr. 3 i. V. m. Art. 1 Nr. 25 des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 124 (135, 126)) ersatzlos gestrichen worden. Diese ersatzlose Streichung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, eine entsprechende isolierte Kostenanfechtung in Abkehr von der vorherigen Rechtslage ausdrücklich zuzulassen. Für die Streichung des § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG lautet die Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 164 (zu Nr. 9)) wie folgt: „In dieser Bestimmung sieht der Entwurf eine redaktionelle Angleichung des § 5 Abs. 6 des Warenzeichengesetzes an die mit dem Entwurf für § 33 Abs. 2 des Patentgesetzes vorgeschlagene Neufassung vor. Eine sachliche Änderung des geltenden Rechts ist mit der Neuregelung nur insofern verbunden, als die bisherige Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung beseitigt wird. Wegen der Gründe hierfür wird auf die Begründung zu der Neufassung des § 33 des Patentgesetzes (vgl. § 1 Nr. 23 des Entwurfs) verwiesen.“ In der Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes zu § 33 Abs. 2 PatG (BlPMZ 1961, 150 (zu Nr. 23, jetzt Nr. 25 b) bb)) heißt es: „Ferner wird der bisherige Satz 3 des § 33 Abs. 2, wonach die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar ist, auch wenn sie den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildet, gestrichen. Diese Bestimmung ist mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG zwar insofern vereinbar, als sie eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung der Prüfungsstelle oder der Patentabteilung ermöglicht. Es sind aber auch Fälle denkbar - z. B. bei Zurücknahme der Anmeldung oder eines Einspruchs -, in dem eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung deshalb nicht möglich ist, weil eine Endentscheidung nicht ergeht. In diesen Fällen steht die Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG in Widerspruch. Der Entwurf sieht deshalb die ersatzlose Streichung dieser Bestimmung des Patentgesetzes vor.“ Nach dieser Entwurfsbegründung ist jedenfalls die Anfechtung von Kostenentscheidungen zulässig, in denen eine Entscheidung nur noch zum Kostenpunkt ergangen ist, also insbesondere Fälle der Zurücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); zur Statthaftigkeit in anderen Fällen siehe: 33 W (pat) 9/09 - IGELPLUS/PLUS). Insoweit ist zu beachten, dass eine nachteilige Maßnahme der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur im Rahmen einer nachteiligen Sachentscheidung, sondern auch in einer belastenden Kostenentscheidung liegen kann (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Aufgrund der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG darf ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Anfechtbarkeit der belastenden patentamtlichen Kostenentscheidung daher nicht verneint werden. 2. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Im vorliegenden Verfahren entsprach es gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, mit der Folge, dass jede Beteiligte, die ihr im Widerspruchsverfahren erwachsenen Kosten gem. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen hat. a) Die vom Patent- und Markenamt beschlossene Kostenauferlegung ist im Beschwerdeverfahren gerichtlich nachprüfbar. Nach § 63 Abs. 1 MarkenG „kann das Patentamt in der Entscheidung bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens … einem Beteiligten ganz oder teilweise zu Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht“. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass diese Vorschrift dem Patentamt ein Ermessen einräumt. Es wird indes unterschiedlich beurteilt, inwieweit diese Entscheidung einer Nachprüfbarkeit im Rahmen des patentgerichtlichen Beschwerdeverfahrens unterliegt: aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Ausübung des Ermessens im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Gericht unterliege (BPatGE 10, 310 (312) - Choco Flakes/Choco-Wach; vgl. BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen Manager; BPatG 25 W (pat) 4/01 - TACO BELL; BPatGE 23, 224 (227) - POMOSIN/Pomesin; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 9; Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149); Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 5). Das wird teilweise damit begründet, dass die für das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Regelungen eine dem § 114 VwGO entsprechende Vorschrift nicht enthalten würden (vgl. Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149)), so dass nicht lediglich die in § 114 VwGO vorgesehene beschränkte Prüfung auf Ermessensfehler, sondern eine vollständige Überprüfung vorzunehmen sei. bb) Nach anderer Auffassung sollen die Grundsätze zur eingeschränkten Prüfung von Ermessensentscheidungen gelten (mit ausführlicher Begründung: BPatGE 34, 99 (103 ff.); BPatGE 40, 229 (231) - LA TOUR Nomen est Omen; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/ SYLT; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger-Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 63 Rd. 4). Demnach wäre die Nachprüfung der patentamtlichen Kostenentscheidung durch das Patentgericht in entsprechender Anwendung von § 114 VwGO auf die Beurteilung beschränkt, ob das Ermessen innerhalb des gegebenen Ermessensspielraums rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist (ebenso: BPatGE 40, 229 (231) - LATOUR Nomen est Omen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic). Für diese Rechtsauffassung wird angeführt, dass § 114 VwGO Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes sei, der besage, dass es mit dem Sinn und Zweck einer als Ermessenvorschrift konzipierten Bestimmung nicht vereinbar wäre, wenn auch das - im Rahmen der Billigkeit liegende - „Können“ einer Behörde volljustiziabel wäre (BVerwGE 39, 355 (366)). Diese beschränkte Prüfung sei kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, weil diese Bestimmung nur einen Anspruch auf Rechtmäßigkeits-, nicht jedoch auch Zweckmäßigkeitskontrolle einräume (BPatGE 34, 99 (104)). Es sei daher unzulässig, wenn sich das Gericht durch Vornahme von Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle der zuständigen Behörde setze (BPatGE 34, 99 (104)). In diese Richtung tendiert wohl auch der Bundesgerichtshof, der im Zusammenhang mit patentgerichtlichen Kostenentscheidungen, die eine vergleichbare Billigkeitsentscheidung vorsehen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG), eine Prüfung lediglich im Hinblick auf Ermessensfehler vorzusehen scheint (vgl. BGH GRUR 1966, 493 (495) - Lili; BGH GRUR 1977, 559 zu § 9 Abs. 3 Satz 3 GebrMG, § 33 Abs. 2 Satz 3 PatG, wo es heißt, dass dem Bundespatentgericht ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werde, weshalb die Ausübung dieses Ermessens in Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt darauf hin überprüft werden könne, ob das Beschwerdegericht die dadurch gezogenen Grenzen überschritten habe). cc) Eine nähere Betrachtung des Wortlauts von § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zeigt indes, dass genau zwischen dem unbestimmten Rechtsbegriff der Billigkeit auf Tatbestandseite einerseits und der nach den Grundsätzen von § 114 VwGO und dem durch die Formulierung „kann“ verdeutlichten Ermessen auf Rechtsfolgenseite andererseits zu unterscheiden ist. Soweit dem Patentamt auf Rechtfolgenseite ein Ermessen eingeräumt wird, ist dies nach den Grundsätzen von § 114 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (näher zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens von § 114 VwGO im Markenrecht: BPatGE 34, 99 (103 f.)). Demgegenüber räumt der Gesetzeswortlaut kein ausdrückliches Ermessen ein bei der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung, nämlich entsprechende Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, so dass insoweit eine umfassende gerichtliche Überprüfung vorzunehmen ist. (1) Im traditionellen Normaufbau betrifft eine gesetzliche Ermessenseinräumung die Rechtsfolgenseite, die Frage eines Beurteilungsspielraums infolge unbestimmter Rechtsbegriffe hingegen die Tatbestandsseite einer Norm. Die Subsumtion des Sachverhalts unter einen unbestimmten Rechtsbegriff gilt dabei als kognitiver Akt der Rechtserkenntnis, der im Normalfall wegen Art. 19 Abs. 4 GG uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, selbst wenn es sich um sprachlich weite Begriffe handelt (BVerfG NJW 1991, 2005; BGH NJW 1982, 1058; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 3, 24 a; Geiger, VwGO, 12. Aufl. § 114 Rd. 55, 56 m. w. N.). Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert demjenigen den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird nicht nur der Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen behördlichen Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus (BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.; BVerfGE 64, 261 (279)). Die Regeln über die eingeschränkte Kontrolle des Verwaltungsermessens gelten daher im Normalfall nicht für die Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe können allerdings wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt, weshalb der rechtsanwendenden Behörde in solchen Fällen ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze ausnahmsweise ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen sein kann (vgl. BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein solcher Beurteilungsspielraum vorwiegend angenommen worden, wenn es sich um die Beurteilung in der Zukunft liegender Vorgänge (Prognoseentscheidungen) oder um sonstige Fragen handelt, die eine persönliche Wertung enthalten (vgl. auch BVerfGE 39, 334 (353, 354)). (2) Jedoch gibt es auch Vorschriften, welche die Ermächtigung zu einer Ermessensausübung enthalten, die sich an einem unbestimmten Begriff zu orientieren hat, so dass der Verwaltungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zustehen kann, in dessen Rahmen sie mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (sogenannte Koppelungsentscheidungen, dazu: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BVerwGE 39, 355 (364)). Ob der Verwaltungsbehörde vom Gesetz ein solcher Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, richtet sich nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift (BVerwGE 39, 355 (364)) und ist durch Auslegung zu ermitteln. (3) Die kostenrechtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfordert auf Tatbestandsseite das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten, um eine vom Regelfall (jeder Beteiligte trägt seine Kosten selbst) abweichende Kostenentscheidung zu treffen. Andererseits führt das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten nicht zwingend zu einer vom Regelfall abweichenden Kostenregelung. Vielmehr „kann“ eine Kostenentscheidung des DPMA ergehen. Sie kann aber aus Zweckmäßigkeiterwägungen auch unterbleiben und steht damit im Ermessen des DPMA. Die Struktur des § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG entspricht daher einer sogenannten Koppelungsvorschrift, in der auf Tatbestandsseite ein unbestimmter Rechtsbegriff auftaucht, der mit einem Ermessen auf Rechtsfolgenseite gekoppelt ist. Die Regeln über die nur begrenzte Nachprüfung des Ermessens gelten in diesen Koppelungstatbeständen nur dann auch für die Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe, wenn die Auslegung dies ausnahmsweise gebietet (eingehend dazu: Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 ff.; BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Dies kann der Fall sein, wenn die Norm in spezifischer Weise wertende oder prognostische Elemente beinhaltet, die der Verwaltung vorbehalten sein sollen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23; BVerfG NJW 1991, 2005). Im Zweifel ist jedoch eine volle Justiziabilität anzunehmen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 f). Eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 19.10.1971 ( BVerwGE 39, 355 ff.) zur Auslegung von § 131 Abs. 1 S. 1 AO (in der Fassung des Art. 17 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13.07.1961 - BGBl. I, 981; BStBl. I, 444) scheint wegen der strukturellen Ähnlichkeit dieser Norm mit § 63 Abs. 1 MarkenG auf den ersten Blick dafür zu sprechen, eine Prüfung ausschließlich nach den Grundsätzen für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung vorzunehmen. Die maßgebliche Fassung von § 131 AO lautete: „Im Einzelfall können Steuern und sonstige Geldleistungen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter der gleichen Voraussetzung können bereits entrichtete Steuern und sonstige Geldleistungen erstattet oder angerechnet werden.“ Ähnlich wie § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG knüpft damit auch § 131 AO in der zitierten Fassung an das tatbestandliche Vorliegen einer Billigkeit an, um der Behörde sodann mit einer „kann-Regelung“ ein Ermessen auf Rechtfolgenseite einzuräumen. Für die konkrete Norm des § 131 AO hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entschieden, dass der Begriff „unbillig“ nicht losgelöst davon gewürdigt werden könne, dass er ein „Können“ der Behörde zur Folge habe. Ein völliger Wegfall des Ermessenselements in dieser als typische Ermessensvorschrift geschaffenen Bestimmung könne mit dem Sinn und Zweck derselben nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden (BVerwGE 39, 355 (365 f)). Die Verlagerung des Begriffs „unbillig“ in den Tatbestand der Norm würde einer Ermessensbetätigung praktisch keinen Spielraum mehr lassen, also zu einer nahezu vollständigen Ermessensschrumpfung führen (BVerwGE 39, 355 (365 f.)). Nach den Ausführungen des Gemeinsamen Senats bestehe nämlich insoweit eine unlösbare Verbindung, als der Begriff „unbillig“ in den Ermessensbereich hineinrage und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimme (BVerwGE 39, 355 (366)). Dabei hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe diese Beurteilung wesentlich darauf gestützt, dass sich die Norm an die Eingriffsverwaltung richte und dem Begriff der Billigkeit im Steuerrecht gerade im Bereich der Ermessensentscheidungen eine überragende Bedeutung zukomme, weshalb dieser einheitliche Maßstäbe erfordere (BVerwGE 39, 355 (367)). Andererseits hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe aber auch verdeutlicht, dass nicht für alle Vorschriften, in denen eine Verbindung zwischen einem unbestimmten, einer unmittelbaren Subsumtion nicht zugänglichen Begriff („Billigkeit“) und einem „Können“ der Behörde hergestellt wird, von vornherein festgelegt werden könne, dass die Anwendung der Vorschrift insgesamt nach Ermessensgrundsätzen zu überprüfen sei (BVerwGE 39, 355 (355 ff.); ebenso: BVerwGE 40, 353 (356)). Vielmehr müsse für jede Einzelnorm nach ihrem Sinn und Zweck ermittelt werden, ob sie in den Bereich der Ermessensbetätigung oder der Rechtsanwendung führt (BVerwGE 39, 355 ff.). Für § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG ist indes festzustellen, dass er keinen Fall der Eingriffsverwaltung betrifft und zudem Konstellationen mit mehreren Beteiligten erfasst. Die Benachteiligung eines Beteiligten, die im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren - anders als im Anwendungsbereich des § 131 AO - mit der Annahme eines Billigkeitsfalls verbunden ist, spricht unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG daher eher für eine weitergehende gerichtliche Überprüfung. Während nämlich die Ablehnung einer Billigkeit nach § 131 AO nur zur Versagung eines in das Ermessen der Behörde gestellten Vorteils für den Steuerzahler führen würde, führt eine Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG zur Belastung eines Verfahrensbeteiligten mit den Kosten des Gegners. Deshalb gilt im Markenrecht im Rahmen von § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG uneingeschränkt das Rechtsschutzgebot des Art. 19 Abs. 4 GG, das gerichtlichen Rechtsschutz gerade dann absichern soll, wenn in die Rechtsstellung der Betroffenen nachteilig eingegriffen wird (vgl. ähnliche Wertungen in: BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Demgegenüber führt eine kraft Ermessensausübung unterbliebene Kostenentscheidung nur dazu, das in dieser Weise es bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da hierdurch keine gegenseitigen finanziellen Ansprüche begründet werden, erscheint es insoweit gerechtfertigt, das in dieser Weise ausgeübte Ermessen nur eingeschränkt, nach den Grundsätzen von § 114 VwGO zu überprüfen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass gerade die einheitliche Auslegung des Begriffs der Billigkeit bei markenrechtlichen Kostenentscheidungen für eine umfassende gerichtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Kostenentscheidung spricht. Anderenfalls wäre es nämlich möglich, dass die wortgleich konzipierten Tatbestandsvoraussetzungen in den Vorschriften § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG und § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG im patentamtlichen und im gerichtlichen Verfahren unterschiedlich ausgelegt würden, obwohl ihnen ein einheitlicher Zweck und Rechtsgedanke zu Grunde liegt. Die Regelung in § 71 MarkenG lässt zudem erkennen, dass die wertenden Gesichtspunkte, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind, gerade nicht der Behörde vorbehalten sein sollen, sondern vom Gericht gleichermaßen ergründet werden können und sollen. Aus diesem Grund hat das Gericht im Beschwerdeverfahren auch zu prüfen, ob tatsächlich Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, die eine vom allgemeinen Grundsatz abweichende Kostenregelung für das Verfahren beim Patentamt gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG rechtfertigen. Allerdings käme wohl auch die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgesehene Prüfung zu einem ähnlichen Ergebnis, weil der gemeinsame Senat davon ausgeht, dass es vom Ergebnis her keinen Unterschied mache, ob die Gerichte von einer Ermessensentscheidung ausgehen, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüfen, oder ob die Gerichte zwar von einer Rechtsentscheidung ausgehen, sich aber zur Vermeidung einer "uferlosen" Kontrolle auf eine „taktvolle und behutsame Rechtskontrolle“ beschränken (BVerwGE 39, 355 (368)). b) Vorliegend führt die vom Senat vorzunehmende Nachprüfung der „Billigkeit“ zur Aufhebung der die Widersprechende belastenden Kostenentscheidung. Die Grundsätze der Billigkeit gebieten es - trotz der Rücknahme des Widerspruchs - nicht, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung im Widerspruchsverfahren kommt in der Regel nur in Betracht, wenn der belastete Beteiligte in der Hauptsache unterliegt und zusätzliche, besondere Umstände vorliegen (Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; BPatGE 10, 311 (312); BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/ SYLT; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Der Verfahrensausgang allein kann nämlich kein hinreichendes Kriterium für die Auferlegung von Kosten sein, weil die markenrechtliche Kostenregelung in bewusster Abgrenzung zu § 91 ff. ZPO getroffen wurde (BGH GRUR 1972, 600 (601) - Lewapur; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 11 m. w. N.). Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen erfordert daher einen schuldhaften Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht, die es unbillig erscheinen lassen würde, einen anderen Beteiligten die vermeidbaren Kosten tragen zu lassen (BGH GRUR 1996, 399 (401) - Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224 (227) - Pomesin/POMOSIN; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. § 71 Rd. 11). Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht kann nach h.M. vorliegen, wenn eine Partei in einer erkennbar aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, ihr eigenes rechtliches Interesse durchzusetzen (st. Rspr. BGH GRUR 1966, 493 - Lili; BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; Bücher/Dittmer/Schiwy; Gewerbl. Rechtsschutz 2008, § 63 Rd. 3; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2). Sinn der Kostenvorschrift des § 63 MarkenG ist es nämlich, die Verfahrensbeteiligten zu veranlassen, sorgfältig zu prüfen, ob ihre Rechtsverfolgung sinnvoll und gerechtfertigt ist (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 6 WZG, BlPMZ 1967, 264 (zu Art. 2 Nr. 3); BPatG Mitt. 1976, 99 (99) - DUROMAT/DUROMAT; BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht wird zum Teil auch angenommen, wenn der Widersprechende, nachdem der Inhaber der jüngeren Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten hat, keine Benutzungsunterlagen vorlegt (BPatGE 38, 102 (104 f.) - bonjour; Ekey/Klippel/Bender, MarkenR, Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 7). Dieser Grundsatz könnte gleichermaßen gelten, wenn der Widersprechende nach der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede durch die Gegenseite eine (möglicherweise nachteilige) Entscheidung des Patentamtes in der Hauptsache durch Rücknahme des Widerspruchs vereitelt, wie es vorliegend geschehen ist. Es ist jedoch zu bedenken, dass § 269 Abs. 3 Satz 2 1. HS ZPO mit der dort angeordneten Kostenfolge zu Lasten der zurücknehmenden Partei nicht entsprechend angewendet werden kann (BGH GRUR 1998, 818 (819) - Puma; vgl. Heidelberger Kommentar, Bd. 1, 2. Aufl., MarkenR, Fuchs-Wissemann, § 71 Rd. 3; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 4), weil § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG insoweit eine speziellere Regelung vorsieht, die die Kostenentscheidung auch bei einer Rücknahme des Widerspruchs in das an Billigkeitserwägungen auszurichtende Ermessen des Patentamtes stellt. Die Rücknahme des Widerspruchs als solche rechtfertigt daher keine Kostenauferlegung (BGH GRUR 1998, 818 819) - Puma; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS). Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass es ein legitimes Interesse des Widersprechenden darstellt, zunächst den Widerspruch einzulegen und abzuwarten, ob die Nichtbenutzungseinrede überhaupt erhoben wird. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers handelt es sich schließlich nicht um eine von Amts wegen zu prüfende Einwendung, sondern um eine Einrede, die nur im Falle der Geltendmachung durch einen Beteiligten nach Maßgabe des § 43 MarkenG zu prüfen ist. Hieraus folgt, dass auch der Widerspruch aus einer unbenutzten Marke erfolgreich sein kann, wenn die Nichtbenutzungseinrede nicht erhoben wird. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Verfahren, in denen die Inhaber der angegriffenen Marke keine Nichtbenutzungseinrede erheben (vgl. BPatGE 29, 44 (47) - MULTITOP/Multicop). Zumindest in den Fällen, in denen - wie hier - nicht von vornherein ersichtlich ist, dass die Nichtbenutzungseinrede erhoben werden wird und der Widerspruch unverzüglich nach der Erhebung der Nichtbenutzungseinrede zurückgenommen wird, kann dem Widersprechenden daher nicht der Vorwurf eines sorgfaltswidrigen Verhaltens gemacht werden (ebenso: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 15; BPatGE 29, 44 (47 f.)) - MULTITOP/Multicop). Auch im Übrigen liegt ein Sorgfaltspflichtverstoß der Widersprechenden nicht vor. Allerdings kann die Rechtsverfolgung unter Umständen erkennbar aussichtslos sein bei einem Widerspruch, der wegen offensichtlicher Unähnlichkeit der Vergleichsmarken unbegründet wäre (vgl. dazu: BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 5). Vielfach wird vertreten, dass zu dieser Fallgruppe auch Fälle zählen, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombinationsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil übereinstimmen (BPatG 33 W (pat) 156/04 - FINANZ-PARTNER HAMBURG/FinanzPartner DE; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus /PLUS). Insoweit ist jedoch Zurückhaltung geboten, da die gesetzliche Grundregel auch für Widersprüche mit geringen Erfolgsaussichten gilt (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 7). Von einer erkennbar aussichtslosen Rechtslage kann man daher nicht ausgehen, wenn zur Zeit der Widerspruchseinlegung keine einheitliche Rechtsprechung existiert oder wenn es Entscheidungen zugunsten des Widersprechenden gibt, selbst wenn diese erst nach Widerspruchseinlegung ergangen sind (abweichend: BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS), da durch die abweichenden Entscheidungen belegt wird, dass die Rechtslage sich eben nicht eindeutig gestaltet. Eine einheitliche Entscheidungspraxis allein des Patentamts oder gar einer einzelnen Markenstelle kann dabei eine einheitliche Rechtsprechung nicht ersetzen. An der (subjektiven) Erkennbarkeit kann es zudem auch fehlen, wenn der Widersprechende, z. B. aufgrund einer lückenhaften oder missverständlichen Begründung des Patentamts, Zweifel an der angefochtenen Entscheidung haben durfte (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16). Eine erkennbare Aussichtslosigkeit setzt zudem voraus, dass die Rechtslage überschaubar ist. Das ist nur dann der Fall, wenn es um einzelne Rechtsprobleme geht, deren Beurteilung keine umfassenden Ausführungen und/oder abwägende Bewertungen erfordern. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall angesichts der Umfangs der zu beurteilenden Rechtsprobleme und der nicht in allen Aspekten einheitlichen Entscheidungen nicht vor, so dass eine Kostenauferlegung nicht in Betracht kommt (im Ergebnis ebenso: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS; anders: BPatG 33 W (pat) 159/01 - 1 Plus/MHPlus; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS und BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS). Zum einen hat die Rechtsprechung zur Verwechselbarkeit mehrgliedriger Marken, die nur in einzelnen Bestandteilen übereinstimmen, in den letzten Jahren ständig Änderungen erfahren (vgl. dazu Darstellung bei Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 9 Rd. 246 ff., 258, 260 ff.). Zur Frage, ob bzw. wann aus einem eigentlich schutzunfähigen Bestandteil vorgegangen werden kann und welche Rolle die Verkehrsbekanntheit dabei spielt, existieren verschiedene, nicht vollständig deckungsgleiche Entscheidungen (BGH GRUR 2008, 505 (Nr. 28, 35) - TUC Salzcracker; BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; EuGH GRUR Int. 2005, 221 (Nr. 54) - HUBERT/SAINT HUBERT). Eine gefestigte Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs gibt es ebenfalls nicht. Zum anderen bedarf es der umfassenden Beurteilung einer Vielzahl von Aspekten, die durchaus abwägende Bewertungen beinhalten. Im vorliegenden Fall wäre insbesondere die Frage einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kraft Verkehrsbekanntheit (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 291 ff.) zu prüfen gewesen. Wenngleich zur Schutzunfähigkeit des Zeichenbestandteils „PLUS“ mehrere Entscheidungen existieren (z. B: BPatG Mitt. 1972, 212 - Plus; BPatG 30 W (pat) 41/97 - CABLE PLUS/CANAL PLUS; BPatG 30 W (pat) 140/97 - PLUS; BPatG 33 W (pat) 159/01 - MH-Plus/Xplus; BPatG 24 W (pat) 41/04 - sani plus/SANIFORM PLUS; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar PLUS/PLUS; HABM R724/2007-4 vom 8. September 2008 - bioPLUS/PLUS), ist nicht zu verkennen, dass es auf europäischer Ebene Entscheidungen zu mehrgliedrigen Marken mit dem Bestandteil „Plus“ gibt, die ein anderes Verständnis beschreibender Merkmale andeuten (so z. B.: HABM R 991/2000-3 - BIGPlus; EuG T-0360/00 - UltraPlus; HABM zu WhoisPlus/PLUS, zitiert nach BPatG 25 W (pat) 38/08). Auch das Bundespatentgericht hat die Schutzfähigkeit des Zeichens „PLUS“ zumindest für einzelne Waren anerkannt (BPatG 28 W (pat) 296/03 - Plus: Schutzfähigkeit bejaht für Christbaumschmuck). Zudem hat das Patentamt selbst in drei Entscheidungen, die den Zeichenbestandteil „PLUS“ betrafen, eine (teilweise allerdings nur assoziative) Verwechslungsgefahr angenommen (DPMA vom 29.04.2003 - 2 plus/PLUS - 30083008.4/32; DPMA vom 06.05.2003 - Reisen mit Plus/PLUS - 30126352.3/39; DPMA vom 01.09.2006 - U2B Plus/PLUS - 30037135.7/03). Zudem findet sich im Verfahren vor der Markenstelle - wenngleich unzureichender - Vortrag der Widersprechenden zur Darlegung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wegen Verkehrsbekanntheit, der eine zusätzliche Prüfung erforderlich gemacht hätte. Im Ergebnis kann angesichts der Komplexität der Rechtslage, die sich deutlich aus den umfangreichen Ausführungen in dem Beschluss des BPatG, 25 W (pat) 38/08 - WhoisPlus/PLUS ergibt, nicht davon ausgegangen werden, dass die Widersprechende mit der Einlegung des Widerspruchs eine prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt hätte. Es liegen damit keine Billigkeitsgründe vor, die nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung erlauben würden. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG jede Beteiligte selbst. Eine hiervon abweichende Kostenverteilung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war nicht geboten, denn die Voraussetzungen für eine hiervon abweichende Billigkeitsentscheidung gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zugunsten der Widersprechenden liegen in diesem Verfahren nicht vor (im Ergebnis ebenso zu anderen Verfahren betreffend die Wort-/Bildmarke „PLUS“: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS). Zwar wird in Literatur und Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass im Rahmen isolierter Kostenbeschwerden ein wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis in der Regel nur dann erzielt werden kann, wenn der durch die patentamtliche Kostenentscheidung benachteiligten Partei ein Kostenerstattungsanspruch zugebilligt wird (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217); BPatG 33 W (pat) 187/03) - FOCCUS/FOCUS. Anderenfalls wäre die erfolgreiche Beschwerdeentscheidung praktisch ohne Wert für den Beschwerdeführer, da dieser lediglich von den Kosten des vorangegangenen patentamtlichen Verfahren entlastet würde, zugleich aber diejenigen Kosten, die zur Korrektur der unrichtigen Kostenentscheidung aufzuwenden sind - also die Beschwerdegebühr und seine außergerichtlichen Kosten - selbst tragen müsste (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Eine derartige Betrachtungsweise erscheint zumindest in den Fällen zutreffend, in denen der im Beschwerdeverfahren obsiegende Beteiligte identisch mit dem in der Hauptsache Obsiegenden ist (so in den Verfahren BPatG Mitt. 1973, 215; BPatG Mitt. 1976, 99 - DUROMAT/DUROMAT; BPatG MarkenR 2007, 271 f.). Diese Erwägungen dürfen jedoch nicht zu einer pauschalen Differenzierung nach Verfahrensarten führen (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 15). Eine Billigkeitsentscheidung muss vielmehr stets sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit würdigen. Wenn - wie hier - der Widerspruch nach Erhebung der Nichtbenutzungseinrede zurückgenommen wurde, erschiene es unbillig, die Inhaberin der angegriffenen Marke mit den Gerichts- und Anwaltskosten der ausschließlich im Kostenbeschwerdeverfahren obsiegenden Widersprechenden zu belasten, die eine Entscheidung in der Hauptsache durch die Rücknahme des Widerspruchs vereitelt hat. 4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr erscheint vorliegend angemessen. Gem. § 71 Abs. 3 MarkenG kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr vom Patentgericht angeordnet werden. Anders als in § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG knüpft das Gesetz für den Gebührenerlass in § 71 Abs. 3 MarkenG dem Wortlaut nach nicht an Billigkeitsgesichtspunkte. Dies ermöglicht einen - im Vergleich zur Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG - weitergehenden Spielraum, der sich dadurch erklärt, dass beim Erlass der Beschwerdegebühr, anders als bei einer vom Grundsatz abweichenden Kostenentscheidung, keiner der Beteiligten belastet wird. Gleichwohl kommt eine Erstattung der Beschwerdegebühr nur in Ausnahmefällen in Betracht (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 35; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 31), um dem grundsätzlichen Anliegen des Gesetzgebers, das gerichtliche Beschwerdeverfahren für den Regelfall gebührenpflichtig auszugestalten, gerecht zu werden (abweichend noch: § 13 Abs. 2 WZG; vgl. zur entsprechenden Änderung im Markengesetz: Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BlPMZ 1994, S. 98 (zu § 66 MarkenG)). Ein Gebührenerlass kann z. B. bei erheblichen Verfahrensfehlern des Patentamts angebracht sein; insbesondere bei schlechterdings unvertretbaren Entscheidungen oder einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (BPatG GRUR 2003, 1069 (1070) - Nettpack; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 38 ff. m. w. N.; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 29 ff.; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 14; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 71 Rd. 13). Zwar sind vorliegend keine derartigen erheblichen Fehler ersichtlich, indes war die Beschwerdegebühr ausnahmsweise gem. § 71 Abs. 4 MarkenG an die im Beschwerdeverfahren obsiegende Widersprechende zurückzuzahlen, um so zu verhindern, dass die im Ergebnis erfolgreiche Kostenbeschwerde wirtschaftlich völlig sinnlos wäre. Auf diese Weise bleibt die Widersprechende zwar - ebenso wie die Inhaberin der angegriffenen Marke - weiterhin mit den eigenen Kosten belastet, wird aber zumindest von den gerichtlichen Verfahrenskosten entlastet, die letztlich erst infolge der im Beschwerdeverfahren korrigierten Kostenentscheidung des DPMA erforderlich wurden. Dieses Ergebnis entspricht schließlich auch der in Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach Beschwerden nach § 11 Abs. 2 PatKostG, also Beschwerden gegen eine Entscheidung des DPMA über eine Kostenerinnerung, gebührenfrei sind.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006630
BPatG
München
26. Senat
20100714
26 W (pat) 110/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "WER KENNT WEN" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 55 714 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker und des Richters am OLG Lehner beschlossen: Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Februar 2009 aufgehoben.
I Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke 307 55 714 WER KENNT WEN für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28, 35, 38, 41 und 42 teilweise zurückgewiesen, und zwar unter anderem für folgende Waren und Dienstleistungen: „Klasse 9: Magnetaufzeichnungsträger; mit Programmen versehene Datenträger aller Art, Computer-Software, einschließlich Spiele-Software; Compact Discs (Ton, Bild); CD-ROMs; DVDs; elektronische Spiele, soweit in Klasse 9 enthalten; Videospiele, soweit in Klasse 9 enthalten Klasse 28: geldbetätigte Spielautomaten (Maschinen); Münzspielautomaten; Unterhaltungsgeräte, nämlich Spielautomaten; Spielkarten Klasse 35: Marketing, Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, nämlich betriebswirtschaftliche Beratung und organisatorische Beratung Klasse 38: Telekommunikation; elektronische Nachrichtenübermittlung, Sammeln und Liefern von Nachrichten im Rahmen der Dienstleistungen einer Presseagentur, Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen sowie Sendungen im Internet und anderen audiovisuellen Medien; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerspiele online oder mit Hilfe eines globalen Computernetzwerkes; Bereitstellung einer interaktiven Plattform zum Austausch von Informationen, insbesondere Kontaktinformationen aller Art; elektronisches Übermitteln von Nachrichten, Informationen, Bildern und Texten aller Art (Social Networking) Klasse 41: Durchführung von Gewinnspielen; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten, Party-Planung (Unterhaltung); Veranstaltung von Events (Unterhaltung) und Unterhaltungsshows (Unterhaltung); Betrieb von Clubs Klasse 42: Erstellen und Vermietung von technischen Lösungen für die Informationstechnologie; technische Beratung, gerichtet auf die Entwicklung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische Beratung beim Einsatz von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratung im Zusammenhang mit Telekommunikation, Internet, Extranets, Intranets; Konzeption, Implementierung und Konfiguration von Hardware, Software und EDV-Netzen als Dienstleistung (soweit in Klasse 42 enthalten); Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Implementierung und Konfiguration von individuellen Intra-, Extra- und Internetlösungen, soweit in Klasse 42 enthalten; Dienstleistungen eines Programmierers, nämlich Aufbau von Internetplattformen“. Zur Begründung ist ausgeführt, der angemeldeten Marke ermangele es im Umfang ihrer Zurückweisung an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft. Beim Kennzeichen „WER KENNT WEN“ handele es sich um eine sloganartige Wortfolge mit einer fragenden Sachaussage und mit einem in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen in jeder Hinsicht schlagwortartigen und beschreibenden Charakter ohne herkunftshinweisende Funktion. Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Die Markenstelle habe verkannt, dass bei der Prüfung der Unterscheidungskraft im Anmeldeverfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Die Wortfolge „WER KENNT WEN“ sei kurz und prägnant und damit für den Verkehr als Herkunftshinweis besonders eingängig. Ein sachbeschreibender Zusammenhang der angemeldeten Wortfolge zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen sei nicht erkennbar. Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin ihr Waren- und Dienstleistungsverzeichnis auf die vorstehend im Einzelnen aufgeführten, vom angegriffenen Teilzurückweisungsbeschluss der Markenstelle erfassten Waren und Dienstleistungen beschränkt. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Februar 2009 im angefochtenen Umfang seiner Zurückweisung aufzuheben. II Die zulässige Beschwerde erweist sich nach der Beschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses als begründet. Im Umfang der für die Beschwerdeentscheidung noch maßgeblichen Anmeldung steht der Marke „WER KENNT WEN“ kein Schutzhindernis, insbesondere nicht mangelnde Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 809 - Philips ; GRUR 2003, 604, 607 - Libertel ). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO ). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500, 504 - Postkantoor ; GRUR Int. 2004, 631, 633 - Dreidimensionale Tablettenform I ). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch ; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ). Werbeslogans wie das Anmeldezeichen „WER KENNT WEN“ sind hierbei wie andere Wortmarken zu behandeln, unterliegen also keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier ; GRUR 2000, 323 - Partner with the Best ; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns ; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft ). Der anpreisende Sinn einer Wortmarke schließt nicht aus, dass sie geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich, dass, sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 - Vorsprung durch Technik ). Hiernach kann der Prüfmarke im Umfang der im Beschwerdeverfahren noch relevanten Waren und Dienstleistungen die für eine Eintragung erforderliche hinreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die angemeldete Marke vermittelt dem angesprochenen Verkehr im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen eine mehrdeutige, interpretationsbedürftige Aussage, die von einer beschreibenden Sachangabe wegführt und wie ein Herkunftshinweis wirkt. Die Wortfolge „WER KENNT WEN“ erweist sich außerhalb des Bereichs der Anbahnung und Vermittlung von Kontakten als indirekte Frage des alltäglichen Lebens als originelle und prägnante Bezeichnung, durch die dem angesprochenen Verkehr eine sachbeschreibende Bedeutung nicht nahegelegt wird. Der Verbraucher wird hierin vielmehr einen Hinweis auf die Herkunft der solchermaßen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sehen.
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Deutschland
deutsch
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public
JURE109006631
BPatG
München
26. Senat
20100721
26 W (pat) 159/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "Francini (Wort-Bild-Marke)/GRANINI" - keine gesteigerte Kennzeichnungskraft durch überragende Verkehrsbekanntheit - keine Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 01 428 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der für die Waren der Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) registrierten Wort-/Bildmarke 306 01 428 ist aus der für die Waren der Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Bonbons, Fruchtgummis, Kaugummi und andere Süßigkeiten; Honig; Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis; Klasse 32: Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) registrierten prioritätsälteren Wortmarke 303 15 871 GRANINI Widerspruch erhoben worden. Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch unter Berücksichtigung teilweise bestehender Warenidentität bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - eine allenfalls für die Waren „Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ in Betracht zu ziehende gesteigerte Kennzeichnungskraft sei nicht nachgewiesen - halte die angegriffene Marke einen ausreichenden Zeichenabstand ein. In phonetischer Hinsicht wiesen der prägende Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Francini“ und die Widerspruchsmarke „Granini“ ein deutlich unterschiedliches Klanggefüge auf. „Francini“ sei aus den Silben „Fran“, „ci“ und „ni“ zusammengesetzt, „Granini“ lasse sich in „Gra“, „ni“ und „ni“ aufspalten. Zwar ergebe der Silbenvergleich, dass deren Anzahl gleich und die jeweils letzte Silbe „ni“ identisch sei. Darüber hinaus wiesen die beiden ersten Silben denselben Vokal „a“ auf. Allerdings verliehen die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben der ersten („F“ bzw. „G“) und zweiten („c“ bzw. „n“) Silbe einen durchaus hörbaren abweichenden Klang, der ein Auseinanderhalten beider Zeichen gewährleiste. Hinzu komme, dass die Endung „ini“ als bekannte italienische Verkleinerungsform (vgl. Spaghetti/Spaghettini, Amaretti/Amarettini, Pane/Panini) kennzeichnungsschwach sei und sich die Aufmerksamkeit des Verkehrs somit besonders auf die Wortanfänge richte. Schließlich verbinde der Verkehr mit „Francini“ einen häufig vorkommenden italienischen Familiennamen, wohingegen „Granini“ keine entsprechenden Assoziationen hervorrufe. Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach habe die Markenstelle verkannt, dass die Widerspruchsmarke ausweislich der im Verfahren vor dem Amt vorgelegten Ergebnisse einer von ihr in Auftrag gegebenen Verkehrsbefragung überragende Verkehrsbekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen genieße. Angesichts teilweise bestehender Warenidentität hätte die angegriffene Marke bei dieser Sachlage einen größeren Zeichenabstand einhalten müssen, um eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausschließen zu können. Insoweit sei insbesondere auf die Gemeinsamkeiten der Vergleichszeichen in der Anzahl der Silben von „Francini“ und „Granini“, im Sprechrhythmus, in der Vokalfolge und in einer weitgehend gleichen Anordnung der Buchstaben hinzuweisen. Mit Ausnahme der unterschiedlichen Anfangsbuchstaben stimmten der Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Francini“ und die Widerspruchsmarke „Granini“ nahezu vollständig überein. In ähnlich gelagerten Fällen habe das Bundespatentgericht in der Vergangenheit wiederholt das Bestehen einer klanglichen Verwechslungsgefahr festgestellt. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2009 und vom 1. Februar 2008 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er dem Löschungsbegehren der Widersprechenden aus seiner Sicht bestehende erhebliche schriftbildliche und klangliche Unterschiede der Vergleichszeichen entgegengehalten. Zum weiteren Vorbringen wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts ist frei von Rechtsfehlern. Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die gegen diese Feststellung der Markenstelle erhobenen Einwände verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1067/1068 - Kinderzeit ; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz ; GRUR 2006, 60, 61 - cocodrillo ; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May ). Die für die Vergleichsmarken eingetragenen Waren der Klassen 32 und 33 sind identisch. Ohne Erfolg beruft sich die Widersprechende auf eine überragende Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke „Granini“. Die im Verfahren vor der Markenstelle vorgelegten Unterlagen des Marktforschungsinstituts GfK rechtfertigen nicht die Annahme einer - vom Markeninhaber bestrittenen - gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Zur Feststellung der gesteigerten Verkehrsbekanntheit die angesichts des Bestreitens durch den Markeninhaber ohne weiteres aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich sein muss (vgl. BPatG GRUR 1997, 840 - Lindora/Linola), bedarf es der Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Einzelfall wie des Marktanteils der Marke, deren Dauer, Intensität und geographische Verbreitung, die für die Marke getätigten Werbeaufwendungen, sowie des Anteils der Verkehrskreise, die die mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. Ströbele/ Hacker , MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 114). Diese Anforderungen erfüllen die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen nicht. So enthalten etwa die Umfragen keine Angaben zum befragten Verkehrskreis oder über den Marktanteil von „Granini“. Zudem bezieht sich die Verkehrsbefragung nicht auf die Widerspruchsmarke „Granini“ in der eingetragenen Form, sondern auf „granini Schorle“, „granini Netto“ und „granini Saft“. Schließlich endet der Umfragezeitraum mit Beginn des Jahres 2007. Der Nachweis einer gestärkten Kennzeichnungskraft aufgrund einer gesteigerten Verkehrsbekanntheit ist jedoch nicht nur für den Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke zu führen, sondern auch für den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Ströbele/ Hacker a. a. O., § 9 Rn. 147). Den dem angesprochenen Verkehr zugehörigen Mitgliedern des Senats ist die Marke „Granini“ als Fruchtsaftgetränk zwar durchaus bekannt. Dies ist im Streitfall jedoch allenfalls geeignet, zugunsten der Widersprechenden eine leicht überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Granini“ für die eingetragenen Waren der Klasse 32 „Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ zu begründen. Hiervon ausgehend hält die angegriffene Marke einen ausreichenden Zeichenabstand ein, um der Gefahr einer Verwechslung erfolgreich begegnen zu können. Zwar weisen der Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Francini“ und die Widerspruchsmarke „Granini“ in klanglicher Hinsicht Gemeinsamkeiten wie eine identische Silbenzahl und Vokalfolge sowie die übereinstimmende Schlusssilbe „ni“ auf. Die bestehenden phonetischen Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken führen gleichwohl aus der Verwechslungsgefahr heraus, auch wenn man davon ausgeht, dass die Bestandteile „FRANCESCA EMILIA“ innerhalb der angegriffenen Marke gegenüber dem Bestandteil „Francini“ als Hinweis auf den Namen des Herstellers, in dem der Verkehr nicht ohne weiteres einen Herkunftshinweis vermutet (vgl. Ströbele/ Hacker a. a. O., § 9 Rn. 317), zurücktreten. Die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben der ersten und zweiten Silbe („F“ und „c“ bei „Francini“ einerseits und „G“ sowie „n“ bei „Granini“ andererseits) verleihen den Vergleichsmarken nämlich ein voneinander erheblich abweichendes Klanggefüge. Während es sich bei „F“ um einen weichen Lippenlaut handelt, stellt sich der Anfangsbuchstabe „G“ als ein eher kurz und hart gesprochener Gaumenlaut dar. Die mit dem Buchstaben „c“ beginnende zweite Silbe „ci“ von „Francini“ wird hart und markant ausgesprochen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verbraucher die Silbe italienisch („tschi“) oder deutsch („tsi“ oder „ki“) ausspricht. Demgegenüber klingt die mittlere Silbe „ni“ von „Granini“ weich und harmonisch. Nachdem die gemeinsame Endung „ini“ am Wortende von „Francini“ und „Granini“ den zutreffenden Feststellungen der Markenstelle zufolge dem Verkehr als gängiger Hinweis auf eine Verkleinerungsform in der italienischen Sprache bzw. auf einen Eigennamen geläufig und somit als eher kennzeichnungsschwach einzuordnen ist, wird der Verbraucher den Anfangs- und Mittelsilben der Vergleichszeichen erhöhte Aufmerksamkeit widmen; ihm werden die dargestellten phonetischen Unterschiede nicht verborgen bleiben. Vorstehende Ausführungen gelten entsprechend bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht. Insbesondere die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben „F“ bzw. „G“ wird der Verkehr, der erfahrungsgemäß dem Wortanfang mehr Beachtung schenkt als den übrigen Wortbestandteilen, zur Kenntnis nehmen. Gegen eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr spricht zudem, dass der Bildbestandteil der angegriffenen Marke in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung findet. Da es sich beim Bildbestandteil der angegriffenen Marke nicht lediglich um eine völlig bedeutungslose grafische Gestaltung handelt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung der angegriffenen Marke sich ausschließlich an deren Wortbestandteilen orientiert, so dass auch der Bildbestandteil der angegriffenen Marke beim Zeichenvergleich zu berücksichtigen ist (vgl. Ströbele/ Hacker a. a. O., § 9 Rn. 335/336). Ohne Erfolg beruft sich die Widersprechende darauf, dass das Bundespatentgericht in ähnlich gelagerten Fällen eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit festgestellt habe. Diesen lagen im Verhältnis zum Streitfall nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde. Anhaltspunkte für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht oder für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind nicht dargetan und nach Sachlage auch nicht ersichtlich. Der Fall bietet keinen Anlass, vom Grundsatz, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG), abzuweichen.
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26. Senat
20100721
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Markenbeschwerdeverfahren - "Francini/GRANINI" - keine gesteigerte Kennzeichnungskraft durch überragende Verkehrsbekanntheit - keine Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 01 444 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der für die Waren der Klasse 32: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) registrierten Wort-/Bildmarke 306 01 444 Francini ist aus der für die Waren der Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Bonbons, Fruchtgummis, Kaugummi und andere Süßigkeiten; Honig; Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis; Klasse 32: Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) registrierten prioritätsälteren Wortmarke 303 15 871 GRANINI Widerspruch erhoben worden. Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, auch unter Berücksichtigung teilweise bestehender Warenidentität bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke - eine allenfalls für die Waren „Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ in Betracht zu ziehende gesteigerte Kennzeichnungskraft sei nicht nachgewiesen - halte die angegriffene Marke einen ausreichenden Zeichenabstand ein. In phonetischer Hinsicht wiesen der prägende Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Francini“ und die Widerspruchsmarke „Granini“ ein deutlich unterschiedliches Klanggefüge auf. „Francini“ sei aus den Silben „Fran“, „ci“ und „ni“ zusammengesetzt, „Granini“ lasse sich in „Gra“, „ni“ und „ni“ aufspalten. Zwar ergebe der Silbenvergleich, dass deren Anzahl gleich und die jeweils letzte Silbe „ni“ identisch sei. Darüber hinaus wiesen die beiden ersten Silben denselben Vokal „a“ auf. Allerdings verliehen die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben der ersten („F“ bzw. „G“) und zweiten („c“ bzw. „n“) Silbe einen durchaus hörbaren abweichenden Klang, der ein Auseinanderhalten beider Zeichen gewährleiste. Hinzu komme, dass die Endung „ini“ als bekannte italienische Verkleinerungsform (vgl. Spaghetti/Spaghettini, Amaretti/Amarettini, Pane/Panini) kennzeichnungsschwach sei und sich die Aufmerksamkeit des Verkehrs somit besonders auf die Wortanfänge richte. Schließlich verbinde der Verkehr mit „Francini“ einen häufig vorkommenden italienischen Familiennamen, wohingegen „Granini“ keine entsprechenden Assoziationen hervorrufe. Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach habe die Markenstelle verkannt, dass die Widerspruchsmarke ausweislich der im Verfahren vor dem Amt vorgelegten Ergebnisse einer von ihr in Auftrag gegebenen Verkehrsbefragung überragende Verkehrsbekanntheit bei den angesprochenen Verkehrskreisen genieße. Angesichts teilweise bestehender Warenidentität hätte die angegriffene Marke bei dieser Sachlage einen größeren Zeichenabstand einhalten müssen, um eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausschließen zu können. Insoweit sei insbesondere auf die Gemeinsamkeiten der Vergleichszeichen in der Anzahl der Silben von „Francini“ und „Granini“, im Sprechrhythmus, in der Vokalfolge und in einer weitgehend gleichen Anordnung der Buchstaben hinzuweisen. Mit Ausnahme der unterschiedlichen Anfangsbuchstaben stimmten der Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Francini“ und die Widerspruchsmarke „Granini“ nahezu vollständig überein. In ähnlich gelagerten Fällen habe das Bundespatentgericht in der Vergangenheit wiederholt das Bestehen einer klanglichen Verwechslungsgefahr festgestellt. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juni 2009 und vom 28. Februar 2008 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er dem Löschungsbegehren der Widersprechenden aus seiner Sicht bestehende erhebliche schriftbildliche und klangliche Unterschiede der Vergleichszeichen entgegengehalten. Zum weiteren Vorbringen wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts ist frei von Rechtsfehlern. Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die gegen diese Feststellung der Markenstelle erhobenen Einwände verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1067/1068 - Kinderzeit ; GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz ; GRUR 2006, 60, 61 - cocodrillo ; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May ). Die für die Vergleichsmarken eingetragenen Waren der Klassen 32 und 33 sind identisch. Ohne Erfolg beruft sich die Widersprechende auf eine überragende Verkehrsbekanntheit der Widerspruchsmarke „Granini“. Die im Verfahren vor der Markenstelle vorgelegten Unterlagen des Marktforschungsinstituts GfK rechtfertigen nicht die Annahme einer - vom Markeninhaber bestrittenen - gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Zur Feststellung der gesteigerten Verkehrsbekanntheit die angesichts des Bestreitens durch den Markeninhaber ohne weiteres aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich sein muss (vgl. BPatG GRUR 1997, 840 - Lindora/Linola), bedarf es der Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Einzelfall wie des Marktanteils der Marke, deren Dauer, Intensität und geographische Verbreitung, die für die Marke getätigten Werbeaufwendungen, sowie des Anteils der Verkehrskreise, die die mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. Ströbele/ Hacker , MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 114). Diese Anforderungen erfüllen die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen nicht. So enthalten etwa die Umfragen keine Angaben zum befragten Verkehrskreis oder über den Marktanteil von „Granini“. Zudem bezieht sich die Verkehrsbefragung nicht auf die Widerspruchsmarke „Granini“ in der eingetragenen Form, sondern auf „granini Schorle“, „granini Netto“ und „granini Saft“. Schließlich endet der Umfragezeitraum mit Beginn des Jahres 2007. Der Nachweis einer gestärkten Kennzeichnungskraft aufgrund einer gesteigerten Verkehrsbekanntheit ist jedoch nicht nur für den Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke zu führen, sondern auch für den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Ströbele/ Hacker a. a. O., § 9 Rn. 147). Den dem angesprochenen Verkehr zugehörigen Mitgliedern des Senats ist die Marke „Granini“ als Fruchtsaftgetränk zwar durchaus bekannt. Dies ist im Streitfall jedoch allenfalls geeignet, zugunsten der Widersprechenden eine leicht überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „Granini“ für die eingetragenen Waren der Klasse 32 „Fruchtgetränke und Fruchtsäfte“ zu begründen. Hiervon ausgehend hält die angegriffene Marke einen ausreichenden Zeichenabstand ein, um der Gefahr einer Verwechslung erfolgreich begegnen zu können. Zwar weisen der Wortbestandteil der angegriffenen Marke „Francini“ und die Widerspruchsmarke „Granini“ in klanglicher Hinsicht Gemeinsamkeiten wie eine identische Silbenzahl und Vokalfolge sowie die übereinstimmende Schlusssilbe „ni“ auf. Die bestehenden phonetischen Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken führen gleichwohl aus der Verwechslungsgefahr heraus, auch wenn man davon ausgeht, dass die Bestandteile „FRANCESCA EMILIA“ innerhalb der angegriffenen Marke gegenüber dem Bestandteil „Francini“ als Hinweis auf den Namen des Herstellers, in dem der Verkehr nicht ohne weiteres einen Herkunftshinweis vermutet (vgl. Ströbele/ Hacker a. a, O., § 9 Rn. 317), zurücktreten. Die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben der ersten und zweiten Silbe („F“ und „c“ bei „Francini“ einerseits und „G“ sowie „n“ bei „Granini“ andererseits) verleihen den Vergleichsmarken nämlich ein voneinander erheblich abweichendes Klanggefüge. Während es sich bei „F“ um einen weichen Lippenlaut handelt, stellt sich der Anfangsbuchstabe „G“ als ein eher kurz und hart gesprochener Gaumenlaut dar. Die mit dem Buchstaben „c“ beginnende zweite Silbe „ci“ von „Francini“ wird hart und markant ausgesprochen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verbraucher die Silbe italienisch („tschi“) oder deutsch („tsi“ oder „ki“) ausspricht. Demgegenüber klingt die mittlere Silbe „ni“ von „Granini“ weich und harmonisch. Nachdem die gemeinsame Endung „ini“ am Wortende von „Francini“ und „Granini“ den zutreffenden Feststellungen der Markenstelle zufolge dem Verkehr als gängiger Hinweis auf eine Verkleinerungsform in der italienischen Sprache bzw. auf einen Eigennamen geläufig und somit als eher kennzeichnungsschwach einzuordnen ist, wird der Verbraucher den Anfangs- und Mittelsilben der Vergleichszeichen erhöhte Aufmerksamkeit widmen; ihm werden die dargestellten phonetischen Unterschiede nicht verborgen bleiben. Vorstehende Ausführungen gelten entsprechend bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher Hinsicht. Insbesondere die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben „F“ bzw. „G“ wird der Verkehr, der erfahrungsgemäß dem Wortanfang mehr Beachtung schenkt als den übrigen Wortbestandteilen, zur Kenntnis nehmen. Ohne Erfolg beruft sich die Widersprechende darauf, dass das Bundespatentgericht in ähnlich gelagerten Fällen eine die Verwechslungsgefahr begründende Zeichenähnlichkeit festgestellt habe. Diesen lagen im Verhältnis zum Streitfall nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde. Anhaltspunkte für eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht oder für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind nicht dargetan und nach Sachlage auch nicht ersichtlich. Der Fall bietet keinen Anlass, vom Grundsatz, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG), abzuweichen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006634
BPatG
München
27. Senat
20100706
27 W (pat) 251/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Gourmet (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 44 480 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Januar 2008 und vom 11. August 2009 werden insoweit aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz für Schreibwaren und Büroartikel versagt worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 15. Februar 2008 die Anmeldung der Darstellung als Marke für die Waren und Dienstleistungen Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie in Klasse 16 enthalten sind; Schreibwaren; Büroartikel (soweit in Klasse 16 enthalten); Bücher; Zeitungen; Zeitschriften; Druckereierzeugnisse, Kalender, Fotografien und Lichtbilderzeugnisse; Werbung; Herausgabe von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form für Werbezwecke; Werbung im Internet für Dritte, Präsentation von Waren in Kommunikationsmedien für Dritte, Marketing; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, kulturellen und sportlichen Live-Events; Dienstleistungen eines Verlages, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, jeweils einschließlich gespeicherter Ton und Bildinformation und auch in elektronischer Form; Online-Publikationen von Büchern und Zeitschriften in elektronischer Form, auch im Internet; Fernsehunterhaltung; Produktion von Fernseh- und Rundfunksendungen und Live-Unterhaltungsshows und -programmen; Zusammenstellung von Fernseh- und Rundfunkprogrammen und Live-Unterhaltungsshows und -programmen; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Vergabe von Preisen und Auszeichnungen zu Unterhaltungszwecken; Veranstaltung von Preisverleihungen zu Unterhaltungszwecken nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die Marke habe für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen unmittelbar und ausschließlich beschreibenden und werbeüblich anpreisenden Charakter, weil das Publikum sie ohne Weiteres als Hinweis darauf verstehe, so bezeichnete Angebote richteten sich an Gourmets oder befassten sich hiermit inhaltlich. Die dagegen gerichtete Erinnerung der Anmelderin hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 11. August 2009 zurückgewiesen. Nach Auffassung der Erinnerungsprüferin eigne sich der Begriff „Gourmet“ als Synonym für „Feinschmecker“ oder „Genießer“ sowohl als Bestimmungs- als auch als Beschaffenheitsangabe. Auch wenn ein solches Verständnis zunächst nur im Zusammenhang mit Lebensmitteln und Speisen bestehe, sei es nach der Lebenserfahrung naheliegend, ihn entsprechend auf anderen Gebieten einzusetzen, da die Verbraucher an personifizierte Angaben mit beschreibendem Produktbezug und Wertversprechen im übertragenen Sinn gewöhnt seien; für viele Waren und Dienstleistungen eigne sich der Begriff daher zur Bezeichnung einer besonderen Qualität, aber auch zur Bezeichnung des möglichen Käuferkreises. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil der Begriff keinen produktbeschreibenden Charakter hätte. Dass er ein allgemeines Wertversprechen enthalte, entspreche nicht der Verkehrsauffassung; hierfür gebe es auch keine Verwendungsbeispiele. Auch sei ein solches Verständnis für andere Waren als Lebensmittel fernliegend. Der Hinweis auf einen möglichen Käuferkreis rechtfertige keine Zurückweisung, denn hiermit könnten alle erdenklichen personifizierten Angaben als Marke zurückgewiesen werden; wenn aber beispielsweise „Royal“ oder „Maestro“ als Marken zugelassen worden seien, müsse dies auch für den Begriff „Gourmet“ gelten. Die Markenstelle habe ferner zu Unrecht die grafische Gestaltung der Marke außer acht gelassen. Schließlich sprächen für die Schutzfähigkeit zahlreiche Voreintragungen mit dem Bestandteil „Gourmet“. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Januar 2008 und 11. August 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. Die nach § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat nur zu einem Teil Erfolg, da die Anmeldemarke für die beanspruchten Waren „Schreibwaren; Büroartikel“ nicht nach §§ 37, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Hinsichtlich der weiteren beanspruchten Waren und Dienstleistungen teilt demgegenüber der Senat die Auffassung der Markenstelle, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, derzufolge einer Eintragung jedenfalls das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegensteht. 1. Mit Ausnahme der beiden vorgenannten Waren fehlt der Anmeldemarke für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. a) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] - Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] - SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Waren „Schreibwaren; Büroartikel“ aber der Fall, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, diese beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) und auch die grafische Gestaltung wegen ihrer Werbeüblichkeit einen Schutz der angemeldeten Kennzeichnung nicht begründen kann (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 - antiKALK). c) Für die meisten der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wird das Publikum den Wortbestandteil „Gourmet“, selbst wenn es bislang für diese Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde, als Angabe möglicher Merkmale dieser Waren und Dienstleistungen verstehen (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD). Wie auch die Anmelderin nicht in Abrede stellt, hat sich der ursprünglich aus dem Französischen stammende Begriff „Gourmet“ als Synonym für „Feinschmecker“, „Genießer“ auch im deutschen Sprachkreis eingebürgert. Da sich die meisten Waren der Klasse 16 aber mit diesem Thema befassen können, kommt der Begriff für sie als mögliche Beschaffenheitsangabe in Form der Angabe des Gegenstandes und Themas in Betracht. Die beanspruchten Dienstleistungen wiederum können sich an Personen wenden, die Feinschmecker sind oder sich hierfür halten, so dass das Publikum den Begriff „Gourmet“ für diese Dienstleistungen ohne Weiteres als mögliche Angabe derjenigen verstehen wird, an welche sich diese Dienstleistungen in erster Linie wenden. Darüber hinaus teilt der Senat auch die Ansicht, dass das Publikum, obwohl der Begriff „Gourmet“ bislang vorrangig in Zusammenhang mit Essen und Trinken verwendet wird, keine Mühe hat, ihn bei einer Verwendung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die keine unmittelbare Verbindung zum Genuss von Lebensmitteln und Getränken haben, bei denen aber ästhetische Überlegungen bei der Produktauswahl eine große Rolle spielen können, im übertragenen Sinn zu verstehen. Dies kann insbesondere bei den Waren „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien“ der Fall sein, weil bei diesen Produkten, insbesondere wenn sie in Zusammenhang mit künstlerischen Tätigkeiten Verwendung finden sollen, ästhetische Gesichtspunkte bei ihrer Auswahl und der Kaufentscheidung im Vordergrund stehen, was sich insbesondere bei der technischen Fertigung dieser Waren - wie etwa ihrer Stärke, Imprägnierung oder Farbgebung - widerspiegelt. In Zusammenhang mit solchen Waren liegt es für das Publikum aber nahe, den Begriff „Gourmet“, der ihm als Bezeichnung der Zielgruppe besonders hochwertig hergestellter Gerichte und Getränke und ausgehend hiervon auch gleichermaßen als Qualitätsangabe der zubereiteten Speisen und Getränke selbst geläufig ist, in gleicher Weise auch auf die mögliche Käuferschicht solcher Produkte und deren Qualität zu erstrecken, bei denen in gleichem Maße wie bei der Zubereitung von Lebensmitteln und Getränken besondere Qualitätsansprüche gestellt zu werden pflegen. In Zusammenhang mit (hochwertigem) Papier wird das Publikum den Begriff „Gourmet“ daher nur als bloßen Sachhinweis auf dessen besondere ästhetische Qualität verstehen. Ferner finden die genannten Materialien Verwendung bei der Verpackung von Lebensmitteln; wobei sie Einfluss auf Haltbarkeit, Geschmack etc. haben können, worauf gerade Genießer großen Wert legen. Entsprechendes gilt für die Freiheit von Schadstoffen und die durch die Art der Verpackung beeinflusste Verzehrweise. Etwas Anderes gilt indessen für Schreibwaren und Büroartikel, weil bei ihnen ästhetische Überlegungen in aller Regel hinter die im Vordergrund stehende Funktionalität zurücktreten, so dass der Verbraucher den Begriff „Gourmet“ hier erst nach einer analysierenden Betrachtung, zu welcher er aber nicht neigt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 1992, 515, 516 - Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 - PROTECH), als möglichen Hinweis auf eine besondere ästhetische Qualität dieser Waren verstehen könnte. Insoweit war, da aus diesem Grund auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Anmeldemarke für diese Waren nicht besteht, der Beschwerde stattzugeben. d) Soweit es die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen betrifft, ergibt sich eine Schutzfähigkeit der Anmeldemarke auch nicht aus ihrer grafischen Gestaltung, weil diese über eine (werbe-)übliche stilisierte Schreibschrift nicht hinausgeht und damit angesichts des beschreibenden Begriffsinhalts dem Publikum keinen Anlass bietet, abweichend vom beschreibenden Begriffsverständnis in der angemeldeten Darstellung allein wegen ihrer Grafik einen Herkunftshinweis zu sehen. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbarer Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist nämlich keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus); GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). 2. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke nur zu einem kleinen Teil zu Unrecht die Eintragung versagt hatte, während sie die Anmeldung im Übrigen zutreffend wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen hat, konnte der Beschwerde der Anmelderin nur zu einem Teil stattgegeben werden, während sie im Übrigen erfolglos bleibt.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006635
BPatG
München
29. Senat
20100811
29 W (pat) 52/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "consulting@work" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 066 574.2 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 11. August 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35: Marketing, Werbung zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Das Wortzeichen consulting@work ist am 17. Oktober 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 35: Unternehmensberatung, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalberatung, Marketing, Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung. Mit Beschluss vom 2. Februar 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich dieses Wortzeichen sprachüblich aus den auch in Deutschland bekannten englischen Wortelementen, nämlich dem Wort "consulting" mit der Bedeutung "Beratung, Unternehmensberatung" und dem mittels des "@"-Zeichens angeschlossenen Wort "work", das mit "Arbeit" zu übersetzen sei, zusammensetze, so dass die von den angesprochenen Verkehrskreisen als "Beratung bei der Arbeit" verstandene Gesamtbezeichnung die beanspruchten Dienstleistungen dahingehend beschreibe, dass es sich um Beratungsdienste handele, die der Arbeit von Unternehmen dienlich sei oder im Unternehmen des Kunden erbracht würden. Einen Eintragungsanspruch könne der Anmelder auch nicht aus der vermeintlich vergleichbaren Voreintragung "Camera Work" herleiten, weil die weit verbreitete Begriffsbildung des Anmeldezeichens, wie z. B. bei den abgelehnten Zeichen "surf@home", "Fun@home" oder "safe@work", ein abweichendes Ergebnis rechtfertige. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Februar 2009 aufzuheben. Die eingelegte Beschwerde hat der Anmelder nicht begründet. Im Verfahren vor dem DPMA hat er sich auf die Voreintragung "Camera Work" berufen und auf den Umstand hingewiesen, dass das angemeldete Zeichen in der englischen Sprache nicht existiere und keine gebräuchliche Wortkombination darstelle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet. 1. Der Eintragung des vorliegenden Wortzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 im tenorierten Umfang kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, entgegen. a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 -SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner). b) Das angemeldete Wortzeichen weist für die in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen im tenorierten Umfang weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann. aa) Die angemeldete Marke setzt sich aus dem englischen Adjektiv "consulting", dem Schriftzeichen @ und dem englischen Substantiv "work" zusammen. aaa) Der Markenbestandteil "consulting" stammt von dem englischen Verb "consult" ab und wird mit "beratend" übersetzt (Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]). Er hat aber auch Eingang in die deutsche (Wirtschafts-)Sprache gefunden und ist mit der Bedeutung "Beratung; Beratertätigkeit (besonders in der Wirtschaft)" (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]) geläufig. Im Bereich der Wirtschaft wird unter "Consulting" die individuelle Aufarbeitung betriebswirtschaftlicher Problemstellungen durch Interaktion zwischen externen, unabhängigen Personen oder Beratungsorganisationen (Unternehmensberatungen) und einem um Rat nachsuchenden Klienten sowie die von internen Fachleuten oder externen Spezialisten (Unternehmensberatern) erbrachten Beratungsdienstleistungen verstanden (BPatG 33 W (pat) 109/06 – Dialog Consulting). bbb) Das Schriftzeichen @, das sog. At-Zeichen (von engl. at sign) oder "Klammeraffenzeichen", ist grundlegender Bestandteil von E-Mail-Adressen, innerhalb derer es Benutzername und Domainname voneinander trennt ( http://de.wikipedia.org/wiki/At-Zeichen ; Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]; Duden – Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.). Es ist als Symbol für das Internet und die Online-Telekommunikation weit verbreitet ( http://de.wikipedia.org/wiki/At-Zeichen ; BPatG 32 W (pat) 103/06; 29 W (pat) 70/00 – Fun@home). Dieses Zeichen wird wie die englische Präposition "at" ausgesprochen (BPatG 30 W (pat) 74/04 – safe@work), welche die Bedeutung "an", "in", "bei", "zu", "mit" oder "um" hat (Duden-Oxford a. a. O.). ccc) Das dritte Zeichenelement "work" entstammt dem englischen Grundwortschatz, der in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet ist, und wird als Substantiv mit "Arbeit, Werk" und als Verb im Wesentlichen mit "arbeiten, funktionieren, wirken" übersetzt (Duden-Oxford a. a. O.). Da dem englischen Ausdruck "at work" die auch im Deutschen bekannte Bedeutung "bei der Arbeit, am Werk" zukommt (Duden-Oxford a. a. O.), verbindet die angemeldete Bezeichnung die beiden englischen Wörter unter Verwendung des @-Zeichens zu der Gesamtaussage "Beratung bei der Arbeit". bb) Bei den Dienstleistungen "Marketing, Werbung" ist nicht ohne näheres Nachdenken und analysierende Betrachtung ersichtlich, inwieweit "consulting@work" eine Merkmalsbeschreibung für sie darstellen könnte. Denn es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, dass Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt charakterisiert werden, weil eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Für die Werbung ist entscheidend, in welchem Medium sie platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird (BGH GRUR a. a. O. 951 Rdnr. 24 – My World). Hinsichtlich der Dienstleistungen "Marketing, Werbung" kommt der Wortzusammensetzung "consulting@work" im Verkehr daher nicht die Bedeutung einer thematischen Sachangabe, sondern eines betrieblichen Herkunftshinweises zu. 2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der vorgenannten Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. 3. Für die übrigen angemeldeten Dienstleistungen fehlt der angemeldeten Bezeichnung "consulting@work" allerdings die erforderliche geringe Unterscheidungskraft, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, diese Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat. Durch die angemeldete Bezeichnung mit der Gesamtbedeutung "Beratung bei der Arbeit" werden die in Klasse 35 angemeldeten Beratungsdienstleistungen "Unternehmensberatung, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Personalberatung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung" insoweit beschrieben, als sie bei der Arbeit von Unternehmen erbracht, benötigt und im Unternehmen vorgenommen werden können. Die Umschreibung eines derartigen Leistungsangebots mit "Beratung bei der Arbeit" ist im Bereich der Unternehmensberatung auch üblich, wie die dem angefochtenen Bescheid des DPMA beigefügten Anlagen (Bl. 16 – 18 VA) zeigen. Das Anmeldezeichen vermittelt daher den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen einen Sachhinweis auf den Gegenstand, die Bestimmung oder die Art der Erbringung der angebotenen Dienstleistungen. Damit weist es zu den vorgenannten Dienstleistungen einen so starken Sachbezug auf, dass der Gedanke an ein individuelles Herkunftszeichen fern liegt. 4. Der Umstand, dass die durch das @-Zeichen verbundene Kombination von "consulting" und "work" lexikalisch nicht nachweisbar ist, ändert nichts an ihrer Schutzunfähigkeit für die unter Ziffer 3. aufgeführten Dienstleistungen. Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 – Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 – SAT.2; a. a. O. 230 Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. - CELLTECH). Die Bezeichnung "consulting@work" ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 26 W (pat) 90/09 – brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht besonders ungewöhnlich gebildeten Wortkombination. 5. Auch aus der vom Beschwerdeführer genannten Voreintragung "Camera Work" (30136130) aus dem Jahre 2003 kann kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 - print24). Ferner wird verlangt, dass der Beschwerdeführer seiner – die Amtsermittlung immanent einschränkenden – materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, – wie hier – eine ähnlich geartete Voreintragung ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien anzugeben (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 – Freizeit-Rätsel-Woche). Aber selbst wenn man den Vortrag zu dieser Voreintragung ausreichen ließe und sie für vergleichbar hielte, würde dies nichts ändern. Denn allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006635&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006637
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 503/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Taschennaht (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 204.1 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 8. Oktober 2009 die für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen erfolgte Anmeldung der Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen teilweise für die Waren „ Bekleidungsstücke “ nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar eine Gesäß-, Rock- oder Jackentasche mit einem Muster dar, bei dem es sich um ein ausschmückendes und dekoratives Element handele, das beim Publikum als Verzierung und gängige Aufmachung der beanspruchten Waren erscheine. Das so auf der Tasche vorgesehene Nahtmuster stelle sich als gängiges Ausstattungselement dar, weil der Verbraucher gerade auf Gesäß- sowie aber auch Jackentaschen an eine breite, gleichsam unübersehbare Vielfalt von schwarz-weißen oder farbigen Nähten, Mustern, Applikationen oder sonstigen Aufmachungen gewöhnt sei. Eine solche Darstellung weise keine optisch oder farblich hervorstechenden Merkmale auf, die herkunftshinweisend wirken könnten, sondern erschöpfe sich in der Wiedergabe dessen, was auf diesem Warengebiet als übliche Aufmachung anzusehen sei. Da sich die vorliegende Gestaltung nahtlos in die Mustervielfalt modischer Hosen-, Rock- bzw. Jackentaschen einreihe, könne die um Schutz nachsuchende Darstellung in ihrer konkreten Aufmachung als Ziernaht auf einem Teil eines Bekleidungsstücks nicht dazu führen, dass sie der Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel eines ganz bestimmten Unternehmens auffasse. Die Anmelderin könne sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstelle, so dass eine Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht bestehe, zumal aus einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragung keine Verpflichtung zu einer entsprechend weiteren sachwidrigen Behandlung hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie mit der Vielzahl an entsprechend eingetragenen Bildmarken vergleichbar sei, so dass sie nicht anders als diese behandelt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die eingetragenen Marken ein komplexeres Muster als das angemeldete Bildzeichen aufwiesen. Im Übrigen seien Nähte auf Jeanshosentaschen ein übliches Erkennungszeichen von Jeansmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 - Autofelge; WRP 1999, 526 - Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie dem Publikum aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 - M-förmige Steppnähte). 3. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. a) Allerdings kann entgegen der Auffassung der Markenstelle die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht schon mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen. Wie der Senat bereits in den beiden von der Anmelderin zitierten Entscheidungen 27 W (pat) 105/05 vom 7. März 2006 (GRUR 2006, 944) und 27 W (pat) 112/05 vom 24. Januar 2006 ausgeführt hat, käme ein Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Darstellung, soweit Nahtmuster unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein können, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen, nur in Betracht, wenn die angemeldete Marke in dreidimensionaler Form verwendet oder es sich bei ihr um eine Positionsmarke handeln würde; hiervon kann bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Prüfung, ob eine Kennzeichnung als warenbeschreibend oder als einfaches Ornament, nicht aber als Herkunftshinweis angesehen wird, sind zwar alle möglichen Verwendungen zugrundezulegen, die bei markenmäßigen Kennzeichnungen üblich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass die Art und Weise einer Verwendung als Marke nicht bei allen Markenformen gleich sind. So sind etwa die Möglichkeiten zur Kennzeichnung einer Ware mit einer Positions- oder Aufmachungsmarke ganz erheblich gegenüber denjenigen bei Wort- oder Bildmarken eingeschränkt. Aber auch die Verwendung einer dreidimensionalen Marke weicht nicht unerheblich von einer bloßen Bildmarke ab, weil letztere als bloße zwei dimensionale Kennzeichnung dreidimensionale Formen nur als Projektion - also statt in drei nur in zwei Dimensionen - wiedergeben kann; die Projektion eines dreidimensionalen Objekts auf eine (zweidimensionale) Fläche führt aber zwingend zu einer erkennbaren Veränderung der in dem dreidimensionalen Objekt vorhandenen Proportionen. Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bild marke eine drei dimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die - wie die hier in Rede stehenden - nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren - bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht - von vornherein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung - insbesondere eine Linienführung - aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensionale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bild marke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren - soweit die angesprochenen Verkehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen sollten - den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde. b) Der angemeldeten Bildmarke ist die erforderliche Unterscheidungskraft aber deshalb abzusprechen, weil das Publikum ihr auch bei einer zweidimensionalen Wiedergabe keinen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren der Klasse 25 aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen wird, sondern in ihr nur eine im hier maßgeblichen Bekleidungssektor übliche einfache ornamentale Gestaltung erblickt. Solchen einfachen Gestaltungsformen entnimmt das Publikum aber in aller Regel keinen Herkunftshinweis. Dabei ist zu beachten, dass auf dem hier maßgeblichen Modesektor es mittlerweile üblich ist, Bildmarken - auch in zweidimensionaler Form - nicht nur auf dem der Ware beigefügten Etikett, sondern auch in Form eines aufgedruckten oder aufgenähten Bildes unmittelbar als Bestandteil der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen wiederzugeben, indem das Bild etwa bei Sakkos, Hosen oder Hemden nicht nur im Innenteil - bei Hemden etwa im Kragen oder bei Hosen im (Innen-) Bund, sondern auch deutlich sichtbar auf eine (Vorder- oder Gesäß-) Tasche oder auf dem Brust- (hier zentral oder links in Höhe des Herzens) oder Rückenbereich oder bei Schuhen auf der Oberseite oder auf der Seite aufgenäht oder aufgedruckt wird. In allen diesen Verwendungsformen ist aber bei der hier zu beurteilenden Bildmarke kein Fall denkbar, bei dem das Publikum Veranlassung hätte, es nicht nur als bloße bildliche (d. h. zweidimensionale) Wiedergabe eines üblichen Ziermusters - oder auch als übliche Ziernaht -, sondern als Hinweis auf die Herkunft der so mit dem angemeldeten Ornament versehenen Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Bei der angemeldeten Darstellung handelt es sich nämlich um ein aus einfachsten Gestaltungsmitteln hergestelltes Muster. Der äußere Teil erinnert zwar nur bei (Jeans-) Hosen oder bei Hemden an eine (Brust- oder Gesäß-) Tasche; bei anderen Waren aus dem Schutzbereich der angemeldeten Marke wird das Publikum hierin eher die Wiedergabe des üblichen Rahmens eines Wappens sehen, da solche häufig zur Verzierung von Angaben auf den Kleidungsstücken, Schuhen oder Kopfbedeckungen - bei denen es sich um rein beschreibende Angaben wie etwa die Bezeichnung der Ausgangsmaterialien oder um Waschanleitungen, aber auch um die Mitteilung des Herstellers (bei der es sich in der Regel um die aus Sicht des Publikums „eigentliche“ Marke handelt) handeln kann - verwendet zu werden pflegen. Die inneren Linien sind wiederum einfach gehalten und weisen keinerlei Besonderheiten auf, welche das Publikum von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eine einfache grafische Gestaltung, wegführen und zu der Annahme, das (Gesamt-) Zeichen weise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hin, verleiten könnten. Auch wenn das Publikum der angemeldeten Bildmarke an den Stellen begegnen würde, an denen üblicherweise die markenmäßige Kennzeichnung angebracht zu werden pflegt - also insbesondere bei den Einnähetiketten im Hemdinnenkragen oder Hoseninnenbund - hätte es noch keine Veranlassung, hierin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Ware zu schließen. Befindet sich an diesen Stellen die angemeldete Darstellung isoliert, d. h. ohne weitere Angaben, wird er immer noch in ihr wegen der einfachen und üblichen Gestaltungsform eine bloße Verzierung sehen und annehmen, die von ihm an sich an dieser Stelle erwarteten Angaben wie die Marke, aber auch die beschreibenden Ausführungen zu den Ausgangsmaterialien oder zur Pflege der Ware seien schlicht „vergessen“ worden. Befinden sich diese Angaben an dieser Stelle, wird er selbst bei der dort vorhandenen zusätzlichen Wiedergabe einer (anderen) Marke oder der bloßen Herstellerbezeichnung die angemeldete Marke wegen ihrer Schlichtheit weiterhin als bloße Verzierung dieser Angaben, niemals aber als eigenständige (Erst- bzw. Zweit-) Marke erachten. Damit ist aber kein Fall vorstellbar, bei dem das Publikum die angemeldete Gestaltung als Herkunftshinweis erkennen würde. Damit fehlt ihr aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. c) Dem stehen auch die bereits oben genannten Entscheidungen des Senats nicht entgegen. Die dort zu beurteilenden Bildzeichen unterschieden sich deutlich von der vorliegend streitgegenständlichen Darstellung, da ihr Gesamteindruck trotz der erkennbar einfach gehaltenen Linienführung, auch wenn sie einfachsten Nahtführungen entsprechen mag, sich nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht beschränkte. Wie der Senat nämlich in der Sache 27 W (pat) 112/05 ausdrücklich hervorgehoben hat, fügte sich die dort vorhandene Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erschien, zu einem Bild zusammen, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnerte; durch diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl ging der Gesamteindruck des Gesamtbildes aber über die bloße Nahtführung deutlich hinaus, was erst das Publikum von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. In der Sache 27 W (pat) 105/05 wiederum handelte es sich um eine komplexe bildliche Darstellung, welche an die auszugsweise Wiedergabe eines unregelmäßig geschwungenen Straßen- oder Flussverlaufs in geografischen Karten, nicht aber an ein einfaches geometrisches Muster, wie dies bei Nähten üblich ist, erinnerte und damit für das Publikum Anlass gab, in ihr nicht nur ein Ornament, sondern einen Herkunftshinweis zu sehen. Davon, dass die hier zu beurteilende Darstellung nicht nur die einfachen, für Verzierungen üblichen Gestaltungsmittel übernimmt, sondern darüber hinaus einen ungewöhnlichen oder überraschenden Gesamteindruck vermittle, kann indessen keine Rede sein. Dafür sind vielmehr keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. d) Auch der Hinweis der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung „Jeanshosentasche“ (GRUR 2001, 734, 735) vermag der Anmeldemarke nicht zur Eintragung zu verhelfen. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BGH-Entscheidung nicht um eine Rechtsfragen klärende, sondern ersichtlich um die bloß tatsächliche Beurteilung einer konkreten Anmeldemarke handelt, welche nur für den konkret entschiedenen Einzelfall von Bedeutung ist, beruhte sie auf rechtlichen Annahmen, die heute auf der Grundlage der später ergangenen, allein maßgeblichen und auch jeder BGH-Entscheidung vorrangigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Form nicht mehr aufrecht zu erhalten sind; hiergegen spricht indiziell auch die von der Markenstelle zitierte ständige, bislang vom Europäischen Gerichtshof nicht beanstandete Entscheidungspraxis des HABM, welche vergleichbare Markenanmeldungen zurückgewiesen hat. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). Ungeachtet dessen ist auch zweifelhaft, ob angesichts der jetzigen Entscheidungspraxis, von deren rechtlichen Grundlagen bereits - wenn auch vielleicht für den jeweiligen über die Markenanmeldung befindenden Entscheider unerkannt - bei Eintragung auszugehen gewesen wäre, diese Eintragungen zu Recht erfolgt sind; dies bedarf allerdings wegen der Unbeachtlichkeit früherer Eintragungen vorliegend keiner Vertiefung. 4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die entscheidenden Rechtsfragen sind geklärt; damit war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006638
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 505/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Taschennaht (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 206.8 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 8. Oktober 2009 die für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen erfolgte Anmeldung der Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen teilweise für die Waren „ Bekleidungsstücke “ nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar eine Gesäß-, Rock- oder Jackentasche mit einem Muster dar, bei dem es sich um ein ausschmückendes und dekoratives Element handele, das beim Publikum als Verzierung und gängige Aufmachung der beanspruchten Waren erscheine. Das so auf der Tasche vorgesehene Nahtmuster stelle sich als gängiges Ausstattungselement dar, weil der Verbraucher gerade auf Gesäß- sowie aber auch Jackentaschen an eine breite, gleichsam unübersehbare Vielfalt von schwarz-weißen oder farbigen Nähten, Mustern, Applikationen oder sonstigen Aufmachungen gewöhnt sei. Eine solche Darstellung weise keine optisch oder farblich hervorstechenden Merkmale auf, die herkunftshinweisend wirken könnten, sondern erschöpfe sich in der Wiedergabe dessen, was auf diesem Warengebiet als übliche Aufmachung anzusehen sei. Da sich die vorliegende Gestaltung nahtlos in die Mustervielfalt modischer Hosen-, Rock- bzw. Jackentaschen einreihe, könne die um Schutz nachsuchende Darstellung in ihrer konkreten Aufmachung als Ziernaht auf einem Teil eines Bekleidungsstücks nicht dazu führen, dass sie der Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel eines ganz bestimmten Unternehmens auffasse. Die Anmelderin könne sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstelle, so dass eine Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht bestehe, zumal aus einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragung keine Verpflichtung zu einer entsprechend weiteren sachwidrigen Behandlung hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie mit der Vielzahl an entsprechend eingetragenen Bildmarken vergleichbar sei, so dass sie nicht anders als diese behandelt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die eingetragenen Marken ein komplexeres Muster als das angemeldete Bildzeichen aufwiesen. Im Übrigen seien Nähte auf Jeanshosentaschen ein übliches Erkennungszeichen von Jeansmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] - SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 - Autofelge; WRP 1999, 526 - Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie dem Publikum aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 – M-förmige Steppnähte). 3. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. a) Allerdings kann entgegen der Auffassung der Markenstelle die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht schon mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen. Wie der Senat bereits in den beiden von der Anmelderin zitierten Entscheidungen 27 W (pat) 105/05 vom 7. März 2006 (GRUR 2006, 944) und 27 W (pat) 112/05 vom 24. Januar 2006 ausgeführt hat, käme ein Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Darstellung, soweit Nahtmuster unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein können, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen, nur in Betracht, wenn die angemeldete Marke in dreidimensionaler Form verwendet oder es sich bei ihr um eine Positionsmarke handeln würde; hiervon kann bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Prüfung, ob eine Kennzeichnung als warenbeschreibend oder als einfaches Ornament, nicht aber als Herkunftshinweis angesehen wird, sind zwar alle möglichen Verwendungen zugrundezulegen, die bei markenmäßigen Kennzeichnungen üblich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass die Art und Weise einer Verwendung als Marke nicht bei allen Markenformen gleich sind. So sind etwa die Möglichkeiten zur Kennzeichnung einer Ware mit einer Positions- oder Aufmachungsmarke ganz erheblich gegenüber denjenigen bei Wort- oder Bildmarken eingeschränkt. Aber auch die Verwendung einer dreidimensionalen Marke weicht nicht unerheblich von einer bloßen Bildmarke ab, weil letztere als bloße zwei dimensionale Kennzeichnung dreidimensionale Formen nur als Projektion - also statt in drei nur in zwei Dimensionen - wiedergeben kann; die Projektion eines dreidimensionalen Objekts auf eine (zweidimensionale) Fläche führt aber zwingend zu einer erkennbaren Veränderung der in dem dreidimensionalen Objekt vorhandenen Proportionen. Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bild marke eine drei dimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die - wie die hier in Rede stehenden - nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren - bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht - von vornherein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung - insbesondere eine Linienführung - aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensionale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bild marke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren - soweit die angesprochenen Verkehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen sollten - den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde. b) Der angemeldeten Bildmarke ist die erforderliche Unterscheidungskraft aber deshalb abzusprechen, weil das Publikum ihr auch bei einer zweidimensionalen Wiedergabe keinen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren der Klasse 25 aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen wird, sondern in ihr nur eine im hier maßgeblichen Bekleidungssektor übliche einfache ornamentale Gestaltung erblickt. Solchen einfachen Gestaltungsformen entnimmt das Publikum aber in aller Regel keinen Herkunftshinweis. Dabei ist zu beachten, dass auf dem hier maßgeblichen Modesektor es mittlerweile üblich ist, Bildmarken - auch in zweidimensionaler Form - nicht nur auf dem der Ware beigefügten Etikett, sondern auch in Form eines aufgedruckten oder aufgenähten Bildes unmittelbar als Bestandteil der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen wiederzugeben, indem das Bild etwa bei Sakkos, Hosen oder Hemden nicht nur im Innenteil - bei Hemden etwa im Kragen oder bei Hosen im (Innen-) Bund, sondern auch deutlich sichtbar auf eine (Vorder- oder Gesäß-) Tasche oder auf dem Brust- (hier zentral oder links in Höhe des Herzens) oder Rückenbereich oder bei Schuhen auf der Oberseite oder auf der Seite aufgenäht oder aufgedruckt wird. In allen diesen Verwendungsformen ist aber bei der hier zu beurteilenden Bildmarke kein Fall denkbar, bei dem das Publikum Veranlassung hätte, es nicht nur als bloße bildliche (d. h. zweidimensionale) Wiedergabe eines üblichen Ziermusters - oder auch als übliche Ziernaht -, sondern als Hinweis auf die Herkunft der so mit dem angemeldeten Ornament versehenen Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Bei der angemeldeten Darstellung handelt es sich nämlich um ein aus einfachsten Gestaltungsmitteln hergestelltes Muster. Der äußere Teil erinnert zwar nur bei (Jeans-) Hosen oder bei Hemden an eine (Brust- oder Gesäß-) Tasche; bei anderen Waren aus dem Schutzbereich der angemeldeten Marke wird das Publikum hierin eher die Wiedergabe des üblichen Rahmens eines Wappens sehen, da solche häufig zur Verzierung von Angaben auf den Kleidungsstücken, Schuhen oder Kopfbedeckungen - bei denen es sich um rein beschreibende Angaben wie etwa die Bezeichnung der Ausgangsmaterialien oder um Waschanleitungen, aber auch um die Mitteilung des Herstellers (bei der es sich in der Regel um die aus Sicht des Publikums „eigentliche“ Marke handelt) handeln kann - verwendet zu werden pflegen. Die inneren Linien sind wiederum einfach gehalten und weisen keinerlei Besonderheiten auf, welche das Publikum von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eine einfache grafische Gestaltung, wegführen und zu der Annahme, das (Gesamt-) Zeichen weise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hin, verleiten könnten. Auch wenn das Publikum der angemeldeten Bildmarke an den Stellen begegnen würde, an denen üblicherweise die markenmäßige Kennzeichnung angebracht zu werden pflegt - also insbesondere bei den Einnähetiketten im Hemdinnenkragen oder Hoseninnenbund - hätte es noch keine Veranlassung, hierin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Ware zu schließen. Befindet sich an diesen Stellen die angemeldete Darstellung isoliert, d. h. ohne weitere Angaben, wird er immer noch in ihr wegen der einfachen und üblichen Gestaltungsform eine bloße Verzierung sehen und annehmen, die von ihm an sich an dieser Stelle erwarteten Angaben wie die Marke, aber auch die beschreibenden Ausführungen zu den Ausgangsmaterialien oder zur Pflege der Ware seien schlicht „vergessen“ worden. Befinden sich diese Angaben an dieser Stelle, wird er selbst bei der dort vorhandenen zusätzlichen Wiedergabe einer (anderen) Marke oder der bloßen Herstellerbezeichnung die angemeldete Marke wegen ihrer Schlichtheit weiterhin als bloße Verzierung dieser Angaben, niemals aber als eigenständige (Erst- bzw. Zweit-) Marke erachten. Damit ist aber kein Fall vorstellbar, bei dem das Publikum die angemeldete Gestaltung als Herkunftshinweis erkennen würde. Damit fehlt ihr aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. c) Dem stehen auch die bereits oben genannten Entscheidungen des Senats nicht entgegen. Die dort zu beurteilenden Bildzeichen unterschieden sich deutlich von der vorliegend streitgegenständlichen Darstellung, da ihr Gesamteindruck trotz der erkennbar einfach gehaltenen Linienführung, auch wenn sie einfachsten Nahtführungen entsprechen mag, sich nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht beschränkte. Wie der Senat nämlich in der Sache 27 W (pat) 112/05 ausdrücklich hervorgehoben hat, fügte sich die dort vorhandene Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erschien, zu einem Bild zusammen, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnerte; durch diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl ging der Gesamteindruck des Gesamtbildes aber über die bloße Nahtführung deutlich hinaus, was erst das Publikum von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. In der Sache 27 W (pat) 105/05 wiederum handelte es sich um eine komplexe bildliche Darstellung, welche an die auszugsweise Wiedergabe eines unregelmäßig geschwungenen Straßen- oder Flussverlaufs in geografischen Karten, nicht aber an ein einfaches geometrisches Muster, wie dies bei Nähten üblich ist, erinnerte und damit für das Publikum Anlass gab, in ihr nicht nur ein Ornament, sondern einen Herkunftshinweis zu sehen. Davon, dass die hier zu beurteilende Darstellung nicht nur die einfachen, für Verzierungen üblichen Gestaltungsmittel übernimmt, sondern darüber hinaus einen ungewöhnlichen oder überraschenden Gesamteindruck vermittle, kann indessen keine Rede sein. Dafür sind vielmehr keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. d) Auch der Hinweis der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung „Jeanshosentasche“ (GRUR 2001, 734, 735) vermag der Anmeldemarke nicht zur Eintragung zu verhelfen. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BGH-Entscheidung nicht um eine Rechtsfragen klärende, sondern ersichtlich um die bloß tatsächliche Beurteilung einer konkreten Anmeldemarke handelt, welche nur für den konkret entschiedenen Einzelfall von Bedeutung ist, beruhte sie auf rechtlichen Annahmen, die heute auf der Grundlage der später ergangenen, allein maßgeblichen und auch jeder BGH-Entscheidung vorrangigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Form nicht mehr aufrecht zu erhalten sind; hiergegen spricht indiziell auch die von der Markenstelle zitierte ständige, bislang vom Europäischen Gerichtshof nicht beanstandete Entscheidungspraxis des HABM, welche vergleichbare Markenanmeldungen zurückgewiesen hat. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). Ungeachtet dessen ist auch zweifelhaft, ob angesichts der jetzigen Entscheidungspraxis, von deren rechtlichen Grundlagen bereits - wenn auch vielleicht für den jeweiligen über die Markenanmeldung befindenden Entscheider unerkannt - bei Eintragung auszugehen gewesen wäre, diese Eintragungen zu Recht erfolgt sind; dies bedarf allerdings wegen der Unbeachtlichkeit früherer Eintragungen vorliegend keiner Vertiefung. 4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die entscheidenden Rechtsfragen sind geklärt; damit war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006643
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 506/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Taschennaht (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 207.6 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 8. Oktober 2009 die für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen erfolgte Anmeldung der Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen teilweise für die Waren „ Bekleidungsstücke “ nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar eine Gesäß-, Rock- oder Jackentasche mit einem Muster dar, bei dem es sich um ein ausschmückendes und dekoratives Element handele, das beim Publikum als Verzierung und gängige Aufmachung der beanspruchten Waren erscheine. Das so auf der Tasche vorgesehene Nahtmuster stelle sich als gängiges Ausstattungselement dar, weil der Verbraucher gerade auf Gesäß- sowie aber auch Jackentaschen an eine breite, gleichsam unübersehbare Vielfalt von schwarz-weißen oder farbigen Nähten, Mustern, Applikationen oder sonstigen Aufmachungen gewöhnt sei. Eine solche Darstellung weise keine optisch oder farblich hervorstechenden Merkmale auf, die herkunftshinweisend wirken könnten, sondern erschöpfe sich in der Wiedergabe dessen, was auf diesem Warengebiet als übliche Aufmachung anzusehen sei. Da sich die vorliegende Gestaltung nahtlos in die Mustervielfalt modischer Hosen-, Rock- bzw. Jackentaschen einreihe, könne die um Schutz nachsuchende Darstellung in ihrer konkreten Aufmachung als Ziernaht auf einem Teil eines Bekleidungsstücks nicht dazu führen, dass sie der Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel eines ganz bestimmten Unternehmens auffasse. Die Anmelderin könne sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstelle, so dass eine Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht bestehe, zumal aus einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragung keine Verpflichtung zu einer entsprechend weiteren sachwidrigen Behandlung hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie mit der Vielzahl an entsprechend eingetragenen Bildmarken vergleichbar sei, so dass sie nicht anders als diese behandelt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die eingetragenen Marken ein komplexeres Muster als das angemeldete Bildzeichen aufwiesen. Im Übrigen seien Nähte auf Jeanshosentaschen ein übliches Erkennungszeichen von Jeansmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 - Autofelge; WRP 1999, 526 - Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie dem Publikum aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 - M-förmige Steppnähte). 3. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. a) Allerdings kann entgegen der Auffassung der Markenstelle die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht schon mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen. Wie der Senat bereits in den beiden von der Anmelderin zitierten Entscheidungen 27 W (pat) 105/05 vom 7. März 2006 (GRUR 2006, 944) und 27 W (pat) 112/05 vom 24. Januar 2006 ausgeführt hat, käme ein Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Darstellung, soweit Nahtmuster unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein können, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen, nur in Betracht, wenn die angemeldete Marke in dreidimensionaler Form verwendet oder es sich bei ihr um eine Positionsmarke handeln würde; hiervon kann bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Prüfung, ob eine Kennzeichnung als warenbeschreibend oder als einfaches Ornament, nicht aber als Herkunftshinweis angesehen wird, sind zwar alle möglichen Verwendungen zugrundezulegen, die bei markenmäßigen Kennzeichnungen üblich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass die Art und Weise einer Verwendung als Marke nicht bei allen Markenformen gleich sind. So sind etwa die Möglichkeiten zur Kennzeichnung einer Ware mit einer Positions- oder Aufmachungsmarke ganz erheblich gegenüber denjenigen bei Wort- oder Bildmarken eingeschränkt. Aber auch die Verwendung einer dreidimensionalen Marke weicht nicht unerheblich von einer bloßen Bildmarke ab, weil letztere als bloße zwei dimensionale Kennzeichnung dreidimensionale Formen nur als Projektion - also statt in drei nur in zwei Dimensionen - wiedergeben kann; die Projektion eines dreidimensionalen Objekts auf eine (zweidimensionale) Fläche führt aber zwingend zu einer erkennbaren Veränderung der in dem dreidimensionalen Objekt vorhandenen Proportionen. Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bild marke eine drei dimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die - wie die hier in Rede stehenden - nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren - bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht - von vornherein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung - insbesondere eine Linienführung - aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensionale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bild marke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren - soweit die angesprochenen Verkehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen sollten - den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde. b) Der angemeldeten Bildmarke ist die erforderliche Unterscheidungskraft aber deshalb abzusprechen, weil das Publikum ihr auch bei einer zweidimensionalen Wiedergabe keinen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren der Klasse 25 aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen wird, sondern in ihr nur eine im hier maßgeblichen Bekleidungssektor übliche einfache ornamentale Gestaltung erblickt. Solchen einfachen Gestaltungsformen entnimmt das Publikum aber in aller Regel keinen Herkunftshinweis. Dabei ist zu beachten, dass auf dem hier maßgeblichen Modesektor es mittlerweile üblich ist, Bildmarken - auch in zweidimensionaler Form - nicht nur auf dem der Ware beigefügten Etikett, sondern auch in Form eines aufgedruckten oder aufgenähten Bildes unmittelbar als Bestandteil der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen wiederzugeben, indem das Bild etwa bei Sakkos, Hosen oder Hemden nicht nur im Innenteil - bei Hemden etwa im Kragen oder bei Hosen im (Innen-) Bund, sondern auch deutlich sichtbar auf eine (Vorder- oder Gesäß-) Tasche oder auf dem Brust- (hier zentral oder links in Höhe des Herzens) oder Rückenbereich oder bei Schuhen auf der Oberseite oder auf der Seite aufgenäht oder aufgedruckt wird. In allen diesen Verwendungsformen ist aber bei der hier zu beurteilenden Bildmarke kein Fall denkbar, bei dem das Publikum Veranlassung hätte, es nicht nur als bloße bildliche (d. h. zweidimensionale) Wiedergabe eines üblichen Ziermusters - oder auch als übliche Ziernaht -, sondern als Hinweis auf die Herkunft der so mit dem angemeldeten Ornament versehenen Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Bei der angemeldeten Darstellung handelt es sich nämlich um ein aus einfachsten Gestaltungsmitteln hergestelltes Muster. Der äußere Teil erinnert zwar nur bei (Jeans-) Hosen oder bei Hemden an eine (Brust- oder Gesäß-) Tasche; bei anderen Waren aus dem Schutzbereich der angemeldeten Marke wird das Publikum hierin eher die Wiedergabe des üblichen Rahmens eines Wappens sehen, da solche häufig zur Verzierung von Angaben auf den Kleidungsstücken, Schuhen oder Kopfbedeckungen - bei denen es sich um rein beschreibende Angaben wie etwa die Bezeichnung der Ausgangsmaterialien oder um Waschanleitungen, aber auch um die Mitteilung des Herstellers (bei der es sich in der Regel um die aus Sicht des Publikums „eigentliche“ Marke handelt) handeln kann - verwendet zu werden pflegen. Die inneren Linien sind wiederum einfach gehalten und weisen keinerlei Besonderheiten auf, welche das Publikum von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eine einfache grafische Gestaltung, wegführen und zu der Annahme, das (Gesamt-) Zeichen weise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hin, verleiten könnten. Auch wenn das Publikum der angemeldeten Bildmarke an den Stellen begegnen würde, an denen üblicherweise die markenmäßige Kennzeichnung angebracht zu werden pflegt - also insbesondere bei den Einnähetiketten im Hemdinnenkragen oder Hoseninnenbund - hätte es noch keine Veranlassung, hierin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Ware zu schließen. Befindet sich an diesen Stellen die angemeldete Darstellung isoliert, d. h. ohne weitere Angaben, wird er immer noch in ihr wegen der einfachen und üblichen Gestaltungsform eine bloße Verzierung sehen und annehmen, die von ihm an sich an dieser Stelle erwarteten Angaben wie die Marke, aber auch die beschreibenden Ausführungen zu den Ausgangsmaterialien oder zur Pflege der Ware seien schlicht „vergessen“ worden. Befinden sich diese Angaben an dieser Stelle, wird er selbst bei der dort vorhandenen zusätzlichen Wiedergabe einer (anderen) Marke oder der bloßen Herstellerbezeichnung die angemeldete Marke wegen ihrer Schlichtheit weiterhin als bloße Verzierung dieser Angaben, niemals aber als eigenständige (Erst- bzw. Zweit-) Marke erachten. Damit ist aber kein Fall vorstellbar, bei dem das Publikum die angemeldete Gestaltung als Herkunftshinweis erkennen würde. Damit fehlt ihr aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. c) Dem stehen auch die bereits oben genannten Entscheidungen des Senats nicht entgegen. Die dort zu beurteilenden Bildzeichen unterschieden sich deutlich von der vorliegend streitgegenständlichen Darstellung, da ihr Gesamteindruck trotz der erkennbar einfach gehaltenen Linienführung, auch wenn sie einfachsten Nahtführungen entsprechen mag, sich nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht beschränkte. Wie der Senat nämlich in der Sache 27 W (pat) 112/05 ausdrücklich hervorgehoben hat, fügte sich die dort vorhandene Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erschien, zu einem Bild zusammen, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnerte; durch diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl ging der Gesamteindruck des Gesamtbildes aber über die bloße Nahtführung deutlich hinaus, was erst das Publikum von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. Der hier nach Auffassung der Anmelderin sichtbar werdende Fisch, entspricht dem nicht. Er wird unbefangenen Betrachtern ohne Hinweis darauf nicht deutlich. In der Sache 27 W (pat) 105/05 wiederum handelte es sich um eine komplexe bildliche Darstellung, welche an die auszugsweise Wiedergabe eines unregelmäßig geschwungenen Straßen- oder Flussverlaufs in geografischen Karten, nicht aber an ein einfaches geometrisches Muster, wie dies bei Nähten üblich ist, erinnerte und damit für das Publikum Anlass gab, in ihr nicht nur ein Ornament, sondern einen Herkunftshinweis zu sehen. Davon, dass die hier zu beurteilende Darstellung nicht nur die einfachen, für Verzierungen üblichen Gestaltungsmittel übernimmt, sondern darüber hinaus einen ungewöhnlichen oder überraschenden Gesamteindruck vermittle, kann indessen keine Rede sein. Dafür sind vielmehr keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. d) Auch der Hinweis der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung „Jeanshosentasche“ (GRUR 2001, 734, 735) vermag der Anmeldemarke nicht zur Eintragung zu verhelfen. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BGH-Entscheidung nicht um eine Rechtsfragen klärende, sondern ersichtlich um die bloß tatsächliche Beurteilung einer konkreten Anmeldemarke handelt, welche nur für den konkret entschiedenen Einzelfall von Bedeutung ist, beruhte sie auf rechtlichen Annahmen, die heute auf der Grundlage der später ergangenen, allein maßgeblichen und auch jeder BGH-Entscheidung vorrangigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Form nicht mehr aufrecht zu erhalten sind; hiergegen spricht indiziell auch die von der Markenstelle zitierte ständige, bislang vom Europäischen Gerichtshof nicht beanstandete Entscheidungspraxis des HABM, welche vergleichbare Markenanmeldungen zurückgewiesen hat. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). Ungeachtet dessen ist auch zweifelhaft, ob angesichts der jetzigen Entscheidungspraxis, von deren rechtlichen Grundlagen bereits - wenn auch vielleicht für den jeweiligen über die Markenanmeldung befindenden Entscheider unerkannt - bei Eintragung auszugehen gewesen wäre, diese Eintragungen zu Recht erfolgt sind; dies bedarf allerdings wegen der Unbeachtlichkeit früherer Eintragungen vorliegend keiner Vertiefung. 4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die entscheidenden Rechtsfragen sind geklärt; damit war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006645
BPatG
München
21. Senat
20100805
21 W (pat) 44/07
Beschluss
§ 80 Abs 3 PatG, § 73 Abs 3 PatG, § 46 Abs 1 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Hochleistungs-Verstärkersystem" – Verweigerung einer sachdienlichen Anhörung im Prüfungsverfahren - Rückzahlung der Beschwerdegebühr
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 196 19 983.2-54 … hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Baumgärtner, Dipl.-Phys. Dr. Morawek und Dipl.-Ing. Veit beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 01 S des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. August 2007 aufgehoben und das Patent DE 196 19 983 erteilt. Bezeichnung: Hochleistungs-Lichtwellenleiter-Verstärkersystem mit zeitproportionaler Frequenzmodulation auf Grundlage von mit seltenen Erden dotierten Mantel-Pumplicht-Lichtwellenleitern Anmeldetag: 17. Mai 1996. Die Priorität der Anmeldung in den USA (Az: P 08/445,287) vom 19. Mai 1995 ist in Anspruch genommen. Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde: Patentansprüche 1 bis 18, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 5. August 2010, 7 Seiten Beschreibung, Sp. 1 bis 14, gemäß Offenlegungsschrift 8 Blatt Zeichnungen Figuren 1, 2(a), 2(b), 3 bis 8, gemäß Offenlegungsschrift. 2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I Die Patentanmeldung wurde am 17. Mai 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der amerikanischen Anmeldung 445287 vom 19. Mai 1995 unter der Bezeichnung "Hochleistungs-Lichtwellenleiter-Verstärkersystem mit zeitproportionaler Frequenzmodulation auf Grundlage von mit seltenen Erden dotierten Mantel-Pumplicht-Lichtwellenleitern" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 21. November 1996. Die Prüfungsstelle für Klasse H 01 S hat die Anmeldung mit Beschluss vom 31. August 2007 zurückgewiesen, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem ermittelten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 18 eingereicht hat. Der geltende Patentanspruch 1 lautet mit einer Merkmalsgliederung versehen: M1 Hochleistungs-Verstärkersystem M2 mit zeitproportionaler Frequenzmodulation, das ultrakurze Impulse von fs bis ps mit hoher Energie von nJ bis μJ erzeugt und M3 eine gedehnte Impulse erzeugende Quelle, M4 eine Leistungsverstärkerstufe (640; 700) zur Verstärkung der Impulse und M5 einen die aus der Leistungsverstärkerstufe (640; 700) empfangenen gedehnten Impulse komprimierenden Komprimierer (670; 760) aufweist, M6 wobei die Leistungsverstärkerstufe einen Doppelmantel-Lichtwellenleiter (650) und eine Pumplichtquelle aufweist. Im Prüfungsverfahren wurden die Druckschriften D1 US 5 400 350 D2 M.E. Fermann et. al., All-fiber source of 100-nJ subpicosecond pulses, Appl. Phys. Lett. 64 (11), 14. März 1994, S. 1315-1317 D3 US 5 235 606 D4 DE 195 31 059 A1 D5 DE 195 12 160 A1 D6 L. Zenteno, High-power double-clad fiber lasers, Journal of lightwave technology, Vol. 11, No. 9, September 1993, S. 1435-1446 D7 WO 95/10868 A1 D8 GB 2 161 612 A genannt. Die Anmelderin stellt den Antrag, den Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 31. August 2007 aufzuheben und das Patent DE 196 19 983 zu erteilen mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 18 sowie mit der Beschreibung und der Zeichnung gemäß Offenlegungsschrift. Wegen weiterer Einzelheiten und der abhängigen Patentansprüche 2 bis 18 wird auf den Akteninhalt verwiesen. II 1. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet, denn das - zweifelsohne gewerblich anwendbare - Hochleistungs-Verstärkersystem gemäß Anspruch 1 ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des Anspruchs 1 und die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die an sie zu stellenden Anforderungen. 2. Die geltenden Ansprüche sind zulässig. Die Merkmale im Anspruch 1 ergeben sich aus dem ursprünglichen Anspruch 1 und der ursprünglichen Beschreibung, siehe insbesondere die Spalte 2, Zeilen 11 bis 15 der Offenlegungsschrift zur Offenbarung der Merkmalsgruppe M2 . Die neu eingereichten Unteransprüche 2 und 18 entsprechen den ursprünglichen Unteransprüchen 2 bis 18. 3. Die Erfindung betrifft ein Verstärkersystem zur Erzeugung ultrakurzer Impulse hoher Ausgangsleistung, wobei es sich um optische Laser-Impulse in einem Lichtwellenleiter handelt. Gemäß der Beschreibung der Patentanmeldung ist es problematisch, mit solchen Systemen hohe durchschnittliche Ausgangsleistungen zu erreichen, während gleichzeitig die Kompaktheit beibehalten und die Kosten des gesamten Lichtwellenleitersystems mit zeitproportionaler Frequenzmodulations-Verstärkung verringert werden (siehe Spalte 4, Zeilen 23 bis 28 und Spalte 14, Zeilen 6 bis 11). 4. Zur Lösung dieses Problems wird ein Hochleistungs-Verstärkersystem beansprucht, das insbesondere eine Leistungsverstärkerstufe mit einem Doppelmantel-Lichtwellenleiter aufweist. Der in Patentanspruch 1 beanspruchte Gegenstand ist neu. Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart sämtliche patentgemäßen Merkmale. 4.1. Aus der Druckschrift D1 (siehe insbesondere die Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung) ist unstreitig ein M1= Hochleistungs-Verstärkersystem M2= mit zeitproportionaler Frequenzmodulation bekannt (siehe abstract), das ultrakurze Impulse von 1.8 ps mit hoher Energie von 800 nJ erzeugt (siehe Spalte 7, Zeilen 24 bis 27) und M3= eine gedehnte Impulse erzeugende Quelle 102, M4= eine Leistungsverstärkerstufe 110, 114, 116 zur Verstärkung der Impulse und M5= einen die aus der Leistungsverstärkerstufe empfangenen gedehnten Impulse komprimierenden Komprimierer 112 aufweist, M6≠ wobei die Leistungsverstärkerstufe eine Pumplichtquelle 118, 120 aufweist. Im Unterschied zum Anmeldungsgegenstand weist die Leistungsverstärkerstufe 110, 114, 116 nach der Druckschrift D1 keinen Doppelmantel-Lichtwellenleiter gemäß Merkmalsgruppe M6 auf. Aus der Druckschrift D7 (siehe insbesondere die Fig. 2 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein M1= Hochleistungs-Verstärkersystem bekannt, M6= wobei die Leistungsverstärkerstufe einen Doppelmantel-Lichtwellenleiter 1, 2, 3 und eine Pumplichtquelle 4a, 4b aufweist (siehe abstract). Die Druckschrift D7 betrifft ein Verstärkersystem für ein Telekommunikations-Übertragungssystem (siehe Seite 1, Absatz "technical field" und Seite 7, Absatz "industrial applicability") und offenbart kein Verstärkersystem mit zeitproportionaler Frequenzmodulation, das ultrakurze Impulse mit hoher Energie gemäß den Merkmalsgruppen M2 bis M5 erzeugt. Unter der zeitproportionalen Frequenzmodulation versteht der Fachmann ein Verfahren, bei dem ultrakurze Pulse vor der Verstärkung gedehnt, dann verstärkt und schließlich zurückkomprimiert werden (siehe OS Spalte 3, Zeilen 26 bis 30 und Zeilen 13 bis 18: CPA, "chirped pulse amplification"). 4.2. Der in Patentanspruch 1 beanspruchte Gegenstand beruht für den Fachmann, einen mit der Entwicklung von Lasern befassten Dipl.-Physiker, auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von der nächstliegenden Druckschrift D1 stellt sich die Frage, ob der Fachmann eine Veranlassung hat, die Leistungsverstärkerstufe bei dem Verstärkersystem gemäß der Druckschrift D1 mit einem aus der Druckschrift D7 bekannten Doppelmantel-Lichtwellenleiter zur Steigerung der durchschnittlichen Ausgangsleistung des Verstärkersystems zu versehen, während gleichzeitig die Kompaktheit des Verstärkersystems beibehalten und die Kosten des gesamten Lichtwellenleitersystems mit zeitproportionaler Frequenzmodulations-Verstärkung verringert werden. Dabei genügt es nicht, wenn lediglich keine Hindernisse oder Hemmnisse erkennbar sind, die den Einsatz von bekannten Doppelmantel-Lichtwellenleitern bei dem Hochleistungs-Verstärkersystem gemäß der Druckschrift D1 entgegenstehen, da die Verneinung der erfinderischen Tätigkeit voraus setzt, dass der Stand der Technik dem Fachmann Anlass oder Anregung gibt, zu der beanspruchten Lehre zu gelangen (siehe z. B. BGH, GRUR 2010, 407 - einteilige Öse, LS). Da aus der Druckschrift D7 lediglich ein Doppelmantel-Lichtwellenleiter bei einem Hochleistungs-Verstärkersystem für (Standard) -Telekommunikations-Übertragungssysteme bekannt ist, die hinsichtlich der Impulsdauern und -energien weit weg von dem beanspruchten Verstärkersystem zur Erzeugung von ultrakurzen Impulsen von fs bis ps mit hohen Energien von nJ bis μJ liegen, ergibt sich für den Fachmann keine Veranlassung, den bekannten Doppelmantel-Lichtwellenleiter zur Lösung des genannten Problems bei den Hochleistungs-Verstärkersystemen mit ultrakurzen Impulsen und hohen Energien einzusetzen. Die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften gehen über den abgehandelten Stand der Technik nicht hinaus und enthalten ebenfalls keine Anregung für den Ersatz einer Erbium-dotierten Lichtleiterfaser durch einen Doppelmantel-Lichtwellenleiter bei dem aus der Druckschrift D1 bekanntem Verstärkersystem. 5. Der geltende Patentanspruch 1 ist somit gewährbar und die Unteransprüche 2 und 18 werden von dessen Patentfähigkeit mitgetragen. 6. Rückzahlung der Beschwerdegebühr (§ 80 Abs. 3 PatG). Die Billigkeit der antragsgemäßen Zurückzahlung der Beschwerdegebühr ergibt sich vorliegend daraus, dass die Prüfungsstelle die beantragte Anhörung abgelehnt hat, ohne dass die von ihr dafür genannten, oder auch andere Gründe dies rechtfertigen könnten. Eine einmalige Anhörung ist grundsätzlich in jedem Verfahren sachdienlich (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 46 Rdnr. 8 sowie aktuell BPatG, Beschl. v. 28. April 2009 - 21 W (pat) 41/05 m. w. Nachw.). Darüber hinaus wurde im vorliegenden Fall von der Prüfungsstelle in dem dem Zurückweisungsbeschluss vorangehenden Bescheid vom 5. September 2006 nicht ausgeschlossen, dass bei geeigneter Beschränkung zu einem patentfähigen Anmeldungsgegenstand gelangt werden kann und ausgeführt: "Die Durchführung einer Anhörung erscheint sinnvoll". Im vorliegenden Fall leidet das Prüfungsverfahren somit an einem gravierenden Verfahrensfehler, der auch ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war. Denn bei fehlerfreier Sachbehandlung wäre die Beschwerde nicht zwangsläufig erforderlich geworden.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006646
BPatG
München
30. Senat
20100617
30 W (pat) 9/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "jogging/Jogging" – Warenähnlichkeit – Markenidentität - Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 00 957 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende sowie die Richterin Hartlieb und den Richter Paetzold beschlossen: Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle vom 11. November 2008 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 303 01 470 hinsichtlich der angegriffenen Waren „Fruchtgetränke, Fruchtsäfte“ zurückgewiesen wurde. Für diese Waren wird wegen dieses Widerspruchs die Löschung der Marke 305 00 957 angeordnet.
I. Gegen die für die Waren der Klassen 3, 5 und 32 „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte, Biere“ am 19. August 2005 eingetragenen und am 23. September 2005 veröffentlichten Wortmarke 305 00 957 „jogging“ ist unter anderem von der Inhaberin der folgenden Marken Widerspruch - beschränkt auf die Waren der Klassen 5 und 32 - erhoben worden 1. aus der am 22. April 1988 eingetragenen Wortmarke 1 121 067 „Jogging“ geschützt für die Waren der Klasse 29 „Käse“, 2. aus der am 28. April 2003 eingetragenen Wortmarke 303 01 470 „Jogging“ geschützt für zahlreiche Waren der Klasse 29 und 30, unter anderem für „Joghurt“. Die Markenstelle hat mit Beschluss vom 11. November 2008 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen dieser Widersprüche hinsichtlich der angegriffenen Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost“ wegen Verwechslungsgefahr angeordnet und die Widersprüche im Übrigen wegen erheblichen Warenabstands zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt mit der Begründung, mit Rücksicht auf verschiedene Entscheidungen des Bundespatentgerichts könne die Beurteilung der Warenähnlichkeit durch die Markenstelle keinen Bestand haben. In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ihren Widerspruch hinsichtlich der Waren „kohlensäurehaltige Wässer, Biere“ zurückgenommen und stellt (sinngemäß) den Antrag, den Beschluss des DPMA vom 11. November 2008 insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 303 01 470 für die Waren „Fruchtgetränke, Fruchtsäfte“ zurückgewiesen wurde, und die Eintragung der angegriffenen Marke 305 00 957 für diese Waren ebenfalls zu löschen. Der Markeninhaber hat mit Schriftsatz vom 10. Juni 2010 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hält die beiderseitigen Waren für unähnlich, zumal sie in verschiedenen Klassen eingeordnet seien. Auch sei seine in Kleinbuchstaben beanspruchte Marke nicht völlig identisch mit den mit großem Anfangsbuchstaben bzw. in Versalien registrierten Widerspruchsmarken. Den Termin zur mündlichen Verhandlung hat er nicht wahrgenommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist im für die Entscheidung maßgeblichen Umfang zulässig und begründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke 303 01 470 besteht auch hinsichtlich der noch angegriffenen Waren „Fruchtgetränke, Fruchtsäfte“ Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX); GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2010, 235 - AIDU/AIDA). Entgegen der Meinung des Markeninhabers sind die Vergleichsmarken identisch, da beide als Wortmarken eingetragen und damit sowohl in Klein- wie in Großschreibung geschützt sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 9 Rdn. 155 m. w. N.). Mit Rücksicht darauf kann die Verwechslungsgefahr nur bei unähnlichen Waren ausgeschlossen werden, zumal wenn der Widerspruchsmarke durchschnittliche Kennzeichnungskraft zugebilligt wird, wie dies die Markenstelle zu Recht angenommen hat; denn ein beschreibender Sinngehalt in Bezug auf „Joghurt“ kommt der Widerspruchsmarke nicht zu. Zwischen den noch angegriffenen Waren „Fruchtsäfte“ und „Fruchtgetränke“ besteht gegenüber „Joghurt“ zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit. Joghurt kann als Fruchtjoghurt Fruchtsaft oder Fruchtgetränke enthalten, etwa wenn er als Trinkjoghurt angeboten wird. Damit liegen Übereinstimmungen in der Beschaffenheit und im Verwendungszweck, möglicherweise auch hinsichtlich der Herstellungsstätten vor (vgl. auch BPatG Entsch. Az. 26 W (pat) 151/02 - Fitella, veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts). Die Beschwerde musste nach alledem hinsichtlich der noch angegriffenen Waren Erfolg haben. Angesichts dessen ist die Beschwerde hinsichtlich der weiteren Widerspruchsmarke 1 121 067 gegenstandslos. Zu einer einseitigen Kostenauferlegung zu Lasten einer der Verfahrensbeteiligten bestand kein Anlass, so dass die Grundregel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG bleibt.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006647
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 507/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Taschennaht (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 208.4 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 8. Oktober 2009 die für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen erfolgte Anmeldung der Bildmarke teilweise für die Waren „ Bekleidungsstücke “ nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar eine Gesäß-, Rock- oder Jackentasche mit einem Muster dar, bei dem es sich um ein ausschmückendes und dekoratives Element handele, das beim Publikum als Verzierung und gängige Aufmachung der beanspruchten Waren erscheine. Das so auf der Tasche vorgesehene Nahtmuster stelle sich als gängiges Ausstattungselement dar, weil der Verbraucher gerade auf Gesäß- sowie aber auch Jackentaschen an eine breite, gleichsam unübersehbare Vielfalt von schwarz-weißen oder farbigen Nähten, Mustern, Applikationen oder sonstigen Aufmachungen gewöhnt sei. Eine solche Darstellung weise keine optisch oder farblich hervorstechenden Merkmale auf, die herkunftshinweisend wirken könnten, sondern erschöpfe sich in der Wiedergabe dessen, was auf diesem Warengebiet als übliche Aufmachung anzusehen sei. Da sich die vorliegende Gestaltung nahtlos in die Mustervielfalt modischer Hosen-, Rock- bzw. Jackentaschen einreihe, könne die um Schutz nachsuchende Darstellung in ihrer konkreten Aufmachung als Ziernaht auf einem Teil eines Bekleidungsstücks nicht dazu führen, dass sie der Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel eines ganz bestimmten Unternehmens auffasse. Die Anmelderin könne sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstelle, so dass eine Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht bestehe, zumal aus einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragung keine Verpflichtung zu einer entsprechend weiteren sachwidrigen Behandlung hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie mit der Vielzahl an entsprechend eingetragenen Bildmarken vergleichbar sei, so dass sie nicht anders als diese behandelt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die eingetragenen Marken ein komplexeres Muster als das angemeldete Bildzeichen aufwiesen. Im Übrigen seien Nähte auf Jeanshosentaschen ein übliches Erkennungszeichen von Jeansmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] -BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 - Autofelge; WRP 1999, 526 - Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie dem Publikum aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 – M-förmige Steppnähte). 3. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. a) Allerdings kann entgegen der Auffassung der Markenstelle die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht schon mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen. Wie der Senat bereits in den beiden von der Anmelderin zitierten Entscheidungen 27 W (pat) 105/05 vom 7. März 2006 (GRUR 2006, 944) und 27 W (pat) 112/05 vom 24. Januar 2006 ausgeführt hat, käme ein Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Darstellung, soweit Nahtmuster unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein können, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen, nur in Betracht, wenn die angemeldete Marke in dreidimensionaler Form verwendet oder es sich bei ihr um eine Positionsmarke handeln würde; hiervon kann bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Prüfung, ob eine Kennzeichnung als warenbeschreibend oder als einfaches Ornament, nicht aber als Herkunftshinweis angesehen wird, sind zwar alle möglichen Verwendungen zugrundezulegen, die bei markenmäßigen Kennzeichnungen üblich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass die Art und Weise einer Verwendung als Marke nicht bei allen Markenformen gleich sind. So sind etwa die Möglichkeiten zur Kennzeichnung einer Ware mit einer Positions- oder Aufmachungsmarke ganz erheblich gegenüber denjenigen bei Wort- oder Bildmarken eingeschränkt. Aber auch die Verwendung einer dreidimensionalen Marke weicht nicht unerheblich von einer bloßen Bildmarke ab, weil letztere als bloße zwei dimensionale Kennzeichnung dreidimensionale Formen nur als Projektion - also statt in drei nur in zwei Dimensionen - wiedergeben kann; die Projektion eines dreidimensionalen Objekts auf eine (zweidimensionale) Fläche führt aber zwingend zu einer erkennbaren Veränderung der in dem dreidimensionalen Objekt vorhandenen Proportionen. Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bild marke eine drei dimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die - wie die hier in Rede stehenden - nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren - bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht - von vornherein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung - insbesondere eine Linienführung - aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensionale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bild marke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren - soweit die angesprochenen Verkehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen sollten - den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde. b) Der angemeldeten Bildmarke ist die erforderliche Unterscheidungskraft aber deshalb abzusprechen, weil das Publikum ihr auch bei einer zweidimensionalen Wiedergabe keinen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren der Klasse 25 aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen wird, sondern in ihr nur eine im hier maßgeblichen Bekleidungssektor übliche einfache ornamentale Gestaltung erblickt. Solchen einfachen Gestaltungsformen entnimmt das Publikum aber in aller Regel keinen Herkunftshinweis. Dabei ist zu beachten, dass auf dem hier maßgeblichen Modesektor es mittlerweile üblich ist, Bildmarken - auch in zweidimensionaler Form - nicht nur auf dem der Ware beigefügten Etikett, sondern auch in Form eines aufgedruckten oder aufgenähten Bildes unmittelbar als Bestandteil der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen wiederzugeben, indem das Bild etwa bei Sakkos, Hosen oder Hemden nicht nur im Innenteil - bei Hemden etwa im Kragen oder bei Hosen im (Innen-) Bund, sondern auch deutlich sichtbar auf eine (Vorder- oder Gesäß-) Tasche oder auf dem Brust- (hier zentral oder links in Höhe des Herzens) oder Rückenbereich oder bei Schuhen auf der Oberseite oder auf der Seite aufgenäht oder aufgedruckt wird. In allen diesen Verwendungsformen ist aber bei der hier zu beurteilenden Bildmarke kein Fall denkbar, bei dem das Publikum Veranlassung hätte, es nicht nur als bloße bildliche (d. h. zweidimensionale) Wiedergabe eines üblichen Ziermusters - oder auch als übliche Ziernaht -, sondern als Hinweis auf die Herkunft der so mit dem angemeldeten Ornament versehenen Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Bei der angemeldeten Darstellung handelt es sich nämlich um ein aus einfachsten Gestaltungsmitteln hergestelltes Muster. Der äußere Teil erinnert zwar nur bei (Jeans-) Hosen oder bei Hemden an eine (Brust- oder Gesäß-) Tasche; bei anderen Waren aus dem Schutzbereich der angemeldeten Marke wird das Publikum hierin eher die Wiedergabe des üblichen Rahmens eines Wappens sehen, da solche häufig zur Verzierung von Angaben auf den Kleidungsstücken, Schuhen oder Kopfbedeckungen - bei denen es sich um rein beschreibende Angaben wie etwa die Bezeichnung der Ausgangsmaterialien oder um Waschanleitungen, aber auch um die Mitteilung des Herstellers (bei der es sich in der Regel um die aus Sicht des Publikums „eigentliche“ Marke handelt) handeln kann - verwendet zu werden pflegen. Die inneren Linien sind wiederum einfach gehalten und weisen keinerlei Besonderheiten auf, welche das Publikum von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eine einfache grafische Gestaltung, wegführen und zu der Annahme, das (Gesamt-) Zeichen weise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hin, verleiten könnten. Auch wenn das Publikum der angemeldeten Bildmarke an den Stellen begegnen würde, an denen üblicherweise die markenmäßige Kennzeichnung angebracht zu werden pflegt - also insbesondere bei den Einnähetiketten im Hemdinnenkragen oder Hoseninnenbund - hätte es noch keine Veranlassung, hierin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Ware zu schließen. Befindet sich an diesen Stellen die angemeldete Darstellung isoliert, d. h. ohne weitere Angaben, wird er immer noch in ihr wegen der einfachen und üblichen Gestaltungsform eine bloße Verzierung sehen und annehmen, die von ihm an sich an dieser Stelle erwarteten Angaben wie die Marke, aber auch die beschreibenden Ausführungen zu den Ausgangsmaterialien oder zur Pflege der Ware seien schlicht „vergessen“ worden. Befinden sich diese Angaben an dieser Stelle, wird er selbst bei der dort vorhandenen zusätzlichen Wiedergabe einer (anderen) Marke oder der bloßen Herstellerbezeichnung die angemeldete Marke wegen ihrer Schlichtheit weiterhin als bloße Verzierung dieser Angaben, niemals aber als eigenständige (Erst- bzw. Zweit-) Marke erachten. Damit ist aber kein Fall vorstellbar, bei dem das Publikum die angemeldete Gestaltung als Herkunftshinweis erkennen würde. Damit fehlt ihr aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. c) Dem stehen auch die bereits oben genannten Entscheidungen des Senats nicht entgegen. Die dort zu beurteilenden Bildzeichen unterschieden sich deutlich von der vorliegend streitgegenständlichen Darstellung, da ihr Gesamteindruck trotz der erkennbar einfach gehaltenen Linienführung, auch wenn sie einfachsten Nahtführungen entsprechen mag, sich nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht beschränkte. Wie der Senat nämlich in der Sache 27 W (pat) 112/05 ausdrücklich hervorgehoben hat, fügte sich die dort vorhandene Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erschien, zu einem Bild zusammen, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnerte; durch diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl ging der Gesamteindruck des Gesamtbildes aber über die bloße Nahtführung deutlich hinaus, was erst das Publikum von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. In der Sache 27 W (pat) 105/05 wiederum handelte es sich um eine komplexe bildliche Darstellung, welche an die auszugsweise Wiedergabe eines unregelmäßig geschwungenen Straßen- oder Flussverlaufs in geografischen Karten, nicht aber an ein einfaches geometrisches Muster, wie dies bei Nähten üblich ist, erinnerte und damit für das Publikum Anlass gab, in ihr nicht nur ein Ornament, sondern einen Herkunftshinweis zu sehen. Davon, dass die hier zu beurteilende Darstellung nicht nur die einfachen, für Verzierungen üblichen Gestaltungsmittel übernimmt, sondern darüber hinaus einen ungewöhnlichen oder überraschenden Gesamteindruck vermittle, kann indessen keine Rede sein. Dafür sind vielmehr keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. d) Auch der Hinweis der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung „Jeanshosentasche“ (GRUR 2001, 734, 735) vermag der Anmeldemarke nicht zur Eintragung zu verhelfen. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BGH-Entscheidung nicht um eine Rechtsfragen klärende, sondern ersichtlich um die bloß tatsächliche Beurteilung einer konkreten Anmeldemarke handelt, welche nur für den konkret entschiedenen Einzelfall von Bedeutung ist, beruhte sie auf rechtlichen Annahmen, die heute auf der Grundlage der später ergangenen, allein maßgeblichen und auch jeder BGH-Entscheidung vorrangigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Form nicht mehr aufrecht zu erhalten sind; hiergegen spricht indiziell auch die von der Markenstelle zitierte ständige, bislang vom Europäischen Gerichtshof nicht beanstandete Entscheidungspraxis des HABM, welche vergleichbare Markenanmeldungen zurückgewiesen hat. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). Ungeachtet dessen ist auch zweifelhaft, ob angesichts der jetzigen Entscheidungspraxis, von deren rechtlichen Grundlagen bereits - wenn auch vielleicht für den jeweiligen über die Markenanmeldung befindenden Entscheider unerkannt - bei Eintragung auszugehen gewesen wäre, diese Eintragungen zu Recht erfolgt sind; dies bedarf allerdings wegen der Unbeachtlichkeit früherer Eintragungen vorliegend keiner Vertiefung. 4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die entscheidenden Rechtsfragen sind geklärt; damit war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006647&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006649
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 508/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Taschennaht (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 209.2 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 8. Oktober 2009 die für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen erfolgte Anmeldung der Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen teilweise für die Waren „ Bekleidungsstücke “ nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar eine Gesäß-, Rock- oder Jackentasche mit einem Muster dar, bei dem es sich um ein ausschmückendes und dekoratives Element handele, das beim Publikum als Verzierung und gängige Aufmachung der beanspruchten Waren erscheine. Das so auf der Tasche vorgesehene Nahtmuster stelle sich als gängiges Ausstattungselement dar, weil der Verbraucher gerade auf Gesäß- sowie aber auch Jackentaschen an eine breite, gleichsam unübersehbare Vielfalt von schwarz-weißen oder farbigen Nähten, Mustern, Applikationen oder sonstigen Aufmachungen gewöhnt sei. Eine solche Darstellung weise keine optisch oder farblich hervorstechenden Merkmale auf, die herkunftshinweisend wirken könnten, sondern erschöpfe sich in der Wiedergabe dessen, was auf diesem Warengebiet als übliche Aufmachung anzusehen sei. Da sich die vorliegende Gestaltung nahtlos in die Mustervielfalt modischer Hosen-, Rock- bzw. Jackentaschen einreihe, könne die um Schutz nachsuchende Darstellung in ihrer konkreten Aufmachung als Ziernaht auf einem Teil eines Bekleidungsstücks nicht dazu führen, dass sie der Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel eines ganz bestimmten Unternehmens auffasse. Die Anmelderin könne sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstelle, so dass eine Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht bestehe, zumal aus einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragung keine Verpflichtung zu einer entsprechend weiteren sachwidrigen Behandlung hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie mit der Vielzahl an entsprechend eingetragenen Bildmarken vergleichbar sei, so dass sie nicht anders als diese behandelt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die eingetragenen Marken ein komplexeres Muster als das angemeldete Bildzeichen aufwiesen. Im Übrigen seien Nähte auf Jeanshosentaschen ein übliches Erkennungszeichen von Jeansmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 - Autofelge; WRP 1999, 526 - Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie dem Publikum aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 – M-förmige Steppnähte). 3. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. a) Allerdings kann entgegen der Auffassung der Markenstelle die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht schon mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen. Wie der Senat bereits in den beiden von der Anmelderin zitierten Entscheidungen 27 W (pat) 105/05 vom 7. März 2006 (GRUR 2006, 944) und 27 W (pat) 112/05 vom 24. Januar 2006 ausgeführt hat, käme ein Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Darstellung, soweit Nahtmuster unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein können, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen, nur in Betracht, wenn die angemeldete Marke in dreidimensionaler Form verwendet oder es sich bei ihr um eine Positionsmarke handeln würde; hiervon kann bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Prüfung, ob eine Kennzeichnung als warenbeschreibend oder als einfaches Ornament, nicht aber als Herkunftshinweis angesehen wird, sind zwar alle möglichen Verwendungen zugrundezulegen, die bei markenmäßigen Kennzeichnungen üblich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass die Art und Weise einer Verwendung als Marke nicht bei allen Markenformen gleich sind. So sind etwa die Möglichkeiten zur Kennzeichnung einer Ware mit einer Positions- oder Aufmachungsmarke ganz erheblich gegenüber denjenigen bei Wort- oder Bildmarken eingeschränkt. Aber auch die Verwendung einer dreidimensionalen Marke weicht nicht unerheblich von einer bloßen Bildmarke ab, weil letztere als bloße zwei dimensionale Kennzeichnung dreidimensionale Formen nur als Projektion - also statt in drei nur in zwei Dimensionen - wiedergeben kann; die Projektion eines dreidimensionalen Objekts auf eine (zweidimensionale) Fläche führt aber zwingend zu einer erkennbaren Veränderung der in dem dreidimensionalen Objekt vorhandenen Proportionen. Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bild marke eine drei dimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die - wie die hier in Rede stehenden - nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren - bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht - von vornherein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung - insbesondere eine Linienführung - aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensionale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bild marke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren - soweit die angesprochenen Verkehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen sollten - den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde. b) Der angemeldeten Bildmarke ist die erforderliche Unterscheidungskraft aber deshalb abzusprechen, weil das Publikum ihr auch bei einer zweidimensionalen Wiedergabe keinen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren der Klasse 25 aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen wird, sondern in ihr nur eine im hier maßgeblichen Bekleidungssektor übliche einfache ornamentale Gestaltung erblickt. Solchen einfachen Gestaltungsformen entnimmt das Publikum aber in aller Regel keinen Herkunftshinweis. Dabei ist zu beachten, dass auf dem hier maßgeblichen Modesektor es mittlerweile üblich ist, Bildmarken - auch in zweidimensionaler Form - nicht nur auf dem der Ware beigefügten Etikett, sondern auch in Form eines aufgedruckten oder aufgenähten Bildes unmittelbar als Bestandteil der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen wiederzugeben, indem das Bild etwa bei Sakkos, Hosen oder Hemden nicht nur im Innenteil - bei Hemden etwa im Kragen oder bei Hosen im (Innen-) Bund, sondern auch deutlich sichtbar auf eine (Vorder- oder Gesäß-) Tasche oder auf dem Brust- (hier zentral oder links in Höhe des Herzens) oder Rückenbereich oder bei Schuhen auf der Oberseite oder auf der Seite aufgenäht oder aufgedruckt wird. In allen diesen Verwendungsformen ist aber bei der hier zu beurteilenden Bildmarke kein Fall denkbar, bei dem das Publikum Veranlassung hätte, es nicht nur als bloße bildliche (d. h. zweidimensionale) Wiedergabe eines üblichen Ziermusters - oder auch als übliche Ziernaht -, sondern als Hinweis auf die Herkunft der so mit dem angemeldeten Ornament versehenen Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Bei der angemeldeten Darstellung handelt es sich nämlich um ein aus einfachsten Gestaltungsmitteln hergestelltes Muster. Der äußere Teil erinnert zwar nur bei (Jeans-) Hosen oder bei Hemden an eine (Brust- oder Gesäß-) Tasche; bei anderen Waren aus dem Schutzbereich der angemeldeten Marke wird das Publikum hierin eher die Wiedergabe des üblichen Rahmens eines Wappens sehen, da solche häufig zur Verzierung von Angaben auf den Kleidungsstücken, Schuhen oder Kopfbedeckungen - bei denen es sich um rein beschreibende Angaben wie etwa die Bezeichnung der Ausgangsmaterialien oder um Waschanleitungen, aber auch um die Mitteilung des Herstellers (bei der es sich in der Regel um die aus Sicht des Publikums „eigentliche“ Marke handelt) handeln kann - verwendet zu werden pflegen. Die inneren Linien sind wiederum einfach gehalten und weisen keinerlei Besonderheiten auf, welche das Publikum von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eine einfache grafische Gestaltung, wegführen und zu der Annahme, das (Gesamt-) Zeichen weise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hin, verleiten könnten. Auch wenn das Publikum der angemeldeten Bildmarke an den Stellen begegnen würde, an denen üblicherweise die markenmäßige Kennzeichnung angebracht zu werden pflegt - also insbesondere bei den Einnähetiketten im Hemdinnenkragen oder Hoseninnenbund - hätte es noch keine Veranlassung, hierin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Ware zu schließen. Befindet sich an diesen Stellen die angemeldete Darstellung isoliert, d. h. ohne weitere Angaben, wird er immer noch in ihr wegen der einfachen und üblichen Gestaltungsform eine bloße Verzierung sehen und annehmen, die von ihm an sich an dieser Stelle erwarteten Angaben wie die Marke, aber auch die beschreibenden Ausführungen zu den Ausgangsmaterialien oder zur Pflege der Ware seien schlicht „vergessen“ worden. Befinden sich diese Angaben an dieser Stelle, wird er selbst bei der dort vorhandenen zusätzlichen Wiedergabe einer (anderen) Marke oder der bloßen Herstellerbezeichnung die angemeldete Marke wegen ihrer Schlichtheit weiterhin als bloße Verzierung dieser Angaben, niemals aber als eigenständige (Erst- bzw. Zweit-) Marke erachten. Damit ist aber kein Fall vorstellbar, bei dem das Publikum die angemeldete Gestaltung als Herkunftshinweis erkennen würde. Damit fehlt ihr aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. c) Dem stehen auch die bereits oben genannten Entscheidungen des Senats nicht entgegen. Die dort zu beurteilenden Bildzeichen unterschieden sich deutlich von der vorliegend streitgegenständlichen Darstellung, da ihr Gesamteindruck trotz der erkennbar einfach gehaltenen Linienführung, auch wenn sie einfachsten Nahtführungen entsprechen mag, sich nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht beschränkte. Wie der Senat nämlich in der Sache 27 W (pat) 112/05 ausdrücklich hervorgehoben hat, fügte sich die dort vorhandene Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erschien, zu einem Bild zusammen, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnerte; durch diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl ging der Gesamteindruck des Gesamtbildes aber über die bloße Nahtführung deutlich hinaus, was erst das Publikum von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. In der Sache 27 W (pat) 105/05 wiederum handelte es sich um eine komplexe bildliche Darstellung, welche an die auszugsweise Wiedergabe eines unregelmäßig geschwungenen Straßen- oder Flussverlaufs in geografischen Karten, nicht aber an ein einfaches geometrisches Muster, wie dies bei Nähten üblich ist, erinnerte und damit für das Publikum Anlass gab, in ihr nicht nur ein Ornament, sondern einen Herkunftshinweis zu sehen. Davon, dass die hier zu beurteilende Darstellung nicht nur die einfachen, für Verzierungen üblichen Gestaltungsmittel übernimmt, sondern darüber hinaus einen ungewöhnlichen oder überraschenden Gesamteindruck vermittle, kann indessen keine Rede sein. Dafür sind vielmehr keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. d) Auch der Hinweis der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung „Jeanshosentasche“ (GRUR 2001, 734, 735) vermag der Anmeldemarke nicht zur Eintragung zu verhelfen. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BGH-Entscheidung nicht um eine Rechtsfragen klärende, sondern ersichtlich um die bloß tatsächliche Beurteilung einer konkreten Anmeldemarke handelt, welche nur für den konkret entschiedenen Einzelfall von Bedeutung ist, beruhte sie auf rechtlichen Annahmen, die heute auf der Grundlage der später ergangenen, allein maßgeblichen und auch jeder BGH-Entscheidung vorrangigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Form nicht mehr aufrecht zu erhalten sind; hiergegen spricht indiziell auch die von der Markenstelle zitierte ständige, bislang vom Europäischen Gerichtshof nicht beanstandete Entscheidungspraxis des HABM, welche vergleichbare Markenanmeldungen zurückgewiesen hat. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). Ungeachtet dessen ist auch zweifelhaft, ob angesichts der jetzigen Entscheidungspraxis, von deren rechtlichen Grundlagen bereits - wenn auch vielleicht für den jeweiligen über die Markenanmeldung befindenden Entscheider unerkannt - bei Eintragung auszugehen gewesen wäre, diese Eintragungen zu Recht erfolgt sind; dies bedarf allerdings wegen der Unbeachtlichkeit früherer Eintragungen vorliegend keiner Vertiefung. 4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die entscheidenden Rechtsfragen sind geklärt; damit war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006739
BPatG
München
9. Senat
20100628
9 W (pat) 327/05
Beschluss
§ 3 Abs 1 S 2 PatG, § 59 Abs 1 PatG, § 265 Abs 2 S 2 ZPO
DEU
Patenteinspruchsverfahren - "Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges" – mehrere beteiligte Firmen, gemeinsames Interesse der in ein gemeinsames Projekt eingebundenen Beteiligten - Weiterverbreitung der Kenntnisse über die Entwicklung an beliebige Dritte ist nicht zu erwarten - angeblich ohne Geheimhaltungspflicht erfolgte Auslieferung des Dichtungssystems kann öffentliche Zugänglichkeit einer Vorbenutzung nicht begründen - zur Anwendbarkeit des § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO im Einspruchsverfahren
In der Einspruchssache betreffend das Patent 103 11 652 … hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Pontzen sowie der Richter Paetzold, Dipl.-Ing. Reinhardt und Dr.-Ing. Höchst beschlossen: Das Patent wird aufrechterhalten.
I. Gegen das am 14. März 2003 angemeldete und am 11. November 2004 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung "Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges" ist Einspruch eingelegt worden. Die Einsprechende vertritt die Auffassung, dass das Dichtungssystem gemäß Patentanspruch 1 nicht mehr neu sei, zumindest jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Stütze ihres Vorbringens verweist sie auf die Druckschriften DE 199 43 765 A1 (D1), DE 101 37 031 C1 (D2) und die nachveröffentlichte Druckschrift älteren Zeitrangs DE 199 43 765 C5 (D3). Zudem macht sie eine offenkundige Vorbenutzung geltend, die anhand der Anlagen E4a bis E4j belegt werden soll. Insbesondere habe vor Einreichung der Patentanmeldung eine vorbehaltslose Lieferung stattgefunden, und seinerzeit habe der gelieferte Gegenstand keiner Geheimhaltungspflicht mehr unterlegen. Für die Richtigkeit der gemachten Angaben bietet die Einsprechende Zeugenbeweis an. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Einsprechende gegen die Beteiligung der Patentinhaberin zu 2. gewandt. Ob diese Gesamtrechtsnachfolgerin der vorhergehenden, gemeinschaftlich mit der Patentinhaberin zu 1. eingetragenen Patentinhaberin C… GmbH geworden sei, könne sie nicht beurteilen. Auch halte sie ihre am 28. Mai 2010 gegenüber dem Senat erklärte Zustimmung zur Beteiligung der C… GmbH für gegenstandslos, weil diese Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr existiert habe. Hilfsweise fechte sie diese Zustimmungserklärung an. Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen. Die Patentinhaberinnen stellen den Antrag, das Patent aufrecht zu erhalten. Die Patentinhaberinnen machen geltend, dass die genannten Druckschriften der Patentfähigkeit nicht hindernd entgegenstehen. Auch sei die behauptete Vorbenutzung jedenfalls der Öffentlichkeit nicht zugänglich gewesen. Der geltende Patentanspruch 1 lautet: 1. Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen, bei denen jeder der beiden Dichtungsprofilabschnitte wenigstens einen Kanal zur Führung von Wasser aufweist, wobei diese Kanäle bei einem überlappungsfreien Aneinanderliegen der beiden Karosserieteile als korrespondierende Kanäle für einen etwa horizontalen Wasserübertritt innerhalb des Dichtungssystems zusammenwirken, gekennzeichnet durch die Merkmale, - unterhalb des in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtungsprofilabschnittes ( 5 ) ist mindestens eine mit dem mindestens einen Kanal ( 7, 8 ) dieses Karosserieteils ( 2 ) verbundene Wasser-Fangrinne ( 9 ) vorgesehen, - diese Wasser-Fangrinne ( 9 ) überlappt unten und in mindestens einem daran anschließenden vertikalen Seitenbereich den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Kanälen ( 7, 8 ). Rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 4 an. II. 1. Die Zuständigkeit des Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet. 2. Der Einspruch ist zulässig; Gegenteiliges ist auch nicht vorgetragen worden. 3. Am Verfahren beteiligt ist nunmehr nicht nur die ursprüngliche einzige Patentinhaberin, sondern auch die Patentinhaberin zu 2., die Rechtsnachfolgerin der im Patentregister als Mitinhaberin des Patents aufgeführten C… GmbH gewor- den ist. Zwar ändert die Veräußerung der Streitsache nicht ohne Weiteres die Beteiligtenstellung; vielmehr ist im anhängigen Einspruchsverfahren die Vorschrift des § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO analog anzuwenden (vgl. BGH BlfPMZ 2007, 459 ff.) mit der Folge, dass ein Einzelrechtsnachfolger des Patentinhabers ohne Zustimmung des Einsprechenden nicht berechtigt ist, in die Verfahrensstellung des Patentinhabers einzutreten. Allerdings gilt diese Vorschrift, wie sich auch aus der o. g. Entscheidung des Bundesgerichtshofes indirekt ergibt, nicht für den Fall einer Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl. 2003, § 30 Rdn. 100, 101 m. w. N.), wie sie hier die Patentinhaberin zu 2. unter Berufung auf einen entsprechenden Handelsregisterauszug dargelegt hat. Dass die Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin zu 2. ihrerseits Beteiligte im Wege der Einzelrechtsnachfolge geworden ist, ändert daran nichts. Denn insoweit hat die Einsprechende ihre Zustimmung mit Schreiben vom 28. Mai 2010 erklärt. Diese Erklärung ist nicht deshalb wirkungslos, weil bei ihrer Abgabe die Rechtsvorgängerin im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge nicht mehr existierte. Denn die Zustimmungserklärung nach § 265 Abs. 2 ZPO bezog sich auf die im Patentregister noch formell eingetragene Rechtsvorgängerin, die nach Erhebung des Einspruchs und im Zeitpunkt der Zustimmung als Mitinhaberin des Patents ausgewiesen war. Mit der Zustimmung hat sich die Einsprechende damit einverstanden erklärt, dass ein Beteiligtenwechsel auf Seiten der Patentinhaberin stattfindet, wobei im vorliegenden Fall sogar die ursprüngliche Patentinhaberin erhalten geblieben ist, weil sie nunmehr gemeinsam mit einer weiteren Inhaberin eingetragen ist. Nach Ansicht des Senats begründet diese Situation auch kein Anfechtungsrecht. Abgesehen von der Frage, ob die Zustimmungserklärung nicht eine Prozesshandlung darstellt, die keiner Anfechtung zugänglich ist (so Zöller/Gerger, ZPO, 28. Aufl. 2010, vor § 128, Rn. 21; Baumbach, ZPO, 68. Aufl. 2010, Grdz. § 128, Rdn. 56, 57), würde die nachträgliche Beseitigung der Zustimmung hier nicht von einem Anfechtungsgrund umfasst. Die Einsprechende war sich nicht darüber im Irrtum, dass die Rechtsvorgängerin der Patentinhaberin zu 2. im Wege der Einzelrechtsnachfolge nach Erhebung des Einspruchs (gemeinsame) Patentinhaberin geworden ist. Denn insoweit war diese durch den Stand des Patentregisters legitimiert. Würde man der Einsprechenden nun ein Beseitigungsrecht ihrer Erklärung zubilligen, weil zwischenzeitlich ein weiterer Rechtserwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf Seiten der Rechtsvorgängerin stattgefunden hat, so würde man der Einsprechenden letztlich ein Zustimmungsrecht einräumen, das ihr nach § 265 Abs. 2 ZPO bei einem Beteiligtenwechsel im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gerade nicht zusteht. Insoweit kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Gesamtrechtsnachfolge vor oder nach der Zustimmungserklärung stattgefunden hat. Dementsprechend ist es auch unerheblich, ob dies die Patentinhaberinnen vor der Zustimmungserklärung hätten offenlegen müssen. Denn der Schutzgedanke des § 265 Abs. 2 bezieht sich lediglich auf die Einzelrechtsnachfolge. Hat sich die Gegenseite mit der Beteiligung eines Einzelrechtsnachfolgers im Laufe des anhängigen Verfahrens einverstanden erklärt, ist die Beteiligung eines Rechtsnachfolgers, der anschließend durch eine oder auch mehrere Gesamtrechtsnachfolgen an die Stelle des Rechtsvorgängers getreten ist, nicht mehr von der Zustimmung der Gegenseite abhängig. Ohnehin bleibt der Einsprechenden im vorliegenden Fall die ursprüngliche Patentinhaberin als gesamtvertretungsberechtigte und gesamtschuldnerisch haftende Beteiligte erhalten, so dass sich auch deshalb die Frage stellt, ob es im vorliegenden Fall des Schutzes von § 265 Abs. 2 ZPO bedarf, wonach neben dem Aufdrängen eines neuen Prozessbeteiligten auch prozessökonomische Gesichtspunkte zu beachten sind (vgl. BGH a. a. O., S. 461; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 265 Rdn. 1). 4. In der Sache hat der Einspruch keinen Erfolg. a) Laut Beschreibungseinleitung geht das Streitpatent von einem Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeugs aus, mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen, bei denen jeder der beiden Dichtungsprofilabschnitte wenigstens einen Kanal zur Führung von Wasser aufweist. Solche Dichtungssysteme mit korrespondierenden Wasserführungskanälen seien aus der DE 199 43 765 A1 (D1) und der DE 101 37 031 C1 (D2) bekannt. In dem einen Fall würden die wasserführenden Kanäle in dem Auftrennbereich ineinander greifen, um den dichten Übergang zwischen den Wasserführungskanälen in dem Trennbereich zu gewährleisten. Das Ineinandergreifen der Kanäle erfordere ein Fügen der Dichtungsprofilabschnitte in einer bestimmten vorgegebenen Richtung. Im anderen Fall mit überlappungsfrei aneinanderstoßenden Wasserführungskanälen bestehe zumindest nach längerer Gebrauchszeit eine Leckagegefahr. Auch diese Profile seien ausschließlich in einer vorgegebenen Fügerichtung zusammenfügbar (Abs. 0001 bis 0003 der Streitpatentschrift). Zielsetzung sei daher das Schaffen eines Dichtungssystems im Trennbereich, bei dem die Dichtungsprofilabschnitte dauerhaft sicher gegeneinander gedichtet sind und zwar auch, wenn sie aus mehreren unterschiedlichen Richtungen gefügt werden können (Abs. 0004 der Streitpatentschrift). Als den mit der Lösung dieses Problems beauftragten Durchschnittsfachmann legt der Senat seiner Entscheidung einen Dipl.-Ing. der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik mit Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Berufserfahrung zugrunde, der bei einem Kraftfahrzeughersteller oder einem seiner Zulieferer mit der Entwicklung und Konstruktion von Dichtungen für den Karosseriebereich an Fahrzeugen befasst ist. Die nach Patentanspruch 1 vorgeschlagene Lösung für ein Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges lautet in Form einer Merkmalsgliederung wie folgt: 1. Das Dichtungssystem weist zwei Dichtungsprofilabschnitte an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen auf. 2. Jeder der beiden Dichtungsprofilabschnitte weist wenigstens einen Kanal zur Führung von Wasser auf. 3. Die Kanäle wirken bei einem überlappungsfreien Aneinanderliegen der beiden Karosserieteile als korrespondierende Kanäle für einen etwa horizontalen Wasserübertritt innerhalb des Dichtungssystems zusammen. 4. Unterhalb des in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtungsprofilabschnittes ist mindestens eine Wasserfangrinne vorgesehen. 5. Die Wasserfangrinne ist mit dem mindestens einen Kanal dieses Karosserieteils verbunden. 6. Die Wasserfangrinne überlappt den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Kanälen unten und in mindestens einem daran anschließenden vertikalen Seitenbereich. Nach dem Verständnis des zuständigen Fachmanns stellt sich der beanspruchte Gegenstand unter Berücksichtigung der Beschreibung wie folgt dar: An zwei benachbarten Karosserieteilen eines Fahrzeugdachs sind Dichtungen bzw. Dichtungsprofilabschnitte angebracht. Die Dachteile sind mit den an ihnen vorgesehenen Dichtungen relativ zueinander bewegbar. In den Dichtungen sind Kanäle vorgesehen, die zur Führung von Wasser dienen. Wenn die Karosserieteile aneinanderliegen, d. h. wenn die Karosserieteile eine die Fahrgastzelle schließende Position einnehmen, überlappen diese nicht. Die den Karosserieteilen zugeordneten Dichtungen nehmen dann eine solche Lage ein, dass die in ihnen vorgesehenen Kanäle korrespondierend zusammenwirken, und zwar für einen etwa horizontalen Wasserübertritt. Der unten liegende Dichtungsprofilabschnitt ist der, dessen wasserführender Kanal bei ebener Lage des Fahrzeugs das aus dem korrespondierenden Kanal des anderen Dichtungsprofilabschnitts abfließende Wasser aufnimmt. An dem unten liegenden Dichtungsprofilabschnitt ist eine Wasserfangrinne vorgesehen, die sich unterhalb, d. h. an der Unterseite, des Dichtungsprofilabschnitts befindet. Aus der Wasserfangrinne kann über eine Verbindung Wasser in den wasserführenden Kanal abfließen. Die Wasserfangrinne überlappt unterhalb und auf wenigstens einer vertikalen Seite der Dichtung den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Kanälen, d. h. den Trennbereich zwischen den Dichtungen und somit die Trennfuge (vgl. Abs. 0007 Streitpatentschrift). b) Der mit Patentanspruch 1 beanspruchte und zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand ist neu. b1) Aus der Druckschrift DE 199 43 765 A1 (D1) ist ein Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten (obere Dichtung 13, Dachkassettendichtung 17) an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen, dem entnehmbaren Seitenholm 11 und der Dachkassette 4 bekannt (vgl. Fig. 1 bis 3; Merkmal 1.). Die obere Dichtung 13 weist einen Primär-Kanal 13F auf, die Dachkassettendichtung 17 den Wasserkanal 17B (vgl. Fig. 3; Merkmal 2.). Im geschlossenen Zustand des Fahrzeugdachs liegen die beiden Karosserieteile überlappungsfrei aneinander und die Kanäle 13F und 17B wirken als korrespondierende Kanäle mit leichtem Gefälle, d. h. mit einem etwa horizontalen Wasserübertritt, innerhalb des Dichtungssystems zusammen (vgl. Fig. 3, Sp. 1, Z. 22 bis 29, Sp. 3, Z. 41 bis 67; Merkmal 3.). Dabei überlappen die Kanäle zumindest teilweise (vgl. Sp. 3, Z. 41 bis 45). Im unten liegenden vorderen Bereich 17A der Dachkassettendichtung 17, d. h. im Boden des Wasserkanals 17B, ist eine den Überlappungsbereich untergreifende vertiefte Querrinne 17F ausgebildet (vgl. Sp. 4, Z. 2 bis 8; Merkmal 5.). Diese Querrinne fängt zurücklaufendes Wasser auf, das beispielsweise durch Kapillarwirkung zwischen die überlappenden Dichtungsprofilabschnitte eindringt (Sp. 1, Z. 30 bis 36 i. V. m. Sp. 3, Z. 64 bis Sp. 4, Z. 8). Offensichtlich müssen die Kanäle im Überlappungsbereich ineinander liegen, wenn sie einer den anderen zumindest teilweise überlappen und dichtend aneinander zu liegen kommen (Sp. 1, Z. 22 bis 29). Um den Wasserfluss durch Kapillarwirkung unterbinden zu können, muss die Querrinne den Spalt zwischen den überlappenden Dichtungsprofilabschnitten unterbrechen. Demnach liegt die Querrinne 17F zwar in dem in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtungsprofilabschnitt 17, jedoch nicht unterhalb dieses Abschnitts, sondern innerhalb dessen Kanals 17B. Aus ihrem funktionalen Wirken der Unterbindung der Kapillarwirkung ergibt sich, dass die Querrinne 17F den Überlappungsbereich nicht in seiner Gesamtheit untergreift, sondern lediglich einen Teil zwischen den Enden dieses Bereichs und jeweils mit Abstand zueinander. Eine Erstreckung der Querrinne 17F in einen vertikalen Seitenbereich des Wasserkanals 17B ist der Druckschrift DE 199 43 765 A1 (D1) nicht zu entnehmen. Jedenfalls fehlen Angaben in der Beschreibung hierzu, und Fig. 3 lässt den Verlauf der Querrinne 17 nicht eindeutig erkennen. Demnach weist das aus DE 199 43 765 A1 (D1) bekannte Dichtungssystem die Merkmale 4. und 6. nicht auf. b2) Die nachveröffentlichte Druckschrift älteren Zeitrangs DE 199 43 765 C5 (D3) geht auf die von der DE 199 43 765 A1 (D1) wiedergegebene Anmeldung zurück. Soweit sich die Einsprechende auf Patentanspruch 1 der Nachveröffentlichung bezieht, gibt dieser keinen anderen Sachverhalt als den bereits aus der Beschreibung und den Figuren der DE 199 43 765 A1 (D1) dargelegten wieder. b3) Die Entwässerungsanordnung für ein Klappdach eines Hardtop-Fahrzeugs nach der DE 101 37 031 C1 (D2) stellt ein Dichtungssystem in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen dar. Die bewegbaren Karosserieteile sind die Dachsäule (C-Säule 2) und die Heckscheibe 1 (vgl. Fig. 1, Anspruch 1; Merkmal 1.). Jedem der Karosserieteile ist eine Dichtung mit einem Wasserführungskanal zugeordnet, wobei diese Kanäle bei einem in Schließposition des Fahrzeugdaches offensichtlich überlappungsfreien Aneinanderliegen der beiden Karosserieteile (vgl. Fig. 1) als korrespondierende Kanäle für einen etwa horizontalen Wasserübertritt innerhalb der Entwässerungsanordnung zusammenwirken. Die Dichtungen an Heckscheibe 1 und C-Säule 2 weisen jeweils zwei Wülste 5, 6 bzw. 7, 8 sowie einen Wasserführungskanal 4 bzw. 9 auf (vgl. Fig. 1, Ansprüche 1 und 3 sowie Sp. 3, Z. 4 bis 7; Merkmale 2. und 3.). Die Entwässerung der Wasserführungskanäle 4, 9 erfolgt über eine Auffangwanne 12, die Teil der Abdichtung der Dachsäulen oder des außerhalb der Heckscheibe liegenden Teils des Heckdaches ist (vgl. Anspruch 1, Fig. 1.). Insofern ist die Auffangwanne 12 mit dem Wasserführungskanal 9 verbunden. Da die Auffangwanne 12 am tiefsten Punkt der Dachanordnung liegt (vgl. Sp. 3, Z. 24 bis 27), ist der Wasserführungskanal 9 der in der Hochachse des Fahrzeuges unten liegenden Dichtung zuzurechnen und die Auffangwanne 12 unterhalb des Wasserführungskanals 9 angeordnet. Die Auffangwanne kann als Wasserfangrinne aufgefasst werden (Merkmale 4. und 5.). Im Gegensatz zum Streitgegenstand überlappt diese Auffangwanne 12 den Übergangsbereich zwischen den korrespondierenden Wasserführungskanälen 4 und 9 weder unten noch vertikal seitlich. Jedenfalls lassen die Angaben in der DE 101 37 031 C1 (D2) die Lage der Auffangwanne 12 bezüglich der Stoßstelle der Dichtungen nicht erkennen (Merkmal 6.). c) Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er sich für einen Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Die genaue Anordnung der Auffangwanne 12 ist in DE 101 37 031 C1 (D2) offen gelassen. Nach Überzeugung des Senats entspricht es nicht dem fachmännischen Vorgehen, die Auffangwanne einfach in den Stoß-/Überlappungsbereich der beiden Dichtungen zu verlagern. Die Auffangwanne 12 ist durch eine Öffnung im Wasserführungskanal 9 der der C-Säule zugeordneten zweiten Dichtung mit den Wasserführungskanälen 4, 9 wirkverbunden (Fig. 1). Eine Verlagerung der Auffangwanne in den Stoßbereich der beiden Dichtungen führt dazu, dass die der schwenkbaren Heckscheibe zugeordnete Dichtung an der Stoßstelle nicht nur an der zweiten Dichtung, sondern auch an der Auffangwanne dicht anliegen muss. Hierdurch wird ein weiteres Dichtproblem geschaffen, das der Fachmann aber vermeidet. Die D2 führt auch unter Berücksichtigung des Fachwissens des Fachmanns nicht zum Streitgegenstand. Auch die Zusammenschau der D2 mit der D1 führt nicht zum Streitgegenstand. Der Hinweis aus der DE 199 43 765 A1 (D1), eine Querrinne im Überlappungsbereich der Stoßstelle anzuordnen, führt dazu, zusätzlich eine Querrinne in den Boden der unten liegenden Dichtung einzuarbeiten, um Leckagewasser abzuleiten. Der Hauptstrom des Wassers soll nach der DE 199 43 765 A1 (D1) gerade nicht durch diese Querrinne abgeleitet werden. Das Beibehalten einer Haupt-Entwässerung ist daher unbedingt erforderlich, nach der Lehre der D2 über die Auffangwanne 12. Die Anordnung der Auffangwanne 12 unterhalb der Dichtungen im Stoßbereich ist daher auch durch die D1 nicht angeregt. Soweit geltend gemacht wird, dass aus fachmännischer Sicht eine Ausdehnung der Querrinne 17F auch in die Seitenbereiche des Wasserkanals 17B (vgl. Fig. 3 der DE 199 43 765 A1 (D1)) zur Verbesserung der Abdichtung erwogen wird, ist festzustellen, dass eine solche, in die vertikalen Seitenflächen verlängerte Rinne nicht unterhalb des Dichtungsprofilabschnitts zu liegen kommt und auch nicht den Übergangsbereich zwischen den Kanälen überlappt. Sie untergreift lediglich den Überlappungsbereich (teilweise) und nicht den gesamten Bereich der Trennfuge. d) Das Dichtungssystem, das am 10. Januar 2003 an die K… GmbH & Co. geliefert sein soll, ist nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Laut Vorbringen der Einsprechenden hat vor dem Anmeldetag eine vorbehaltslose Lieferung des Dichtungssystems an die K… GmbH & Co. in R…  aus dem Verbund der W… GmbH in O… stattgefunden. Aus- weislich der Lieferscheine 109575, 109572 und 10573 sind mit der beauftragten Spedition jeweils 15 Stück Dichtungen mit den Bezeichnungen HTD OBEN, VTD LI und VTD RE an den Empfänger geliefert worden. Die Gestaltung der Dichtungen soll entsprechend der vorgelegten Zeichnungen E 84 876 351 (Anlage E4a) und E 84 876 161/162 (Anlage E4b) gewesen sein. Solche Dichtungen sollen in dem Fahrzeug des Typs Renault Mégane CC eingebaut worden sein. Die Einsprechende kann die Beschaffenheit der gelieferten Dichtungen nicht genau angeben. Nach ihrem Bekunden war es nicht möglich, eine dieser Dichtungen in der mündlichen Verhandlung vorzulegen. Zudem ist anhand der eingereichten Unterlagen und des Vorbringens nicht festzustellen, ob das gelieferte Dichtungssystem mit einer Wasserfangrinne versehen ist, die mit einem wasserführenden Kanal des Dichtungssystems verbunden ist, und ob die Wasserfangrinne den Übergangsbereich zwischen korrespondierenden wasserführenden Kanälen unten und in mindestens einem daran anschließenden vertikalen Seitenbereich überlappt (im Sinne der Merkmale 5. und 6.). Zur Gestaltung des Dichtungssystems hat die Einsprechende Zeugenbeweis angeboten. Die benannte Zeugin soll auch über die Umstände im Hause der Einsprechenden aussagen können. In einer eidesstattlichen Versicherung hat die Zeugin erklärt, dass die Lieferung ihrer Kenntnis nach keiner Geheimhaltungsverpflichtung mehr unterlegen habe. Wenn man unterstellt, dass die Lieferung stattgefunden hat, so ist nicht dargetan, auf welche Weise die gelieferten Teile des Dichtungssystems der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Unbestritten ist die Markteinführung des Renault Mégane CC nach dem Anmeldetag des Streitpatents erfolgt. Das Dach dieses Fahrzeugs wurde bei K… gefertigt, die Dichtungen dazu, zumindest einige, bei M…. Schon die vorgelegten Zeichnungen (Anlagen E4a und E4b) zeigen, dass die Entwicklung der Dichtungen keinesfalls eine allein in der Hand der Einsprechenden liegende Angelegenheit war. Im Schriftfeld der Zeichnungen ist jeweils die W… GmbH als Urheberin angegeben und als Lieferant für R… bezeichnet. Dies deutet vielmehr darauf hin, dass diesbezüglich K… und R… bestimmend waren, an die die Zeichnungen bei Nichtbestellung zu- rückzugeben sind. Demnach handelt es sich bei dem Dach des Renault Mégane CC und den zugehörigen Dichtungen um eine Entwicklung, zu der mehrere Beteiligte beigetragen haben. Aufgrund des gemeinsamen Interesses der Beteiligten ist nicht zu erwarten, dass einer von ihnen, der in das gemeinsame Projekt dergestalt eingebunden ist und davon profitiert, Kenntnisse über die Entwicklung an beliebige Dritte weiter verbreiten wird. Dies gilt auch dann, wenn Dritte mit der Weiterentwicklung betraut werden oder eine Geheimhaltungsverpflichtung abgelaufen ist. Besondere Umstände, warum von diesen nach der Lebenserfahrung zu erwartenden Gepflogenheiten abgewichen werden soll, hat die Einsprechende nicht dargetan (vgl. PatG, Schulte, 8. Auflage, § 3 Rn. 32 m. w. N.). Da die benannte Zeugin nach Angaben der Einsprechenden nur zu den Umständen bei der Absenderin der Lieferung, jedoch nicht zu denen bei der Empfängerin der Lieferung aussagen kann, erübrigt sich eine Zeugeneinvernahme. Allein der behauptete Umstand, dass die Dichtung ohne Geheimhaltungspflicht an die Empfängerin geliefert wurde, rechtfertigt nicht die positive Feststellung, dass auch tatsächlich ein unbegrenzter Personenkreis von der streitigen Dichtung Kenntnis nehmen konnte. Hierzu hätte zumindest dargelegt werden müssen, auf welche Weise beim Lieferungsempfänger (K…) objektiv die Möglichkeit dazu bestanden haben soll. Somit ist nicht dargetan bzw. bestehen zumindest erhebliche Zweifel, dass die erfolgte Lieferung für beliebige Dritte öffentlich zugänglich war. Dies geht zu Lasten der Einsprechenden (vgl. Schulte, a. a. O. Rn. 34). Auf die genaue Beschaffenheit des gelieferten Dichtungssystems kommt es bei dieser Sachlage nicht an. e) Mit dem Dichtungssystem nach dem erteilten Patentanspruch 1 sind auch die Gegenstände der rückbezogenen Unteransprüche patentfähig, die vorteilhafte Weiterbildungen des Dichtungssystems in einem trennbaren Dachbereich eines Kraftfahrzeuges mit zwei Dichtungsprofilabschnitten an zwei benachbarten, relativ zueinander bewegbaren Karosserieteilen nach dem Patentanspruch 1 betreffen und zumindest keine Selbstverständlichkeiten darstellen.
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Deutschland
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JURE109006742
BPatG
München
27. Senat
20100720
27 W (pat) 502/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Taschennaht (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 203.3 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht sowie die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 8. Oktober 2009 die für die Waren Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen erfolgte Anmeldung der Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen teilweise für die Waren „ Bekleidungsstücke “ nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke stelle ohne weiteres erkennbar eine Gesäß-, Rock- oder Jackentasche mit einem Muster dar, bei dem es sich um ein ausschmückendes und dekoratives Element handele, das beim Publikum als Verzierung und gängige Aufmachung der beanspruchten Waren erscheine. Das so auf der Tasche vorgesehene Nahtmuster stelle sich als gängiges Ausstattungselement dar, weil der Verbraucher gerade auf Gesäß- sowie aber auch Jackentaschen an eine breite, gleichsam unübersehbare Vielfalt von schwarz-weißen oder farbigen Nähten, Mustern, Applikationen oder sonstigen Aufmachungen gewöhnt sei. Eine solche Darstellung weise keine optisch oder farblich hervorstechenden Merkmale auf, die herkunftshinweisend wirken könnten, sondern erschöpfe sich in der Wiedergabe dessen, was auf diesem Warengebiet als übliche Aufmachung anzusehen sei. Da sich die vorliegende Gestaltung nahtlos in die Mustervielfalt modischer Hosen-, Rock- bzw. Jackentaschen einreihe, könne die um Schutz nachsuchende Darstellung in ihrer konkreten Aufmachung als Ziernaht auf einem Teil eines Bekleidungsstücks nicht dazu führen, dass sie der Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel eines ganz bestimmten Unternehmens auffasse. Die Anmelderin könne sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstelle, so dass eine Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts nicht bestehe, zumal aus einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Eintragung keine Verpflichtung zu einer entsprechend weiteren sachwidrigen Behandlung hergeleitet werden könne. Mit ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im Wesentlichen geltend, die Anmeldemarke sei schutzfähig, weil sie mit der Vielzahl an entsprechend eingetragenen Bildmarken vergleichbar sei, so dass sie nicht anders als diese behandelt werden könne. Es treffe auch nicht zu, dass die eingetragenen Marken ein komplexeres Muster als das angemeldete Bildzeichen aufwiesen. Im Übrigen seien Nähte auf Jeanshosentaschen ein übliches Erkennungszeichen von Jeansmarken. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. A. Die nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, welche nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG für alle nationalen Gerichte in allen Entscheidungen bindend ist, da die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurückgeht und die Auslegung der europarechtlichen Normen dem Europäischen Gerichtshof als insoweit allein zuständigem gesetzlichen Richter vorbehalten ist, ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] - Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] - SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] - Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). 2. Diese Grundsätze gelten auch für ein als Marke angemeldetes Bildzeichen, das nicht mehr unterscheidungskräftig ist, wenn es die im Warenverzeichnis genannten Waren naturgetreu bildlich wiedergibt (BGH WRP 1997, 755 - Autofelge; WRP 1999, 526 - Etiketten, mit weiteren Nachw.) oder wenn es sich bei ihm um eine einfache geometrische Form oder ein sonstiges einfaches graphisches Gestaltungselement handelt, und eine solche Gestaltung - wie dem Publikum aus Erfahrung bekannt ist - in der Werbung, auf der Ware, ihrer Verpackung oder auf Geschäftsbriefen üblicherweise in bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet wird (vgl. BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2001, 734, 735 - Jeanshosentasche; HABM Mitt. 2001, 273, 275 - M-förmige Steppnähte). 3. Nach diesen Grundsätzen verfügt das hier in Rede stehende Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. a) Allerdings kann entgegen der Auffassung der Markenstelle die Unterscheidungskraft der vorliegend als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht schon mit der Begründung verneint werden, bei der darin wiedergegebenen Strichführung handele es sich um die Wiedergabe eines Nahtmusters als Bestandteile der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen. Wie der Senat bereits in den beiden von der Anmelderin zitierten Entscheidungen 27 W (pat) 105/05 vom 7. März 2006 (GRUR 2006, 944) und 27 W (pat) 112/05 vom 24. Januar 2006 ausgeführt hat, käme ein Ausschluss der Schutzfähigkeit der angemeldeten Darstellung, soweit Nahtmuster unmittelbarer Teil der betreffenden Kleidungsstücke, Schuhe und Kopfbedeckungen sein können, diese also entsprechend gestaltete Nähte aufweisen, nur in Betracht, wenn die angemeldete Marke in dreidimensionaler Form verwendet oder es sich bei ihr um eine Positionsmarke handeln würde; hiervon kann bei der hier als bloßer Bildmarke angemeldeten Kennzeichnung nicht ohne Weiteres ausgegangen werden. Der Prüfung, ob eine Kennzeichnung als warenbeschreibend oder als einfaches Ornament, nicht aber als Herkunftshinweis angesehen wird, sind zwar alle möglichen Verwendungen zugrundezulegen, die bei markenmäßigen Kennzeichnungen üblich sind. Dabei ist aber zu beachten, dass die Art und Weise einer Verwendung als Marke nicht bei allen Markenformen gleich sind. So sind etwa die Möglichkeiten zur Kennzeichnung einer Ware mit einer Positions- oder Aufmachungsmarke ganz erheblich gegenüber denjenigen bei Wort- oder Bildmarken eingeschränkt. Aber auch die Verwendung einer dreidimensionalen Marke weicht nicht unerheblich von einer bloßen Bildmarke ab, weil letztere als bloße zwei dimensionale Kennzeichnung dreidimensionale Formen nur als Projektion - also statt in drei nur in zwei Dimensionen - wiedergeben kann; die Projektion eines dreidimensionalen Objekts auf eine (zweidimensionale) Fläche führt aber zwingend zu einer erkennbaren Veränderung der in dem dreidimensionalen Objekt vorhandenen Proportionen. Da es somit ausgeschlossen ist, dass eine Bild marke eine drei dimensionale Form annehmen kann, kommt bei ihr als Verwendung bei Waren, die - wie die hier in Rede stehenden - nur in dreidimensionaler Form denkbar sind, nur ihre zweidimensionale Wiedergabe, etwa als aufgedrucktes oder aufgenähtes Bild, in Betracht; demgegenüber ist eine Verwendung als unmittelbarer Teil dieser Waren - bei den vorliegend beanspruchten Kleidungsstücken, Schuhen und Kopfbedeckungen etwa in Form einer Ärmel-, Hosen- oder Schuhnaht - von vornherein nicht möglich, weil eine Naht als Bestandteil dieser (dreidimensionalen) Waren nur in einer dreidimensionalen Form herstellbar ist. Zwar ist es durchaus denkbar, dass die angemeldeten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen Nähte aufweisen, welche eine Gestaltung - insbesondere eine Linienführung - aufweisen, die der in der angemeldeten Bildmarke wiedergegebenen Form entspricht. Da eine Bildmarke aber wie vorliegend ausgeführt keine dreidimensionale Form haben kann, würde es sich bei einer solchen Nahtführung nicht mehr um die Wiedergabe der hier zu beurteilenden Bild marke, sondern um eine Verwendungsweise handeln, welche von dieser erheblich abweicht; damit würde eine solche Ausstattung der beanspruchten Waren - soweit die angesprochenen Verkehrskreise hierin überhaupt eine kennzeichenmäßige Verwendung sehen sollten - den kennzeichnenden Charakter der angemeldeten Bildmarke erheblich i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändern, so dass eine solche (kennzeichenmäßige) Verwendung nicht mehr als mit der zu beurteilenden Bildmarke identisch angesehen werden würde. b) Der angemeldeten Bildmarke ist die erforderliche Unterscheidungskraft aber deshalb abzusprechen, weil das Publikum ihr auch bei einer zweidimensionalen Wiedergabe keinen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren der Klasse 25 aus einem bestimmten Unternehmen entnehmen wird, sondern in ihr nur eine im hier maßgeblichen Bekleidungssektor übliche einfache ornamentale Gestaltung erblickt. Solchen einfachen Gestaltungsformen entnimmt das Publikum aber in aller Regel keinen Herkunftshinweis. Dabei ist zu beachten, dass auf dem hier maßgeblichen Modesektor es mittlerweile üblich ist, Bildmarken - auch in zweidimensionaler Form - nicht nur auf dem der Ware beigefügten Etikett, sondern auch in Form eines aufgedruckten oder aufgenähten Bildes unmittelbar als Bestandteil der beanspruchten Kleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen wiederzugeben, indem das Bild etwa bei Sakkos, Hosen oder Hemden nicht nur im Innenteil - bei Hemden etwa im Kragen oder bei Hosen im (Innen-) Bund, sondern auch deutlich sichtbar auf eine (Vorder- oder Gesäß-) Tasche oder auf dem Brust- (hier zentral oder links in Höhe des Herzens) oder Rückenbereich oder bei Schuhen auf der Oberseite oder auf der Seite aufgenäht oder aufgedruckt wird. In allen diesen Verwendungsformen ist aber bei der hier zu beurteilenden Bildmarke kein Fall denkbar, bei dem das Publikum Veranlassung hätte, es nicht nur als bloße bildliche (d. h. zweidimensionale) Wiedergabe eines üblichen Ziermusters - oder auch als übliche Ziernaht -, sondern als Hinweis auf die Herkunft der so mit dem angemeldeten Ornament versehenen Bekleidungsstücke, Schuhe oder Kopfbedeckungen aus einem bestimmten Unternehmen anzusehen. Bei der angemeldeten Darstellung handelt es sich nämlich um ein aus einfachsten Gestaltungsmitteln hergestelltes Muster. Der äußere Teil erinnert zwar nur bei (Jeans-) Hosen oder bei Hemden an eine (Brust- oder Gesäß-) Tasche; bei anderen Waren aus dem Schutzbereich der angemeldeten Marke wird das Publikum hierin eher die Wiedergabe des üblichen Rahmens eines Wappens sehen, da solche häufig zur Verzierung von Angaben auf den Kleidungsstücken, Schuhen oder Kopfbedeckungen - bei denen es sich um rein beschreibende Angaben wie etwa die Bezeichnung der Ausgangsmaterialien oder um Waschanleitungen, aber auch um die Mitteilung des Herstellers (bei der es sich in der Regel um die aus Sicht des Publikums „eigentliche“ Marke handelt) handeln kann - verwendet zu werden pflegen. Die inneren Linien sind wiederum einfach gehalten und weisen keinerlei Besonderheiten auf, welche das Publikum von dem Gedanken, es handele sich hierbei um eine einfache grafische Gestaltung, wegführen und zu der Annahme, das (Gesamt-) Zeichen weise auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen hin, verleiten könnten. Auch wenn das Publikum der angemeldeten Bildmarke an den Stellen begegnen würde, an denen üblicherweise die markenmäßige Kennzeichnung angebracht zu werden pflegt - also insbesondere bei den Einnähetiketten im Hemdinnenkragen oder Hoseninnenbund - hätte es noch keine Veranlassung, hierin einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Ware zu schließen. Befindet sich an diesen Stellen die angemeldete Darstellung isoliert, d. h. ohne weitere Angaben, wird er immer noch in ihr wegen der einfachen und üblichen Gestaltungsform eine bloße Verzierung sehen und annehmen, die von ihm an sich an dieser Stelle erwarteten Angaben wie die Marke, aber auch die beschreibenden Ausführungen zu den Ausgangsmaterialien oder zur Pflege der Ware seien schlicht „vergessen“ worden. Befinden sich diese Angaben an dieser Stelle, wird er selbst bei der dort vorhandenen zusätzlichen Wiedergabe einer (anderen) Marke oder der bloßen Herstellerbezeichnung die angemeldete Marke wegen ihrer Schlichtheit weiterhin als bloße Verzierung dieser Angaben, niemals aber als eigenständige (Erst- bzw. Zweit-) Marke erachten. Damit ist aber kein Fall vorstellbar, bei dem das Publikum die angemeldete Gestaltung als Herkunftshinweis erkennen würde. Damit fehlt ihr aber die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft. c) Dem stehen auch die bereits oben genannten Entscheidungen des Senats nicht entgegen. Die dort zu beurteilenden Bildzeichen unterschieden sich deutlich von der vorliegend streitgegenständlichen Darstellung, da ihr Gesamteindruck trotz der erkennbar einfach gehaltenen Linienführung, auch wenn sie einfachsten Nahtführungen entsprechen mag, sich nicht auf diese einfache und übliche Gestaltung einer typischen Kleidungsnaht beschränkte. Wie der Senat nämlich in der Sache 27 W (pat) 112/05 ausdrücklich hervorgehoben hat, fügte sich die dort vorhandene Linienführung, auch wenn sie für sich selbst betrachtet einfach erschien, zu einem Bild zusammen, das sehr stark an die Wiedergabe der Ziffer „7“ erinnerte; durch diese Anlehnung an die Wiedergabe einer Zahl ging der Gesamteindruck des Gesamtbildes aber über die bloße Nahtführung deutlich hinaus, was erst das Publikum von dem Gedanken wegführt, in ihr die bloße bildliche Wiedergabe eines Ziermusters oder einer Ziernaht und damit eine rein beschreibende Darstellung von Teilen der beanspruchten Waren zu erkennen. In der Sache 27 W (pat) 105/05 wiederum handelte es sich um eine komplexe bildliche Darstellung, welche an die auszugsweise Wiedergabe eines unregelmäßig geschwungenen Straßen- oder Flussverlaufs in geografischen Karten, nicht aber an ein einfaches geometrisches Muster, wie dies bei Nähten üblich ist, erinnerte und damit für das Publikum Anlass gab, in ihr nicht nur ein Ornament, sondern einen Herkunftshinweis zu sehen. Davon, dass die hier zu beurteilende Darstellung nicht nur die einfachen, für Verzierungen üblichen Gestaltungsmittel übernimmt, sondern darüber hinaus einen ungewöhnlichen oder überraschenden Gesamteindruck vermittle, kann indessen keine Rede sein. Dafür sind vielmehr keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. d) Auch der Hinweis der Anmelderin auf die BGH-Entscheidung „Jeanshosentasche“ (GRUR 2001, 734, 735) vermag der Anmeldemarke nicht zur Eintragung zu verhelfen. Abgesehen davon, dass es sich bei dieser BGH-Entscheidung nicht um eine Rechtsfragen klärende, sondern ersichtlich um die bloß tatsächliche Beurteilung einer konkreten Anmeldemarke handelt, welche nur für den konkret entschiedenen Einzelfall von Bedeutung ist, beruhte sie auf rechtlichen Annahmen, die heute auf der Grundlage der später ergangenen, allein maßgeblichen und auch jeder BGH-Entscheidung vorrangigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in dieser Form nicht mehr aufrecht zu erhalten sind; hiergegen spricht indiziell auch die von der Markenstelle zitierte ständige, bislang vom Europäischen Gerichtshof nicht beanstandete Entscheidungspraxis des HABM, welche vergleichbare Markenanmeldungen zurückgewiesen hat. e) Soweit die Anmelderin sich schließlich auf die Eintragung ihrer Ansicht nach vergleichbare Drittmarken beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit für die vorliegend zu beurteilende Anmeldemarke. Aus der Schutzgewährung für andere Marken kann ein Anmelder nämlich keinen Anspruch auf Eintragung ableiten. Voreintragungen führen nämlich weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage (vgl. EuGH MarkenR 2008, 163, 167 [Rz. 39] - Terranus; GRUR 2004, 674, Nrn. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; BPatG MarkenR 2007, 351, 352 f. - Topline; GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; GRUR 2010, 423 - amazing discoveries; GRUR 2010, 425 - Volksflat). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verbietet die Markenrechtsrichtlinie es daher den nationalen Eintragungsbehörden und den mit der Markeneintragung befassten nationalen Gerichten, bei Bestehen eines Eintragungshindernisses dem Eintragungsbegehren allein deshalb stattzugeben, weil bereits identische oder vergleichbar gebildete Marken für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen eingetragen sind (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS ). Ungeachtet dessen ist auch zweifelhaft, ob angesichts der jetzigen Entscheidungspraxis, von deren rechtlichen Grundlagen bereits - wenn auch vielleicht für den jeweiligen über die Markenanmeldung befindenden Entscheider unerkannt - bei Eintragung auszugehen gewesen wäre, diese Eintragungen zu Recht erfolgt sind; dies bedarf allerdings wegen der Unbeachtlichkeit früherer Eintragungen vorliegend keiner Vertiefung. 4. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen. B. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die entscheidenden Rechtsfragen sind geklärt; damit war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Kennzeichnung vorlagen.
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30. Senat
20100624
30 W (pat) 28/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "SUNTIMER" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 39 721.8 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 24. Juni 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende sowie der Richterin Hartlieb und des Richters Paetzold beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke 306 39 721.8 SUNTIMER jetzt noch für die Waren der Klasse 9 „Dosimeter, insbesondere für UV-Strahlung“. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluss eines Prüfers des höheren Dienstes vom 8. Januar 2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und als ausschließlich beschreibende Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Der Verkehr werde die Wortbestandteile in ihrer Gesamtheit ohne weiteres als auf die angemeldeten Waren bezogenen beschreibenden Hinweis im Sinne eines „Zeitbegrenzers, Zeitgebers, Zeitangebers“ verstehen, der die Dauer von einfallender UV-Strahlung genau festhalte, also ein Sonnenzeitbegrenzer sei. Hinter dieser Vorstellung trete der Gedanke an eine betriebliche Herkunftsangabe zurück, so dass der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass kein beschreibender Zusammenhang zwischen dem Sinngehalt der angemeldeten Marke und den beanspruchten Waren bestehe, während der Verkehr unter einem Timer eine Uhr zur Anzeige der Sonnenscheindauer verstehe, seien Dosimeter Messgeräte zur Messung der Strahlendosis bzw. der Dosisleistung, also der Strahlendosis pro Zeiteinheit. Die für den einzelnen Menschen verträgliche Dosisleistung müsse aber noch andere Kriterien wie Alter, Hauttyp, Vorbelastung der Haut etc. mitberücksichtigen, was ein Dosimeter nicht leiste. Daher sei die Marke für ein solches Gerät fantasievoll. Für Wettbewerber gebe es andere Bezeichnungen für solche Waren, wie die international eingetragene Marke SUNWATCH zeige. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 8. Januar 2009 aufzuheben. Den ursprünglich gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 7. Juni 2010 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht zumindest das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. 1. Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. dem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f. (Nr. 61, 62) „Orange“; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) „Henkel“; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) „SAT.2“; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) „FUSSBALL WM 2006“; BGH WRP 2008, 1428 - Marlene Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949, Tz. 12 - My World). Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) „Postkantoor“; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 „marktfrisch“; GRUR 2001, 1153 „antiKalk“; GRUR 2005, 417, 418 „BerlinCard“) oder eine bloße Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art (vgl. BGH GRUR 2001, 735, 736 „Test it“; GRUR 2002, 1070, 1071 „Bar jeder Vernunft“; GRUR 2009, 778 „Willkommen im Leben“; MarkenR 2010, 206 - HEY!) zuordnen. Als einen solchen Begriff, dem die angesprochenen Verkehrskreise für die beanspruchten Waren lediglich eine im Vordergrund stehende werblich anpreisende Aussage, nicht jedoch die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises entnehmen werden, hat die Markenstelle die angemeldete Bezeichnung zu Recht bewertet. Sie ist aus auch im Deutschen allgemein geläufigen Wörtern der englischen Sprache gebildet und in ihrem Aussagegehalt „Zeitgeber, Zeitschaltuhr, Zeitbegrenzer“ ohne weiteres verständlich. Die Anmelderin räumt selbst ein, dass die Marke im Sinne von „Uhr zur Messung der Sonnenscheindauer“ zu verstehen sei. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dosimetern, insbesondere für UV-Strahlung, wird das Verkehrsverständnis jedoch auf einen engeren Bedeutungsgehalt gelenkt. Der Verbraucher kennt „Timer“ als Zeitschaltuhr nicht nur von Geräten der Unterhaltungsindustrie wie Video- bzw. DVD-Recordern, sondern auch von Haushaltsgeräten wie Herden/Backöfen, Toastern oder Waschmaschinen. Vor diesem Hintergrund werden die angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Marke im Kontext der noch beanspruchten Waren ohne weiteres Nachdenken als beschreibenden Hinweis dahingehend verstehen, dass diese dazu geeignet oder bestimmt sind, in einen Zeitgeber für die verträgliche Sonnenscheindosis eingebaut zu werden oder selbst als Zeitgeber zu fungieren. Abgesehen davon bedeutet „insbesondere“ keine sachliche Beschränkung, sondern weist nur auf ein Beispiel hin. Selbst eine begriffliche Unbestimmtheit steht der Angabe einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen, wenn das Themengebiet durch die Angabe präzise und treffend erfasst wird (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt). Die Marke erschöpft sich somit ausschließlich in einer Bezeichnung, die in werbeüblicher Weise auf das fragliche Warenspektrum hinweist. Der Verkehr wird dies ohne weitere Überlegungen erkennen und die Wortkombination nur in diesem Sinne und damit als beschreibenden Sachhinweis, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne des Markenrechts verstehen. 2. Da der angemeldeten Marke somit bereits die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, kann die Frage, ob an ihrer freien Verwendung auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht, dahinstehen, obwohl dies angesichts des klaren Aussagegehaltes der Marke nahe liegt. Zudem verwendet die Anmelderin die Marke in beschreibender Weise auf ihrer eigenen Internetseite, wo es heißt: „Die sicherste Methode, einem möglichen Sonnenbrand zu entgehen, ist die direkte Sonneneinstrahlung ganz zu meiden. Aber wer möchte das schon? So gilt es bei Aktivitäten unter freiem Himmel, möglichst genau die Grenze auszuloten, ab der die Haut durch eine zu hohe Strahlendosis Schaden nehmen kann. Der Suntimer von M. hat dafür einen Blick und bietet … Unterstützung durch Hightech. Mit seinen hochwertigen Spezialsensoren misst er die anteilige ultraviolette Strahlung des Sonnenlichts und liefert nützliche Informationen über deren Stärke. Damit eine optimale Zeitempfehlung gegeben werden kann, … enthält der Anwender eine auf sein persönliches Profil angepasste Zeitspanne, nach deren Ablauf er von einem Warnton des Suntimers zum Gang in den Schatten aufgefordert wird.“ Auch daraus ergibt sich, dass die beanspruchten Dosimeter zum Einbau in einen Zeitbegrenzer, Zeitgeber bestimmt sein oder eine solchen enthalten können. Auch soweit die Anmelderin auf andere Bezeichnungsmöglichkeiten für die Wettbewerber verweist, ist dies für die Frage des Freihaltungsbedürfnisses nicht relevant, da es auf die bloße Eignung der Marke zur Beschreibung ankommt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rdn. 226, 237 m. w. N.). Ohnehin eignet sich das von der Anmelderin herangezogene Beispiel gerade nicht für Alternativbezeichnungen, da dieses nach dem Vortrag der Anmelderin bereits für einen Wettbewerber markenrechtlich geschützt sein soll. Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006784
BPatG
München
30. Senat
20100624
30 W (pat) 34/07
Beschluss
Art 2 EGV 510/2006, Art 5 EGV 510/2006, Art 2 EGV 1898/2006, § 130 MarkenG
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung Markenbeschwerdeverfahren – "Münchner Weißwurstsenf" – Antrag auf Eintragung einer geographischen Angabe – zur VO (EG) 510/2006 (juris-Abkürzung: EGV 510/2006): ‚Vereinigung’ erfordert Zusammenschluss mehrerer Erzeuger/Verarbeiter des gleichen Lebensmittels – zum Antrag eines einzigen Erzeugers und der Gleichstellung mit einer Vereinigung – zum Tatbestandsmerkmal ‚Ansehen’ – bei fehlender Antragsbefugnis bedarf der Antrag keiner Veröffentlichung
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung Markenbeschwerdeverfahren – "Münchner Weißwurstsenf" – Antrag auf Eintragung einer geographischen Angabe – zur VO (EG) 510/2006 (juris-Abkürzung: EGV 510/2006): ‚Vereinigung’ erfordert Zusammenschluss mehrerer Erzeuger/Verarbeiter des gleichen Lebensmittels – zum Antrag eines einzigen Erzeugers und der Gleichstellung mit einer Vereinigung – zum Tatbestandsmerkmal ‚Ansehen’ – bei fehlender Antragsbefugnis bedarf der Antrag keiner Veröffentlichung
In der Beschwerdesache … betreffend den Antrag auf Eintragung einer geografischen Angabe 305 99 014.4 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) in der Sitzung vom 24. Juni 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I. Die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurstsenf hat am 13. Mai 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt für ds Erzeugnis "Senfpaste" für die Bezeichnung "Münchner Weißwurstsenf" Antrag auf Eintragung als geographische Angabe in das Verzeichnis der geschützten geografischen Angaben und der geschützten Ursprungsbezeichnungen eingereicht, das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß der jetzt geltenden Verordnung (EG) 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 93 vom 31. März 2006 S. 12; im Folgenden als "VO 510/2006" zitiert) geführt wird. Nach Hinweis der Markenabteilung hat die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Art. 5 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2081/82 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 der VO (EWG) 2037/93 die D… GmbH als einzige Erzeugerin angegeben. Die Antragstellerin beansprucht nunmehr Geltung als Vereinigung im Sinne von Art. 5 "VO 510/2006" i. V. m. Art. 2 a) und b) VO (EU) 1898/2006 vom 14. Dezember 2006 (ABl. EU Nr. L 369 vom 23. Dezember 2006 S. 1; im Folgenden als "VO 1898/2006" zitiert). 1. In der dem Antrag beigefügten Spezifikation - in der Fassung vom 30. September 2005 - heißt es auszugsweise: "…Beschreibung: "Münchner Weißwurstsenf" ist eine aus Senfkörnern gewonnene, verzehrfertige Paste. Der "Münchner Weißwurstsenf" besteht vornehmlich aus gemahlenen Senfkörnern bzw. Senfmehl und Zucker. Seine Konsistenz ist körnig und zähflüssig. Optisch weist der "Münchner Weißwurstsenf" eine mittelbraune Farbe auf. Teilweise sind kleine dunkelbraune Schalenteile sichtbar, die dem "Münchner Weißwurstsenf" das typische Aussehen verleihen. Der "Münchner Weißwurstsenf" unterscheidet sich von anderen, gemahlenen Senfzubereitungen durch seine grob gemahlenen Senfkörner und durch seinen deutlich wahrnehmbaren, süßen Karamellgeschmack. Das typisch süße Karamellaroma verdankt der "Münchner Weißwurstsenf" dem historischen Rezept, das auf einem ausgewogenen Anteil an gelber und brauner Senfsaat, einer Gewürzmischung, dem speziellen, traditionellen Herstellungsverfahren mit der Karamellisierung des Zuckers und auf dem Zuckeranteil beruht. Die Besonderheit des "Münchner Weißwurstsenfs" ist die fortwährend traditionelle Herstellung durch die Karamellisierung des verwendeten Zuckers. Die Karamellisierung entsteht durch die Erhitzung des Zuckers. Sie ist der Grund für die besondere Konsistenz, die einzigartige Optik und den süßen Geschmack des Münchner Weißwurstsenfs. …Herstellungsverfahren: …Die gemahlene Senfsaat ist dann mit den restlichen Komponenten der Rezeptur zu vermengen. Nach einer Ruhe-/Reifezeit ist die Senfmaische zu erhitzen. Danach kühlt der erhitzte, sehr flüssige Senf aus und die Zutaten des Münchner Weißwurstsenfs können sich miteinander zu einer homogenen Substanz verbinden, quellen und reifen. Der "Münchner Weißwurstsenf" entwickelt dadurch sein charakteristisches, süßes Karamellaroma. Schließlich ist der Senf zu entlüften und für einen bestimmten Zeitraum in geschlosse-nen Behältern zu lagern. …Bei der Herstellung des "Münchner Weißwurstsenfs" ist ausschließlich Wasser aus dem geographischen Gebiet des Regie-rungsbezirks Oberbayern zu verwenden. …Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet: Heute genießt der "Münchner Weißwurstsenf" großes Ansehen und einen hohen Bekanntheitsgrad als regionale Spezialität bei den Verbrauchern in der Region, in Bayern, in ganz Deutschland sowie im europäischen Ausland, vornehmlich in Österreich, Schweiz und Italien. Dieses Ansehen beruht insbesondere auf dem traditionellen Herstellungsverfahren des "Münchner Weißwurstsenfs" durch die Karamellisierung des Zuckers und auf dem regionaltypisch süßen Karamellgeschmack des "Münchner Weißwurstsenfs"… …Menschlicher Zusammenhang: … Die traditionelle Herstellungsart des "Münchner Weißwurstsenfs", nämlich das richtige Verfahren und das Geschick des regionalen Herstellers des "Münchner Weißwurstsenfs" ist neben der Qualität der Rohstoffe und der Rezepturzusammensetzung entscheidend für die regionaltypisch körnige und zähflüssige Konsistenz, für den regionaltypisch süßen Karamellgeschmack sowie für die regionaltypisch mittelbraune Farbe des "Münchner Weißwurstsenfs". 2. Die Markenabteilung 3.2. hat nach § 130 Abs. 3 MarkenG verschiedene Stellungnahmen sachkundiger und interessierter Stellen eingeholt (Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten vom 14. November 2005; Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 18. November 2005; Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband e. V. vom 20. Dezember 2005; Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft - Institut für Ernährungswirtschaft und Markt vom 21. Dezember 2005). Sie hat hierbei konkrete Fragen u. a. zu Eigenschaften des geographischen Gebiets und des Erzeugnisses sowie zu dessen Bekanntheit und Ansehen gestellt. Die K… KG (GmbH & Co.) hat mit Schreiben vom 23. November 2005 als Senfhersteller und Mitglied des Verbands der Essig und Senfindustrie von sich aus eine Stellungnahme abgegeben. Das Bayerische Landesamt hat u. a. ausgeführt: "…(2) "Münchner Weißwurstsenf" weist keine Eigenschaften oder Qualitätsmerkmale auf, die auf der geographischen Herkunft beruhen…Die speziellen Eigenschaften sind abhängig von der Rezeptur (Karamellisierung des Zuckers). (3) Die Bezeichnung "Münchner Weißwurstsenf" wurde nach hiesiger Kenntnis nur von Münchner Firmen verwendet. Für den Verbraucher besteht u. E. kein Unterschied zwischen "Bayerischem Süßen Senf" und "Weißwurstsenf". "Münchner Senf" ist im Gegensatz dazu ein Senf aus München, der z. B. auch mittelscharf sein kann. (4) Es ist von einem gewissen Bekanntheitsgrad und auch von einem besonderen Ansehen des Produktes auszugehen….(6) Nach unserer Kenntnis weist weder das abgegrenzte Gebiet noch das Produkt "Münchner Weißwurstsenf" Merkmale auf, die sich gravierend von den angrenzenden Gebieten bzw. vergleichbaren Produkten un-terscheiden." Die K… KG (GmbH & Co.) hat in ihrer Stellungnahme darum gebe ten, ihre Ausführungen im Eintragungsverfahren "Münchner Senf" "…analog auf die hier gegenständliche Anmeldung zu beziehen, da diese voll inhaltlich ebenfalls Gültigkeit habe für die Anmeldung "Münchner Weißwurstsenf". Sie hatte darin u. a. ausgeführt: "…Diesseitig war bisher nicht bekannt, dass es eine Senfspezialität "Münchner Senf" geben soll. Wohl ist bekannt, dass der Begriff "Münchner Senf" hin und wieder als Synonym für süßen Senf etc. verwendet wird…Eine besondere regionale Spezialität ist mit dem Begriff "Münchner Senf" nach diesseitiger Erkenntnis allerdings nicht verbunden…Unter der Rubrik "Verzehr" wird ferner ausgeführt, der süße Senf werde sehr gerne zur Weißwurst gegessen, weshalb er oftmals auch als "Weißwurstsenf" bezeichnet werde. Hier wird also festgestellt, dass die Begriffe "bayerischer süßer Senf" und "Weißwurstsenf" synonym sind…Von hier aus kann nicht bestätigt werden, dass es sich bei der dargestellten Herstellung des so genannten "Münchner Senfs" (S. 2 der Spezifikation im 3. Absatz) um eine Besonderheit handelt. Das Aufsetzen mit heißem Wasser und Essig, der Quellvorgang und die anschließende Verarbeitung beschreiben die allgemein übliche Herstellung des sü-ßen Senfs. …Der Verbraucher versteht "Münchner Senf" allenfalls als Synonym für "Süßen Senf". ...kann gesagt werden, dass die Bezeichnung "Münchner Senf" keine besondere Bedeutung erlangt hat, denn damit wird lediglich ein herkömmlicher süßer Senf in Verbindung gebracht. …Besondere Merkmale liegen offenkundig nicht vor…" Die Bayerische Landesanstalt hat u. a. ausgeführt: "…kann davon ausgegangen werden, dass …("Münchner Weißwurstsenf") durch die Vermarktung der Qualitätsprodukte der Fa. D… GmbH bei den Verbrauchern eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. In-wieweit …("Münchner Weißwurstsenf") wegen seiner Herkunft ein beson-deres Ansehen genießt, kann nicht beurteilt werden. Geschmacklich unterscheidet sich der "Münchner Weißwurstsenf" vom "Bayerischen Süßen Senf"…". Der Bayerische Hotel - und Gaststättenverband sieht die Voraussetzungen unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Spezifikation als erfüllt an und hat u. a. ausgeführt: "…Deshalb ist nach meiner Einschätzung davon auszugehen, dass zwischen den Eigenschaften des "Münchner Weißwurstsenfs" und seiner geographischen Herkunft München ein Zusammenhang besteht, da sich die Herstellung in München in einer besonderen Qualität auswirkt. Aufgrund eigener Wahrnehmung und den im Antrag formulierten Ausführungen zum "Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet" ist nach meinem Dafürhalten dem "Münchner Weißwurstsenf" außerdem ein großes Ansehen und ein hoher Bekanntheitsgrad als regionale Spezialität bei den Verbrauchern zuzuschrei-ben…". In weiteren Stellungnahmen wurden teils ohne Angaben von Gründen keine Bedenken hinsichtlich einer Eintragung geäußert oder das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen unter Hinweis auf mangelnde Erkenntnisse und Erfahrungen nicht bejaht. 3. Mit Bescheid vom 7. März 2006 hat die Markenabteilung die Antragstellerin auf bestehende Zweifel an der Antragsbefugnis hingewiesen sowie auf fehlende Belege zum Nachweis der Bekanntheit des Münchner Weißwurstsenfs als eigenständige regionale Spezialität und zum Nachweis des besonderen Ansehens infolge seiner geografischen Herkunft. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 13. Juni 2006 eine überarbeitete Spezifikation vorgelegt. Zu den spezifischen Merkmalen des Münchner Weißwurstsenfs in Abgrenzung zu anderen Erzeugnissen insbesondere dem Bayerischen Süßen Senf hat die Antragstellerin ausgeführt, dass die Spezifikation des Münchner Weißwurstsenfs im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf höhere Anforderungen an die Herstellung stelle, was für einen besonderen Geschmack sorge. So würden die Senfsaaten nicht entölt, die Reifung erfolge in geschlossenen Behältnissen, die Entlüftung sorge für eine kompaktere Konsistenz, das verwendete Münchner Wasser stamme vornehmlich aus dem Landkreis Miesbach und sei besonders kalkhaltig, was sich wiederum auf den Geschmack des Münchner Weißwurstsenfs auswirke. Zum behaupteten besonderen Ansehen hat die Antragstellerin ausgeführt, der Münchner Weißwurstsenf sei dem Verbraucher als eigenständige regionale Spezialität bekannt und genieße daher wegen seiner geografischen Herkunft ein besonderes Ansehen. Münchner Weißwurstsenf werde seit langer Zeit im geografischen Gebiet hergestellt und verkauft, die lange Tradition der Herstellung des Münchner Senfs sei belegt durch eine Fotoaufnahme von der Abfüllung des Münchner Weißwurstsenfs von ca. 1950, sowie Preislisten des Erzeugers aus dem Jahr 1969. Das hohe Ansehen bei regionalen Verbrauchern ergebe sich daraus, dass im Rahmen der Direktbelieferung von ca. … Metzgereien und ca. … Traditionsgaststätten in München und im Landkreis München rund … Liter Münchner Weißwurstsenf in 2005 ver kauft worden seien. Auch das Angebot des Münchner Weißwurstsenfs in der Münchner Traditionsgastronomie im regionaltypischen "Senfhaferl" habe zur Bekanntheit als regionaltypische Spezialität beigetragen. Aufgrund der langen Tradition hat der Münchner Weißwurstsenf und damit auch sein Erzeuger bei den Verbrauchern ein großes Ansehen wegen seiner regionalen Herkunft erlangt, das untrennbar miteinander verbunden sei. Mit Fax vom 13. September 2006 hat die Antragstellerin eine weitere überarbeitete Spezifikation ohne wesentliche inhaltliche Änderungen vorgelegt. 4. Die Markenabteilung hat den Antrag ohne vorherige Veröffentlichung mit Beschluss vom 1. Februar 2007 als unzulässig verworfen, da der Antragstellerin die Antragsbefugnis gem. Art. 5 Abs. 1 VO 510/2006 fehle. Die Schutzgemeinschaft habe nur ein Mitglied, so dass es sich nicht um eine Vereinigung handle. Für eine Gleichstellung mit einer Vereinigung gem. Art. 2 der am 30. Dezember 2006 in Kraft getretenen VO 1898/2006 fehlten die Voraussetzungen. Es fehle u. a. der Nachweis, dass sich das Gebiet der Stadt und des Landkreises München durch besondere Merkmale von den angrenzenden Gebieten abhebe. Das betreffende Erzeugnis weise auch nicht spezifische Merkmale auf, die es hinreichend von gleichartigen Produkten aus den angrenzenden Gebieten unterscheide; insbesondere im Verhältnis zum Bayerischen Süßen Senf, für den ebenfalls ein Antrag auf Schutz als geografische Angabe gestellt worden sei und dessen Herkunftsgebiet München einschließe, bestehe eine sehr enge Produktverwandtschaft. Nach den jeweiligen Spezifikationen stimmten die betreffenden Senferzeugnisse in den charakteristischen Eigenschaften - körnige und zähflüssige Konsistenz, deutlich wahrnehmbarer süßer Karamellgeschmack, teilweise sichtbare kleine dunkelbraune Schalenteile - überein. Auch die Farbe (mittelbraun bzw. gelbbraun bis dunkelbraun) lasse keine eindeutige Abgrenzung zu. Aus den genannten Zutaten und den Analysewerten ließe sich nicht auf konkret wahrnehmbare Unterschiede in der Beschaffenheit der Produkte schließen. Daraus, dass beim Münchner Weißwurstsenf höhere Anforderungen an die Herstellung bestünden, ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein eigenständiges Produktprofil gegenüber dem Erzeugnis Bayerischer Süßer Senf. Eine (Teil-)Entölung der Senfkörner sei auch für den Bayerischen Süßen Senf nicht verbindlich vorgeschrieben, sondern sei nur möglich und auch insoweit sei das Reifen in geschlossenen Trögen, das Entlüften des Senfs sowie die Verwendung von Wasser aus Oberbayern nicht ausgeschlossen. Es sei nicht dargelegt, dass aus den genannten unterschiedlichen Verfahrensweisen auch für den Verbraucher deutlich erkennbare Unterschiede in den Produkteigenschaften - z. B. Geschmack oder Konsistenz - resultierten. Andererseits sprächen weitere Umstände für eine enge Verwandtschaft der beiden Senferzeugnisse. So werde in Abschnitt h) der Spezifikation für den Bayerischen Süßen Senf auch die Kennzeichnung "Bayerischer Weißwurstsenf" als zulässig erachtet. Zudem sollen beide Erzeugnisse auf die historische Rezeptur von D1… aus dem Jahr 1854 zurückgehen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Münchner Weißwurstsenf eine derart eigenständige Profilierung erfahren hätte, dass er nicht mehr von dem Begriff Bayerischer Süßer Senf umfasst werde. Dagegen sprächen auch die Stellungnahmen sachkundiger und interessierter Stellen. Lediglich in einer Stellungnahme werde auf den "geschmacklichen Unterschied" der betreffenden Erzeugnisse hingewiesen, allerdings ohne dies näher zu erläutern. 5. Gegen den ihr am 8. Februar 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 6. März 2007 Beschwerde eingelegt. a) Mit Schriftsatz vom 3. August 2007 hat sie eine aktualisierte Fassung des Einzigen Dokuments und der Produktspezifikation vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 16. August 2007 hat sie beantragt, neben der Aufhebung des Beschlusses die Veröffentlichung des Antrags durch das Deutsche Patent- und Markenamt gem. Art. 5 V UA1 VO 510/2006 zu veranlassen. Eine Ablehnung des Eintragungsantrags ohne vorherige Veröffentlichung als "unzulässig" und/oder als "unbegründet" sei gemeinschaftsrechtswidrig. Die Spezifikation vom 3. August 2007 beschreibt das Erzeugnis unter dem Gliederungspunkt 4.2 wie folgt: "…Der Münchner Weißwurstsenf besteht vornehmlich aus Münchner Wasser, grob gemahlenen Senfkörnern bzw.Senfmehl und Zucker. Seine Konsistenz ist körnig und durch die Entlüftung kompakter als der Bayerische Süße Senf, seine Farbe mittelbraun. Kleine Schalenteile sind sichtbar. Der Münchner Weißwurstsenf schmeckt karamellisiert, aber wegen der Reifung in geschlossenen Behältern weniger mild als der Bayerische Süße Senf…". Zum geographischen Gebiet ist unter dem Gliederungspunkt 4.3 ausgeführt: "… Das geographische Gebiet ist geprägt von der langen Herstellungstradition der Münchner Senfmanufaktur. Durch die Bezeichnung, den Erfindungsursprung und die lange Herstellungstradition unterscheidet sich das geographische Gebiet deutlich von benachbarten Gebieten". Zum Ursprungsnachweis ist unter dem Gliederungspunkt 4.4 angegeben: "….das Münchner Wasser, das traditionelle, im geographischen Gebiet erfundene Erhitzungsverfahren zur Karamellisierung des Münchner Weißwurstsenfs und der Zucker sind entscheidend für die körnige und durch die Entlüftung im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf kompaktere Konsistenz, für die mittelbraune Farbe sowie für den typischen, jedoch im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf wegen der Reifung in geschlossenen Behältern weniger milden Karamellge-schmack des Münchner Weißwurstsenfs…". Zum Herstellungsverfahren ist u. a. hinsichtlich der Unterschiede zum Bayerischen Süßen Senf unter dem Gliederungspunkt 4.5 ausgeführt: "…Die Senfsaat ist weder vollständig noch teilweise zu entölen. …Für das Vermahlen ist kein Granitstein zu verwenden….Schließlich ist der Senf zu entlüften und für einen bestimmten Zeitraum in geschlossenen Behältern und nicht in offenen Wannen zu lagern. Die geschlossenen Behälter und die im Gegensatz zum Bayerischen süßen Senf kürzere Lagerung bewahrt die Schärfe des Münchner Weißwurstsenfs und lässt ihn im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf weniger mild schmecken. Durch das Entlüften erhält der Münchner Weißwurstsenf im Gegensatz zum Bayerischen Süßen Senf eine kompaktere Konsistenz…" Der Zusammenhang mit dem geographischen Gebiet natürlicher Zusammenhang - wird unter dem Gliederungspunkt 4.6 wie folgt begründet: "Der Münchner Weißwurstsenf weist, wie das Münchner Bier, auch einen natürlichen Zusammenhang zwischen seinem geographischen Gebiet und seinen organoleptischen Eigenschaften auf. Das verwendete Münchner Wasser, der größte Bestandteil des Münchner Weißwurstsenfs, stammt aus der vorgebirglichen Landschaft Münchens und ist durch den Gesteinsaufbau besonders kalkhaltig. Der hohe Kalkgehalt des Münchner Wassers verstärkt wiederum den besonderen Karamellgeschmack des Münchner Weißwurstsenfs…". b) Auf einen Hinweis des Senats zu bestehenden Zweifeln an der Antragsbefugnis und fehlenden Nachweisen zu Eigenschaften des Gebiets hat die Antragstellerin durch ihren neuen anwaltlichen Vertreter wie folgt ergänzend vorgetragen: Die formelle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses liege in der fehlenden Veröffentlichung des Antrages; die Verpflichtung zur Veröffentlichung auch unzulässiger Anträge ergebe sich aus Art. 5 Abs. 5 VO 510/2006, da die VO 510/2006 nicht danach differenziere, ob der Antrag mangels Zulässigkeit oder mangels Begründetheit abgelehnt werde. Zu den Anforderungen der VO gehöre auch die Frage, ob es sich um einen tauglichen Antragsteller handle, so dass die Entscheidung hierüber ein Beschluss i. S. v. Art. 5 Abs. 5 VO 510/2006 sei. Jeder Antrag sei von allgemeinem Interesse und solle der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden. So könnte sich durch die Veröffentlichung auch ein weiterer Hersteller finden lassen. Auch § 130 Abs. 4 MarkenG sehe eine Veröffentlichungspflicht eines jeden Antrags vor. § 130 Abs. 5 unterscheide nicht zwischen Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen. In materieller Hinsicht habe das Amt verkannt, dass auch das "Ansehen" eines Erzeugnisses eine "Eigenschaft" i. S. v. Art. 2 VO 1898/2006 sei, nicht nur objektiv messbare Eigenschaften des Gebiets oder des Erzeugnisses, da die Begriffe der VO 1898/2006 vor dem Hintergrund der VO 510/2006 auszulegen seien. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006 definiere die geographische Angabe für ein Lebensmittel, bei dem sich "eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus diesem geographischen Ursprung" ergebe, so dass "Eigenschaft" i. S. v. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006 der Oberbegriff für "Qualität" und "Ansehen" sei. Das "Ansehen eines Erzeugnisses" sei demzufolge eine "Eigenschaft des Erzeugnisses" i. S. v. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006. Dies müsse auch für Art. 2b) der Ausführungs-VO 1898/2006 gelten, so dass gebietstypische Eigenschaft des Erzeugnisses auch das gebietstypische Ansehen des Erzeugnisses sein könne. Münchner Weißwurstsenf verfüge über ein hohes Ansehen. Er sei Bestandteil der Münchner Geschichte und der regionalen Esskultur. Seine Produktion sei seit 1952 belegbar. Er werde in Zusammenhang mit der Weißwurst aber auch z. B. als Beilage zu Leberkäse ausgelobt, was sein Ansehen als selbständig marktgängiges Produkt belege. Münchner Weißwurstsenf genieße auch überregionales Ansehen, er werde auch außerhalb Bayerns umfangreich verwendet, um das Image von Speiseangeboten aufzuwerten. Das Produkt habe auch besondere objektive Eigenschaften, die auf der geografischen Herkunft beruhten. Münchner Weißwurstsenf werde zum einen durch seine Zutaten zum anderen durch das traditionelle Herstellungsverfahren geschmacklich geprägt. Die Besonderheit liege in einem Nassvermahlverfahren mit Hilfe von Granitsteinen, durch das der Senf seinen süß-pikanten Geschmack erhalte. Die Verwendung des Münchner Wassers stelle eine besondere Eigenschaft dar. Auch wenn es nicht im geologischen Sinn "Münchner Wasser" sei, stamme es aus einer klar definierten Gegend. Dass ein Teil der Rohstoffe aus einem definierten Gebiet außerhalb des Erzeugungsgebietes stamme und dass diese Rohstoffe objektive Eigenschaften des Produkts begründeten, hindere nicht, die Eintragung darauf zu stützen. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung vom 1. Februar 2007 aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen und regt darüber hinaus an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen oder eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) herbeizuführen zu der Frage: "Ist hinsichtlich des Veröffentlichungserfordernisses eine Differenzierung zwischen der Ablehnung eines Antrages als unzulässig (keine vorherige Antragsveröffentlichung erforderlich) und der Ablehnung als unbegründet (vorherige Antragsveröffentlichung erforderlich) vom Regelungssystem der VO 510/2006 gedeckt" sowie zu der weiteren Frage: "Ist die Auslegung des Begriffes "Eigenschaft" in Art. 2b) VO 1898/2006 als "objektiv messbare Eigenschaft" (und nicht auch: "Ansehen") zutreffend." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. 1. Die Antragsbefugnis der Schutzgemeinschaft Münchner Weisswurstsenf gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 3 VO 510/2006 i. V. m. Art. 2 VO 1898/2006 ist nicht gegeben. Die Grundvoraussetzung für die Antragstellung ist nicht erfüllt. Die Beschwerde ist schon aus diesem Grund zurückzuweisen. a) Auch nach der - mit Schriftsatz vom 3. August 2007 eingereichten - aktualisierten Fassung des einzigen Dokuments und der Produktspezifikation hat die Schutzgemeinschaft Münchner Weisswurstsenf nur ein Mitglied, so dass es sich nicht um eine Vereinigung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 und 2 der VO 510/2006 handelt; diese Vorschrift setzt den Zusammenschluss von Erzeugern oder Verarbeitern des gleichen Lebensmittels voraus, was hier nicht geltend gemacht ist. b) Nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 VO 510/2006 i. V. m. Art. 2 VO 1898/2006 kann allerdings eine natürliche oder juristische Person einen Antrag auf Eintragung stellen (vgl. 3. Erwägungsgrund und Art. 2 a) der VO 1898/2006) - was hier nicht der Fall ist - und einer Vereinigung gleichgestellt werden, wenn die betreffende Person in dem fraglichen Gebiet einziger Erzeuger ist und das Gebiet Eigenschaft besitzt, die sich deutlich von denen der benachbarten Gebiete unterscheiden oder die Eigenschaften des Erzeugnisses sich von denen der Erzeugnisse aus benachbarten Gebieten unterscheiden. Ungeachtet der Frage, dass der genannte einzige Erzeuger keinen Antrag auf Eintragung gestellt hat, liegen die Voraussetzungen für eine solche Gleichstellung indessen nicht vor, auch wenn zugunsten der D… GmbH im Weiteren davon ausgegangen wird, das sie als Antragstellerin die einzige Erzeugerin im geografischen Gebiet von München ist. c) Die weitere Bedingung gem. Art. 2 b) VO 1898/2006 ist nicht erfüllt, da weder gebietstypische noch produkttypische Eigenschaften im Sinne der VO festzustellen sind. Worauf vom Senat bereits hingewiesen und von der Antragstellerin auch nicht in Abrede gestellt, ist hinsichtlich des in der Spezifikation genannten "Münchner Wassers" - das von der Antragstellerin einmal als gebietstypische Besonderheit zum anderen als Grund für eine besondere Produkteigenschaft angeführt wird - festzustellen, dass München sein Wasser vorrangig aus dem Mangfall- und Loisachtal bezieht (vgl. Stadtwerke München Trinkwassergewinnung unter www. swm.de; Mangfalltal unter wikipedia.org). Diese Gebiete gehören aber nicht mehr zum geografischen Gebiet des Landkreises München, sondern zu den Nachbarlandkreisen Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen, so dass sich hieraus eine gebietstypische Eigenschaft für das geografische Gebiet nicht begründen lässt. Hinsichtlich des angegebenen traditionellen Herstellungsverfahrens ist zunächst festzustellen, dass von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen wurden, die über die in den bereits vorgelegten Fassungen der Spezifikation gemachten Angaben hinausgehen. Die mit Schriftsatz vom 31. März 2010 vorgetragenen Angaben zum Herstellungsverfahren, das sich durch Nassvermahlung mittels Granitsteinen auszeichne und für einen süß-pikanten Geschmack des Münchner Weißwurstsenfs sorge, lassen sich der Spezifikation für Münchner Weißwurstsenf in keiner ihrer Fassungen entnehmen. Der Geschmack wird vielmehr mit süßer Karamellgeschmack beschrieben, eine Vermahlung mit Granitstein soll nach der Spezifikation (in Punkt 4.5) nicht erfolgen. Soweit in der Spezifikation zur Begründung eines besonderen, traditionellen Herstellungsverfahrens auf die Karamellisierung des Zuckers im Zusammenhang mit der Erhitzung der Senfmaische und die anschließenden Abkühl-, Quell- und Reifungsprozesse abgestellt wird, ergeben sich nach wie vor keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine erkennbare Abgrenzung zum süßen Senf bzw. Bayerischen Süßen Senf. Bei den nach der Erhitzung der Senfmaische und der erfolgten Karamellisierung beschriebenen weiteren Verarbeitungsschritten handelt es sich zum einen um übliche Verfahren zur Senfherstellung (vgl. hierzu beispielhaft "Senf - Die Produktion" unter www. Muenchner-kindl-senf.de; "Die Senfproduktion" unter www. Senfundmehr.de; "Die Senfherstellung" unter www. Senfmuehle.de; "So entsteht Speisesenf" unter www. Pepperworld.com), zum anderen überschneiden sich diese mit dem Herstellungsverfahren des Bayerischen Süßen Senfs. Wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, sind das Reifen in geschlossenen Behältern und das Entlüften auch bei der Herstellung des Bayerischen Süßen Senfs möglich. Auch die Dauer der Lagerung, die sich auf den Schärfegehalt des Senfs auswirken soll, ist nicht vorgegeben und kann beim Münchner Weißwurstsenf und beim Bayerischen Süßen Senf den-selben Zeitraum umfassen. Für ein besonderes Know-how bei der Herstellung des Münchner Weißwurstsenfs ergeben sich somit - wie die Markenabteilung bereits festgestellt hat - keine ausreichenden Anhaltspunkte. Das Gebiet München besitzt insoweit keine Eigenschaften, die sich deutlich von denen der benachbarten Gebiete unterscheiden würden. Zur Abgrenzung der Produkteigenschaften des "Münchner Weißwurstsenfs" hat die Antragstellerin in der Spezifikation unter Punkt 4.2 ausgeführt, die Konsistenz des Münchner Weißwurstsenfs sei durch die Entlüftung kompakter als der Bayerische Süße Senf, er schmecke karamellisiert, aber wegen der Reifung in geschlossenen Behältern weniger mild als der Bayerische Süße Senf. Wie die Markenabteilung bereits festgestellt hat und wie sich aus den eingegangenen Stellungnahmen ergibt, ist nicht erkennbar, inwieweit sich der Münchner Weißwurstsenf vom süßen Senf bzw. anderen Sorten süßen Senfs unterscheidet. Die Charakterisierung mit einer kompakteren Konsistenz und einem weniger milden Geschmack kann keine ausreichende Abgrenzung gewährleisten, da dies bei einem Senf mit süßen Karamellgeschmack nur bedeuten kann, dass es trotzdem eine gewisse Schärfe enthält und da auch der süße Senf an sich eine pikante Geschmacksnote aufweisen kann. Die angegebenen Unterschiede im Herstellungsverfahren für Münchner Weißwurstsenf sind daher auch für die Herstellung von süßem Senf üblich und sind auch für den von der Antragstellerin beantragten Bayerischen Süßen Senf nicht ausgeschlossen. Soweit die Antragstellerin darüber hinaus herausstellt, das verwendete "Münchner Wasser" sorge für eine Verstärkung des typischen Karamellgeschmacks des Münchner Weißwurstsenfs, kann dies auch keine produkttypische Eigenschaft begründen, da das Wasser aus an München angrenzenden Gebieten stammt und dortige Senfhersteller dieses Wasser zur Herstellung ihrer Produkte ebenfalls verwenden können. Wenn die Antragstellerin weiter vorträgt, dass die Eintragung auf verwendete Rohstoffe gestützt werden könne, die zwar nicht aus dem geografischen Gebiet, aber aus einem klar definierten Gebiet außerhalb des Erzeugungsgebietes stammten und objektive Eigenschaften des Produkts bewirkten, kann dies die Schutzfähigkeit nicht begründen. Denn hinsichtlich des verwendeten Wassers unterscheidet sich das Erzeugnis eben nicht gegenüber anderen aus benachbarten Gebieten. Für einen besonderen - von anderen Senfsorten - abgrenzbaren Geschmack ergeben sich daher keine ausreichenden Anhaltspunkte. Wie die Markenabteilung zur Stellungnahme der Bayerischen Landesanstalt zutreffend festgestellt hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte, worauf deren Annahme eines unterschiedlichen Geschmacks von Münchner Weißwurstsenf und Bayerischem Süßen Senf gestützt wird. d) Soweit die Antragstellerin der Meinung ist, dass auch das "Ansehen" eines Erzeugnisses eine "Eigenschaft" i. S. v. Art. 2 VO 1898/5006 sei, nicht nur objektiv messbare Eigenschaften des Gebiets oder des Erzeugnisses, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Für eine Auslegung des Art. 2 b) VO 1898/5006 ist wegen des insoweit eindeutigen Wortlauts der VO kein Raum. Nach dem 3. Erwägungsgrund zur VO 1898/2006 sollte besondere Aufmerksamkeit der Abgrenzung des geographischen Gebiets und den Eigenschaften des Erzeugnisses gewidmet werden. Weiter sollte sichergestellt werden, dass jeder Erzeuger in dem abgegrenzten Gebiet, der die Bedingungen der Produktspezifikation erfüllt, den eingetragenen Namen verwenden darf. Die Regelung in Art. 2 b) VO 1898/2006, die hinsichtlich der Antragsbefugnis für den einzigen Erzeuger eine Gleichstellung mit einer Vereinigung ermöglicht, knüpft an objektive Kriterien bezogen auf Gebiet und Erzeugnis an. Die Frage, ob sich - bei Vorliegen der Antragsbefugnis - beim Erzeugnis eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus diesem geografischen Ursprung ergibt, ist im Rahmen der Prüfung der weiteren Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006 zu untersuchen. Dafür spricht auch, dass ein besonderes Ansehen eines Erzeugnisses erst dann entstehen kann, wenn entweder das Gebiet typische Eigenschaften aufweist oder wenn das Erzeugnis über abgrenzbare Eigenschaften und damit Qualitätsmerkmale i. S. d. 3. Erwägungsgrundes der VO 510/2006 verfügt. e) Abgesehen hiervon bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass "Münchner Weisswurstsenf" über Ansehen i. S. v. Art. 2 Abs. 1 b) zweiter Spiegelstrich VO 510/2006 verfügt. Wann Ansehen vorliegt, ist in der Verordnung nicht geregelt. Unzureichend ist es nach Auffassung des Senats, dass die bloße Kennzeichnung eines Erzeugnisses mit einer geografischen Angabe erfolgt (vgl. Ch. Mikorey, Der Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in der Europäischen Gemeinschaft nach der Verordnung 2081/92, S. 51). Vielmehr ist darüber hinaus eine konkrete Qualitätserwartung zu verlangen, die sich auf zusätzliche Merkmale stützen muss. Denn Sinn und Zweck der Verordnung ist nach den Erwägungsgründen die Förderung von Erzeugnissen mit bestimmten besonderen Merkmalen (2. und 3. Erwägungs-grund der VO (EG) 510/2006). Insoweit können traditionelle Herstellungsverfahren oder die Bekanntheit der Gegend für das Produkt in Betracht kommen (vgl. Mikorey a. a. O. S. 52). Dabei stehen nach Ansicht des Senats eine erkennbare Wertschätzung und die daraus folgende konkrete Qualitätserwartung im Mittelpunkt. Die Angaben der Antragstellerin in der Spezifikation können indessen ein derartiges Ansehen nicht begründen. Die Ausführungen der Antragstellerin, das Ansehen des Münchner Weißwurstsenfs beruhe insbesondere auf dem traditionellen Herstellungsverfahren durch die Karamellisierung des Zuckers und auf dem regionaltypisch süßen Karamellgeschmack und der Münchner Weißwurstsenf sei dem Verbraucher als eigenständige regionale Spezialität bekannt und genieße daher wegen seiner geografischen Herkunft ein besonderes Ansehen, bieten hierfür keine ausreichende Grundlage, ebenso wenig wie der Hinweis auf seine Herstellung seit dem Jahr 1950 sowie erzielte Verkaufszahlen oder Angebotsmodalitäten. Soweit die Antragstellerin hierzu auf Internetbelege verweist, handelt es sich hierbei lediglich um einzelne und nicht repräsentative Belege, die als aussagekräftiger Nachweis nicht auszureichen vermögen. Angesichts des Umstandes, dass sich die Erzeugnisse Münchner Weißwurstsenf und Bayerischer Süßer Senf anhand ihrer charakteristischen Eigenschaften nicht hinreichend klar abgrenzen lassen, bestehen erhebliche Zweifel, ob Münchner Weißwurstsenf dem Verbraucher als eigenständiges Erzeugnis bekannt ist und folglich auch daran, dass Münchner Weißwurstsenf gegenüber dem süßen Senf oder dem Bayerischen Süßen Senf über ein eigenes Ansehen als regionaltypische Spezialität verfügt. Auch aus den Stellungnahmen der angehörten Kreise ergibt sich nichts anderes. Das B… hat zwar ausgeführt, dass von ei nem gewissen Bekanntheitsgrad und auch von einem besonderen An-sehen des Produktes auszugehen sei, dies allerdings nicht erläutert. Andererseits hat dieses Amt ausgeführt, dass weder das abgegrenzte Gebiet noch das Produkt "Münchner Weißwurstsenf" Merkmale aufweise, die sich gravierend von den angrenzenden Gebieten bzw. vergleichbaren Produkten unterscheiden und dass für den Verbraucher kein Unterschied zwischen "Bayerischem Süßen Senf" und "Weißwurst-senf" besteht. Nach Auffassung der K… KG (GmbH & Co.) ver steht der Verbraucher "Münchner Weißwurstsenf" allenfalls als Synonym für "Süßen Senf". Die B1… hat mitgeteilt, dass zwar von einer gewissen Bekanntheit auszugehen sei, es könne aber nicht beurteilt werden, inwieweit Münchner Weißwurstsenf wegen seiner Herkunft ein besonderes Ansehen genieße. Auch der B2… e. V. stellt fest, dass dem "Münchner Weißwurstsenf" ein großes Ansehen und ein hoher Bekanntheitsgrad als regionale Spezialität bei den Verbrauchern zuzuschreiben sei ohne dies jedoch näher auszuführen. Die übrigen Stellungnahmen haben zu diesem Punkt keine Aussagen getroffen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Sch… keine Vereinigung i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 und 2 der VO 510/2006 ist, die einen Antrag auf Eintragung stellen kann. Die Voraussetzungen dafür, dass eine juristische Person - hier die D… GmbH - als Vereinigung i. S. d. VO 510/2006 angesehen werden kann, sind - abgesehen vom Fehlen ihres Antrags - nicht nachgewiesen. Es fehlt damit an einer wesentlichen Grundvoraussetzung für die Antragstellung zur Durchführung des Eintragungsverfahrens. 2. Das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt leidet nicht an einem wesentlichen Mangel, der zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könnte, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Nach § 130 Abs. 4 S. 1 MarkenG veröffentlicht das Patentamt den Antrag im Markenblatt. Insoweit weist die Antragstellerin zwar zutreffend auf die unterbliebene Veröffentlichung des Eintragungsantrags hin; dies begründet indessen keinen Verfahrensmangel. Art. 5 Abs. 5 S. 1 VO 510/2006 konkretisiert das Prüfungsverfahren gem. Art. 5 Abs. 4 S. 2 der VO dahingehend, dass er die Verpflichtung des Mitgliedstaates regelt, im Laufe der Prüfung (der Anforderungen dieser VO) die Möglichkeit eines nationalen Einspruchsverfahrens zu eröffnen, indem er für die Veröffentlichung des Antrags sorgt. Dies bedeutet nach Ansicht des Senats allerdings nicht, dass ohne Prüfung der Grundvoraussetzungen des Antragsverfahrens bereits eine Veröffentlichung eines insoweit ungeprüften Antrags vorzunehmen wäre. Eine Veröffentlichung "im Laufe der Prüfung" - kann daher erst erfolgen, wenn nach Prüfung der von Seiten des Antragstellers nachzuweisenden Voraussetzungen eine Antragsbefugnis für das Eintragungsverfahren bejaht werden kann. Erst dann ist eine Grundvoraussetzung zur Antragstellung und damit zur Durchführung des Eintragungsverfahrens erfüllt und erst dann ist im weiteren Verlauf des Verfahrens eine Entscheidung über den Antrag in der Sache denkbar, die möglicherweise zu berücksichtigende Interessen Dritter berühren kann, die schließlich Gegenstand ei-nes - sich an die Veröffentlichung anschließenden - Einspruchsverfahrens sein können. Wenn es aber schon an der Antragsbefugnis fehlt, werden die im Einspruchsverfahren zu berücksichtigenden Interessen Dritter gar nicht erst berührt. Wenn die Antragstellerin hierzu vorträgt, jeder Antrag sei von allgemeinem Interesse und zu veröffentlichen, entspricht dies nicht der Zielsetzung des Einspruchsverfahrens. Dieses soll vielmehr sicherstellen, dass bei der Entscheidung über den Antrag alle maßgeblichen Erwägungen in die Abwägung einfließen. Falls es aber schon an der Antragsbefugnis als Grundvorausset-zung des Verfahrens fehlt und eine sachliche Entscheidung, die Rechte Dritter tangieren könnte, unter keinen Umständen mehr zu erwarten ist, würde eine Veröffentlichung eines derartigen Antrags keinen Sinn ergeben. Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg. 3. Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugelassen, weil die vorliegend entscheidungserhebliche Frage einer Verpflichtung zur Veröffentlichung des Antrags auf Eintragung als geografische Angabe von grundsätzlicher Bedeutung ist. Der Senat sieht keinen Anlass für eine von der Beschwerdeführerin angeregte Vorlage der Sache gemäß Art. 234 EG an den EuGH zum Zwecke der Vorabentscheidung.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006784&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006785
BPatG
München
33. Senat
20100922
33 W (pat) 53/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "Thermoroll" - keine Bösgläubigkeit
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 305 43 141 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am OLG Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Antragstellerinnen begehren die Löschung der am 19. Juli 2005 angemeldeten Wortmarke 305 43 141 - Thermoroll, eingetragen am 13. Februar 2006 für Klasse 6: Markisenkonstruktionen aus Metall; Metallstäbe; Aluminiumhohlkammerprofile; Metallprofile für Bauzwecke und Markisen, Senkrechtrollos, Markisoletten, Fallarmmarkisen, Lamellen aus Metall; Blendschutzgewebe, Reflexionsgewebe, gitterartige Gewebe aus Metall; Verdunkelungs-, Fassadenbeschattungs-, Innenbeschattungs-, Sonnen- und Blendschutzeinrichtungen aus Metall; Klasse 17: getönte Kunststofffolien außer für Verpackungszwecke; Klasse 19: Markisenkonstruktionen, nicht aus Metall; Klasse 22: Verdunkelungs-, Fassadenbeschattungs-, Innenbeschattungs-, Sonnen- und Blendschutzeinrichtungen aus Kunststoff- oder Textilmaterial; Markisen, Markisoletten, Fallarmmarkisen, Lamellen aus Kunststoff oder textilem Material; Klasse 24: Blendschutzgewebe, Reflexionsgewebe, Isoliergewebe für Markisen jeder Art sowie für Verdunkelungs-, Fassadenbeschattungs-, Innenbeschattungs-, Sonnen- und Blendschutzeinrichtungen, alle Waren aus Kunststoff- oder Textilmaterial; Klasse 42: technische Planung und Beratung von und für Sonnen- und Blendschutz, Verdunkelungsanlagen und Innenbeschattung wegen bösgläubiger Anmeldung (§ 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG). Die Beteiligten streiten - auch vor Zivilgerichten - um die (alleinige) Berechtigung zur Führung der Kennzeichnung "Thermoroll" für Waren aus dem Bereich Sonnen- und Sichtschutz sowie Abdeckungen. Beide Seiten berufen sich auf Marken bzw. Markenbenutzungen, die bis 2003/2004 durch die inzwischen insolventen Schwesterunternehmen T…-M… GmbH in G… und C… I… GmbH in T…, erfolgten. Gesellschafter der beiden Unternehmen waren die Eheleute W… und I1… I…. Die Unternehmen vertrieben Waren aus dem Bereich Sonnen-und Sichtschutz sowie Abdeckungen. Zusätzlich war die C… I… GmbH für die Produktion von Behängen und Rollos zuständig. Die T…-M… GmbH war Inhaberin der seit 1987 eingetragenen und inzwischen gelöschten Wortmarke 1 108 095 - "Termorol" (eingetragen für Vorhänge aus Textil- und/oder Kunstfasergewebe und/oder aus Kunststofffolien und/oder Folienverbund; Fassadenelemente, nämlich Gittergewebe und Drahtgeflechte). Zur Kennzeichnung ihrer Produkte benutzten beide Unternehmen das Wort "Thermoroll", teilweise auch mit einem Bildbestandteil. Über das Vermögen beider Gesellschaften wurde am 1. März 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 19. August 2004 wurde die Antragstellerin zu 1. (C… GmbH in G…) gegründet. Deren Geschäftsführerin ist die Antragstellerin zu 2., zugleich Tochter der o. g. Eheleute I…. Dabei hatten die Antragstellerinnen die Absicht, das Familienunternehmen unter Verwendung der Marke "Termorol" in der Form "Thermoroll" fortzuführen. Mit Übertragungserklärung des Insolvenzverwalters der T…-M… GmbH vom 28. Oktober 2004 wurde die Marke 1 108 095 - Termorol auf die Antragstellerin zu 2. übertragen. Nachdem die Antragstellerin zu 1. die Wort-/Bildmarke 305 75 631 - Thermoroll für Waren der Klassen 17, 22, 24 (verschiedene Waren aus den Bereichen Sonnen-, Sichtschutz und Abdeckungen) am 17. Dezember 2006 angemeldet hat und diese am 16. Februar 2006 eingetragen wurde, hat sie die Marke 1 108 095 - Termorol durch Nichtverlängerung mit Wirkung vom 1. November 2006 erlöschen lassen. Ebenfalls im Jahr 2004 gründeten der frühere Vertriebsleiter der C… I… GmbH, M…A…, und die derzeitige Inhaberin der angegriffenen Marke (M1… L…) als Mitgesellschafter die C… T… GmbH in L1… (im folgenden: "C… T."). Die Markeninhaberin ist bzw. war zu dieser Zeit zugleich "Abteilungsleiterin Sonnenschutz" in der L1… GmbH in L… (im folgenden "L… GmbH"), deren Gesellschafter B… und H… L… sind bzw. waren und die später  die angegriffene Marke angemeldet hat. Mit Kauf- und Übertragungsvertrag vom 30. April 2004 übertrug und übereignete der Insolvenzverwalter der C… I… GmbH Vermögensgegenstände aus der Insolvenzmasse an die C… T. (i. G.), u. a. "noch nicht angearbeitete Aufträge, Firmen - know how, Auftragsbestand" (§ 2 (1) des Vertrags). Laut § 3 (1) sollte es sich beim Verkauf des Kaufgegenstands um einen Umsatz "im Rahmen des § 1 Abs. 1a UStG" handeln. In der Folgezeit vertrieb die C… T. Waren des Sonnen- und Sichtschutzbereichs und verwendete hierbei die Kennzeichnung "Thermoroll®". Mit Schreiben vom 7. Juli 2005 wurde sie von der Antragstellerin zu 1. abgemahnt. Im Abmahnungsschreiben wies die Antragstellerin zu 1. darauf hin, dass sie Energiesparrollos vertreibe und festgestellt habe, dass das abgemahnte Unternehmen Produkte im Bereich Sonnen-/Blendschutz/Verdunkelung mit dem Zeichen "Thermoroll" und einem nachgestellten Symbol "®" bewerbe, ohne dass ein entsprechender Markenschutz bestehe. Daher liege irreführende Werbung vor. Die Benutzung des Zeichens "Thermoroll®" sei zu unterlassen. Am 19. Juli 2005 meldete die L… GmbH die angegriffene Marke 305 43 141  - Thermoroll (s. o.) an und gestattete mit Urkunde vom gleichen Tag der C… T. unter Hinweis auf die Anmeldung, die "Wortmarke Thermoroll bis auf Weiteres zu benutzen". Die Marke wurde am 13. Februar 2006 eingetragen und später, aufgrund des Umschreibungsantrags vom 5. Mai 2006, am 14. August 2006 auf die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin umgeschrieben. Mit ihrem Löschungsantrag machen die Antragstellerinnen geltend, die angegriffene Marke sei bösgläubig i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angemeldet worden. Im Verfahren vor der Markenabteilung haben sie dazu vorgetragen, dass die Anmeldung in der sittenwidrigen Absicht eingereicht worden sei, die Antragstellerinnen in ihrem berechtigten Unterlassungsverfahren zu behindern und die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen. Sie sei im Rahmen eines für die Anmelderin ersichtlichen Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Beteiligten trotz eines durch Vorbenutzung der Marke 1 108 095 - Termorol in der Form "Thermoroll" erworbenen und der Anmelderin bekannten schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerinnen angemeldet worden, zudem als zusätzliches Druckmittel anlässlich einer kennzeichenrechtlichen Auseinandersetzung. Unerheblich sei dabei, dass die Abmahnung vom 7. Juli 2005 noch ohne Hinweis auf die Benutzung des Zeichens "Thermoroll" durch die Antragstellerin zu 1. erfolgt sei, denn der Anmelderin und der mit ihr verflochtenen C… T. seien die Marktverhältnisse und damit auch die Verwendung von "Thermoroll" durch die Antragstellerin zu 1. als Mitbewerberin bekannt gewesen. Ergänzend haben die Antragstellerinnen auf einen Schriftsatz der Markeninhaberin vom 15. November 2005 beim Landgericht Mannheim in der Sache 2 O 241/05 verwiesen, in der diese als Beklagte hat vortragen lassen: "… Zur klaren Abgrenzung des von der Beklagten bedienten Marktes hat die Beklagte am 19. Juli 2005 … eine Anmeldung für die Wortmarke "Thermoroll" eingereicht. Die Einreichung erfolgte über die Firma L… GmbH in L…, dem Hauptgesellschafter der Beklagten. … Die Anmeldung erfolgte zugunsten der Beklagten.“ Die Antragstellerinnen haben weiter vorgetragen, dass die Anmeldung der Markeninhaberin einen Verfahrensvorteil gegenüber den Antragstellerinnen habe verschaffen sollen. Zudem sei die Anmeldung auf Initiative der C… T. über die Anmelderin (L… GmbH) als einer Dritten zur Verschleierung des Behinderungscharakters der Anmeldung und zur Schaffung eines Überraschungseffekts einer neuen Marke vorgenommen worden. Aufgrund der gemeinsamen Gesellschafterstellung des früheren Vertriebsleiters der C… I… GmbH, M… A…, und seiner Mitgesellschafterin M1… L… bei der C… T. sei davon auszugehen, dass die Markeninhaberin bzw. ihr handelndes Organ die (bösgläubigen) Hintergründe der Anmeldung gekannt habe. Auch weitere Umstände, wie die gleiche Adresse beider Gesellschaften und die Verlinkung im Internetauftritt der L… GmbH auf die Homepage der C… T. sowie die Vertretung beider Gesellschaften durch den gleichen Anwalt bei der Anmeldung und in der Vorkorrespondenz der Wettbewerbsstreitigkeiten, sprächen für die wirtschaftliche Verbundenheit beider Unternehmen. Für eine bösgläubige Anmeldung sprächen auch die Begleitumstände der Anmeldung, nämlich die - insoweit unstreitige - Einreichung am 19. Juli 2005 kurz nach der Abmahnung, nachdem sich der Vertreter des abgemahnten Unternehmens zunächst einen urlaubsbedingten Fristaufschub bis zum 14. August 2005 erbeten habe, weiter die noch am Anmeldetag erteilte Lizenz und die in mehreren Eingaben des Anmeldervertreters an das Patentamt zum Ausdruck kommende Eile bzw. Bitte um baldige Eintragung. Die Störungs- und Behinderungsabsicht zeige sich weiter darin, dass die Anmelderin in Kenntnis älterer Markenrechte der T…-M… GmbH auch die Wortmarke "Conatis" angemeldet, gegen die Wort-/Bildmarke 305 75 631 - "Thermoroll" der Antragstellerin zu 2. Widerspruch aus der hier angegriffenen Marke erhoben und gegen die Marke 1 108 095 - Termorol einen Verfallslöschungsantrag eingereicht habe. Die Markeninhaberin könne sich auch nicht auf den Kauf- und Übertragungsvertrag zwischen dem Insolvenzverwalter und der C… T. vom 30. April 2004 berufen. Die insolvente C… I… GmbH sei weder Inhaberin einer Marke  "Termorol" noch einer Marke "Thermoroll" gewesen. Zudem sei ihr die Erlaubnis zur Nutzung des Zeichens "Thermoroll" Ende 2003 von der T…-M… GmbH gekündigt worden. Dies müsse dem Vertragsunterzeichner auf Seiten der Erwerberin, Herrn M… A…, wegen seiner früheren Tätigkeit als Vertriebsleiter der C… I… GmbH bekannt gewesen sein. Ein gutgläubiger Erwerb eines Markenrechts sei nicht möglich. Ergänzend dazu haben die Antragstellerinnen ein Schreiben des Insolvenzverwalters vom 18. Juli 2005 vorgelegt, in dem dieser mitteilt, das durch ihn aus der Insolvenzmasse "keine Markenrechte an die C… T… GmbH veräußert" worden seien. Die Markeninhaberin hat dem ihr am 1. Juni 2006 zugestellten Löschungsantrag am 31. Juli 2006 widersprochen. Im Verfahren vor der Markenabteilung hat sie die Ansicht vertreten, dass der Löschungsantrag unbegründet sei. Weder die T…- M… GmbH noch die C… I…GmbH hätten über eine Marke "Thermoroll" verfügt. Die Marke 1 108 095 - "Termorol" der T…-M… GmbH sei hingegen niemals benutzt worden und bei Insolvenz der o. g. Gesellschaften löschungsreif gewesen. Die C… I… GmbH habe bis zu ihrem Ende die Kennzeichnung "Thermoroll" benutzt, was aus verschiedenen von der Markeninhaberin vorgelegten Rechnungen und Lieferscheinen aus dem Jahr 2004 hervorgehe. Die Antragstellerinnen setzten das Familienunternehmen nicht mit gleicher Produktpalette fort. Sie seien nicht Rechtsnachfolger der insolventen und im März 2004 aufgelösten T…-M… GmbH und C… I…GmbH. Vielmehr handele es sich bei der Antragstellerin zu 1. um eine im August 2004 neu gegründete Firma. Deren Unternehmensgegenstand sei zudem nur die Herstellung und der Vertrieb rollbarer Abdeckungen und Energieeinsparelemente für Kühlmöbel, also im Wesentlichen Wärmeschutzrollos zur Nachtabdeckung von Kühlmöbeln. Die Beteiligten bedienten also unterschiedliche Märkte. Dass die Antragstellerin zu 1. im Jahr 2004 die Kennzeichnung "Thermoroll" nicht für Blendschutzrollos o. Ä. nutzte und nutzen wollte, zeige sich auch darin, dass Herr I… im April/Mai 2004 der C… T. noch alle entsprechenden Unterlagen übergeben habe. Soweit mit einem von den Antragstellerinnen vorgelegten undatierten Warenkatalog der Antragstellerin zu 1. der Eindruck erweckt werden solle, dass sie unter der Kennzeichnung "Thermoroll" auch Sicht- und Sonnenschutzrollos vertreibe, werde dies mit Nichtwissen bestritten. Derartige Marktaktivitäten seien der Anmelderin zum Anmeldezeitpunkt jedenfalls nicht bekannt gewesen. Somit könne auch keine Behinderungsabsicht der Anmelderin bestehen. Nach der Insolvenz der C… I… GmbH habe deren Insolvenzverwalter mit Kauf- u. Übertragungsvertrag vom 30. April 2004 (also ein halbes Jahr vor Gründung der Antragstellerin zu 1.) die "Assets" aus der Insolvenzmasse (u. a. Prospekte, Aufkleber mit der Aufschrift "Thermoroll®") an die C… T. veräußert und übergeben lassen. Angesichts eines solchen, zudem mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Vertrages habe die C…T. die Gegenstände, insbesondere die  Prospekte und Aufkleber, in gutem Glauben verwendet, und zwar in Fortsetzung der Tätigkeit der insolventen C… I… GmbH, da der Auftragsbestand und das Firmen-Know-How ausdrücklich mit übernommen worden seien. Erst über ein Jahr später habe die Antragstellerin zu 1. die Abmahnung vom 7. Juli 2005 ausgesprochen, in der sie aber keine Rechte aus einer Marke "Thermoroll" geltend gemacht, sondern sich nur auf irreführende Werbung wegen Verwendung des ®-Symbols durch das abgemahnte Unternehmen gestützt habe. Daraufhin sei dem abgemahnten Mangel durch Anmeldung der angegriffenen Marke abgeholfen worden. Die Anmeldung habe die Benutzung des ®-Symbols legalisieren, dem abgemahnten Mangel abhelfen und der Pflege des eigenen Markenbestands dienen sollen. Damit lägen rechtfertigende Gründe für die Anmeldung vor. Auch habe keine Behinderungsabsicht vorgelegen. Ein kennzeichenrechtliches Unterlassungsverfahren habe es zum Anmeldezeitpunkt noch nicht gegeben und sei auch nicht angekündigt worden. Erst nach der Eintragung der angegriffenen Marke hätten die Antragstellerinnen Rechte an der Kennzeichnung "Thermoroll" geltend gemacht, die auf die nicht durchsetzbare Marke "Termorol" gegründet seien. Während dieser Streitigkeiten habe die Antragstellerin zu 2. am 17. Dezember 2005 selbst eine Marke "Thermoroll" (missbräuchlich zur Rettung ihrer Ansprüche als "Kampfmarke") angemeldet (Wort-/Bildmarke 305 75 631). Mit Beschluss vom 15. Februar 2008 hat die Markenabteilung 3.4 den Löschungsantrag zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenabteilung liege keine bösgläubige Anmeldung nach der Fallgruppe der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes vor. Die Antragstellerinnen hätten nicht über einen entsprechenden Besitzstand verfügt. Dieser liege insbesondere nicht in der älteren Marke 1 108 095 - Termorol der Antragstellerin zu 2. Denn diese Marke sei nicht benutzt worden. Die stattdessen verwendete Form "Thermoroll" stelle angesichts der Anlehnung an die beschreibenden Angaben "term, thermisch" und "Rolle, Rollo, rollen" eine erhebliche, den kennzeichnenden Charakter i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG verändernde Abweichung mit weitaus geringerer Kennzeichnungskraft dar. Ein Besitzstand liege auch nicht in der Benutzung der (damals) nicht eingetragenen Kennzeichnung "Thermoroll". Dies würde voraussetzen, dass nur die Antragstellerinnen die Bezeichnung über einen längeren Zeitraum hinweg genutzt hätten. Jedoch sei sie jahrelang von zwei Unternehmen, der T…-M… GmbH und der C… I… GmbH bis zu deren Insolvenzen verwendet worden. Dabei habe die Nutzung durch die C… I… GmbH nicht auf einer Lizenz der TV-M…  GmbH beruht, denn diese sei nur Inhaberin der Marke "Termorol" gewesen. An der hiervon erheblich abweichenden Form "Thermoroll" habe sie damit keine Lizenz erteilen, geschweige denn kündigen können. Abreden über die Benutzung eines anderen, der Marke lediglich ähnlichen Zeichens könnten nach der Rechtsprechung und Literatur nicht Gegenstand eines Lizenzvertrages sein. Auch durch die Benutzung der (nicht eingetragenen) Bezeichnung "Thermoroll" habe die T…-M… GmbH keinen Besitzstand erworben. Dies würde voraussetzen, dass sie die Bezeichnung über einen längeren Zeitraum hinweg ausschließlich selbst benutzt habe. Die T…-M… GmbH und die C… I… GmbH hätten die Bezeichnung aber von Anfang an gemeinsam benutzt, so dass sich keine der Firmen auf ältere Rechte daran berufen konnte. Vielmehr habe ein gleichrangiger Besitzstand bestanden. "Dieses durch Benutzung begründete Kennzeichenrecht" der C… I… GmbH (gemeint wohl: der Anteil der C… I… GmbH am gleichrangigen Besitzstand) sei nach deren Auflösung auf die C… T. übergegangen, was durch den Kauf- und Übereignungsvertrag hinreichend belegt sei. Denn Gegenstand des Kaufvertrags sei der gesamte Geschäftsbetrieb des insolventen Unternehmens gewesen. Hier greife zumindest analog die Vermutung des § 27 Abs. 2 MarkenG ein, wonach die Übertragung eines Geschäftsbetriebs im Zweifel auch die Übertragung des Markenrechts erfasse. Vor diesem Hintergrund sei ein durchaus berechtigtes Interesse der Markeninhaberin anzuerkennen, die Bezeichnung "Thermoroll" auch formal durch Eintragung als Marke zu schützen zu lassen. Denn die markenrechtliche Absicherung einer selbst genutzten Kennzeichnung allein stelle sich nicht als ungerechtfertigter Eingriff in einen fremden Besitzstand dar. Darüber hinaus gehende Handlungen, die einen Vorwurf der Bösgläubigkeit begründen könnten, seien nicht dargetan. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerinnen. Zur Begründung führen sie aus, dass die Markenabteilung entgegen ihrem Vorbringen ausschließlich auf die Fallgruppe der Störung eines schutzwürdigen Besitzstands abgestellt, die weiter geltend gemachte Bösgläubigkeit der Anmeldung unter dem Gesichtspunkt einer sittenwidrigen Behinderung durch Benutzung der Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes aber unberücksichtigt gelassen habe. Weiterhin sei die Markenabteilung zu Unrecht davon ausgegangen, dass die C… T. vor  der Markenanmeldung zur Nutzung der Bezeichnung "Thermoroll" berechtigt gewesen sei. Weder habe ein durch Benutzung erworbenes Kennzeichenrecht der C… I… GmbH existiert, noch sei ein solches Recht - seine Existenz unterstellt - durch den Kauf- und Übertragungsvertrag vom 30. April 2004 auf die C… T., deren Gesellschafterin die Markeninhaberin sei, übergegangen. Zwar habe die C… I… GmbH die Bezeichnung "Thermoroll" bis in das Jahr 2004 benutzt , dass dieses Zeichen die für den Erwerb einer Benutzungsmarke nach § 4 Nr. 2 MarkenG erforderliche Verkehrsgeltung erworben habe, sei jedoch weder vorgetragen noch tatsächlich der Fall. Vielmehr sei ein Benutzungsrecht der C… I… GmbH stets aus der dieser gewährten Nutzungserlaubnis durch die T…-M… GmbH als Inhaberin der Registermarke "Termorol" hergeleitet worden. Die Markenabteilung sei nicht auf das Erfordernis der Verkehrsgeltung eingegangen, sondern habe lediglich das Bestehen einer Lizenz verneint. Es bleibe unklar, warum sie dennoch die Existenz eines Kennzeichenrechts der C… I…GmbH angenommen habe. Selbst wenn man ein solches Kennzeichenrecht unterstellte, so wäre es nicht durch den Kauf- und Übertragungsvertrag auf die C… T. übergegangen. Dieser Vertrag habe keine Übertragung von Kennzeichenrechten geregelt. Soweit man die Vermutungswirkung des § 27 Abs. 2 MarkenG heranziehen wollte, wonach die Übertragung eines Geschäftsbetriebs im Zweifel auch die Übertragung des Markenrechts mit erfasst, werde diese Vermutung durch die Erklärung des Insolvenzverwalters vom 18. Juli 2005 als damaliger Verkäufer widerlegt, wonach keine Markenrechte aus der Insolvenzmasse veräußert worden seien. Diese Erklärung habe die Markenabteilung unberücksichtigt gelassen. Entgegen der Auffassung der Markenabteilung habe die Anmelderin (L… GmbH) die angegriffene Marke auch nicht selbst genutzt, so dass sie kein berechtigtes Interesse an der Anmeldung gehabt habe. Denn nicht die C… T. habe die angegriffene Marke angemeldet, sondern die L… GmbH. Diese könne jedoch von der insolventen C… I… GmbH keine Rechte erworben haben, so dass sie auch kein berechtigtes Interesse am formalen Markenschutz gehabt habe. Abgesehen davon habe sie die Kennzeichnung "Thermoroll" auch nicht benutzt, denn die von der Markeninhaberin vorgelegten Rechnungen und Lieferscheine beträfen andere Unternehmen. Zu Unrecht habe die Markenabteilung auch die Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes verneint. Die prioritätsältere Marke 1 108 095 - Termorol sei als schutzwürdiger Besitzstand anzusehen, da sie von den Antragstellerinnen in Form der Bezeichnung "Thermoroll" benutzt werde. Auch nach Erlass der Entscheidung BGH GRUR 2009, 888 - Thermoroll könnten die Antragstellerinnen einen schutzwürdigen Besitzstand aus der Marke "Termorol" herleiten, denn die Anmelderin habe in Kenntnis eines solchen Besitzstands ohne rechtfertigenden Grund eine verwechselbar ähnliche Marke angemeldet. Ob eine Ähnlichkeit der Zeichen vorliege, sei nach den Grundsätzen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr zu beurteilen. In klanglicher Hinsicht liege zwischen "Termorol" und "Thermoroll" eine Verwechslungsgefahr vor. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach die Bezeichnung "Thermoroll" den kennzeichnenden Charakter der Marke "Termorol" verändere, lägen hingegen Feststellungen zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG zugrunde. Eine Gleichsetzung der Beurteilung der Verwechslungsgefahr und des kennzeichnenden Charakters sei aber nach ständiger Rechtsprechung unzulässig. Zudem sei die angegriffene Marke zum zweckfremden Einsatz als Mittel des Wettbewerbskampfes angemeldet worden, wobei die Antragstellerinnen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen verweisen. Die angegriffene Marke sei zu einem Zeitpunkt angemeldet worden, in dem die Antragstellerin zu 2. einen Rechtsstreit gegen das Partnerunternehmen der Anmelderin, die C… T., wegen unberechtigter Verwendung des Zusatzes "®" eingeleitet habe. Dem Geschäftsführer dieses Unternehmens seien als früherem Vertriebsleiter der C… I… GmbH die Existenz der Marke "Termorol" und die jahrelange Benutzung der Bezeichnung "Thermoroll" durch die T…-M… GmbH, die C… I… GmbH sowie die Antragstellerin zu 1. und die Wettbewerbssituation zwischen den beteiligten Unternehmen bekannt gewesen. Zudem sei die angegriffene Marke nach dem eigenen Vortrag der C… T. "... zur klaren Abgrenzung des von der Beklagten bedienten Marktes" unter gezielter Einschaltung der L… GmbH angemeldet worden, wobei diese im Anmeldeverfahren gegenüber der Markenstelle auf eine kurzfristige Registrierung gedrängt habe. Damit liege es auf der Hand, dass die angegriffene Marke allein zur wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzung angemeldet worden sei, um so auf den laufenden Wettbewerbsprozess Einfluss zu nehmen und die Klägerin bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu behindern. Auch die weiteren Umstände, wie insbesondere die Nachanmeldung der weiteren Wortmarke 305 53 425 - CONATIS am 7. September 2005 durch die gleiche Anmelderin trotz Kenntnis einer älteren Wortmarke 300 53 300 - CONATIS der T…- M… GmbH und in Kenntnis der Antragstellerin zu 1. als Wettbewerberin belege, dass die streitgegenständliche Anmeldung als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt werde. Auch der Umstand, dass die frühere C… I… GmbH das Zeichen "Thermoroll" aufgrund einer Benutzungserlaubnis der damaligen Markeninhaberin benutzt habe und die C… T. das Zeichen weiter benutzen wollte, rechtfertige nicht die Anmeldung. Dazu verweisen die Antragstellerinnen auf die Entscheidung BPatG GRUR 2000, 809 - SSZ, wonach selbst ein nachvertraglich eingeräumtes Weiterbenutzungsrecht nicht zu einer eigenen Markenanmeldung berechtige. Die Antragstellerinnen beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der Marke 305 43 141 anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen, das sie in der mündlichen Verhandlung vertieft hat, verweist die Markeninhaberin auf die in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren zwischen den gleichen Beteiligten ergangene Entscheidung BGH GRUR 2009, 888 - Thermoroll. Darin habe der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die benutzte Kennzeichnung "Thermoroll" keine rechtserhaltende Benutzung der eingetragenen Marke "Termorol" darstelle. Es bestehe daher, so trägt die Markeninhaberin weiter vor, kein schutzwürdiger Besitzstand der Gegenseite. Im Übrigen sei Herr A… nicht auf eine Lizenz und deren angebliche Kündigung durch die T…-M… hingewiesen worden. Die Anmeldung habe die Verwendung des ®-Symbols rechtfertigen und den damit verbundenen bisherigen Mangel abstellen sollen. Ansonsten habe die Markeninhaberin bisher nur mit Verteidigungsmaßnahmen auf die Angriffe der Antragstellerinnen reagiert. Dass die Anmeldung der angegriffenen Marke nicht von der C… T., sondern von der L… GmbH eingereicht worden sei, habe steuer- und gesellschaftstechnische Hintergründe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2010 haben die Beteiligten Vergleichsgespräche aufgenommen, die im August 2010 gescheitert sind. II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerinnen ist nicht nach § 50 Abs. 1 MarkenG begründet. Es hat sich nicht feststellen lassen, dass die angegriffene Marke bösgläubig angemeldet und damit entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden ist. Nach den Umständen des Falls kann eine rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Markenanmeldung nicht festgestellt werden. Zunächst liegt keine bösgläubige Anmeldung nach der Fallgruppe der Spekulationsmarke ohne Benutzungswillen vor (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdn. 531, 539 ff.), was die Antragstellerinnen auch nicht geltend machen. Denn die L… GmbH, die die Anmeldung eingereicht hat, hatte zumindest  dahingehend einen (generellen, vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 540) Benutzungswillen, als sie die Marke an ein Unternehmen lizenzieren wollte und lizenziert hat, zu dem offensichtlich - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - enge personelle und wirtschaftliche Verbindungen bestehen. Eine bösgläubige Markenanmeldung kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstands eines Vorbenutzers festgestellt werden (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 531, 547 ff.). Bei dieser Fallgruppe würde ein bösgläubiger Markenerwerb darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren (Str./Ha., a. a. O., Rdn. 547). Es hat sich jedoch kein schutzwürdiger Besitzstand feststellen lassen, auf den sich die Antragstellerinnen berufen können. Soweit die Antragstellerinnen den Besitzstand in der zum Anmeldezeitpunkt noch nicht gelöschten Marke 1 108 095 - Termorol sehen, kommt diese als Grundlage für einen Besitzstand nicht in Betracht. Denn bei dem Markenwort "Termorol" handelt es sich nicht um dasselbe Zeichen wie das früher von den insolventen Unternehmen und später von der Antragstellerin zu 1. verwendete Wort "Thermoroll" bzw. die gleichlautende angegriffene Marke. Insbesondere stellt "Thermoroll" keine rechtserhaltend benutzte Form der eingetragenen Marke "Termorol" i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG dar. Dies haben nicht nur die Markenabteilung im angefochtenen Beschluss und das LG Mannheim im Aussetzungsbeschluss vom 21. April 2006 sondern nunmehr auch der Bundesgerichtshof festgestellt (GRUR 2009, 888 - Thermoroll). Dieser Beurteilung schließt sich auch der erkennende Senat an. Die Veränderung von "Termo-" zu "Thermo" und "-rol" zu "-roll" bewirkt nicht nur ein deutlich verschiedenes Schriftbild und eine etwas veränderte Sprechweise, sondern auch eine begrifflich stärkere Annäherung an die beschreibenden Angaben "Thermo" und "Rollo", so dass die Abwandlung aus dem schutzunfähigen Gesamtwort "Thermorollo" (Rollo mit Bezug bzw. Wirkungen auf die Temperatur) nunmehr geringfügiger und damit leichter erkennbar ist. Der kennzeichnende Charakter der Marke "Termorol" wird durch die Form "Thermoroll" also verändert, und zwar in Richtung auf eine geringere Kennzeichnungskraft. Soweit die Antragstellerinnen hiergegen sinngemäß einwenden, dass der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur Feststellungen zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG zugrunde lägen, sich die (zwischen "Termorol" und "Thermoroll" in klanglicher Hinsicht gegebene) Zeichenähnlichkeit aber nach den Grundsätzen der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr richte und diese nach anerkannter Rechtsprechung nicht mit der Beurteilung der Identität der eingetragenen Marke und deren benutzter Form i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG gleichgesetzt werden dürfe, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn die Frage der Verwechslungsgefahr und damit der zeichenrechtlichen Ähnlichkeit zwischen den Wörtern "Termorol" und "Thermoroll" würde sich vorliegend erst dann stellen, wenn die benutzte Form "Thermoroll" mit der eingetragenen Marke "Termorol" i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG übereinstimmt, also nicht deren kennzeichnenden Charakter verändert. Da dies nicht der Fall ist (s. o.), stellt sich die Frage der Zeichenähnlichkeit gar nicht mehr. Nach alledem kann die Marke 1 108 095 - Termorol keinen Besitzstand darstellen, der mit der Anmeldung hätte gestört werden können. Ohne dass es darauf ankommt, deutet im Übrigen auch die Nichtverlängerung der Marke "Termorol" durch die Antragstellerin zu 2. im Jahr 2006 daraufhin, dass sie dieser Marke offenbar keine entscheidende Rolle bei den zu dieser Zeit bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten mehr zumisst. Ein schutzwürdiger Besitzstand ergibt sich auch nicht aus der Benutzung der Kennzeichnung "Thermoroll". Soweit die Bezeichnung "Thermoroll" als nicht eingetragene Kennzeichnung bis 2003/2004 von den damaligen Unternehmen T…-M… GmbH und C… I… GmbH benutzt worden ist, vermögen die Antragstellerinnen hieraus nichts für sich herzuleiten, selbst wenn sich das Zeichen für eines oder beide der Unternehmen zu einer Benutzungsmarke i. S. d. § 4 Nr. 2 MarkenG entwickelt hätte (wofür hier allerdings keine Anhaltspunkte vorliegen und was angesichts der Insolvenzen eher unwahrscheinlich erscheint). Denn abgesehen von der isolierten Übertragung der hier nicht als Besitzstand in Betracht kommenden Registermarke 1 108 095 - Termorol (s. o.) durch den Insolvenzverwalter der T…-M… GmbH an die Antragstellerin zu 2. (Übertragungserklärung vom 28. Oktober 2004) ist keine der Antragstellerinnen in irgendeiner Hinsicht Rechtsnachfolgerin der T…-M… GmbH oder gar der C… I… GmbH geworden. Insbesondere liegt kein Gesamterwerb der Masse der T…-M…- GmbH durch die Antragstellerinnen vor. Gegenteiliges ist jedenfalls auch auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden. Auf die von der Markenabteilung erörterte Frage, welche Folgen die Benutzung der Bezeichnung "Thermoroll" durch zwei Unternehmen hatte, braucht daher nicht eingegangen zu werden. Selbst wenn die Antragstellerin zu 1. die Bezeichnung "Thermoroll" selbst benutzt haben sollte, was hinsichtlich des Umfangs des Produktsortiments streitig ist, kann sie hieraus keinen schutzwürdigen Besitzstand für sich herleiten. Schon die kurze Zeit zwischen dem von ihr vorgetragenen Beginn der Benutzung (seit Anfang 2005, vgl. Schriftsatz vom 6. August 2007, Ziff. 2.7) bis zur Anmeldung der angegriffenen Marke im Juli 2005 spricht deutlich gegen das Entstehen eines schutzwürdigen Besitzstands, für den eine hinreichende Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland erforderlich wäre (dazu näher Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 552), wobei eine solche Bekanntheit hier gerade auf der Tätigkeit der Antragstellerin selbst, nicht hingegen auf der früheren Tätigkeit der T…-M… GmbH und/oder C… I… GmbH beruhen müsste. Hierzu ist auch nichts vorgetragen worden. Mangels eines entsprechenden Besitzstandes der Antragstellerinnen kann damit keine böswillige Anmeldung unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in einen schutzwürdigen Besitzstand festgestellt werden. Auf die o. g. weiteren Voraussetzungen für die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung nach dieser Fallgruppe kommt es daher nicht mehr an. Auch für eine böswillige Anmeldung zum zweckfremden Einsatz als Mittel des Wettbewerbskampfes lassen sich keine zureichenden Anhaltspunkte finden. Da sowohl die Sperrwirkung einer Marke wie auch der Wettbewerbskampf zum Begriff der Marke als Ausschließlichkeitsrecht gehören, kann das für die Annahme einer Bösgläubigkeit maßgebliche Kriterium nur im zweckfremden Einsatz der Marke liegen. Dabei muss das Verhalten des Markenanmelders bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbes gerichtet sein, wobei eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich ist (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 558 ff.). Zwar bestand zum Anmeldezeitpunkt zwischen den Beteiligten eine Wettbewerbssituation, wobei der Senat zugunsten der Antragstellerinnen von ihrem Vortrag ausgeht, dass die Antragstellerin zu 1. zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht nur Kühlmöbelabdeckungen sondern auch Sonnen- und Sichtschutzwaren sowie sonstige Abdeckungen hergestellt hat. Weiter geht der Senat davon aus, dass zu dieser Zeit sowohl die C… T. als auch die Anmelderin selbst (L… GmbH) Kenntnis von ihrem Wettbewerbsverhältnis zueinander hatten. Dies liegt nach Erhalt der an die C… T. gerichteten Abmahnung vom  7. Juli 2007 und angesichts der engen Beziehungen dieses Unternehmens zur Anmelderin auch nahe und ist weitgehend unstreitig. Jedoch lässt sich die Behinderungsabsicht als wesentliches Motiv der Anmeldung nicht feststellen. Zunächst liegt eine Absicht der Störung der Antragstellerinnen bei der Benutzung der Marke "Termorol" schon deshalb nicht vor, weil diese Marke von der Markeninhaberin nicht benutzt worden ist (s. o.). Es lässt sich aber auch nicht hinreichend deutlich feststellen, dass die Anmeldung im Wesentlichen bzw. als wesentliches Motiv der Behinderung oder Erschwerung der Benutzung der Bezeichnung "Thermoroll" durch die Antragstellerinnen diente, nicht hingegen der Sicherung des eigenen Markenbestandes und Förderung des eigenen Wettbewerbs. Die zum Zeitpunkt der Anmeldung bestehenden Gesamtumstände sprechen eher für das Gegenteil. Aufgrund des mit dem Insolvenzverwalter der C… I… GmbH abgeschlossenen Kauf- und Übereignungsvertrags vom 30. April 2004 durfte sich die C… T. berechtigt sehen, in Fortsetzung des Betriebs des insolventen Unternehmens dessen Produktpalette mit der bisherigen Kennzeichnung "Thermoroll" (nicht "Termorol" bzw. eine rechtserhaltend benutzte Form davon!) fortzuführen. Denn nach (§ 1 (1), 2 (1) des Vertrags), sind zum einen die Geschäftsausstattung, "noch nicht angearbeitete Aufträge", der "Auftragsbestand" und das "Firmen - know how" verkauft und übertragen worden, zum anderen gingen die Vertragsparteien laut § 3 (1) des Vertrages davon aus, "dass es sich bei dem Verkauf des Kaufgegenstandes um einen Umsatz im Rahmen des § 1 Abs. 1a UStG an einen anderen Unternehmer" handelt. § 1 Abs. 1a UStG i. d. F. von 2004 lautete: "Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers." Es handelte sich demnach um umsatzsteuerfreie Geschäftsveräußerung und damit um einen Unternehmenskauf bzw. Gesamterwerb der Masse, so dass die C… T. sich berechtigt sehen durfte, nicht nur den Auftragsbestand unter Verwendung der bisherigen Kennzeichnung "Thermoroll" abzuarbeiten, sondern auch das Unternehmen unter Weiterverwendung dieser Produktkennzeichnung weiterzuführen. Dem steht der Inhalt des Schreibens des Insolvenzverwalters Z… vom 18. Juli 2005 nicht entgegen, wonach durch ihn aus der Insolvenzmasse keine Markenrechte an die C… T. veräußert worden seien. Zum einen kann dieses einseitige, zweieinhalb Monate nach Vertragsabschluss abgefasste und an die Antragstellerinnenvertreter gerichtete Schreiben den Senat nicht daran hindern, den Vertrag gemäß §§ 133, 157 BGB selbst auszulegen, zum anderen geht aber auch der Senat davon aus, dass die insolvente C… I… GmbH weder über eine eingetragene noch eine durch Benutzung und Verkehrsgeltung erworbene Marke verfügte (s. o.). Dies ändert indes nichts am berechtigten Interesse der C… T., nach Erwerb des Unternehmens dessen bisher verwendete (nicht geschützte) Produktkennzeichnung "Thermoroll" ebenfalls weiter zu verwenden. Insoweit berücksichtigt der Senat auch die in § 27 Abs. 2 MarkenG zum Ausdruck kommende Regelung, wonach eine zu einem Geschäftsbetrieb gehörende Marke im Zweifel von der Übertragung oder dem Übergang des Geschäftsbetriebs erfasst wird. Auch wenn die Bezeichnung "Thermoroll" zu diesem Zeitpunkt gerade keine geschützte Marke war, so wird man die Vermutung des Mitübergangs einer solchen Kennzeichnung bzw. des berechtigten Interesses an der Weiterverwendung der Kennzeichnung als einem (gegenüber einer geschützten Marke) "Weniger" im Lichte des § 27 Abs. 2 MarkenG mit berücksichtigen müssen. Wenn die beiden Unternehmen C… I… GmbH und T…-M… GmbH bis zu ihrer  Insolvenz gemeinsam die Kennzeichnung "Thermoroll" benutzt haben und hierbei ein gewisser Ruf bzw. entsprechende Vorstellungen des Verkehrs über die Qualität der Waren aufgebaut wurde, so muss es dem Betriebsnachfolger der C… I… GmbH unbenommen bleiben, ähnlich wie bei einem Anwartschaftsrecht, an den Anteil anzuknüpfen, den dieses Unternehmen daran hatte. Auch die (von der Markeninhaberin bestrittene) Kündigung einer etwaigen Lizenz an der Marke 1 108 095 - Termorol vermag hieran nichts zu ändern. Es handelt sich um eine im Sinne des § 26 Abs. 3 MarkenG andere Marke als die Kennzeichnung "Thermoroll" (vgl. BGH GRUR 2009, 888 - Thermoroll), so dass die Bezeichnung "Thermoroll" nicht vom Gegenstand einer etwaigen Lizenz an der Marke "Termorol" erfasst sein (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 30, Rdn. 4, 33) und somit auch die behauptete Kündigung nicht maßgeblich sein konnte. Selbst wenn sich die etwaige Benutzungserlaubnis und spätere Kündigung ausdrücklich auf die Bezeichnung "Thermoroll" bezogen haben sollte, wäre sie unbeachtlich, da das Wort "Thermoroll" bis dahin eben nicht markenrechtlich geschützt, folglich frei benutzbar war. Haben also die C…I… GmbH und/oder die mit ihr zumindest wirtschaftlich  verbundene T…-M… GmbH eine Markenpflege durch Anmeldung der Bezeichnung "Thermoroll" als selbständige Marke unterlassen, so muss der C… T. nach Abschluss des Kauf- und Übereignungsvertrages, spätestens bei Aufnahme ihrer Betriebstätigkeit ein eigenes schutzwürdiges Interesse zugebilligt werden, die Eintragung zur gesicherten eigenen Verwendung der Bezeichnung "Thermoroll" nachzuholen. Dass die C… T. die Kennzeichnung auch tatsächlich verwendete, wird schon durch das Abmahnschreiben der Antragstellerin zu 1. vom 07. Juli 2005 belegt und ist damit unstreitig (vgl. Ziff. 2. des Abmahnungsschreibens). Spätestens mit dem Erhalt dieser Abmahnung musste sich die C… T. dann aber veranlasst  sehen, selbst oder durch einen Dritten für die Eintragung der Marke "Thermoroll" zu ihren Gunsten zu sorgen. Denn zum einen ist in der Abmahnung (ausschließlich) die Verwendung des nicht als Marke eingetragenen Zeichens "Thermoroll" mit einem nachgestellten ®-Symbol als irreführende und damit wettbewerbswidrige Werbung beanstandet worden, so dass die Einlassung der Markeninhaberin, man habe mit der Anmeldung den Mangel der fehlenden Registereintragung abstellen wollen, keineswegs einfach von der Hand gewiesen werden kann. Zum anderen hat die Antragstellerin im Abmahnschreiben auf ihre eigene Tätigkeit, nämlich den Vertrieb von Energiesparrollos hingewiesen (Ziff. 1) und die C… T. zur Unterlassung der Benutzung des Zeichens "Thermoroll®" aufgefordert (Ziff. 4). Damit musste dieser deutlich werden, dass nunmehr ein Konkurrent versucht, ihr die weitere Benutzung der Kennzeichnung zu untersagen. Unter diesen Umständen kann es nicht als missbräuchlich oder sittenwidrig angesehen werden, wenn die C… T. sodann die Anmeldung der von ihr benutzten Kennzeichnung als Marke veranlasst hat. Auch die Einschaltung eines mit ihr wirtschaftlich und/oder personell verbundenen oder zumindest partnerschaftlich zusammen arbeitenden dritten Unternehmens (L… GmbH) als Anmelderin, das ihr  zugleich eine Lizenz erteilt hatte, sowie das Verschweigen der Eintragungsabsicht lassen unter diesen Umständen nicht auf eine bösgläubige Anmeldung, sondern nur auf den Versuch schließen, die Eintragung der Marke zu erhalten, bevor dies seinerseits dem Konkurrenten gelingt. Nichts anderes geht nach Auffassung des Senats letztlich aus dem vom LG Mannheim im Aussetzungsbeschluss vom 26. Mai 2006 (7 O 326/05) auf Seite 10 zitierten Vortrag der C… T. hervor, in dem es heißt: "Zur klaren Abgrenzung des von der Beklagten bedienten Marktes hat die Beklagte am 19. Juli 2005 eine Anmeldung für die Wortmarke "Thermoroll" eingereicht. …". Der Versuch, das mit der Marke verbundene Ausschließlichkeitsrecht zu erwerben, bevor dies ein Konkurrent tut, kann im vom Zeitrangprinzip beherrschten Registermarkenrecht nicht als böswillig, sondern nur als üblich angesehen werden. Dies gilt umso mehr, wenn ein Konkurrent bereits ein Unterlassungsverlangen geäußert hat. Auch die spätere weitere Anmeldung des Wortes "CONATIS", das (auch) den Firmenkern der C… T. darstellt, und die Angriffe  auf prioritätsjüngere Marken der Antragstellerinnen entsprechen der üblichen Vorgehensweise unter Konkurrenten, insbesondere wenn sie inzwischen Rechtstreitigkeiten gegeneinander führen. Auch aus der Entscheidung BPatG GRUR 2000, 809 - SSZ vermögen die Antragstellerinnen nichts für sich herzuleiten. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall ging es um die Anmeldung einer Buchstabenfolge im Zuge der Beendigung der Vertragsbeziehungen, die der frühere Vertragspartner und jetzige Wettbewerber des Anmelders für sein eigenes Unternehmen geschaffen sowie markenmäßig verwendet hat und weiterhin verwenden wollte. Diese Fallgestaltung liegt hier nicht vor, vielmehr geht es vorliegend um die Unternehmensnachfolge des Betriebs des früheren Benutzers der Kennzeichnung. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls vermag der Senat nach alledem keine zureichenden Anhaltspunkte für eine böswillige Anmeldung zu erkennen. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag daher zu Recht zurückgewiesen, so dass auch die Beschwerde erfolglos bleiben musste. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, einem der Verfahrensbeteiligten aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen. Im Verfahren vor dem Patentgericht ist von dem Grundsatz auszugehen, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände, zu denen der bloße Verfahrensausgang nicht gehört. Solche von der Norm abweichenden Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtlosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rdn. 11 m. w. N.). Ein solches Verhalten liegt hier auf Seiten der Antragstellerinnen nicht vor. Dies zeigen schon die komplexe Unternehmensgeschichte und das Beziehungsgeflecht zwischen den verschiedenen Personen und Unternehmen, weiter die erst nach Erhebung der Beschwerde durch den Bundesgerichtshof erfolgte Klärung der Frage, ob die Zeichen "Termorol" und "Thermoroll" i. S. d. § 26 Abs. 3 MarkenG identisch sind und nicht zuletzt die vorläufige (positive) Beurteilung der Erfolgsaussichten des Löschungsbeschlusses im Aussetzungsbeschluss des LG Mannheim vom 21. April 2006 (7 O 326/05). Der Löschungsantrag und die Beschwerde sind daher keineswegs in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtlosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation eingereicht und aufrecht erhalten worden. Es verbleibt daher bei der Regel des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, wonach jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006785&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006786
BPatG
München
30. Senat
20100511
30 W (pat) 48/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG, § 43 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Sanocare/SANOCARN" – Einrede der Nichtbenutzung – zur Benutzungsform - zur Kennzeichnungskraft - Warenähnlichkeit – teilweise Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 22 785 hat der 30. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 11. Mai 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzender sowie die Richterin Hartlieb und den Richter Paetzold beschlossen: Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2009 aufgehoben, soweit die angegriffene Marke auch für die Ware "Futtermittel" gelöscht worden ist. Insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 300 75 620 zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückgewiesen.
I. Gegen die für die Waren der Klassen 5, 29, 30 und 31 "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Versandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleise, insbesondere diätetische Lebensmittel für nichtmedizinische Zwecke; land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; frisches Obst und Gemüse; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel, Malz" am 7. August 2006 eingetragenen und am 8. September 2006 veröffentlichten Wortmarke 306 22 785 "Sanocare" ist Widerspruch erhoben worden aus der am 12. Oktober 2000 eingetragenen Wortmarke 300 75 620 "SANOCARN" geschützt für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 32 und 42 "veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, nämlich L-Carnitin-Präparate; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholhaltige Getränke; Gesundheits- und Schönheitspflege". Die Markenstelle hat auf die von der Markeninhaberin erhobene Nichtbenutzungseinrede die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für "diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke mit L-Carnitin" anerkannt und auf dieser Grundlage die Ähnlichkeit mit den angegriffenen Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Milchprodukte; Futtermittel" angenommen. In diesem Umfang hat sie wegen relevanter Verwechslungsgefahr die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und den Widerspruch im übrigen zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt mit der Begründung, es fehle bereits an einer ausreichenden Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke; hierzu reichten die Angaben in der vom Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen Versicherung nicht aus, vielmehr seien auch Umsatzzahlen und Werbeaufwendungen aufzuführen. Nicht einmal im Internet sei die Verwendung der Widerspruchsmarke zu ermitteln. Zudem entspreche die Benutzung der Marke auf dem vom Widersprechenden eingereichten Flyer nicht der eingetragenen Form einer Einwortmarke. Im übrigen habe der Widersprechende die Benutzung für ein L-Carnitin-Produkt im humanoiden Bereich dargetan, was nicht auf veterinärmedizinische Produkte ausgedehnt werden könne. Mit Rücksicht darauf könne die Beurteilung der Warenähnlichkeit durch die Markenstelle keinen Bestand haben. Aber auch der Vergleich der Marken rechtfertige nicht die Annahme einer Verwechslungsgefahr, zumal die Bestandteile "care" und "carn" einen unterschiedlichen Sinngehalt aufwiesen und es sich um Fachkreise handele, über welche der Widersprechende nach seinem eigenen Vortrag seine Waren anbiete. Die Markeninhaberin stellt (sinngemäß) den Antrag, den Beschluss des DPMA vom 21. Januar 2009 aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 300 75 620 insgesamt zurückzuweisen. Der Widersprechende beantragt, die Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Januar 2009 zurückzuweisen. Er hält seine eingereichten Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für ein L-Carnitin-Produkt für ausreichend. Zu Recht habe die Markenstelle angesichts der bis auf den Endbuchstaben identischen Vergleichsmarken eine Verwechslungsgefahr angenommen und die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nur hinsichtlich der im Tenor genannten Waren begründet. 1. Zunächst greifen die von der Markeninhaberin in der Beschwerde aufgeführten Einwände gegen die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke nicht durch. Auf die zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede hat der Widersprechende Benutzungsunterlagen eingereicht, aus denen sich ergibt, dass die Marke für ein spezielles L-Carnitin-Produkt benutzt worden ist. Der Widersprechende räumt selbst ein, dass sich die Benutzung auf ein solches Produkt beschränkt. In der eidesstattlichen Versicherung vom 30. Juni 2007 beziehen sich die angegebenen Stückzahlen "auf ein Carnitin-Präparat". Dies bestätigt der Widersprechende in seiner Beschwerdeentgegnung vom 11. August 2008. Die angegebenen Stückzahlen reichen auch für eine Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung aus. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin sind zwar weitere Unterlagen wie Umsatzzahlen Rechnungen, Angaben über Werbeaufwendungen als Glaubhaftmachungsmittel zulässig und nützlich, aber nicht zwingend. Vielmehr genügt insoweit eine eidesstattliche Versicherung mit Vermarktungszahlen, aus denen sich ableiten lässt, dass es sich um keine bloße Scheinbenutzung handelt. Hierfür ist auch die Angabe von Stückzahlen ausreichend, welche die Grundlage des erzielten Umsatzes bilden. Ohnehin sind die Anforderungen an die mengenmäßige Benutzung nicht zu hoch anzusetzen und mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verwenders zu würdigen, ob sich die Verwendungshandlungen als wirtschaftlich sinnvoll darstellen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 26 Rdn. 53 m. w. N.). Nachdem es sich bei dem Inhaber der Widerspruchsmarke um eine Einzelperson handelt, kann der Benutzungsumfang nicht mit Umsatzzahlen, von deutschlandweit tätigen Unternehmen verglichen werden, auch wenn der Vertrieb durch eine Einzelperson über das Internet abgewickelt wird. Ohnehin spricht ein über Jahre hinweg kontinuierlicher Einsatz der Marke grundsätzlich für eine ernsthafte Benutzung (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. Rdn. 51 m. w. N.), was der Widersprechende in seiner eidesstattlichen Versicherung mit der Angabe von jährlich nahezu gleichbleibenden Stückzahlen zwischen … und … Einheiten belegt hat. Hingegen kann der Tatsache, ob ein Produkt im Internet recherchierbar ist, keine entscheidende Bedeutung zukommen. Die Vermarktungsform einer Ware muss dem Vertreiber überlassen bleiben; wie er seine Umsätze erzielt, ist für die Beurteilung der ernsthaften Benutzung ohne Belang. Im Gegenteil kann der reine Vertrieb einer Ware über das Internet Probleme hinsichtlich des Verwendungsgebietes aufwerfen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 141 m. w. N.). Aus der mit der eidesstattlichen Versicherung eingereichten Prospektseite ergibt sich die Benutzungsform, die entgegen der Auffassung der Markeninhaberin in nicht den kennzeichnenden Charakter verändernden Weise von der eingetragenen Form der Widerspruchsmarke abweicht. Da es sich um eine Wortmarke handelt, bestehen hier von vornherein größere Veränderungsmöglichkeiten als bei grafisch gestalteten Marken (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 114), wobei der Wechsel von Groß- und Kleinschrift in der Regel unbedeutend ist, wenn - wie hier - die schutzbegründende Eigenart nicht in der speziellen Schreibweise festzumachen ist (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 112). Selbst wenn man in der Wiedergabe der Marke auf der eingereichten Prospektseite eine Worttrennung erblicken wollte, wie die Markeninhaberin vorträgt, so würde auch ein solche Verwendung einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegenstehen (vgl. BGH GRUR 2000, 1038 - kornkammer (untereinander geschrieben anstatt Kornkammer; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., Rdn. 117). Ob diese Benutzung darüber hinaus auch eine Benutzung für "veterinärmedizinische Erzeugnisse" umfasst, bedarf keiner Entscheidung; insoweit ergibt sich aus den unter 2. genannten Gründen die Löschung. 2. Damit ist hinsichtlich der Beurteilung der Warenähnlichkeit von den speziellen L-Carnitin-Präparaten für den humanoiden Bereich, zu denen auch die "diätetischen Erzeugnisse für medizinische Zwecke" gehören, auszugehen. Diese liegen zu den angegriffenen Waren zum Teil im Ähnlichkeitsbereich, und zwar nicht nur hinsichtlich der "pharmazeutischen Erzeugnisse" und der "diätetischen Erzeugnissen für medizinische Zwecke", was die Markeninhaberin in der Beschwerde auch nicht mehr angezweifelt hat, sondern auch hinsichtlich der "veterinärmedizinischen Erzeugnisse" (vgl. Richter Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl. 2008, S. 240, mi. Sp.), aber auch zu den "Milchprodukten" (vgl. S. 208, li. Sp. unten, BPatG Az. 25 W (pat) 177/98). Nicht mehr ähnlich sind die benutzten Waren der Widerspruchsmarke allerdings mit den "Futtermitteln" der angegriffenen Marke. Auch wenn diese ebenfalls mit L-Carnitin angereichert sein können, so unterscheiden sie sich doch gravierend im Verwendungszweck und auch in ihrer Zusammensetzung, so dass schon mangels Warenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke vorliegen kann und die Beschwerde insoweit Erfolg haben musste. 3. Im übrigen ist mit Blick auf die Verwechslungsgefahr die Warenlage zu differenzieren; denn die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marken zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2008, 906 - Pantohexal). Damit ist für die Waren im engeren Ähnlichkeitsbereich ein deutlicher Abstand der angegriffenen Marke von der Widerspruchsmarke zu fordern, während für Waren im entfernten Ähnlichkeitsbereich schon geringe Markenunterschiede ausreichen. Bei seiner Entscheidung kann der Senat eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit zugrunde legen. Zwar weist die Widerspruchsmarke mit dem Element "Sano" Anklänge an die Wirkungsweise oder Bestimmung auf, nämlich zu Heilzwecken, eine Kennzeichnungsschwäche der Gesamtmarke ist damit indessen noch nicht begründet, da insbesondere der zweite Bestandteil "carn" keinen Bezug zu den Widerspruchswaren aufweist; wie auch die Markeinhaberin einräumt. Der unter diesen Umständen gebotene erforderliche Markenabstand wird von der angegriffenen Marke hinsichtlich der Waren auch im mittleren Ähnlichkeitsbereich jedenfalls in schriftbildlicher Hinsicht nicht mehr eingehalten. Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Demzufolge kann auch ein Bestandteil, der einer beschreibenden Angabe entnommen ist, zum Gesamteindruck beitragen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Hierbei ergibt sich die schriftbildliche Übereinstimmung in sieben von acht Buchstaben, wobei die Abweichung am weniger beachteten Wortende liegt. Diese nahezu vollständige Übereinstimmung kann insoweit auch eine größere Sorgfalt der betroffenen Verkehrskreise im Gesundheitsbereich nicht mehr hinreichend kompensieren. Insoweit ist der erforderliche Abstand der angegriffenen Marke von der Widerspruchsmarke nach Auffassung des Senats nicht mehr gewährleistet, so dass eine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bejaht werden muss. Im übrigen können auch die klanglichen Abweichungen der Vergleichsmarken am Wortende kaum für den erforderlichen Abstand sorgen, da selbst bei englischer Aussprache der angegriffenen Marke der wie "ä" ausgesprochene Endvokal sich nur unwesentlich vom deutsch gesprochenen "a" in der Widerspruchsmarke unterscheidet; auch bei deutscher Wiedergabe von "care" fällt der Endvokal kaum ins Gewicht, ebenso wie der Endkonsonant in der Widerspruchsmarke schnell verschluckt oder überhört werden kann. Die Beschwerde konnte nach alledem nur hinsichtlich der angegriffenen Waren "Futtermittel" Erfolg haben. Zu einer einseitigen Kostenauferlegung zu Lasten einer der Verfahrensbeteiligten bestand kein Anlass, so dass die Grundregel des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG bleibt.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006789
BPatG
München
25. Senat
20100826
25 W (pat) 20/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Ropirol/ROHYPNOL (IR-Marke)" – zur Kennzeichnungskraft – Einrede der Nichtbenutzung – Anwendung der erweiterten Minimallösung – Warenähnlichkeit - keine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 24 874 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die am 16. April 2007 angemeldete Wortmarke Ropirol ist am 10. August 2007 für die Waren „Pharmazeutische Erzeugnisse, nämlich Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Ropinirol zur Behandlung von Parkinson und RLS“ in das Markenregister unter der Nummer 307 24 874 eingetragen worden. Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren „Produits pharmaceutiques“ seit dem 12. Mai 1970 international registrierten IR-Marke 367 811 ROHYPNOL Widerspruch erhoben. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten, ausgenommen ein „verschreibungspflichtiges Benzodiazepin (Flunitrazepam) zur Behandlung klinisch bedeutsamer Schlafstörungen sowie zur Narkoseeinleitung“. Eine weitergehende Benutzung der Widerspruchsmarke wird seitens der Widersprechenden nicht geltend gemacht. Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 26. Juni 2009 und 10. Februar 2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, den Widerspruch aus der Marke IR 367 811 zurückgewiesen. Trotz des bei einer ausschließlichen Benutzung der Widerspruchsmarke für ein „verschreibungspflichtiges Benzodiazepin (Flunitrazepam) zur Behandlung klinisch bedeutsamer Schlafstörungen sowie zur Narkoseeinleitung“ bestehenden Indikationsabstandes zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren sei in Anbetracht des Umstands, dass es sich auf beiden Seiten um Arzneimittel handele, von einer zumindest durchschnittlichen Ähnlichkeit auszugehen. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke könne diese daher die Einhaltung eines deutlichen Abstandes fordern, wobei sich jedoch kollisionsmindernd auswirke, dass die vorliegend als relevante Verkehrskreise zu beachtenden Endverbraucher bei Waren, die die Gesundheit oder das körperliche Wohlbefinden beeinflussen könnten, eine gewisse Sorgfalt walten ließen sowie Patienten, die aufgrund bestimmter Erkrankungen wie Nervenschädigungen usw. nicht in der Lage seien, die Medikamenteneinnahme selbst zu steuern und zu kontrollieren, pflegerischer Hilfe bedürften. Den danach gebotenen Markenabstand halte die angegriffene Marke sowohl in klanglicher als auch schriftbildlicher Hinsicht noch ein. Die Markenwörter „Ropirol“ und „ROHYPNOL“ verfügten zwar in klanglicher Hinsicht über die gleiche Silbenzahl und einen übereinstimmenden Wortanfang „Ro“. Zudem sei auch der Sprech- und Betonungsrhythmus sowie die Vokalfolge ähnlich. Dennoch würden die Unterschiede in den abweichenden Wortbestandteilen „pi-rol“ bzw. „HYP-NOL“ nicht überhört werden, zumal die übereinstimmende Endung „-ol“ auf dem Arzneimittelsektor häufig verwendet werde. Zusätzlich trage der Sinnanklang des Bestandteils „HYPNO-„ der Widerspruchsmarke an Hypnose zur Unterscheidung bei. Auch schriftbildlich bestehe aufgrund der unterschiedlichen Umrisscharakteristik von „-ir-“ gegenüber „-HY-N-“ ein hinreichender Abstand. Zudem verfüge die Widerspruchsmarke bei handschriftlicher Wiedergabe und Wiedergabe in Normalschrift durch das „h“ und das „y“ über eine weitere Ober- und Unterlänge gegenüber der angegriffenen Marke. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die beantragt, unter Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2009 und 10. Februar 2010 die Löschung der angegriffenen Marke 307 24 874 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 367 811 anzuordnen. Zwischen den vorliegend zu berücksichtigenden Arzneimitteln bestehe enge Warenähnlichkeit aufgrund einer identischen Indikation. Denn sowohl Präparate mit dem Wirkstoff Ropinirol als auch Benzodiazepin bzw. Flunitrazepam enthaltende Hypnotika/Sedativa könnten zur Behandlung von RLS (Restless-Legs-Syndrom) eingesetzt werden. Beide Arzneimittel wirkten zudem auf das zentrale Nervensystem ein. Den sich daraus ergebenden hohen Anforderungen an den Markenabstand genüge die angegriffene Marke jedoch auch bei Beachtung einer gesteigerten Aufmerksamkeit der Verbraucher beim Erwerb von Arzneimittel nicht. Die sich gegenüberstehenden Marken stimmten in Silbenzahl sowie Sprech- und Betonungsrhythmus überein. Darüber hinaus sei der vom Verkehr regelmäßig stärker beachtete Wortanfang „RO-“ identisch. Beide Marken verfügten zudem über identische Wortendungen „-OL“. Der Mittelkonsonant „P“ sei ebenfalls identisch. In ihrer Vokalfolge „O-I-O“ bzw. „O-Y-O“ seien die Markenworte einander stark angenähert. Das „Y“ in der Widerspruchsmarke könne zudem wie „l“ ausgesprochen werden, so dass auch insoweit eine klangliche Übereinstimmung bestehe. Da der Verkehr Marken erfahrungsgemäß ohne analysierende Betrachtungsweise wahrnehme, werde er auch nicht die der Silbengliederung und dem Sprechrhythmus nicht entsprechende Lautfolge „-HYPNO“ herausgreifen, um darin einen Anklang an „Hypnose“ zu erkennen. Die geringfügigen Unterschiede in der Wortmitte träten im Gesamteindruck gegenüber den aufgezeigten Übereinstimmungen insbesondere am Wortanfang und -ende zurück. Beim schriftbildlichen Vergleich beider Markenwörter müssten entgegen der Auffassung der Markenstelle alle üblichen Schreibweisen zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr herangezogen werden. Dabei reiche aus, wenn nur durch eine der üblichen Schreibweisen eine schriftbildliche Ähnlichkeit gegeben sei, wie es vorliegend bei einer Wiedergabe der Marken in Großbuchstaben der Fall sei. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Da bei RLS die Gabe von Schlafmitteln als kontraindiziert bzw. sinnlos gelte, sei sehr zweifelhaft, ob ein Medikament mit dem Wirkstoff Flunitrazepam wie „ROHYPNOL“, bei dem es sich letztlich auch um ein Schlafmittel handele, zur Behandlung von RLS eingesetzt werden könne, so dass nach wie vor von Indikationsferne und einem sich daraus ergebenden deutlichen Warenabstand ausgegangen werden müsse. Die Übereinstimmungen in den beiden ersten und den beiden letzten Buchstaben der Zeichen seien bereits deshalb nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr zu begründen, da es sich sowohl bei dem Wortanfang „Ro“ als auch der Endung „-ol“ um im Arzneimittelsektor verbrauchte Wortbestandteile handele. Zudem wiesen „-HYPNOL“ und „-pirol“ deutliche Unterschiede auf. Dabei dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass die Bedeutung von „-HYPNOL“ auch der Endverbraucher auf den ersten Blick erkenne. Wer „ROHYPNOL“ lese oder höre, werde sofort an ein Hypnotikum und damit an ein Schlafmittel denken. Bei „Ropirol“ würden dagegen zumindest die Fachkreise an den Wirkstoff Ropinirol denken. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass zwischen beiden Marken keine Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht, so dass der nach § 42 Abs. 2 N. 1 MarkenG erhobene Widerspruch von der Markenstelle gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden ist. Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus. Ungeachtet möglicher und noch zu erörternder beschreibender Anklänge einzelner Markenbestandteile vermittelt sie jedenfalls in ihrer Gesamtheit den Eindruck einer Fantasiebezeichnung. Nachdem die Inhaberin der angegriffenen Marke die Benutzung der Widerspruchsmarke für alle Waren mit Ausnahme eines „verschreibungspflichtigen Benzodiazepin (Flunitrazepam) zur Behandlung klinisch bedeutsamer Schlafstörungen sowie zur Narkoseeinleitung“ bestritten hat und die Widersprechende eine weitergehende Benutzung ihrer Marke auch nicht geltend gemacht hat, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von diesen Waren auszugehen. Zugunsten der Widersprechenden ist im Rahmen der Integrationsfrage aufgrund der nach ständiger Rechtsprechung anzuwendenden erweiterten Minimallösung von Hypnotika/Sedativa der Hauptgruppe 49 der Roten Liste allgemein und mangels entgegenstehender Festschreibung im Warenverzeichnis ohne Beschränkung auf eine Rezeptpflicht, bestimmte Darreichungsformen oder enthaltene Wirkstoffe auszugehen (vgl. BPatG, MarkenR 2004, 361, 362 CYNARETTEN/Circanetten). Den danach zu berücksichtigenden Hypnotika/Sedativa der Hauptgruppe 49 der Roten Liste stehen auf Seiten der angegriffenen Marke die ebenfalls zum Kernbereich der Arzneimittel gehörenden und daher ohne weiteres ähnlichen „Pharmazeutische Erzeugnissen, nämlich Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Ropinirol zur Behandlung von Parkinson und RLS“ gegenüber, wobei es sich um „Parkinsonmittel und andere Mittel gegen extrapyramidale Störungen“ der Hauptgruppe 70 der Roten Liste handelt. Diese weisen zwar insoweit Berührungspunkte zu den Hypnotika/Sedativa der Hauptgruppe 49 der Roten Liste auf, als sie ebenso wie diese auf das zentrale Nervensystem einwirken; jedoch unterscheiden sie sich in ihrer Indikation deutlich voneinander. Dem Senat bieten sich auch keine Hinweise, dass Benzodiazepin bzw. Flunitrazepam enthaltende Arzneimittel gezielt zur Behandlung von RLS (Restless-Legs-Syndrom) eingesetzt werden. Auch nach dem seitens der Widersprechenden zum Beleg ihrer Auffassung als Anlage 5 zum Schriftsatz vom 3. August 2009 (Bl. 1512 VA) eingereichten (englischsprachigen) Wikipedia-Auszug kann allenfalls davon ausgegangen werden, dass Benzodiazepin enthaltende Präparate zur Behandlung bei Schlafstörungen, die in Zusammenhang mit RLS bzw. Parkinson-Erkrankungen auftreten, Anwendung finden können („Benzodiazepines, which often assist in staying asleep and reducing awakenings from the movements“). Solche Berührungspunkte und Überschneidungen können aber nur dann zu einer indikationsbedingt engen Warenähnlichkeit führen, wenn zwischen diesen Präparaten ein echter funktionaler Zusammenhang im Sinne einer aus medizinischer Sicht notwendigen oder sinnvollen und üblichen gemeinsamen Verabreichung besteht. Ein solcher Zusammenhang besteht jedoch vorliegend nicht. Auch wenn bei RLS bzw. Parkinson Schlafstörungen häufig auftreten und eine gleichzeitige Verabreichung von Präparaten der angegriffenen Marke und den Mitteln der Widerspruchsmarke dann angezeigt sein mag, so fehlt es jedoch an einem typischen Zusammenhang zwischen den Vergleichswaren in dem Sinne, dass Arzneimittel bei der Behandlung einer Krankheit funktional zusammenwirken. Ähnlich wie dies bei Schmerzen der Fall ist, können auch Schlafstörungen bei verschiedensten Krankheiten auftreten. Zwischen den spezifischen Arzneimitteln zur Behandlung solcher Krankheiten einerseits und Mitteln gegen Schlafstörungen kann deshalb keine funktionsbedingte enge Ähnlichkeit bejaht werden. Andererseits kann entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke auch bei Indikationsverschiedenheit im Hinblick auf die generell gegebenen Überschneidungen bei den Herstellerbetrieben, den Vertriebswegen, den Verkaufsstätten und den gemeinsamen Zweck, nämlich der Behandlung von Krankheiten und gesundheitlichen Beschwerden im weitesten Sinne zu dienen, kein ausgeprägter Warenabstand oder gar eine Warenferne angenommen werden. Den Widerspruchswaren stehen auf Seiten der angegriffenen Marke Waren gegenüber, die gleichfalls zum Kernbereich der Arzneimittel gehören und deshalb unabhängig von ihrer Indikation und Anwendung ohne weiteres ähnlich sind (vgl. BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 87/00 - MIRENAL/MYLERAN). Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist daher zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr ein deutlicher Markenabstand erforderlich. Diesen hält die angegriffenen Marke nach Auffassung des Senats noch ein, selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden trotz des Umstands, dass es sich bei den in Hauptgruppe 70 der Roten Liste aufgeführten Arzneimittel um rezeptpflichtige und ansonsten apothekenpflichtige Präparate handelt und die Widerspruchsmarke tatsächlich auch für ein rezeptpflichtiges Präparat benutzt wird, nicht vordergründig den Fachverkehr (vgl. dazu BPatG PAVIS PROMA 25 W (pat) 148/03 v. 11. November 2004 - Binox/Timox), sondern nach wie vor wegen der im Warenverzeichnis nicht festgeschriebenen Rezeptpflicht die allgemeinen Verkehrskreise berücksichtigt, welche jedoch auch allem, was mit der Gesundheit zu tun hat, aufmerksamer begegnen als bei vielen anderen Produkten des täglichen Lebens (vgl. BGH GRUR 1995, 50 - INDOREKTAL/INDOHEXAL). Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichszeichen, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 170). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegen-überstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 - HEITEC). Davon ausgehend halten beide Marken aber trotz der Übereinstimmungen am Zeichenanfang und -ende sowie in der Silbenzahl einen hinreichenden Abstand ein, da die Unterschiede in den beiden Mittelsilben „pi“ bzw. „hyp“ trotz ihrer Stellung im Wortinnern der beiden Markenwörter ausreichend deutlich hervortreten. In klanglicher Hinsicht ist dafür neben den unterschiedlichen Anlauten „p“ bzw. „h“ vor allem entscheidend, dass der Konsonant „y“ regelmäßig nicht als „i“ und damit klanglich wie der Mittelvokal der angegriffenen Marke, sondern wie „ü“ artikuliert wird (vgl. dazu DUDEN, Das Aussprachewörterbuch, 4. Aufl., S. 105). Eine Aussprache als „i“ ist hingegen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zu erwarten wie z. B. bei Namen oder am Wortende (vgl. dazu DUDEN, a. a. O., S. 105 Nr. 3 u. S. 106 Nr. 4./5.). Das aus dem Griechischen stammende Wortbildungselement „hyp“ wird daher wie „hüp“ ausgesprochen und setzt sich damit deutlich und unüberhörbar von der Mittelsilbe „pi“ der angegriffenen Marke ab. Zudem bewirkt der Sprenglaut „p“ als Auslaut der zweiten Silbe der wie „Ro-hüp-nol“ artikulierten Widerspruchsmarke eine deutliche klangliche Zäsur zwischen der zweiten und dritten Sprechsilbe und führt zu einer weiteren markanten Abweichung in der Betonung und im Sprechrhythmus gegenüber der angegriffenen Marke, bei der die drei Sprechsilben „Ro-pi-rol“ zu einer einheitlichen Lautfolge verschmelzen und sich insbesondere auch der Konsonant „p“ als Anlaut der zweiten Silbe zwischen den Vokalen „o“ und „i“ in das flüssig auszusprechende Klangbild der angegriffenen Marke einfügt. Neben dieser unüberhörbaren Abweichung im Gesamtklangbild beider Marken trägt weiterhin zur Unterscheidung bei, dass der Verkehr insbesondere im maßgeblichen Warenzusammenhang mit Arzneimitteln gegen Schlafstörungen auch ohne analysierende Betrachtungsweise in der klangstark hervortretenden Mittelsilbe „hyp“ in Verbindung mit der Endsilbe „nol“ ohne weiteres einen Bedeutungsanklang auf das Wortbildungselement „hypno“ bzw. „Hypno“ mit der Bedeutung „Schlaf“ (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 862) erkennen wird, während die angegriffene Marke jedenfalls für den Fachverkehr erkennbar an die Wirkstoffbezeichnung Ropinirol, welche sie lediglich um die dritte Silbe „ni“ verkürzt, angelehnt ist. Berücksichtigt man ferner, dass die Markenwörtern mit der gemeinsamen Endung „ol“ einen in Arzneimittel-Kennzeichnungen sehr häufig vorkommenden und damit wenig einprägsamen Bestandteil aufweisen und sich zudem noch in den wenngleich auch unbetonten Anlauten „r“ und „n“ der jeweiligen Endsilben unterscheiden, reichen die aufgezeigten Unterschiede in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der generell erhöhten Aufmerksamkeit des Verkehrs gegenüber Arzneimitteln aus, um auch unter ungünstigeren Übermittlungsbedingungen bzw. aus der ungenauen Erinnerung heraus eine klangliche Verwechslungsgefahr in einem markenrechtlich relevanten Umfang auszuschließen. Bei einem schriftbildlichen Markenvergleich sind die Annäherungen ebenfalls nicht so ausgeprägt, dass eine Verwechslungsgefahr zu bejahen wäre. Aufgrund der deutlichen und unübersehbaren Abweichungen in der Umrisscharakteristik der beiden Mittelsilben, welche bei der Widerspruchsmarke maßgeblich durch die markante Typographie des Konsonanten „Y/y“ in der Wortmitte bestimmt wird, weisen beide Marken in allen üblichen Wiedergabeformen einen ausreichenden Abstand auf. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die handschriftliche Markenwiedergabe mit einer im Vergleich zur Maschinenschrift unter Umständen etwas undeutlicheren Markendarstellung bei pharmazeutischen Kennzeichnungen eine immer geringere Rolle spielt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 208). Ferner verfügt die Widerspruchsmarke bei einer regelmäßig zu erwartenden Wiedergabe in Kleinbuchstaben mit großem Anfangsbuchstaben aufgrund der zusätzlichen Unterlänge des Buchstabens „y“ sowie der Oberlänge des Konsonanten „h“ über weitere Unterscheidungshilfen gegenüber der angegriffenen Marke. Zu beachten ist weiterhin, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende Wort (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 206 m. w. N.), so dass schon aus diesem Grund auch vergleichsweise größere Annäherungen der Vergleichsbezeichnungen hinzunehmen sind, ohne dass dies zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr führen muss. Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006789&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006790
BPatG
München
29. Senat
20100714
29 W (pat) 22/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PVS-Benchmark" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 14 236.1 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 14. Juli 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. April 2008 und 15. August 2008 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35: Zusammenstellung, Systematisierung und Pflege von Informationen und Daten von Arztpraxen in Datenbanken; Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs zu Datenbanken durch Arztpraxen über das Internet und andere elektronische Medien; zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Das Wortzeichen PVS-Benchmark ist am 2. März 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren der Klasse 9 und Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 angemeldet worden: Nach einer Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses im Beschwerdeverfahren auf den Bereich der Arztpraxen soll sie nunmehr nur noch für die Waren und Dienstleistun-gen der Klasse 9: Software zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Arztpraxen; Klasse 35: Betriebswirtschaftliche Beratung und Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten für Arztpraxen; Zusammenstellung, Systematisierung und Pflege von Informationen und Daten von Arztpraxen in Datenbanken; Klasse 38: Bereitstellung und Übermittlung von Informationen und Daten über Arztpraxen über das Internet und andere elektronische Medien; Bereitstellung des Zugriffs zu Datenbanken durch Arztpraxen über das In-ternet und andere elektronische Medien; in das Markenregister eingetragen werden. Mit Beschluss vom 7. April 2008 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich die sprachüblich gebildete Bezeichnung aus der Abkürzung "PVS" für "Privatärztliche Verrechnungsstelle" und dem inzwischen auch im Deutschen üblichen englischen Grundwort "Benchmark", der "Maßstab für den Vergleich von Leistungen" bedeute, zusammensetze, so dass die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich um potentielle Nutzer privatärztlicher Verrechnungsstellen handele, das angemeldete Zeichen als Sachinformation dahingehend verstünden, dass Gegenstand und Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Erstellung und Bereitstellung eines PVS-Benchmarks sei. Der Umstand, dass andere "PVS"-Marken eingetragen worden seien, sei nicht geeignet, dem Anmeldezeichen zur Eintragung zu verhelfen. Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung des Anmelders hat die Markenstelle mit Beschluss vom 15. August 2008 wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Das Gesamtzeichen mit seiner Bedeutung "PVS – Maßstab für den Vergleich von Leistungen" bezeichne Art und Inhalt des Angebots des Anbieters, nämlich, dass der Träger Abrechnungen/Verrechnungen auf dem Gebiet der privatärztlichen Leistungen und diesbezügliche Vergleiche/Optimierungen erbringe. Zudem sei die angemeldete Bezeichnung geeignet, als Inhaltsangabe der beanspruchten Software, aber auch einer betriebswirtschaftlichen Beratung oder einer Systematisierung von Informationen und Daten in Datenbanken zu dienen. Daher müsse die Bezeichnung für Mitkonkurrenten, die ebenfalls Abrechnungsdienstleistungen erbrächten, freigehalten werden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 7. April 2008 und 15. August 2008 aufzuheben. Zur Begründung trägt er vor, dass das Zeichenelement "PVS" kein Gattungsbegriff, sondern das Kennzeichen des im Jahre 1949 gegründeten Verbands der Privatärztlichen Verrechnungsstellen e. V. (nachfolgend: PVS Verband) und seiner Regionalverbände sei (Anlage A 1, Bl. 28 – 31 GA), zu denen auch er zähle. Die angemeldete Wortmarke spreche den Durchschnittsverbraucher in Deutschland an, welcher "PVS" weder als Abkürzung für "Privatärztliche Verrechnungsstelle" erkenne noch dem Markenbestandteil "Benchmark" eine ihm bekannte Bedeutung gebe. Der geringe Teil der Verkehrskreise, der den Bestandteil "PVS" als Abkürzung des Kennzeichens des PVS Verbandes und seiner Regionalverbände erkenne, wisse, dass es keine Software und Dienstleistungen zum Vergleich der Leistungen des PVS Verbandes und seiner Regionalverbände gebe und auch nicht geben werde, weil der PVS Verband und seine Regionalverbände nach außen geschlossen mit einem einheitlichen Leistungsprofil aufträten. Der andere Teil nehme nicht an, dass die unter dem angemeldeten Zeichen angebotene Software und die Dienstleistungen einem Vergleich von Leistungen des PVS Verbandes und seiner Regionalverbände dienten. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher davon ausgehen, dass es sich um Software und Dienstleistungen handele, die einen Vergleich der Leistungen Dritter, nämlich der Leistungsfähigkeit von Arztpraxen, ermöglichen solle. "PVS" sei zudem ein unterscheidungskräftiges Markenelement, das sich in zahlreichen eingetragenen Kennzeichen (vgl. Registerauszüge als Anlage zum Schriftsatz vom 17. August 2007, Bl. 50 – 65 VA) und als Kennzeichen zahlreicher Unternehmen (Google-Treffer, Anlage 2, Bl. 32 – 44 GA) finde. Die Kombination von "PVS" und "Benchmark" sei ungebräuchlich und phantasievoll und werde im Verkehr nicht zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen benutzt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet. 1. Der Eintragung des vorliegenden Wortzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 im tenorierten Umfang kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, entgegen. a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 -SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner). b) Das angemeldete Wortzeichen weist für die in den Klassen 35 und 38 beanspruchten Dienstleistungen im tenorierten Umfang weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann. aa) Die angemeldete Marke setzt sich aus den drei Buchstaben "PVS" und dem mit einem Bindestrich angebundenen englischen Wort "Benchmark" zusammen. aaa) Der Markenbestandteil "PVS" ist die Abkürzung für "Privatärztliche Verrechnungsstelle" (Duden, Wörterbuch der Abkürzungen, 5. Auflage, S. 324; www.abkuerzungen.de ; http://de.wikipedia.org/wiki/PVS ). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers handelt es sich hierbei nicht ausschließlich um das Kennzeichen des PVS Verbandes und seiner Regionalverbände. Eine Reihe weiterer Unternehmen nutzen den Begriff "Privatärztliche Verrechnungsstelle" oder deren Abkürzung, wie der Anmelder selbst belegt hat (Google-Treffer, Anlage 2, Bl. 32 – 44 GA), als Bezeichnung ihrer Tätigkeiten oder als Unternehmensbezeichnung, ohne dass diese dem PVS Verband oder seiner Regionalverbände angehören ( http://www.pvsgmbh.de , www.data-med-pvs.de, http://www.ipl-abrechnung.de/spezialist-fuer-privatabrechnungen ). Auch eine Suche im Branchenbuch nach "Privatärztlicher Verrechnungsstelle" ergibt eine Vielzahl nicht dem PVS Verband angehörender Unternehmen (http://www.11880.com). bbb) Unter dem aus dem Englischen stammenden Substantiv "Benchmark" mit den Bedeutungen "Höhenmarke, Abrisspunkt, Festpunkt, Maßstab, Bezugspunkt, Bewertungsprogramm, Testprogramm" (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 70; Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]) versteht man im Deutschen "Maßstab für den Vergleich von Leistungen" (Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]; Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). "Benchmark” oder "Benchmarking” bezeichnet eine vergleichende Analyse mit einem festgelegten Referenzwert, welche in der Betriebswirtschaft ein systematischer und kontinuierlicher Prozess des Vergleichens von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen sowohl im eigenen Unternehmen als auch mit denen in fremden Unternehmen in qualitativer und/oder quantitativer Hinsicht ist ( http://de.wikipedia.org/wiki /Benchmark). Das Zeichen "PVS-Benchmark" bedeutet daher insgesamt "Privatärztliche Verrechnungsstelle – Maßstab für den Vergleich von Leistungen". bb) Zu den in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen "Zusammenstellung, Systematisierung und Pflege von Informationen und Daten von Arztpraxen in Datenbanken" und den in Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen "Bereitstellung des Zugriffs zu Datenbanken durch Arztpraxen über das Internet und andere elektronische Medien" hat das angemeldete Zeichen mit der vorgenannten Gesamtbedeutung keinerlei Bezug, weil es sich nur um technische Vorgänge handelt, die unabhängig vom Dateninhalt erbracht werden. Die angemeldete Bezeichnung kann in Bezug auf die vorgenannten, beanspruchten Dienstleistungen also keine verständliche Sachaussage vermitteln, so dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. cc) Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der vorgenannten Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. 2. Für die beanspruchte Ware und die übrigen angemeldeten Dienstleistungen fehlt der angemeldeten Bezeichnung "PVS-Benchmark" allerdings die erforderliche geringe Unterscheidungskraft, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die vorgenannte Ware und die vorbezeichneten Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt hat. a) Die in Klasse 9 angemeldete Ware "Software zur Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von Arztpraxen" kann sich inhaltlich mit vergleichender Analyse privatärztlicher Verrechnungsstellen befassen, weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Arztpraxen z. B. auch vom Preis-/Leistungsverhältnis der eingesetzten Verrechnungsstelle abhängen kann, so dass die angemeldete Bezeichnung von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen nur als bloße Sachaussage über den Gegenstand und die Bestimmung der Software verstanden wird. Letztere kann aber auch von einer privatärztlichen Verrechnungsstelle für eine vergleichende Analyse benötigt werden und für diesen Zweck bestimmt sein. b) Das Gleiche gilt für die in Klasse 38 angemeldeten Dienstleistungen "Bereitstellung und Übermittlung von Informationen und Daten über Arztpraxen über das Internet und andere elektronische Medien", weil auch diese Informationen und Daten das Thema der vergleichenden Analyse privatärztlicher Verrechnungsstellen zum Inhalt haben können. Es kann sich dabei um die von den Arztpraxen zum Zwecke des Vergleichs privatärztlicher Verrechnungsstellen gesammelten Daten und die Ergebnisse ihrer Vergleichsanalyse handeln, die bereitgestellt und übermittelt werden. c) Eine solche Analyse ist regelmäßig auch Bestandteil der in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen "Betriebswirtschaftliche Beratung und Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten für Arztpraxen", weil die Auswahl einer privaten Verrechnungsstelle mit einem günstigen Preis-/Leistungsverhältnis u. a. einen nicht unmaßgeblichen Punkt im Rahmen des zu erstellenden betriebswirtschaftlichen Gesamtkonzepts einer Arztpraxis darstellt. 3. Der Umstand, dass die Kombination von "PVS" und "Benchmark" ungebräuchlich und phantasievoll ist, ändert nichts an seiner Schutzunfähigkeit für die unter Ziffer 2. aufgeführte Ware und die dort erörterten Dienstleistungen. Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 -Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 – Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 –SAT.2; a. a. O. 230 Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. -CELLTECH). Die Bezeichnung "PVS-Benchmark" ist zwar eine lexikalisch nicht nachweisbare, sprachliche Neuschöpfung, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 26 W (pat) 90/09 – brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht besonders ungewöhnlich gebildeten Wortkombination. 4. Aus den von dem Beschwerdeführer genannten Voreintragungen kann kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 - print24). Ferner wird verlangt, dass der Beschwerdeführer seiner – die Amtsermittlung immanent einschränkenden – materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, – wie hier – ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 – Freizeit-Rätsel-Woche), worauf der Beschwerdeführer vom Senat ausdrücklich hingewiesen worden ist. Aber selbst wenn man den Vortrag zu den genannten Voreintragungen ausreichen ließe, würde dies nichts ändern. Die Eintragungen vergleichbarer Wortmarken mit dem alleinigen oder zusätzlichen Bestandteil "PVS" aus den Jahren 1996 bis 2004 sind zu alt. Die am 24. Mai 2007 eingetragene Wortmarke "PVS" (306642530) bezieht sich auf völlig andere Waren und Dienstleistungen. Die am 11. Juli 2007 u. a. für die Klasse 35 (u. a. Unternehmensberatung, ... betriebswirtschaftliche Beratung ...) eingetragene Wortmarke "PVS PQ Fachforum" (307207102) unterscheidet sich durch den nicht beschreibenden Zusatz "PQ". Die am 23. September 2008 eingetragene Wortmarke "e-PVS" (3020080306009) wurde für andere Waren und Dienstleistungen ins Register aufgenommen. Der am 23. September 2009 eingetragenen Wortmarke "Ärztepost des PVS/Verbandes" (30200901780089) fehlt hinsichtlich der für sie in Klasse 35 geschützten Dienstleistungen "Unternehmensberatung; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung im medizinischen Bereich ..." aufgrund des Markenbestandteils "Ärztepost" der beschreibende Bezug. Die Wort-/Bildmarken "PVS" (30105211, 39806707, 30664254) unterscheiden sich schon durch ihre besondere grafische Ausgestaltung von der vorliegenden Wortmarke. Vergleichbar ist daher nur die u. a. für die Klasse 35 (Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten, Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung) am 7. Juli 2006 eingetragene Wortmarke "PVS-Akademie" (30615570). Aber allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006845
BPatG
München
35. Senat
20100913
35 W (pat) 12/08
Beschluss
DEU
In der Beschwerdesache … betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Beschwerde gegen Kostenfestsetzung) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Müllner sowie die Richter Baumgärtner und Guth beschlossen: 1. Auf die Beschwerde des Löschungsantragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Löschungsantragstellerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Januar 2008 aufgehoben. 2. Die der Löschungsantragstellerin vom Löschungsantragsgegner zu erstattenden Kosten des Löschungsverfahrens werden auf 2.080,20 € (zweitausendachtzig Euro) festgesetzt. 3. Im Übrigen werden die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde zurückgewiesen. 4. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Löschungsantragstellerin 7/10, der Löschungsantragsgegner 3/10. 5. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I. Der Löschungsantragsgegner und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) war eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „…“, gegen das die Löschungsantragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) Löschungsantrag gestellt hat. Mit Beschluss vom 1. März 2007 hat die Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts das Gebrauchsmuster gelöscht und die Kosten des Löschungsverfahrens dem Beschwerdeführer auferlegt. Die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 22. Januar 2008 die der Beschwerdegegnerin vom Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten des Löschungsverfahrens antragsgemäß auf 3.298,80 € festgesetzt. Hierbei hat sie – ausgehend von einem Gegenstandswert von 100.000,– € – eine 0,7-fache Geschäftsgebühr gem. VV 2400 in Höhe von 947,80 € und eine 1,5-fache Geschäftsgebühr gem. VV 2403 in Höhe von 2.031,00 € in Ansatz gebracht. Gegen diesen ihm am 14. Februar 2008 zugestellten Beschluss wendet sich die Beschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen die angesetzte 1,5-fache Geschäftsgebühr wendet. Er wiederholt seine bereits im Kostenfestsetzungsverfahren vertretene Auffassung, dass die 1,5-fache Geschäftsgebühr gem. VV 2403 nur dann entstehe, wenn ein Anwalt einen Auftrag zur Vertretung in einem der in der Vorschrift abschließend genannten Verfahren erhalten habe, zu denen das Verfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung aber nicht gehöre. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie macht geltend, dass die patentanwaltliche Tätigkeit vor der Gebrauchsmusterabteilung mit der Tätigkeit der vor dem Deutschen Patent- und Markenamt eingerichteten Schiedsstelle für Arbeitnehmererfindungen vergleichbar sei, wenn es um den Versuch gehe, eine Einigung zwischen den Beteiligten des Löschungsverfahrens herbeizuführen. Hilfsweise beantragt die Beschwerdegegnerin, wie schon im Kostenfestsetzungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung, eine Geschäftsgebühr gemäß VV 2400 mit mindestens einer 2,0-fachen Gebühr anzusetzen. Die mit dem Löschungsverfahren verbundene Tätigkeit sei umfangreich gewesen, die Besprechungen, die eine vergleichsweise Regelung zum Gegenstand gehabt hätten, müssten angemessen berücksichtigt werden. Der Beschwerdeführer tritt dem entgegen, er hält lediglich die im Kostenfestsetzungsbeschluss aufgeführte 0,7-fache Geschäftsgebühr gemäß VV 2400 für angemessen. II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Sie ist entsprechend der Beschwerdebegründung in zulässiger Weise auf die Zuerkennung der 1,5-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2403 VV RVG beschränkt worden. Die Voraussetzungen für diesen von der Gebrauchsmusterabteilung zugrunde gelegten Gebührentatbestand liegen nicht vor, so dass der angefochtene Beschluss insoweit keinen Bestand haben kann. Die von der Beschwerdegegnerin hilfsweise beantragte Erhöhung der nach Nr. 2400 VV RVG angesetzten 0,7-fache Geschäftsgebühr auf den mindestens 2,0-fachen Satz ist als konkludente Anschlussbeschwerde zu werten, die ebenfalls nur teilweise begründet ist, da der Beschwerdegegnerin nicht mehr als der 1,3-fache Gebührensatz zusteht. Nachdem die angegriffene Entscheidung verfahrensfehlerhaft ergangen ist, ist die Beschwerdegebühr antragsgemäß zurückzuerstatten. 1. Bei dem Löschungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts handelt es sich trotz seiner gerichtsähnlichen Ausgestaltung um ein Verwaltungsverfahren (vgl. BVerfG GRUR 2003, 723 - Rechtsprechungstätigkeit; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 26 Rn. 4, 5). Die für die Vertretung im Verwaltungsverfahren verdiente Geschäftsgebühr richtet sich dementsprechend nach Nr. 2300 VV RVG. Dass sich die Gebrauchsmusterabteilung für die in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühren ebenso wie die Beteiligten des Löschungsverfahrens auf die gemäß Artikel 5 KostRModG seit 1. Juli 2006 nicht mehr geltenden Nrn. 2400 bzw. 2403 VV RVG bezogen hat, schadet nicht, denn die nunmehr geltenden Nrn. 2300 und 2303 VV RVG sind identisch. Für die Zuerkennung der allein angegriffenen 1,5-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2303 VV RVG sind die Voraussetzungen nicht gegeben. Denn die Gebrauchsmusterabteilung ist keine der dort genannten Einigungs-, Güte- oder Schiedsstelle. Beim gebrauchsmusterrechtlichen Löschungsverfahren handelt es sich auch nicht um ein Güteverfahren, vielmehr dient dieses kontradiktorisch ausgestaltete Verfahren der Überprüfung der Schutzfähigkeit eines Gebrauchsmusters und gegebenenfalls seiner (teilweisen) Löschung. Daran ändert der Umstand nichts, dass vergleichsweise Einigungen möglich sind, da sie nicht in einem gesonderten Verfahren erzielt werden (vgl. Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl. 2010, 2303 VV, Rn. 8 zur Güteverhandlung vor dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts). 2. Danach fällt gem. Nr. 2300 VV RVG eine Geschäftsgebühr in Höhe des 0,5-fachen bis 2,5-fachen Satzes an. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Demnach ist im Normalfall ein Regelsatz von 1,3 anzusetzen, der bei unterdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Fällen unterschritten bzw. überdurchschnittlich umfangreichen oder schwierigen Fällen auch überschritten werden kann. 2.1. Die Gebrauchsmusterabteilung hat hier einen Gebührensatz von 0,7 angenommen, den der Beschwerdeführer nicht angegriffen hat. Wegen des Verbots der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers ist für eine Erhöhung im Rahmen der Beschwerdeentscheidung ein eigenständiger Angriff durch die Beschwerdegegnerin erforderlich. Dieser ist vorliegend durch ihren Antrag, hilfsweise eine Geschäftsgebühr gemäß VV 2400 mit mindestens einer 2,0-fachen Gebühr anzusetzen, erfolgt. Hierin ist eine unselbständige Anschlussbeschwerde zu sehen (§ 567 Abs. 3 ZPO entsprechend). Die Erklärung, sich der Hauptbeschwerde anschließen zu wollen, ist kein Rechtmittel, sondern lediglich ein Antrag im Rahmen der Hauptbeschwerde (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl. 2008, § 73, Rn. 174). Dieser Antrag kann auch konkludent gestellt werden. Hierfür genügt grundsätzlich jede Erklärung, die ihrem Sinn nach eine dem Erklärenden vorteilhafte und über die Abwehr der Beschwerde hinausgehende Entscheidung anstrebt (vgl. auch Bühring, GebrMG, 7. Aufl. 2007, § 18 Rn 53). 2.2. Nach § 14 Abs. 1 RVG erfolgt die Festsetzung der Gebühr nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach pflichtgemäßem Ermessen. Dass die Gebrauchsmusterabteilung bei Ansatz der 0,7-fachen Gebühr die Umstände des vorliegenden Falls gewürdigt hat, lässt sich der angegriffenen Entscheidung mangels Begründung nicht entnehmen. Ob die Gebrauchsmusterabteilung einen unterdurchschnittlich schwierigen oder umfangreichen Fall zugrunde gelegt hat oder ob sie den Faktor 0,7 aufgrund einer Anrechnung der Gebühr gemäß Nr. 2403, jetzt 2303 VV RVG gewählt hat, bleibt offen. Die Umstände des vorliegenden Löschungsverfahrens rechtfertigen weder die Annahme eines unterdurchschnittlichen Falles noch lässt der Vortrag der Beschwerdegegnerin Merkmale erkennen, die das Verfahren über ein normales Löschungsverfahren hinausheben würden. Der Löschungsantrag gegen den technisch einfachen Gegenstand des Gebrauchsmusters war seitens der Beschwerdegegnerin lediglich auf eine einzige Druckschrift gestützt worden. Die Auseinandersetzung mit vom Gebrauchsmusterinhaber zur Verteidigung seines Schutzrechts eingereichten neuen Anspruchssätzen bietet ebenso wenig Anlass, von der Annahme eines durchschnittlichen Löschungsverfahrens abzuweichen wie der Umstand, dass verfahrenstaktische Gespräche seitens des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdegegnerin geführt wurden. Daher hat es beim Regelsatz von 1,3 sein Bewenden. 2.3. Die der Beschwerdegegnerin vom Beschwerdeführer danach zu erstattenden Kosten des Löschungsverfahrens errechnen sich daher neu wie folgt: Löschungsantragsgebühr (Geb.Nr. 323 100)_1,3 fache Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG _Porto- und Telefongebühren Nr. 7002 VV RVG___ 3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 18 Abs. 2 S. 2 GebrMG i. V. m § 84 Abs. 2 PatG, der auch bei Nebenentscheidungen in Löschungsverfahren anzuwenden ist (vgl. Bühring a. a. O., § 18, Rn. 90), in Verbindung mit § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Billigkeitsgründe, die ein Abweichen von dieser Regelung erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich (§ 84 Abs. 2 S. 2 PatG). 4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist, wie beantragt, anzuordnen (§ 18 Abs. 2 S. 1 GebrMG, § 80 Abs. 3 PatG). Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt dann in Betracht, wenn es auf Grund besonderer Umstände nicht der Billigkeit entspricht, die Gebühr einzubehalten (vgl. Benkard, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl., § 80 PatG, Rdn. 21 u. 25; Schulte a. a. O., § 73, Rdn. 124). Dadurch, dass die Gebrauchsmusterstelle das rechtliche Gehör durch den angefochtenen Beschluss in eklatanter Weise verletzt hat, ist diese Voraussetzung hier erfüllt (vgl. Bühring a. a. O., § 18, Rn. 101). Der Anspruch auf rechtliches Gehör – vor der Verwaltungsbehörde das Recht sich zu äußern – gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern und die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Deutsche Patent- und Markenamt ist ebenso wie das Gericht verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr., BVerfG NJW 1995, 2095, 2096 m. w. N.; BGH GRUR 1999, 919 - Zugriffs-Information). Hieraus kann zwar nicht abgeleitet werden, dass jedes Vorbringen einer Partei in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich abzuhandeln sei (BVerfG NJW 1992, 1031; BGH GRUR 2005, 572 - Vertikallibelle). Das rechtliche Gehör ist allerdings verletzt, wenn – wie im vorliegenden Fall – Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 ff.; 70, 288). Geht eine Entscheidung wie hier auf den wesentlichen Kern des Vorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006895
BPatG
München
29. Senat
20100921
29 W (pat) 42/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 S 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Planogramm/Plano" – Zurückweisung der Beschwerde aufgrund nicht hinreichender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 305 51 961 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. September 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen das für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Buchbinderartikel; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke; Abdeckungen für Aquarien; Abfallsäcke (aus Papier oder Kunststoff); Abreißkalender; Abschminktücher aus Papier; Abziehbilder; Adressenplatten für Adressiermaschinen; Adressenstempel; Adressiermaschinen; Aktenhüllen; Aktenordner; Alben; Almanache; Anfeuchter (Büroartikel); Anzeigekarten (Papeteriewaren); Apparate für das Laminieren von Dokumenten (Bürogeräte); Aquarelle (Gemälde); Arithmetiktafeln; Armbänder zum Befestigen von Schreibgeräten; Atlanten; Stickers (Papeteriewaren); Babyhöschenwindeln aus Papier oder Zellstoff; Babywindeln aus Papier oder Zellstoff; Babywindeln aus Papier oder Zellulose (Außentücher, zum Wegwerfen); Befeuchter (Büroartikel); Behälter, Kästen für Papier- und Schreibwaren; Bierdeckel; biologische Schnitte für die Mikroskopie (Unterrichtsmaterial); Bleistifte; Bleistifthalter; Bleistiftminen; Bleistiftspitzer (elektrisch oder nicht elektrisch); Bleistiftspitzmaschinen (elektrisch oder nicht elektrisch); Blöcke (Papier- und Schreibwaren); Blumentopfmanschetten aus Papier; Blumenübertöpfe aus Papier (Manschetten); Briefbeschwerer; Briefkörbe; Briefmarken; Briefpapier; Broschüren; Buchbindeartikel; Buchbindegarn; Buchbindegeräte und –maschinen (Büroausstattung); Buchbinderleinen; Buchbinderstoffe; Bucheinbände; Buchstützen; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Büroklammern; Comic-Hefte; Druckregletten; Druckstöcke (Klischees); Druckstöcke für die Galvanoplastik; Drucktücher für Dokumenten-Vervielfältigungsmaschinen; Drucktücher für Vervielfältigungsgeräte; Drucktücher, nicht aus textilem Material; Drucktypen; Drucktypen (Zahlen und Buchstaben); Einbände (Papier- und Schreibwaren); Eintrittskarten; Etiketten, nicht aus Textilstoffen; Etuis für Schablonen; Fahnen, Wimpel (aus Papier); Fahrkarten; Falzmesser (Büroartikel); Falzstreifen (Buchbinderei); Farbbänder; Farbbänder für Drucker von Computern; Farbbänder für Schreibmaschinen; Farbbandspulen; Farbennäpfe; Farbkästen (Schülerbedarf); Federhalter; Federhalterclips; Federkästen; Federn (Büroartikel); Federwischer (Tintenwischer); Filtermaterial (Papier); Filterpapier; Fingerlinge (Büroartikel); Fischleim für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Flaschenhüllen aus Pappe oder Papier; Flaschenverpackungen aus Pappe oder Papier; flüssige Korrekturmittel (Büroartikel); Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke; Folien aus regenerierter Zellulose für Verpackungszwecke; Formen für Modellierton (Künstlerbedarf); Formulare (Formblätter); Frankiermaschinen (zum Aufkleben der Briefmarken oder zum Aufdrucken des Freistempels); Füllfederhalter; Geldsortier- und -zähltabletts; Gemälde (Bilder), gerahmt oder ungerahmt; Gesangbücher; Globen (Erdkugeln); Glückwunschkarten; Gluten (Kleber) für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Graviernadeln für Radierungen; Gravierplatten; Gravierungen; Gummi (Leim) für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Gummibänder für Bürozwecke; gummierte Bänder (Papier- und Schreibwaren); Gummitücher (Schreibbedarf); Halter für Schreibfedern und Bleistifte; Handetikettiergeräte; Handstützen für Maler; Hefter (Bürogeräte); Heftzwecken; Hektografen (Vervielfältigungsgeräte); histologische Schnitte (Unterrichtsmaterial); Holzpapier; Holzpappe (Papier- und Schreibwaren); Hüllen (Papier- und Schreibwaren); Hutschachteln aus Pappe; Kaffeefilter aus Papier; Kalender; Karaffenuntersetzer aus Papier; Karteikarten (Papier- und Schreibwaren); Kartenreiter; Karton; Kartonagen; Kartonröhren; Kataloge, Klebebänder für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Klebegeräte für Fotografien; Kleber (Gluten) für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Klebstreifen für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Klebstreifenspender (Papier- und Schreibwaren); Klemmtafeln (Büroartikel); Klischees (Druckstöcke); Kochbeutel für Mikrowelle; Kohlepapier; Kopierpapier (Schreibwaren); Korrekturtinten (für Lichtpausen); Kreide für die Lithografie; Kreidehalter; Kugeln für Kugelschreiber; Kunstgegenstände (lithografisch); Kunststofffolien für Verpackungszwecke; Kurvenlineale; Landkarten; Lätzchen aus Papier; Leime für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Lesezeichen; Lettern aus Stahl; Leuchtpapier; Lithografien (Steindrucke); lithografische Steine; Locher (Büroartikel); Lochkarten für Jacquardmaschinen; Lochzangen (Büroartikel); Löschpapier (Fließpapier); Loseblattbinder; Luftkissenfolien aus Kunststoff (für Verpackungszwecke); Luftschlangen; Malerbürsten; Malerleinwand; Malerpaletten; Malerrollen; Malerschablonen; Malkästen (Schülerbedarf); Malstaffeleien; Markierkreide; Marmorierkämme; Matrizen; Minenschreibgeräte; Modelliermasse; Modelliermaterial; Modelliermaterial aus Kunststoff; Modellierton; Modellierwachs, nicht für zahnärztliche Zwecke; Musikglückwunschkarten; nicht elektrische Kreditkarten-Abdruckgeräte; Notizbücher; Notizklemmen (Papeteriewaren); Nummerierapparate, Paginierstempel; Ordner (Büroartikel); Packpapier; Pantografen (Zeichengeräte); Papier; Papier für Elektrokardiografen; Papier für Registriergeräte; Papier- und Schreibwaren; Papierbänder (Papierstreifen); Papierbänder oder Karten für die Aufzeichnung von Computerprogrammen; Papierblätter (Papeteriewaren); Papierfiltermaterial; Papiergesichtstücher; Papierhandtücher; Papiermaché; Papiermanschetten für Blumentöpfe; Papiermesser (Büroartikel); Papierschleifen; Papierservietten; Papiertaschentücher; Papiertüten; Papierzerkleinerer (Büroartikel); Pappe; Pastellstifte; Pausen (Zeichnungskopien); Pausleinwand; Pauspapier; Pergamentpapier; Petschafte; Pinsel; Plakate; Plakate aus Papier und Pappe; Plakatträger aus Papier oder Pappe; Pläne (Blaupausen); Plastikfolien (dehnbar und haftend) für Palettenverpackungen; Platzdeckchen (Sets) aus Papier; Portraits; Postkarten; Radierartikel; Radiergummis; Radiermesser; Radierschablonen; Radierungen; Radiogrammpapier; Rechentabellen; Registrierbücher; Reisepasshüllen; Reißbretter; Reißfedern; Reißnadeln zum Zeichnen; Reißnägel (Heftzwecken) Reißschienen; Rosenkränze; Sachregister; Sahnegefäße (klein) aus Papier; Schablonen (Papier- und Schreibwaren); Schachteln aus Pappe oder aus Papier; Scheckhefthüllen; Schiefergriffel; Schiefertafeln zum Schreiben; Schilder (Papiersiegel); Schilder aus Papier und Pappe; Schneiderkreide; Schnelltrennsätze (Papier- und Schreibwaren); Schnittmuster für die Schneiderei; Schnittmuster zur Herstellung von Bekleidungsstücken; Schrankpapier (parfümeriert oder nicht); Schreibetuis; Schreibfedern; Schreibfedern aus Gold; Schreibgarnituren; Schreibgeräte; Schreibhefte; Schreibkreide; Schreibmappen (Schreibnecessaires); Schreibmaschinen (elektrisch oder nicht elektrisch); Schreibmaschinentasten; Schreibmaschinenwalzen; Schreibmaterialien; Schreibnecessaires (Schreibgarnituren); Schreibpinsel; Schreibunterlagen; Schriften (Veröffentlichungen); Schriftschablonen; Schriftvorlagen; Schülerbedarf (Papier- und Schreibwaren); Selbstklebebänder für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Sets (Platzdeckchen aus Papier); Setzrahmen (Druckerei); Setzschiffe (Druckerei); Siegel; Siegellack; Siegelmaschinen für Bürozwecke; Siegelmaterial; Siegeloblaten; Siegelstempel; Silberpapier; Stahlfedern; Ständer für Fotografien; Stärkekleister für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Statuetten aus Papiermaché; Steatit (Schneiderkreide); Stempel; Stempelhalter; Stempelkästen; Stempelkissen; Stempelkissen für Siegel; Stempelunterlagen; Stickmuster; Tickets (Fahrkarten, Eintrittskarten); Tinten; Tintenfässer; Tintensteine (offene Tintenbehälter); Tintenstifte; Tischdecken aus Papier; Tischtücher aus Papier; Tischwäsche aus Papier; Toilettenpapier; tragbare Druckkästen (Büroartikel); Transparente (Papier- und Schreibwaren); Tuschen; Umschlagschließmaschinen; Untersetzer aus Papier; Verpackungsbeutel (-hüllen, -taschen) aus Papier oder Kunststoff; Verpackungsfolien aus Kunststoff; Verpackungsfolien aus regenerierter Zellulose; Verpackungsmaterial aus Karton; Verpackungsmaterial aus Stärke; Verpackungspapier; Vervielfältigungsgeräte; Vervielfältigungsgeräte und -maschinen; Vierkantlineale; Vignettengeräte; Viskosefolien für Verpackungszwecke; Wachspapier; Wandtafeln; Winkelhaken (Druckerei); Wischer für Schreibtafeln; Xuan-Papier (für chinesische Malerei und Kalligrafie); Zeichenbedarfsartikel; Zeichenblöcke; Zeichenbretter; Zeichenetuis; Zeicheninstrumente; Zeichenkohle; Zeichenlineale; Zeichenwinkel; Zeigestäbe (nicht elektronisch); Zerkleinerungsgeräte für Papier (Büroartikel); Zettelspieße für Bürozwecke (Haken); Ziffern (Drucklettern); Zigarrenbauchbinden; Zimmeraquarien; Klasse 35: Büroarbeiten; Aktualisierung von Werbematerial; Annahme, Bearbeitung und Abwicklung von Bestellungen (Büroarbeiten); Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Dienstleistungen eines Steuerberaters, nämlich Erstellen von Steuererklärungen; Dienstleistungen eines Wirtschaftsprüfers; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen im Internet; Fernsehwerbung; heliografische Vervielfältigungsarbeiten; Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme; Rundfunkwerbung; Schaufensterdekoration; Schreibmaschinenarbeiten; Sekretariatsdienstleistungen; Standortermittlung von Güterwaggons durch Computer; Stenografiearbeiten; Telefonantwortdienst (für abwesende Teilnehmer); Telefonkostenabrechnung; Telemarketing; Textverarbeitung (Schreibdienste); Überlassung von Zeitarbeitskräften; Verbreitung von Werbeanzeigen; Verfassen von Werbetexten; Versandwerbung; Verteilen von Werbemitteln; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vertretung wirtschaftlicher Interessen Dritter gegenüber politischen Entscheidungsträgern und anderen Personen; Vervielfältigung von Dokumenten; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken; Klasse 42: Dienstleistungen eines Physikers; Dienstleistungen zum Schutz vor Computerviren; digitale Bildbearbeitung; Durchführung chemischer Analysen; Durchführung technischer Tests und Checks; Durchführung von Erdölsuchbohrungen; Durchführung von technischen Messungen; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; Echtheitsbeglaubigungen von Kunstwerken; Ermittlung von Emissionen und Immissionen; Ermittlung von Schadstoffkonzentrationen; Forschungen auf dem Gebiet der Bakteriologie; Forschungen auf dem Gebiet der Chemie; Forschungen auf dem Gebiet der Kosmetik; Forschungen auf dem Gebiet der Technik; Forschungen auf dem Gebiet des Maschinenbaus; geologische Forschungen; geologische Schürfarbeiten; Kalibrierung und Funktionsprüfung von Messgeräten; Leistungsüberwachung und Analyse des Netzwerkbetriebes; Lizenzieren von Computersoftware (juristische Dienstleistungen); Lizenzierung von Software; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten; Materialprüfung; Materialprüfung bei Textilien; Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Pflege und Installation von Software; physikalische Forschungen; Qualitätsprüfung; Registrierung von Domainnamen; Schlichtungsdienstleistungen; Serveradministration; Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz vor illegalen Netzwerkzugriffen; sozialwissenschaftliche Beratung; Sprachspeicherdienste; Überprüfen der Straßentauglichkeit von Fahrzeugen; Überprüfung von digitalen Signaturen; Überwachung von Erdölbohrungen; Überwachungsdienste im Bereich des geistigen Eigentums; Umweltver-träglichkeitsprüfungen; Unterwasserforschung; Vergabe und Registrierung von Domainnames; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Vermittlung von rechtlichem Know-How (Franchising); Vermittlung von technischem Know-How (Franchising); Verwaltung von Urheberrechten; Wartung von Computersoftware; Werkstoffprüfung; Wettervorhersage; Wiederherstellung von Computerdaten; Wolkenimpfen (cloud seeding); Zertifizierungen am 31. August 2005 angemeldete und am 4. Oktober 2006 unter der Nummer 305 51 961 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register einG.ene Wortzeichen Planogramm dessen Eintragung am 3. November 2006 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der älteren, am 11. Oktober 2002 für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Aufzeichnungsträger, insbesondere Disketten, Magnetbänder und -kassetten; Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Kunstdruckpapier, Offset-Papier, Kopierpapier, Briefumschläge; Druckereierzeugnisse; Klebeetiketten; Buchbinderartikel, Photographien, Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel, nämlich Zeichen- und Malwaren; Pinsel; Schreibmaschinen; Büroartikel (ausgenommen Möbel) und nichtelektrische Bürogeräte, insbesondere Diskettenablagen, Aufbewahrungsbehälter für Computerzubehör, Briefkörbe, Brieföffner, Locher, Farbbänder, Stempel, Stempelkissen und -farben; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Papier und Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern, Druckstöcke; Klasse 17: bedruckbare Folien, Waren aus Kunststoffen (Halbfabrikate); Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten, Veröffentlichung und Herausgabe von Druckschriften; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren unter der Nummer 301 51 590 einG.enen Wortmarke Plano Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2008 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Selbst bei teilweise identischen Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte das jüngere Zeichen den deutlich einzuhaltenden Abstand ein. Die beiden Markenbegriffe „Planogramm“ und „Plano“ unterschieden sich bereits auffallend durch ihre unterschiedliche Silbenzahl, Vokalfolge sowie ihren ungleichen Sprech- und Betonungsrhythmus. Diese Unterschiede reichten aus, Verwechslungen in klanglicher Hinsicht auszuschließen, zumal es sich bei der Widerspruchsmarke um ein relativ kurzes Wort handele, bei dem schon geringe Unterschiede bemerkt würden. Auch eine schriftbildliche Ähnlichkeit sei aufgrund der unterschiedlichen Wortlänge sowie der typischen Umrisscharakteristik des Bestandteils „gramm“ ausgeschlossen. Die Bedeutung „Schema, Aufzeichnung“ des Bestandteils „gramm“ führe dazu, die Marken auch begrifflich auseinander halten zu können. Da auch andere Firmen den Bestandteil „Plano“ in ihren Marken der Klassen 16 und 35 benutzten, weise dieser nicht zwingend auf die Widersprechende hin, so dass auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens ausscheide. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. Oktober 2008 aufzuheben. Sie vertritt die Ansicht, dass der Eintragung der angegriffenen Marke eine assoziative Verwechslungsgefahr entgegenstehe. Sie, die Widersprechende, besitze eine im Markenregister einG.ene Zeichenserie mit dem Stammbestandteil „Plano“. Letzterer verfüge über eine hinreichende Kennzeichnungskraft, um den relevanten Verkehrskreisen einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Unternehmensgruppe aufzuzeigen und eine Zeichenähnlichkeit mit der Anmeldemarke festzustellen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hat mit einem am 8. Mai 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 6. Mai 2009 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben und ist der Ansicht, in Alleinstellung sei die Widerspruchsmarke nicht benutzt worden. Auch die bereits im Amtsverfahren überreichten Verpackungsmuster, Preislisten und Rechnungen, welche nur für die drei Marken „PlanoStar“, „PlanoJet“ und „PlanoSpeed“ vorgelegt worden seien, reichten zum Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung nicht aus. Da der Begriff „Plano“ mit der Bedeutung „plan, eben, glatt, flach“ in Bezug auf die einG.enen Papierwaren beschreibende Anklänge habe, verfüge er nur über unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft und sei daher nicht als Stammbestandteil einer Markenserie geeignet. Darüber hinaus sei das Zeichen „Plano“ durch zahlreiche Drittzeichen und deren Verwendung geschwächt. Nachdem die Widersprechende zur Glaubhaftmachung der ernsthaften Benutzung ihrer Marke im Beschwerdeverfahren weitere Unterlagen vorgelegt hat, hat die Inhaberin der angegriffenen Marke erneut darauf hingewiesen, dass diese zum Nachweis einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke nicht ausreichten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache mangels hinreichender Glaubhaftmachung der Benutzung keinen Erfolg. 1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke mit einem am 8. Mai 2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 6. Mai 2009 bestritten. 2. Da sie die Einrede der Nichtbenutzung erhoben hat, ohne präzise die Vorschrift zu zitieren, ist in ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Einrede beide Zeiträume des § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG umfassen soll (BGH GRUR 1998, 938 - DRAGON; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 43 Rdnr. 12; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43 Rdnr. 19; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 560). 3. Die Nichtbenutzungseinrede gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war jedoch unzulässig, weil die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit der Eintragung am 11. Oktober 2002 zu laufen begonnen hat, erst nach der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 3. November 2006 endete. 4. Das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ist zulässig, so dass es der Widersprechenden obliegt, eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke gemäß § 26 MarkenG innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch, also im Zeitraum von Juni 2005 bis Juni 2010, glaubhaft zu machen. Dies ist ihr jedoch nicht hinreichend gelungen. Zur Glaubhaftmachung muss von der Widersprechenden konkret angegeben und eidesstattlich versichert werden, wer die Marke auf welche Weise für welche Waren und Dienstleistungen in welchen Jahren an welchem Ort benutzt hat und wie viel Umsatz damit erwirtschaftet worden ist. Dabei müssen die detaillierten Angaben zu den Umsatzzahlen entweder in Geldbeträgen oder in Stück- bzw. Auftragszahlen konkret auf die jeweiligen Waren und Dienstleistungen bezogen und in die jeweiligen für die Benutzung rechtserheblichen Zeiträume aufgeteilt sein. Die Widersprechende hat zwar neben einer Auflistung ihrer 14 „Plano“-Kennzeichen einschließlich der Widerspruchsmarke (Anlage zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 5. Juni 2007, Bl. 111 VA) eine Vielzahl von Unterlagen vorgelegt, nämlich zur Art der Benutzung Abbildungen von Umverpackungen mit dem Aufdruck der Marken „PlanoStar“ (Anlage II, Bl. 160 VA), „PlanoJet“ (Anlage III, Bl. 171 - 172, 176 f. VA) und „PlanoSpeed“ (Anlage IV, Bl. 205 f. VA) sowie Kataloge, zu Umfang und Dauer der Benutzung Preislisten der Jahre 2005 bis 2007 (Anlage II zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 15. März 2010; Anlage II, Bl. 159 VA; Anlage III, Bl. 173 - 175 VA), Rechnungen unter der Marke „PlanoStar“ von 2001 bis 2007 (Anlage II, Bl. 162 - 170 VA), unter der Marke „PlanoJet“ von 2001 bis 2007 (Anlage III, Bl. 179 - 204 VA), unter der Marke „PlanoSpeed“ von 2001 bis 2006 (Anlage IV, Bl. 208 - 245 VA), weitere Rechnungen unter der Marke „PlanoStar“ und anderer „Plano“-Zeichen aus den Jahren 2008 und 2009 (Anlage II zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 15. März 2010) sowie Nettoumsatzzahlen der „Plano“-Zeichen für den Zeitraum von 2005 bis 2009 (Anlage I zum Schriftsatz der Widersprechenden vom 15. März 2010), aber es fehlt eine diesbezügliche eidesstattliche Versicherung. Diese fehlt umso mehr, als in den Rechnungen sämtliche Preise und Rechnungsbeträge geschwärzt sind, so dass auch aus ihnen keine Rückschlüsse auf tatsächlich getätigte Umsätze gezogen werden können, zumal sie schon von ihrer geringen Anzahl her nicht ausreichen dürften, die in Anlage I zum Schriftsatz vom 15. März 2010 angegebenen Nettoumsatzzahlen zu belegen. Hinzu kommt, dass sich alle eingereichten Rechnungen ausschließlich auf Papier beziehen, so dass eine Benutzung der Widerspruchsmarke auch für die übrigen einG.enen Waren und Dienstleistungen nicht glaubhaft gemacht worden ist. Da die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren bereits darauf hingewiesen hat, dass die vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen unzureichend sind, bedurfte es keines weiteren entsprechenden Hinweises des Senats.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006895&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006897
BPatG
München
30. Senat
20100909
30 W (pat) 96/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Apfel (Bildmarke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
Parallelverfahren 30 W (pat) 106/09
In der Beschwerdesache … betreffend das Löschungsverfahren der Marke 306 28 042 (S 29/08 Lö) hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 2009 zu Ziff. 1. aufgehoben. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen. 2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Bildmarke (farbig: hellgrün, dunkelgrün, braun, schwarz) ist am 14. August 2006 unter der Nr. 306 28 042 für „Dienstleistungen eines Zahnarztes“ in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Antragstellerin hat am 17. Januar 2008 die Löschung der Marke 306 28 042, gestützt auf § 50 Abs. 1 i. V. m. § 3 und § 8 MarkenG, beantragt. Sie hat die Markenfähigkeit der Abbildung bezweifelt und zur Begründung weiter ausgeführt, bei der Bildmarke handle es sich um eine naturgetreue Darstellung eines grünen Apfels. Eine Bildmarke, die sich in der naturgetreuen Darstellung des weithin bekannten Apfels der Sorte Granny-Smith erschöpfe, werde vom Verkehr auch in Verbindung mit den Dienstleistungen eines Zahnarztes nicht als betrieblicher Herkunftshinweis empfunden, sondern lediglich als gefälliges Werbemotiv, das die Aufmerksamkeit des Publikums erregen soll. Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 7. Februar 2008 mit Übergabeeinschreiben zugesandten Löschungsantrag am 5. März 2008 widersprochen und ausgeführt, bei der Bildmarke handle es sich nicht um eine naturgetreue Abbildung eines Granny-Smith Apfels, sondern um eine dreidimensionale Darstellung eines Apfels mit einem speziellen, sehr auffälligen Schattenwurf, die eine besondere Aussage und Unterscheidungskraft habe. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 18. Mai 2009 die Eintragung der Marke 306 28 042 gelöscht, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG einG.en worden sei und sie noch immer eine nicht unterscheidungskräftige Angabe darstelle. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt, die Bildmarke sei eine fotografisch genaue Darstellung eines Apfels der Sorte „Granny Smith“; der abgebildete Schattenwurf verdeutliche lediglich die dreidimensionale Wirkung. Durch die sehr intensive blend-a-med-Werbung könne davon ausgegangen werden, dass sich speziell der grüne Apfel zu einem Symbol für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch im Bereich der Gingivitis-Prophylaxe entwickelt habe, da er besonders geeignet sei, auf das kraftvolle Hineinbeißen mit gesunden Zähnen hinzuweisen. Der Granny-Smith Apfel vermittle nicht nur wegen seiner grünen Farbe, sondern auch wegen seines sehr sauren Geschmacks in einem ganz besonderen Maße das Gefühl einer „knackigen“ oder festen Konsistenz des Fruchtfleischs und sei damit ganz besonders geeignet, auf das kraftvolle „Hineinbeißen“ mit gesunden Zähnen hinzuweisen. Durch die Bildmarke werde zwar keine Produkteigenschaft der beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar beschrieben; ein Eintragungshindernis wegen fehlender Unterscheidungskraft könne sich aber daraus ergeben, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Dienstleistung in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sähen. Wegen des erforderlichen Produktbezugs sei daher eine Löschung der Marke insoweit gerechtfertigt, als die Marke für Dienstleistungen einG.en worden sei, die eine für die Zahngesundheit gegen Parodontal-Erkrankungen konservierende Funktion haben könnten, denn nur insoweit könne von der Sachbezogenheit der Kennzeichnung ausgegangen werden. Das Apfelsymbol werde immer nur in diesen Bereichen eingesetzt, so dass sich auch hier nur ein entsprechendes Verkehrsverständnis habe bilden und erhalten können. Da aber mit der Markeneintragung die „Dienstleistungen eines Zahnarztes“ beansprucht seien, könnten diese als weitgefasste Oberbegriffe auch solche zum Gegenstand haben, welche speziell zur Behandlung oder Vorbeugung von Parodontose dienen und insoweit einen sachlichen Bezug der Marke zur Dienstleistung vermitteln. Der Schutzausschließungsgrund des § 3 Abs. 1 MarkenG liege nicht vor. Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt und hierzu ausgeführt, das angemeldete Bildzeichen weise keinen engen beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen auf. Die Bewertung der Markenabteilung hinsichtlich des Symbols grüner Apfel sei fehlerhaft. Die Firma blend-a-med habe in den 70er Jahren ihre Zahnpasta mit dem Werbeslogan „Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können“ und der Assoziation beworben, dass mit der richtigen Zahnpasta auf der Zahnbürste auch der herzhafte Biss in einen harten Apfel möglich sei. Alle Figuren der blend-a-med-Werbung hätten stets in einen Apfel gebissen und es habe sich immer herausgestellt, dass das Zahnfleisch wegen Parodontose blute. Blend-a-med-Zahnpasta sei als die Zahnpasta beworben worden, mit der man Parodontose verhindern könne. Der in der über 30 Jahre zurückliegenden Werbung für eine medizinische Zahncreme zum Schutz vor Parodontose verwendete grüne Apfel sei stets mit der beworbenen Zahnpasta verbunden worden und nie solitär im Zusammenhang mit Parodontoseschutz aufgetreten. Zum einen sei die weit zurückliegende Werbekampagne der Firma blend-a-med nicht mehr im Bewusstsein der Verkehrskreise verankert, zum anderen verbinde der Verkehr mit dem Symbol des grünen Apfels nur Zahnpasta. Der grüne Apfel mit der weißen Bissstelle sei daher als Markenzeichen der Firma blend-a-med bekannt. Der Apfel an sich sei kein allgemeines Symbol für Zahngesundheit oder Parodontosebehandlungen. Auch wenn dem Apfel gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben werden könne, gelte dies nicht im Zusammenhang mit zahnärztlichen Dienstleistungen. Die Darstellung eines runden Apfels stehe für ihr Behandlungsangebot, das unter Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes und in sich geschlossenen Konzepts eine „runde Sache“ darstellen solle. Im Übrigen verweist die Markeninhaberin auf die Entscheidung des LG Mannheim, 7. Zivilkammer, vom 8. Februar 2008 und verschiedene Voreintragungen, die eine Darstellung eines grünen Apfels enthalten. Soweit die Werbung für zahnärztliche Leistungen mit der Darstellung eines grünen Apfels verbunden werde, handle es sich zumeist um abgebissene oder nahezu aufgegessene Äpfel. Die naturalistische Darstellung eines „unbeschädigten“ Apfels in Granny Smith-Farben verbinde der Verkehr allenfalls beschreibend mit der Ware Apfel, nicht aber mit den Dienstleistungen Zahnhygiene und Zahnbehandlung. Vorliegend fehle es an einem konkreten Sachbezug, da die Bildmarke keinen Sachhinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen gebe. Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Antragstellerin hält die Bildmarke „Apfel“ mit näheren Ausführungen weiterhin für löschungsreif und verweist auf den Beschluss der Markenabteilung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin, die dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen (§ 54 Abs. 2 MarkenG) und fristgerecht Beschwerde erhoben hat, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 und 3 i. V. m. § 54 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 3 oder § 8 MarkenG einG.en wurde und wenn das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbesteht (§ 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG). Nach Auffassung des Senats ist die vorliegende Bildmarke „Apfel“ nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG einG.en worden (§ 50 Abs. 1 MarkenG), da die Bildmarke hinreichend unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig ist. Die Markenabteilung hat die Marke daher zu Unrecht wegen Nichtigkeit gelöscht, so dass der Beschluss aufzuheben und der Löschungsantrag zurückzuweisen ist. 1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2006, 220 Nr. 27 - BioID; BGH MarkenR 2004, 39 - City Service; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (BGH 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - Berlin Card) oder wenn es sich um beschreibende Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 465, 468 - Bonus; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. - City Service). Stellen die Elemente eines Bildzeichens die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen dar oder erschöpfen sie sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines lediglich beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von einigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Weist das betreffende Zeichen dagegen nicht nur die Darstellung von Merkmalen, die für die Ware oder Dienstleistung typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden (vgl. BGH GRUR 2004, 331, 332 - Westie-Kopf; GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude). Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor). 2. Nach diesen Grundsätzen verfügt die vorliegende Bildmarke über die erforderliche Unterscheidungskraft. a) Die Bildmarke stellt einen grünen Apfel mit hellgrünen Flecken vor neutralem Hintergrund dar, der in Farbe und Form den Merkmalen eines Apfels der Sorte Granny-Smith entspricht. Der Apfel wird auf seiner rechten Seite von einer Lichtquelle aufgehellt, auf seiner linken Unterseite schließt sich ein großer, scharf umrissener Schattenwurf an, der durch seine Größe und die scharfen Konturen fast wie eine Scheibe wirkt. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin handelt es sich vorliegend nicht nur um eine naturgetreue Abbildung eines Granny-Smith Apfels, sondern um eine bildliche Darstellung mit charakteristischen Elementen. Die Lichteffekte und der übergroße, scharf abgegrenzte Schatten sorgen für eine gewisse grafische Verfremdung des ansonsten naturalistisch abgebildeten Apfels. Zur Begründung der Unterscheidungskraft bedarf es keines besonderen Phantasieüberschusses oder sonstiger Auffälligkeiten der Marke (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 f. (Nr. 31, 50) - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT), jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 zu überwinden. Wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat, beschreibt die vorliegende Bildmarke keine Produkteigenschaften, da sie weder Gegenstand oder Inhalt noch Zweck oder Bestimmung der geschützten zahnärztlichen Dienstleistungen bildlich darstellt. b) Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass das Zeichen sich in der Darstellung eines sonstigen (wesentlichen) Aspekts erschöpft, der zu den zahnärztlichen Dienstleistungen in einem engen beschreibenden Bezug stünde. Ein solcher Sachbezug wird in der Rechtsprechung etwa bei Hilfsmitteln und -leistungen angenommen, welche regelmäßig beim Vertrieb bzw. der Erbringung der angemeldeten Dienstleistungen eingesetzt werden (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Entsprechendes kann für lediglich mittelbar beschreibende Angaben gelten, z. B. für Bezeichnungen des möglichen Abnehmerkreises der betroffenen Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2007, 1071, 1072 (Nr. 25) Kinder II) oder Begriffe, die für die Vermarktung der einschlägigen Dienstleistungen verwendet werden (vgl. EuG GRUR Int. 2007, 853, 854 (Nr. 41) - TWIST & POUR). Die Annahme eines „engen beschreibenden Bezugs“ setzt allerdings voraus, dass der Verkehr mit dem angemeldeten Zeichen einen unmittelbaren und konkreten Sachbezug zu den beanspruchten Dienstleistungen herstellt. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass das Merkmal des „engen beschreibenden Bezugs“ nicht absolut und generalisierend festzustellen ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich von dem Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke und den jeweils beanspruchten Dienstleistungen. Maßgeblich ist dabei, ob die beteiligten Verkehrskreise den (allgemein) beschreibenden bzw. sachbezogenen Begriffsgehalt einer Angabe als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und deshalb in der Bezeichnung keine Unterscheidungsmittel für die (betriebliche) Herkunft der betroffenen Dienstleistungen sehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - Berlin Card; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Je bekannter ein solcher sachbezogener Begriffsgehalt ist, desto eher wird der Verkehr ihn auch als solchen (und damit nicht als Herkunftshinweis) auffassen, wenn ihm die Angabe im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Dienstleistungen entgegentritt. Umgekehrt spricht eine fehlende Geläufigkeit der Angabe eher gegen eine Annahme eines die Unterscheidungskraft ausschließenden „engen beschreibenden Bezugs“ (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl. § 8 Rdn. 48). c) Im vorliegenden Fall ließe sich aber ein derartiges auch nur mittelbar beschreibendes Verständnis nur durch eine (unzulässige) analysierende Betrachtungsweise und als Ergebnis mehrerer gedanklicher Schritte erreichen, die für den Durchschnittsverbraucher nicht nahe liegen. Soweit die Markenabteilung zur Begründung eines engen beschreibenden Bezugs auf die blend-a-med Werbung Bezug nimmt, ist festzustellen, dass hierbei der Biss in einen grünen Apfel als eine Art von Test bzw. als Bestätigung dafür gezeigt wurde, dass mit der Anwendung der blend-a-med Zahnpasta das Zahnfleisch so gesund erhalten werden konnte, dass es beim Biss in den Apfel nicht blutete und damit ein Parodontoserisiko nicht entstehen konnte. Dargestellt wurde hierbei stets der angebissene grüne Apfel mit weißer Bissstelle, um Wirkungsgrad und Erfolg der Zahnpasta herauszustellen. Bei der vorliegenden Bildmarke handelt es sich dagegen um einen unversehrten, grünen Apfel mit einem charakteristischen Schattenwurf, der sich von dem in der bekannten Werbung verwendeten angebissenen Apfel deutlich unterscheidet. Aus dem Umstand, dass der Biss in einen grünen Apfel als Test zur Überprüfung des Gesundheitszustandes des Zahnfleischs durch eine frühere Werbung für Zahnpasta eine gewisse Bekanntheit erreicht hatte und der grüne Apfel nach Ansicht der Markenabteilung besonders geeignet ist, auf das kraftvolle Hineinbeißen mit gesunden Zähnen hinzuweisen, lässt sich jedoch nicht darauf schließen, dass sich speziell der grüne Apfel zu einem Symbol für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch im Bereich der Gingivitis-Prophylaxe entwickelt hätte. Dies würde voraussetzen, dass der grüne Apfel stets als entsprechende eindeutige Sachangabe verstanden wird. Der Apfel an sich wird mit Gesundheit verbunden, der grüne Apfel im Speziellen mit Frische und besonders fruchtigem Geschmack und Geruch. Auch wenn dem Apfel an sich eine allgemein gesundheitsfördernde Wirkung zuzuschreiben ist und er auch notfalls als Ersatz zur Zahnreinigung verwendet werden mag, so versteht der Durchschnittsverbraucher die Abbildung eines grünen Apfels nicht ohne weiteres als Sachhinweis für gesunde Zähne oder gesundes Zahnfleisch. Insoweit hat weder die Antragstellerin noch die Markenabteilung Nachweise für ein entsprechendes Verkehrsverständnis genannt. Von dem „Apfelbiss“ aus der Zahnpastawerbung auf gesunde Zähne und auf eine hierfür erforderliche Parodontosebehandlung und sodann auf eine entsprechende allgemeine Symbolik grüner Äpfel zu schließen und diese auf die hier vorliegende Apfeldarstellung zu beziehen ist keine nahe liegende Betrachtungsweise, sondern erfordert mehrere gedankliche Zwischenschritte. Der Durchschnittsverbraucher wird daher auch aus dem Umstand, dass die Darstellung eines grünen Apfels im Zusammenhang mit der Werbung für zahnärztliche Leistungen - auch markenmäßig - Verwendung findet, nicht darauf schließen, dass der grüne Apfel an sich ein Symbol für gesunde Zähne und ein Sachhinweis im Zusammenhang mit Parodontosebehandlungen ist. Es ergeben sich somit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Feststellung, dass der Verkehr mit der vorliegenden Bildmarke einen unmittelbaren und konkreten Sachbezug zu den beanspruchten zahnärztlichen Dienstleistungen herstellt, da diese Abbildung eines grünen Apfels insoweit keine geläufige Sachangabe ist und ein (allgemein) beschreibender bzw. sachbezogener Begriffsgehalt nicht ohne weiteres und ohne Unklarheiten zu entnehmen ist. 3. Da der Bildmarke kein beschreibender Aussagegehalt zu entnehmen ist, handelt es sich auch nicht um eine freihaltebedürftige Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. 4. Weitere Löschungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Marke entgegen § 3 MarkenG einG.en worden ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich bei der vorliegenden Marke schon nicht um die naturgetreue Abbildung eines Granny-Smith Apfels; insbesondere ist nicht feststellbar, dass unter allen denkbaren Umständen ausgeschlossen werden kann, dass das Zeichen als Herkunftshinweis dienen kann (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 3 Rdn. 6 m. w. N.). 5. Der gleichzeitig von der Beschwerde umfasste Angriff gegen die unterbliebene Auferlegung von Kosten ist indessen ohne Erfolg. Gründe für eine abweichende Entscheidung im Beschwerdeverfahren sind weder dargelegt noch ersichtlich. Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006897&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006898
BPatG
München
30. Senat
20100909
30 W (pat) 106/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Apfel (Bildmarke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
Parallelverfahren 30 W (pat) 96/09
In der Beschwerdesache … … betreffend das Löschungsverfahren der Marke 307 16 602 (S 27/08 Lö) hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Juni 2009 aufgehoben soweit die Eintragung der Marke 307 16 602 teilweise gelöscht wurde. Der Löschungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
I. Die Bildmarke (farbig: hellgrün, dunkelgrün, braun, schwarz) ist am 7. September 2007 unter der Nr. 307 16 602.3 für die Waren und Dienstleistungen Zahnprothesen; Zahnregulierungen; Zahnstifte; künstliche Kiefer; künstliche Zähne; Antilutschplatten, Knirscherschienen; Anti-Schnarch-Schienen; zahnärztliche Apparate und Instrumente; Lehr- und Unterrichtsmittel, ausgenommen Apparate; Druckereierzeugnisse Einzel- und Großhandelsdienstleistungen mit Waren aus den Klassen 3, 10, 16 und 1; Dienstleistungen eines Zahntechnikers Unterricht, insbesondere Schulungen im Gesundheitswesen und im Bereich der Ernährung; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung), insbesondere im Bereich des Gesundheitswesens und im Bereich der Ernährung; Wissenschaftliche Dienstleistungen medizinische Dienstleistungen, insbesondere Dienstleistungen eines Zahnarztes; plastische Zahnchirurgie, zahnmedizinische Schönheitschirurgie; Durchführung von medizinischen Untersuchungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen, namentlich Zahnästhetik, insbesondere zahnmedizinische Behandlung in den Bereichen Implantate, Kronen, Brücken und Veneers, Füllungen und Inlays, Bleaching, Zahnreinigung, Prothesen, Zahnregulierung sowie ganzheitliche Kieferorthopädie; Erstellung von zahnärztlichen Gutachten; pharmazeutische Beratung; Durchführung von medizinischen Analysen im Zusammenhang mit der Behandlung von einzelnen Menschen; Ernährungsberatung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register eingetragen worden. Die Antragstellerin hat am 17. Januar 2008 die Löschung der Marke 307 16 602 gestützt auf § 50 Abs. 1 i. V. m. § 3 und § 8 MarkenG, beantragt. Sie hat die Markenfähigkeit der Abbildung bezweifelt und zur Begründung weiter ausgeführt, bei der Bildmarke handle es sich um eine naturgetreue Darstellung eines grünen Apfels. Eine Bildmarke, die sich in Darstellung der charakteristischen Form und Farbe des weithin bekannten Apfels der Sorte Granny-Smith erschöpfe, werde vom Verkehr auch in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis empfunden. Der Verkehr fasse die naturgetreue Darstellung des Granny-Smith Apfels als gefälliges Werbemotiv auf, das die Aufmerksamkeit des Publikums erregen soll und nicht als Herkunftshinweis. Die Antragsgegnerin hat dem ihr am 8. Februar 2008 zugestellten Löschungsantrag am 5. März 2008 widersprochen und ausgeführt, bei der Bildmarke handle es sich nicht um eine naturgetreue Abbildung eines Granny-Smith Apfels, sondern um eine dreidimensionale Darstellung eines Apfels mit einem speziellen, sehr auffälligen Schattenwurf, die eine besondere Aussage und Unterscheidungskraft habe. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 8. Juni 2009 die Eintragung der Marke 307 16 602 teilweise gelöscht, nämlich für die Dienstleistungen „Medizinische Dienstleistung, insbesondere Dienstleistung eines Zahnarztes, Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG einG.en worden sei und sie noch immer eine nicht unterscheidungskräftige Angabe darstelle. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich um eine fotografisch genaue Darstellung eines Apfels der Sorte „Granny Smith“ handle; der Schattenwurf verdeutliche lediglich die dreidimensionale Wirkung. Durch die sehr intensive blend-a-med-Werbung könne davon ausgegangen werden, dass sich speziell der grüne Apfel zu einem Symbol für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch im Bereich der Gingivitis-Prophylaxe entwickelt habe, da er besonders geeignet sei, auf das kraftvolle Hineinbeißen mit gesunden Zähnen hinzuweisen. Der Granny-Smith vermittle nicht nur wegen seiner grünen Farbe, sondern auch wegen seines sehr sauren Geschmacks in einem ganz besonderen Maße das Gefühl einer „knackigen“ oder festen Konsistenz des Fruchtfleischs und sei damit ganz besonders geeignet, auf das kraftvolle „Hineinbeißen“ mit gesunden Zähnen hinzuweisen. Durch die Bildmarke werde zwar keine Produkteigenschaft der versagten Dienstleistungen unmittelbar beschrieben, ein Eintragungshindernis wegen fehlender Unterscheidungskraft könne sich aber daraus ergeben, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Dienstleistung in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sähen. Wegen des erforderlichen Produktbezugs sei daher eine Löschung der Marke insoweit gerechtfertigt, als die Marke für die Waren und Dienstleistungen einG.en worden sei, die eine für die Zahngesundheit gegen Parodontal-Erkrankungen konservierende Funktion haben könnten, denn nur insoweit könne von der Sachbezogenheit der Kennzeichnung ausgegangen werden. Das Apfelsymbol werde immer nur in diesen Bereichen eingesetzt, so dass sich auch hier nur ein entsprechendes Verkehrsverständnis habe bilden und erhalten können. Soweit daher der Löschungsantrag auch die Löschung der einG.enen Marke für die Waren und Dienstleistungen im Übrigen begehre, sei dieser zurückzuweisen. Der Schutzausschließungsgrund des § 3 Abs. 1 MarkenG liege nicht vor. Die Antragsgegnerin hat Beschwerde eingelegt und hierzu ausgeführt, das angemeldete Bildzeichen weise keinen engen beschreibenden Bezug zu den versagten Dienstleistungen auf. Die Bewertung der Markenabteilung hinsichtlich des Symbols grüner Apfel sei fehlerhaft. Die Firma blend-a-med habe in den 70er Jahren ihre Zahnpasta mit dem Werbeslogan „Damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können“ und der Vorstellung beworben, dass mit der richtigen Zahnpasta auf der Zahnbürste auch der herzhafte Biss in einen harten Apfel möglich sei. Alle Figuren der blend-a-med-Werbung hätten stets in einen Apfel gebissen und es habe sich immer herausgestellt, dass das Zahnfleisch wegen Parodontose blute. Blend-a-med-Zahnpasta sei als die Zahnpasta beworben worden, mit der man Parodontose verhindern könne. Der in der über 30 Jahre zurückliegenden Werbung für eine medizinische Zahncreme zum Schutz vor Parodontose verwendete grüne Apfel sei stets mit der beworbenen Zahnpasta verbunden worden und nie solitär im Zusammenhang mit Parodontoseschutz aufgetreten. Zum einen sei die weit zurückliegende Werbekampagne der Firma blend-a-med nicht mehr im Bewusstsein der Verkehrskreise verankert, zum anderen verbinde der Verkehr mit dem Symbol des grünen Apfels nur Zahnpasta. Der grüne Apfel mit der weißen Bissstelle sei daher als Markenzeichen der Firma blend-a-med bekannt. Der Apfel an sich sei kein allgemeines Symbol für Zahngesundheit oder Parodontosebehandlungen. Auch wenn dem Apfel gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben werden könne, gelte dies nicht im Zusammenhang mit zahnärztlichen Dienstleistungen. Die Darstellung eines runden Apfels stehe für ihr Behandlungsangebot, das unter Berücksichtigung eines ganzheitlichen Ansatzes und in sich geschlossenen Konzepts eine „runde Sache“ darstellen solle. Im Übrigen verweist die Antragsgegnerin auf die Entscheidung des LG Mannheim, 7. Zivilkammer, vom 8. Februar 2008 und verschiedene Voreintragungen, die eine Darstellung eines grünen Apfels enthalten. Soweit die Werbung für zahnärztliche Leistungen mit der Darstellung eines grünen Apfels verbunden werde, handle es sich zumeist um abgebissene oder nahezu aufgegessene Äpfel. Die naturalistische Darstellung eines „unbeschädigten“ Apfels in Granny Smith-Farben verbinde der Verkehr allenfalls beschreibend mit der Ware Apfel, nicht aber mit den Dienstleistungen Zahnhygiene und Zahnbehandlung. Vorliegend fehle es an einem konkreten Sachbezug, da die Bildmarke keinen Sachhinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen gebe. Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin II beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin I beantragt sinngemäß, die Beschwerde der Beschwerdeführerin II zurückzuweisen sowie die Löschung auch für die Dienstleistungen „plastische Zahnchirurgie, zahnmedizinische Schönheitschirurgie; Zahnästhetik, insbesondere zahnmedizinische Behandlung in den Bereichen Implantate, Kronen, Brücken und Veneers, Füllungen und Inlays, Bleaching, Zahnreinigung, Prothesen, Zahnregulierung“. Die Antragstellerin hält die Bildmarke „Apfel“ mit näheren Ausführungen weiterhin für löschungsreif und verweist auf den Beschluss der Markenabteilung. Die darüber hinaus zu löschenden Dienstleistungen fielen ebenfalls unter den gelöschten Oberbegriff „Dienstleistung eines Zahnarztes, Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“. Es sei nicht zutreffend, dass der Abbildung des grünen Apfels die Unterscheidungskraft nur im Umfang der Teillöschung fehle. Nicht nur parodontosefreie Zähne sondern ein intaktes Gebiss mit rundum gesunden Zähnen sei für ein „kraftvolles Zubeißen“ erforderlich, Zahnlücken, Karies oder entzündete Zähne hinderten daran. Seit der Blend-a-med-Werbung bestehe im Verkehr die Vorstellung, dass der Apfel eine allgemeingültige Heilwirkung für Zähne habe. Daher werde im zahnmedizinischen Bereich mit dem grünen Apfel als Symbol für gesunde Zähne ganz allgemein für zahnärztliche Produkte bzw. Tätigkeiten und für gesunde Zähne geworben ohne Einschränkung auf Parodontalbehandlungen. Die Antragstellerin verweist hierzu auf einige Internetausdrucke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen. II. A) Die Beschwerde der Antragsgegnerin, die dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen (§ 54 Abs. 2 MarkenG) und fristgerecht Beschwerde erhoben hat, ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 und 3 i. V. m. § 54 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen § 3 oder § 8 MarkenG einG.en wurde und wenn das Eintragungshindernis noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbesteht (§ 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG). Nach Auffassung des Senats ist die vorliegende Bildmarke „Apfel“ hinsichtlich der gelöschten Dienstleistungen nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG einG.en worden (§ 50 Abs. 1 MarkenG). Es stehen auch zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Schutzhindernisse entgegen, da die Bildmarke hinreichend unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig ist. Die Markenabteilung hat die Marke daher zu Unrecht teilweise wegen Nichtigkeit gelöscht, so dass der Beschluss aufzuheben und der Löschungsantrag auch insoweit zurückzuweisen ist. 1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2006, 220 Nr. 27 - BioID; BGH MarkenR 2004, 39 - City Service; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (BGH 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - Berlin Card) oder wenn es sich um beschreibende Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 465, 468 - Bonus; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. - City Service). Stellen die Elemente eines Bildzeichens die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen dar oder erschöpfen sie sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines lediglich beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von einigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Weist das betreffende Zeichen dagegen nicht nur die Darstellung von Merkmalen, die für die Ware oder Dienstleistung typisch oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden (vgl. BGH GRUR 2004, 331, 332 - Westie-Kopf; GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude). Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor). 2. Die vorliegende Bildmarke stellt einen grünen Apfel mit hellgrünen Flecken vor neutralem Hintergrund dar, der in Farbe und Form den Merkmalen eines Apfels der Sorte Granny-Smith entspricht. Der Apfel wird auf seiner rechten Seite von einer Lichtquelle aufgehellt, auf seiner linken Unterseite schließt sich ein großer, scharf umrissener Schattenwurf an, der durch seine Größe und die scharfen Konturen fast wie eine Scheibe wirkt. Wie die Markenabteilung zutreffend ausgeführt hat, beschreibt die vorliegende Bildmarke keine Produkteigenschaften, da sie weder Gegenstand oder Inhalt noch  Zweck oder Bestimmung der gelöschten Dienstleistungen „Medizinische Dienstleistung, insbesondere Dienstleistung eines Zahnarztes, Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“ bildlich darstellt. Es lässt sich aber auch nicht feststellen, dass das Zeichen sich in der Darstellung eines sonstigen (wesentlichen) Aspekts erschöpft, der zu diesen Dienstleistungen in einem engen beschreibenden Bezug stünde. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin handelt es sich nicht nur um eine naturgetreue Abbildung eines Granny-Smith Apfels, sondern um eine bildliche Darstellung mit charakteristischen Elementen. Die Lichteffekte und der übergroße, scharf abgegrenzte Schatten sorgen für eine gewisse grafische Verfremdung des ansonsten naturalistisch abgebildeten Apfels. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da es der Bildmarke jedenfalls am engen Sachbezug zu den beanspruchten Dienstleistungen fehlt. Ein solcher Sachbezug wird in der Rechtsprechung etwa bei Hilfsmitteln und -leistungen angenommen, welche regelmäßig beim Vertrieb bzw. der Erbringung der angemeldeten Dienstleistungen eingesetzt werden (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Entsprechendes kann für lediglich mittelbar beschreibende Angaben gelten, z. B. für Bezeichnungen des möglichen Abnehmerkreises der betroffenen Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 2007, 1071, 1072 (Nr. 25) Kinder II) oder Begriffe, die für die Vermarktung der einschlägigen Dienstleistungen verwendet werden (vgl. EuG GRUR Int. 2007, 853, 854 (Nr. 41) - TWIST & POUR). Die Annahme eines „engen beschreibenden Bezugs“ setzt allerdings voraus, dass der Verkehr mit dem angemeldeten Zeichen einen unmittelbaren und konkreten Sachbezug zu den beanspruchten Dienstleistungen herstellt. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass das Merkmal des „engen beschreibenden Bezugs“ nicht absolut und generalisierend festzustellen ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich von dem Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke und den jeweils beanspruchten Dienstleistungen. Maßgeblich ist dabei, ob die beteiligten Verkehrskreise den (allgemein) beschreibenden bzw. sachbezogenen Begriffsgehalt einer Angabe als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und deshalb in der Bezeichnung keine Unterscheidungsmittel für die (betriebliche) Herkunft der betroffenen Dienstleistungen sehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - Berlin Card; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Je bekannter ein solcher sachbezogener Begriffsgehalt ist, desto eher wird der Verkehr ihn auch als solchen (und damit nicht als Herkunftshinweis) auffassen, wenn ihm die Angabe im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Dienstleistungen entgegentritt. Umgekehrt spricht eine fehlende Geläufigkeit der Angabe eher gegen eine Annahme eines die Unterscheidungskraft ausschließenden „engen beschreibenden Bezugs“ (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl. § 8 Rdn. 48). 3. Im vorliegenden Fall lässt sich ein derartiges auch nur mittelbar beschreibendes Verständnis nur durch eine (unzulässige) analysierende Betrachtungsweise und als Ergebnis mehrerer gedanklicher Schritte erreichen, die für den Durchschnittsverbraucher nicht nahe liegen. Soweit die Markenabteilung auf die Blend-a-med Werbung Bezug nimmt, ist festzustellen, dass hierbei der Biss in einen grünen Apfel als eine Art von Test bzw. als Bestätigung dafür gezeigt wurde, dass mit der Anwendung der Blend-a-med Zahnpasta das Zahnfleisch so gesund erhalten werden konnte, dass es beim Biss in den Apfel nicht blutete und damit ein Parodontoserisiko nicht entstehen konnte. Dargestellt wurde hierbei stets der angebissene grüne Apfel mit weißer Bissstelle, um Wirkungsgrad und Erfolg der Zahnpasta herauszustellen. Bei der vorliegenden Darstellung handelt es sich dagegen um einen unversehrten, grünen Apfel mit einem charakteristischen Schattenwurf, der sich von dem in der bekannten Werbung verwendeten Apfel deutlich unterscheidet. Aus dem Umstand, dass der Biss in einen grünen Apfel als Test zur Überprüfung des Gesundheitszustandes des Zahnfleischs durch eine frühere Werbung für Zahnpasta eine gewisse Bekanntheit erreicht hatte und der grüne Apfel besonders geeignet ist, auf das kraftvolle Hineinbeißen mit gesunden Zähnen hinzuweisen, lässt sich entgegen der Ansicht der Markenabteilung noch nicht darauf schließen, dass sich speziell der grüne Apfel zu einem Symbol für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch im Bereich der Gingivitis-Prophylaxe entwickelt hat. Dies würde voraussetzen, dass der grüne Apfel stets als entsprechende eindeutige Sachangabe verstanden wird. Der Apfel an sich wird mit Gesundheit verbunden, der grüne Apfel im Speziellen mit Frische und besonders fruchtigem Geschmack und Geruch. Auch wenn dem Apfel an sich eine allgemein gesundheitsfördernde Wirkung zuzuschreiben ist und er auch notfalls als Ersatz zur Zahnreinigung verwendet werden mag, so versteht der Durchschnittsverbraucher die Abbildung eines grünen Apfels nicht ohne weiteres als Sachhinweis für gesunde Zähne oder gesundes Zahnfleisch. Insoweit hat weder die Antragstellerin noch die Markenabteilung Nachweise für ein entsprechendes Verkehrsverständnis genannt. Von dem „Apfelbiss“ aus der Zahnpastawerbung auf gesunde Zähne und auf eine hierfür erforderliche Parodontosebehandlung und sodann auf eine entsprechende allgemeine Symbolik grüner Äpfel zu schließen und diese auf die hier vorliegende Apfeldarstellung zu beziehen ist keine nahe liegende Betrachtungsweise, sondern erfordert mehrere gedankliche Zwischenschritte. Der Durchschnittsverbraucher wird auch aus dem Umstand, dass die Darstellung eines grünen Apfels im Zusammenhang mit der Werbung für zahnärztliche Leistungen Verwendung findet, nicht darauf schließen, dass der grüne Apfel an sich ein Symbol für gesunde Zähne und ein Sachhinweis im Zusammenhang mit Parodontosebehandlungen ist. Es ergeben sich somit keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Feststellung, dass der Verkehr mit der Bildmarke einen unmittelbaren und konkreten Sachbezug zu den beanspruchten Dienstleistungen „Medizinische Dienstleistung, insbesondere Dienstleistung eines Zahnarztes, Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“ herstellt, da die Abbildung eines grünen Apfels insoweit keine geläufige Sachangabe ist und ein (allgemein) beschreibender bzw. sachbezogener Begriffsgehalt nicht ohne weiteres und ohne Unklarheiten zu entnehmen ist. 4. Da der Bildmarke kein beschreibender Aussagegehalt zu entnehmen ist, handelt es sich auch nicht um eine freihaltebedürftige Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. 5. Weitere Löschungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Marke entgegen § 3 MarkenG einG.en worden ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelte es sich vorliegend schon nicht um die naturgetreue Abbildung eines Granny-Smith Apfels; insbesondere ist nicht feststellar, dass unter allen denkbaren Umständen ausgeschlossen werden kann, dass das Zeichen als Herkunftshinweis dienen kann (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 3 Rdn. 6 m. w. N.). Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zudem, dass das Zeichen insbesondere auch nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG eingetragen worden ist. 6. Der von der Beschwerde umfasste Angriff gegen die unterbliebene Auferlegung von Kosten ist indessen ohne Erfolg. Gründe für eine Abänderung der Entscheidung sind weder dargelegt noch ersichtlich. B) Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin II hat in der Sache keinen Erfolg. Da der Bildmarke aus den obengenannte Gründen schon kein allgemein beschreibender bzw. sachbezogener Begriffsgehalt im Sinne eines Hinweises auf gesunde Zähne bzw. Zahngesundheit zu entnehmen ist, lässt sich auch hinsichtlich der weiteren vom Löschungsantrag noch umfassten speziellen Dienstleistungen „plastische Zahnchirurgie, zahnmedizinische Schönheitschirurgie; Zahnästhetik, insbesondere zahnmedizinische Behandlung in den Bereichen Implantate, Kronen, Brücken und Veneers, Füllungen und Inlays, Bleaching, Zahnreinigung, Prothesen, Zahnregulierung“ kein enger beschreibender Bezug feststellen. Auch sonstige Löschungsgründe liegen nicht vor, wie oben bereits ausgeführt. Die Markenabteilung hat hinsichtlich dieser Dienstleistungen den Löschungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006931
BPatG
München
6. Senat
20100722
6 W (pat) 319/07
Beschluss
§ 87 Abs 1 PatG, § 88 PatG, § 402 ZPO
DEU
Patenteinspruchsverfahren – zur Erforderlichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens
In der Einspruchssache betreffend das Patent 103 54 221 … … hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Guth, Dipl.-Ing. Hildebrandt und Dipl.-Ing. Küest beschlossen: Das Patent 103 54 221 wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen: - Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - Beschreibung mit den geänderten Seiten 1, 1a, 2, 2a und 3 vom 21. Februar 2006, eingereicht am selben Tag, - Beschreibung im Übrigen und Zeichnungen wie erteilt.
I. Gegen das Patent 103 54 221, dessen Erteilung am 25. Mai 2005 veröffentlicht wurde, ist mit Schriftsätzen der Einsprechenden 1 vom 16. August 2005, eingegangen am 17. August 2005, und der Einsprechenden 2 vom 25. August 2005, eingegangen am selben Tag, Einspruch erhoben worden. Die Einsprüche stützen sich auf den Widerrufsgrund der fehlenden Patentfähigkeit des Patentgegenstands, der unzulässigen Erweiterung, der Schutzbereichserweiterung und der mangelnden klaren Lehre zum technischen Handeln. Die Einsprechenden stützen ihre Einspruchsbegründungen neben den im Prüfungsverfahren angeführten Druckschriften, D1: DE 199 52 931 A1, D2: DE 35 10 935 A1, D3: DE 27 20 851 A1, D4: DIN 18082, Dezember 1991, D5: DIN 4102, Teil 5, noch auf folgenden Stand der Technik: D6: DE 102 12 332 A1, D7: DE 27 20 851 A1, D8: DE 102 12 331 A1, D9: DE 699 01 611 T2, D10: WO 90/02855, D11: DE 40 11 587C2, D12: DE 40 11 606 C2, D13: DE 296 13 507 U1, D14: DE 30 23 632 A1; D15: DE 23 58 222 A1, D16: EP 0213 103 A1, D17: WO 99/58804. Die Einsprechende 1 macht im Weiteren offenkundige Vorbenutzungen geltend und reicht zu deren Substantiierung u. a. Zeichnungen Z1 bis Z3 und Z7 ein, die von der Pateninhaberin stammen. Diese Vorbenutzungen wurden in der mündlichen Verhandlung von der Patentinhaberin auch nicht bestritten. Die Einsprechenden führen in ihren Einspruchsbegründungen aus, dass der Patentgegenstand gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik nicht neu sei bzw. nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie stellen übereinstimmend den Antrag, das angegriffene Patent zu widerrufen. Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: - Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht in der mündlichen Verhandlung, - Beschreibung mit den geänderten Seiten 1, 1a, 2, 2a und 3 vom 21. Februar 2006, eingegangen am selben Tag, - Beschreibung im Übrigen und Zeichnungen wie erteilt. Sie führt aus, dass ihrer Auffassung nach der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 und 6 sowie das Verfahren nach Patentanspruch 8 gegenüber dem geltend gemachten Stand der Technik neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Das Patent betrifft nach dem Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 1 ein Feuerschutzabschlusselement (3, 2; 20) mit einem einen Hohlraum (6) umschließenden Mantel (4, 5) und einer in dem Hohlraum (6) eingefügten Isolierung (7) zur Wärmedämmung und/oder Kühlung des Mantels (4, 5) im Brandfall, wobei die Isolierung (7) zur Anpassung an die entlang der Höhe (h) des Feuerschutzabschlusselementes (3, 2; 20) gesehen unterschiedliche Temperaturbeanspruchung entlang der Höhe (h) des Feuerschutzabschlusselementes (3, 2; 20) unterschiedlich ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Isolierung (7) vollständig in mehrere im Hohlraum übereinander angeordnete Streifen (11, 12, 13) verschiedener Glas- oder Mineralfasermatten mit zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften unterteilt ist. Hieran schließen sich die rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 und 7 an, zu deren Wortlaut auf den Akteninhalt verwiesen wird. Im Weiteren betrifft das Patent nach dem Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 6 ein Feuerschutzabschlusselement (3, 2; 20) mit einem einen Hohlraum (6) umschließenden Mantel (4, 5) und einer in dem Hohlraum (6) eingefügten Isolierung (7) zur Wärmedämmung und/oder Kühlung des Mantels (4, 5) im Brandfall, wobei die Isolierung (7) zur Anpassung an die entlang der Höhe (h) des Feuerschutzabschlusselementes (3, 2; 20) gesehen unterschiedliche Temperaturbeanspruchung entlang der Höhe (h) des Feuerschutzabschlusselementes (3, 2; 20) unterschiedlich ausgebildet ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Materialdichte und/oder der Anteil von Kühlmittel der Isolierung (7) im Hohlraum (6) bei bestimmungsgemäßer Anordnung von unten nach oben allmählich zunimmt, und nach dem Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 8 ein Verfahren zum Herstellen eines Feuerschutzabschlusselements (3, 2; 20), das mit einem einen Hohlraum (6) umschließenden Mantel (4, 5) und einer in dem Hohlraum (6) eingefügten Isolierung (7) zur Wärmedämmung und/oder Kühlung des Mantels (4, 5) im Brandfall versehen ist, wobei die Isolierung (7) zur Anpassung an die entlang der Höhe (h) des Feuerschutzabschlusselementes (3, 2; 20) gesehen unterschiedliche Temperaturbeanspruchung entlang der Höhe (h) bzw. Breite (b) des Feuerschutzabschlusselementes (3, 2; 20) unterschiedlich ausgebildet ist mit den Schritten: a) zur Verfügung Stellen eines ersten Teils (4) des Mantels, b) Einfügen der Isolierung (7) in den ersten Teil (4) des Mantels, c) Einschließen der Isolierung (7) durch Verbinden eines zweiten Teils (5) des Mantels mit dem ersten Teil (4), dadurch gekennzeichnet, dass Schritt b) umfasst: b1b) zur Verfügung Stellen einer Isoliermaterialbahn (30) mit sich über ihrer Länge (L) oder Breite (x) allmählich verändernden, für unterschiedliche Temperaturbeanspruchung ausgelegten Konsistenz; b2b) Einfügen der Isoliermaterialbahn (30) oder eines Zuschnittes (32, 33, 34) aus derselben in einer an die Temperaturbeanspruchung im Brandfall angepassten Ausrichtung. Nach Abs. [0005] der Patentschrift liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Feuerabschlusselement nach dem Oberbegriff des beigefügten Anspruchs 1 zu schaffen, das ohne Beeinträchtigung der Feuerbeständigkeit oder sogar mit erhöhter Feuerbeständigkeit kostengünstiger und resourcen- und umweltschonender in der Herstellung ist. Außerdem soll ein Verfahren zu dessen Herstellung angegeben werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. 1. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 859, 861 f. - Informationsübermittlungsverfahren I; BGH GRUR 2007, 862 f. - Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 2009, 184 f. - Ventilsteuerung). 2. Die frist- und formgerecht erhobenen Einsprüche sind ausreichend substantiiert und auch sonst zulässig. Die von den Einsprechenden eingereichten Begründungen geben in eindeutiger und nachvollziehbarer Weise die die Einsprüche rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen an. Gegenteilige Aspekte sind nicht erkennbar und wurden von der Patentinhaberin auch nicht geltend gemacht. 3. Der Fachmann ist hier ein Baustofftechniker mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung von Feuerschutzabschlusselementen, der bei der Auswahl von geeigneten Isolierungen aus Glas- und Mineralfasern den entsprechenden Verfahrenstechniker zu Rate zieht. 4. Geltender Patentanspruch 1 4.1. Der geltende Patentanspruch 1 ist zulässig. Er weist keine unzulässige Erweiterung auf, vermittelt eine klare Lehre zum technischen Handeln und geht auch nicht über den Schutzbereich des erteilten Patentanspruchs 1 hinaus. Die von den Einsprechenden geltend gemachten unzulässigen Erweiterungen bezüglich des geltenden Patentanspruchs 1, die zum einen im Merkmal „dass die Isolierung … vollständig in mehrere im Hohlraum übereinander angeordnete Streifen 11, 12, 13 verschiedener Glas- oder Mineralfasermatten mit zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften unterteilt ist“, und zum anderen in der Streichung „in Richtung der Breite“, gesehen wird, liegen nicht vor. Denn erstens ist u. a. in Abs. [0009] der Patentschrift das zuvor angeführte Merkmal derart beschrieben, dass der Fachmann dieser Stelle eine Isolierung entnimmt, die aus verschiedenen, streifenförmigen Stücken besteht und damit als vollständig unterteilt anzusehen ist. Die verschiedenen Stücke haben danach zu einander unterschiedliche Materialeigenschaften und sind Glas- oder Mineralfasermatten. Die vollständige Unterteilung ist auch nur so in den Figuren 1 und 2 dargestellt und in Abs. [0021] entsprechend erläutert. Zweitens ist auch die Streichung des Merkmals „in Richtung der Breite“ keine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs, weil diese Bestimmung, wie sich die Streifen erstrecken, nicht Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 war. Im Übrigen ist im erteilten Patentanspruch 1 immer von Höhe oder/ bzw. Breite die Rede. Wenn nun im geltenden Patentanspruch 1 nur die eine Alternative weiter verfolgt wird, ist das allein schon durch den erteilten Patentanspruch 1 gedeckt. Eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des nun geltenden Patenanspruchs 1 ergibt sich auch nicht daraus, dass im erteilten Patentanspruch 1 statt der vollständigen Unterteilung in mehrere im Hohlraum übereinander angeordnete Streifen 11, 12, 13 verschiedener Glas- oder Mineralfasermatten mit zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften, lediglich angeführt ist, dass die Isolierung … unterschiedlich ausgebildet ist. Mit der Neufassung ist nämlich eindeutig eine Einschränkung gegenüber der erteilten Fassung gegeben. Das Feuerschutzabschlusselement gem. geltendem Patentanspruch 1 ist so detailliert beschrieben, dass es für den Fachmann keinerlei Probleme gibt, diese technische Lehre nachzuarbeiten, was insbesondere auch auf die mehreren im Hohlraum übereinander angeordneten Streifen (vgl. Fig. 3) zutrifft, weil der Fachmann vorrangig nur an den in Fig. 1 und 2 dargestellten Aufbau denkt und für einen andersartigen Einbau der Isolierung - etwa diagonal oder patchworkartig -, wie von den Einsprechenden vorgetragen, entsprechende Merkmale und Anhaltspunkte in der Patenschrift fehlen und wohl auch nicht die angestrebte Funktion erfüllen würden. 4.2 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem angeführten Stand der Technik patentfähig. 4.2.1 Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Dies trifft sowohl auf den Stand der Technik gemäß den zur offenkundigen Vorbenutzung genannten Anlagen Z1, Z2, Z3 und Z7 als auch auf den Gegenstand nach der D13 zu. In den Anlagen Z1, Z2, Z3 und Z7 sind zwar auch zwei und damit mehrere übereinander angeordnete Streifen vorgesehen, wobei der untere, der im eingebauten Zustand ca. 95 % des Hohlraums ausfüllt, auch eine Mineralfasermatte ist. Der obere aber besteht in Dickenrichtung aus außen liegenden Gipskartonplattenstreifen mit einem dazwischen liegenden Prominaplattenelement. Ein Prominaplattenelement besteht aus zementgebundenem Calciumsilikat. Für den Fachmann fällt diese Platte nicht unter den Begriff „Mineralfasermatte“. Mineralfasermatten bestehen nämlich im Wesentlichen aus Mineralfasern, deren Ausgangsmaterial entweder Altglas bzw. Glasrohstoffe wie Quarzsand für die Herstellung von Glaswolle, oder aber Basalt- oder Diabas-Gestein für die Herstellung von Steinwolle ist. Die künstlichen Mineralfasern werden durch Schmelzen des mineralischen Ausgangsmaterials und anschließendes Zentrifugieren, Zerblasen oder Düsenziehen hergestellt. In kontinuierlichen Verfahren werden mineralische Faserdämmstoffe in Wirrlage der Fasern oder herstellungsbedingt mit ausgerichteten Fasern in einer Vorzugsrichtung parallel zu den Hauptoberflächen in der Regel in Lieferdicke werksmäßig hergestellt. Die Dämmstoffe enthalten über 90 % künstliche Mineralfasern, Kunstharz (aus Phenol, Harnstoff und Formaldehyd), Öle und weitere Zusätze. Durch die Variabilität der Rohstoffe und Zusatzstoffe sowie auch durch die unterschiedlichen Herstellungsverfahren ergibt sich eine breite Palette von Mineralfaserdämmstoffen (vgl. u. a. DIN 18165 Teil 1). Das Prominaplattenelement gem. den zur offenkundigen Vorbenutzung genannten Anlagen Z1, Z2, Z3 und Z7 ist somit keine Mineralfasermatte. Denn erstens besteht es nicht aus Mineralfasern, zweitens ist das Bindemittel Zement statt Kunstharze und drittens ist die Rohdichte dieses Elementes mit ca. 870 kg/m³ doppelt so groß als die in der Patentschrift für die Mineralfasermatten angegebene mit maximal ca. 390 kg/m³. In der feuerhemmenden Tür nach der D13 sind Mineralwollplatten eingebaut, die keine zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften haben, sondern die Fasern verlaufen in Flächenbereichen in ihrer Faser- Hauptausrichtung senkrecht zur Ebene der Tür (vgl. D13, S. 3 Z. 30, 31, S. 5 Z. 8 - 14 u. Fig. 1, 2). 4.2.2 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die zur offenkundigen Vorbenutzung genannte Anlage Z7 zeigt ein Feuerschutzabschlusselement mit einem einen Hohlraum umschließenden Mantel. In dem Hohlraum ist eine Isolierung zur Wärmedämmung und/oder Kühlung des Mantels im Brandfall eingefügt. Die Isolierung ist zur Anpassung an die entlang der Höhe des Feuerschutzabschlusselementes gesehen unterschiedliche Temperaturbeanspruchung entlang der Höhe des Feuerschutzabschlusselementes unterschiedlich ausgebildet. Der Unterschied zwischen diesem Feuerschutzabschlusselement und dem Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 besteht darin, dass die Isolierung vollständig in mehrere im Hohlraum übereinander angeordnete Streifen verschiedener Glas- oder Mineralfasermatten mit zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften unterteilt ist. Wie schon unter Punkt 4.2.1 ausgeführt, füllt gem. den Anlagen Z1, Z2, Z3 und Z7 der untere Streifen aus Mineralwolle ca. 95 % des Hohlraums aus. Lediglich ein Streifen von 10 cm bestehend aus zwei Gipskartonstreifen mit einem dazwischen liegenden Prominaplattenstreifen ist im oberen Bereich des Hohlraums angeordnet und zwar offensichtlich zur Verhinderung von größeren Verformungen im oberen Bereich der Tür. Denn gem. den mechanischen Eigenschaften einer Prominaplatte bleibt diese Platte auch bei Feuchtigkeit und Temperatur formstabil und tragfähig. Der Fachmann erhält allein aus den Unterlagen zur offenkundigen Vorbenutzung keinerlei Hinweise, die Ausbildung des oberen Streifens durch Mineralfasermatten zu ersetzen. Denn mit einem Mineralfasermattenstreifen im oberen Bereich der Tür verringert sich die Formstabilität der Tür, was ein Ersetzen der Prominaplattenstreifens durch einen Mineralfasermattenstreifen ausschließt. Im Übrigen fehlen in den Anlagen zur offenkundigen Vorbenutzung auch Hinweise, die sich auf eine Unterteilung der den überwiegenden Teil der Isolierung ausmachenden Mineralwollmatte richten, weil dieser Teil mit der Isolierung im geltenden Patenanspruch 1 vergleichbar ist. Die D11 offenbart in Fig. 3 und Anspruch 1 ein Feuerschutzabschlusselement mit einem einen Hohlraum umschließenden Mantel 4, 5. In dem Hohlraum gem. Fig. 3 ist eine Isolierung 6, 6a, 6b zur Wärmedämmung und/oder Kühlung des Mantels 4, 5 im Brandfall eingefügt. Gem. Sp. 3, Z. 48 - 57 ist die Isolierung 6, 6a, 6b zur Anpassung an die entlang der Höhe des Feuerschutzabschlusselementes gesehen unterschiedliche Temperaturbeanspruchung entlang der Höhe des Feuerschutzabschlusselementes unterschiedlich ausgebildet. Hiervon unterscheidet sich der Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 dadurch, dass die Isolierung 7 vollständig in mehrere im Hohlraum übereinander angeordnete Streifen 11, 12, 13 verschiedener Glas- oder Mineralfasermatten mit zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften unterteilt ist. Hinweise hierzu ergeben sich aus der D11 nicht, weil die Füllung nach bevorzugter Ausführungsform aus Gipsplatten also aus einer festen Füllung besteht und damit auf eine Anordnung von Glas- oder Mineralfasermatten jegliche Anregung fehlt. Auch zusammen mit dem Gegenstand nach der D3, die Platten aus mineralischem Granulat zeigt, ergibt sich aus dem zuvor genannten Grund kein Weg, der zum Gegenstand nach dem geltenden Patentanspruch 1 führt. Die D13 offenbart gem. Anspruch 1 eine feuerhemmende Tür mit abdeckenden Blechschalen mit Dämmstoffeinlage. Im begrenzten Flächenbereich (vgl. Fig. 1 und 2) liegt die Hauptausrichtung der Fasern der Dämmstoffeinlage in Richtung der Türdicke, um im mittleren Bereich der Tür die Blechschalen besser auszusteifen. Im Ausführungsbeispiel nach Fig. 1 und 2 besteht der begrenzte Flächenbereich aus Ausnehmungen, in die Dämmstoffeinlagen offensichtlich gleicher Art mit Hauptausrichtung der Fasern in Richtung der Türdicke angeordnet sind. Diese Anordnung der Isolierung kann damit keinen Weg aufzeigen, der zu einer Isolierungsanordnung führt, die vollständig in mehrere im Hohlraum übereinander angeordnete Streifen verschiedener Glas- oder Mineralfasermatten mit zueinander unterschiedlichen Materialeigenschaften unterteilt ist. Damit vermag der Stand der Technik nach den zur offenkundigen Vorbenutzung genannten Anlagen Z1, Z2, Z3 und Z7, der D3, der D11 und der D13 weder für sich allein betrachtet, noch in einer Zusammenschau eine Anregung zur erfindungsgemäßen Lösung zu geben, weil jede Entgegenhaltung dem Fachmann jeweils eine in sich abgeschlossene Lösung für unterschiedliche Aufgabenstellungen bietet und ein durch willkürliches Herausgreifen einzelner Merkmale zusammen mit dem Fachwissen zusammengefügter Anspruch mit der Lehre nach dem geltenden Patentanspruch 1 in Kenntnis der Erfindung einer unzulässigen ex-post Betrachtung gleich käme. Die D6 und D8 zeigen jeweils Schichtstrukturen in Dickenrichtung des Brandschutzelementes und haben damit einen völlig anderen Aufbau als der beim Gegenstand nach dem geltenden Patenanspruch 1. In diesen Entgegenhaltungen sind ganz offensichtlich wie auch in der D1, D4, D5, D7, D9, D12 und D14 bis D17 keine weitergehenden Hinweise auf die oben angeführten und die Patentfähigkeit begründenden Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 erkennbar. Der geltende Patentanspruch 1 ist somit gewährbar. 5. Geltender Patentanspruch 6 5.1. Der geltende Patentanspruch 6 ist zulässig. Er weist keine unzulässige Erweiterung auf, vermittelt eine klare Lehre zum technischen Handeln und geht auch nicht über den Schutzbereich des erteilten Patentanspruchs 1 hinaus. Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 6 ergeben sich aus dem erteilten Patentanspruch 1 und 6. Das Feuerschutzabschlusselement gemäß geltendem Patentanspruch 6 ist so detailliert beschrieben, dass es für den Fachmann keinerlei Probleme gibt, diese technische Lehre nachzuarbeiten. Auch wenn die Einsprechende 1 Schwierigkeiten hinsichtlich der Fertigung von Isolierungen mit allmählicher Zunahme der Materialdichte und/oder des Anteils von Kühlmittel gesehen hat, ist es für den Senat eindeutig, dass es bei der Herstellung von derartigen Isolierungen keinerlei technische Probleme gibt, was im Verlauf der mündlichen Verhandlung, bei der Abhandlung des Verfahrensanspruchs 8, auch von der Einsprechenden 1 nicht mehr so gesehen wurde. Im Übrigen ist es in der Rechtsprechung für die Ausführbarkeit nicht zwingend erforderlich, dass die in den Patentansprüchen genannten Materialien schon zur Verfügung stehen (Busse, Patentgesetz, 6. Auflage § 34 Rn. 295 ff.), vielmehr muss im Einspruchsverfahren nachgewiesen werden, dass eine Ausführung generell nicht möglich ist (vgl. Busse, a. a. O., Rn. 301), was hier nicht konkret versucht worden ist. Der Schutzbereich des nun geltenden Patenanspruchs 6 geht nicht über den des erteilten Patentanspruchs 1 hinaus, weil sich der geltende Patentanspruch 6 aus dem erteilten Patentanspruch 1 mit einschränkenden Merkmalen aus dem erteilten Patentanspruch 6 ergibt. 5.2 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 6 ist gegenüber dem angeführten Stand der Technik patentfähig. 5.2.1 Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu. Denn keine der genannten Entgegenhaltungen zeigt ein Feuerschutzabschlusselement, bei dem die Materialdichte und/oder der Anteil von Kühlmittel der Isolierung im Hohlraum bei bestimmungsgemäßer Anordnung von unten nach oben allmählich zunimmt. 5.2.2 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die D15 offenbart eine feuerbeständige Tür, bestehend aus einer in einem Stück erzeugten Mineralstoffplatte, die unterschiedliches spez. Gewicht aufweist insbesondere in den Randzonen, die mechanisch höher beansprucht sind. Hierbei handelt es sich um ein Türblatt, das weder einen Hohlraum aufweist noch eine in diesem Hohlraum angeordnete Isolierung hat, und damit dem Fachmann genauso wenig wie die D1 einen entscheidenden Hinweis auf die Lehre gem. geltendem Patentanspruch 6 geben kann. Die D1 bezieht sich in Spalte 3, Zeilen 3 bis 7, zwar auf einen in nicht ebenen Schichten angeordneten, Wasser abspaltenden Stoff, aber ob dieser nach oben zunimmt bzw. wie dieser Stoff verteilt ist, kann dieser Fundstelle nicht entnommen werden. Der geltende Patentanspruch 6 ist somit gewährbar. 6. Geltender Patentanspruch 8 6.1. Der geltende Patentanspruch 8 ist zulässig. Er weist keine unzulässige Erweiterung auf, vermittelt eine klare Lehre zum technischen Handeln und geht auch nicht über den Schutzbereich des erteilten Patentanspruchs 1 hinaus. Die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 8 ergeben sich aus dem Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 8 mit den unter b1b) und b2b) angegebenen, alternativ angeführten Verfahrensmerkmalen. Dieser Patentanspruch beschreibt die Vorgehensweise, wie das Feuerschutzabschlusselement gem. geltendem Patentanspruch 6 zusammengebaut wird in eindeutiger Weise, so dass es für den Fachmann keinerlei Probleme gibt, diese technische Lehre nachzuarbeiten. Der Schutzbereich des nun geltenden Patenanspruchs 8 geht auch nicht über dem des erteilten Patentanspruchs 8 hinaus, weil der geltende Patentanspruch 8 den Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 8 und dessen Verfahrensmerkmale der unter b1b) und b2b) angegebenen Alternative zusammenfasst. 6.2 Das Verfahren gem. geltendem Patentanspruch 8 ist gegenüber dem angeführten Stand der Technik patentfähig. 6.2.1 Das zweifellos gewerblich anwendbare Verfahren gemäß geltendem Patentanspruch 8 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Verfahren nach Patentanspruch 8 wird von den Einsprechenden ausführt, dass allein durch den Produktionsprozess immer eine inhomogene Isoliermaterialbahn entstehe und sich damit auch ein Bereitstellen von Isoliermaterialbahnen mit sich über ihrer Länge oder Breite allmählich verändernden, für unterschiedliche Temperaturbeanspruchung ausgelegten Konsistenz ergäbe, die dann als Bahn oder eines Zuschnittes in einer an die Temperaturbeanspruchung im Brandfall angepassten Ausrichtung in den Hohlraum eines Feuerschutzabschlusselements fachmännisch einfügen ließe. Aus dem gesamten in Betracht gezogenen Stand der Technik gibt es jedoch keine Isoliermaterialbahn, die eine planmäßig, sich über ihrer Länge oder Breite allmählich verändernde, für unterschiedliche Temperaturbeanspruchung ausgelegte Konsistenz aufweist und die dann als Bahn oder Zuschnitt aus der Bahn in einer an die Temperaturbeanspruchung im Brandfall angepassten Ausrichtung in den Hohlraum eingefügt wird. Diese Maßnahmen sind auch nicht naheliegend, weil auch keine der Entgegenhaltungen hierzu weder Anregungen noch Hinweise geben kann. Das Verfahren gem. geltendem Patentanspruch 8 ist damit gewährbar. 7. Mit der Gewährbarkeit des geltenden Patentanspruchs 1 sind auch die auf nicht platt selbstverständliche Ausgestaltungen des Patengegenstandes gem. geltendem Patentanspruch 1 gerichteten Unteransprüche 2 bis 5 und 7 gewährbar. 8. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne - wie von der Einsprechenden 2 angeregt - ein Sachverständigengutachten zur Frage des Begriffs „Mineralfasermatte“ einzuholen. Erstens ist es nach allgemeiner Rechtsprechung originär richterliche Aufgabe, den objektiven Sinngehalt der mit dem jeweiligen Schutzrecht unter Schutz gestellten Lehre eigenständig durch Auslegung der Patentansprüche - gegebenenfalls unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen - zu ermitteln (vgl. dazu etwa BGH X ZR 56/08 vom 22. Dezember 2009 - Kettenradanordnung II Rn. 25 ff.). So auch im vorliegenden Fall, in dem es maßgeblich auf die Auslegung des Inhalts der Streitpatentschrift und den zur offenkundigen Vorbenutzung genannten Anlagen Z1, Z2, Z3 und Z7 und die durch diese vermittelten Lehren ankommt. Zweitens dient der Sachverständigenbeweis dazu, dem Gericht Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen zu vermitteln oder entscheidungserhebliche Tatsachen festzustellen, soweit hierzu besondere Sachkunde erforderlich ist. Hieraus folgt, dass das Gericht trotz einer entsprechenden Anregung nicht gezwungen ist, sich eines Sachverständigen zu bedienen, wenn es die erforderlichen Sachkenntnisse selbst besitzt oder sich diese etwa durch Studium der Fachliteratur selbst beschaffen kann (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 402 Vorbem. Rn. 1, 3). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen geht der Senat aber aus, da ihm technische Mitglieder und ein technischer Vorsitzender angehören, die aufgrund ihrer Fachkenntnisse, der zur Verfügung stehenden Fachliteratur und sonstiger Druckschriften sowie der entscheidungserheblichen Patentschriften in der Lage sind, den gegebenen Sachverhalt umfassend zu erkennen und zu würdigen (vgl. dazu Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 88 Rn. 6; § 139 Rn. 125).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006937
BPatG
München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 38/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "THE KIDS WANT TECHNO" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 005 592.0 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Anmeldung der Wortmarke THE KIDS WANT TECHNO für folgende Waren und Dienstleistungen „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten“ hat die Markenstelle mit Beschluss vom 17. August 2009 und die dagegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 17. Dezember 2009 zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, die aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes bestehende Wortfolge sei sprachüblich gebildet und grammatikalisch korrekt. Sie werde daher von den hier angesprochenen allgemeinen inländischen Verkehrskreisen ohne Weiteres als schlagwortartiger Hinweis im Sinn von „Die Kinder wollen Techno“ verstanden. Dabei neige das Publikum nicht dazu, die Wortfolge in ihre einzelnen grammatikalischen Bestandteile zu zergliedern. Vielmehr werde es sie unbefangen in dem Sinn verstehen, dass Kinder und Jugendliche Techno-Musik gerne hören möchten. In Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen „Ausbildung, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten“ sehe das Publikum in der angemeldeten Wortfolge damit lediglich einen themenbezogenen Sachhinweis dahingehend, dass die Dienstleistungen Techno-Musik für Kinder und Jugendliche zum Gegenstand hätten. So könnten der Umgang mit Techno-Musik und das Tanzen dazu Ausbildungsgegenstand sein. Die Dienstleistungen „Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten“ könnten Techno-Musik für Kinder und Jugendliche beinhalten. Das Publikum werde daher die angemeldete Wortfolge nicht einem bestimmten Unternehmen zuordnen, sondern in der Wortfolge lediglich einen sachlichen Hinweis sehen. Ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus einem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliege, könne bei dieser Sach- und Rechtslage dahingestellt bleiben. Der Erinnerungsbeschluss ist der Anmelderin am 21. Dezember 2009zugestellt worden. Die Anmelderin hat am 14. Januar 2010 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, die angesprochenen Verbraucherkreise seien sehr weit und verstünden nicht so umfassend Englisch, wie die Markenstelle unterstelle. Das angemeldete Zeichen könne allenfalls für Musik beschreibend sein, aber nicht für die vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Eine Sachaussage enthalte „The Kids want Techno“ nicht. Die Verbraucher seien es gewohnt, solche Slogans als Herkunftshinweise zu sehen. Der vorliegende weise zudem die Besonderheit auf, dass zu einem vollständigen Satz am Ende „... hören“ fehle. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen. II. Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Wortmarken haben keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verbraucher lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Einer fremdsprachigen Wortmarke, wie der vorliegenden, fehlt die Unterscheidungskraft weiterhin, wenn die beteiligten inländischen Verkehrskreise, d. h. der Handel und/oder die Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren, im Stande sind, deren Bedeutung zu erkennen. Die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft liegen nach Auffassung des Senats bei der angemeldeten Wortmarke vor. Die Prüfung der Unterscheidungskraft darf sich also nicht auf die Erörterung eines beschreibenden Gehalts der fraglichen Marke beschränken (vgl. Ströbele, GRUR 2005, 93, 96). Maßgebend ist, ob das Publikum in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Diese Beurteilungsmaßstäbe gelten unterschiedslos für jede Markenform. Es gibt keine rechtliche Grundlage, an bestimmte Markenformen, hier einen Satz bzw. Slogan, weniger strengere rechtliche Maßstäbe anzulegen. Die Markenstelle hat die angemeldete Wortfolge zutreffend als eine Angabe beurteilt, welche von den maßgeblichen Kreisen im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres verstanden wird. Auf dies kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Ergänzend ist zur Argumentation der Anmelderin in der Beschwerdebegründung anzumerken, dass die in dem angemeldeten Zeichen enthaltenen Substantive „Kids“ und „Techno“ bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben. Die übrigen Wörter gehören zu den einfachen englischen Grundwörtern. Wenn die Anmelderin vorträgt, die Verbraucher seien es gewohnt, entsprechende Slogans als Herkunftshinweis zu nehmen, so verkennt sie, dass dies für Slogans gilt, die bekannt sind und sich durchgesetzt haben. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass auch ein (noch) unbekannter Slogan als Herkunftshinweis wirkt. Ein zusätzliches Verb (etwa „hören“) ist für das Verständnis des Slogans nicht erforderlich. Die Aussage „Jemand will etwas“ ist auch ohne Verb klar und sogar sprachüblich. Eine Übertragung auf nicht gegenständliche Musik erzeugt keine Unterscheidungskraft; auch ein Satz, wie „Er will Zuneigung“, ist aussagekräftig. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006938
BPatG
München
27. Senat
20100921
27 W (pat) 287/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Change-Yoga" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 020 843.3 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts wird aufgehoben.
I. Die Anmelderin hat beim Deutschen Patent- und Markenamt die Eintragung der Wortmarke Change-Yoga für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt: Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten; Klasse 44: medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen. Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluss vom 24. September 2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, verschiedenste Yoga-Schulen böten Change-Yoga an. Es sei eine eigenständige Form von Yoga für spezielle Anwender. An dem Fachbegriff Change-Yoga bestehe daher ein Freihaltungsbedürfnis. Es gebe eine Reihe von ähnlich gebildeten Bezeichnungen für Yoga-Richtungen, z. B. Luna-Yoga, Yabluga-Yoga, Poweryoga. Für eine Verwendung von Change-Yoga als Fachausdruck beruft sich die Markenstelle auf folgende Fundstellen: - Presseecho ashampoo: ein von der Anmelderin entwickeltes Yogaprogramm - Yogaschule Kastner: Angebot des von der Anmelderin entwickelten Programms - Angebot eines Weiterbildungsmoduls Change Yoga - Internetseite von bodylifeswisse mit Change Yoga als Button Der Zurückweisungsbeschluss wurde der Anmelderin am 8. Oktober 2009 zugestellt. Die Anmelderin hat dagegen am 5. November 2009 Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, Change-Yoga sei kein feststehender Begriff. Wie schon Luna Yoga, Licht Yoga, Chi Yoga, Tao Yoga, Sun Yoga, Aqua Yoga und viele andere sei auch Change-Yoga als Marke schutzfähig. Sie beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen. II. Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Dass Change-Yoga eine beschreibende Angabe im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, hat die Markenstelle nicht belegt. Auch der Senat hat keinen Anlass, Change-Yoga eine beschreibende Bedeutung beizumessen. Die Aussage „Umkehrhaltung“ mag für sich beschreibend sein, kommt aber in Change-Yoga nicht deutlich genug zum Ausdruck. Ohne beschreibende Aussage wäre das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) aber nur gegeben, wenn es sich bei Change-Yoga um eine Bezeichnung handeln würde, die von den angesprochenen Kreisen - etwa wegen einer entsprechenden allgemeinen Verwendung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird. Die von der Markenstelle durchgeführten Recherchen zeigen Change-Yoga als ein von der Anmelderin entwickeltes und geschultes Yoga-Modell. Es fehlen jedoch Nachweise dafür, dass Change-Yoga von den angesprochenen Kreisen als Hinweis auf eine allgemeine Methode benutzt und verstanden wird, das nicht einem Anbieter zugeschrieben ist, sondern durch Change-Yoga nur verfahrensmäßig bestimmt ist. Die Fundstellen zeigen Change-Yoga nicht als bloße Sachaussage. Diese Auffassung unterstützt es, dass es zahlreiche entsprechend gebildete Bezeichnungen für Yoga-Arten gibt, die von den angesprochenen Kreisen als Marken angesehen werden, wie Aqua-Yoga, Power Yoga, Chi Yoga, Luna Yoga, go-yoga, Devi Yoga, Balance Yoga, Satya-Yoga, Kalari Yoga, Spirit Yoga, Hot Yoga, Diamant Yoga, Diamond Yoga, Kosha Yoga, um nur einige eingetragene Wortmarken zu nennen. Dazu kommen eingetragene Wort-Bild-Marken, in denen Bezeichnungen, wie Marma Yoga, Licht Yoga, adhara yoga etc., auch nicht als Gattungsbegriff erscheinen. Es besteht daher kein Anlass, Change-Yoga in einer Reihe mit anderen Übungsarten als Sachangabe zu sehen. Dass Change-Yoga und seine Bezeichnung von der Anmelderin entwickelt worden sind, ist dabei allerdings nicht entscheidungserheblich (vgl. BPatG, Beschluss vom 24. April 2007, Az: 27 W (pat) 67/07 - MP3). Maßgeblich ist allein, dass Change-Yoga auch noch im heutigen, für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgeblichen Zeitpunkt, auf dem einschlägigen Markt nicht als gattungsbegriffliche Bezeichnung nachweisbar ist, die die angesprochenen Kreise als Sachbegriff verstehen. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006939
BPatG
München
28. Senat
20100914
28 W (pat) 73/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "OMNI POWER (Wort-Bild-Marke)/OMNIA" - Warenidentität und -ähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 67 188 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. September 2010 unter Mitwirkung der Richterinnen Martens und Hartlieb sowie des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Gegen die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen, u. a. für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 12 „Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Abdeckhauben für Fahrzeuge; Achsmanschetten für Fahrzeuge; Achsschenkel; Airbags (Sicherheitsvorrichtungen für Autos); Amphibienflugzeuge; Anhänger (Fahrzeuge); Anhängerkupplungen für Fahrzeuge; Antriebsketten für Landfahrzeuge; Antriebsmaschinen für Landfahrzeuge; Antriebswellen für Landfahrzeuge; Antriebswellengelenke für Landfahrzeuge; Apparate, Maschinen und Geräte für die Luftfahrt; Autobusse; Autoreifen; Baggerschiffe; Ballons (Luftfahrzeuge); Beiboote; Beiwagen; Betonmischfahrzeuge; bewegliche Ausrüstung für Drahtseilbahnen; Bezüge für Fahrrad- oder Motorradsättel; Bleigewichte zum Auswuchten von Fahrzeugreifen; Blendschutzvorrichtungen für Fahrzeuge; Boote; Bootsdavits; Bootshaken; Bootsmasten; Bremsanlagen für Landfahrzeuge; Bremsbacken für Fahrzeuge; Bremsbeläge für Fahrzeuge; Bremsklötze für Fahrzeuge; Bremskraftverstärker für Fahrzeuge; Bremssättel für Fahrzeuge; Bremsscheiben für Fahrzeuge; Bremsschläuche für Fahrzeuge; Bremsschuhe für Fahrzeuge; Bremstrommeln für Fahrzeuge; Brennstoffaggregate für Fahrzeuge; Buffetwagen, Imbisswagen; Bullaugen; Campingwagen; Chassis für Fahrzeuge; Chassis für Kraftfahrzeuge; Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge (mechanisch); Diebstahlwarngeräte für Fahrzeuge; Drahtseilbahnen; Drahtseilfördergeräte und -anlagen; Draisinen; Drehgestelle für Eisenbahnwagen; Drehmomentwandler für Landfahrzeuge; Dreiräder; Düsenmotoren für Landfahrzeuge; Einkaufswagen; Eisenbahnfahrzeuge; Eisenbahnkupplungen; Eisenbahnwagen; Elektrofahrzeuge; Elektromotoren für Landfahrzeuge; Fähren; Fahrgestelle für Fahrzeuge; Fahrgestelle für Kraftfahrzeuge; Fahrrad- und Räderstützen (Teile von Fahrrädern, Rädern); Fahrrad-, Zweiradbremsen; Fahrräder; Fahrradfelgen; Fahrradgabeln; Fahrradglocken; Fahrradketten; Fahrradklingeln; Fahrradkörbe; Fahrradlenkstangen; Fahrradmotoren; Fahrradnaben; Fahrradnetze; Fahrradpedale; Fahrradpumpen; Fahrradräder; Fahrradrahmen; Fahrradreifen; Fahrradsättel; Fahrradschläuche; Fahrradspeichen; Fahrradtaschen; Fahrradvorbauten; Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrräder; Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrzeuge; Fahrwerksteile; Fahrzeugbremsen; Fahrzeuge; Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft, zu Wasser und auf Schienen; Fahrzeugfenster; Fahrzeugkarosserien; Fahrzeugliegen; Fahrzeugräder; Fahrzeugradspeichen; Fahrzeugreifen; Fahrzeugsitze; Fahrzeugtüren; Fahrzeugverdecke; Fallschirme; Felgen für Fahrzeugräder; ferngesteuerte Fahrzeuge (ausgenommen Spielzeuge); Flickzeug für Reifenschläuche; Flugapparate; Flugzeuge; Förderwagenräder; Freilaufräder für Landfahrzeuge; Frontspoiler; Frontspoilerlippen; Fußpedale für Fahrzeuge; Gehäuse für Teile von Landfahrzeugen (ausgenommen für Motoren); Gepäcknetze für Fahrzeuge; Gepäcktaschen für Zweiräder; Gepäckträger für Fahrzeuge; Getriebe für Landfahrzeuge; Gießwagen (Gießerei); Gleitboote; Gleitrollen für Einkaufswagen (Fahrzeuge); Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen; Golfkarren; Handbremshebel; Heckschürzen; Hubstapler; Hupen und Signalhörner für Fahrzeuge; Hydraulikkreisläufe für Fahrzeuge; Innenpolsterungen für Fahrzeuge; Jachten; Kabinen für Drahtseilförderanlagen; Karosserien für Kraftfahrzeuge; Karren; Kastenwägen (Fahrzeuge); Ketten für Kraftfahrzeuge; Kinderwagen; Kinderwagenverdecke; Kippkarren; Kleinstwagen; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Kotflügel; Kraftfahrzeuge; Kraftfahrzeuge und deren Teile; Krankenwagen; Kühlfahrzeuge; Kühlwaggons; Kupplungen (Verbindungen) für Landfahrzeuge; Kurbeln für Fahrräder; Ladebordwände (Teile von Landfahrzeugen); Lastkähne; Lastkraftwagen (geschlossen); Lastwagen; Lastwagenaufbauten; Laufflächen für die Runderneuerung von Reifen; Laufmäntel für Luftreifen; Leiterwagen; Lokomobile; Lokomotiven; Loren; Luftfahrzeuge; Luftkissenfahrzeuge; Luftpumpen (Fahrzeugzubehör); Luftseilbahnen; Militärfahrzeuge für den Transport; Mopeds; motorbetriebene Zugmaschinen für Rollsport- und Gleitsportgeräte; Motoren für Landfahrzeuge; Motorhauben für Fahrzeuge; Motorhauben für Kraftfahrzeuge; Motorräder; Naben für Fahrzeugräder; Nabenringe; Omnibusse; Paddel; Planen für Kinderwagen; Pleuel für Landfahrzeuge (ausgenommen Motorenteile); Pontons; Propeller; Puffer für Schienenfahrzeuge; Radachsen; Rädergetriebe für Landfahrzeuge; Radkappen; Radlager für Fahrzeuge; Radzierblenden; Raumfahrzeuge; Raupenketten für Fahrzeuge; Reduktionsgetriebe für Landfahrzeuge; Reifen (Pneus); Reifen für Fahrzeugräder; Reiseomnibusse; Roller (Fahrzeuge); Rollstühle; Rückfahrwarngeräte für Fahrzeuge; Rückspiegel; Ruder; Ruderdollen; Rümpfe für Boote und Schiffe; Sackkarren; Sättel für Fahrräder oder Motorräder; Schaltknäufe für Landfahrzeuge; Schaltkupplungen für Landfahrzeuge; Schaluppen; Scheibenwischer; Schiffe (Seeschiffe); Schiffender; Schiffsklampen; Schiffsschornsteine; Schiffsschrauben; Schiffsschrauben (für Seeschiffe); Schiffsspiere; Schiffsteuergeräte; Schlafwagen; Schläuche für Reifen; schlauchlose Fahrradreifen; Schlauchwagen; Schleudersitze (für Flugzeuge); Schlitten (Fahrzeuge); Schmutzfänger; Schnee-, Gleitschutzketten; Schneemobile; Schonbezüge für Fahrzeugsitze; Schornsteine für Lokomotiven; Schrägaufzüge für Schiffe; Schubkarren; Schubschlitten; Schutzbleche; Schutzbleche für Fahrräder; Schwebeförderer; Schwimmbagger; Seitenwagen; selbstklebende Flickgummis für Reifenschläuche; Sesselschwebebahnen; Sicherheitsgurte für Fahrzeugsitze; Sicherheitskindersitze für Fahrzeuge; Sicherheits-Kombigurte für Fahrzeugsitze; Skilifte; Skiständer für Kraftfahrzeuge; Sonnenblenden für Automobile; Spanten für Schiffe; Speichenspanner; Speisewagen; Spikes für Reifen; Sportfahrwerke; Sportspiegel für Fahrzeuge; Sportwagen; Sprengwagen (Straßenreinigung); Spurkränze für Eisenbahnräder; Spurstangen; Steuerballons; Steuerräder für Fahrzeuge; Steuerruder; Stoßdämpfer für Fahrzeuge; Stoßdämpfer für Kraftfahrzeuge; Stoßdämpferfedern für Fahrzeuge; Stoßstangen für Fahrzeuge; Stoßstangen für Kraftfahrzeuge; Straßenbahnwagen; Tankkappen für Fahrzeuge; Tieferlegungsfedern; Torsionswellen für Fahrzeuge; Tragfedern für Fahrzeuge; Traktoren; Transportdreiräder; Transporthängebahnen; Transportkarren; Transportwagen für Reinigungsmaterial und -gerät; Treibketten für Landfahrzeuge; Tretroller als Fahrzeug; Triebwerke für Landfahrzeuge; Trittbretter für Fahrzeuge; Turbinen für Landfahrzeuge; Übersetzungsgetriebe für Landfahrzeuge; Untersetzungsgetriebe für Landfahrzeuge; Ventile für Fahrzeugreifen; Vorrichtungen zum Losmachen von Booten; Wagen (Fahrzeuge); Wagenuntergestelle; Waggonkippvorrichtungen (Teile von Waggons); Waggonkupplungen; Wasserfahrzeuge; Wasserflugzeuge; Wasserkühler für Landfahrzeuge; Werkstattwagen; Windschutzscheiben; Wischblätter (Scheibenwischer); Wohnmobile; Wohnwagen; Wrickriemen; Zahnradübersetzungen für Fahrräder; Zweiradmotoren; Zweiradständer (Stützen)“ am 2. November 2006 angemeldete und am 7. Mai 2007 eingetragene Wort-Bildmarke wurde Widerspruch erhoben aus der prioritätsälteren Wortmarke 307 25 076 OMNIA die unter Inanspruchnahme einer Unionspriorität mit Wirkung vom 16. Oktober 2006 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 12 „Fahrzeuge sowie deren Teile und Zubehör, soweit in Klasse 12 enthalten; Räder für Fahrzeuge“ geschützt ist. Der Widerspruch richtet sich ausschließlich gegen die Waren der Klasse 12 des angegriffenen Zeichens. Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen. Trotz teilweiser Identität der gegenseitigen Waren sowie einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, sei eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, da sich die Vergleichzeichen in ihrer Gesamtheit hinreichend deutlich unterschieden. So weiche die jüngere Marke bereits durch ihre Bestandteile „Ω“ und „Power“ im maßgeblichen Gesamteindruck klar erkennbar von der Widerspruchsmarke ab. Hinzu trete im optischen Vergleich noch die markante grafische Ausgestaltung des angegriffenen Zeichens, so dass die beiden Marken weder in klanglicher, bildlicher oder begrifflicher Hinsicht als verwechselbar ähnlich angesehen werden könnten. Allein die vorhandene Annäherung in den Wortbestandteilen „OMNI“ und „OMNIA“ begründe keine relevante Ähnlichkeit der Vergleichszeichen, zumal der Gesamteindruck des jüngeren Zeichens durch diesen Markenteil nicht in isoliert kollisionsbegründender Weise mitbestimmt werde. Vielmehr seien die Wortbestandteile „OMNI POWER“ sowohl grafisch als auch inhaltlich aufeinander bezogen und vermittelten in ihrer Zusammenstellung eine Gesamtaussage im Sinne von „allumfassende Kraft“ bzw. „totale Power“. Angesichts vergleichbar gebildeter, lexikalisch nachweisbarer Begriffe, wie „Omnipräsenz“ oder „Omnipotenz“ werde auch die Wortfolge „OMNI POWER“ vom angesprochenen Verkehr als einheitlicher Gesamtbegriff angesehen, so dass eine Verkürzung der Wortkombination von vornherein ausscheide. Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, in dem allein maßgeblichen Produktbereich der Klasse 12 stünden sich identische Vergleichswaren gegenüber. Da Marken vom Publikum in der Regel nur flüchtig und damit undeutlich wahrgenommen würden, seien die vorhandenen Bildelemente des angegriffenen Zeichens unzureichend, um dessen Gesamteindruck wesentlich mitzubestimmen. Vor dem Hintergrund, dass die Widerspruchsmarke fast identisch in das jüngere Zeichen übernommen worden sei, könne bei dieser Sachlage eine Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden. Dem Wortbestandteil „POWER“ komme aufgrund seines produktbeschreibenden Bedeutungsgehalts keinerlei Unterscheidungskraft zu, weshalb er bei der kollisionsrechtlichen Gegenüberstellung unberücksichtigt bleiben müsse. Die somit ausschließlich zu vergleichenden Markenwörter „OMNI“ und „OMNIA“ seien nicht nur klanglich und schriftbildlich nahezu identisch, sondern stimmten auch in begrifflicher Hinsicht überein. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die angegriffene Marke im Register zu löschen. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat keinen Antrag gestellt und auch sonst zur Sache nicht Stellung genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken i. S. v. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG unter keinen markenrechtlich relevanten Gesichtspunkten gegeben ist. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einem eingetragenen Zeichen älteren Zeitrangs und der Identität oder Ähnlichkeit der gegenseitigen Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht (vgl. EuGH WRP 2008, 727, Rdn. 28 – Adidas/Marca Mode). Die Prüfung, ob eine Verwechslungsgefahr gegeben ist, erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke sowie der Ähnlichkeit der wechselseitigen Waren oder Dienstleistungen und der Vergleichsmarken. Die einzelnen Beurteilungsfaktoren stehen dabei zueinander in einer Art von wechselseitiger Beeinflussung, so dass beispielsweise eine ausgeprägte Ähnlichkeit der Waren durch einen geringeren Grad der Markenähnlichkeit ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH WRP 2010, 893, Rdn. 23 – OFFROAD, m. w. N.). Wie die Markenstelle geht der Senat bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie von einer jedenfalls teilweisen Identität bzw. Ähnlichkeit der Vergleichswaren aus, so dass sich hohe Anforderungen an den Abstand ergeben, den die angegriffene Marke zu dem Widerspruchszeichen einzuhalten hat. Diesen Anforderungen wird sie gerecht. Die Vergleichsmarken wenden sich mit den verfahrensgegenständlichen Waren zum Teil an Fachpublikum, teilweise aber auch an die allgemeinen Endabnehmerkreise. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es somit maßgeblich darauf an, wie die Vergleichsmarken auf diese Verkehrskreise wirken (BGH WRP 2006, 1227, 1230, Rdn. 17 f. – MALTESERKREUZ). Im Hinblick auf den kollisionsrechtlichen Markenvergleich gilt dabei der in ständiger Rechtsprechung angewandte Grundsatz, dass die fraglichen Zeichen einander in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen sind, da der Verkehr Marken erfahrungsgemäß so aufnimmt, wie sie ihm begegnen, ohne dass er sie einer analysierenden, zergliedernden Betrachtung unterzieht (vgl. BGH WRP 2010, 1046, Rdn. 34 – MIXI; BGH GRUR 2004, 779 – Zwilling/Zweibrüder). Vergleicht man die beiden Streitmarken im vorliegenden Fall dementsprechend als Ganzes, so schließen die deutlichen klanglichen, (schrift-)bildlichen und begrifflichen Unterschiede eine unmittelbare Verwechslungsgefahr aus. Allerdings ist es durchaus möglich, dass im Ausnahmefall ein einzelner Bestandteil eines komplexen Kennzeichens für dessen Gesamteindruck bestimmend sein und deshalb schon für sich genommen eine Verwechslungsgefahr begründen kann (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Rdn. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 60, Rdn. 19 – coccodrillo). Voraussetzung hierfür ist es, dass die weiteren Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht wesentlich mitbestimmen. Was die Frage betrifft, ob wegen der vorhandenen Übereinstimmungen in den Markenwörtern „OMNI“ und „OMNIA“ die Gefahr von Verwechslungen in diesem Sinne zu befürchten sein könnte, ist die Markenstelle zutreffend davon ausgegangen, dass dem Wortbestandteil „OMNI“ keine selbständig kennzeichnenden Stellung in dem angegriffenen Zeichen zukommt. Die beiden Wortbestandteile der jüngeren Marke erscheinen bereits aufgrund der übereinstimmend verwendeten, grafischen Gestaltungselemente unmittelbar aufeinander bezogen und stehen nicht etwa beziehungslos nebeneinander. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund allgemein gebräuchlicher und bekannter Begriffe der deutschen Sprache, wie „Omnipräsenz“ oder „Omnipotenz“, entsteht durch diese grafische Gestaltung eine erhebliche Klammerwirkung. Für den Verkehr besteht bei dieser Sachlage keinerlei Veranlassung, dem Bestandteil „OMNI“ des angegriffenen Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung beizulegen, vielmehr liegt es für die angesprochenen Verbraucher nahe, der fraglichen Wortfolge eine einheitliche, aufeinander bezogene Gesamtaussage zuzuordnen, wie dies bereits die Markenstelle dargelegt hat. Insoweit wird ausdrücklich auf die entsprechenden Ausführungen in den angefochtenen Beschlüssen verwiesen. Der inhaltliche Bezug führt den Verkehr von einer isolierten Wahrnehmung der beiden Markenwörter weg und schafft einen eigenständigen und leicht zu erinnernden Gesamtbegriff. Der Hinweis der Widersprechenden auf den beschreibenden Bedeutungsgehalt des Markenworts „POWER“ lässt unberücksichtigt, dass bei einer solchen Sachlage auch ein beschreibender Bestandteil zum Gesamteindruck eines Zeichens beitragen kann (vgl. BGH WRP 2008, 1098, 1103, Rdn. 37 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Das Herausgreifen des Markenworts „OMNIA“ durch die Verbraucher müsste somit ohne konkrete Veranlassung erfolgen, was nach den allgemeinen Erfahrungssätzen zum Vorgehen des Verkehrs bei der Markenbetrachtung ausgeschlossen werden kann. Vernachlässigt der Verkehr den Wortbestandteil „POWER“ in der jüngeren Marke aber nicht, bleibt es bei dem Grundsatz, dass der Verkehr im Normalfall eine Kennzeichnung als Ganzes wahrnimmt und daher für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck der Vergleichszeichen abzustellen ist (vgl. BGH WRP 2010, 893, Rdn. 15 – OFFROAD). In diesem Gesamteindruck unterscheiden sich die beiden Marken so deutlich, dass für die angesprochenen Verbraucher selbst aus der eher undeutlichen Erinnerung heraus eine sichere Abgrenzbarkeit gewährleistet ist. Die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen zwischen den beiden Vergleichszeichen ist damit sowohl in klanglicher, wie auch in bildlicher und begrifflicher Hinsicht auszuschließen. Es liegt auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens der beiden Marken vor. Eine solche Konstellation stellt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Ausnahmefall dar, der nur durch das Vorliegen besonderer Umstände begründet werden kann, wie sie im vorliegenden Fall nicht feststellbar sind. Insbesondere erscheinen die Vergleichszeichen weder wegen ihres Sinngehalts noch wegen ihrer Zeichenbildung aufeinander bezogen. Dass ein Zeichen geeignet sein kann, bloße Assoziationen an eine andere Marke hervorzurufen, ist insoweit nicht ausreichend (vgl. BGH GRUR 2009, 772, Rdn. 69 – Augsburger Puppenkiste). Besondere Umstände, die über solche vagen Assoziationen hinaus die Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Verbindungen zwischen den Verfahrensbeteiligten nahe legen könnten, bestehen vorliegend aber nicht. Bei der lediglich geringen Ähnlichkeit der Streitmarken hat der Verkehr keinerlei Anlass, auf derartige Verbindungen der beiden Unternehmen zu schließen. Konkrete Gründe für eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens sind ebenfalls nicht ersichtlich. Diese Art der Verwechslungsgefahr greift ein, wenn Vergleichszeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stammbestandteil mehrerer Marken eines Unternehmens ansieht und deshalb Zeichen mit einem wesensgleichen Stamm demselben Inhaber zuordnet (vgl. BGH GRUR 2009, 484, Rdn. 38 – METROBUS, m. w. N.). Vorliegend hat der Verkehr jedoch keinerlei Anlass, das Markenwort „OMNI“ in diesem Sinne als Stammbestandteil der Widersprechenden zu werten. Dem Wortelement „OMNI“ kommt aufgrund seines inhaltlichen Bezugs zu dem nachfolgenden Bestandteil „POWER“ in der angegriffenen Marke keine Eignung mehr zu, die Erinnerung an das Widerspruchszeichen wachzurufen und es fehlt auch sonst an jeglichen Übereinstimmungen im Zeichenbildungsprinzip (vgl. hierzu auch EuG GRUR Int. 2006, 404, Rdn. 127 – BAINBRIDGE; bestätigt durch EuGH WRP 2007, 1322 – BAINBRIDGE). Allein die Tatsache, dass in beiden Streitmarken ein klanglich ähnlicher Bestandteil vorhanden ist, genügt für die Annahme einer derartigen Verwechslungsgefahr nicht. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte könnte die Annahme eines Serienzeichens im vorliegenden Fall somit nur durch die Benutzung einer entsprechend gestalteten Markenfamilie durch die Widersprechende bewirkt werden, wozu die Widersprechende jedoch nichts vorgetragen hat. Damit ist im vorliegenden Fall eine Sach- und Rechtslage gegeben, wie sie mit den von der Widersprechenden angeführten Entscheidungen des HABM und des EuG nicht vergleichbar ist – wobei anzumerken bleibt, dass insoweit eine Bindungswirkung ohnehin von vornherein ausscheidet. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von den Beteiligten nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG). Dass sich der Beschwerdegegner im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, steht dem nicht entgegen, zumal die Beschwerde mit der vorliegenden Entscheidung zurückgewiesen wird. Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG) und ohne zeitliche Bindung, wobei den Beteiligten der beabsichtigte Termin zur Beschlussfassung nicht mitgeteilt werden muss. Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet es lediglich, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben und ihre eigene Auffassung zu den entsprechenden Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen, wozu hinreichend Gelegenheit bestand.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006940
BPatG
München
28. Senat
20100920
28 W (pat) 528/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Erneuerbare Energien" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 025 617.9 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 20. September 2010 unter Mitwirkung der Richterin Martens sowie der Richter Paetzold und Schell beschlossen: Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Markenstelle für Klasse 29 – vom 20. Januar 2010 aufgehoben.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke Erneuerbare Energien für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 29 und 30 „Konfitüren, Marmeladen; Honig, Kaffee, Kaffeegetränke, Kakao, Kakaogetränke, Rohkaffee, Schokolade, Schokoladegetränke, Tee“. Die Markenstelle für Klasse 29 hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Wortkombination sei den angesprochenen Verkehrskreisen als beschreibender Sachhinweis auf die energie- bzw. kraftfördernde Wirkung der beanspruchten Waren verständlich. Dabei würden die Verbraucher den Bedeutungsgehalt des aus der Energiewirtschaft bekannten Sachbegriffs auf den hier einschlägigen Produktzusammenhang übertragen und die Marke in erster Linie nur als anpreisende Werbebotschaft und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Produkte wahrnehmen. Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, ein beschreibender Begriffsgehalt müsse sich immer im Hinblick auf die konkret beanspruchten Produkte ergeben. Ein entsprechender Zusammenhang scheide im vorliegenden Fall jedoch erkennbar aus. Als Fachbegriff aus dem Bereich der Energiewirtschaft sei die angemeldete Marke für die verfahrensgegenständlichen Nahrungsmittel als völlig sachfremd anzusehen und beschreibe keinerlei Produkteigenschaften. Ohne einen relevanten Produktbezug vermittle die wortspielartige Ironie der Aussage „Erneuerbare Energien“ der angemeldeten Marke aber jedenfalls das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft. Bei dieser Sachlage könnten ihr keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders erweist sich als begründet. Der angemeldeten Marke stehen keine absoluten Schutzhindernisse entgegen. Vom Ausschlussgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG werden nur solche Angaben oder Zeichen erfasst, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH GRUR 2008, 900, Rdn. 12 – SPA II, m. w. N.). Dadurch soll dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung getragen und der Verbleib eines ausreichenden Gestaltungsspielraums für die Mitbewerber sichergestellt werden. Der Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bezieht sich nicht nur auf ein von vornherein festgelegtes, abschließend definiertes Spektrum von Produkteigenschaften, sondern umfasst sämtliche Merkmale, die im geschäftlichen Verkehr mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen von Bedeutung sein können. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um einen Fachbegriff aus dem Bereich der Energiewirtschaft, mit dem so genannte regenerative Energiequellen bezeichnet werden, wie etwa Wasserkraft, Wind-, Solar- und Bioenergie sowie Geothermie. Die fraglichen Energiequellen werden dabei deshalb als „erneuerbar“ bezeichnet, weil es sich bei ihnen um Energiesysteme handelt, die sich entweder kurzfristig von selbst erneuern oder deren Nutzung nicht zur Erschöpfung der Energiequelle beiträgt. Ihr Potenzial ist also – im Gegensatz zur Nutzung fossiler Energieträger – nach menschlichen Maßstäben unendlich groß (vgl. hierzu VDI-Lexikon der Umwelttechnik, 1994 – „Erneuerbare Energien“). Ein wie auch immer gearteter, sachbezogener Zusammenhang des Fachbegriffs „Erneuerbare Energien“ zu den vorliegend einschlägigen Nahrungsmitteln besteht nicht. Die Recherchen des Senats haben keinerlei Verwendung der genannten Wortfolge auf dem hier maßgeblichen Branchensektor ergeben. Somit scheidet die angemeldete Wortfolge als merkmalsbeschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die hier maßgeblichen Waren aus, so dass ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit nicht bejaht werden kann. Ihr kann auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden. Entsprechend der Hauptfunktion der Marke, den mit einem Zeichen angesprochenen Verbrauchern die Ursprungsidentität der fraglichen Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, ist unter Unterscheidungskraft im Sinne dieser Norm die Eignung einer Marke zu verstehen, die jeweils für sie beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Nur wenn ein angemeldetes Zeichen diese Herkunftsfunktion nicht erfüllen kann, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2). In diesem Sinne fehlt einer Wortmarke die Unterscheidungskraft vor allem dann, wenn sie einen für die fraglichen Waren oder Leistungen im Vordergrund stehenden, beschreibenden Begriffsinhalt aufweist oder wenn es sich bei ihr um ein gebräuchliches Wort handelt, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Anhaltspunkte für eine hinreichende Unterscheidungskraft können dagegen die Originalität oder Prägnanz einer Wortfolge darstellen, etwa aufgrund ihrer Interpretationsbedürftigkeit, die bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen differenzierten Denkprozess auslöst (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rdn. 57 – Vorsprung durch Technik; BGH GRUR 2009, 949, Rdn. 12 – My World). Wie oben dargelegt, kommt der angemeldeten Marke keinerlei merkmalsbeschreibender Bedeutungsgehalt zu. Ebenso wenig kann sie als bloße Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art angesehen werden, da die für eine solche Wertung zwingend erforderlichen Anhaltspunkte nicht feststellbar sind. Insoweit ist maßgeblich auf die Wahrnehmung der Marke durch die im vorliegenden Fall angesprochenen Endabnehmer sowie auf die Bezeichnungsgewohnheiten der einschlägigen Branche abzustellen, die naturgemäß erhebliche Auswirkungen auf das maßgebliche Verbraucherverständnis haben. Eine werbemäßige Verwendung der fraglichen Wortfolge auf dem verfahrensgegenständlichen Produktsektor konnte nicht ermittelt werden und es fehlt auch sonst an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten von den Verbrauchern nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden werden könnte. Zwar kann der Wortfolge „Erneuerbare Energien“ bei analytischer Betrachtungsweise die Andeutung entnommen werden, dass die verfahrensgegenständlichen Nahrungsmittel der Energieversorgung des menschlichen Körpers dienen und „erneuerbar“ sind, indem die Verbraucher sie immer wieder nachkaufen können. Hierzu muss der Begriff „erneuerbar“ aber zunächst in einer von dem eigentlichen Fachbegriff abweichenden Bedeutung interpretiert und im Sinne eines Wortspiels verstanden werden. Damit stellt die angemeldete Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren aber eine interpretationsbedürftige Aussage dar, die sich als originelle und prägnante Bezeichnung erweist. Es bedarf mehrerer, zielgerichteter Gedankenschritte, um etwa den Genuss einer Konfitüre oder eines Kakaogetränkes im Sinne einer „Energieversorgung durch erneuerbare Energieträger“ interpretieren zu können – eine solche Vorgehensweise darf der markenrechtlichen Schutzfähigkeitsprüfung jedoch nicht zugrunde gelegt werden. Selbst wenn die Marke aufgrund ihres wortspielartigen Charakters eine hohe Werbewirksamkeit zukommen könnte, vermag dieser Gesichtspunkt ihre Eignung zur Ausübung der markenrechtlichen Herkunftsfunktion nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH GRUR 2010, 228, Rdn. 56 f. – Vorsprung durch Technik). Nachdem somit die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht bejaht werden können und auch keine Anhaltspunkte für andere absolute Ausschlussgründe ersichtlich sind, war der angefochtene Beschluss aufzuheben.
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JURE109006980
BPatG
München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 53/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Bionic" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 09 971.7 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle vom 15. Oktober 2009 wird aufgehoben.
I. Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 die Anmeldung der für Klasse 3: Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Seifen, Zahnputzmittel Klasse 18: Badetaschen, Sporttaschen, Campingtaschen, Einkaufstaschen, Handtaschen, Bauchtaschen; Rucksäcke, insbesondere Trägerrucksäcke; Handkoffer, Reisekoffer, Kosmetikkoffer, Schulranzen; Sonnenschirme, Regenschirme Klasse 25: Bekleidung, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Gürtel als Wortmarke beanspruchten Kennzeichnung Bionic nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe für alle beanspruchten Waren zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei dem Zeichen „Bionic“ handle es sich um das vom Englischen Begriff „bionics“ abgeleitete Adjektiv, auf Deutsch „bionisch“, „auf der Wissenschaft der Bionik beruhend“. Dieser Begriff sei aus den Wörtern „Biologie“ und „Technik“ zusammengesetzt und bezeichne die Wissenschaft, technische Probleme nach dem Vorbild biologischer Funktionen zu lösen. Als Beispiele habe die Anmelderin den sogenannten Lotuseffekt und die Haifischhaut für die Beschaffenheit von Oberflächen genannt. Der Begriff sei für sämtliche beanspruchten Waren beschreibend, da diese nach dem Vorbild der Natur produziert werden könnten. In Verbindung mit Kosmetik könne er auf natürliche Inhaltsstoffe hinweisen, in Verbindung mit Taschen, Schirmen und Bekleidung auf eine selbstreinigende Oberfläche. Auch Material und Schnitt von Kleidungsstücken könnten nach Vorbildern in der Natur entwickelt sein bzw. entsprechende Eigenschaften aufweisen. Der beschreibende Charakter werde zumindest von den am Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen erkannt. Der Begriff werde auch bereits vielfach produktbeschreibend verwendet, insbesondere im Zusammenhang mit Bekleidung, Materialien, Design und Kosmetik. Insofern könne vom Verständnis des Verbrauchers ausgegangen werden. Wegen der Verwendung des Begriffs „Bionic“ als Sachangabe, die als solche verstanden werde, fehle der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft. Eine Beschwerdebegründung der Anmelderin liegt derzeit nicht vor. Im Anmeldeverfahren hat sie argumentiert, bei der Marke „Bionic“ handle es sich um einen Begriff, der in der Gesamtheit seiner Aussage keine allgemeinverständliche, beschreibende Angabe in Bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen darstelle. Die Bionik bezeichne die Wissenschaft, welche die Grenzgebiete zwischen Biologie und Technik untersuche. Ziel der Bionik sei es, biologische Strukturen und Funktionen im Hinblick auf deren technische Verwertbarkeit zu untersuchen und als Anregung für eigenständiges technisches Gestalten zu nehmen. Im englischen Sprachraum beschränke sich die Bedeutung von „bionics“ zumeist auf die Konstruktion von Körperteilen oder allgemeiner auf eine Kombination von Biologie und Elektronik. Was im deutschen Sprachraum als „Bionik“ bezeichnet werde, werde im Englischen üblicherweise als „biomimicry“ oder „biomimetics“ bezeichnet. Ein Beispiel für die bionische Forschung sei der Lotuseffekt, der sich vom Selbstreinigungseffekt der indischen Lotusblüte herleite und in der technischen Umsetzung zur Herstellung selbstreinigender Oberflächen diene. In Bezug auf die Anmeldemarke sei zweifelhaft, ob die angesprochenen Verkehrskreise den wenig geläufigen Begriff kennen würden. Jedenfalls sei er für die beanspruchten Waren nicht beschreibend, da diese mit „Biologie“ und „Technik“ in keinerlei Verbindung stünden und nicht auf speziellen biologischen Vorgängen oder Techniken beruhten, welche die Waren besonders kennzeichnen könnten. Körperpflegemittel etc. würden zwar möglicherweise aus natürlichen Bestandteilen hergestellt. In diesem Bereich spiele die besondere Wissenschaft der Bionik jedoch keine Rolle. Auch für die verschiedenen Taschen der Klasse 18 gebe es keine Vorbilder in der Natur. Dasselbe gelte für die Waren der Klasse 25. Zwar sei es denkbar, dass bspw. die Bekleidung aus speziellen Funktionsstoffen hergestellt sei. Dass diese auf der Wissenschaft der Bionik beruhten, werde vom Publikum jedoch weder erkannt noch sei es diesem bekannt. Selbst bei einer analysierenden Betrachtungsweise könne die Anmeldemarke die verschiedenen beanspruchten Waren nicht unmittelbar beschreiben. Der Begriff „Bionik“ sei so weit und unbestimmt und könne thematisch so viele verschiedene Bereiche berühren, dass vollkommen unklar sei, inwiefern die beanspruchten Waren - wenn überhaupt - „bionisch“ sein könnten. Ein hinreichend enger Zusammenhang mit Merkmalen der Waren sei nicht gegeben. Die Anmeldemarke erwecke - wenn überhaupt - allenfalls unklare Vorstellungen in Bezug auf mögliche Eigenschaften der so bezeichneten Waren. Das HABM habe am 7. November 2007 „Bionic“ im Rahmen der Schutzerstreckung einer IR-Marke der Anmelderin auf die EU für schutzfähig erachtet. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Oktober 2009 aufzuheben und die Eintragung der Anmeldemarke zu beschließen. II. 1) Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt. Die Zustellung des angefochtenen Beschlusses erfolgte laut Empfangsbekenntnis am 29. Januar 2010. Die Monatsfrist des § 66 Abs. 2 MarkenG endete gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m § 222 ZPO i. V. m §§ 187, 188, 193 BGB am Montag, dem 1. März 2010. An diesem Tag erfolgte die Übersendung der Beschwerdeschrift per Telefax, was nach der Regelung des § 11 Abs. 1 DPMAV zulässig ist. 2) Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. a) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schließt nur unmittelbar warenbeschreibende Angaben von der Registrierung aus. Sofern die Aussage allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar ist, steht diese Norm der Eintragung regelmäßig nicht entgegen (Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., Rn. 251 zu § 8). Bei der Bionik handelt es sich um eine Methode der Erkenntnisgewinnung, nämlich um eine der sog. intuitiven Methoden auf dem Gebiet der Kreativitätstechnik bzw. Ideenfindung. Intuitive Methoden arbeiten zum Zweck der Ideenfindung mit Analogie- und Verfremdungsmethoden; Lösungen in einem Bereich sollen entsprechende Ideen für einen anderen Bereich liefern. Das Adjektiv „bionic“ bzw. auf Deutsch „bionisch“ bezieht sich also auf einen Prozess der Erkenntnisgewinnung und bedeutet, dass bei der wissenschaftlichen Bearbeitung eines Problems auf dem Gebiet der Technik Lösungen analysiert und kopiert werden, die in analoger Weise aus dem Bereich der Biologie bereits bekannt sind. Das Adjektiv „bionisch“ beschreibt damit eine bestimmte wissenschaftliche Vorgehensweise. Eventuell beschreibt es auch, dass der mit diesem Adjektiv gekennzeichnete Gegenstand auf dieser Vorgehensweise beruht. Es beschreibt aber nicht Eigenschaften des jeweils gelösten technischen Problems oder des Gegenstands selbst. Somit ist die Argumentation der Markenstelle, die sich auf die Benennung von Eigenschaften der angemeldeten Waren beschränkt, hinsichtlich der objektiven Beschreibungseignung des Begriffs „bionisch“ nicht aussagekräftig. Es kommt nämlich nicht nur darauf an, dass die beanspruchten Waren nach Herstellung, Materialdesign oder Beschaffenheit nach dem Vorbild der Natur produziert werden können. Vielmehr müsste es einen unmittelbaren Zusammenhang der angemeldeten Waren zu einer wissenschaftlichen Vorgehensweise an sich geben, bei der zur technischen Problemlösung Vorbilder in der Biologie gesucht werden. Ein solcher ist aber bei den angemeldeten Waren der Klassen 3, 18 und 25 nicht ersichtlich. Auch aus den Google-Suchergebnissen, die dem Zurückweisungsbeschluss der Markenstelle beiliegen, ergibt sich ein solcher Zusammenhang nicht. Die dort abgedruckten Kurzzusammenfassungen deuten überwiegend auf eine markenmäßige Verwendung des Begriffs „bionic“ oder auf eine Verwendung zur Kennzeichnung der Wissenschaft der Bionik an sich hin. b) Dem Begriff „Bionic“ fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, Waren, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren abzustellen ist. Marken besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Maßgebend für die Unterscheidungskraft ist, ob der angesprochene Verbraucher in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Vorliegend ist bei allen angemeldeten Waren die Gesamtbevölkerung im Sinn der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher angesprochen, da es sich bei sämtlichen Waren um Alltagsgegenstände (Taschen, Schirme, Bekleidungswaren, etc.) bzw. Waren des täglichen Bedarfs (Körperpflegemittel, etc.) handelt. Bei Angaben, die Waren nicht unmittelbar beschreiben, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn das Publikum in der Angabe einen üblichen Begriff aber kein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren sieht. Es ist dabei erforderlich, dass der einer Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehende Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich hervortritt, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist. Wie bereits erläutert, beschreibt das Adjektiv „bionic“ eine bestimmte wissenschaftliche Vorgehensweise, nämlich das Analysieren und Kopieren von Lösungen, die aus dem Bereich der Biologie bereits bekannt sind, bei der wissenschaftlichen Bearbeitung eines Problems auf dem Gebiet der Technik. Zwischen dieser wissenschaftlichen Vorgehensweise als dem Sinngehalt der angemeldeten Marke und den beanspruchten Waren, wie Zahnputzmittel, Taschen oder Bekleidung, besteht kein unmittelbarer und konkreter Sachbezug, der sich dem Durchschnittsverbraucher ohne weiteres aufdrängt. Vielmehr bedarf es mehrerer gedanklicher und analysierender Zwischenschritte, um von der wissenschaftlichen Vorgehensweise an sich - d. h. dem Untersuchen und Kopieren biologischer Phänomene für technische Problemlösungen - auf deren mögliche Ergebnisse - etwa den Einsatz des Lotuseffekts zur Ausbildung schmutzabweisender Oberflächen - allgemein und von diesen Ergebnissen weiter auf etwaige Eigenschaften der beanspruchten Waren - zum Beispiel, eine schmutzabweisende Oberfläche einer Campingtasche - zu schließen. Nur gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache fehlt aber die Unterscheidungskraft, wenn sie nur als solche in ihrer ursprünglichen (nicht markenmäßigen) Bedeutung verstanden werden. Das Zeichen „bionic“ ist kein geläufiges Wort der englischen Sprache. Vielmehr stellt es einen Fachausdruck einer ingenieur- bzw. naturwissenschaftlichen Disziplin dar, dessen Bedeutung nur einem kleinen Fachpublikum geläufig sein dürfte. Die Zusammensetzung des Wortes aus „Biologie“ und „Technik“ ist nicht ohne Weiteres ersichtlich und wird vom Durchschnittsverbraucher nicht erkannt. Der maßgebliche Durchschnittsverbraucher, dem weder die semantische Bedeutung noch die „etymologische“ Zusammensetzung des Wortes „bionic“ geläufig ist, wird dieses Wort daher auch nicht in seiner ursprünglichen, nicht markenmäßigen Bedeutung verstehen. Er nimmt das Zeichen „bionic“ auch nicht als Abwandlung einer beschreibenden Angabe wahr, der jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Möglicherweise erweckt das Zeichen beim Durchschnittsverbraucher aufgrund der ersten Silbe „bio“ einen diffusen Anklang an „biologisch“, „natürlich“ oder ähnliches. Der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher erkennt aber aufgrund der sprachlich unpassenden Endsilbe „nic“ die Eigenart des angemeldeten Zeichens. Ein Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ist daher nicht anzunehmen. 3) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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JURE109006983
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München
6. Senat
20100923
6 W (pat) 87/07
Beschluss
§ 73 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – angekündigte aber nicht eingelegte Begründung der Beschwerde – Beschwerdesenat ist nach mehr als drei Jahren  nicht gehalten, die Entscheidung länger aufzuschieben und die Begründung vorher anzumahnen
In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 025 560 … … hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 23. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Guth, Dipl.-Ing. Schneider und Dipl.-Ing. Hildebrandt beschlossen: Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
I. Die Patentabteilung 24 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Patent 10 2004 025 560 mit Beschluss vom 12. Juli 2007 in vollem Umfang aufrechterhalten. Gegen diesen Beschluss hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 27. August 2007, eingegangen per Fax am gleichen Tage, Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Eine nähere Begründung ihrer Beschwerde hat die Einsprechende zwar angekündigt, aber bislang nicht vorgelegt. Die Patentinhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. II. Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig (PatG § 73), jedoch unbegründet. Die Überprüfung des angefochtenen Beschlusses im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat ergeben, dass die Patentabteilung das Patent zu Recht aufrecht erhalten hat. Der Senat macht sich daher die Begründung des Beschlusses, der unter ausführlicher Würdigung des Standes der Technik zutreffend zur Aufrechterhaltung des angegriffenen Patents gelangt, in vollem Umfang zu eigen. Da seitens der Einsprechenden in der Sache keine weitere Äußerung erfolgt ist, ist auch nicht ersichtlich, in welcher tatsächlichen oder rechtlichen Hinsicht der angefochtene Beschluss für fehlerhaft gehalten wird. Die Anmelderin hatte in den seit Einreichung der Beschwerdeschrift verstrichenen mehr als drei Jahren auch ausreichend Zeit, ihre Auffassung zur Sach- und Rechtslage darzulegen, so dass für den Senat kein Anlass bestand, die Entscheidung noch länger aufzuschieben (vgl. dazu BGH GRUR 1997, 223, 224 - Ceco). Insbesondere war der Senat nicht gehalten, die in Aussicht gestellte, aber nicht eingereichte Begründung anzumahnen oder den beabsichtigten Termin zur Beschlussfassung vorher bekanntzugeben (vgl. BGH GRUR 1997, 223, 224 - Ceco; BGH GRUR 2000, 597, 598 f. - Kupfer-Nickel-Legierung). Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
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München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 96/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 5 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Darstellung einer gefesselten und geknebelten Frau (Bildmarke)" – Verstoß gegen die guten Sitten – keine Eintragungsfähigkeit
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 11 542.9 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Anmeldung der Bildmarke (schwarz/weiß) für folgende Waren echte und unechte Schmuckwaren; Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse, Fotografien, Grafiken; Waren aus Leder und Lederimitationen, soweit in Klasse 18 enthalten (keine Bekleidungsstücke); Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen hat die Markenstelle mit Beschluss vom 24. Januar 2008 und die dagegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 15. März 2010, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Das ist damit begründet, das angemeldete Zeichen verstoße gegen die guten Sitten, so dass ihm das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegenstehe. Maßgeblich sei dabei die Auffassung der Gesamtheit der durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der maßgeblichen Waren, wobei weder eine übertrieben laxe noch eine besonders feinfühlige Ansicht entscheidend sei. Zwar dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die maßgebliche Verkehrsauffassung von einer fortschreitenden Liberalisierung der Anschauungen über Sitte und Moral geprägt werde. Zeichen mit einer diskriminierenden, die Menschenwürde verletzenden Aussage dürfe aber kein staatlicher Markenschutz verliehen werden. Auch wenn die Fans der Anmelderin die angemeldete Darstellung als Aufdruck auf Merchandisingprodukten bzw. auf Bühnen und Plakaten akzeptiert hätten, bedeute dies nicht, dass alle die Erteilung des angemeldeten Zeichens als Marke akzeptierten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich die beanspruchten Waren an breite Kreise, auch an Kinder, richteten. Eine Verkehrsdurchsetzung habe die Anmelderin ohne konkrete Nachweise behauptet. Der Erinnerungsbeschluss ist der Anmelderin am 21. April 2010 zugestellt worden. Die Anmelderin hat am 19. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass Markenschutz möglich sein müsse, zeige der Umstand, dass die Marke von 1995 bis 2005 bereits geschützt gewesen sei. Die Bekleidung der dargestellten Person entspreche einem Badeanzug und sei nicht anstoßerregend. Die Zeichnung entstamme einem amerikanischen Comic. Die Frau, die sich in dem Comic freiwillig habe fesseln lassen, habe die Anmelderin in einem Lied besungen. Seither sei das Motiv umfangreich verwendet worden. Die Darstellung sei harmlos und ironisch. Die beanspruchten Waren richteten sich ausschließlich an ein jüngeres Publikum, das liberalere Auffassungen habe als ein älteres Publikum. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen. II. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Anmelderin eine mündliche Verhandlung nicht - auch nicht hilfsweise - beantragt hat und der Senat sie nicht für erforderlich hält. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg; auch nach Auffassung des Senats steht einer Registrierung der angemeldeten Marke § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entgegen. Auf die Begründung der angefochten Beschlüsse kann Bezug genommen werden, um Wiederholungen zu vermeiden. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, verstoßen Marken gegen die guten Sitten, wenn sie geeignet sind, das Empfinden eines beachtlichen Teils der Verbraucher zu verletzen, indem sie sittlich anstößig wirken oder eine grobe Geschmacksverletzung enthalten. Das Warenverzeichnis enthält keinerlei Einschränkungen, die den angesprochenen Kundenkreis in irgendeiner Weise einengen könnte. Dass die Anmelderin nur bestimmte Altersgruppen umwirbt, ist eine jederzeit änderbare Vermarktungsstrategie, die keinen Einfluss auf die hier zu treffende Beurteilung hat. Innerhalb der somit zu berücksichtigenden allgemeinen Kreise gibt es nach Auffassung des Senats durchaus einen beachtlichen Teil, der die Darstellung im angemeldeten Zeichen als anstößig empfindet. Die von der Markenstelle angesprochene und von der Anmelderin betonte Liberalisierung der Anschauungen, was anstößig wirkt, betrifft nämlich nicht Darstellungen, die Gewalt in irgendeiner Weise zeigen. Marken mit einem Personen als Opfer zeigenden oder sonst diskriminierendem Inhalt können daher keinen staatlichen Schutz erfahren (vgl. BPatG Mitt. 1985, 215; BGH GRUR 1995, 592, 594). Es kommt also nicht darauf an, inwieweit die hier dargestellte Person bekleidet ist, sondern allein darauf, dass sie geknebelt und gefesselt ist. Die Darstellung lässt insoweit keinen ironischen, humorvollen oder kritischen Gehalt erkennen. Die dahinterstehende Geschichte aus einem Comic ist weder allgemein bekannt, noch kommt sie in der Zeichnung zum Ausdruck. Auch die Gesichtszüge der dargestellten Person geben keinen Anlass, die Graphik nicht als anstößig im oben genannten Sinn anzusehen. Dass das Zeichen bereits einmal als Marke geschützt war, steht der Zurückweisung der Beschwerde ebenso wenig entgegen wie die Eintragung anderer Marken, die die Anmelderin für anstößiger hält. Fehlerhafte Eintragungen führen nicht dazu, dass ein Anspruch auf weitere ebenso fehlerhafte Eintragungen entstehen könnte.
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JURE109006985
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München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 523/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 69 MarkenG
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Markenbeschwerdeverfahren – "Memo Care (Wort-Bild-Marke)/MEMO" – Bundespatentgericht entscheidet grundsätzlich im schriftlichen Verfahren – zur Wahrung des rechtlichen Gehörs – zu Warenähnlichkeit – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 30 2008 025 190 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I Gegen die am 2. Januar 2005 angemeldete und am 1. Oktober 2005 für „Geschäftsführung und Unternehmensverwaltung, insbesondere von Wohn- und Hausgemeinschaftsprojekten für Demenzkranke, Alters- und Pflegeheimen mit Wohngruppen sowie von Wohnanlagen mit Betreuung; Immobilienwesen, insbesondere Grundstücks- und Hausverwaltung; Vermietung von Wohnungen, Appartements und Zimmern, insbesondere in Wohn- und Hausgemeinschaftsprojekten für Demenzkranke, Alters- und Pflegeheimen mit Wohngruppen sowie in Wohnanlagen mit Betreuung; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Dienstleistungen von Altersheimen und Seniorenwohnheimen; persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse, insbesondere nicht medizinische Betreuung von Demenzkranken in speziellen Wohnformen, Wohn- und Hausgemeinschaften, im betreuten Wohnen oder zuhause, insbesondere durch Gedächtnistraining, soweit in Klasse 45 enthalten; ambulante Begleitung und Haushaltshilfe; Erledigung von Einkäufen und Besorgungen, Übernahme von Behördengängen“ registrierte Wort-/Bildmarke 30 2008 025 190 hat die Widersprechende am 12. Januar 2005 aus ihrer am 15. Oktober 2004 angemeldeten Wortmarke 304 59 208 MEMO die für „Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Fruchtmus; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Reis, Tapioka, Sago; Mehle und Getreidepräparate; Brot; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ registriert ist, Widerspruch erhoben. Die Markenstelle hat den Widerspruch mit Beschluss vom 18. November 2009 mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Dazu ist ausgeführt, die Dienstleistungen der angegriffenen Marke und die Waren der Widerspruchsmarke wiesen keinerlei Ähnlichkeit auf. Es sei aber auch keine Verwechslungsgefahr gegeben, da die Unterschiede selbst bei nur flüchtiger Aufnahme oder Wiedergabe der Marken nicht unbemerkt blieben. Der angegriffenen Wort-/Bildmarke stehe eine Wortmarke gegenüber. Die Marken differierten zudem in ihren Wortbestandteilen „Memo Care“ und „Memo“. Für den zweiten Markenbestandteil der angegriffenen Marke „Care“ lasse sich in der Widerspruchsmarke keinerlei Entsprechung finden. Sowohl in phonetischer wie auch in schriftbildlicher Hinsicht wichen die beiden Marken daher in ihrem Gesamteindruck auf prägnante Weise voneinander ab. In begrifflicher Hinsicht differierten die Marken außerdem durch einen völlig verschiedenen Inhalt. Während die Widerspruchsmarke sich in Bezug zu den beanspruchten Waren des Begriffs „Memo“ im Sinn von „Merkzettel“ bediene, habe der Markentext des angegriffenen Zeichens, besonders in Verbindung mit dem bildlichen Markenbestandteil des Puzzleteils in Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen, die sich im Wesentlichen mit dem Thema der Betreuung und Versorgung von Demenzkranken befassten, die Bedeutung von „Erinnerung“. Eine Verwechslungsgefahr dem Gesamteindruck nach könne zwar auch dann gegeben sein, wenn jeweils nur ein Bestandteil der Vergleichsmarken identisch oder ähnlich sei. Dies sei aber nur der Fall, wenn die übereinstimmenden Teile der Marken in diesen jeweils eine selbständig kennzeichnende Stellung besäßen. „Memo“ sei innerhalb der angegriffenen Marke kein selbständig kollisionsbegründender Bestandteil, weil ihm keine insgesamt so dominierende Bedeutung zukomme, dass darin ein markenmäßiger Schwerpunkt des Gesamtzeichens liege. Die angegriffene Marke habe den Charakter eines einheitlichen Begriffs. Dieser Beschluss wurde am 20. November 2009 an die Widersprechende versendet. Die Widersprechende hat am 22. Dezember 2009 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, „Memo“ sei prägend. Dagegen sei „Care“ beschreibend und die Graphik werbeüblich. Die Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit sei hoch. Dienstleister in der Gastronomie böten vielfach eigene Produkte an. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 18. November 2009 aufzuheben und dem Widerspruch stattzugeben. II 1) Da die Beteiligten nichts dem Entgegenstehendes beantragt haben und eine mündliche Verhandlung nach Wertung des Senats auch nicht geboten ist, kann ohne diese entschieden werden. Dass sich der Beschwerdegegner im Beschwerdeverfahren nicht geäußert hat, steht der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen. Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich im schriftlichen Verfahren (§ 69 MarkenG) und ohne zeitliche Bindung. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verlangt lediglich, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, Stellungnahmen zum Sachverhalt abzugeben und ihre eigene Auffassung zu den entsprechenden Rechtsfragen darzulegen sowie Anträge zu stellen. Nachdem die Beschwerde vom Dezember 2009 datiert und die Beschwerdebegründung vom März 2010, bestand hierzu hinreichend Gelegenheit. 2) Selbst wenn man zwischen den Lebensmitteln der Widerspruchsmarke eine Ähnlichkeit zu den Betreuungsdienstleistungen im Hinblick darauf annehmen wollte, dass die dazu zählende Versorgung mit den Lebensmitteln erfolgen könnte, wäre diese Ähnlichkeit gering. Damit reichen die von der Markenstelle zutreffend beschriebenen Abweichungen der Marken ohne erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Widerspruchsmarke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Auch der Senat sieht „Memo Care“ als einheitlichen Begriff, der die Aussage beinhaltet, hier werde die Gedächtnisleistung/Merkfähigkeit geschützt. Es fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass die Widersprechende eine Markenserie besitzt, in die sich „Memo Care“ einreihen könnte. Ebenso fehlen Anhaltspunkte dafür, dass „Memo“ eine erhöhte Kennzeichnungskraft besitzt und seine Übernahme in das angegriffene Zeichen deshalb zu einer Verwechslungsgefahr, etwa durch eine gedankliche Verbindung, führen könnte.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006985&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006986
BPatG
München
33. Senat
20100928
33 W (pat) 42/10
Beschluss
§ 63 Abs 1 MarkenG, § 63 Abs 1 S 2 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "finaPLUS (Wort-Bild-Marke)/Plus (Wort-Bild-Marke)" – zur Kostenentscheidung im Falle der Rücknahme des Widerspruchs nach außergerichtlichem Vergleich - Kostentscheidung ist auch bei Rücknahme des Widerspruchs in das an Billigkeitserwägungen auszurichtende Ermessen des Patentamts gestellt – zur Kostentragung im Kostenbeschwerdeverfahren – Rückzahlung der Beschwerdegebühr
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 304 26 814 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Metternich und die Richterin Dr. Hoppe am 28. September 2010 beschlossen: 1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. März 2010 insoweit aufgehoben, als der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt worden sind. 2. Die außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt jeder Beteiligte selbst. 3. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.
I. Gegen die am 2. August 2004 eingetragene Wort-/Bildmarke 304 26 814 für die Dienstleistungen „Versicherungswesen, Finanzwesen, Geldgeschäfte“ (Klasse 36) ist am 2. Dezember 2004 Widerspruch erhoben worden aus der am 11. Juni 1996 eingetragenen Wort-/ Bildmarke 396 02 967 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 1 bis 6, 8 bis 11, 13 bis 18, 20 bis 39, 41, 42. Die Beteiligten haben sich außergerichtlich geeinigt. Danach hat die Widersprechende den Widerspruch am 9. September 2008 zurückgenommen. Die Inhaber der angegriffenen Marke haben auch nach der Rücknahme des Widerspruchs beantragt, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Die Widerspruchsmarke ist auf Antrag der Widersprechenden am 5. Mai 2009 gelöscht worden. Mit Beschluss vom 8. März 2010 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) der Widersprechenden gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt. Eine Kostenauferlegung komme in Betracht, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erlöschen des Schutzes der gegnerischen Marke durchzusetzen versuche. Dies könne der Fall sein, wenn eine mehrgliedrige Widerspruchsmarke nur in einem schutzunfähigen Bestandteil rein tatsächliche Ähnlichkeit mit der angegriffenen Marke aufweise, wie es vorliegend der Fall sei. Es habe keine Verwechslungsgefahr zwischen den konkurrierenden Marken bestanden. Zwar seien die Dienstleistungen der angegriffenen Marke mit denen der Widerspruchsmarke identisch. Es könne aber dahinstehen, inwieweit es darüber hinaus zu Überschneidungen zwischen den Waren und Dienstleistungen komme, da eine Verwechslungsgefahr in jedem Falle ausscheide, weil die Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der allenfalls durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke einen ausreichenden Abstand voneinander einhalten würden. Die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede sowie die grafische Darstellung wiesen ein deutlich unterschiedliches Gepräge auf. Insbesondere genüge die partielle Übereinstimmung in dem Wortbestandteil „PLUS“ nicht, um eine Ähnlichkeit der Marken insgesamt zu begründen, da diesem Bestandteil keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Eine Prägung durch den Begriff „PLUS“ komme nicht in Betracht, weil das Wort „PLUS“ in Zusammenhang mit einer Vielzahl von Waren und Dienstleistungen beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften oder auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Auf Grund der Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ könne dieser Bestandteil eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Zudem sei - wie schon in dem Beschluss des Bundespatentgerichts 28 W (pat) 102/01 - PLUS/GILLETTE GII PLUS entschieden - auch auszuschließen, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Darüber hinaus sei der Widersprechenden die Schutzunfähigkeit des Wortbestandteils „PLUS“ ihrer Wort-/Bildmarke auf Grund zahlreicher Entscheidungen in Markeneintragungsverfahren bereits bekannt. Zudem habe das Deutsche Patent- und Markenamt, insbesondere die Markenstelle für Klasse 36, zahlreiche hierauf gestützte Widersprüche zurückgewiesen. Etwaige Beschwerdeverfahren seien - ebenso wie das hier zu entscheidende - infolge von Rücknahmen der Widersprüche ohne eine Entscheidung des Gerichts beendet worden. Die Markenstelle meint zudem, die Widersprechende selbst halte ihre Widersprüche in der Hauptsache für wenig aussichtsreich, weshalb sie in mehreren Verfahren nur gegen die Kostenentscheidung vorgehe. Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Widersprechende gegen die in dem Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 vom 8. März 2010 angeordnete Auferlegung von Kosten. Sie ist der Ansicht, dass der Verfahrensausgang keine Kostenauferlegung rechtfertige, da das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt einem Zivilverfahren nicht gleichgestellt werden dürfe. Darüber hinaus habe die Widersprechende auch nicht sicher damit rechnen müssen zu unterliegen. Insbesondere habe sie nicht von einer völligen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ausgehen müssen. Dies ergebe sich aus dem umfassenden Sachvortrag der Widersprechenden zur Verwechslungsgefahr sowie zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke. Abzustellen sei im Übrigen auf den Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung. Spätere nachteilige Entscheidungen seien nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen würden die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts in Sachen „PLUS/Reisen mit Plus“, „PLUS/U2B PLUS“ zeigen, dass das Markenwort „PLUS“ nicht nur schutzfähig sei, sondern zugleich eine „Kollisionsgefahr“ der Vergleichszeichen in Betracht komme. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Sachen „City Plus/D2 - BestCityPlus“ (I ZR 122/00) ergebe sich die Schutzfähigkeit des Markenwortes „PLUS“. Die Widersprechende ist außerdem der Ansicht, die Schutzfähigkeit der Widerspruchsmarke könne nicht auf ihren Bildbestandteil reduziert werden, weil eine Bezugnahme auf sie regelmäßig klanglich stattfinde und insoweit nur aus dem Wort „Plus“ bestehe. Außerdem meint die Widersprechende, dass die Widerspruchsmarke über eine mindestens normale Kennzeichnungskraft verfüge und verweist hierzu auf ihren Vortrag vor der Markenstelle. Vor der Markenstelle hat sie eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke geltend gemacht. Außerdem ist sie der Auffassung, dass der Begriff „fina“ beschreibend verwendet werde. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss vom 8. März 2010 aufzuheben. Die Inhaber der angegriffenen Marke haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. 1. Die Statthaftigkeit der Beschwerde folgt aus § 66 MarkenG. Vorliegend betrifft die Beschwerde ausschließlich die Kostengrundentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes, das nach der Rücknahme des Widerspruchs nur noch über den Kostenantrag der Inhaber der angegriffenen Marke entschieden hat. Die Beschwerde ist statthaft. Für die Statthaftigkeit einer Beschwerde, die sich gegen einen Beschluss richtet, in dem nur eine Kostenentscheidung getroffen wurde, sprechen sowohl historische als auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte. § 5 Abs. 6 Satz 4 des Warenzeichengesetzes (WZG) in der vor dem Inkrafttreten des 6. Überleitungsgesetzes vom 23. März 1961 (BlPMZ 1961, 124) geltenden Fassung sah vor, dass die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar sein sollte und zwar auch dann nicht, wenn diese den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildete. § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG ist indes durch Art. 3 Nr. 9 i. V. m. Art. 1 Nr. 25 des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 124 (135, 126)) ersatzlos gestrichen worden. Diese ersatzlose Streichung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, eine entsprechende isolierte Kostenanfechtung in Abkehr von der vorherigen Rechtslage ausdrücklich zuzulassen. Für die Streichung des § 5 Abs. 6 Satz 4 WZG lautet die Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes (BlPMZ 1961, 164 (zu Nr. 9)) wie folgt: „In dieser Bestimmung sieht der Entwurf eine redaktionelle Angleichung des § 5 Abs. 6 des Warenzeichengesetzes an die mit dem Entwurf für § 33 Abs. 2 des Patentgesetzes vorgeschlagene Neufassung vor. Eine sachliche Änderung des geltenden Rechts ist mit der Neuregelung nur insofern verbunden, als die bisherige Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung beseitigt wird. Wegen der Gründe hierfür wird auf die Begründung zu der Neufassung des § 33 des Patentgesetzes (vgl. § 1 Nr. 23 des Entwurfs) verwiesen.“ In der Begründung zum Entwurf des 6. Überleitungsgesetzes zu § 33 Abs. 2 PatG (BlPMZ 1961, 150 (zu Nr. 23, jetzt Nr. 25 b) bb)) heißt es: „Ferner wird der bisherige Satz 3 des § 33 Abs. 2, wonach die Kostenentscheidung für sich allein nicht anfechtbar ist, auch wenn sie den einzigen Gegenstand des Beschlusses bildet, gestrichen. Diese Bestimmung ist mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG zwar insofern vereinbar, als sie eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung der Prüfungsstelle oder der Patentabteilung ermöglicht. Es sind aber auch Fälle denkbar - z. B. bei Zurücknahme der Anmeldung oder eines Einspruchs -, in dem eine Anfechtung der Kostenentscheidung zusammen mit der Endentscheidung deshalb nicht möglich ist, weil eine Endentscheidung nicht ergeht. In diesen Fällen steht die Bestimmung des § 33 Abs. 2 Satz 3 mit der Regelung des Art. 19 Abs. 4 GG in Widerspruch. Der Entwurf sieht deshalb die ersatzlose Streichung dieser Bestimmung des Patentgesetzes vor.“ Nach dieser Entwurfsbegründung ist jedenfalls die Anfechtung von Kostenentscheidungen zulässig, in denen eine Entscheidung nur noch zum Kostenpunkt ergangen ist, also insbesondere Fälle der Zurücknahme der Anmeldung oder des Widerspruchs (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); zur Statthaftigkeit in anderen Fällen siehe: 33 W (pat) 9/09 - IGELPLUS/PLUS). Insoweit ist zu beachten, dass eine nachteilige Maßnahme der öffentlichen Gewalt im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG nicht nur im Rahmen einer nachteiligen Sachentscheidung, sondern auch in einer belastenden Kostenentscheidung liegen kann (Kirchner, Mitt. 1968, 147 (148); vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Aufgrund der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG darf ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Anfechtbarkeit der belastenden patentamtlichen Kostenentscheidung daher nicht verneint werden. 2. Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich. Im vorliegenden Verfahren entsprach es gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG nicht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben, mit der Folge, dass jeder Beteiligte, die ihm im Widerspruchsverfahren erwachsenen Kosten gem. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen hat. a) Die vom Patent- und Markenamt beschlossene Kostenauferlegung ist im Beschwerdeverfahren gerichtlich nachprüfbar. Nach § 63 Abs. 1 MarkenG „kann das Patentamt in der Entscheidung bestimmen, dass die Kosten des Verfahrens … einem Beteiligten ganz oder teilweise zu Last fallen, wenn dies der Billigkeit entspricht“. In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass diese Vorschrift dem Patentamt ein Ermessen einräumt. Es wird indes unterschiedlich beurteilt, inwieweit diese Entscheidung einer Nachprüfbarkeit im Rahmen des patentgerichtlichen Beschwerdeverfahrens unterliegt: aa) Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass die Ausübung des Ermessens im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Gericht unterliege (BPatGE 10, 310 (312) - Choco Flakes/Choco-Wach; vgl. BPatGE 46, 71 (73) - Token & Medaillen Manager; BPatG 25 W (pat) 4/01 - TACO BELL; BPatGE 23, 224 (227) - POMOSIN/Pomesin; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 9; Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149); Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2008, § 63 Rd. 5). Das wird teilweise damit begründet, dass die für das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren maßgeblichen Regelungen eine dem § 114 VwGO entsprechende Vorschrift nicht enthalten würden (vgl. Kirchner, Mitt. 1968, 147 (149)), so dass nicht lediglich die in § 114 VwGO vorgesehene beschränkte Prüfung auf Ermessensfehler, sondern eine vollständige Überprüfung vorzunehmen sei. bb) Nach anderer Auffassung sollen die Grundsätze zur eingeschränkten Prüfung von Ermessensentscheidungen gelten (mit ausführlicher Begründung: BPatGE 34, 99 (103 ff.); BPatGE 40, 229 (231) - LA TOUR Nomen est Omen; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic; Heidelberger-Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. I, 2. Aufl., § 63 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 63 Rd. 4). Demnach wäre die Nachprüfung der patentamtlichen Kostenentscheidung durch das Patentgericht in entsprechender Anwendung von § 114 VwGO auf die Beurteilung beschränkt, ob das Ermessen innerhalb des gegebenen Ermessensspielraums rechtsfehlerfrei ausgeübt worden ist (ebenso: BPatGE 40, 229 (231) - LATOUR Nomen est Omen; BPatG 33 W (pat) 74/06 - Net Bank netgic). Für diese Rechtsauffassung wird angeführt, dass § 114 VwGO Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes sei, der besage, dass es mit dem Sinn und Zweck einer als Ermessenvorschrift konzipierten Bestimmung nicht vereinbar wäre, wenn auch das - im Rahmen der Billigkeit liegende - „Können“ einer Behörde volljustiziabel wäre (BVerwGE 39, 355 (366)). Diese beschränkte Prüfung sei kein Verstoß gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, weil diese Bestimmung nur einen Anspruch auf Rechtmäßigkeits-, nicht jedoch auch Zweckmäßigkeitskontrolle einräume (BPatGE 34, 99 (104)). Es sei daher unzulässig, wenn sich das Gericht durch Vornahme von Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle der zuständigen Behörde setze (BPatGE 34, 99 (104)). In diese Richtung tendiert wohl auch der Bundesgerichtshof, der im Zusammenhang mit patentgerichtlichen Kostenentscheidungen, die eine vergleichbare Billigkeitsentscheidung vorsehen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG), eine Prüfung lediglich im Hinblick auf Ermessensfehler vorzusehen scheint (vgl. BGH GRUR 1966, 493 (495) - Lili; BGH GRUR 1977, 559 zu § 9 Abs. 3 Satz 3 GebrMG, § 33 Abs. 2 Satz 3 PatG, wo es heißt, dass dem Bundespatentgericht ein Beurteilungsspielraum zugebilligt werde, weshalb die Ausübung dieses Ermessens in Rechtsbeschwerdeverfahren nur beschränkt darauf hin überprüft werden könne, ob das Beschwerdegericht die dadurch gezogenen Grenzen überschritten habe). cc) Eine nähere Betrachtung des Wortlauts von § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zeigt indes, dass genau zwischen dem unbestimmten Rechtsbegriff der Billigkeit auf Tatbestandseite einerseits und der nach den Grundsätzen von § 114 VwGO und dem durch die Formulierung „kann“ verdeutlichten Ermessen auf Rechtsfolgenseite andererseits zu unterscheiden ist. Soweit dem Patentamt auf Rechtfolgenseite ein Ermessen eingeräumt wird, ist dies nach den Grundsätzen von § 114 VwGO nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar (näher zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens von § 114 VwGO im Markenrecht: BPatGE 34, 99 (103 f.)). Demgegenüber räumt der Gesetzeswortlaut kein ausdrückliches Ermessen ein bei der Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung, nämlich entsprechende Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, so dass insoweit eine umfassende gerichtliche Überprüfung vorzunehmen ist. (1) Im traditionellen Normaufbau betrifft eine gesetzliche Ermessenseinräumung die Rechtsfolgenseite, die Frage eines Beurteilungsspielraums infolge unbestimmter Rechtsbegriffe hingegen die Tatbestandsseite einer Norm. Die Subsumtion des Sachverhalts unter einen unbestimmten Rechtsbegriff gilt dabei als kognitiver Akt der Rechtserkenntnis, der im Normalfall wegen Art. 19 Abs. 4 GG uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, selbst wenn es sich um sprachlich weite Begriffe handelt (BVerfG NJW 1991, 2005; BGH NJW 1982, 1058; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 3, 24 a; Geiger, VwGO, 12. Aufl. § 114 Rd. 55, 56 m. w. N.). Das Verfahrensgrundrecht des Art. 19 Abs. 4 GG garantiert demjenigen den Rechtsweg, der geltend macht, durch die öffentliche Gewalt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Damit wird nicht nur der Zugang zu den Gerichten, sondern darüber hinaus auch die Wirksamkeit des Rechtsschutzes gewährleistet. Der Bürger hat einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Daraus folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen behördlichen Entscheidungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt auch eine Bindung an die im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen und Wertungen im Grundsatz aus (BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.; BVerfGE 64, 261 (279)). Die Regeln über die eingeschränkte Kontrolle des Verwaltungsermessens gelten daher im Normalfall nicht für die Auslegung und Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe können allerdings wegen hoher Komplexität oder besonderer Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt, weshalb der rechtsanwendenden Behörde in solchen Fällen ohne Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze ausnahmsweise ein begrenzter Entscheidungsfreiraum zuzubilligen sein kann (vgl. BVerfG NJW 1991, 2005 m. w. N.). In der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist ein solcher Beurteilungsspielraum vorwiegend angenommen worden, wenn es sich um die Beurteilung in der Zukunft liegender Vorgänge (Prognoseentscheidungen) oder um sonstige Fragen handelt, die eine persönliche Wertung enthalten (vgl. auch BVerfGE 39, 334 (353, 354)). (2) Jedoch gibt es auch Vorschriften, welche die Ermächtigung zu einer Ermessensausübung enthalten, die sich an einem unbestimmten Begriff zu orientieren hat, so dass der Verwaltungsbehörde ein Beurteilungsspielraum zustehen kann, in dessen Rahmen sie mehrere Entscheidungen treffen kann, die gleichermaßen rechtlich vertretbar sind (sogenannte Koppelungsentscheidungen, dazu: Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes in BVerwGE 39, 355 (364)). Ob der Verwaltungsbehörde vom Gesetz ein solcher Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, richtet sich nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift (BVerwGE 39, 355(364)) und ist durch Auslegung zu ermitteln. (3) Die kostenrechtliche Entscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG erfordert auf Tatbestandsseite das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten, um eine vom Regelfall (jeder Beteiligte trägt seine Kosten selbst) abweichende Kostenentscheidung zu treffen. Andererseits führt das Vorliegen von Billigkeitsgesichtspunkten nicht zwingend zu einer vom Regelfall abweichenden Kostenregelung. Vielmehr „kann“ eine Kostenentscheidung des DPMA ergehen. Sie kann aber aus Zweckmäßigkeiterwägungen auch unterbleiben und steht damit im Ermessen des DPMA. Die Struktur des § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG entspricht daher einer sogenannten Koppelungsvorschrift, in der auf Tatbestandsseite ein unbestimmter Rechtsbegriff auftaucht, der mit einem Ermessen auf Rechtsfolgenseite gekoppelt ist. Die Regeln über die nur begrenzte Nachprüfung des Ermessens gelten in diesen Koppelungstatbeständen nur dann auch für die Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe, wenn die Auslegung dies ausnahmsweise gebietet (eingehend dazu: Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 ff.; BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Dies kann der Fall sein, wenn die Norm in spezifischer Weise wertende oder prognostische Elemente beinhaltet, die der Verwaltung vorbehalten sein sollen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23; BVerfG NJW 1991, 2005). Im Zweifel ist jedoch eine volle Justiziabilität anzunehmen (Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rd. 23 f). Eine Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe vom 19.10.1971 (BVerwGE 39, 355 ff.) zur Auslegung von § 131 Abs. 1 S. 1 AO (in der Fassung des Art. 17 Nr. 5 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13.07.1961 - BGBl. I, 981; BStBl. I, 444) scheint wegen der strukturellen Ähnlichkeit dieser Norm mit § 63 Abs. 1 MarkenG auf den ersten Blick dafür zu sprechen, eine Prüfung ausschließlich nach den Grundsätzen für die Überprüfung einer Ermessensentscheidung vorzunehmen. Die maßgebliche Fassung von § 131 AO lautete: „Im Einzelfall können Steuern und sonstige Geldleistungen ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter der gleichen Voraussetzung können bereits entrichtete Steuern und sonstige Geldleistungen erstattet oder angerechnet werden.“ Ähnlich wie § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG knüpft damit auch § 131 AO in der zitierten Fassung an das tatbestandliche Vorliegen einer Billigkeit an, um der Behörde sodann mit einer „kann-Regelung“ ein Ermessen auf Rechtfolgenseite einzuräumen. Für die konkrete Norm des § 131 AO hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe entschieden, dass der Begriff „unbillig“ nicht losgelöst davon gewürdigt werden könne, dass er ein „Können“ der Behörde zur Folge habe. Ein völliger Wegfall des Ermessenselements in dieser als typische Ermessensvorschrift geschaffenen Bestimmung könne mit dem Sinn und Zweck derselben nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden (BVerwGE 39, 355 (365 f.)). Die Verlagerung des Begriffs „unbillig“ in den Tatbestand der Norm würde einer Ermessensbetätigung praktisch keinen Spielraum mehr lassen, also zu einer nahezu vollständigen Ermessensschrumpfung führen (BVerwGE 39, 355 (365 f.)). Nach den Ausführungen des Gemeinsamen Senats bestehe nämlich insoweit eine unlösbare Verbindung, als der Begriff „unbillig“ in den Ermessensbereich hineinrage und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimme (BVerwGE 39, 355 (366)). Dabei hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe diese Beurteilung wesentlich darauf gestützt, dass sich die Norm an die Eingriffsverwaltung richte und dem Begriff der Billigkeit im Steuerrecht gerade im Bereich der Ermessensentscheidungen eine überragende Bedeutung zukomme, weshalb dieser einheitliche Maßstäbe erfordere (BVerwGE 39, 355 (367)). Andererseits hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe aber auch verdeutlicht, dass nicht für alle Vorschriften, in denen eine Verbindung zwischen einem unbestimmten, einer unmittelbaren Subsumtion nicht zugänglichen Begriff („Billigkeit“) und einem „Können“ der Behörde hergestellt wird, von vornherein festgelegt werden könne, dass die Anwendung der Vorschrift insgesamt nach Ermessensgrundsätzen zu überprüfen sei (BVerwGE 39, 355 (355 ff.)); ebenso: BVerwGE 40, 353 (356)). Vielmehr müsse für jede Einzelnorm nach ihrem Sinn und Zweck ermittelt werden, ob sie in den Bereich der Ermessensbetätigung oder der Rechtsanwendung führt (BVerwGE 39, 355 ff.). Für § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG ist indes festzustellen, dass er keinen Fall der Eingriffsverwaltung betrifft und zudem Konstellationen mit mehreren Beteiligten erfasst. Die Benachteiligung eines Beteiligten, die im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren - anders als im Anwendungsbereich des § 131 AO - mit der Annahme eines Billigkeitsfalls verbunden ist, spricht unter Berücksichtigung der Wertung des Art. 19 Abs. 4 GG daher eher für eine weitergehende gerichtliche Überprüfung. Während nämlich die Ablehnung einer Billigkeit nach § 131 AO nur zur Versagung eines in das Ermessen der Behörde gestellten Vorteils für den Steuerzahler führen würde, führt eine Kostenentscheidung nach § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG zur Belastung eines Verfahrensbeteiligten mit den Kosten des Gegners. Deshalb gilt im Markenrecht im Rahmen von § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG uneingeschränkt das Rechtsschutzgebot des Art. 19 Abs. 4 GG, das gerichtlichen Rechtsschutz gerade dann absichern soll, wenn in die Rechtsstellung der Betroffenen nachteilig eingegriffen wird (vgl. ähnliche Wertungen in: BVerwGE 45, 162 (164 f.)). Demgegenüber führt eine kraft Ermessensausübung unterbliebene Kostenentscheidung nur dazu, dass es bei dem allgemeinen Grundsatz bleibt, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da hierdurch keine gegenseitigen finanziellen Ansprüche begründet werden, erscheint es insoweit gerechtfertigt, das in dieser Weise ausgeübte Ermessen nur eingeschränkt, nach den Grundsätzen von § 114 VwGO zu überprüfen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass gerade die einheitliche Auslegung des Begriffs der Billigkeit bei markenrechtlichen Kostenentscheidungen für eine umfassende gerichtliche Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen der Kostenentscheidung spricht. Anderenfalls wäre es nämlich möglich, dass die wortgleich konzipierten Tatbestandsvoraussetzungen in den Vorschriften § 63 Abs. 1 S. 1 MarkenG und § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG im patentamtlichen und im gerichtlichen Verfahren unterschiedlich ausgelegt würden, obwohl ihnen ein einheitlicher Zweck und Rechtsgedanke zu Grunde liegt. Die Regelung in § 71 MarkenG lässt zudem erkennen, dass die wertenden Gesichtspunkte, die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung zu berücksichtigen sind, gerade nicht der Behörde vorbehalten sein sollen, sondern vom Gericht gleichermaßen ergründet werden können und sollen. Aus diesem Grund hat das Gericht im Beschwerdeverfahren auch zu prüfen, ob tatsächlich Billigkeitsgesichtspunkte vorliegen, die eine vom allgemeinen Grundsatz abweichende Kostenregelung für das Verfahren beim Patentamt gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG rechtfertigen. Allerdings käme wohl auch die vom Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgesehene Prüfung zu einem ähnlichen Ergebnis, weil der gemeinsame Senat davon ausgeht, dass es vom Ergebnis her keinen Unterschied mache, ob die Gerichte von einer Ermessensentscheidung ausgehen, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüfen, oder ob die Gerichte zwar von einer Rechtsentscheidung ausgehen, sich aber zur Vermeidung einer „uferlosen“ Kontrolle auf eine „taktvolle und behutsame Rechtskontrolle“ beschränken (BVerwGE 39, 355 (368)). b) Vorliegend führt die vom Senat vorzunehmende Nachprüfung der „Billigkeit“ zur Aufhebung der die Widersprechende belastenden Kostenentscheidung. Die Grundsätze der Billigkeit gebieten es - trotz der Rücknahme des Widerspruchs - nicht, der Widersprechenden die Kosten des Widerspruchsverfahrens gem. § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG aufzuerlegen. Eine Kostenauferlegung im Widerspruchsverfahren kommt in der Regel nur in Betracht, wenn der belastete Beteiligte in der Hauptsache unterliegt und zusätzliche, besondere Umstände vorliegen (Ströbele/ Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; v. Schultz, MarkenR 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 63 Rd. 4; BPatGE 10, 311 (312); BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; BPatG 29 W (pat) 97/03 - SYLT/SYLT; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS). Der Verfahrensausgang allein kann nämlich kein hinreichendes Kriterium für die Auferlegung von Kosten sein, weil die markenrechtliche Kostenregelung in bewusster Abgrenzung zu § 91 ff. ZPO getroffen wurde (BGH GRUR 1972, 600 (601) - Lewapur; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 11 m. w. N.). Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen erfordert daher einen schuldhaften Verstoß gegen die jedem Beteiligten obliegende allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht, die es unbillig erscheinen lassen würde, einen anderen Beteiligten die vermeidbaren Kosten tragen zu lassen (BGH GRUR 1996, 399 (401) - Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224 (227); Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 11; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 11). Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht kann nach h. M. vorliegen, wenn eine Partei in einer erkennbar aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation versucht, ihr eigenes rechtliches Interesse durchzusetzen (st. Rspr. BGH GRUR 1966, 493 - Lili; BPatG 33 W (pat) 187/03; BPatG 29 W (pat) 97/03; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 2. Aufl., § 63 Rd. 4; Bücher/Dittmer/Schiwy; Gewerbl. Rechtsschutz 2008, § 63 Rd. 3; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 2). Sinn der Kostenvorschrift des § 63 Markung ist es nämlich, die Verfahrensbeteiligten zu veranlassen, sorgfältig zu prüfen, ob ihre Rechtsverfolgung sinnvoll und gerechtfertigt ist (vgl. Begründung zu § 5 Abs. 6 WZG, BlPMZ 1967, 264 zu Art. 2 Nr. 3; BPatG Mitt. 1976, 99 (99); BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Die Rücknahme des Widerspruchs nach der außergerichtlich gefundenen Einigung stellt indes keinen Sorgfaltspflichtverstoß dar und rechtfertigt für sich genommen, keine Kostenentscheidung zu Lasten der Widersprechenden (vgl. BGH GRUR 1998, 818 (819) - Puma; BPatG 29 W (pat) 38/06 - PLUS; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS). § 269 Abs. 3 Satz 2 1. HS ZPO mit der dort angeordneten Kostenfolge zu Lasten der zurücknehmenden Partei kann nicht entsprechend angewendet werden (BGH GRUR 1998, 818 (819) - Puma; vgl. Heidelberger Kommentar, Bd. 1, 2. Aufl., MarkenR, Fuchs-Wissemann, § 71 Rd. 3; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 4), weil § 63 Abs. 1 Satz 2 MarkenG insoweit eine speziellere Regelung vorsieht, die die Kostenentscheidung auch bei einer Rücknahme des Widerspruchs in das an Billigkeitserwägungen auszurichtende Ermessen des Patentamtes stellt. Auch im Übrigen liegt ein Sorgfaltspflichtverstoß der Widersprechenden nicht vor. Allerdings kann die Rechtsverfolgung unter Umständen erkennbar aussichtslos sein bei einem Widerspruch, der wegen offensichtlicher Unähnlichkeit der Vergleichsmarken unbegründet wäre (vgl. dazu: BPatGE 12, 238 (240 f.) - Valsette/Garsette; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, MarkenR Bd. 1; 2. Aufl.; § 63 Rd. 5). Vielfach wird vertreten, dass zu dieser Fallgruppe auch Fälle zählen, in denen sich mehrgliedrige Marken bzw. Kombinationsmarken gegenüberstehen, die nur in einem offensichtlich schutzunfähigen Bestandteil übereinstimmen (BPatG 33 W (pat) 156/04 - FINANZ-PARTNER HAMBURG/FinanzPartner DE; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 223/04 - PLUS/OSPlus; BPatG 33 W (pat) 141/04 - PLUS/One System Plus). Insoweit ist jedoch Zurückhaltung geboten, da die gesetzliche Grundregel auch für Widersprüche mit geringen Erfolgsaussichten gilt (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 16; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 7). Von einer erkennbar aussichtslosen Rechtslage kann man daher nicht ausgehen, wenn zur Zeit der Widerspruchseinlegung keine einheitliche Rechtsprechung existiert oder wenn es Entscheidungen zugunsten des Widersprechenden gibt, selbst wenn diese erst nach Widerspruchseinlegung ergangen sind (abweichend: BPatG 33 W (pat) 223/04 - PLUS/OSPlus; BPatG 33 W (pat) 141/04 - PLUS/One System Plus), da durch die abweichenden Entscheidungen belegt wird, dass die Rechtslage sich eben nicht eindeutig gestaltet. Eine einheitliche Entscheidungspraxis allein des Patentamts oder gar einer einzelnen Markenstelle kann dabei eine einheitliche Rechtsprechung nicht ersetzen. An der (subjektiven) Erkennbarkeit kann es zudem auch fehlen, wenn der Widersprechende, z.B. aufgrund einer lückenhaften oder missverständlichen Begründung des Patentamts, Zweifel an der angefochtenen Entscheidung haben durfte (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 16). Eine erkennbare Aussichtslosigkeit setzt zudem voraus, dass die Rechtslage überschaubar ist . Das ist nur dann der Fall, wenn es um einzelne Rechtsprobleme geht, deren Beurteilung keine umfassenden Ausführungen und/ oder abwägende Bewertungen erfordern. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall angesichts der Umfangs der zu beurteilenden Rechtsprobleme und der nicht in allen Aspekten einheitlichen Entscheidungen nicht vor, so dass eine Kostenauferlegung nicht in Betracht kommt (im Ergebnis ebenso: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 - MeatPlus/PLUS; anders: BPatG 33 W (pat) 159/01 - 1 Plus/MHPlus; BPatG 33 W (pat) 223/04 - OSPlus/PLUS; BPatG 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/PLUS und BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar Plus PLUS; BPatG 29 W (pat) 38/06 - VIVAPLUS/VIVA; BPatG 29 W (pat) 105/05 - PLUS). Zum einen hat die Rechtsprechung zur Verwechselbarkeit mehrgliedriger Marken, die nur in einzelnen Bestandteilen übereinstimmen, in den letzten Jahren ständig Änderungen erfahren (vgl. dazu Darstellung bei Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 9 Rd. 246 ff., 258, 260 ff.). Zur Frage, ob bzw. wann aus einem eigentlich schutzunfähigen Bestandteil vorgegangen werden kann und welche Rolle die Verkehrsbekanntheit dabei spielt, existieren verschiedene nicht vollständig deckungsgleiche Entscheidungen (BGH GRUR 2008, 505 (Nr. 28, 35) - TUC Salzcracker; BGH GRUR 2003, 1040 (1043) - Kinder; EuGH GRUR Int. 2005, 221 (Nr. 54) - HUBERT/SAINT HUBERT) . Eine gefestigte Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs gibt es ebenfalls nicht. Zum anderen bedarf es der umfassenden Beurteilung einer Vielzahl von Aspekten, die durchaus abwägende Bewertungen beinhalten. Im vorliegenden Fall wäre insbesondere die Frage einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kraft Verkehrsbekanntheit (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rd. 291 ff.) zu prüfen gewesen. Wenngleich zur Schutzunfähigkeit des Zeichenbestandteils „PLUS“ mehrere Entscheidungen existieren (z. B: BPatG Mitt. 1972, 212 - Plus; BPatG 30 W (pat) 41/97 - CABLE PLUS/CANAL PLUS; BPatG 30 W (pat) 140/97 - PLUS; BPatG 33 W (pat) 159/01 - MH-Plus/Xplus; BPatG 24 W (pat) 41/04 - sani plus/SANIFORM PLUS; BPatG 24 W (pat) 16/07 - MCI Haar PLUS/PLUS; HABM R724/2007-4 vom 8. September 2008 - bioPLUS/PLUS), ist nicht zu verkennen, dass es auf europäischer Ebene Entscheidungen zu mehrgliedrigen Marken mit dem Bestandteil „Plus“ gibt, die ein anderes Verständnis beschreibender Merkmale andeuten (so z. B.: HABM R 991/2000-3 - BIGPlus; EuG T-0360/00 - UltraPlus; HABM zu WhoisPlus/PLUS, zitiert nach BPatG 25 W (pat) 38/08). Auch das Bundespatentgericht hat die Schutzfähigkeit des Zeichens „PLUS“ zumindest für einzelne Waren anerkannt (BPatG 28 W (pat) 296/03 - Plus: Schutzfähigkeit bejaht für Christbaumschmuck). Zudem hat das Patentamt selbst in drei Entscheidungen, die den Zeichenbestandteil „PLUS“ betrafen, eine (teilweise allerdings nur assoziative) Verwechslungsgefahr angenommen (DPMA vom 29.04.2003 - 2 plus/PLUS - 30083008.4/32; DPMA vom 6.5.2003 - Reisen mit Plus/PLUS - 30126352.3/39; DPMA vom 01.09.2006 - U2B Plus/PLUS - 30037135.7/03). Im Ergebnis kann angesichts der Komplexität der Rechtslage, die sich deutlich aus den umfangreichen Ausführungen in dem Beschluss des BPatG, 25 W (pat) 38/08 - WhoisPlus/PLUS ergibt, nicht davon ausgegangen werden, dass die Widersprechende mit der Einlegung des Widerspruchs eine prozessuale Sorgfaltspflicht verletzt hätte. Es liegen damit keine Billigkeitsgründe vor, die nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG eine vom Grundsatz abweichende Kostenentscheidung erlauben würden. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt gemäß § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG jeder Beteiligte selbst. Eine hiervon abweichende Kostenverteilung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG war nicht geboten, denn die Voraussetzungen für eine hiervon abweichende Billigkeitsentscheidung gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zugunsten der Widersprechenden liegen in diesem Verfahren nicht vor (im Ergebnis ebenso zu anderen Verfahren betreffend die Wort-/Bildmarke „PLUS“: BPatG 25 W (pat) 38/08 - WhoisPLUS/PLUS; BPatG 30 W (pat) 52/09 - APOPLUS/PLUS; BPatG 28 W (pat) 52/08 – MeatPlus/PLUS). Zwar wird in Literatur und Rechtsprechung zu Recht darauf hingewiesen, dass im Rahmen isolierter Kostenbeschwerden ein wirtschaftlich sinnvolles Ergebnis in der Regel nur dann erzielt werden kann, wenn der durch die patentamtliche Kostenentscheidung benachteiligten Partei ein Kostenerstattungsanspruch zugebilligt wird (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217); BPatG 33 W (pat) 187/03 - FOCCUS/FOCUS). Anderenfalls wäre die erfolgreiche Beschwerdeentscheidung praktisch ohne Wert für den Beschwerdeführer, da dieser lediglich von den Kosten des vorangegangenen patentamtlichen Verfahren entlastet würde, zugleich aber diejenige Kosten, die zur Korrektur der unrichtigen Kostenentscheidung aufzuwenden sind - also die Beschwerdegebühr und seine außergerichtlichen Kosten - selbst tragen müsste (vgl. BPatG Mitt. 1973, 215 (217)). Eine derartige Betrachtungsweise erscheint zumindest in den Fällen zutreffend, in denen der im Beschwerdeverfahren obsiegende Beteiligte identisch mit dem in der Hauptsache Obsiegenden ist (so in den Verfahren BPatG Mitt. 1973, 215; BPatG Mitt. 1976, 99 - DUROMAT/DUROMAT; BPatG MarkenR 2007, 271 f.). Diese Erwägungen dürfen jedoch nicht zu einer pauschalen Differenzierung nach Verfahrensarten führen (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 15). Eine Billigkeitsentscheidung muss vielmehr stets sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit würdigen. Wenn - wie hier – ein Beteiligter lediglich im Hinblick auf die Kostenbeschwerde unterliegt, erschiene es unbillig, diese Partei nunmehr mit den Gerichts- und Anwaltskosten des anderen Beteiligten zu belasten, der eine Entscheidung in der Hauptsache durch die Rücknahme des Widerspruchs vereitelt hat. 4. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr erscheint vorliegend angemessen. Gem. § 71 Abs. 3 MarkenG kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr vom Patentgericht angeordnet werden. Anders als in § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG knüpft das Gesetz für den Gebührenerlass in § 71 Abs. 3 MarkenG dem Wortlaut nach nicht an Billigkeitsgesichtspunkte. Dies ermöglicht einen - im Vergleich zur Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG - weitergehenden Spielraum, der sich dadurch erklärt, dass beim Erlass der Beschwerdegebühr, anders als bei einer vom Grundsatz abweichenden Kostenentscheidung, keiner der Beteiligten belastet wird. Gleichwohl kommt eine Erstattung der Beschwerdegebühr nur in Ausnahmefällen in Betracht (Ingerl/Rohnke, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 35; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 31), um dem grundsätzlichen Anliegen des Gesetzgebers, das gerichtliche Beschwerdeverfahren für den Regelfall gebührenpflichtig auszugestalten, gerecht zu werden (abweichend noch: § 13 Abs. 2 WZG; vgl. zur entsprechenden Änderung im Markengesetz: Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts, BlPMZ 1994, S. 98 (zu § 66 MarkenG)). Ein Gebührenerlass kann z. B. bei erheblichen Verfahrensfehlern des Patentamts angebracht sein; insbesondere bei schlechterdings unvertretbaren Entscheidungen oder einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (BPatG GRUR 2003, 1069 (1070) - Nettpack; Ingerl/Rohnke, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 38 ff. m. w. N.; Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 71 Rd. 29 ff.; v. Schultz, MarkenR, 3. Aufl., § 71 Rd. 14; Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, Bd. I, 2. Aufl., § 71 Rd. 13). Zwar sind vorliegend keine derartigen erheblichen Fehler ersichtlich, indes war die Beschwerdegebühr ausnahmsweise gem. § 71 Abs. 4 MarkenG an die im Beschwerdeverfahren obsiegende Widersprechende zurückzuzahlen, um so zu verhindern, dass die im Ergebnis erfolgreiche Kostenbeschwerde wirtschaftlich sinnlos wäre. Auf diese Weise bleibt die Widersprechende zwar - ebenso wie die Inhaber der angegriffenen Marke - weiterhin mit den eigenen Kosten belastet, wird aber zumindest von den gerichtlichen Verfahrenskosten entlastet, die letztlich erst infolge der im Beschwerdeverfahren korrigierten Kostenentscheidung des DPMA erforderlich wurden. Dieses Ergebnis entspricht schließlich auch der in Nr. 401 300 des Gebührenverzeichnisses zum PatKostG zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach Beschwerden nach § 11 Abs. 2 PatKostG, also Beschwerden gegen eine Entscheidung des DPMA über eine Kostenerinnerung, gebührenfrei sind.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006986&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007087
BPatG
München
17. Senat
20100916
17 W (pat) 86/05
Beschluss
§ 1 Abs 3 Nr 4 PatG, § 1 Abs 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Graphische Benutzerschnittstelle zum Kundeninformationsmanagement" - zur Patentfähigkeit  - Wiedergabe von Informationen - keine Erfindung auf technischem Gebiet
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 198 82 490.4-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung nimmt die Priorität der US-Anmeldung 08/884,113 vom 26. Juni 1997 in Anspruch und trägt die Bezeichnung "Graphische Benutzerschnittstelle zum Kundeninformationsmanagement" Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt mit Schriftsatz vom 22. April 2005, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, hilfsweise Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Mit Schriftsatz vom 25. Januar 2007 hat sie neue Patentansprüche 1 bis 14 eingereicht. Patentanspruch 1 lautet: "Verfahren zum Anzeigen von wenigstens ein Ereignis betreffenden Informationen unter Verwendung eines Computersystems (100) mit einem Prozessor (110) und einer prozessorgesteuerten Anzeigeeinrichtung (140), wobei die das wenigstens eine Ereignis betreffenden Informationen in den Prozessor eingegeben und in dem Prozessor zur Ansteuerung der Anzeigeeinrichtung derart umgesetzt werden, dass ein dem wenigstens einen Ereignis zugeordnetes Ereignisobjekt auf der Anzeigeeinrichtung wiedergegeben wird, dadurch gekennzeichnet, dass von dem Prozessor ein zentraler Punkt (202) auf der Anzeigeeinrichtung festgelegt wird; und dass die Anzeigeeinrichtung derart angesteuert wird, dass das Ereignisobjekt in einer bestimmten radialen Entfernung zum zentralen Punkt (202) angezeigt wird, wobei jeder radialen Entfernung eine bestimmte Ereignisphase aus einer Mehrzahl unterschiedlicher Ereignisphasen und dem zentralen Punkt (202) die Endphase des Ereignisses zugeordnet wird." Der nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet: "Computersystem (100) mit einem Prozessor (110), der mit einer Anzeigeeinrichtung (140) gekoppelt ist, wobei dem Prozessor Mittel zum Festlegen eines zentralen Punktes (202) auf der Anzeigeeinrichtung zugeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Prozessor so konfiguriert ist, dass er die Anzeigeeinrichtung (140) zur Anzeige wenigstens eines einem Ereignis zugeordneten Ereignisobjekts (223 ... 226) derart ansteuert, dass das Ereignisobjekt in einer bestimmten radialen Entfernung zum zentralen Punkt (202) angezeigt wird, wobei jeder radialen Entfernung eine bestimmte Ereignisphase aus einer Mehrzahl unterschiedlicher Ereignisphasen und dem zentralen Punkt (202) die Endphase des Ereignisses zugeordnet ist." Zur Begründung ihrer Beschwerde führte die Anmelderin aus, dass der technische Charakter des Verfahrens nach Patentanspruch 1 und des Computersystems nach Anspruch 8 außer Frage stehe und der Gegenstand der Anmeldung alle Patentvoraussetzungen erfülle. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung war der Anmelderin unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung mitgeteilt worden, dass das beanspruchte Verfahren und Computersystem möglicherweise als Wiedergabe von Informationen oder als Programm für Datenverarbeitungsanlagen vom Patentschutz ausgeschlossen sei. In den Ansprüchen könnten auch anderweitig keine Anweisungen erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mittel dienten. Die Anmelderin hat sich hierzu nicht geäußert. Zur mündlichen Verhandlung ist sie, wie angekündigt, nicht erschienen. II. Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents ausschließlich die Wiedergabe von Informationen betrifft und daher gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung auf technischem Gebiet anzusehen ist. 1. In der Beschreibung der Anmeldung wird einleitend ausgeführt, dass es wünschenswert sei, beim Treffen einer Entscheidung eine maximale Menge von Informationen zu berücksichtigen, um eine genaue Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Mit der Maximierung der Menge der verfügbaren Informationen verringere sich jedoch die Genauigkeit der Entscheidung, was seinen Grund darin habe, dass die beim Finden von geschäftlichen Entscheidungen zu präsentierende, aufzunehmende und zu berücksichtigende Menge von Informationen beträchtlich sein könne. Daher sei es wünschenswert, einem Entscheidungsträger eine maximale Menge von Informationen in einer für den Entscheidungsträger leicht verständlichen Form zu präsentieren (vgl. S. 1, Z. 11 - 25 der Beschreibung). 2. Entsprechend schlägt der Patentanspruch 1 ein Verfahren zum Anzeigen von wenigstens ein Ereignis betreffenden Informationen in einer bestimmten Form vor. Zur Erzeugung der Anzeige wird ein Computersystem verwendet, das über einen Prozessor und eine von diesem angesteuerte Anzeige verfügt. Der Prozessor soll die Anzeige so ansteuern, dass ein zentraler Punkt auf der Anzeigeeinrichtung festgelegt wird und ein (jeweiliges) Ereignisobjekt in einer bestimmten radialen Entfernung zu diesem zentralen Punkt angezeigt wird. Dabei soll jeder radialen Entfernung eine bestimmte Ereignisphase zugeordnet sein mit der Endphase im Zentrum. Wie auf S. 3, Z. 19 - 22 der Beschreibung an einem Ausführungsbeispiel erläutert, kann das zur Anzeige vorgesehene Ereignisobjekt eine Geschäftstransaktion sein, bspw. ein Verkaufsgeschäft. In diesem Fall würde der zentrale Punkt den Abschluss der Verkaufshandlung repräsentieren und die Entfernung, in der das Ereignis von dem Mittelpunkt angezeigt wird, die Nähe zum Verkaufsabschluss, bspw. die Phase "gebucht" oder "geliefert" (vgl. S. 7, Z. 14 - 22 und S. 20, Z. 21 - 28). Auf diese Weise werden die in der Figur 2B aufgelisteten Tabellenwerte einzelner Ereignisobjekte in die in Figur 2A gezeigte Bildschirmdarstellung nach Art eines Radarschirms (Radar-Screen-Opportunity-Display) umgesetzt (vgl. S. 5, Z. 32 - 35). Es ist nachvollziehbar, dass die vorgeschlagene Form der Anzeige von Ereignissen für Entscheidungsträger leichter erfassbar ist als die bloße Auflistung von Tabellenwerten. Denn Ereignisse, die kurz vor dem Abschluss stehen, werden in der Nähe des zentralen Punkts der Anzeige dargestellt, während Ereignisse, die sich in der Anfangsphase befinden, leicht daran erkannt werden können, dass sie weit entfernt vom zentralen Punkt dargestellt werden. 3. Das Verfahren zum Anzeigen von wenigstens ein Ereignis betreffenden Informationen gemäß Anspruch 1 ist jedoch als Wiedergabe von Informationen als solche gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. Abs. 4 PatG nicht als Erfindung auf dem Gebiet der Technik anzusehen. Anspruch 1 schlägt vor, Ereignisobjekte, z. B. Informationen über Verkaufsgeschäfte, in einer bestimmten Form wiederzugeben, nämlich mit einem bestimmten radialen Abstand von einem zentralen Punkt auf einer Anzeigeeinrichtung. Die Form der Wiedergabe orientiert sich dabei nicht an technischen Umständen, sondern ist allein durch die Auffassungsgabe eines menschlichen Entscheidungsträgers bestimmt, für den sie leicht verständlich sein soll. Insofern betrifft der Anspruch 1 die Wiedergabe von Informationen an sich und nicht eine Leistung auf technischem Gebiet. An dieser Wertung ändert auch der Umstand nichts, dass zur Anzeige der Ereignisobjekte bzw. Informationen eine Anzeigeeinrichtung verwendet wird, die durch den Prozessor des Computersystems so angesteuert werden soll, dass die Informationen in der beabsichtigten Form wiedergegeben werden. Denn der Anspruch belehrt den (Datenverarbeitungs-)Fachmann nicht darüber, wie Anzeigeeinrichtung oder Computersystem auszugestalten oder zu programmieren sind, damit die Darstellung in der gewünschten Form wiedergegeben wird. Entsprechend fehlt es dem Verfahren nach Anspruch 1 an (technischen) Anweisungen, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen und die folglich einer Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit unterzogen werden könnten (vgl. BGH in GRUR 2009, 479, Abs. [0011] - Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten - m. w. N.). Dem Antrag der Anmelderin auf Erteilung eines Patents mit dem geltenden Patentanspruch 1 konnte daher nicht gefolgt werden. Im Übrigen hätte auch eine Weiterverfolgung des Patentbegehrens auf der Grundlage des nebengeordneten Anspruchs 8 nicht zum Erfolg führen können. Dieser Anspruch ist zwar formal auf ein Computersystem gerichtet, hat aber ebenfalls keine Anweisungen zum Gegenstand, die der Lösung einer konkreten technischen Problemstellung dienen, sondern beschränkt sich - für den Fachmann offensichtlich - auf Anweisungen, die die gewünschte Form der Anzeige von Ereignisobjekten betreffen. Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007090
BPatG
München
25. Senat
20101011
25 W (pat) 6/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Sammy/Sammy's Super Sandwich" – zur Kennzeichnungskraft - Warenähnlichkeit – unmittelbare Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 303 21 888 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: 1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 2004 und 25. September 2006 sind wirkungslos, soweit die darin angeordnete Löschung der angegriffenen Marke folgende Waren umfasst: "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke, nämlich Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Stapelchips, Nachos, Erdnussflips, Popcorn, Reiscracker, Reisgebäck; Müsliriegel, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Getreidekörnern, Nüssen und Trockenfrüchten". 2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Markeninhaberin zurückgewiesen.
I. Die am am 28. April 2003 angemeldete Wortmarke Sammy ist am 25. August 2003 für die Waren "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke; Salz- und Laugengebäck; geröstete, getrocknete, gesalzene oder gewürzte Nüsse; Müsliriegel, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Getreidekörnern, Nüssen und Trockenfrüchten; Saucen" unter der Nummer 303 21 888 in das Markenregister eingetragen worden. Hiergegen hat die Widersprechende u. a aus der seit dem 18. Januar 2001 unter der Nummer 301 26 766 für die Waren "Brot- und Backwaren" registrierten Wortmarke Sammy's Super Sandwich Widerspruch eingelegt. Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken in Bezug auf sämtliche Waren der angegriffenen Marke mit Ausnahme der Waren "geröstete, getrocknete, gesalzene oder gewürzte Nüsse; Saucen" bejaht. Sie hat dementsprechend aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 301 26 766 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke, nämlich für die Waren "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke; Salz- und Laugengebäck; Müsliriegel, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Getreidekörnern, Nüssen und Trockenfrüchten" angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Ausgehend von der Registerlage bestehe zwischen den für die Widerspruchsmarke registrierten "Backwaren" und den gelöschten Waren der angegriffenen Marke teilweise Identität und ansonsten wegen Überschneidungen und Berührungspunkten in Bezug auf stoffliche Beschaffenheit sowie Verwendungszweck als auch bei den Vertriebsstätten zumindest Ähnlichkeit. Weiterhin sei von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Allein der Umstand, dass es sich bei "Sammy" um einen im anglo-amerikanischen Sprachraum verbreiteten Männernamen handle, führe nicht zu einer Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils "Sammy's" der Widerspruchsmarke. Da es sich bei den weiteren Bestandteilen der Widerspruchsmarke "Super Sandwich" um eine rein beschreibende Angabe handele, werde die Widerspruchsmarke dementsprechend durch den Bestandteil "Sammy's" geprägt. Auch wenn es sich dabei um einen (angel-)sächsischen Genitiv handle, werde der Verkehr die Bestandteile der Widerspruchsmarke nicht als untrennbare Gesamtbezeichnung auffassen und benennen, da er erfahrungsgemäß eher zur verkürzten Wiedergabe längerer Kennzeichnungen neige. Die miteinander zu vergleichenden Markenwörter "Sammy" und "Sammy's" seien jedoch bis auf den Schlussbuchstaben der Widerspruchsmarke identisch, so dass in Bezug auf die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren jedenfalls die Gefahr klanglicher Verwechslungen bestehe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. In der Beschwerdeschrift vom 13. November 2006 hat sie die Benutzung der Widerspruchsmarke zunächst in vollem Umfang bestritten, nach Vorlage von Benutzungsunterlagen durch die Widersprechende eine Benutzung der Widerspruchsmarke für "Weißbrot" in der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 jedoch unstreitig gestellt. Mit Schriftsatz vom 2. Juli 2008 hat die Markeninhaberin ferner ihr Warenverzeichnis unter Aufrechterhaltung im Übrigen in Bezug auf die von der Löschungsanordnung betroffenen Waren wie folgt eingeschränkt/konkretisiert: "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke, nämlich Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Stapelchips, Snackspezialitäten auf Kartoffelbasis, Nachos, Erdnussflips, Popcorn, Snackspezialitäten auf Maisbasis, Reiscracker, Reisgebäck, Snackspezialitäten auf Reisbasis, Cracker, Brotchips, Snackspezialitäten auf Getreidebasis; Salz- und Laugengebäck für Knabberzwecke, nämlich Salzstangen, Salzbrezeln; Müsliriegel, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Getreidekörnern, Nüssen und Trockenfrüchten". Im Anschluss an eine mündliche Verhandlung vom 23. April 2008 vor dem zum damaligen Zeitpunkt zuständigen 32. Senat hat dieser eine Verbandsanfrage zur Frage der Warenähnlichkeit unter Zugrundelegung des von der Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 2. Juli 2008 eingeschränkten/konkretisierten Warenverzeichnisses eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Verbandsanfrage wird auf die zur Akte überreichten Auskünfte der einzelnen Verbände (vgl. Bd. II Bl. 181 - 229 d. A.) Bezug genommen. Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 den Widerspruch hinsichtlich der Waren "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke, nämlich Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Stapelchips, Nachos, Erdnussflips, Popcorn, Reiscracker, Reisgebäck; Müsliriegel, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Getreidekörnern, Nüssen und Trockenfrüchten" zurückgenommen, so dass nur noch die Waren "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke, nämlich Snackspezialitäten auf Kartoffelbasis, Snackspezialitäten auf Maisbasis, Snackspezialitäten auf Reisbasis, Cracker, Brotchips, Snackspezialitäten auf Getreidebasis; Salz- und Laugengebäck für Knabberzwecke, nämlich Salzstangen, Salzbrezeln" streitgegenständlich sind. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 2004 und 25. September 2006 aufzuheben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke für die derzeit noch streitgegenständlichen Waren angeordnet wurde, und den Widerspruch insoweit zurückzuweisen. Es fehle bereits an einer Ähnlichkeit zu den noch streitgegenständlichen Waren, da "Weißbrot" in Bezug auf Beschaffenheit, Verwendungszweck, Vertrieb etc. keine Berührungspunkte zu Snack- und Knabberwaren bzw. -gebäck aufweise. Auch die eingeholten Verbandsauskünfte ergäben insoweit keine Anhaltspunkte für eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei unterdurchschnittlich, da es sich bei "Sammy's" um den (angel-)sächsischen Genitiv des geläufigen, weithin bekannten und daher in seiner Kennzeichnungskraft erheblich eingeschränkten Vornamens "Sammy" handele. Der Bestandteil "Sammy's" sei daher auch nicht geeignet, den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke in einer kollisionsbegründenden Weise zu prägen. Vielmehr werde die Widerspruchsmarke durch alle drei Wortbestandteile gleichermaßen geprägt und vom Verkehr als Gesamtzeichen wahrgenommen. Eine isolierte Betrachtung nur des Bestandteils "Sammy's" verbiete sich daher. Aufgrund des sächsischen Genitivs sei auch in grammatikalischer Hinsicht von einem Gesamtbegriff auszugehen. Aufgrund der in der Widerspruchsmarke enthaltenen zusätzlichen Wortelemente "Super Sandwich" könnten dann aber Verwechslungen in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht ausgeschlossen werden. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Zwischen den zu berücksichtigenden Waren der Widerspruchsmarke und den noch streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke liege eine zumindest durchschnittliche Ähnlichkeit vor, was insbesondere auch durch die Verbandsauskunft des "Z… e. V." bestätigt werde. Ausgehend davon könne dann aber eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken nicht verneint werden. Der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke werde durch den Bestandteil "Sammy's" geprägt. Selbst wenn man davon ausgehe, es sich bei als "Sammy" als Kurzform von "Samuel" um einen auch im Inland weit verbreiteten Namen handele, sei die Kennzeichnungskraft dieses Bestandteils als durchschnittlich anzusehen, da eine Kennzeichnungsschwäche von Vornamen nur dann in Betracht komme, wenn auf den jeweils betroffenen Warengebieten die Verwendung von Vornamen üblich sei, wovon vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden könne. Die weiteren Bestandteile der Widerspruchsmarke "Super Sandwich" seien dagegen als anpreisende Beschaffenheitsangabe nicht geeignet, den Gesamteindruck der Marke zu prägen. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang ferner, dass die von Haus aus durchschnittlich kennzeichnungskräftige Widerspruchsmarke durch langjährige und umfangreiche Benutzung erheblich an Kennzeichnungskraft gewonnen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in dem zuletzt streitgegenständlichen Umfang in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass zwischen der Widerspruchsmarke 301 26 766 und der angegriffenen Marke 302 21 88 in Bezug auf die allein noch streitgegenständlichen Waren "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke, nämlich Snackspezialitäten auf Kartoffelbasis, Snackspezialitäten auf Maisbasis, Snackspezialitäten auf Reisbasis, Cracker, Brotchips, Snackspezialitäten auf Getreidebasis; Salz- und Laugengebäck für Knabberzwecke, nämlich Salzstangen, Salzbrezeln" der angegriffenen Marke die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Die Markenstelle hat daher zu Recht aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 301 26 766 die angegriffene Marke in Bezug auf diese Waren gelöscht (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich im wesentlichen nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese wesentlichen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 - Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). 1. Der Senat geht bei seiner Entscheidung von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 301 26 766 aus. a) Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin haftet dem Bestandteil "Sammy's" als (angel)sächsischer Genitiv des Vornamens "Sammy" keine den Schutzumfang der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit beeinträchtigende Kennzeichnungsschwäche an. Vornamen können nicht per se und auf jedem Warengebiet als kennzeichnungsschwach angesehen werden, sondern allenfalls bei einer branchenüblichen Verwendung auf dem jeweils einschlägigen Warengebiet. Eine beschreibende Bedeutung des Bestandteils "Sammy's" für die beanspruchten Waren ist jedoch nicht ersichtlich. Auch auf der Grundlage der von der Markeninhaberin genannten Markeneintragungen mit dem Bestandteil "Sammy" kann nicht von einer Schwächung der Kennzeichnungskraft ausgegangen werden, zumal über die Benutzung dieser Marken weder etwas vorgetragen noch sonst bekannt ist. b) Soweit die Widersprechende sich auf eine durch Benutzung gestärkte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beruft, kann diese Frage offen bleiben, da schon unter Zugrundelegung einer nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken in Bezug auf die streitgegenständlichen Waren besteht. 2. Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rdnr. 111). Entsprechend dem Verbraucherleitbild des EuGH ist dabei auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 - SAT.2). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Tz. 21 - HEITEC). a) Zwar heben sich beide Marken in ihrer Gesamtheit vor allem durch die zusätzlichen Wortbestandteile "Super Sandwich" der Widerspruchsmarke in allen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr wesentlichen Kriterien (Zeichenlänge, Silbenzahl, Sprechrhythmus usw.) ausreichend voneinander ab. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt jedoch nicht dazu, die Vergleichsmarken stets in ihrer Gesamtheit miteinander zu vergleichen. Vielmehr ist nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen ein einzelner Zeichenbestandteil den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck derart prägt, dass die anderen Bestandteile in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mehr mitbestimmen (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 [Tz. 28 f.] - THOMSON LIFE; GRUR 2006 859, 860 [Tz. 18] - Malteserkreuz; MarkenR 2008, 405 406 [Tz. 18] - SIERRA ANTIGUO; MarkenR 2009, 394, 400 [Tz. 57] - Augsburger Puppenkiste). Danach wird jedenfalls der klangliche Gesamteindruck der Widerspruchsmarke allein durch den in seiner Kennzeichnungskraft nicht eingeschränkten und mit der angegriffenen Marke weitgehend übereinstimmenden Bestandteil "Sammy's" geprägt. Der Bestandteil "Super Sandwich" ist lediglich ein werbemäßiger Hinweis auf die Qualität und die Art der damit gekennzeichneten Waren und trägt damit aufgrund seines Charakters als glatt beschreibende Angabe nichts zum kennzeichnenden Gesamteindruck der angegriffenen Marke bei. Zwar dürfen bei der Prüfung, ob die Bestandteile einer Marke einen Gesamtbegriff bilden, beschreibende oder kennzeichnungsschwache Markenteile nicht von vorneherein unberücksichtigt bleiben, da auch solche Bestandteile sich mit weiteren Angaben zu einem zusammengehörigen betrieblichen Herkunftshinweis verbinden können. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem Bestandteil "Super Sandwich" um eine Qualitäts- und Warenbezeichnung handelt, wird der Verkehr diesen Bestandteil jedoch für austauschbar halten, je nachdem, welche Art von Waren damit gekennzeichnet werden soll und dementsprechend diesem Bestandteil auch keine den Gesamteindruck der Marke mitprägende Stellung beimessen. Der Verkehr wird sich daher bei der Widerspruchsmarke auf den Bestandteil "Sammy's" konzentrieren und ausschließlich dieses Element als für den Gesamteindruck prägend ansehen. b) Die danach miteinander zu vergleichenden Markenwörter "Sammy" der angegriffenen Marke und "Sammy's" stimmen klanglich nahezu überein und unterscheiden sich lediglich durch die leicht zu überhörende Ausgestaltung des Bestandteils "Sammy's" der Widerspruchsmarke als (angel)sächsischer Genitiv des Vornamens "Sammy". 3. In Anbetracht der hochgradigen Markenähnlichkeit sowie unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kann dann aber nach Auffassung des Senats eine (unmittelbare) Verwechslungsgefahr nur (noch) in Bezug auf solche Waren der angegriffenen Marke ausgeschlossen werden, die einen deutlichen Abstand, d. h. eine unterdurchschnittliche Ähnlichkeit zu denjenigen der Widerspruchsmarke aufweisen. Einen solchen Abstand halten die streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke zu den auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren jedoch nicht ein. a) Nachdem die Markeninhaberin im Beschwerdeverfahren zunächst in zulässiger Weise die Einrede der Nichtbenutzung erhoben hatte - welche sich allein auf den nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von fünf Jahren vor der Entscheidung über den Widerspruch bezog, da die Widerspruchsmarke 301 26 766 zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke noch nicht mehr als 5 Jahre eingetragen war (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) -, in der mündlichen Verhandlung jedoch eine Benutzung der Widerspruchsmarke für "Weißbrot" unstreitig gestellt hat, ist auf Seiten der Widerspruchsmarke von dieser Ware auszugehen, da die Widersprechende mit dieser Erklärung die Einrede der Nichtbenutzung in Bezug auf diese Waren nicht mehr aufrechterhalten hat (vgl. BPatG GRUR 2004, 954, 956 - CYNARETTEN/Circanetten). "Weißbrot" lässt sich ohne weiteres unter den im Warenverzeichnis enthaltenen Oberbegriff "Brotwaren" subsumieren und nach den Grundsätzen der sog. erweiterten Minimallösung, wonach ausgehend von der konkreten Ware ein weiterer Warenbereich anzuerkennen ist, da der Markeninhaber nicht ungebührlich in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt und auf die tatsächlich gegenwärtig vertriebene Ware in allen Einzelheiten festgelegt werden darf (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26 Rdnr. 161), auch integrieren, so dass auf Seiten der Widerspruchsmarke eine Benutzung für "Brot(waren)" zugrundezulegen ist. Ob darüber hinaus auch eine rechtserhaltende Benutzung für "Backwaren" erfolgt ist, erscheint zweifelhaft, kann jedoch offen bleiben, da auch bei einer alleinigen Benutzung für "Brot(waren)" eine jedenfalls nicht unterdurchschnittliche und damit die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit zu den noch streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Mare besteht. b) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (vgl. BGH, GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2007, 321 Tz. 20 - COHIBA; GRUR 2008, 714, 717 Tz. 32 - idw). "Brot" bezeichnet eine aus Mehl, Wasser, Salz und Sauerteig oder Hefe durch Backen hergestellte Backware, die als Grundnahrungsmittel gilt (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 336). Trotz dieses im Verhältnis zu Knabberartikel und -produkten, welche in erster Linie dem Genuß dienen, grundsätzlich abweichenden Bestimmungs- und Verwendungszwecks kann es zwischen diesen Warengruppen dennoch zu erheblichen Überschneidungen insoweit kommen, als speziell knusprig hergestelltes und/oder aufbereitetes Brot nicht nur Grundnahrungsmittel ("Knäckebrot"), sondern auch Bestandteil von Knabber- bzw. Snackprodukten sein kann. Dies trifft zunächst auf die von der angegriffenen Marke ausdrücklich "für Knabberzwecke" und ohne Beschränkung auf ein bestimmtes Herstellungsverfahren ("…sowie andersartig hergestellt oder zubereitete…") beanspruchten Waren "Brotchips" zu, welche ihrem Warenbegriff entsprechend notwendigerweise Brot in irgendeiner Form enthalten bzw. aus Brot hergestellt/gefertigt werden. So werden z. B. von der Großbäckerei L… GmbH neben traditionellen Brotprodukten im Rahmen von in aller Regel und den Einzelhandel vertriebenen "Bake off"-Produkten auch "Baked-Rolls Brot Chips" angeboten. Auch "Cracker" (= in der Regel ein leicht gewürztes Kleingebäck in der Art von Keksen bezeichnet; vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 366) können wie "Brotchips" unter Verwendung von Brot hergestellt werden. Aber auch soweit "Cracker" nicht unmittelbar aus Brotteig bzw. unter Verwendung von Brot gefertigt werden, bestehen erhebliche Berührungspunkte zu "Brot" insoweit, als es sich bei "Crackern" um ebenfalls unter den Oberbegriff "Backwaren" fallende, aufgrund ihres niedrigen Wassergehalts i.d.R. länger haltbare "Dauerbackwaren" (vgl. dazu Dr. Oetker Lebensmittel Lexikon, 4. Aufl., S. 176) handelt, welche ebenso wie Brot -und anders als z. B. die ursprünglich ebenfalls mit dem Widerspruch aus der Marke 301 26 766 angegriffenen Waren "Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Stapelchips, Nachos, Erdnussflips, Popcorn" der angegriffenen Marke - aus Teig gefertigt sind und durch einen Backprozeß entstehen (vgl. Lexikon der Ernährung, Bd. 2, S. 245). In Bezug auf die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren "Brotchips, Cracker" bestehen dann aber solch weitreichende Übereinstimmungen in Bezug auf stoffliche Beschaffenheit, Herstellerbetriebe und Vertriebswege, dass die beteiligten Verkehrskreise bei entsprechend gekennzeichneten Waren ohne weiteres den Eindruck gewinnen können, dass diese unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt bzw. erbracht werden, zumal weitere, oftmals als "Knabbergebäck" bezeichnete Brotartikel in knuspriger Form wie z. B. die sog. "Grissini" bekannt sind. Bestätigt wird dies letztlich auch durch die Auskunft des "Z… e. V." (Bd. II, Bl. 225), wonach "zahlreiche Bäckereien, die Brot herstellen, auch Knabber- und Snackartikel wie zum Beispiel Knäckebrot-Chips, Laugengebäcke für Knabberzwecke (sog. Laugenkonfekt), Müsliriegel und dergleichen" produzieren. Die übrigen, eine Ähnlichkeit von "Knabber- und Snackprodukten" sowie "Brot" verneinenden Stellungnahmen stehen dem nicht entgegen. Sie sind teilweise, nämlich was die Auskünfte der "EUROPEAN SNACKS ASSOCIATION" vom 10. Februar 2009 (Bd. II, Bl. 187) und des B… e. V. vom 24. Februar 2009 (Bd. II, Bl. 190) betrifft, unergiebig, weil sie sich lediglich zur Frage äußern, ob Hersteller von Knabber- und Snackartikeln auch Brot herstellen, jedoch keine Auskunft zur vorliegend ebenso maßgeblichen (umgekehrten) Frage enthalten, inwieweit Hersteller von Brot auch Knabber- und Snackartikel produzieren. Die weiteren Verbandsauskünfte beziehen sich im Wesentlichen auf die "herkömmlichen", nicht auf der Grundlage bzw. unter Verwendung von Brot und/oder Backwaren herstellten Snackprodukte wie z. B. Kartoffelchips, befassen sich jedoch nicht - mit Ausnahme der obengenannten Auskunft des "Z… e. V." - mit der Frage der Herstellung von Knabber- und Snackartikel auf der Grundlage von knusprig hergestellten und/oder aufbereiten Brot- oder Backwaren. Ähnlichkeit besteht weiterhin zu den Waren "Salz- und Laugengebäck für Knabberzwecke, nämlich Salzstangen, Salzbrezeln", wobei mit den Begriffen "Salzstangen; Salzbrezeln" letztlich nur die Form des zuvor genannten, die Art und Beschaffenheit der Waren bestimmenden Warenbegriffs "Salz- und Laugengebäck für Knabberzwecke" konkretisiert wird. Bei Salz- und Laugengebäck handelt es sich um Backwaren, welche regelmäßig in identischen Herstellungs- und Vertriebsstätten wie Brot - vor allem in Bäckereien - hergestellt und angeboten werden, Gemeinsamkeiten in der Beschaffenheit und im wesentlichen und auch dem gleichen Verwendungszweck dienen, so dass zu der Ware Brot eine erhebliche, sehr enge Ähnlichkeit besteht. Der Verkehr kann dann aber auch bei "für Knabberzwecke" knusprig aufbereitetem Salz- und Laugengebäck wie z. B. dem in der Stellungnahme des Z… e. V. (Bl. 225) genannten "Laugenkonfekt" den Eindruck gewinnen, dass diese unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt bzw. erbracht werden. Die Annahme einer gemeinsamen betrieblichen Herkunft liegt auch in Bezug auf die weiterhin beanspruchten "Snackspezialitäten auf Kartoffel-, Mais-, Reis- und Getreidebasis" jedenfalls nicht fern. Denn darunter fallen auch solche Produkte, welche auf der Basis von - vom Warenoberbegriff "Brotwaren" umfassten - Kartoffel-, Mais-, Reis oder Getreidebrot in Form von Kartoffel- oder Mais-Brotchips, knusprigen Brotstangen etc. gefertigt werden. 4. In Bezug auf diese noch streitgegenständlichen Waren der angegriffenen Marke reicht daher unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke der geringe Unterschied der beiden miteinander zu vergleichenden Markenwörter "Sammy" und "Sammy's" nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken zu verneinen. Die Markenstelle hat daher zu Recht die Löschung dieser Waren angeordnet, so dass die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg hat. 5. Soweit die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 den Widerspruch aus Marke 303 21 888 nach Maßgabe der mit Schriftsatz vom 2. Juli 2008 vorgenommenen Beschränkung/Konkretisierung des Warenverzeichnisses in Bezug auf "Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Kartoffel-, Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke, nämlich Kartoffelchips, Kartoffelsticks, Stapelchips, Nachos, Erdnussflips, Popcorn, Reiscracker, Reisgebäck; Müsliriegel, im Wesentlichen bestehend aus zubereiteten Getreidekörnern, Nüssen und Trockenfrüchten"zurückgenommen hat, sind die Beschlüsse der Markenstelle vom 10. Oktober 2007 und 29. Januar 2009 insoweit wirkungslos, § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog (vgl. dazu BGH Mitt. 1998, 264 "Puma"). Die entsprechende klarstellende Feststellung erfolgt aus Gründen der Rechtssicherheit in Bezug auf den aktuell maßgeblichen Registerstand. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007090&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007091
BPatG
München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 82/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "VIDEOWEB (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 045 312.8 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. April 2010 wird aufgehoben.
I Die farbige (grau, gelb) Wort-/Bildmarke ist am 29. Juli 2009 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Das Warenverzeichnis lautet: Klasse 9: „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, Audio-, Video- und Telekommunikationsgeräte, Fernsehgeräte, Fernbedienungsgeräte; Einsteckkarten für Computer; Computerhardware und Computersoftware; Satellitenempfangsgeräte und Satellitenempfangsanlagen; Zubehör für Satellitenempfangsgeräte und Satellitenempfangsanlagen und dazugehörige Software; Set-Top Boxen für terrestrische und digitale Signale; DVD-Recorder; Zusatzgeräte für TV-Geräte zum Internetempfang und zur Internetkommunikation; Geräte für interaktives Fernsehen; Geräte der Unterhaltungselektronik (soweit in Klasse 9 enthalten); Klasse 38: Telekommunikation, Telekommunikation über das Internet und andere Online-Netzwerke, Übermittlung von Daten über Netze, insbesondere über das Internet, Übermittlung von Bilddaten, Audiodaten und Videodaten über das Internet oder andere digitale Netze, Bereitstellung des Zugriffs auf und Austausch von Informationen über das Internet“ Die Markenstelle hat die Anmeldung mit dem angefochtenen Beschluss wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, die englischsprachigen Wortbestandteile ergänzten sich sinnfällig zum Gesamtbegriff „Videonetz(-Werk)“. Zwar könne einer aus Wort- und Bildelementen bestehenden Marke Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die Bildelemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufwiesen, die einen Herkunftshinweis gäben. Werbeübliche einfache bildliche Umrahmungen, an die sich der Verbraucher etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt habe, genügten hierfür aber nicht. Die hier verwendeten Stilmittel, die Wiedergabe der Wortbestandteile „VIDEO“ und „WEB“ in Versalien und deren Wiedergabe in Gelb und Grau seien werbeüblich. Die Einbindung von „WEB“ in ein unregelmäßiges graues Viereck führe nicht vom beschreibenden Gehalt der Wortbestandteile weg. Gegen diese der Anmelderin am 8. April 2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 6. Mai 2010, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Unter Hinweis auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin weiterhin die Auffassung, die Marke sei als Wortneuschöpfung und wegen ihrer graphischen Gestaltung unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. II Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Der Schutzgewährung für die konkret beanspruchte Marke steht wegen ihrer graphischen Gestaltung weder fehlende Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis entgegen (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG), so dass der angegriffene Beschluss aufzuheben war. In ihrer Gesamtheit fehlt der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft. Der Senat folgt allerdings nicht der Auffassung der Anmelderin, „Videoweb“ sei als Wort unterscheidungskräftig. Der inländische Verbraucher wird dieses Wort ohne weiteres in dem von der Markenstelle aufgezeigten Sinn verstehen. Ob es dieses Wort im Englischen oder einer anderen Sprache gibt, ist nicht entscheidend, da der Sinngehalt für deutsche Verbraucher aufgrund zahlreicher entsprechend gebildeter Bezeichnungen erkennbar bleibt. Unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter Merkmale der in farbiger Gestaltung beanspruchten Marke ist dieser nach der Auffassung des Senats aber nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Die konkrete Farbgebung sowie die Ausgestaltung des Rahmens um „web“ mit einer perspektivischen Darstellung eines Bildschirms wirken hinreichend eigentümlich, um sich den angesprochenen Verbrauchern als betriebliches Unterscheidungsmittel einzuprägen. Zwar gilt der Grundsatz, dass an die Graphik umso stärkere Anforderungen zu stellen sind, je beschreibender die Wortbestandteile eines Wort-Bild-Zeichens sind. Selbst wenn man hier von einem glatt beschreibenden Begriffsinhalt der Wortbestandteile ausgeht, so dass an die Graphik strenge Anforderungen zu stellen sind, ist wegen der Komplexität der konkreten Gesamtgestaltung eine Schutzfähigkeit der Marke aber zu bejahen. Zwar mögen die Gestaltungsmittel, unterschiedliche Schriftart und verschiedenfarbige Buchstaben - je für sich genommen werbeüblich sein. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke ist aber nicht in einer analysierenden Betrachtung allein auf die für sich genommen schutzunfähigen Bestandteile abzustellen. Vielmehr ist der Beurteilung der Schutzfähigkeit im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung die ganz konkrete Gesamtgestaltung zugrunde zu legen. Nur wenn diese selbst als werbeüblich anzusehen wäre, führte dies zur Schutzversagung. Dabei ist auch die Komplexität der Gestaltung ein Indiz für die Schutzfähigkeit, denn je höher diese ausfällt, umso eher wird das Publikum geneigt sein, in der graphischen Wiedergabe der Gesamtmarke nicht nur den beschreibenden Inhalt der Wortbestandteile wahrzunehmen, sondern sie als Herkunftshinweis aufzufassen. Eine solche Komplexität liegt vorliegend darin, dass die Wortbestandteile unterschiedlich fett und farbig geschrieben sind und sich WEB in den Rahmen, der kein Rechteck ist, einfügt. Der erste Strich des W wirkt wie ein Teil des Rahmens. Die konkrete Zusammenstellung dieser Gestaltungsmittel begründet eine Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke. Die graphische Gestaltung ist auch nicht freihaltungsbedürftig. Gründe für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr sind nicht gegeben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007091&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007125
BPatG
München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 83/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "speedfitness (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 036 843.8 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle vom 28. April 2010 wird aufgehoben.
I. Die Anmeldung der Bildmarke (schwarz/weiß) Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen hat die Markenstelle mit Beschluss vom 28. April 2010 für „Turn- und Sportartikel, soweit sie in dieser Klasse enthalten sind; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Dienstleistung eines Fitness-Studios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; Betrieb von Gesundheits- und Freizeitclubs, soweit in Klasse 41 enthalten; Betrieb von Sporteinrichtungen und Freizeiteinrichtungen, soweit in Klasse 41 enthalten, sportliche Aktivitäten“ zurückgewiesen. Das ist damit begründet, bei der Wortzusammensetzung liege ein beschreibender Hinweis dahingehend vor, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handle, die dazu dienten, schnell zu Fitness zu gelangen. Es liege also ein beschreibender Hinweis auf Art, Thematik und Zweck der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor. Die angesprochenen breiten Kreise würden die Wortkombination ohne weiteres so verstehen, da sie sprachüblich aus Wörtern des englischen Grundwortschatzes zusammengesetzt sei. „Fitness“ sei bereits in die deutsche Sprache eingegangen und „Speed“ für „Geschwindigkeit“ durch Begriffe wie „Highspeedinternet“ inzwischen auch im Inland bekannt. Alle vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen könnten der schnellen Erlangung körperlicher Fitness dienen. Wie dies durchgeführt und ermöglicht werde, müsse nicht genau definiert werden. Da Marken stets im Zusammenhang mit den in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen zu sehen seien, ergäbe sich hier aus diesem Zusammenhang, worum es sich thematisch handle. Auch die graphische Gestaltung verleihe der angemeldeten Marke keine Schutzfähigkeit. Es handle sich lediglich um die Verwendung zweier verschiedener Grautöne und einer besonderen Schriftart, die mit einem grauen Oval unterstrichen sei. Dies sei in der Werbung durchaus gebräuchlich. Das ovale Element gehöre zu den gängigen Formen. Ob auch ein Freihaltebedürfnis im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege, könne aufgrund der fehlenden Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben. Zu den von der Anmelderin zitierten Vorentscheidungen sei zu bemerken, dass jeder Fall anders gelagert und daher individuell zu entscheiden sei. So sei die Marke „ActiveO2 Fitness Water“ eingetragen worden, weil Aktiv-Sauerstoff nicht als Inhaltsstoff der beanspruchten Waren geeignet sei. Die Marke „bayernpress“ könnte möglicherweise eingetragen worden sein, weil es dort nicht um Presseerzeugnisse wie Zeitungen u. ä. ging, sondern z. B. um Rundfunksendungen, Filmproduktion usw. „Speedcarving“ sei eingetragen worden, weil es sich dabei um einen Fachausdruck aus dem Bereich des Skisports handle, Skisportartikel aber nicht im Warenverzeichnis enthalten gewesen seien. „Speedpainter“ sei lediglich für Werbung eingetragen worden, aber nicht für Werkzeuge u. a. Selbst wenn das Amt eine identische oder vergleichbare Marke eingetragen hätte, führte dies außerdem weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung. Der Beschluss ist der Anmelderin am 5. Mai 2010 zugestellt worden. Die Anmelderin hat am 27. Mai 2010 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, „speed“ sei kein Adjektiv, so dass das angemeldete Zeichen nicht als „schnell zu Fitness gelangend“ verstanden werde. Die vorliegende Kombination sei ungewöhnlich. Auch sei die Graphik nicht werbeüblich. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben, soweit der Schutz als Marke versagt worden sei, und die Marke voll umfänglich einzutragen. II. Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. a) Die Bezeichnung „speedfitness“ entbehrt für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Ausgehend hiervon besitzen Marken keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen oder wenn sie aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden. Dies betrifft vorliegend „fitness“, nicht aber die Zusammensetzung „speedfitness“. Die Markenstelle hat nicht belegt, dass „speed“ mit „quick“ gleichgesetzt werden kann oder dass „speedfitness“ ein gebräuchlicher Begriff ist. Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten sich an die allgemeinen deutschen Verkehrskreise. Diese werden zwar ohne Zweifel in der Lage sein, die zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörenden Wörter „speed“ und „fitness“ zu übersetzen. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass dies einen hinreichend klaren Hinweis auf die Zeit, die benötigt wird, um Fitness zu erlangen, oder auf eine Fitness in einem Bereich, in dem es auf Geschwindigkeit ankommt, vermittelt. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bleibt der Bedeutungsinhalt der Marke vielmehr vage und unscharf (vgl. BPatG, 32 W (pat) 108/04 vom 19. Juli 2006 - easyfit). „speedfitness“ vermittelt in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine unmittelbare Information. Die erforderliche Unterscheidungskraft hat die Wort-/Bildmarke erst Recht wegen ihrer Ausgestaltung. Nachdem der Wortbestandteil nach Ansicht des Senats sogar selbständig unterscheidungskräftig ist, könnte ein Fehlen des letzten Grades an Unterscheidungskraft selbst durch die hier nicht besonders phantasievolle graphische Ausgestaltung überwunden werden. b) Einer Registrierung der als Marke angemeldeten Wortfolge steht damit für die noch strittigen Waren und Dienstleistungen auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Diese Vorschrift verbietet es, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. Ströbele, FS für Ullmann, S. 425, 428). Beachtliche inländische Verkehrskreise werden in der weder in der deutschen noch in der englischen Sprache gebräuchlichen Wortfolge keinen beschreibenden Gehalt erblicken. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007126
BPatG
München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 113/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Visitors" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 550.1 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Januar 2010 und vom 14. Mai 2010 werden insoweit aufgehoben, als sie der angemeldeten Marken den Schutz für „Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten“ sowie „Veranstaltung von Lotterien, ausgenommen virtuelle Internetangebote; Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos, ausgenommen virtuelle Internetangebote“ versagen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Dem angemeldeten Zeichen Visitors hat die Markenstelle mit den angefochtenen Beschlüssen letztlich für folgende Waren und Dienstleistungen den Schutz versagt: Unterhaltungsgeräte, die mit einem externen Bildschirm oder Monitor zu verwenden sind; Spiele, einschließlich Glücksspiele; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; geld- oder münzbetätigte Spiel- oder Sportautomaten (Maschinen); vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; Handkonsolen zum Spielen elektronischer Spiele; Wettautomaten (Maschinen); Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten; Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsgeräten für Casinos; Veranstaltung und Durchführung von Spielen, einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen sowie von Roulette; Veranstaltung von Lotterien; Durchführung von Spielen im Internet; online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos; Dienstleistungen von Wettbüros (Unterhaltung). Das ist damit begründet, „Visitors“ sei ein Begriff des englischen Grundwortschatzes, der dem inländischen Verbraucher zudem als Filmtitel, auf Musikalben und DVDs begegne. Es sei daher davon auszugehen, dass die Bedeutung („Gäste, Besucher“) weitestgehend verstanden werde. Im hier einschlägigen Bereich werde „Visitors“ im Sinn von „Besucher von einem anderen Stern“, also als Synonym für Aliens, Außerirdische und Ufos verwendet. Beispielhaft wies die Markenstelle dazu auf folgende Fundstellen hin: - The Visitor kostenlos auf Supergames.ch spielen. Ein feuernder Meteorit knallt auf die Erde ..., www.supergames.ch - The Visitor - in diesem Abenteuerspiel kannst du diesmal den Außerirdischen folgen, www.gameonly.com - Ufo The Visitor - RapidShare Download, http://rapidshare.zoozle.net/download.php? - The Visitor quest - Führer eines fremden Parasiten durch seine neue irdische…, flashghetto.de/spiele Aliens, Außerirdische und UFOs seien allgemein ein beliebtes Thema bei Spielen sowie Spielautomaten. So gebe es etwa „UFO Catcher (Greif) Automaten“ und „Space Invader Automaten“, bei denen es darum gehe, Außerirdische abzuwehren (Anlage 2). Daher werde der Verbraucher den Begriff „Visitors“ in Bezug auf Spiele, Spielautomaten sowie damit in Zusammenhang stehende Waren und Dienstleistungen nur als sachbezogenen Hinweis auf deren Inhalt und Ausstattung verstehen, nicht jedoch als individualisierenden Herkunftshinweis. Eine weitere Bedeutung habe „visitors“ in Zusammenhang mit online Spielen. Dort sei „visitors“ ein Hinweis auf Besucher, die ohne Registrierung oder Anmeldung spielen könnten. So heiße es etwa bei www.pcgamesdatabase.de (Anlage 3), der Download-Bereich gehe online; rund 500 unique Visitors kämen täglich vorbei. Insoweit sei „Visitors“ eine Bestimmungsangabe und ein Hinweis darauf, dass man die entsprechenden Spiele als „visitor“, ohne Anmeldung und Registrierung, herunterladen und spielen könne. Die von der Anmelderin geltend gemachten Voreintragungen von Marken mit dem Bestandteil „Visitors“ führten zu keiner anderen Beurteilung. Ungeachtet einer fehlenden Bindungswirkung von Voreintragungen seien sie größtenteils nicht mit der hier angemeldeten Wortmarke vergleichbar (andere graphische Gestaltung und andere Waren bzw. Dienstleistungen). Der Erinnerungsbeschluss wurde am 19. Mai 2010 an die Anmelderin abgesendet. Sie hat am 18. Juni 2010 Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, es sei nicht nachvollziehbar, wieso „Visitors“ auch für Geräte und Automaten bzw. deren Vermietung beschreibend sein solle. Schon für die Spiele sei eine Analyse erforderlich, um zu einem beschreibenden Aussagegehalt zu kommen. Dass eine solche Analyse nicht zu erwarten sei, gelte erst recht bei Spiele-Dienstleistungen. Am 2. September 2010 hat die Anmelderin das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt neu gefasst: 9 Verkaufsautomaten, Ausgabeautomaten, Rücknahmeautomaten und Musikautomaten (auch geldbetätigt) sowie Teile der vorgenannten Automaten; Geldautomaten, Geldzählautomaten und Geldwechselautomaten; Mechaniken für geldbetätigte Apparate, einschließlich Münzschaltgeräte; Apparate zur Abrechnung von vorgenannten Automaten, auch in Verbindung mit Apparaten zur Datenfernübertragung; Datenaufzeichnung oder Datendruckern; Unterhaltungsgeräte, die mit einem externen Bildschirm oder Monitor zu verwenden sind; Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 9 enthalten; vorgenannte Geräte, Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; mit Programmen oder Daten versehene maschinenlesbare Datenträger für vorgenannte Automaten, Geräte und Apparate; 28 Spiele, einschließlich Glücksspiele, Sportgeräte und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Spiele (einschließlich Videospiele), ausgenommen als Zusatzgeräte für externen Bildschirm oder Monitor; geld- oder münzbetätigte Spiel- oder Sportautomaten (Maschinen); vorgenannte Automaten, Maschinen und Apparate auch im vernetzten Betrieb; Handkonsolen zum Spielen elektronischer Spiele; Wettautomaten (Maschinen); Geräte und Vorrichtungen zur Aufnahme und Speicherung von Geld als Teile von vorgenannten Automaten, soweit in Klasse 28 enthalten; 41 Vermietung von Spiel- und Unterhaltungsgeräten für Casinos; Veranstaltung und Durchführung von Spielen, einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen sowie von Roulette; Veranstaltung von Lotterien, ausgenommen virtuelle Internetangebote; Durchführung von Spielen im Internet; Online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos, ausgenommen virtuelle Internetangebote; Dienstleistungen von Wettbüros (Unterhaltung). II. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Anmelderin eine solche nicht beantragt hat und auch der Senat sie nicht für erforderlich erachtet. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg, weil einer Registrierung der angemeldeten Marke für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der im Tenor genannten das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht. Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn die Marke einen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt hat oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort handelt, das die Verbraucher wegen einer entsprechenden Verwendung stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen. Dies ist hier weitgehend der Fall, wie die Markenstelle belegt hat. Auf die Begründung dazu kann vollinhaltlich Bezug genommen werden. Das von der Markenstelle zu Grunde gelegte Verständnis von „Visitors“ gilt auch für Spielgeräte- und Automaten. Diese sind meist für bestimmte Spiele ausgestattet (Bedienungshebel etc.) sowie im Design dem jeweiligen Spielethema angepasst, etwa als Cockpit, Schießstand o. ä. und geben somit schon äußerlich einen Hinweis auf den Inhalt der Spiele, hier die Abwehr Außerirdischer. Das gilt auch für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen Geräten, wie ihre Vermietung, und ebenso für die Durchführung von Spielen etc., die eine solche Abwehr außerirdischer Invasoren zum Gegenstand haben und auch virtuell im Internet stattfinden können. Hinzu kommt bei Spielangeboten im Internet, dass „visitor“ dabei auf eine Spiel- bzw. Download-Möglichkeit ohne Registrierung hinweisen kann, wie die Markenstelle belegt und dargestellt hat. Auch dies verhindert, dass die Verbraucher das angemeldete Zeichen als Herkunftshinweis verstehen. Dies gilt allerdings nach Beschränkung der beanspruchten Dienstleistungen „Veranstaltung von Lotterien, Betrieb von Spielhallen und Spielcasinos“ durch den Zusatz „ausgenommen virtuelle Internetangebote“ insoweit nicht mehr. Für diese Dienstleistungen hat „visitors“ auch nicht den Charakter einer Themenangabe, da Lotterien in der Regel keine Abwehr Außerirdischer zum Gegenstand haben und in Spielstätten zwar Geräte mit diesem Spielinhalt stehen werden, aber mit den Angaben zu deren Beschreibung nicht die Etablissements bezeichnet werden. Für die Zusatzmodule Geldspeicher sagt „Visitors“ nichts über Funktionalität o. ä. aus. Dies hat die Markenstelle für Klasse 9 selbst so gesehen, einen Unterschied zu Klasse 28 aber nicht begründet. Auch der Senat sieht diesen nicht. Der unterscheidungskräftigen Bezeichnung kann insoweit auch kein beschreibender Aussagegehalt entnommen werden. Deshalb ist sie insoweit keine freihaltungsbedürftige Angabe (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Insoweit ist allerdings das Warenverzeichnis vor der Eintragung abzuklären, da die Angabe „als Teile von vorgenannten Automaten“ keinen Sinn mehr ergibt. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr liegen keine Billigkeitsgründe vor.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007126&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007127
BPatG
München
27. Senat
20100928
27 W (pat) 524/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung Markenbeschwerdeverfahren – "Absolut Berlin" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 019 290.1 / 43 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. September 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richterin Werner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Anmeldung der Wortmarke 30 2009 019 290.1 Absolut Berlin für die Dienstleistungen „Telekommunikation (Betrieb einer Internetseite); Transportwesen, Veranstaltung von Reisen; Dienstleistung zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ hat die Markenstelle mit Beschluss vom 14. Dezember 2009 zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen werde zumindest ein beachtlicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die Wortfolge „Absolut Berlin“ als Hinweis darauf verstehen, dass die Dienstleistungen ausschließlich und vollständig in Berlin erbracht würden bzw. mit dieser Stadt in direkter Verbindung stünden. Der Sinngehalt des Wortes „absolut“ ergebe sich immer erst aus dem Kontext. Es bedeute unabhängig von dem nachfolgenden Begriff „rein“ oder „vollkommen/vollständig“. Entgegen der Meinung des Anmelders sei auch eine Kombination mit dem Begriff „Berlin“ ohne weiteres möglich und werde in vergleichbarer Kombination bereits so verwendet. Werbemäßig häufig verwendete Wortkombinationen, wie „absolut München“, „absolut Köln“ etc., wiesen auf bestimmte Eigenschaften bzw. auf einen bestimmten Flair der betreffenden Dienstleistungen hin. Damit würden die angesprochenen Verkehrskreise „absolut Berlin“ nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb ansehen. Dem angemeldeten Zeichen fehle daher die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Frage, ob auch ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliege, könne bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Die Anmelder haben am 14. Januar 2010 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, die Markenstelle habe die Bedeutung von „absolut“ falsch bewertet. In Kombination mit einem Städtenamen wirke es nicht beschreibend. II. Über die Beschwerde kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden; die Anmelder haben sie nicht beantragt und der Senat erachtet sie nicht für geboten. Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die beanspruchten Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft entgegen. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden. Wörter besitzen keine Unterscheidungskraft, wenn sie nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice). Die Prüfung der Unterscheidungskraft darf sich nicht auf die Erörterung eines beschreibenden Gehalts der fraglichen Marke beschränken (vgl. Ströbele, GRUR 2005, 93, 96). Maßgebend ist vielmehr, ob das Publikum in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Diese Beurteilungsmaßstäbe gelten unterschiedslos für jede Markenform. Es gibt keine rechtliche Grundlage, an bestimmte Markenformen weniger strenge rechtliche Maßstäbe anzulegen (EuGH GRUR 2003, 514 - Linde; BGH GRUR 2000, 321 - Radio von hier für Slogans; GRUR 2001, 1150 - Look für Werbeschlagwörter; GRUR 2001, 334 - Gabelstapler; GRUR 2002, 517 - Zahlen; WRP 2003, 517 - Z). Dem vorangestellten Markenbestandteil „ABSOLUT“ kommen zwar abstrakt betrachtet mehrere Bedeutungsgehalte zu, wie beispielsweise „unumschränkt, unbedingt, unangefochten, völlig, vollkommen, ganz und gar“. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit ist darin aber nicht zu sehen. Ob eine Angabe als Herkunftshinweis geeignet ist, beurteilt sich nach dem Verständnis der beteiligten Verbraucher, im vorliegenden Fall also nach dem des allgemeinen Publikums. Durchschnittsverbraucher im Bereich der hier beanspruchten Dienstleistungen, die jedermann ansprechen, neigen nicht dazu, eine Marke unter allen grammatikalisch möglichen Begriffsvarianten zu betrachten, vielmehr werden sie der angemeldeten Wortfolge ohne weitergehende sprachliche Analyse den unkompliziertesten und nahe liegendsten Bedeutungsgehalt „Alles zu Berlin; völlig berlinerisch“ zuschreiben. Damit fehlt im Hinblick auf die fraglichen Waren die erforderliche markenrechtliche Unterscheidungskraft, da das Publikum „Absolut Berlin“ als allgemeines Schlagwort und nicht als Herkunftshinweis versteht. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts zu „absolut“ begründen kein anderes Ergebnis. So hat sich der BGH in seiner Entscheidung (GRUR 1999, 1096 ff.) zu den Eintragungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG nicht geäußert. Das Patentgericht (26 W (pat) 5/95) hat die Schutzfähigkeit des Markenwortes in Alleinstellung zwar bejaht, dies aber ausdrücklich damit begründet, dass der fragliche Begriff stets einer Ergänzung oder eines sonstigen Kontextes bedürfe, um eine beschreibende Aussage zu vermitteln. Dies ist vorliegend der Fall. Im Übrigen ist die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage, weshalb selbst aus gegenläufigen Vorentscheidungen keine anspruchsbegründende Selbstbindung der gerichtlichen Entscheidungspraxis erwachsen könnte. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007127&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007128
BPatG
München
33. Senat
20100928
33 W (pat) 100/09
Beschluss
§ 50 Abs 1 MarkenG, § 54 Abs 1 S 2 MarkenG, § 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 63 Abs 3 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 92 Abs 1 ZPO, § 308 ZPO, § 23 Abs 3 S 2 RVG, § 60 Abs 1 S 1 RVG, § 61 Abs 1 S 1 RVG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – zur Festsetzung des Gegenstandswertes – zum Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung – Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004: Anwendung des RVG – zum Austausch der geforderten, nicht entstandenen Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr – zum Rahmen der Geschäftsgebühr im Löschungsverfahren - keine tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit: Ansatz einer 1,3-fachen Mittelgebühr – zur Kostenverteilung im Nebenverfahren
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke … Kostenfestsetzung in dem Löschungsverfahren … hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Metternich und die Richterin Dr. Hoppe am 28. September 2010 beschlossen: 1. Die von dem Antragsteller und Kostenschuldner an die vormalige Markeninhaberin und Kostengläubigerin zu erstattenden Kosten werden unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses neu festgesetzt auf: 911,80 € . Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. 3. Der Gegenstandswert für das Kostenfestsetzungsbeschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 968,50 €.
I. Die Wortmarke … ist am 9. Juni 1997 unter der Nr. … beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden für die Dienstleistungen „… …“. Mit Antrag vom 24. Mai 2004 hat der Antragsteller die Löschung der Marke wegen behaupteter absoluter Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG und hilfsweise wegen Nichtbenutzung gemäß §§ 25, 26 MarkenG beantragt. Gegen den Antrag auf Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse und den hilfsweise gestellten Antrag auf Löschung wegen Nichtbenutzung hat die vormalige Markeninhaberin Widerspruch erhoben. Sie hat hierzu ausgeführt, dass keine Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG vorgelegen hätten. Eine Benutzung der Marke hat sie nicht geltend gemacht. Auf Antrag der vormaligen Markeninhaberin vom 18. März 2005 wurde die Marke sodann gelöscht. Mit Beschluss vom 9. Februar 2006 hat die Markenabteilung 3.4 auf Antrag der vormaligen Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens dem Antragsteller auferlegt und hierzu ausgeführt, dass das Löschungsverfahren ohne Aussicht auf Erfolgt gewesen sei, weil keine absoluten Schutzhindernisse vorgelegen hätten. Mit Antrag vom 17. Februar 2009 hat die vormalige Markeninhaberin beantragt, die vom Antragsteller an sie zu erstattenden Kosten auf 1.379,80 € festzusetzen. Dabei hat sie ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 50.000 € eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 3100 VV-RVG und die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen begehrt. Mit Beschluss vom 17. Juli 2009 hat die Markenabteilung 3.4 sodann die von dem Antragssteller als Kostenschuldner an die vormalige Markeninhaberin und Kostengläubigerin zu erstattenden Kosten auf 1.379,80 Euro festgesetzt. Dabei ist sie von einem Gegenstandswert in Höhe von 50.000 € für das zugrundeliegende Löschungsverfahren ausgegangen und hat eine 1,3-fache Gebühr nach § 13 RVG - Nr. 2300 VV in Höhe von 1.359,80 € und ein Telekommunikationsentgelt nach Nr. 7002 VV in Höhe von 20,00 € angesetzt. Den zugrunde gelegten Gegenstandswert von 50.000 € hat die Markenabteilung 3.4 damit begründet, dass der vom Bundespatentgericht regelmäßig mit 50.000 € festzusetzende Regelgegenstandswert auch für das vorliegende Löschungsverfahren angemessen sei. Während sich die Obergrenze nach früheren Entscheidungen auf 25.000 € belaufen hätte, werde in neueren Entscheidungen ein Regelgegenstandswert von 50.000 € angenommen. Für unbenutzte Marken liege der Regelgegenstandswert bei 25.000 €. Für ein Abweichen vom Regelgegenstandswert bedürfe es besonderer Umstände, die hier nicht vorliegen würden. Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Markenabteilung 3.4 vom 17. Juli 2009 richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 29. Juli 2009, mit der er eine Herabsetzung des Regelgegenstandswerts auf 5.000 bis 10.000 € begehrt. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Gesamtumstände vorliegend eine Herabsetzung des Regelgegenstandswertes begründen würden. Unter anderem sei die Vielzahl der markenrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten zu berücksichtigen, bei denen ein „millionschweres Bankinstitut“ und eine „kleine Werbeagentur“ einander gegenüberstehen würden. Darüber hinaus habe es sich bei der angegriffenen Marke um eine unbenutzte Marke gehandelt mit der keine Umsätze erzielt worden seien, was die vormalige Markeninhaberin nicht bestritten hat. Das fehlende Interesse der vormaligen Markeninhaberin an der Marke zeige sich auch in der von ihr noch vor Abschluss des Löschungsverfahrens beantragten Löschung der Marke. Die vormalige Markeninhaberin hat unter Bezugnahme auf ihren bisherigen Vortrag die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. II. Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. 1. Die Beschwerde ist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 3 MarkenG statthaft und gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 MarkenG auch fristgerecht eingelegt worden. 2. a) Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss war zu korrigieren, weil die Markenabteilung den für die Gebührenbemessung maßgeblichen Gegenstandswert mit 50.000 € zu hoch angesetzt hat. Für das vorliegende Löschungsverfahren erscheint lediglich ein Gegenstandswert in Höhe von 25.000 € angemessen, weil dies der Regelwert ist, der für unbenutzte Marken nach ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts anzusetzen ist (vgl. BPatG, 28 W (pat) 4/02; BPatG MarkenR 2006, 172; BPatG 27 W (pat) 263/03; BPatG 27 W (pat) 68/02; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 26; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 11; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Da es im markenregisterrechtlichen Verfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt, ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (früher § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO) regelmäßig nach billigem Ermessen zu bestimmen. Grundlage für die Bewertung bildet im Markenlöschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung (BPatG 28 W (pat) 4/02; BPatG 24 W (pat) 240/03; BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; BPatGE 21, 140; abweichend: Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 71 Rd. 30, wonach der wirtschaftliche Wert des mit der Löschung erstrebten Handlungsspielraums des Antragstellers maßgeblich sein soll). Das folgt aus dem Popularcharakter des Löschungsantrags, der gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von jedermann ohne Nachweis eines eigenen Interesses gestellt werden kann und bei Begründetheit des Antrags zur Löschung der Marke von Amts wegen führt (vgl. BGH GRUR 1977, 664 - CHURRASCO; BPatG 28 W (pat) 4/02; BPatGE 41, 100; BPatGE 21, 140; BPatG 33 W (pat) 196/04). Das Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG steht weder dem Interesse des Antragstellers an der Markenlöschung gleich, noch deckt es sich ohne weiteres mit dem Interesse des Markeninhabers an dem Fortbestehen des Markenschutzes (BPatGE 41, 100; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Bei der Schätzung des Interesses der Allgemeinheit an der Markenlöschung ist in erster Linie auf die Benutzung der angegriffenen Marke abzustellen (BPatGE 41, 100; BPatG 28 W (pat) 4/02; BPatG 27 W (pat) 263/03). Dabei spielt auch die Art der Waren und Dienstleistungen und insbesondere das durch sie bestimmte Ausmaß des Schutzumfangs eine Rolle. Je stärker die Marke benutzt wird und je größer - abhängig von der Art der Waren/Dienstleistungen - die Zahl der angesprochenen Verkehrskreise wie auch der Mitbewerber ist, desto größere wirtschaftliche Nachteile sind für die Allgemeinheit im Falle der - zu unterstellenden - Rechtsbeständigkeit der Marke zu erwarten (BPatGE 41, 100; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Die vereinzelt geäußerte Auffassung, dass der Regelgegenstandswert in Löschungsverfahren nunmehr auch für unbenutzte Marken auf 50.000 € festzusetzen sei (BPatG 26 W (pat) 128/03; so wohl auch: Heidelberger Kommentar/Fuchs-Wissemann, 2. Aufl., § 71 Rd. 9) lässt sich der Rechtsprechung des BPatG nicht entnehmen. Vorliegend erfasst das Dienstleistungsverzeichnis das „Finanz-, Versicherungs- und Immobilienwesen“ und entspricht damit dem üblichen (weiten) Umfang von Marken der in diesem Sektor tätigen Kreditinstitute. Indes bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vormalige Marke tatsächlich benutzt worden ist. Vielmehr hat der Antragsteller stets geltend gemacht, dass die Marke nicht benutzt worden sei und auch keine Umsätze mit ihr erzielt worden seien. Dem ist die vormalige Markeninhaberin nicht entgegengetreten. Sie hat die vom Antragsteller behauptete Nichtbenutzung weder bestritten noch selbst zur Benutzung der Marke vorgetragen. Ein Bestreiten der Nichtbenutzung kann insbesondere auch nicht in dem Widerspruch zu dem vom Antragsteller hilfsweise gestellten Antrag auf Löschung der Marke wegen Verfalls gesehen werden. Ein solcher Widerspruch ist lediglich als Einlegung eines formalen Rechtsbehelfs anzusehen, ohne dass damit ein bestimmter Tatsachenvortrag verbunden werden könnte. Eine andere Bewertung würde den Grundsätzen des Prozessrechts widersprechen, die stets zwischen der Einlegung eines Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels und dessen Begründung durch entsprechenden Parteivortrag unterscheiden. Da auch im Übrigen für den Senat keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche Benutzung der Marke ersichtlich sind, ist hier vom Vorliegen einer unbenutzten Marke auszugehen, so dass der Regelgegenstandswert nach ständiger Rechtsprechung des Bundespatentgerichts mit 25.000 € anzusetzen war. Für eine weitere Herabsetzung des Gegenstandswertes sieht der Senat vorliegend indes keine Veranlassung. Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung des umfassenden Dienstleistungsverzeichnisses, mit dem Dienstleistungen der gesamten Finanzbranche einschließlich der damit zusammenhängenden Nebenleistungen hätten abgedeckt werden können. Angesichts dieser Bandbreite hätte vorliegend nach den oben dargestellten Grundsätzen ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an einer Löschung der Marke bestehen können. Die übrigen Erwägungen des Antragstellers für eine Herabsetzung des Gegenstandswertes sind sachfremd, da sie keinen Bezug zu dem für die Festsetzung maßgeblichen Allgemeininteresse an einer Löschung erkennen lassen. Seine Argumente wären allenfalls bei der Kostengrundentscheidung des Amtes nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zu prüfen gewesen. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahren kann die rechtskräftige Kostengrundentscheidung indes nicht mehr überprüft werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 63 Rd. 10; BPatG 28 W (pat) 4/02). b) Die Festsetzung der Kostenpositionen hat daher ausgehend von einem Gegenstandswert in Höhe von 25.000 € nach dem RVG zu erfolgen. Gegen die von der Markenabteilung 3.4 vorgenommene Anwendung des RVG bestehen vorliegend keine Bedenken. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist das die BRAGO ersetzende RVG anzuwenden, sofern die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004 erfolgt ist. Da der Löschungsantrag der vormaligen Markeninhaberin erst am 24. September 2004 zugestellt wurde, ist davon auszugehen, dass eine Beauftragung ihrer Verfahrensbevollmächtigten erst nach diesem Zeitpunkt erfolgte. Aus diesem Grund sind auch die Vorschriften des Teil 2 des RVG gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung anzuwenden. c) Die einschlägige Gebührenvorschrift für die Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten der vormaligen Markeninhaberin ist daher die Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 Teil 2 VV-RVG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung. Die von der vormaligen Markeninhaberin nach Nr. 3100 VV-RVG beantragte 1,3-fache Verfahrensgebühr war nicht zuzusprechen. Eine solche Gebühr wäre nur in gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 VV-RVG möglich, wohingegen sich die Tätigkeit vor dem DPMA nach Teil 2 VV-RVG richtet. Die Markenabteilung war nicht dadurch am Austausch der Gebührentatbestände gehindert, dass die Verfahrensbevollmächtigte der vormaligen Markeninhaberin die Festsetzung dieser Gebühr nicht beantragt hat. Zwar folgt aus der Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens als antragsabhängiges Parteiverfahren (§ 308 ZPO, § 63 Abs. 3 Satz 1 MarkenG), dass die Festsetzung eines Betrages, der über den gestellten Antrag hinausgehen würde, nicht zulässig wäre. Dies schließt aber nicht aus, eine geforderte, nicht entstandene Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr auszutauschen, solange der festgesetzte Betrag den beantragten nicht überschreitet und beide Gebühren auf denselben Sachverhalt bezogen sind (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 966; Koblenz JurBüro 1996, 211; Frankfurt RpflG 1988; Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage, § 104 „Austausch von Kosten, Gebührenauswechselung“; Müller, JurBüro 1996, 212). Der Rahmen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 Teil 2 VV-RVG liegt zwischen 0,5 und 2,5. Ausweislich des Gesetzestextes kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Auch in einem Löschungsverfahren, das weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Sicht eine besondere Schwierigkeit oder einen überdurchschnittlichen Aufwand erkennen lässt, ist deshalb der Ansatz einer 1,3-fachen Mittelgebühr angemessen (ebenso zu § 118 BRAGO; BPatG 33 W (pat) 196/04; 24 W (pat) 240/03; 28 W (pat) 4/02). Für Post- und Telekommunikationsentgelte konnte die Pauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20 € angesetzt werden. Festzusetzen waren demnach: 1,3 Geschäftsgebühr § 13 RVG i. V. m. 1,3 Geschäftsgebühr § 13 RVG i. V. m. Nr. 2400 VV-RG_1,3 Geschäftsgebühr § 13 RVG i. V. m. Nr. 2400 VV-RG-Pauschale für Post- und Telekommunikations-Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV-RVG-Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV-RVG-Summe. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten entsprechend dem Anteil ihres Unterliegens bzw. Obsiegens zu tragen. In Nebenverfahren, zu denen auch Beschwerden gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse zählen, entspricht es in der Regel der Billigkeit, die entstandenen Kosten in Anlehnung an den Erfolg des Rechtsmittels zu verteilen (BPatG 33 W (pat) 74/06; BPatG 24 W (pat) 13/07; BPatG 27 W (pat) 68/02). Nur auf diese Weise werden wirtschaftlich akzeptable Ergebnisse erzielt, da ansonsten der in einem Nebenverfahren Obsiegende durch die Belastung mit seinen eigenen Kosten letztlich gleichwohl einen wirtschaftlichen Schaden erleiden würde, was ihn von der Durchsetzung und der Verteidigung berechtigter Ansprüche abhalten könnte (vgl. BPatG 33 W (pat) 74/06; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 17 m. w. N.). Unter Berücksichtigung des Verhältnisses der nach dem begehrten Gegenstandswert von 5.000 € einerseits und dem von der Markenabteilung angesetzten Gegenstandswert von 50.000 € andererseits festzusetzenden Kosten erscheint für das Beschwerdeverfahren eine Kostenaufhebung (§ 92 Abs. 1 ZPO, § 71 Abs. 1 Satz 1, § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) angemessen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007162
BPatG
München
29. Senat
20101006
29 W (pat) 104/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PREMIUMPARK" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 053 721.3 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Oktober 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Wortzeichen PREMIUMPARK ist am 18. August 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Zeitschriften; Magazine; Zeitungen; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Klasse 35: Werbung; Werbemittlung; Geschäftsführung; Unternehmensberatung; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung betreffend den Vertrieb von Waren und Dienstleistungen im Internet; Vermittlung von Angeboten, Terminen und Informationen, insbesondere von Produkt- und Leistungsinformationen, auch im Internet; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch über das Internet; Führen von Informationsdateien; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Datenerfassung (Büroarbeiten); betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung über Internetadressen, -zugänge, -verwaltung sowie hinsichtlich des Betriebs von Homepages; Sponsoring, nämlich Werbung, Marketing (Verkaufsförderung von Waren); Werbung und Werbemittlung über das Internet und sonstige elektronische Medien; Marketing (Absatzforschung); Online-Werbung in einem Computernetzwerk; Werbung durch Werbeschriften; Werbung im Internet für Dritte; Klasse 38: Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen im Internet; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Bereitstellung von Online-Zugriffsmöglichkeiten auf Computerprogramme, -spiele und gespeicherte Medien; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, einschließlich Online-, Abruf- und anderen elektronischen Mediendiensten (soweit in Klasse 38 enthalten); Informationsübertragungsdienste; Erbringen von Dienstleistungen in Verbindung mit Online-Diensten, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung, Entertainment; Erziehung und Unterhaltung in Form von elektronischen Informationen und interaktiven Onlinediensten; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen eines Verlages, ausgenommen Druckarbeiten; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Klasse 42: Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im Internet; Vermietung und Wartung von Speicherplätzen zur Benutzung als Websites für Dritte (hosting); wissenschaftliche und industrielle Forschung; Organisation und Verwaltung von Internetzugängen sowie von Zugangsmöglichkeiten und/oder Zugriffszeiten zu digitalen Netzen, Gestaltung und Bereitstellung von Internetseiten; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Design und Erstellung Homepages und Internetseiten. Mit Beschlüssen vom 1. Dezember 2008 und 19. August 2009, letzterer ergangen im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die sprachüblich aus der Qualitätsberühmung „PREMIUM“ und dem Grundwort „PARK“ gebildete Bezeichnung mit der Gesamtbedeutung „Park für/von besondere/r Qualität“ in Bezug zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen einen Sachhinweis auf deren Inhalt oder Angebots-/Erbringungsort darstelle, zumal der Begriff „Park“ inzwischen auch die Bedeutung einer zusammengefassten Bereitstellung von Ressourcen für ein bestimmtes Themen- oder Aufgabengebiet erfahren habe und zunehmend als eine Art gattungsmäßiger Bezeichnung für im Internet betriebene Plattformen oder Portale verwendet werde. Die Druckereierzeugnisse einschließlich entsprechender Verlags- und Publikationsdienstleistungen oder die mittels Informations- und Telekommunikationsdiensten übermittelten Informationen könnten den Aufbau oder Betrieb eines anspruchsvollen Gewerbe- oder Freizeitparks zum Inhalt haben. Für die Dienstleistungen „Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten“ könne die Bezeichnung als Angabe des Erbringungsortes aufgefasst werden. Die vom Anmelder angeführte Wortmarke „PLUS-PARK“ (30534611), welche im Jahre 2005 für Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 43 eingetragen worden sei, sei nicht vergleichbar, weil es sich bei „PLUS“ nicht um ein zwanglos zur Bildung von Komposita geeignetes Adjektiv handele und die Bedeutungserweiterung des Begriffs „Park“ zum Eintragungszeitpunkt weniger deutlich gewesen sei. Im Verletzungsverfahren zur Klagemarke „Schuhpark“ (1007149) sei der BGH (WRP 2008, 1434 - Schuhpark) an die Eintragung dieser Wortmarke gebunden gewesen, so dass sich daraus kein Argument für die Schutzfähigkeit des vorliegenden Wortzeichens ergebe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Dezember 2008 und 19. August 2009 aufzuheben. Er vertritt die Ansicht, die für das Zeichen angemeldeten Waren und Dienstleistungen wiesen keinen Bezug zu einem Freizeitpark auf. Abgesehen von den Dienstleistungen aus dem Vergnügungsbereich „Unterhaltung“ und „Entertainment“ ließen alle weiteren Produkte und Dienstleistungen nur den Schluss auf Tätigkeiten im Online-Bereich zu. Was die von ihm genannten Voreintragungen betreffe, verbinde der Verkehr auch mit dem Bestandteil „PLUS“ in Alleinstellung besondere Qualitätsansprüche unabhängig davon, ob es sich um ein Adjektiv oder Substantiv handele. Wenn der BGH der Wortmarke „Schuhpark“ wegen des Zusatzes „Park“ neben dem für Schuhwaren glatt beschreibenden Zeichenelement „Schuh“ eine normale oder zumindest unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zubillige, könne dem vorliegenden Wortzeichen nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Denn die Unterscheidungskraft sei die originäre Kennzeichnungskraft eines Zeichens aufgrund seiner Charakteristik wie Eigenart und Einprägsamkeit. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist unbegründet. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „PREMIUMPARK“ als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt. 1. a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19  - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 - BuchPartner). b) Das angemeldete Wortzeichen weist für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt oder einen engen beschreibender Bezug zu ihnen auf. aa) Die angemeldete Marke setzt sich sprachüblich aus dem Fremdwort „PREMIUM“ und dem deutschen Substantiv „PARK“ zusammen. aaa) Das vom Lateinischen „praemium“ für „Prämie“ abgeleitete, in die deutsche Sprache eingegangene englische Adjektiv „premium“ bedeutet „von besonderer, bester Qualität“ (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]). Es zählt zum elementaren Grundwortschatz der Marketing- und Werbesprache und ist den angesprochenen Endverbrauchern in diesem Sinne seit langem bekannt. Mit „premium“ werden in der Werbung und Produktbeschreibung in den unterschiedlichsten Bereichen Produkte und Dienstleistungen von außergewöhnlicher Qualität bzw. Spitzenqualität angepriesen (vgl. BPatG 28 W (pat) 503/10 - Premium PLUS; 28 W (pat) 308/04 - COOL PREMIUM). bbb) Der Begriff „Park“ bezeichnet eine größere (einer natürlichen Landschaft ähnliche) Anlage mit (alten) Bäumen, Sträuchern, Rasenflächen, Wegen (und Blumenrabatten). Er kann aber auch die Bedeutung „Gesamtbestand“, „Ausstellungs- oder Gewerbeareal“ oder „Anlage mit unterschiedlichen Nutzungszwecken“ haben, wie sie in den deutschen Wortkombinationen „Fuhrpark“, „Maschinenpark“, „Wagenpark“ (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; BPatG 24 W (pat) 12/01 - IMAGEPARK), „Industriepark“ (http://de.wikipedia.org...), „Gewerbepark“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Gewerbepark), „Freizeitpark“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Freizeitpark), „Technologiepark“ oder „Technopark“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Technologiepark; BPatG 33 W (pat) 219/00 - Technologiepark-Bremen) hervortritt. bb) Auch die - bei Zeichen, die aus mehreren Worten oder Wortbestandteilen zusammengefügt sind - vorzunehmende Gesamtbetrachtung (EuGH a. a. O. Rdnr. 28 - SAT 2; a. a. O. Rdnr. 96 - Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 13 - VISAGE) führt vorliegend nicht zu einem Bedeutungsgehalt, der über die Summe der Einzelbestandteile des Wortzeichens hinausgehen würde. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden das Gesamtzeichen „PREMIUMPARK“ als Sachhinweis auf eine Anlage von erstklassiger, herausragender Qualität oder als ein Ausstellungs- oder Gewerbeareal, in welchem Produkte oder Dienstleistungen von höchster Güte angeboten werden, verstehen. Damit enthält das angemeldete Wortzeichen eine Sachaussage über den Inhalt, die Art oder den Angebots-/Erbringungsort der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Denn sowohl sämtliche angemeldeten Waren der Klasse 16 als auch sämtliche beanspruchten Dienstleistungen aus den Bereichen der Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensberatung, Vermittlung, Datenerfassung und -verwaltung (Klasse 35), Telekommunikation (Klasse 38), Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportlichen und kulturellen Aktivitäten, des Verlagswesens (Klasse 41) sowie der wissenschaftlichen und Internetdienstleistungen (Klasse 42) können in einer Anlage von erstklassiger, herausragender Qualität angeboten und/oder erbracht werden oder selbst von außergewöhnlicher Qualität und in einer Angebots- oder Erbringungsstätte zu erhalten sein. Zudem können sich die Druckereierzeugnisse, Fotografien sowie Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) inhaltlich mit einem „PREMIUMPARK“ befassen. c) Der Umstand, dass das Anmeldezeichen „PREMIUMPARK“ lexikalisch nicht nachweisbar ist, ändert nichts an seiner Schutzunfähigkeit für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Denn auch wenn ein Wortzeichen bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, reicht es aus, dass es in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung - etwa syntaktischer oder semantischer Art - hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung seiner schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 - Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. - BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 - SAT.2; a. a. O. 230 Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. - CELLTECH). Die Bezeichnung „PREMIUMPARK“ ist zwar eine sprachliche Neuschöpfung, aber der Verkehr ist daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Der Durchschnittsverbraucher wird auch bisher noch nicht verwendete, ihm aber gleichwohl verständliche Sachaussagen als solche und nicht als betriebliche Herkunftshinweise auffassen (BPatG 26 W (pat) 90/09 - brand broadcasting m. w. N.). So liegt der Fall auch bei der hier angemeldeten, nicht besonders ungewöhnlich gebildeten Wortkombination. 2. Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Voreintragung „PLUS-PARK“ (30534611), welche am 29. September 2005 für ähnliche Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 43 eingetragen wurde, und die am 3. September 1980 für Schuhwaren in Klasse 25 eingetragene Wortmarke „Schuhpark“ (1007149) beruft, ändert dies nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print 24). Die am 3. September 1980 für Schuhwaren in Klasse 25 eingetragene Wortmarke „Schuhpark“ (1007149) liegt schon zu lange zurück. Aber selbst wenn sie zu berücksichtigen und die am 29. September 2005 eingetragene Wortmarke „PLUS-PARK“ (30534611) ebenfalls vergleichbar wäre, könnte sich daraus kein Gleichbehandlungsanspruch ergeben. Denn allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann. 3.  Auch aus dem Umstand, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 3. April 2008 (WRP 2008, 1434, 1437 - Schuhpark) in einem Verletzungsverfahren der Klagemarke „Schuhpark“ (1007149) wegen des Zusatzes „Park“ neben dem für Schuhwaren rein beschreibenden Zeichenelement „Schuh“ eine zumindest unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zugebilligt hat, lässt sich kein Rückschluss auf die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens „PREMIUMPARK“ ziehen. Denn durch die am 3. September 1980 erfolgte Eintragung der Wortmarke „Schuhpark“ wurde ihr jedenfalls minimale Schutzfähigkeit zuerkannt, welche solange eine Bindungswirkung entfaltet, bis sie durch einen erfolgreichen Löschungsantrag wegen absoluter Schutzhindernisse beseitigt ist. Der Bundesgerichtshof wäre somit gar nicht berechtigt gewesen, dem eingetragenen Zeichen die Schutzfähigkeit abzusprechen, auch wenn er von dessen Schutzunfähigkeit überzeugt gewesen wäre.
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Deutschland
deutsch
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public
JURE109007163
BPatG
München
29. Senat
20100923
29 W (pat) 174/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "TIP DER WOCHE (Wort-Bild-Marke)" –Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 40 261.4 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. September 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Dorn beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Januar 2009 und 25. Mai 2010 werden aufgehoben.
I. Das farbige (rot, weiß, schwarz, grau) Wort-/Bildzeichen ist am 25. Oktober 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Druckereierzeugnisse, Bücher, Zeitschriften, Journale; Klasse 35: Werbung, auch im Internet; Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften. Mit Beschluss vom 26. Januar 2009, bestätigt durch Erinnerungsbeschluss vom 25. Mai 2010, hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung vollständig gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Wortelemente des angemeldeten Zeichens “Tip der Woche“ in ihrer Gesamtbedeutung vom angesprochenen Verkehrskreis als “Ratschlag für den Zeitraum einer Woche“ und damit als bloßer Verbraucherhinweis, nicht jedoch als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden würden. Ein solcher Hinweis “Tip der Woche“ werde nach dem Ergebnis der Recherche auch von unterschiedlichen Anbietern zur unmittelbaren Angebotsbeschreibung für Waren und Dienstleistungen verwendet. Auch die gestalterischen Elemente würden der Anmeldemarke keine Unterscheidungskraft verleihen. Sowohl die Form des Schriftzuges als auch die Gestaltung des Hintergrundes und der Umrahmung seien für sich allein betrachtet oder zusammen genommen zu üblich, um die Schutzfähigkeit der angemeldeten Kombination begründen zu können. Der überaus größte Teil der angesprochenen Abnehmer werde die Anmeldemarke nur als sachlichen Hinweis auf den Inhalt bzw. das Thema sämtlicher beanspruchter Waren und Dienstleistungen verstehen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle vom 25. Mai 2010 und vom 26. Januar 2009 aufzuheben. Zur Begründung trägt sie vor, dass der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden könne. Jedenfalls sei das angemeldete Wort-/Bildzeichen wegen der konkreten grafischen Ausgestaltung in seiner Gesamtwirkung ausreichend unterscheidungskräftig. Ein weiteres Indiz für die Schutzfähigkeit sei der Umstand, dass die Anmelderin bereits Inhaberin der quasi identischen deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 394 02 168 sei, welche nahezu dieselben Markenbestandteile wie die Anmeldemarke aufweise. Auch sei das Verzeichnis der älteren Marke fast identisch mit dem der Anmeldemarke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung des vorliegenden Wort-/Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World). Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2001, 1153 - anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (BGH GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; a. a. O. - anti Kalk). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den (geringen) Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt. Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend - entgegen der von der Markenstelle vertretenen Auffassung - nicht festgestellt werden, dass das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegt. Die angemeldete Marke setzt sich aus den Wortelementen “TIP DER WOCHE“ zusammen. Das Wort “Tip“ entstammt dem Englischen mit den Grundbedeutungen “Anstoß, Andeutung“ und ist die frühere Schreibweise des inzwischen in die deutsche Alltagssprache eingegangenen Wortes “Tipp“, welches (umgangssprachlich) ein nützlicher Hinweis oder guter Rat, der jemandem bei etwas hilft, bedeutet (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Die Wortfolge “Tip der Woche” wird vom angesprochenen allgemeinen Publikum in ihrer Gesamtbedeutung entsprechend den Ausführungen der Markenstelle als “Ratschlag für den Zeitraum einer Woche” oder “nützlicher Hinweis für die(se) Woche” verstanden. Dieser Ausdruck wird auch von unterschiedlichen Anbietern zur Anpreisung von Waren- und Dienstleistungen aus diversen Segmenten verwendet, wie “ Tipp der Woche informiert über den wohl besten Verbrauchertipp der letzten Tage, etwa ein kostenloses oder stark vergünstigtes Produkt“ ( www.tippderwoche.eu ); “ Der Tipp der Woche für TOP-Renditen bei Ihrer Geldanlage.“ ( www.geldanlage-aktuell.de/top-renditen/tipp-der-woche ); “ Die Tipps der Woche: Jede Woche stellen wir Kunst-Höhepunkte vor, die Sie nicht verpassen dürfen…” ( www.art-magazin.de/kunst/33292/gib_mir_fuenf_tipps_der_woche ); “ Literaturverlag Droschl - Tipp der Woche. Neuerscheinungen, Auszeichnungen, Veranstaltungen..” (www. droschl.com/neuigkeiten); “ Tipp der Woche: Windows-Ordner farbig markieren - COMPUTER BILD zeigt Schritt für Schritt, wie Sie Ordner unter Windows XP farbig markieren…” (www.computerbild.de/avf-Video-Video-Kurse-3359491.html). Die angemeldete Wortfolge ist daher eine dem Verkehr aus verschiedenen Zusammenhängen geläufige Werbeaussage, die die Aufmerksamkeit auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lenken soll und gleichzeitig zum Ausdruck bringt, dass im Zusammenhang mit den jeweils beworbenen Waren und Dienstleistungen ein aktuelles Angebot erbracht wird, das dem angesprochenen Publikum als Entscheidungshilfe dienen soll. Für die beanspruchten Waren der Klasse 16, nämlich “Druckereierzeugnisse, Bücher, Zeitschriften, Journale”, eignet sich “Tip der Woche” als Angabe über den Inhalt dieser Waren. Unter dem Titel “Tip der Woche” können nützliche Hinweise aus diversen Bereichen gegeben werden, wie Gesundheit, Ernährung, Fernsehen, Bücher, Musik, Finanzen, Wirtschaft, Reisen etc. Für die angesprochenen Verkehrskreise wird im Vordergrund der Hinweis “Tip der Woche” unter einem näher zu spezifizierenden Gesichtspunkt stehen. Sie werden darin jedoch keinen betriebsbezogenen Herkunftshinweis erkennen. Auch für die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 41 “Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften” steht die Wortfolge “Tip der Woche” noch in einem engen sachlichen Zusammenhang zur o. g. inhaltsbezogenen Angabe bei den Waren der Klasse 16 und ist daher nicht unterscheidungskräftig (BGH GRUR 2009, 949 - My World). Bei den Dienstleistungen der Klasse 35 “Werbung, auch im Internet” sind die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens ebenfalls nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen. Hinsichtlich dieser Dienstleistungen kommt der Wortfolge “Tip der Woche“ im Verkehr zwar nicht die Bedeutung einer inhaltsbeschreibenden Angabe zu. Denn es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, dass Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt charakterisiert werden, weil eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Für die Werbung ist entscheidend, in welchem Medium sie platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird (BGH GRUR a. a. O. 951 Rdnr. 24 - My World). Auf den thematischen Bezug der verfahrensgegenständlichen Wortfolge zu den Dienstleistungen der Klasse 35 kommt es vorliegend jedoch nicht entscheidend an, da “Tip der Woche” eine geläufige Werbeaussage darstellt, die, wie oben dargestellt, in verschiedenen Zusammenhängen tatsächlich verwendet wird und vom angesprochenen Verkehr stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel aufgefasst wird (vgl. u. a. BGH a. a. O. - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; a. a. O. - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Dies allein reicht aber nicht aus, um der angemeldeten Marke die Schutzfähigkeit abzusprechen. Denn es ist von dem Grundsatz auszugehen, dass einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; a. a. O. - anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. - anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - VISAGE). Dies ist vorliegend der Fall. Die einzelnen - jeweils schräg geschriebenen - Buchstaben des Wortes “TIP“ sind versetzt zueinander angeordnet, wobei der Buchstabe “I“ sich leicht unterhalb des Buchstaben “T“ befindet, während der Buchstabe “P“ wieder ein Stück höher liegt, aber immer noch unterhalb des Buchstabens “T“. Die rechts unterhalb davon angeordneten Wörter “DER WOCHE“ stehen rechtsbündig untereinander und sind - im Unterschied zum Wort “TIP“ - in deutlich kleineren und gerade geschriebenen Buchstaben mit gleichmäßiger Anordnung ausgeführt. Die weißen Buchstaben aller drei Wortelemente sind dreidimensional/schattiert ausgeführt und heben sich farblich deutlich von dem roten Untergrund ab, wobei die drei Buchstaben des Wortes “TIP“ aufgrund ihrer Größe, der versetzten Anordnung und zentralen Stellung besonders hervorstechen. Die beschriebene Anordnung der Wortelemente innerhalb des auffallenden knallroten Rechtecks mit abgerundeten Kanten und schwarzer Umrandung vermitteln einen unverwechselbaren, charakteristischen Gesamteindruck, der geeignet ist, das Erinnerungsvermögen des Verkehrs in herkunftshinweisender Funktion zu beeinflussen. Der nicht unterscheidungskräftige Sinngehalt der Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens wird daher durch das auffallende Hervortreten der grafischen Elemente so weit überlagert, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abgesprochen werden kann. Im Hinblick auf die markante grafische Gestaltung unterliegt die angemeldete Marke ungeachtet ihrer nicht unterscheidungskräftigen Wortelemente auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn es wird nicht der Schutz für eine zeichenmäßige Verwendung der Wortfolge “Tip der Woche“ in jedweder Form, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung begehrt. Diese bestimmt und beschränkt zugleich den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung (vgl. BGH GRUR a. a. O. - NEW MAN). In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Anmelderin - neben der von ihr geltend gemachten ähnlichen Voreintragung Nr. 394 02 168 aus dem Jahr 1995 - über eine weitere vergleichbare Voreintragung Nr. 302009025439 der deutschen Wort-/Bildmarke verfügt, welche am 15. Oktober 2009 eingetragen wurde und - bei identischem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis - auch nahezu die gleichen Markenbestandteile wie die verfahrensgegenständliche Anmeldemarke aufweist.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007163&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007164
BPatG
München
25. Senat
20100929
25 W (pat) 186/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Cool Cassis" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend das Löschungsverfahren S 175/08 gegen die Marke 306 72 010 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 13. März 2007 unter der Nummer 306 72 010 das Wortzeichen Cool Cassis als Marke eingetragen, nach einer am 27. Oktober 2008 vorgenommenen Einschränkung des ursprünglichen Warenverzeichnisses zuletzt noch für "Schokolade und Schokoladewaren, Marzipan, Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke), feine Back- und Konditorwaren". Die Antragstellerin hat mit einem am 3. Juni 2008 beim DPMA eingegangenen Antrag die Löschung dieser Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG beantragt, weil sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Die Antragsgegnerin hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 12. August 2009 die Löschung der Marke 306 72 010 angeordnet, da sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden sei und das Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehe. Die angemeldete Bezeichnung setze sich aus dem französischen Begriff "Cassis" und dem englischen Begriff "Cool" zusammen. "Cassis" sei in der deutschen Gegenwartssprache entsprechend seiner französischen Bedeutung eine gängige Bezeichnung für "schwarze Johannisbeere" und werde als Geschmacksangabe im Bereich der Lebensmittel verwendet. Auch der weitere Markenbestandteil "Cool" werde in zahlreichen Verbindungen mit der Bedeutung "kühl, frisch, kühlend" verwendet. In der Zusammensetzung besitze "Cool Cassis" daher die Bedeutung "frische, kühlende Johannisbeere". In Verbindung mit den eingetragenen Waren weise die Begriffskombination auf einen Johannisbeergeschmack und eine kühlende Wirkung der Waren hin. Der Verkehr sei bei "Schokolade und Schokoladenwaren" daran gewöhnt, dass diese über eine bestimmte Geschmacksrichtung wie z. B. auch "Cassis" verfügten (z. B. "Chopeneur Cassis & Marc de Champagne Schokolade" oder "Vivani Feine Bitter-Cassis"). Gleiches gelte für "Marzipan", das ebenfalls (beispielsweise durch Zugabe verschiedener Fruchtöle oder Früchte) in verschiedenen Geschmacksrichtungen erhältlich sei. In Bezug auf "feine Back- und Konditorwaren" könne "Cool Cassis" ebenfalls die Geschmacksrichtung oder Füllung dieser Waren bezeichnen. Auch bei "Kaugummis" seien verschiedene Geschmacksrichtungen, darunter "Cassis" und "Cool Cassis" etabliert, was auch durch das von der Antragstellerin vorgelegte Rechercheergebnis aus dem Erinnerungsverfahren betreffend die Markenanmeldung "Cool Cassis" (306 72 349) belegt werde. Angesichts dessen werde die Begriffskombination "Cool Cassis" daher in Bezug auf die eingetragenen Waren von den maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreisen lediglich als Hinweis auf Geschmacksrichtung oder Füllung der jeweiligen Waren, nicht jedoch als betriebliches Herkunftskennzeichen verstanden; dies gilt in Anbetracht ihres ohne weiteres verständlichen Sinn- und Bedeutungsgehalts selbst dann, wenn man von einer zum Eintragungszeitpunkt tatsächlich so noch nicht verwendeten Wortzusammenstellung ausginge. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. August 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass die eingetragene Bezeichnung "Cool Cassis" aus den von ihr im Verfahren vor der Markenabteilung genannten Gründen, auf die sie in vollem Umfang Bezug nimmt, für die eingetragenen Waren unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig ist. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren weder einen Antrag gestellt noch zur Sache vorgetragen. Die Markeninhaberin hat ihren ursprünglich hilfsweise gestellten Terminsantrag mit Schriftsatz vom 23. August 2010 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass die angegriffene Marke hinsichtlich der beanspruchten Waren entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch derzeit noch fortbesteht. Die Löschung der angegriffenen Marke ist deshalb zu Recht gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG angeordnet worden. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 [Tz. 30, 31] "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850 [Tz. 17] "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 [Tz. 19] "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674 [Tz. 86] "Postkantoor"). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Bei den hier maßgeblichen Waren ist der allgemeine Verkehr angesprochen. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn 23 ff.). Dieser wird in der angegriffenen Bezeichnung "Cool Cassis" - entsprechend der Senatsentscheidung in der Parallelsache 25 W (pat) 39/09 betreffend die identische Wortfolge "COOL CASSIS" für die Waren "Kaugummi, BubbleGum, Bonbons und Minzpastillen" - auch in Bezug auf die vorliegend maßgeblichen Waren "Schokolade und Schokoladewaren, Marzipan, Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke), feine Back- und Konditorwaren" lediglich die schlagwortartige, werbeübliche Beschaffenheitsangabe entnehmen, dass diese einen "erfrischenden, kühlen Johannisbeergeschmack" aufweisen. Die angemeldete Bezeichnung setzt sich ersichtlich aus den beiden fremdsprachigen Begriffen "Cool" und "Cassis" zusammen. In Verbindung mit den für die angegriffene Marke eingetragenen Waren wird der Verkehr den englischsprachigen Begriff "Cool", selbst soweit er über keine besonderen Englischkenntnisse verfügt, naheliegend i. S. von "kühl, erfrischend" verstehen. Auch wenn die beanspruchten Waren "Schokolade und Schokoladewaren, Marzipan, Kaugummi (nicht für medizinische Zwecke), feine Back- und Konditorwaren" als solche in der Regel weder frisch noch kühl angeboten werden, kann deren Genuss z. B. durch Zusatz von Menthol, welches in der Lebensmittelindustrie u. a. als Aromastoff für Süßwaren, Kaugummi etc. häufig verwendet wird, oder durch mentholhaltige geschmacksgebende Zutaten wie vor allem Minze eine erfrischende Wirkung haben. Diese Wirkung kann dabei entweder von dem Produkt selbst ausgehen - wie z. B. bei "Kaugummi" - oder aber wie z. B. bei Backwaren durch entsprechende (aromatisierte) Füllungen vermittelt werden. Deshalb beschreibt "Cool" den Effekt, den die beanspruchten Waren haben können. Die angesprochenen Verbraucher werden deshalb hierin keinen Herkunftshinweis sehen (vgl. PAVIS PROMA BPatG 25 W (pat) 242/99 - COOLMINT; PAVIS PROMA HABM R 1000/07 - 2 v. 17. Oktober 2007 - COOL & FRESH). Der weitere Zeichenbestandteil "Cassis" als französischer Begriff für "schwarze Johannisbeere" (vgl. Langenscheidt, Handwörterbuch Französisch, Teil 1, S. 124) wird im inländischen Sprachgebrauch vor allem im Lebensmittelbereich als Geschmacksangabe für "(schwarze) Johannisbeere" verwendet, wie die seitens der Markenstelle durchgeführte Recherche belegt. In diesem Sinne wird der Begriff auch in Zusammenhang mit den vorliegend für die angegriffene Marke eingetragenen Waren verstanden, da diese selbst bzw. deren Füllung ohne weiteres die Geschmacksrichtung "schwarze Johannisbeere" besitzen oder auch "schwarze Johannisbeeren" enthalten können. Ein solches Verständnis als Geschmacksangabe liegt dabei für den Verkehr um so näher, als vergleichbare fremdsprachige (Frucht-)Bezeichnungen wie z. B. "lemon", "apple" oder "cherry" in der Werbung und Produktbeschreibung üblich sind. Angesichts dieses, im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren eindeutigen Bedeutungs- und Sinngehalts der Begriffe "Cool" und "Cassis" muss davon ausgegangen werden, dass die vorliegend maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise, welche regelmäßig keine analysierende Betrachtungsweise einzelner Markenbestandteile anstellen, die angegriffene Wortfolge auch bereits zum Eintragungszeitpunkt sofort und ohne weiteres i. S. von "kühler, erfrischender (schwarzer) Johannisbeergeschmack" verstanden haben, zumal dieser Zeitpunkt (13. März 2007) nicht lange zurückliegt. Sämtliche noch relevanten Waren der angegriffenen Marke können diese Eigenschaften auch aufweisen. So bietet die Markeninhaberin z. B. im Rahmen der "Wrigley’s Airwaves" Produktreihe selbst Kaugummiprodukte mit Fruchtaromen unter Zusatz von "erfrischendem" Menthol an ("Wrigley's Airwaves Kaugummis Cherry Menthol"). "Schokolade und Schokoladewaren" verfügen teilweise über einen regelmäßig durch (Pfeffer-)Minzaromen vermittelten erfrischenden Effekt, welcher ohne weiteres mit weiteren Fruchtaromen als geschmacksgebende Zutaten kombiniert oder ergänzt werden kann. In Bezug auf die weiteren Waren "Marzipan, feine Back- und Konditorwaren" wird der Verkehr davon ausgehen, dass diese über durch Minz-/Mentholaromen oder sonstige erfrischende Aromen angereicherte Füllungen mit der Geschmacksrichtung "Cassis" verfügen. In Bezug auf alle noch beanspruchten Waren erschöpft sich die angegriffene Bezeichnung "Cool Cassis" damit in einer sprach- und werbeüblichen Aneinanderreihung beschrei-bender Begriffe zu der aus sich heraus verständlichen und sofort erfassbaren schlagwortartigen Beschaffenheitsangabe, dass die betreffenden Produkte bzw. die in ihnen enthaltenen Zutaten, eine kühlende, erfrischende Wirkung besitzen und schwarze Johannisbeeren enthalten bzw. über einen (schwarzen) Johannisbeergeschmack verfügen. Die sprachregelgerecht gebildete Wortkombination "Cool Cassis" beschränkt sich damit auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbar herkunftshinweisenden Gehalt. Über diese Sachinformationen hinaus enthält die Bezeichnung kein Element, das den Eindruck einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung, also einer Marke hervorruft. Die angegriffene Marke weist insoweit auch keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von dem rein  sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Auch der Umstand, dass die Wörter aus unterschiedlichen Sprachen stammen, kann die Schutzfähigkeit nicht begründen, da beide Begriffe im inländischen Sprachgebrauch seit jeher verwendet und verstanden werden. Ebenso wenig ist in der bloßen Aneinanderreihung der zwei rein beschreibenden Wörter "Cool Cassis" etwas Ungewöhnliches zu erblicken, zumal die Begriffe sinnhaft aufeinander bezogen sind. Alle Markenbestandteile werden entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 Nr. 39 - 41 - BIOMILD). Die beteiligten Verkehrskreise werden diese Wortfolge daher nicht als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der vorliegend beanspruchten Waren und Dienstleistungen sehen. Soweit es sich bei "Cool" um ein Wort handelt, welches in der deutschen Sprache - vor allem in der Jugendsprache - auch "[stets] die Ruhe bewahrend, keine Angst habend, nicht nervös [werdend], sich nicht aus der Fassung bringen lassend; kühl u. lässig, gelassen" oder auch "in hohem Maße gefallend, der Idealvorstellung entsprechend" bedeuten kann (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. S. 364), führt dies vorliegend bereits nicht zu einer echten Mehrdeutigkeit des Begriffs, da ein solches Verständnis in Bezug auf die konkret von der Anmelderin beanspruchten Waren jedenfalls bei einer Verbindung mit der Geschmacksangabe "Cassis" fernliegend und damit nicht maßgeblich ist. Zudem ist zu beachten, dass selbst eine Mehrdeutigkeit eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung nicht zur Eintragungsfähigkeit führt, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Waren/Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 147 - DOUBLEMINT; BGH, GRUR 2008, 397, 398 Tz. 15 - SPA II), was vorliegend aber aus den dargelegten Gründen der Fall ist. Unerheblich für ein sachbezogenes Verständnis der Wortfolge ist ferner, dass sich ihr als solcher nicht entnehmen lässt, worauf eine erfrischende Wirkung beruht bzw. auf welche Art und Weise diese sich in Zusammenhang mit dem jeweiligen Waren äußert, da auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke und Wortfolgen einen beschreibenden und sachbezogenen Charakter in Bezug auf Waren haben können (vgl. BGH, GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; 2008, 397, 398 Tz. 15 - SPA II; WRP 2009, 960, 962 Tz. 15 - DeutschlandCard). So bezeichnet auch "Cool Cassis" schlagwortartig und treffend mögliche Eigenschaften der beanspruchten Waren. Die Bezeichnung ist insoweit weder unklar noch mehrdeutig. Ob und ggf. in welcher Art und Weise die Wortfolge "Cool Cassis" im geschäftlichen Verkehr zur Produktbeschreibung bereits zum Eintragungszeitpunkt verwendet wurde bzw. aktuell verwendet wird, ist in Anbetracht ihres im Vordergrund stehenden, ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Sinngehalts für die Frage der Unterscheidungskraft ebenfalls nicht von Bedeutung. Unabhängig davon ist jedoch anzumerken, dass nach einer Recherche des Senats die angegriffene Bezeichnung bereits zum Eintragungszeitpunkt z. B. in Zusammenhang mit der Produktbezeichnung "Fisherman's Friend Cool Cassis" entsprechend ihrem Bedeutungs- und Sinngehalt in sachbezogener Form als Hinweis auf einen erfrischenden Johannisbeergeschmack verwendet wurde. Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007164&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007165
BPatG
München
17. Senat
20101007
17 W (pat) 30/06
Beschluss
§ 46 Abs 1 S 2 PatG, § 80 Abs 3 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Zerlegungsleitweg erzeugendes Gerät, Zusammenbauleitweg erzeugendes Gerät und Unterstützungssystem für eine mechanische Systemkonstruktion" - zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr - triftige Gründe für die Ablehnung einer Anhörung
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 198 09 284.9-53 hier: Rückzahlung der Beschwerdegebühr … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 7. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch und der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Zerlegungsleitweg erzeugendes Gerät, Zusammenbauleitweg erzeugendes Gerät und Unterstützungssystem für eine mechanische Systemkonstruktion“ ist am 4. März 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Am 22. Juni 1999 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F einen (ersten) Prüfungsbescheid erlassen. Es sei nicht klar, worin die technische Aufgabe zu sehen sei; bei den formal unabhängigen Patentansprüchen 1-14, 16-27 sei die Voraussetzung für eine Nebenordnung nicht gegeben. Der Patentanspruch 1 sei mangels einer klaren Lehre nicht gewährbar. Abgesehen von diesen Mängeln stelle sich die Frage, ob die Patentansprüche eine Lehre mit technischem Charakter vermittelten. Auf diesen Prüfungsbescheid hat die Anmelderin neue Patentansprüche eingereicht. Diese enthielten nur noch 6 unabhängige Ansprüche und seien klargestellt. Die Ansprüche wiesen ein gemeinsames Konzept auf, wodurch die unabhängigen Ansprüche untereinander verbunden seien und eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichten. Patentanspruch 1 sei nicht unklar, vielmehr sei das Patentbegehren in Verbindung mit der Beschreibung der bevorzugten Ausführungsformen für den Fachmann klar und ausführbar. Das Patentbegehren weise einen technischen Charakter auf: Datenverarbeitungs- und Informationstechnologien seien die derzeit am stärksten wachsenden Technologien. Wie schon diese Begriffe besagten, seien sie allgemein als Technologie oder Technik anerkannt und eingestuft. Artikel 27 (1) TRIPS verbiete es, § 1 (2) und (3) PatG so auszulegen, dass solche Technologien als nichttechnisch umdefiniert werden dürften. Die Geräte seien technischer Natur, gingen von technischen Daten aus und diese würden mit Hilfe eines technischen Gerätes verarbeitet. Auf die europäische Entscheidungspraxis werde ebenfalls verwiesen. Hilfsweise werde eine Anhörung beantragt. Am 22. Dezember 2004 hat die Prüfungsstelle einen weiteren (zweiten) Prüfungsbescheid erlassen. Die Anmeldung sei mit einem im Wesentlichen inhaltsgleichen Patentbegehren aufrechterhalten worden, so dass die Prüfungsstelle an ihrem vorhergehenden Bescheid festhalte. Das Patentbegehren sei seinem Wesen nach dem Patentschutz nicht zugänglich, denn die prägenden Anweisungen der beanspruchten Lehre beinhalteten lediglich die Verarbeitung von geometrischen Daten mittels Verfahren der Mathematik. Sie dienten folglich nicht der Lösung eines technischen Problems, sondern der Lösung eines Problems der Mathematik. Zur Lösung dieser Aufgabe seien ausschließlich nichttechnische Kenntnisse erforderlich. Auch für die neu eingereichten Patentansprüche 1-27 sei die Voraussetzung für eine Nebenordnung nicht gegeben, denn die Ansprüche 1, 8, 11, 18, 19 und 27 beinhalteten die gleiche einzige erfinderische Idee und keine unabhängigen, selbständigen Erfindungen. Auch die neu eingereichten Ansprüche sowie die Beschreibung seien weitgehend unklar. Dies wurde von der Prüfungsstelle auf beinahe 8 Seiten im Einzelnen aufgelistet und begründet. Danach seien die Unklarheiten so gravierend, dass der Mangel ausgehend von der ursprünglichen Offenbarung nicht behebbar sei. Angesichts dieser Tatsachen erscheine eine Anhörung nicht sachdienlich. In einem Anruf am 18. April 2005 hat der Anmeldevertreter darauf hingewiesen, dass er sich wünsche, dass in Bescheiden der Ausdruck „prägende Anweisungen“ nicht verwendet werde. Er verweise auf die VICOM-Entscheidung. Bezüglich der Zulässigkeit der Nebenordnung sei er anderer Meinung als die Prüfungsstelle. Er hat eine ausführliche schriftliche Erwiderung in Aussicht gestellt. Am 3. Mai 2005 hat der Anmeldevertreter laut Aktenvermerk den Prüfer aufgesucht und dabei ausgeführt, dass er nicht in der Lage sei, den vorangegangenen Prüfungsbescheid zu beantworten, er sähe seine Argumentation nicht ausreichend gewürdigt und er betone die unterschiedliche Sichtweise hinsichtlich der Punkte „Nebenordnung“, „Patentierungsausschluss“ und „physikalische Entität/VICOM“. Die Prüfungsstelle hat in Aussicht gestellt, sich mit der Abteilung zu beraten. Am 12. Mai 2005 hat die Prüfungsstelle einen weiteren (dritten) Prüfungsbescheid erlassen. Darin hat sie die Anmelderin aufgefordert, die in den beiden vorhergehenden Bescheiden gerügten Mängel zu beseitigen. Eine separate Auseinandersetzung allein mit dem Thema „Nebenordnung“, wie von der Anmelderin gewünscht, sei im derzeitigen Verfahrensstand nicht ökonomisch. In der telefonischen Anhörung habe die Anmelderin (bzw. ihr Vertreter) angekündigt, ihre Gedankengänge schriftlich einzureichen; bei ihrem persönlichen Erscheinen habe die Anmelderin dieselben Gedankengänge wiederum nur stichwortartig angerissen. Eine schriftliche Stellungnahme der Anmelderin sei nicht erfolgt. Es sei aber nicht Aufgabe der Prüfungsstelle, die in Stichworten angerissenen Gedankengänge der Anmelderin zu interpretieren und auszuformulieren. Zu den bislang mündlich vorgebrachten Argumenten der Anmelderin sei auszuführen: Zum Thema „Nebenordnung“ werde darauf hinwiesen, dass die Einheitlichkeit des geltenden Patentbegehrens von der Prüfungsstelle nicht bemängelt werde, allerdings erfüllten die Patentansprüche 1, 8, 11, 18, 19 und 27 die Bedingungen für eine Nebenordnung nicht. Die Auffassung der Anmelderin, die Prüfungsstelle sei nicht auf die VICOM-Entscheidung eingegangen, könne nicht geteilt werden, denn in den bislang ergangenen Bescheiden sei auf zahlreiche Beschlüsse des BGH verwiesen worden; ein weiterer Bezug zu der VICOM-Entscheidung bestehe nicht. Unklar sei weiterhin, worin die technische Aufgabe zu sehen sei; die bislang gegebenen Antworten trügen nicht zur Klärung dieser Frage bei. Die Anmelderin beklage, dass sie die im zweiten Prüfungsbescheid aufgeworfenen Unklarheiten aufgrund ihrer Menge und aufgrund von Verständnisproblemen nicht bearbeiten könne. Diese Unklarheiten seien von der Prüfungsstelle detailliert zusammengestellt worden, um der Anmelderin eine Hilfestellung zu geben; die Prüfungsstelle sei für diese Unklarheiten nicht verantwortlich. Dem Wunsch der Anmelderin, dass der Ausdruck „prägende Anweisungen“ nicht verwendet werde, könne nicht entsprochen werden, da er auf wichtigen Entscheidungen des BGH beruhe. Nach wie vor fehle eine schriftliche Erwiderung der Anmelderin; der Vertreter der Anmelderin selbst habe gesagt, er könne die bemängelten Unklarheiten nicht bearbeiten und sei ratlos, wie er die genannten Mängel seiner Mandantin mitteilen könne. Daraufhin hat die Anmelderin am 5. Juli 2005 die Erteilung eines Patents gemäß Haupt- bzw. einem von 8 Hilfsanträgen beantragt. Das Patentbegehren sei einheitlich. Die Erfindung habe einen technischen Effekt und weise die erforderliche Erfindungshöhe auf. Vorsorglich werde ein Antrag auf Anhörung gestellt, der in einem solchen Fall sachdienlich erscheine. Am 23. November 2005 hat die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F einen Zurückweisungsbeschluss erlassen. Die Anmeldung werde gemäß Eingabe der Anmelderin vom 5. Juli 2005 mit einem bezüglich des gerügten Mangels unveränderten Patentbegehren in einem Haupt- und 8 Hilfsanträgen weiterverfolgt. Bei sämtlichen Anträgen - also sowohl dem Haupt- als auch den 8 Hilfsanträgen - betreffe der Gegenstand des Anspruchs 1 eine mathematische Methode als solche. Die angemeldete Lehre umfasse auch über den üblichen Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage hinaus keine weiteren Anweisungen, welche die Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand habe, vielmehr ergebe sich als objektive Aufgabe ein Labyrinthproblem, wobei es sich um ein dreidimensionales Labyrinth handle. Damit liege die Aufgabe auf rein mathematischem Gebiet. Die von der Anmelderin in der Erwiderung vom 5. Juli 2005 beantragte Anhörung sei aus mehreren Gründen nicht sachdienlich: - Es sei mehr als ein Prüfungsbescheid ergangen und der Anmelderin sei ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden (3 Prüfungsbescheide, ein Telefonat, eine persönliche Vorsprache). - Der Patentanspruch 1 gemäß Haupt- und Hilfsanträgen sei weiterhin weitgehend unklar. Dass die Klarstellungsversuche der Anmelderin mehrmals ohne Erfolg geblieben sind, biete einen Anhaltspunkt dafür, dass ein Klarstellungsversuch in einer Anhörung ohne Erfolg geblieben wäre. - Die Anmelderin sähe trotz dreier Prüfungsbescheide, eines Telefonats und des Gesprächs in der persönlichen Vorsprache nicht, dass keine technischen Merkmale beansprucht worden seien, vielmehr gehe die Anmelderin immer noch davon aus, dass ein technischer Effekt und ein technisches Problem mit dem wesentlichen Aspekt des Anmeldungsgegenstandes verbunden sei; dies biete einen Anhaltspunkt dafür, dass die Anmelderin auch in einer Anhörung die Differenzierung der Prüfungsstelle nicht nachvollzogen hätte. - Der entscheidungserhebliche tatsächliche Sachverhalt wurde nicht auf eine gänzlich neue, relevante Grundlage gestellt, die somit nicht so fernliegend ist, dass damit ein Beteiligter nicht zu rechnen brauchte. Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie gleichzeitig die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. Die Anmeldung gilt als zurückgenommen wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr, die Anmelderin hat den Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr aufrechterhalten. Eine Begründung hierfür ist nicht erfolgt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig. Auch nach Rücknahme der Anmeldung kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden (§ 80 Abs. 4 PatG). Dabei gilt die Nichtzahlung der Jahresgebühr gemäß § 58 Abs. 3 PatG als Rücknahme der Anmeldung (Schulte, PatG, 8. Aufl., § 80 Rdnr. 113 a. E.). Der Antrag ist aber nicht begründet, weil bei der konkreten Verfahrensführung ein Anlass für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht ersichtlich ist (§ 80 Abs. 3 PatG). Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist anzuordnen, wenn dies der Billigkeit entspricht. Maßgebend dafür sind alle Umstände des Falles, insbesondere das Verhalten der Beteiligten und die Sachbehandlung durch das Patentamt unter dem Gesichtspunkt der Ordnungsmäßigkeit und der Angemessenheit seiner Maßnahmen (Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 21). Fehler des Patentamts können beispielsweise die Anwendung falschen Rechts, die Verletzung des rechtlichen Gehörs, Begründungsmängel, Übergehen erheblichen Vorbringens, mangelhafte Prüfungsbescheide, Verstoß gegen Aufklärungs- und Hinweispflichten, Unterlassen einer gebotenen Anhörung u. ä. sein (Schulte, a. a. O., § 73 Rdnr. 128 ff.). Im vorliegenden Fall liegt weder eine fehlerhafte Sachbehandlung noch ein Verfahrensfehler des Patentamts vor. Die Prüfungsstelle hat das richtige Recht angewendet; ob eine falsche Beurteilung in technischer Hinsicht vorliegt, kann letztlich dahingestellt bleiben, denn eine falsche Beurteilung allein rechtfertigt eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht. Besondere Umstände, die eine Rückzahlung in solchen Fällen ausnahmsweise rechtfertigen würden (wie „Beurteilung völlig neben der Sache“, „Gründe nicht nachvollziehbar“ oder ähnliches, siehe Schulte, a. a. O., § 73 Rdnr. 130), liegen nicht vor. Der angefochtene Zurückweisungsbeschluss ist ausreichend und im Einzelnen begründet. Die diesem Beschluss vorausgehenden Prüfungsbescheide gewähren das rechtliche Gehör. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs beinhaltet nämlich, dass sich der Einzelne vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zum Verfahren und seinem voraussichtlichen Ergebnis äußern kann. Dazu gehört, dass eine Entscheidung nur auf Gründen beruhen darf, zu denen sich der Beteiligte äußern konnte. Stützt sich die Begründung eines Beschlusses auf Mängel, zu denen sich der Beteiligte vorher nicht äußern konnte, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Die Anmelderin konnte sich im vorliegenden Verfahren jedoch zu den Gründen, auf denen der Zurückweisungsbeschluss beruhte, hinreichend äußern. Insbesondere hat die Prüfungsstelle in großem Umfang und bis ins Einzelne gehend ihre Bedenken aufgeführt; dies gilt sowohl für die Anzahl der Prüfungsbescheide wie auch für deren Inhalte - so ist der zweite Prüfungsbescheid eine Auflistung der einzelnen beanstandeten Punkte und gibt damit der Anmelderin ein umfassendes Hilfsmittel an die Hand. Damit hat die Prüfungsstelle auch nicht gegen ihre Aufklärungs- und Hinweispflichten verstoßen. Zudem ist sie auf das Vorbringen der Anmelderin eingegangen. Wenn der Anmeldevertreter selbst vorbringt, nicht in der Lage zu sein, die (mehrfachen und ausführlichen) Prüfungsbescheide beantworten zu können, so kann dies im vorliegenden Fall angesichts der umfassenden Bescheide der Prüfungsstelle nicht den Vorwurf einer fehlerhaften Sachbehandlung begründen. Angesichts der Gesamtumstände rechtfertigt es eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr auch nicht, dass die Prüfungsstelle dem Antrag auf Durchführung einer Anhörung nicht entsprochen hat. Grundsätzlich ist allerdings eine einmalige Anhörung in jedem Verfahren sachdienlich (Schulte, a. a. O., § 46 Rdnr. 8). Dabei ist die gerichtliche Nachprüfung der Sachdienlichkeit auf eine Rechtskontrolle unter Ausschluss von Zweckmäßigkeitserwägungen beschränkt. Eine Anhörung ist immer sachdienlich, wenn sie aus objektiver Sicht das Verfahren fördern kann, insbesondere wenn eine mündliche Erörterung eine schnellere und bessere Klärung als eine schriftliche Auseinandersetzung verspricht. Die Ablehnung eines Antrags auf Anhörung kommt im Erteilungsverfahren nur ausnahmsweise in Betracht, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, weil z. B. die Anhörung zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens führen würde oder weil nach mehreren Prüfungsbescheiden absehbar ist, dass der Anmelder auch zukünftig auf der bisher beantragten Merkmalskombination beharren wird. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine einmalige Anhörung immer dann sachdienlich ist, wenn konkrete entscheidungserhebliche Sach- und Rechtsfragen zwischen der Prüfungsstelle und dem Anmelder noch nicht abschließend geklärt sind und von der Anhörung Aufschluss darüber erwartet werden kann. Die Prüfungsstelle hat aber die Ablehnung des Antrags auf Anhörung mit triftigen Gründen versehen. Sie hat diese im Zurückweisungsbeschluss im Einzelnen dargelegt. Das rechtliche Gehör ist wegen der Vielzahl an ausführlich begründeten Prüfungsbescheiden nicht verletzt. Zudem gab es laut Aktenvermerk auch ein Telefonat und ein persönliches Erscheinen des Anmeldevertreters. Hinzu kommt, dass der Anmeldevertreter erklärt hat, er sähe sich nicht in der Lage, die Beanstandungen der Prüfungsstelle zu bearbeiten. Damit durfte die Prüfungsstelle mit Recht davon ausgehen, dass auch eine (nochmalige) mündliche Erörterung nicht behelflich sein würde. Außerdem ist die Anmelderin in ihren Erwiderungen nicht auf die Argumentation der Prüfungsstelle eingegangen. Die eingereichten 8 Hilfsanträge weisen keine neuen Inhalte auf, so dass auch insoweit eine nochmalige Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht erforderlich war. In den von der Anmelderin zuletzt eingereichten Hilfsanträgen sind zwar formal Merkmale ergänzt (z. B. Einrichtung zur Eingabe, Einrichtung zum Anzeigen von berechneten Werten). Das Vorhandensein dieser Merkmale unterstellte der Fachmann aber auch bei den früheren Fassungen der Patentansprüche als Bestandteile einer üblichen Datenverarbeitungsanlage. Eine geänderte Sachlage ergab sich deshalb durch die Hilfsanträge nicht. Damit sind Verfahrensfehler bzw. ist eine unangemessene Sachbehandlung der Prüfungsstelle nicht ersichtlich. Auch die Anmelderin selbst hat nichts vorgetragen, was eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen könnte.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007165&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007187
BPatG
München
26. Senat
20100929
26 W (pat) 109/09
Beschluss
§ 113 MarkenG, § 37 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ, Art 5 MAbk Madrid
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PHYSIO SLEEP (IR-Marke)" – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die IR-Marke 840 721 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 29. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker und der Richterin Dr. Schnurr beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) ist für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unter der Nr. IR 840 721 die Bezeichnung PHYSIO SLEEP zur Eintragung als international registrierte Wortmarke für die Waren Klasse 20: Betten, Matratzen, nicht metallische Lattenroste, Bettwäsche und Kopfkissen angemeldet worden. Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat das Deutsche Patent- und Markenamt der international registrierten Marke gemäß §§ 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 MMA, Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses versagt. Das Markenwort setze sich aus den Bezeichnungen "physio" für "Natur, natürliche Beschaffenheit" und "sleep" für "schlafen, Schlaf" zusammen. Durch die Aussage "physio sleep" werde in werbeüblicher Art darauf hingewiesen, dass die damit gekennzeichneten Waren für einen natürlichen Schlaf bestimmt beziehungsweise geeignet seien. Im Unterscheid zur Marke "sleepover" aus der von der Markeninhaberin zitierten Entscheidung des BGH (GRUR 1989, 666 - sleepover) hebe die Wortfolge "physio sleep" Eigenschaften der durch das Warenverzeichnis in Bezug genommenen Gegenstände unmittelbar hervor. So würden etwa Lattenroste oder Matratzen damit beworben, dass sie einer natürlichen Schlafmotorik dienten und den heute hohen Ansprüchen an ergonomisch richtiges Liegen genügten. Die bloße Kombination von Wortbestandteilen, von denen jede Merkmale der beanspruchten Waren beschreibe, bleibe für diese Merkmale selbst dann beschreibend, wenn es sich um eine sprachliche Neuschöpfung handele (vgl. EuGH Mitt. 2004, 222 - Biomild); die bloße Reihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung könne nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Angaben und Zeichen bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren dienen könne. Die Bezeichnung "physio sleep" sei für alle beanspruchten Waren, entgegen der Auffassung der Anmelderin somit auch für Bettgestelle unmittelbar beschreibend. Auch deren besondere Art könne einem natürlichen Schlaf dienen, und auch für diese werde die Verwendung besonderer Materialien wie Buchen- oder Zirbenholz und eine besondere Verarbeitungsweise ohne gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe empfohlen. Weil eine unmittelbar beschreibende Angabe vorliege, müssten Mitbewerber in der Lage sein, ungehindert von Zeichenrechten Dritter mit dieser Bezeichnung die entsprechenden Waren zu bewerben. Die Anmelderin begehrt sinngemäß, den mit der Beschwerde angegriffenen Beschlusses vom 02. Februar 2009 aufzuheben. Eine Beschwerdebegründung hat sie nicht zur Akte gereicht. Sie beantragt zuletzt eine Entscheidung nach Aktenlage. Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Amtsakte der Anmeldung IR 840 721 Bezug genommen. II. Die gem. §§ 66 Abs. 2, 165 Abs. 3 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil die angemeldete Marke gemäß §§ 113, 37, 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 MarkenG in Verbindung mit Art. 5 MMA, Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Bezeichnung "PHYSIO SLEEP" dient zur Beschreibung einer wesentlichen Eigenschaft der beanspruchten Waren und stellt eine freihaltungsbedürftige Angabe i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dar. Die Markenstelle hat in dem Beschluss vom 02. Februar 2009 eingehend und mit zutreffenden Erwägungen dargelegt, dass an der angemeldeten Bezeichnung ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber besteht. Auch der Senat ist der Auffassung, dass "PHYSIO SLEEP" eine sprachüblich zusammengesetzte Bestimmungsangabe darstellt, mit der darauf hingewiesen wird, dass die beanspruchten Waren einem der Natur des Menschen entsprechenden, für den menschlichen Körper erholsamen Schlaf dienen. Da die Anmelderin ihre Beschwerde nicht begründet hat, ist auch nicht ersichtlich, unter welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gesichtspunkten sie die ergangenen Entscheidungen für angreifbar hält. Demgemäß erübrigen sich weitere Ausführungen. Die Beschwerde der Anmelderin war somit zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007187&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007188
BPatG
München
29. Senat
20101006
29 W (pat) 147/03
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 89 Abs 4 S 2 MarkenG
vorgehend BPatG München, 13. Mai 2009, Az: 29 W (pat) 147/03 vorgehend BPatG München, 9. November 2005, Az: 29 W (pat) 147/03
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Porträtfoto Marlene Dietrich (Bildmarke)" – Bindung an die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof - Unterscheidungskraft – keine Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 302 23 496.9 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Oktober 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, Richter Dr. Kortbein und Richterin Dorn beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2003 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16: Waren aus Papier und Pappe (soweit in Klasse 16 enthalten); Tagebücher; Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Sportbekleidung, Sportschuhe; Damenunterwäsche; Damenoberbekleidung; T-Shirts, Sweatshirts, Hemden und Blusen, Hosen, Röcke, Badebekleidung, Strandkleider, Kopfbedeckungen; Schlafanzüge und Nachtwäsche; Regenbekleidung; Pullover, Krawatten, Schals, Gürtel; Klasse 41: sportliche Aktivitäten zurückgewiesen worden ist.
I. Die Bildmarke 302 23 496.9 ist am 7. Mai 2002 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 14, 15, 16, 18, 21, 25, 28, 33, 34, 35, 38, 41 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 2. April 2003 wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde vom Senat mit Beschluss vom 9. November 2005, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, zurückgewiesen (BPatG GRUR 2006, 333). Die zugelassene und eingelegte Rechtsbeschwerde der Anmelderin hat zur teilweisen Aufhebung der Beschwerdeentscheidung hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen Waren aus Papier und Pappe (soweit in Klasse 16 enthalten); Geld; selbstklebende Folien und Bänder für dekorative Zwecke; Tagebücher; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Sportbekleidung, Sportschuhe; Damenunterwäsche; Damenoberbekleidung; T-Shirts, Sweatshirts, Hemden und Blusen, Hosen, Röcke, Badebekleidung, Strandkleider, Kopfbedeckungen; Schlafanzüge und Nachtwäsche; Regenbekleidung; Pullover, Krawatten, Schals, Gürtel; sportliche Aktivitäten geführt. Insoweit hat der Bundesgerichtshof das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurück an das Bundespatentgericht verwiesen. Wegen der Gründe wird auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. April 2008 Bezug genommen BGH GRUR 2008, 1093). Im Rahmen des Zurückweisungsverfahrens erklärte die Beschwerdeführerin die Rücknahme der Anmeldung für die Waren "Geld" und "selbstklebende Folien und Bänder für dekorative Zwecke". Der Senat hat die Beschwerde der Anmelderin mit Beschluss vom 13. Mai 2009, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wiederum zurückgewiesen (BPatG GRUR 2010, 73). Im zugelassenen Rechtsbeschwerdeverfahren hat die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren hinsichtlich der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen weiterverfolgt. Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 31. März 2010 die angefochtene Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Zeichen für die noch in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Zwar sei auch in der jetzt angefochtenen Entscheidung (zutreffend) davon ausgegangen worden, dass dem angemeldeten Bildzeichen für die noch in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen keine beschreibende Bedeutung zukomme. Entgegen der Annahme des Bundespatentgerichts genüge aber allein der Umstand, dass sich gegenwärtig eine Verwendung von Porträtfotos als Marke bei den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen nicht habe feststellen lassen, nicht, um die Eignung des angemeldeten Zeichens, vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden zu werden, zu verneinen. Vielmehr bedürfe es auch in diesem Fall der auf allgemeine Erfahrungssätze und den festgestellten Tatsachen gestützten Prognose darüber, wie das angemeldete Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen mutmaßlich wahrgenommen werde, wenn es - innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist (vgl. § 49 MarkenG) -, wie von der Anmelderin beabsichtigt, zur Kennzeichnung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen benutzt werde. Entgegen der Auffassung des Bundespatentgerichts gehöre zu den bei der zu treffenden Prognose zu berücksichtigenden üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten auch, in welcher Art und Weise die Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren und Dienstleistungen üblicherweise verwendet, insbesondere wo sie angebracht würden. Durch solche Kennzeichnungsgewohnheiten werde die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs, ob ein Zeichen im Einzelfall als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Ware oder Dienstleistung verstanden werde, beeinflusst. Im Eintragungsverfahren setze die Annahme der Unterscheidungskraft nicht voraus, dass grundsätzlich jede denkbare Verwendung des Zeichens markenmäßig sein müsse. Es genüge, wenn es praktisch bedeutsame und naheliegende Möglichkeiten gebe, das angemeldete Zeichen bei den Waren und Dienstleistungen, für die es eingetragen werden soll, so zu verwenden, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden werde (BGH GRUR 2008, 1093 Rdnr. 22 - Marlene-Dietrich-Bildnis I). Im Regelfall kämen mehrere praktisch naheliegende und bedeutsame Verwendungsmöglichkeiten des Zeichens auf oder im Zusammenhang mit der betreffenden Ware oder Dienstleistung als Herkunftshinweis in Betracht. In diesem Falle könne der Anmelder auch nicht darauf verwiesen werden, seine Anmeldung auf eine einzige, eng umrissene Verwendung zu beschränken, etwa auf die Anbringung als Kennzeichnungsmittel an einer bestimmten Stelle der Ware (sog. Positionsmarke). Verbinde der Verkehr mit dem Zeichen bei derartigen Verwendungsmöglichkeiten keine bloß beschreibende Angabe über die Ware bzw. Dienstleistung selbst oder deren Eigenschaften, wie vom Bundespatentgericht für das angemeldete Bildzeichen im Hinblick auf die noch in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen festgestellt, könne ihm nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abgesprochen werden, selbst wenn es auch Verwendungsmöglichkeiten gebe, bei denen der Verkehr das Zeichen nicht als Herkunftshinweis verstehe. Für die einzelnen noch zur Beurteilung anstehenden Waren und Dienstleistungen ergebe sich danach Folgendes: - Für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen" habe sich nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts (nur) ein einziges weibliches Porträtbild der bekannten englischen Modeschöpferin und Designerin Vivienne Westwood für ein von ihr kreiertes Oberbekleidungsstück (Sportbluse/Weste) gefunden, das an der Innenseite der Knopfleiste unterhalb des Namenslabels "Vivienne Westwood" angebracht gewesen sei. Ersichtlich sei das Bundespatentgericht dabei - mit Recht - davon ausgegangen, dass der Verkehr in dieser Verwendung des betreffenden Bildes einen Herkunftshinweis sehe. Diese Wirkung sei offensichtlich nicht davon abhängig, dass das Bild gerade an der Innenseite der Knopfleiste angebracht sei. Nach der Lebenserfahrung lägen vergleichbare Verwendungsmöglichkeiten, wie beispielsweise die Anbringung des Zeichens an sonstigen Stellen der hier in Rede stehenden Waren, an denen sich üblicherweise (auch) Kennzeichnungsmittel befinden, oder die Benutzung auf Anhängern, Aufnähern und dergleichen sowie auf der Verpackung praktisch nahe. Sie rechtfertigten die Prognose, dass der Verkehr in dem so angebrachten angemeldeten Bildzeichen einen Herkunftshinweis sehen werde, auch wenn entsprechende tatsächliche Verwendungen ähnlicher Bildzeichen in der genannten Branche vom Bundespatentgericht noch nicht in einem nennenswerten Umfang hätten festgestellt werden können. - Hinsichtlich der Waren aus "Papier und Pappe" sowie "Tagebücher" bestehe nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts die Kennzeichnungsgewohnheit, dass betriebliche Herkunftshinweise hier entweder auf der Verpackung der Waren oder in sehr kleinem Format an einer unauffälligen Stelle, zumeist auf der unbedruckten Rückseite oder in einer Ecke, angebracht seien. Dass das angemeldete Bildzeichen vom Verkehr nicht als Herkunftshinweis verstanden werde, wenn es in dieser zur Kennzeichnung der Herkunft der genannten Waren üblichen Art und Weise auf diesen angebracht werde, habe das Bundespatentgericht nicht festgestellt. Der Umstand, dass bislang lediglich Wort- und Wort-/Bildzeichen zur Kennzeichnung dieser Waren benutzt würden und eine Verwendung von Porträtfotos nicht habe festgestellt werden können, stehe einem solchen Verkehrsverständnis nicht von vornherein entgegen. Danach könne auch für die Waren "Papier und Pappe" und "Tagebücher" nicht angenommen werden, dass dem angemeldeten Zeichen für diese Waren jegliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. - Bei "Gürteln" würden Herkunftshinweise nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts üblicherweise auf der Innenseite des Gürtels oder der Gürtelschnalle eingeprägt, oder es werde die Marke selbst als Gürtelschnalle verwendet. Auch hier erscheine es nach der Lebenserfahrung naheliegend, dass der Verkehr in dem angemeldeten Bildzeichen einen Herkunftshinweis sehe, wenn es etwa in vergleichbarer Weise auf die Innenseite des Gürtels eingeprägt werde. - Bei der Dienstleistung "sportliche Aktivitäten" scheide, wie das Bundespatentgericht mit Recht angenommen habe, eine Verwendung des angemeldeten Bildzeichens in der Weise aus, dass damit auf den Akteur hingewiesen werden solle, der bei der betreffenden sportlichen Veranstaltung auftrete oder der die sportliche Aktivität erbringe. Dies schließe es jedoch nicht aus, dass das angemeldete Bildzeichen geeignet sei, in anderer Form im Zusammenhang mit der Dienstleistung "sportliche Aktivitäten" auf die Herkunft des betreffenden Dienstleistungsangebots aus einem bestimmten Dienstleistungsunternehmen hinzuweisen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass bei Dienstleistungsmarken eine Benutzung in Form einer körperlichen Verbindung zwischen Zeichen und Produkt nicht in Betracht komme. Herkunftshinweisende Handlungen bestünden bei solchen Marken vielmehr regelmäßig in der Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie in der Benutzung auf Gegenständen, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangten, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen (vgl. BGH GRUR 2008, 616 Rdnr. 13 - AKZENTA). Schon die Vielfalt der insoweit in Betracht kommenden Kennzeichnungsmöglichkeiten stehe der Annahme entgegen, es gebe für das angemeldete Bildzeichen keine praktisch bedeutsame Möglichkeit, im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung "sportliche Aktivitäten" als Herkunftshinweis verwendet und vom Verkehr auch so verstanden zu werden. - Hinsichtlich der verbleibenden Waren und Dienstleistungen könne die Eintragung des angemeldeten Bildzeichens gleichfalls nicht nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt werden, weil das Bundespatentgericht auch insoweit nicht festgestellt habe, dass dem Zeichen für diese Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin, mit der sie eine Aufhebung des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2003 hinsichtlich der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen weiterverfolgt, hat in der Sache Erfolg. Nach der für den erkennenden Senat gemäß § 89 Abs. 4 Satz 2 MarkenG bindenden rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch den Bundesgerichtshof kann dem angemeldeten Bildzeichen die Eintragung als Marke für die noch in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen nicht versagt werden. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 31. März 2010 die Frage des Vorliegens eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG umfassend beurteilt. Nach seiner Ansicht fehlt dem angemeldeten Bildzeichen für die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Dies gilt ausweislich der oben dargestellten Gründe der Rechtsbeschwerdeentscheidung sowohl für die dort ausdrücklich aufgeführten Waren und Dienstleistungen (Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Gürtel; Waren aus Papier und Pappe; Tagebücher; sportliche Aktivitäten) als auch hinsichtlich der noch verbleibenden beanspruchten Waren der Klasse 25 (Sportbekleidung, Sportschuhe; Damenunterwäsche; Damenoberbekleidung; T-Shirts, Sweatshirts, Hemden und Blusen, Hosen, Röcke, Badebekleidung, Strandkleider, Kopfbedeckungen; Schlafanzüge und Nachtwäsche; Regenbekleidung; Pullover, Krawatten, Schals). Der angemeldeten Marke steht für die betreffenden Waren und Dienstleistungen auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Insoweit wird auf die nach wie vor heranzuziehenden Feststellungen des Senats hierzu in seinem Erstbeschluss vom 9. November 2005, die er auch seiner Entscheidung vom 13. Mai 2009 zugrunde gelegt hat und die in den beiden Rechtsbeschwerdeentscheidungen jeweils bestätigt wurden, verwiesen. Durch diese abschließende Beurteilung ist für den Senat insoweit kein Entscheidungsspielraum mehr gegeben. Neue, nach der letzten Rechtsbeschwerdeentscheidung entstandene tatsächliche Umstände, die ein Schutzhindernis begründen könnten und trotz der Bindungswirkung nach § 89 Abs. 4 Satz 2 MarkenG zu berücksichtigen wären, weil das Datum der letzten Entscheidung über die Eintragung der allein maßgebliche Zeitpunkt ist, vermag der Senat nicht festzustellen. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2003 war daher hinsichtlich der Zurückweisung der Anmeldung für die noch in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen aufzuheben.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007189
BPatG
München
35. Senat
20100909
35 W (pat) 12/09
Beschluss
§ 21 Abs 1 GebrMG, § 130 Abs 1 PatG, § 114 ZPO
DEU
Gebrauchsmusterbeschwerdeverfahren - Bedürftigkeit - Verfahrenskostenhilfe - Aufrechterhaltungsgebühren - Mutwilligkeit - mangelnde Verwertungsaussicht
In der Beschwerdesache … betreffend das Gebrauchsmuster … (hier: Verfahrenskostenhilfe für die 1. Aufrechterhaltungsgebühr) hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 9. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Müllner sowie die Richter Baumgärtner und Guth beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Beschwerdeführer) ist eingetragener Inhaber des Gebrauchsmusters … mit der Bezeichnung „… … …“. Im Eintragungsverfahren war ihm mit Beschluss vom 11. Januar 2006 Verfahrenskostenhilfe gewährt worden. Nachdem der Beschwerdeführer Verfahrenskostenhilfe für die 1. Aufrechterhaltungsgebühr beantragt hat, ist er mit Schreiben der Gebrauchsmusterstelle vom 15. September und 17. November 2008 aufgefordert worden, Erfolg versprechende Verwertungsversuche durch Belege nachzuweisen. Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 16. Oktober und vom 19. Dezember 2008 geantwortet. Mit Beschluss vom 13. Januar 2009 hat die Gebrauchsmusterstelle den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die erste Aufrechterhaltungsgebühr mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Rechtserhaltung mutwillig im Sinne des Verfahrenskostenhilferechts erscheine. Es seien keine ausreichenden Verwertungsnachweise vorgelegt worden. Eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung des Gebrauchsmusters sei nicht wahrscheinlich, eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters entspräche offensichtlich nicht mehr den Grundsätzen wirtschaftlichen Handeln. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die erste Aufrechterhaltungsgebühr weiterverfolgt. Er trägt im Wesentlichen vor, dass er seine Verwertungsversuche an mittelständische Unternehmen in Nordrhein-Westfalen gerichtet habe, die ihm aber wegen der gesamtwirtschaftlichen Lage hinsichtlich der Verwertung des Gebrauchsmusters keine Zusagen hätten machen können und mittlerweile durch Insolvenz nicht mehr am Markt seien. Daher beantrage er die Verfahrenskostenhilfe mit Nachdruck, weil er mit einem eigenen zu gründenden Unternehmen die Verwertung selbst in Angriff nehmen werde. Er werde sich diesbezüglich an die Wirtschaftsförderung der Stadt Bochum wenden. Einen Geschäftsplan habe er in größten Teilen bereits fertig gestellt. Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß, den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Januar 2009 aufzuheben und ihm Verfahrenskostenhilfe für die 1. Aufrechterhaltungsgebühr für das Gebrauchsmuster 20 2005 012 492 zu gewähren. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da die weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters mutwillig im Sinne von § 114 ZPO erscheint. Dem Inhaber eines Gebrauchsmusters kann auf Antrag gemäß § 21 Abs. 1 GebrMG i. V. m. § 130 Abs. 1 S. 2 PatG Verfahrenskostenhilfe für die Aufrechterhaltungsgebühren gewährt werden. Bei der Entscheidung über die Bewilligung ist - wie in allen Fällen der Verfahrenskostenhilfe - § 114 ZPO entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift muss die mit dem Verfahrenskostenhilfeantrag beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Erfolg versprechend sein und darf nicht mutwillig erscheinen. Diese Einschränkungen sind erforderlich, um den Einsatz öffentlicher Mittel zur Verfahrensführung nur in rechtlich und wirtschaftlich sinnvollen Fällen zu gewährleisten. Denn das im Grundgesetz verankerte Rechtsstaatsprinzip gebietet es nur, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes einander anzunähern, nicht gleichzustellen. Ob eine an sich erfolgreiche Rechtsverfolgung oder -verteidigung mutwillig im Sinne des § 114 ZPO erscheint, entscheidet sich nach h. M. danach, ob auch eine nicht bedürftige Person bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage ihr Recht im Verfahren in derselben Weise wahrnehmen würde wie der Antragsteller (vgl. Busse PatG, 6. Aufl. 2003, § 130 Rn. 34 m. w. N.; Schulte, PatG, 7. Aufl. 2005, § 130 Rn. 53; vgl. auch BPatG BlPMZ 1997, 443 m. w. N.; BPatG GRUR 1998, 42). Mutwilligkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der nicht von einem fest umrissenen Sachverhalt ausgefüllt wird, sondern stets fallbezogen wertend überprüft werden muss. Kann auf Grund der vorliegenden Tatsachen nicht angenommen werden, dass ein vermögender Gebrauchsmusterinhaber wie der Antragsteller handeln würde, ist in wertender Erkenntnis auf das Vorliegen mutwilligen Verhaltens zu schließen. Ein exakter Nachweis ist dabei nicht erforderlich, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung "nicht mutwillig erscheint" ergibt (BPatG BlPMZ a. a. O. m. w. N.). Nach den hier zur Bewertung vorliegenden Umständen scheidet eine weitere Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters im Wege der Verfahrenskostenhilfe aus. Die Rechtswahrnehmung des Beschwerdeführers entspricht bei objektiver Betrachtung nicht der einer vermögende Person in derselben Situation. Die Gebrauchsmusterabteilung hat bei der Zurückweisung des Antrags insoweit zu Recht darauf abgestellt, dass der Beschwerdeführer bisher keine Belege dafür vorgelegt hat, aus denen sich ernsthafte, d. h. Erfolg versprechende Versuche des Beschwerdeführers erkennen lassen, das Streitgebrauchsmuster wirtschaftlich zu verwerten. Im Fall der Aufrechterhaltungsgebühren geht es um den weiteren Bestand des Schutzrechts, so dass sich die Frage, ob die Beantragung von Verfahrenskostenhilfe mutwillig ist oder nicht, danach beurteilt, wie sich ein nicht bedürftiger Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich seines Schutzrechts während dessen bisheriger Laufzeit verhalten hätte. Ziel eines technischen Schutzrechts ist in erster Linie dessen wirtschaftliche Verwertung. Dies spiegelt sich u. a. in der Schutzvoraussetzung der gewerblichen Anwendbarkeit (§ 3 Abs. 2 GebrMG) und auch in den mit der Eintragung verbundenen Benutzungs- und Verbietungsrechten (§ 11 GebrMG) wider. Daher wird sich ein nicht hilfsbedürftiger Gebrauchsmusterinhaber nach Eintragung seines Schutzrechts um dessen wirtschaftliche Nutzung bemühen. Davon geht ersichtlich auch der Beschwerdeführer aus, wie sich aus seinem Vortrag ergibt. Jedoch enthält sein Vorbringen keinerlei Hinweise darauf, dass eine realistische Chance für eine Verwertung besteht. Die einzigen Belege, die er im laufenden Verfahren vorgelegt hat, sind das mit „KOOPERATION MIT BETRIEBEN DER METALLBAUER-INNUNG BOCHUM“ überschriebene Schreiben der Kreishandwerkerschaft Bochum vom 27. Februar 2008, in dem deren Geschäftsführer den Eingang eines Schreibens des Beschwerdeführers vom 31. Januar 2008 bestätigt und dessen Weitergabe an einen Kreishandwerkermeister zur Bearbeitung und Stellungnahme, sowie ein weiteres Schreiben der Wirtschaftsförderung der Stadt Bochum vom 16. Dezember 2008. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Denn zum einen hat der Beschwerdeführer den Inhalt seines Schreibens vom 31. Januar 2008 nicht näher erläutert, so dass sich daraus kein Verwertungsversuch des verfahrensgegenständlichen Gebrauchsmusters herleiten lässt. Ebenso wenig hat der Beschwerdeführer das Ergebnis der Stellungnahme des Kreishandwerkermeisters vorgetragen oder das Ergebnis seiner Kooperationsbemühungen. Aus dem Schreiben der Stadt Bochum vom 16. Dezember 2008 ergibt sich lediglich, dass dort keine Möglichkeit besteht, die Verwertbarkeit des Gebrauchsmusters zu prüfen. Eine Gesamtschau der vorhandenen Tatsachen ergibt für eine wirtschaftliche Nutzung des Gebrauchsmusters daher keine hinreichende Wahrscheinlichkeit. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer geplante eigene Unternehmensgründung, die angesichts seiner wirtschaftlichen Lage nicht realisierbar sein dürfte und damit ebenfalls keine konkrete Verwertungsmöglichkeit für das Gebrauchsmuster bedeutet. Auf eine bloß theoretisch mögliche Verwertungsaussicht kann nicht abgestellt werden. Angesichts der bestehenden Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein vermögender Gebrauchsmusterinhaber bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage, d. h. der Aussichtslosigkeit einer wirtschaftlichen Verwertung, weitere Mittel einsetzen würde, um das Streitgebrauchsmuster aufrecht zu erhalten, von dem keinerlei wirtschaftliche Vorteile zu erwarten sind und bei dem deswegen die Aufrechterhaltungsgebühr von vornherein verlorene Kosten bedeutet. Allein für die bloße weitere Existenz des Gebrauchsmusters kann Verfahrenskostenhilfe nicht beansprucht werden.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007191
BPatG
München
25. Senat
20101012
25 W (pat) 6/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "BIOTEEMANUFAKTUR (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 020 955.0 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom vom 28. Oktober 2008 und vom 23. Oktober 2009 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "pharmazeutische Erzeugnisse; Heilöle; Hustenbonbons und Hustenpastillen; Gemüse in verarbeiteter Form; Kräuterbonbons nicht für medizinische Zwecke; Flüssigwürze, Würzzubereitungen für Nahrungsmittel; frisches Obst und frisches Gemüse, frische Früchte, frische Pilze; Trockenpflanzen für Dekorationszwecke" zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist am 31. März 2008 für die Waren und Dienstleistungen "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Heilöle; Tees für medizinische Zwecke, Heiltees, Heilkräutertees; Heilkräuterextrakte, Schlankheitstee für medizinische Zwecke, medizinische Tees, insbesondere medizinische Kräutertees, Hustenbonbons und Hustenpastillen; Wurzeln mit medizinischer Wirkung; Baumrinde für pharmazeutische Zwecke; diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Diätnahrungsmittel und Diätgetränke für medizinische Zwecke; konserviertes und/oder getrocknetes Obst und Gemüse, konservierte, getrocknete, kandierte und/oder gekochte Früchte, Früchtescheiben, Früchteschalen oder Früchtemischungen; Gemüse in verarbeiteter Form und Pflanzenextrakte; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; Tee, Früchtetees, Vanilletee, Kräutertees (nicht für medizinische Zwecke); Getränke auf der Basis von Tee; flüssige und/oder trockene Extrakte und Präparate, insbesondere Instantpulver, zur Herstellung von Kaffee-, Tee-, Cappuccino- und Kakaogetränken, lose verpackter Tee, Teebeutel und Teebeutel in Kartons, alle vorgenannten Waren auch für diätetische Zwecke; Kräuterbonbons nicht für medizinische Zwecke; Gewürze sowie deren Pulver und Extrakte, Gewürzmischungen, insbesondere Kräuter enthaltende Gewürzmischungen; Flüssigwürze, Würzzubereitungen für Nahrungsmittel; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; getrocknete und/oder konservierte Küchenkräuter, sowie deren Pulver und Extrakte; Kräutermischungen, Kräuterextrakte, Heilkräuter nicht für medizinische Zwecke, Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; frisches Obst und frisches Gemüse, frische Früchte, frische Pilze und frische Kräuter, insbesondere Küchenkräuter für nichtmedizinische Zwecke; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Setzlinge; Wurzeln für Nahrungszwecke; rohe Baumrinde; Trockenpflanzen für Dekorationszwecke; Geschäftsführung; Marketing, Marktforschung und Marktanalyse; Produktdesign, nämlich Layoutgestaltung für Werbezwecke sowie Entwicklung von Markenkonzeptionen; Unternehmensberatung, Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere beim Anbau, der Ernte, der Verarbeitung und Lagerung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, insbesondere von Kräutern und Gewürzen; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte; Abfüllen von Kräutern, Gewürzen und Tee in Beutel, Tüten und andere Verpackungseinheiten; Schneiden, Sieben, Mischen und Rebeln von Kräutern, Gewürzen und Tee" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse ist die Anmeldung durch zwei Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Oktober 2008 und vom 23. Oktober 2009, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen worden, weil der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren bereits das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Die angemeldete Bezeichnung stelle einen bloßen Hinweis auf einen Betrieb im Übergangsstadium vom Handwerk zur Fabrik, bei dem es im Wesentlichen um Biotee gehe, dar. Sie wirke in Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich als  Sachhinweis auf deren Vertriebsweg bzw. - was die beanspruchten Dienstleistungen betreffe - dass diese eine entsprechende Manufaktur zum Gegenstand oder Thema hätten oder sonst in einem bestimmten herauszuhebenden Zusammenhang mit einer solchen Bioteemanufaktur stünden. In diesem Sinne werde die Bezeichnung vom Verkehr auch ohne weiteres verstanden, zumal zwar nicht die Begriffsbildung "Bioteemanufaktur", so jedoch "Teemanufaktur", "Biomanufaktur" und insbesondere "Biotee" nachweisbar seien. Auch unter Einbeziehung der vorhandenen grafischen Ausgestaltung fehle es der verfahrensgegenständlichen Marke an Unterscheidungskraft, da diese sich im Rahmen des in der modernen Werbegrafik absolut Üblichen und Gebräuchlichen halte. Gerade im Bereich der "Bio-Produkte" sei es verbreiteter Standard, irgendwelche Bestandteile von Pflanzen, so insbesondere Blätter o. ä. und auch die Farbe "Grün" zu verwenden. Im Übrigen hebe die konkrete farbliche Gestaltung des Anmeldezeichens dessen Einzelbestandteile "BIO", "TEE" und "MANUFAKTUR" noch hervor. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Oktober 2008 und vom 23. Oktober 2009 aufzuheben und die angemeldete Wort-/Bildmarke 30 2008 020 955.0 "BIOTEEMANUFAKTUR" für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einzutragen. Der Wortbestandteil "Bioteemanufaktur" sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es genüge insoweit nicht, dass die Waren und Dienstleistungen in irgendeinem Zusammenhang mit Tee stünden. Abgesehen wiesen auch viele Waren und Dienstleistungen keine Berührungspunkte zu Tee auf. Zudem handele es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung, welches nicht zuletzt wegen der farbigen Aufmachung sowie der unüblichen Schriftart eine charakteristische, zur Erfüllung der Herkunftsfunktion geeignete Gestaltung aufweise. Die Markenstelle sei zudem verpflichtet gewesen, vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung vom 12. Februar 2009 - C-39/08, 43/08 einen Vergleich der angemeldeten Marke mit bereits eingetragenen vergleichbaren Zeichen vorzunehmen. Dies umso mehr, als die Anmelderin auf ähnliche, zur Eintragung gelangte Marken hingewiesen habe und auch die Markenstelle selbst in ihrem Beschluss vom 23. Oktober 2009 auf die eingetragene Marke "TeeManufakturSylt" hingewiesen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat nur insoweit teilweise Erfolg, als einer Eintragung der angemeldeten Marke für die im Tenor genannten Waren Schutzhindernisse nicht entgegenstehen; im Übrigen ist die Beschwerde in Bezug auf die weiteren beanspruchten Waren und Dienstleistungen unbegründet. 1. Der Senat teilt die Auffassung der Markenstelle, dass die angemeldete Bezeichnung im Zusammenhang mit dem überwiegenden Teil der beanspruchten Waren und Dienstleistungen, nämlich "Präparate für die Gesundheitspflege; Tees für medizinische Zwecke, Heiltees, Heilkräutertees; Heilkräuterextrakte, Schlankheitstee für medizinische Zwecke, medizinische Tees, insbesondere medizinische Kräutertees, Wurzeln mit medizinischer Wirkung; Baumrinde für pharmazeutische Zwecke; diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Diätnahrungsmittel und Diätgetränke für medizinische Zwecke; konserviertes und/oder getrocknetes Obst und Gemüse, konservierte, getrocknete, kandierte und/oder gekochte Früchte, Früchtescheiben, Früchteschalen oder Früchtemischungen; Pflanzenextrakte; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; Tee, Früchtetees, Vanilletee, Kräutertees (nicht für medizinische Zwecke); Getränke auf der Basis von Tee; flüssige und/oder trockene Extrakte und Präparate, insbesondere Instantpulver, zur Herstellung von Kaffee-, Tee-, Cappuccino- und Kakaogetränken, lose verpackter Tee, Teebeutel und Teebeutel in Kartons, alle vorgenannten Waren auch für diätetische Zwecke; Gewürze sowie deren Pulver und Extrakte, Gewürzmischungen, insbesondere Kräuter enthaltende Gewürzmischungen; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten; getrocknete und/oder konservierte Küchenkräuter, sowie deren Pulver und Extrakte; Kräutermischungen, Kräuterextrakte, Heilkräuter nicht für medizinische Zwecke, Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; frische Kräuter, insbesondere Küchenkräuter für nichtmedizinische Zwecke; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Setzlinge; Wurzeln für Nahrungszwecke; rohe Baumrinde; Geschäftsführung; Marketing, Marktforschung und Marktanalyse; Produktdesign, nämlich Layoutgestaltung für Werbezwecke sowie Entwicklung von Markenkonzeptionen; Unternehmensberatung, Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere beim Anbau, der Ernte, der Verarbeitung und Lagerung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, insbesondere von Kräutern und Gewürzen; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte; Abfüllen von Kräutern, Gewürzen und Tee in Beutel, Tüten und andere Verpackungseinheiten; Schneiden, Sieben, Mischen und Rebeln von Kräutern, Gewürzen und Tee" nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle insoweit zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 [Tz. 30, 31] -Henkel; BGH GRUR 2006, 850 [Tz. 17] - FUSSBALL WM 2006). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdn. 42). Dabei ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei es insbesondere auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen ankommt (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 ff.). Von den beanspruchten Waren der Klasse 30 werden die allgemeinen Verkehrskreise angesprochen "Biotee" bezeichnet Tee aus biologischem Anbau. Eine "Manufaktur" ist ein gewerblicher Großbetrieb, in dem Waren serienweise mit starker Spezialisierung u. Arbeitsteilung, aber doch im Wesentlichen in Handarbeit hergestellt werden (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 1112). Der Begriff Manufaktur im Sinne von Handfertigung wird heute dabei verbunden mit hoher Qualität, Luxusgegenständen und Exklusivität und deshalb gerne für hochpreisige Waren eingesetzt. So betreibt z. B. Mercedes Benz betreibt die "Maybach-Manufaktur", Volkswagen fertigt den VW Phaeton in der "Gläsernen Manufaktur". Durch die Verwendung dieses Begriffs soll dabei in werbeüblicher Weise die Abgrenzung zu einer für das Publikum unattraktiven Massenproduktion zum Ausdruck gebracht und ein besonderer Qualitätsanspruch für die jeweiligen Produkte oder Dienstleistungen in Anspruch genommen werden (vgl. BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 107/07 v. 29. August 2007 - Menü Manufaktur). Die der Anmelderin mit Verfügung vom 2. August 2010 übersandte ergänzende Recherche des Senats belegt, dass der Begriff der Manufaktur in einem nahezu unüberschaubaren Maße auch im Bereich der Lebensmittel verwendet wird, um auf die qualitativ hochwertige Herstellung von Lebensmitteln in einer Manufaktur hinzuweisen, wobei dies für Nudeln, Brot, Backwaren, Schokolade, Lebkuchen, Marmeladen und Konfitüren, Gewürze, Senf, Kaffee und beinahe jedes beliebige Lebensmittel gilt. Die Recherche verdeutlicht zudem, dass gerade bei Genußmitteln wie Tee, Schokolade oder auch Kaffee die Betreiber solcher Manufakturen ihre Produkte häufig in mit den Fertigungsstätten oftmals direkt verbundenen Geschäften vertreiben, der Begriff "Manufaktur" daher insoweit sowohl die Produktions- als auch die Vertriebsstätte der jeweiligen Waren benennt. Der Begriff "Teemanufaktur" wird daher vom Verkehr sofort und ohne weiteres als Bezeichnung eines Betriebes, in dem fertig zubereitete Tee- und Teemischgetränke sowie Tee(mischungen) aus getrockneten Blättern der Teepflanze bzw. aus getrockneten Kräutern, Früchten oder sogar Gewürzen (sog. Kräuter-, Früchte oder Gewürztee) hergestellt und/oder vertrieben werden, verstanden. Die der Anmelderin als Anlage 2 zur Verfügung vom 2. August 2010 übersandte Recherche belegt auch eine entsprechende Verwendung dieses Begriffs in diesem Sinne. Vor diesem Hintergrund wird der Verkehr die als zusammengesetztes Hauptwort gebildete Wortkombination "BIOTEEMANUFAKTUR" im Zusammenhang mit "Tee" sowie sämtlichen weiteren beanspruchten Waren, die Tee enthalten können - wobei der Warenoberbegriff "Tee" dem allgemeinen Sprachverständnis entsprechend sowohl Aufgussgetränke aus getrockneten Blättern der Teepflanze als auch solche aus getrockneten Kräutern, Früchten oder Gewürzen umfasst -, lediglich einen branchenüblichen, beschreibenden Hinweis auf die Herstellungs- und/oder Vertriebsstätte sowie auf die Beschaffenheit (aus biologischem Anbau) der Waren entnehmen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob "Tee" als solcher oder als wesentlicher Bestandteil von (Misch )Getränken verwendet wird bzw. ob er für Zwecke des Genusses (Klasse 30) oder für medizinische Zwecke (Klasse 5) bestimmt ist. Betroffen sind daher die Waren "Tees für medizinische Zwecke, Heiltees, Heilkräutertees; Heilkräuterextrakte, Schlankheitstee für medizinische Zwecke, medizinische Tees, insbesondere medizinische Kräutertees, Tee, Früchtetees, Vanilletee, Kräutertees (nicht für medizinische Zwecke); Getränke auf der Basis von Tee; flüssige und/oder trockene Extrakte und Präparate, insbesondere Instantpulver, zur Herstellung von Teegetränken, lose verpackter Tee, Teebeutel und Teebeutel in Kartons, alle vorgenannten Waren auch für diätetische Zwecke" sowie die - oberbegrifflich auch (Kräuter- und/oder Früchte-)Tee enthaltende (Diät )Getränke umfassenden - Waren "diätetische Lebensmittel zur Gesundheitspflege auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination; Diätnahrungsmittel und Diätgetränke für medizinische Zwecke; …. diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fetten, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; …. diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten", zudem die beanspruchten "Präparate für die Gesundheitspflege", da unter diesen weiten Oberbegriff auch medizinische Tees bzw. Arzneimitteltees fallen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Bezeichnungen allgemeiner Fertigungs- bzw. Verkaufsstätten in der Regel nicht gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur unmittelbaren Beschreibung von dort vertriebenen Waren geeignet sind (vgl. dazu BGH GRUR 1999, 988, 989 - HOUSE OF BLUES), stellen sie gleichwohl für diese Waren keine unterscheidungskräftigen Angaben im Sinne konkreter betrieblicher Herkunftshinweise dar, da sie vom Verkehr nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 64 m). Nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH wie auch des BGH ist Unterscheidungskraft nicht nur solchen Angaben abzusprechen ist, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen; vielmehr kann diese auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild). So mangelt es vor allem auch solchen Angaben an einer (hinreichenden) Unterscheidungskraft, die sich auf Umstände beziehen, die zwar die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren und Dienstleistungen sieht (vgl. BGH MarkenR 2009, 163, 163 [Tz. 9] - STREETBALL; GRUR 2008, 1093, 1094 [Tz. 15] - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). So verhält es sich auch hier. Denn wenn eine Bezeichnung wie "BIOTEEMANUFAKTUR" in Zusammenhang mit den vorgenannten Waren in erster Linie als Umschreibung eines Ortes verstanden wird, an dem üblicherweise die betroffenen Waren hergestellt und/oder vertrieben werden, ist sie nicht geeignet, den Bezug zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb herzustellen und die Waren dieses konkreten Unternehmens von denen anderer, auf demselben Gebiet tätiger Firmen markenmäßig abzugrenzen. Der Verkehr wird dementsprechend auch die hier maßgebliche Begriffsbildung "BIOTEE-MANUFAKTUR" nicht als Hinweis auf eine bestimmte individuelle betriebliche Herkunft für diese Waren auffassen, sondern darin einen glatt beschreibenden Hinweis darauf erkennen, dass diese aus irgendeiner "BIOTEEMANUFAKTUR" stammen. Auch für die Waren, die als Bestandteil von Teemischungen in Betracht kommen wie z. B. getrocknete Früchte, Kräuter, Gewürze ("Gewürztee"), erschöpft sich der Begriff "BIOTEEMANUFAKTUR" aus den vorgenannten Gründen in einem Hinweis auf die Beschaffenheit ("BIO") sowie den Herstellungs- und Vertriebsort der daraus hergestellten Produkte, so dass der Verkehr darin auch im Zusammenhang mit diesen Waren keinen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird. Dies betrifft die Waren "konserviertes und/oder getrocknetes Obst und Gemüse, konservierte, getrocknete, kandierte und/oder gekochte Früchte, Früchtescheiben, Früchteschalen oder Früchtemischungen; Pflanzenextrakte; Gewürze sowie deren Pulver und Extrakte, Gewürzmischungen, insbesondere Kräuter enthaltende Gewürzmischungen; getrocknete und/oder konservierte Küchenkräuter, sowie deren Pulver und Extrakte; Kräutermischungen, Kräuterextrakte, Heilkräuter nicht für medizinische Zwecke" Tee kann ferner aus (spezieller) Baumrinde sowie aus bzw. unter Verwendung von (getrockneten) Wurzeln, frischen Kräutern wie z. B. Kamillenblüten, Salbeiblätter, aber auch Haferkörnern oder Tannensprossen zubereitet werden, so dass der angemeldeten Bezeichnung auch in Bezug auf "Wurzeln mit medizinischer Wirkung; Baumrinde für pharmazeutische Zwecke; Land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; frische Kräuter, insbesondere Küchenkräuter für nichtmedizinische Zwecke; Sämereien, lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Setzlinge; rohe Baumrinde" jeglicher betriebskennzeichnender Charakter fehlt. Von Bedeutung ist weiterhin, dass vor allem die Betreiber von Tee-, Kaffee- oder Schokoladenmanufakturen sich häufig nicht nur auf einen Verkauf und Vertrieb der von ihnen manufakturmäßig hergestellten Produkte beschränken, sondern regelmäßig auch Waren vertreiben, die mit diesen häufig gemeinsam konsumiert werden oder auch auch als Genußmittel demselben Verwendungszweck dienen. So werden z. B. Tee und Kaffee als vorrangig dem Genuß dienende Lebensmittel häufig in gemeinsamen Verkaufs- oder Versandgeschäften angeboten, wie die dem Anmelder als Anlage 3 zur Verfügung vom 2. August 2010 übersandte Recherche verdeutlicht. Die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise werden die Bezeichnung "BIOTEE-MAUFAKTUR" dann aber auch in Bezug auf "flüssige und/oder trockene Extrakte und Präparate, insbesondere Instantpulver, zur Herstellung von Kaffee-, Cappuccino- und Kakaogetränken" nicht als Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der so bezeichneten Produkte, sondern nur als gattungsmäßige (Etablissement-)Bezeichnung des Ortes, an dem sie erworben werden können, ansehen. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen "Geschäftsführung; Marketing, Marktforschung und Marktanalyse; Produktdesign, nämlich Layoutgestaltung für Werbezwecke sowie Entwicklung von Markenkonzeptionen; Unternehmensberatung, Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere beim Anbau, der Ernte, der Verarbeitung und Lagerung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen, insbesondere von Kräutern und Gewürzen; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte; Abfüllen von Kräutern, Gewürzen und Tee in Beutel, Tüten und andere Verpackungseinheiten; Schneiden, Sieben, Mischen und Rebeln von Kräutern, Gewürzen und Tee" erschöpft sich die Wortkombination "BIOTEEMANUFAKTUR" in einem Hinweis auf Gegenstand, Inhalt und Thematik der Dienstleistungen, da sie alle für oder auch in einer solchen Manufaktur erbracht werden können bzw. sich inhaltlich/thematisch damit beschäftigen können. "BIOTEEMANUFAKTUR" erschöpft sich damit in Bezug auf sämtliche vorgenannten Waren und Dienstleistungen in einer sprach- und werbeüblichen Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einem verständlichen, schlagwortartigen Hinweis auf Herstellungs- und/oder Vertriebsstätte der vorgenannten Waren bzw. Gegenstand und Inhalt der Dienstleistungen. Alle Bestandteile der Wortkombination werden entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 Nr. 39 - 41 - BIOMILD). Soweit "BIOTEEMANUFAKTUR" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Unterscheidungskraft aufweist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), weist das angemeldete Zeichen auch nicht wegen seiner grafischen Ausgestaltung die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Zwar kann ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis durch eine besondere bildliche oder graphische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden. Einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbildes, an die der Verkehr gewöhnt ist, vermögen in der Regel den beschreibenden Charakter einer Angabe jedoch nicht zu beseitigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form um so weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren erkennbar ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153, 1154 antiKALK; früher schon BPatG GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION; s. auch BPatG 2007, 324, 326 Kinder (schwarz-rot)). Für glatt beschreibende Angaben wie "BIOTEEMANUFAKTUR" bedürfte es deshalb einer über eine allgemein übliche Gebrauchsgrafik hinausgehenden, phantasievollen Ausgestaltung, um von der durch die Zeichenwörter vermittelten Sachaussage wegzuführen und ein Verständnis im Sinne eines betrieblichen Herkunftshinweises zu ermöglichen. Zutreffend hat die Markenstelle jedoch festgestellt, dass die grafischen Gestaltungselemente sich im Rahmen des in der modernen Werbegrafik absolut Üblichen und Gebräuchlichen halten, vor allem im Bereich der "Bio-Produkte" es ein allgemein üblicher und verbreiteter Standard ist, Bestandteile von Pflanzen wie z. B. Blätter o. ä. und auch die Farbe "Grün" zu verwenden, so dass diese die Wortelemente lediglich illustrierende Ausgestaltung dem Verkehr kein Anlass gibt, darin einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. Soweit der Anmelder sich auf eine seiner Auffassung nach vergleichbare Voreintragung einer Marke "TeeManufaktur Sylt" beruft, mit der sich die Markenstelle im Wege einer Vergleichsprüfung hätte auseinandersetzen müssen, ist zunächst anzumerken, dass eine solche Wortmarke nicht existiert, sondern nur eine unter der Nr. 301 51 122 eingetragene Wort-/Bildmarke, welche neben dem vorgenannten Wortbestandteil den individualisierenden Namenszusatz "Ernst Janssen" enthält und daher bereits aus diesem Grunde mit der vorliegenden Anmeldung nicht vergleichbar ist. Auch bei den weiteren von dem Anmelder vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 8. Januar 2009 benannten Marken handelt es sich um Wort-/Bildmarken, deren Eintragung auf der grafischen Ausgestaltung beruhen kann. Jedenfalls bieten sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Markenstelle allein die jeweiligen Wortelemente als schutzbegründende angesehen hat, so dass bereits aus diesem Grunde eine Auseinandersetzung mit diesen Eintragungen nicht möglich ist. Zudem sind in der Vergangenheit eine Reihe von Wortmarken mit dem Bestandteil "Manufaktur" und einer Orts- und/oder Sachgebietsangabe nicht zur Eintragung gelangt (z. B. 30 2009 0758794 - Kieler Spirituosen Manufaktur; 30 2009 0393281 - Natur Duft Manufaktur; 30 2009 0346917 - Pforzheimer Trauring-Manufaktur). Unabhängig davon ist in (verfahrens-)rechtlicher Hinsicht zu berücksichtigen, dass der EuGH in der Entscheidung "Bild.T-Online u. ZVS" (GRUR 2009, 667, Tz. 17) entgegen der Auffassung des Anmelders keine allgemeine Verpflichtung der zuständigen nationalen Registerbehörden oder der zur Entscheidung berufenen Gerichte zu einem Vergleich der angemeldeten Marke mit den im Register eingetragenen vergleichbaren Marken aufgestellt hat. Die Äußerung zur Berücksichtigung von Voreintragungen gilt nach EuGH nur dann, wenn die zur Entscheidung berufene Stelle in dieser Hinsicht über entsprechende Informationen verfügt. Solche Informationen fehlen aber bei bloßen Eintragungen regelmäßig - was auch auf die von dem Anmelder genannten "Vergleichsmarken" zutrifft -, weil die Eintragungsentscheidungen in aller Regel nicht begründet sind. Der bloße Umstand der Eintragung ermöglicht keine sachlich-argumentative Auseinandersetzung mit der Eintragungsentscheidung. Entgegen der Auffassung des 29. Senats des Bundespatentgerichts (vgl. dazu BPatG GRUR 2009, 683, 684 - SCHWABENPOST und GRUR 2009, 1173, 1174 - Freizeit-Rätsel-Woche) verbieten sich daher in den Verfahren vor den Markenstellen (ebenso wie im Verfahren vor dem Bundespatentgericht) grundsätzlich Äußerungen zur Schutzfähigkeit von im Register eingetragenen Marken (vgl. dazu zutreffend BPatG 2009, 1175, 1180 - Burg Lissingen mit eingehender Begründung zu diesem Problemkreis). Gegenstand der Prüfung nach § 37 MarkenG sind ausschließlich die jeweils im konkreten Verfahren angemeldeten Marken. Durch die Nennung von Voreintragungen vermeintlich gleicher oder vergleichbarer Marken werden diese nicht verfahrensgegenständlich. Die markenrechtlichen Verfahrensbestimmungen sehen auch keine Möglichkeit einer Beteiligung von Inhabern entsprechend genannter Drittmarken vor. Schon aus diesem Grund kann es auch aus verfassungs- und verfahrensrechtlichen Gründen keinem Zweifel unterliegen, dass sich abschließende oder vermeintlich abschließende Äußerungen zur Schutzfähigkeit eingetragener Marken verbieten. Die Beurteilung der Schutzunfähigkeit eingetragener Marken aus absoluten Gründen bleibt vielmehr ausschließlich dem dafür vorgesehenen Löschungsverfahren nach §§ 50, 54 MarkenG vorbehalten (vgl. dazu auch die Senatsentscheidung MarkenR 2010,145 - Linuxwerkstatt). 2. Hinsichtlich der übrigen, im angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Waren "pharmazeutische Erzeugnisse; Heilöle; Hustenbonbons und Hustenpastillen; Gemüse in verarbeiteter Form; Kräuterbonbons nicht für medizinische Zwecke; Flüssigwürze, Würzzubereitungen für Nahrungsmittel; frisches Obst und frisches Gemüse, frische Früchte, frische Pilze Trockenpflanzen für Dekorationszwecke" liegen dagegen keine Eintragungshindernisse vor. Wenngleich "Tee" eine pharmakologische Wirkung haben kann, handelt es sich gleichwohl nicht um eine pharmazeutisches Erzeugnis. Die übrigen Waren können zwar teilweise wie z. B. "frisches Obst" und "frische Früchte" als Zutat für (fertige) Teegetränke verwendet werden; aus ihnen wird jedoch - anders als bei getrockneten Früchten, Kräutern etc. - das Teegetränk nicht direkt gewonnen noch handelt es sich bei diesen Waren um typische Zutaten von Teemischungen. Der Senat vermag in Bezug auf  "Heilöle; Hustenbonbons und Hustenpastillen" auch nicht festzustellen, dass "Teemanufakturen" bzw. -geschäfte neben Teeprodukten andere Gesundheits- oder Wellnessprodukte jedenfalls in einem solchen Umfang mitvertreiben, dass der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung ohne weiteres einen Hinweis auf die Vertriebs- bzw. Verkaufsstätte dieser Produkte erkennt. Die angemeldete Bezeichnung eignet sich daher in Bezug auf diese Waren weder als Angabe zur Beschaffenheit bzw. zum Bestimmungs- und Verwendungszweck der betreffenden Waren im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch weist die Bezeichnung in Bezug auf diese Waren einen derart hinreichend engen beschreibenden Bezug auf, wie ihn der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung als Voraussetzung für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fordert.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007208
BPatG
München
10. Senat
20100923
10 W (pat) 17/09
Beschluss
§ 34 Abs 3 Nr 1 PatG, § 34 Abs 3 Nr 2 PatG, § 34 Abs 3 Nr 4 PatG, § 35 Abs 2 S 1 PatG, § 35 Abs 2 S 2 PatG, § 126 PatG
nachgehend BGH, 18. Juli 2011, Az: X ZB 10/10, Beschluss
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – zur Frage der Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anmeldetags in Fällen fehlerhafter oder unvollständiger deutscher Übersetzungen - zur Frage der Gleichstellung mit einer gänzlich fehlenden Übersetzung
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2008 032 908.8 (wegen Übersetzungserfordernis, § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG) hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 23. September 2010 durch den Vorsitzenden Richter Schülke, die Richterin Püschel und den Richter Eisenrauch beschlossen: 1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle 1.55 - vom 5. März 2009 aufgehoben. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I. Am 12. Juli 2008 meldete die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in englischer Sprache eine Erfindung mit der Bezeichnung "Method and device for forecasting/detecting polishing end point and method and device for monitoring realtime film thickness" (Verfahren und Vorrichtung zur Vorherbestimmung/Detektierung des Polierendpunkts und Verfahren und Vorrichtung zur Aufzeichnung der Filmdicke in Echtzeit) zum Patent an. Zu der Anmeldung gehören 26 Patentansprüche. Die Ansprüche 1, 3, 9, 11, 12, 16-18 und 20-23 sind nebengeordnet, die übrigen Ansprüche unmittelbar oder mittelbar auf diese rückbezogen. Am 10. Oktober 2008 reichte die Anmelderin die deutsche Übersetzung der Anmeldung nach. In dieser Übersetzung waren vom Patentanspruch 13 nur die ersten drei, den Rückbezug angebenden, Zeilen enthalten, die Ansprüche 14 bis 26 fehlten vollständig. Mit Schriftsatz vom 13. November 2008, eingegangen am 17. November 2008, reichte die Anmelderin den fehlenden Teil der Übersetzung unter Hinweis darauf nach, dass die betreffenden Seiten der deutschen Übersetzung möglicherweise aufgrund technischer Fehler nicht zur Amtsakte gelangt seien. Auf den Bescheid des Patentamts im Dezember 2008, wonach die vollständige Übersetzung nicht fristgerecht eingereicht worden und daher festzustellen sei, dass die Anmeldung als nicht erfolgt gelte, hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2009 im Einzelnen dargelegt, dass die in der Übersetzung fehlenden Ansprüche 13 bis 26 in der rechtzeitig eingereichten Übersetzung der Beschreibung wörtlich enthalten seien; so finde sich Anspruch 13 auf Seite 23, Zeilen 10 bis 26 und auf Seite 46, Zeile 24 bis Seite 47, Zeile 5 der deutschen Übersetzung der Beschreibung, Anspruch 14 finde sich auf Seite 23, Zeile 30 bis Seite 24, Zeile 10 und auf Seite 47, Zeilen 6 bis 12 usw. Lediglich hilfsweise hat die Anmelderin zugleich Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur rechtzeitigen vollständigen Einreichung der Übersetzung der englischsprachigen Anmeldungsunterlagen gestellt. Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle 1.55 - hat durch Beschluss vom 5. März 2009 den Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 14. Januar 2009 zurückgewiesen und sich zur Begründung auf den Bescheid vom 9. Februar 2009 bezogen. Dort ist ausgeführt, die Patentanmeldung gelte als nicht erfolgt, da die vollständige Übersetzung nicht fristgerecht innerhalb der gesetzlichen Frist von 3 Monaten eingereicht worden sei. Eine nachträgliche Einbeziehung der verspätet eingereichten Teile der Übersetzung sei somit nicht möglich. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei zwar zulässig, in der Sache aber zurückzuweisen, da die Frist nicht ohne Verschulden versäumt worden sei. Dem Vertreter der Anmelderin müsse zumindest mangelnde Sorgfalt zur Last gelegt werden, denn es sei offenbar unterlassen worden, vor dem Einreichen der deutschen Übersetzung am 10. Oktober 2008 diese auf Vollständigkeit zu überprüfen. Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde und beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Zur Begründung verweist die Anmelderin im Wesentlichen darauf, dass die fristgerecht eingereichten Übersetzungsunterlagen eine ausreichende Beschreibung der angemeldeten Erfindung in deutscher Sprache enthalten. Der fremdsprachigen Anmeldung könne nicht der Anmeldetag deswegen abgesprochen werden, weil versehentlich nur die Ansprüche 1 bis 12 vollständig eingereicht und die Ansprüche 13 bis 26, die sämtlich zweifach wörtlich in der Beschreibung angeführt seien, nicht auch separat nochmals der Beschreibung angefügt worden seien. Zudem seien Ansprüche gemäß § 35 Abs. 2 PatG für die Zuerkennung des Anmeldetags nicht erforderlich. Lediglich hilfsweise werde Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt, da der Fehler auf dem Verhalten einer qualifizierten Hilfsperson beruhe, was dem anwaltlichen Vertreter nicht zugerechnet werden könne. Die Präsidentin des Deutschen Patentamts hat - nachdem ihr der Senat dies durch Beschluss vom 3. Dezember 2009 anheim gegeben hatte - gemäß § 77 PatG ihren Beitritt zum Verfahren erklärt. In ihrer Stellungnahme vertritt sie die Auffassung, dass die fehlende Übersetzung der Patentansprüche 13 bis 26 die Rechtsfolge des § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 PatG ausgelöst habe. Da die Übersetzung dieser Ansprüche fehle, habe die Anmelderin keine Übersetzung der Anmeldung in der eingegangenen Fassung, sondern in einer anderen Fassung der Anmeldung eingereicht. Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Frage der Erfüllung der Übersetzungspflicht könne auch nicht sein, ob der Gegenstand bzw. die Gegenstände der Anmeldung, durch die der angestrebte Schutzumfang bestimmt werde, der Übersetzung entnommen werden könne. Dies finde im Gesetz keine Stütze und würde zudem eine intensive inhaltliche Prüfung erfordern, die ebenfalls im Gesetz nicht vorgesehen sei. II. Die Beschwerde ist begründet, denn das Patentamt hat zu Unrecht angenommen, dass die Anmeldung als nicht erfolgt gilt, weil die Anmelderin aufgrund der Unvollständigkeit der Übersetzung dem Übersetzungserfordernis nicht nachgekommen sei. Auf den lediglich hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung kommt es insoweit nicht an. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Anmeldetages vor, wenn die in § 34 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 PatG genannten Unterlagen (Name des Anmelders, Erteilungsantrag, Beschreibung) beim Patentamt eingegangen sind. Sind die genannten Unterlagen nicht in deutscher Sprache abgefasst, gilt dies allerdings nur, wenn die deutsche Übersetzung innerhalb einer Frist von drei Monaten nachgereicht wird; andernfalls gilt die Anmeldung als nicht erfolgt (§ 35 Abs. 2 Satz 2 PatG). Die Vorschrift enthält zwar ihrem Wortlaut nach keine Bestimmung darüber, wie in Fällen fehlerhafter oder unvollständiger Übersetzungen (Auslassungen) zu verfahren ist. Nach ihrem Sinn und Zweck ist es aber nicht gerechtfertigt, die Fälle fehlerhafter oder unvollständiger deutscher Übersetzungen ausnahmslos dem Fall einer gänzlich fehlenden Übersetzung gleichzustellen. Vielmehr genügt grundsätzlich auch eine fehlerhafte oder unvollständige Übersetzung dem Übersetzungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG. 1. § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 126 PatG dar, wonach die Amtssprache vor dem Deutschen Patent- und Markenamt deutsch ist (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 35 Rn. 12). Durch die Nachreichung einer Übersetzung innerhalb der Dreimonatsfrist soll diesem Grundsatz wieder Genüge getan werden (Schulte, a. a. O., § 35 Rn. 12; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 35 Rn. 3 f.). Damit soll in angemessener Frist eine deutschsprachige Arbeitsgrundlage für das weitere Verfahren nachgereicht werden, wobei insbesondere auch die Öffentlichkeit durch die erforderliche Herausgabe der Offenlegungsschrift in deutscher Sprache unterrichtet werden soll. Dies wird auch durch eine deutsche Übersetzung, die Fehler oder Auslassungen aufweist, nicht ernsthaft in Frage gestellt. a) So ist die deutsche Übersetzung für den ursprünglichen Offenbarungsgehalt der Patentanmeldung nicht entscheidend, maßgeblich ist vielmehr der zunächst eingereichte fremdsprachige Text (vgl. Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 35 Rn. 3). Diese Ansicht wird auch in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 35 PatG vertreten. Dort heißt es, dass der Anmelder durch die Möglichkeit, die Anmeldung in ihrer Originalsprache einzureichen, den Vorteil habe, dass auf diese Weise keine Bestandteile der Offenbarung durch die Übersetzung verloren gingen, weil sich der Offenbarungsgehalt nach der Anmeldung in der Originalsprache und nicht nach der Übersetzung richte (BIPMZ 1998, 393, 403). Diese Auffassung ist auch zutreffend, weil anderenfalls der mit § 35 PatG verfolgte Zweck, Anmeldungen in ausländischer Sprache bzw. Auslandsanmeldungen den für den Eingang der Anmeldung in dieser Sprache maßgeblichen Zeitpunkt als Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt zuzubilligen, nicht sicher erreicht werden könnte. Eine Auslegung der Vorschrift dahin, dass jeder Fehler oder jede Auslassung der Übersetzung automatisch zu einem Verlust des Anmeldetags führen muss, ist angesichts der Maßgeblichkeit der Originalfassung für die Offenbarung nicht geboten. Enthält nämlich die deutsche Übersetzung inhaltliche Fehler, die dazu führen, dass der deutsche Text über den Offenbarungsgehalt des fremdsprachigen Textes hinausgeht, setzt sich der Anmelder dem Risiko aus, dass seine Anmeldung wegen unzulässiger Erweiterung zurückgewiesen wird (§ 38 PatG) oder - sofern hierauf ein Patent erteilt werden sollte, weil der Fehler im Erteilungsverfahren nicht zutage getreten ist - dass der Einspruchs- oder Nichtigkeitsgrund unzulässiger Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) gegeben ist. Rechtliche Vorteile können dem Anmelder somit selbst aus solchen Übersetzungsfehlern nicht erwachsen, so dass es nicht gerechtfertigt ist, deswegen das Übersetzungserfordernis als nicht erfüllt anzusehen mit der Folge des Verlustes von Anmeldung und Priorität. Bei kleineren inhaltlichen Fehlern der Übersetzung wäre dies noch weniger gerechtfertigt, wobei sich ohnehin eine zuverlässige Abgrenzung geringfügiger zu doch schon nicht mehr unerheblichen Fehlern nur schwer treffen ließe. Den deutschen Übersetzungstext wird der Anmelder zudem jederzeit nach Ablauf der Dreimonatsfrist - nicht anders wie bei weiteren Eingaben zu einer von vornherein in Deutsch eingereichten Anmeldung - ändern und damit auch inhaltliche Fehler beseitigen können, sofern sich nur die Änderung im Rahmen der (fremdsprachigen) Ursprungsoffenbarung hält. b) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil auf Grundlage einer etwaigen fehlerhaften oder unvollständigen Übersetzung die Offenlegungsschrift herausgegeben wird, mit der die Öffentlichkeit über die Existenz der Anmeldung und das künftig mögliche Schutzrecht unterrichtet wird. Durch eine fehlerhafte Übersetzung können Dritte, die auf die Richtigkeit der Offenbarung bzw. der Übersetzung vertraut haben, nicht geschädigt werden. Fehlerhafte Übersetzungen haben nur nachteilige Folgen für den Anmelder selbst. So hat die fehlerhafte Übersetzung Auswirkungen auf einen Entschädigungsanspruch des Anmelders gemäß § 33 PatG, weil ein Dritter, der den Gegenstand der Anmeldung nicht in der engeren Fassung des Offenlegungstextes, jedoch in der weiten Fassung des fremdsprachigen Ursprungstextes benutzt, regelmäßig nicht schuldhaft handeln wird. Sollte – umgekehrt – der fremdsprachige Ursprungstext enger als die deutsche Übersetzung sein und Dritte deshalb von einer Nutzung abhalten, so bestehen wegen der Behauptung gewerblicher Schutzrechte wettbewerbsrechtliche Abwehr- und gegebenenfalls auch Schadensersatzansprüche. Für den hier vergleichbaren Fall, der fehlerhaften Übersetzung einer europäischen Patentschrift, hat der Bundesgerichtshof dahin entschieden, dass die Bedeutung der Übersetzung in die deutsche Sprache in ihrem informatorischen Charakter liegt (so BGH, Urteil vom 18. März 2010, Xa ZR 74/09, Rn. 14 - Nabenschaltung II). Dies wird wesentlich daraus gefolgert, dass der deutsche Gesetzgeber von der Möglichkeit, im Falle einer den Schutzbereich einengenden Fassung der Übersetzung diese engere Fassung für verbindlich zu erklären, keinen Gebrauch gemacht hat. Die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Übersetzung ergeben sich daraus, dass der gute Glaube an den sich aus einer fehlerhaften Übersetzung ergebenden scheinbaren Schutzbereich durch ein Weiterbenutzungsrecht geschützt wird. Daraus wird zutreffend gefolgert, das der Übersetzung anhaftende Mängel keinen Einfluss auf den Schutzbereich des angegriffenen Patents haben können. Diese Erwägungen des BGH sind hier heranzuziehen, weil auch im Falle einer fehlerhaften Übersetzung bei einer inländischen Anmeldung ein Weiterbenutzungsrecht des redlichen Erfindungsbesitzers besteht. Art. II § 3 Abs. 5 IntPatÜG a. F. erlaubt dem gutgläubigen Nutzer auch ein auf seinen Betrieb beschränktes Weiterbenutzungsrecht nach der Patenterteilung, während § 33 PatG den gutgläubigen Nutzer nur für die Zeit bis zur Patenterteilung privilegiert. Einschlägig ist hier aber § 12 PatG. Die Norm ist wegen des ihr zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedankens analogiefähig. Eine analoge Anwendung der Norm wurde von der Rechtsprechung insbesondere dann angewandt, wenn der Besitzstand redlich erworben wurde und die Berufung auf die Rechte aus einem Patent oder einer Patentanmeldung dem der redlichen Nutzung nicht gewichtig entgegengesetzt werden können (BGHZ 6, 172 - Wäschepresse; weitere Nachweise bei Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 12 Rn. 54 mit Fn. 207 ff). So verhält es sich, wenn die der Offenbarung der Erfindung zugrunde liegende Übersetzung nicht dem Inhalt der Erfindung entspricht, wie sie in ausländischer Sprache angemeldet wurde. Auch in einem solchen Fall ist ein Weiterbenutzungsrecht bei redlich erworbenem Besitzstand ggfs. zu gewähren. 2. Dem Sinn und Zweck von § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG entspricht es nach den obigen Ausführungen, dass bei einer fehlerhaften Übersetzung die Rechtsfolge des § 35 Abs. 2 Satz 2 PatG nicht ausgelöst wird, soweit nur eine Übersetzung beigefügt wird, die der Form nach eine ordnungsgemäße Offenlegung gestattet und formell alle Bestandteile der fremdsprachigen Anmeldungsunterlagen (Patentansprüche, Beschreibung, Zeichnungen) betrifft. Eine unvollständige Übersetzung, die bei Patentansprüchen, Beschreibung oder Zeichnungen Auslassungen enthält, ist dem Fall einer fehlerhaften Übersetzung gleichzusetzen. Es besteht nämlich kein qualitativer Unterschied zwischen einer fehlerhaften und einer unvollständigen Übersetzung. In beiden Fällen kann der Informationswert der Übersetzung erheblich gemindert oder aber in keiner Weise beeinträchtigt sein (vgl. LG Mannheim, Mitt. 2009, 402, 403, Abschnitt III. 2, zum Übersetzungserfordernis nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG in der bis 30. April 2008 gültigen Fassung). Dies hat auch der BGH in der Entscheidung "Nabenschaltung II" für die Vorschrift des Art. II § 3 IntPatÜG a. F. angenommen (Urteil vom 18. März 2010, Xa ZR 74/09, Rn. 16). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Fehler oder Auslassungen in der Übersetzung so schwerwiegend sind, dass sie die Offenbarung der Erfindung ernsthaft oder substantiell beeinträchtigen, wie der Senat noch in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2009, mit dem der Präsidentin des Patentamts der Beitritt zu vorliegendem Beschwerdeverfahren anheimgestellt worden ist, angenommen hat. Denn dies würde eine inhaltliche Prüfung der Übersetzung im Einzelfall voraussetzen, die - worauf die Präsidentin des Patentamts in ihrer Stellungnahme vom 16. April 2010 zu Recht hingewiesen hat - weder im Gesetz vorgesehen ist noch vom Patentamt in diesem Verfahrensstadium, bei dem es vornehmlich um die Erfüllung formeller Erfordernisse geht, geleistet werden kann. Die Grenze, bei der die Annahme gerechtfertigt ist, dass keine Übersetzung im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG vorgelegt worden ist, kann dann erreicht sein, wenn etwa die Übersetzung erkennbar in keinerlei sachlichem Zusammenhang mit der fremdsprachigen Anmeldung steht, z. B. wenn die Übersetzung eine andere Anmeldung oder Erfindung betrifft, oder ganze Bestandteile der Anmeldungsunterlagen, z. B. die Übersetzung der Patentansprüche, insgesamt fehlen. 3. Die Anmelderin hat hier daher trotz des Umstands, dass sie innerhalb der Dreimonatsfrist keine Übersetzung der Patentansprüche 13 bis 26 eingereicht hat, dem Übersetzungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG genügt; die Rechtsfolge nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 PatG ist nicht eingetreten. Der Umfang der Auslassungen in der Übersetzung, der hier formal die Hälfte der Patentansprüche betrifft, mag zwar ein Ausmaß erreicht haben, bei dem zweifelhaft sein könnte, ob noch eine Gleichstellung mit einer inhaltlich fehlerhaften Übersetzung, die grundsätzlich dem Übersetzungserfordernis genügt, gerechtfertigt ist. Hier tritt aber die Besonderheit hinzu, dass in der rechtzeitig eingereichten Übersetzung der Beschreibung alle Patentansprüche, einschließlich der Ansprüche 13 bis 26, mit Nennung der Nummer des Anspruchs und ihren Merkmalen wiedergegeben sind. Vor diesem Hintergrund ist die am 10. Oktober 2008 eingereichte Übersetzung noch ausreichend gewesen. 4. Die Rechtsbeschwerde ist angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007211
BPatG
München
4. Senat
20101005
4 ZA (pat) 19/10
Beschluss
§ 84 Abs 2 S 2 PatG, § 143 Abs 3 PatG, § 91 Abs 1 S 1 ZPO
DEU
Patentnichtigkeitsklageverfahren – Kostenfestsetzung – Erforderlichkeit der Notwendigkeitsdarlegung bei zusätzlicher Beauftragung eines Rechtsanwalts
In der Patentnichtigkeitssache … … betreffend das europäische Patent … (hier: Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss) hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 5. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Friehe und des Richters Dipl.-Ing. Bernhart beschlossen: I. Die Erinnerung der Klägerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 18. Februar 2010 wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahren. III. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens beträgt 22.510,- Euro.
I. Mit Urteil vom 27. Januar 2009 hat der Senat auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin das europäische Patent … mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 4 für nichtig erklärt und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits und die Kosten der Nebenintervention auferlegt. Der Streitwert für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurde durch Beschluss vom selben Tage auf 2.500.000,- Euro festgesetzt. Währende des Nichtigkeitsverfahrens war zwischen den Parteien auch ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig, in dem für die Nichtigkeitsklägerin (die dortige Beklagte zu 2) ebenfalls der vorliegend mitwirkende Rechtsanwalt aufgetreten ist. Die Klägerin hat Kostenfestsetzung beantragt, wobei ein Betrag von 85.322,- Euro geltend gemacht wurde, der u. a. Gebühren für den mitwirkenden Rechtsanwalt in Höhe von 22.510,- Euro enthält. Sie ist der Ansicht, die Abstimmung zwischen dem Nichtigkeits- und dem Verletzungsverfahren sowie die Komplexität des Nichtigkeitsverfahrens habe die Mitwirkung des Rechtsanwalts erforderlich gemacht. Die Beklagte hat dem Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Kosten des Rechtsanwalts widersprochen und hierzu ausgeführt, dass dessen Mitwirkung neben dem Patentanwalt nicht notwendig gewesen sei. Mit Beschluss vom 18. Februar 2010 hat die Rechtspflegerin die zu erstattenden Kosten - ohne Berücksichtigung der Rechtsanwaltsgebühren - auf 62.812,- Euro festgesetzt und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass Aufwendungen nur zu erstatten seien, soweit sie den Kosten des Nichtigkeitsverfahrens zuzurechnen und notwendig waren. Im Nichtigkeitsverfahren sei eine zusätzliche Vertretung durch einen Rechtsanwalt grundsätzlich nicht erforderlich. Doppelvertretungskosten seien nur dann anzuerkennen, wenn über den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes hinaus schwierige rechtliche Probleme auftauchten, denen der Patentanwalt nicht ohne die Hilfe eines Rechtsanwalts zu begegnen vermöge. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Patentanwalt ebenso wie der Rechtsanwalt verpflichtet sei, sich in Spezialmaterien einzuarbeiten und sich erforderlichenfalls die nötigen Rechtskenntnisse anzueignen. Außergewöhnliche rechtliche Schwierigkeiten seien hier nicht vorgetragen; Kosten, die auf im Verletzungsverfahren begründeten taktischen Überlegungen beruhten, seien keine Kosten des Nichtigkeitsverfahrens. Deshalb könne ein erhöhter Koordinationsaufwand wegen einer weiteren Beklagten im Verletzungsverfahren die Festsetzung der Kosten des Rechtsanwalts im Nichtigkeitsverfahren nicht begründen. Mit ihrer gegen diesen Beschluss eingelegten Erinnerung verfolgt die Klägerin die Erstattung der Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts weiter. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung verschiedener Senate des Bundespatentgerichts ist sie der Ansicht, dass diese Kosten vorliegend notwendige Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO seien. Im Verletzungsverfahren sei die Frage der Aktivlegitimation der Klägerin sehr umstritten. Diese rechtlichen Schwierigkeiten beträfen unmittelbar das Nichtigkeitsverfahren. Außerdem habe nach einem Vertreterwechsel im Verletzungsverfahren der neue Vertreter der Patentinhaberin eine völlig neue Auslegung der Merkmale des Anspruchs 1 des Streitpatents vorgenommen. Hierauf habe die hiesige Klägerin auch im Nichtigkeitsverfahren reagieren müssen, wozu eine ausführliche Erörterung zwischen dem federführenden Rechtsanwalt im Verletzungsverfahren und dem bevollmächtigten Patentanwalt im Nichtigkeitsverfahren erforderlich gewesen sei. Die Erinnerungsführerin und Nichtigkeitsklägerin hat sinngemäß beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss des Bundespatentgerichts vom 18. Februar 2010 abzuändern und ihrem Antrag in vollem Umfang - d. h. auch bezüglich der weiteren Kosten von 22.510,- € für den mitwirkenden Rechtsanwalt - stattzugeben. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. II. Die gem. § 23 Abs. 2 RPflG zulässige Erinnerung hat in der Sache keinen Erfolg. Ob die Kosten eines mitwirkenden Rechtsanwalts im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht zu erstatten sind, ist nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG zu beurteilen. Die analoge Anwendung des § 143 Abs. 3 PatG kommt nicht in Betracht, denn es liegt keine planwidrige gesetzliche Regelungslücke vor (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2006 - 4 ZA (pat) 36/06 zu 4 Ni 47/04 - und vom 29. Januar 2009 - 4 ZA (pat) 81/08 zu 4 Ni 43/05). Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Insoweit kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig handelnde Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte (Thomas/Putzo/ Hüßtege , ZPO, 31. Auflage, Rdnr. 9 zu § 91 ZPO). In dem bereits erwähnten Beschluss vom 24. Oktober 2006 hat der Senat die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zusätzlich zur Bestellung eines Patentanwalts im Nichtigkeitsverfahren bei Anhängigkeit eines Verletzungsverfahrens als notwendig angesehen (wohingegen er im Beschluss vom 29. Januar 2009 für das Nichtigkeitsberufungsverfahren die Notwendigkeit der Bestellung eines weiteren Rechtsanwalts neben einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt verneint hat). Dies entspricht einer auch in verschiedenen Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts vertretenen Auffassung (vgl. 1. Senat, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - 1 ZA (pat) 13/08, BPatGE 51, 67 = GRUR 2009, 706; 2. Senat, Beschluss vom 12. März 2009 - 2 ZA (pat) 82/07; 3. Senat, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 3 ZA (pat) 1/09; 10. Senat, Beschluss vom 31. März 2010 - 10 ZA (pat) 5/08). Zur Begründung wird in den Entscheidungen ausgeführt, es bedürfe in diesen Fällen einer Abstimmung des Vorgehens in beiden Verfahren, etwa im Hinblick auf eine beschränkte Verteidigung des Streitpatents im Nichtigkeitsverfahren oder zum Zwecke einer umfassenden gütlichen Einigung. In der Tat mag es aus der Sicht einer verständigen und wirtschaftlich vernünftigen Prozesspartei oftmals sinnvoll erscheinen, im Nichtigkeitsprozess neben dem Patentanwalt auch einen Rechtsanwalt mit der Prozessführung zu beauftragen, vor allem wenn dieser auch in dem zwischen denselben Parteien geführten Verletzungsverfahren tätig ist. Dafür können insbesondere die in einem Nichtigkeitsverfahren nicht nur in technischer, sondern auch in rechtlicher Hinsicht häufig sehr komplexen und oftmals eng mit dem Verletzungsverfahren zusammenhängenden Fragestellungen sprechen. Soweit in den genannten Entscheidungen jedoch die Auffassung vertreten wird, dass im Patentnichtigkeitsverfahren die Notwendigkeit der Bestellung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt unter der Voraussetzung eines parallelen Verletzungsverfahrens ohne Einzelfallprüfung immer zu bejahen sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Eine solche generalisierende Betrachtungsweise, die in den genannten Fällen einer analogen Anwendung des § 143 Abs. 3 PatG gleich käme, wäre nämlich mit dem in § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO enthaltenen Grundsatz der Prüfung entstandener Kosten auf ihre Notwendigkeit nicht vereinbar. Im Rahmen der Kostenfestsetzung können die für die zusätzliche Beauftragung eines Rechtsanwalts entstandenen Kosten daher nur abgerechnet werden, wenn ihre Notwendigkeit im Einzelfall dargetan ist (im Ergebnis ebenso BPatG 2. Senat, Beschluss vom 13. August 2007 - 2 ZA (pat) 56/06 zu 2 Ni 62/05, BPatGE 50, 85 = BlPMZ 2008, 62 = GRUR 2008, 735). Vorliegend ist dies - auch bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs - nicht der Fall. Die Klägerin hat insoweit zwei Problemkreise angeführt, nämlich zum einen rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Beurteilung der Aktivlegitimation im Verletzungsverfahren, zum anderen eine veränderte Auslegung der Patentansprüche im Verletzungsverfahren und deren Auswirkung auf das Nichtigkeitsverfahren. Probleme mit der Beurteilung der Aktivlegitimation im Verletzungsverfahren können die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Rechtsanwalts im Nichtigkeitsverfahren nicht begründen, weil sie in diesem Verfahren keine Rolle spielen. Die Nichtigkeitsklage ist gegen den im Register eingetragenen Patentinhaber zu richten, § 81 Abs. 1 Satz 2 PatG. Wer das ist, ist dem Register zu entnehmen; der Beurteilung eines komplizierten juristischen Sachverhalts bedarf es hierzu nicht. Zur Auslegung der Patentansprüche ist der Patentanwalt berufen, zumal er regelmäßig über bessere technische Fachkenntnisse verfügt als der Rechtsanwalt. Jedenfalls für den Normalfall ist daher nicht erkennbar, weshalb der im Verletzungsverfahren mitwirkende (und gemäß § 143 Abs. 3 PatG abzurechnende) Patentanwalt nicht direkt den im Nichtigkeitsprozess bestellten Patentanwalt informieren sollte (soweit er nicht ohnehin mit diesem identisch ist), sondern statt dessen die Information durch einen in beiden Verfahren tätigen Rechtsanwalt überbracht werden soll. Aus dem entsprechenden Vortrag der Klägerin sind auch keine besonderen Anhaltspunkte erkennbar, denen zufolge eine solche Vorgehensweise im vorliegenden Fall notwendig gewesen sein könnte. Nach alledem konnte die Erinnerung keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 97 ZPO. Der Wert des Erinnerungsverfahrens entspricht den geltend gemachten Rechtsanwaltskosten.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007215
BPatG
München
33. Senat
20100928
33 W (pat) 68/10
Beschluss
§ 50 Abs 1 MarkenG, § 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 63 Abs 3 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 91 Abs 1 ZPO, § 308 ZPO, § 23 Abs 3 S 2 RVG, § 60 Abs 1 RVG, § 61 Abs 1 S 1 RVG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – Begründetheit der Kostengrundentscheidung wird im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft – zum Regelgegenstandswert in Löschungsverfahren - zum Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung - Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004: Anwendung des RVG – zum Rahmen der Geschäftsgebühr im Löschungsverfahren - keine tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit: Ansatz einer 1,3-fachen Mittelgebühr - zum Austausch der geforderten, nicht entstandenen Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr – zur Kostenverteilung in Kostenbeschwerdeverfahren
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke … Kostenfestsetzung in dem Löschungsverfahren … hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Metternich und die Richterin Dr. Hoppe am 28. September 2010 beschlossen: Die Beschwerde des vormaligen Markeninhabers und Kostenschuldners wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der vormalige Markeninhaber und Kostenschuldner zu tragen. Der Gegenstandswert für das Kostenbeschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 1.679,80 €.
I. Mit Beschluss vom 31. März 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die Löschung der Marke Nr. … (…) angeordnet und dem vormaligen Markeninhaber die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, dass die Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig angemeldet worden sei. Gegen diesen Beschluss hat der vormalige Markeninhaber keine Rechtsmittel eingelegt. Mit Antrag vom 17. September 2009, hat der Antragsteller sodann die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten wie folgt beantragt: Mit Beschluss vom 1. März 2010 hat die Markenabteilung 3.4 die von dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner an den Antragsteller und Kostengläubiger zu erstattenden Kosten sodann festgesetzt auf 1.679,80 €. Dabei ist die Markenabteilung von dem Regelgegenstandswert in Höhe von 50.000,00 € ausgegangen und hat folgende Gebühren festgesetzt: 1,3 Geschäftsgebühr § 13 RVG - Nr. 2300  1.359,80 € Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV 20,00 € Löschungsantragsgebühr 300,00 € insgesamt 1.679,80 € . Sie hat hierzu erläutert, dass die von dem Antragsteller begehrte Gebühr nach Nr. 3100 VV - RVG nicht berechtigt gewesen und daher durch die Löschungsantragsgebühr in Höhe von 300,00 € ersetzt worden sei. Diese Gebühr habe angesetzt werden dürfen, weil die von dem Antragsteller genannte Größenordnung des zu erstattenden Betrages nicht überschritten worden sei. Gegen die Kostenfestsetzung richtet sich die Beschwerde des vormaligen Markeninhabers und Kostenschuldners vom 26. Juni 2010, die er nicht begründet hat. II. Die Beschwerde ist erfolglos. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 3 MarkenG statthaft und gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 MarkenG auch fristgerecht eingelegt worden. 2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. a) Das Kostenfestsetzungsverfahren, in dem nur über die Höhe der erstattungsfähigen Kosten zu entscheiden ist, ist von der vorausgegangenen - hier rechtskräftigen - Entscheidung über die Kostengrundentscheidung strikt zu trennen. Die Begründetheit der ergangenen Kostengrundentscheidung kann daher im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht überprüft werden (BPatG 28 W (pat) 4/02; Ströbele/Hacker, Markengesetz, § 63 Rd. 10). b) Der von der Markenabteilung für die Gebührenbemessung angesetzte Gegenstandswert von 50.000 € ist nicht zu beanstanden, da dies dem Regelgegenstandswert in Löschungsverfahren entspricht (vgl. BPatG, 27 W (pat) 68/02; BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; 26 W (pat) 128/03; BPatG 17 W (pat) 182/04; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 26; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 11; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Da es im markenregisterrechtlichen Verfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt, ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (früher § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO) regelmäßig nach billigem Ermessen zu bestimmen. Grundlage für die Bewertung bildet im Markenlöschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung (BPatG 28 W (pat) 4/02; BPatG 24 W (pat) 240/03; BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; BPatGE 21, 140). Bei einem Löschungsverfahren wegen bösgläubiger Anmeldung einer Marke, die - wie hier - einen Bezug zu einer bundesweit bekannten Marke aufweist, ist davon auszugehen, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Marke zumindest diesem Regelgegenstandswert entspricht. Abzustellen ist hier insbesondere auch auf das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der von der Rechtsordnung missbilligten Beeinträchtigung und Störung des Wettbewerbs durch die angegriffene Marke (BPatG 27 W (pat) 68/02). c) Die Markenabteilung hat auch die einzelnen Gebühren korrekt festgesetzt. aa) Gegen die von der Markenabteilung 3.4 vorgenommene Anwendung des RVG bestehen vorliegend keine Bedenken. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist das die BRAGO ersetzende RVG anzuwenden, sofern die Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004 erfolgt ist. Davon ist hier angesichts der Einleitung des Löschungsverfahrens erst im Jahre 2008 auszugehen. bb) Die Markenabteilung hat auch zutreffend eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV - RVG festgesetzt. Der Rahmensatz der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Teil 2 VV-RVG liegt zwischen 0,5 und 2,5. Ausweislich des Gesetzestextes kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Auch in einem Löschungsverfahren, das weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Sicht eine besondere Schwierigkeit oder einen überdurchschnittlichen Aufwand erkennen lässt, ist deshalb der Ansatz einer 1,3 fachen Mittelgebühr angemessen (ebenso zu § 118 BRAGO: BPatG 33 W (pat) 196/04; 24 W (pat) 240/03; 28 W (pat) 4/02). cc) Ebenfalls zutreffend hat die Markenabteilung darauf hingewiesen, dass die von dem Antragsteller nach Nr. 3100 VV - RVG beantragte 1,3-fache Verfahrensgebühr nicht zuzusprechen war. Eine solche Gebühr kann nämlich nur in gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 VV - RVG entstehen, wohingegen die Tätigkeit vor dem DPMA nach Teil 2 der VV - RVG zu vergüten ist. dd) Die von der Markenabteilung in die Kostenfestsetzung einbezogene Löschungsgebühr nach Nr. 333 300 GebVerz PatKostG ist zu Recht erfolgt. Die Markenabteilung war nicht dadurch am Austausch der Gebührentatbestände gehindert, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung dieser Gebühr nicht beantragt hat. Zwar folgt aus der Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens als antragsabhängiges Parteiverfahren (§ 308 ZPO, § 63 Abs. 3 Satz 1 MarkenG), dass die Festsetzung eines Betrages, der über den gestellten Antrag hinausgehen würde, nicht zulässig wäre. Dies schließt aber nicht aus, eine geforderte, nicht entstandene Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr auszutauschen, solange der festgesetzte Betrag den beantragten nicht überschreitet und beide Gebühren auf denselben Sachverhalt bezogen sind (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 966; OLG Koblenz JurBüro 1996, 211; Frankfurt RpflG 1988, 162; Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage, § 104 „Austausch von Kosten, Gebührenauswechselung“; Müller, JurBüro 1996, 212). 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner aufzuerlegen. In Kostenbeschwerdeverfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kosten entsprechend dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen, weil nur auf diese Weise auch wirtschaftlich akzeptable Ergebnisse erzielt werden können (BPatG, 33 W (pat) 74/06; BPatG 24 W (pat) 13/07; BPatG 27 W (pat) 68/02). Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der in einem solchen Rechtsstreit Obsiegende durch die Belastung mit seinen eigenen Kosten letztlich einen wirtschaftlichen Schaden erleiden würde (BPatG, 33 W (pat) 74/06; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 17).
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33. Senat
20100928
33 W (pat) 138/09
Beschluss
§ 50 Abs 1 MarkenG, § 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 63 Abs 3 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 91 Abs 1 ZPO, § 308 ZPO, § 23 Abs 3 S 2 RVG, § 60 Abs 1 RVG, § 61 Abs 1 S 1 RVG
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Markenbeschwerdeverfahren – Kostenfestsetzung im Löschungsverfahren – Begründetheit der Kostengrundentscheidung wird im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft – zum Regelgegenstandswert in Löschungsverfahren - zum Interesse der Allgemeinheit an der Markenlöschung - Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004: Anwendung des RVG – zum Rahmen der Geschäftsgebühr im Löschungsverfahren - keine tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit: Ansatz einer 1,3-fachen Mittelgebühr - zum Austausch der geforderten, nicht entstandenen Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr – zur Kostenverteilung in Kostenbeschwerdeverfahren
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke … Kostenfestsetzung in dem Löschungsverfahren … hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Metternich und die Richterin Dr. Hoppe am 28. September 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der vormalige Markeninhaber und Kostenschuldner zu tragen. Der Gegenstandswert für das Kostenbeschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 1.679,80 €.
I. Mit Beschluss vom 4. Mai 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die Löschung der Marke Nr. … (……) angeordnet und dem vormaligen Markeninhaber die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, dass die Marke gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig angemeldet worden sei. Gegen diesen Beschluss hat der vormalige Markeninhaber keine Rechtsmittel eingelegt. Mit Antrag vom „21. Mai 2008“, eingegangen am 20. Juli 2009, hat der Antragsteller sodann die Festsetzung der ihm entstandenen Kosten wie folgt beantragt: Gegenstandswert: 50.000,00 € 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG-1,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG-Anrechnung der Geschäftsgebühr i.H.v. 0,65-Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG-Nettobetrag- 19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG Gesamtbetrag - Diesem Antrag ist der vormalige Markeninhaber mit Schriftsatz vom 10. September 2009 entgegengetreten. Er hat hierzu die Auffassung vertreten, dass gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG bei Verfahren vor dem DPMA im Regelfall jeder Beteiligte seine Kosten selbst trage. Es seien keine Gründe erkennbar, warum von diesem Grundsatz abgewichen werden solle. Mit Beschluss vom 29. September 2009 hat die Markenabteilung 3.4 die von dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner an den Antragsteller und Kostengläubiger zu erstattenden Kosten sodann festgesetzt auf 1.679,80 €. Dabei ist die Markenabteilung von dem Regelgegenstandswert in Höhe von 50.000,00 € ausgegangen und hat folgende Gebühren festgesetzt: 1,3 Geschäftsgebühr § 13 RVG - Nr. 2300  1.359,80 € Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV 20,00 € Löschungsantragsgebühr 300,00 € insgesamt 1.679,80 € . Sie hat hierzu erläutert, dass die von dem Antragsteller begehrte Gebühr nach Nr. 3100 VV - RVG nicht berechtigt gewesen und daher durch die Löschungsantragsgebühr in Höhe von 300,00 € ersetzt worden sei. Diese Gebühr habe angesetzt werden dürfen, weil die von dem Antragsteller genannte Größenordnung des zu erstattenden Betrages nicht überschritten worden sei. Gegen die Kostenfestsetzung richtet sich die Beschwerde des vormaligen Markeninhabers und Kostenschuldners vom 15. Oktober 2009, die er nicht begründet hat. II. Die Beschwerde ist erfolglos. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist gemäß § 63 Abs. 3 Satz 3 MarkenG statthaft und gemäß § 63 Abs. 3 Satz 4 MarkenG auch fristgerecht eingelegt worden. 2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. a) Soweit der vormalige Markeninhaber und Kostengläubiger im Löschungsverfahren eingewendet hat, dass keine Veranlassung für eine Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bestehe, steht dieses Argument der vorgenommenen Kostenfestsetzung nicht entgegen. Das Kostenfestsetzungsverfahren, in dem nur über die Höhe der erstattungsfähigen Kosten zu entscheiden ist, ist von der vorausgegangenen - hier rechtskräftigen - Entscheidung über die Kostengrundentscheidung nämlich strikt zu trennen. Die Begründetheit der ergangenen Kostengrundentscheidung kann daher im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht überprüft werden (BPatG 28 W (pat) 4/02; Ströbele/Hacker, Markengesetz, § 63 Rd. 10). b) Der von der Markenabteilung für die Gebührenbemessung angesetzte Gegenstandswert von 50.000 € ist nicht zu beanstanden, da dies dem Regelgegenstandswert in Löschungsverfahren entspricht (vgl. BPatG, 27 W (pat) 68/02; BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; 26 W (pat) 128/03; BPatG 17 W (pat) 182/04; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 71 Rd. 26; v. Schultz, MarkenR, 2. Aufl., § 71 Rd. 11; Fezer, MarkenR, 4. Aufl., § 71 Rd. 13). Da es im markenregisterrechtlichen Verfahren an Wertvorschriften für die Anwaltsgebühren fehlt, ist der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 3 S. 2 RVG (früher § 8 Abs. 2 S. 2 BRAGO) regelmäßig nach billigem Ermessen zu bestimmen. Grundlage für die Bewertung bildet im Markenlöschungsverfahren gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung (BPatG 28 W (pat) 4/02; BPatG 24 W (pat) 240/03; BPatG MarkenR 2006, 172; BPatGE 41, 100; BPatGE 21, 140). Bei einem Löschungsverfahren wegen bösgläubiger Anmeldung einer Marke, die - wie hier - einen Bezug zu einer bundesweit bekannten Marke aufweist, ist davon auszugehen, dass das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Marke zumindest diesem Regelgegenstandswert entspricht. Abzustellen ist hier insbesondere auch auf das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der von der Rechtsordnung missbilligten Beeinträchtigung und Störung des Wettbewerbs durch die angegriffene Marke (BPatG 27 W (pat) 68/02). c) Die Markenabteilung hat auch die einzelnen Gebühren korrekt festgesetzt. aa) Gegen die von der Markenabteilung 3.4 vorgenommene Anwendung des RVG bestehen vorliegend keine Bedenken. Nach § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG ist das die BRAGO ersetzende RVG anzuwenden, sofern die Beauftragung des Verfahrensbevollmächtigten nach dem 1. Juli 2004 erfolgt ist. Davon ist hier angesichts der Einleitung des Löschungsverfahrens erst im Jahre 2008 auszugehen. bb) Die Markenabteilung hat auch zutreffend eine 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV - RVG festgesetzt. Der Rahmensatz der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Teil 2 VV-RVG liegt zwischen 0,5 und 2,5. Ausweislich des Gesetzestextes kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Auch in einem Löschungsverfahren, das weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Sicht eine besondere Schwierigkeit oder einen überdurchschnittlichen Aufwand erkennen lässt, ist deshalb der Ansatz einer 1,3 fachen Mittelgebühr angemessen (ebenso zu § 118 BRAGO: BPatG 33 W (pat) 196/04; 24 W (pat) 240/03; 28 W (pat) 4/02). cc) Ebenfalls zutreffend hat die Markenabteilung darauf hingewiesen, dass die von dem Antragsteller nach Nr. 3100 VV - RVG beantragte 1,3-fache Verfahrensgebühr nicht zuzusprechen war. Eine solche Gebühr kann nämlich nur in gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 VV - RVG entstehen, wohingegen die Tätigkeit vor dem DPMA nach Teil 2 der VV - RVG zu vergüten ist. dd) Die von der Markenabteilung in die Kostenfestsetzung einbezogene Löschungsgebühr nach Nr. 333 300 GebVerz PatKostG ist zu Recht erfolgt. Die Markenabteilung war nicht dadurch am Austausch der Gebührentatbestände gehindert, dass die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Festsetzung dieser Gebühr nicht beantragt hat. Zwar folgt aus der Ausgestaltung des Festsetzungsverfahrens als antragsabhängiges Parteiverfahren (§ 308 ZPO, § 63 Abs. 3 Satz 1 MarkenG), dass die Festsetzung eines Betrages, der über den gestellten Antrag hinausgehen würde, nicht zulässig wäre. Dies schließt aber nicht aus, eine geforderte, nicht entstandene Gebühr gegen eine entstandene, nicht geforderte Gebühr auszutauschen, solange der festgesetzte Betrag den beantragten nicht überschreitet und beide Gebühren auf denselben Sachverhalt bezogen sind (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 966; OLG Koblenz JurBüro 1996, 211; Frankfurt RpflG 1988, 162; Zöller/Herget, ZPO, 28. Auflage, § 104 „Austausch von Kosten, Gebührenauswechselung“; Müller, JurBüro 1996, 212). 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens waren gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG dem vormaligen Markeninhaber und Kostenschuldner aufzuerlegen. In Kostenbeschwerdeverfahren entspricht es in der Regel der Billigkeit, die Kosten entsprechend dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen, weil nur auf diese Weise auch wirtschaftlich akzeptable Ergebnisse erzielt werden können (BPatG, 33 W (pat) 74/06; BPatG 24 W (pat) 13/07; BPatG 27 W (pat) 68/02). Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der in einem solchen Rechtsstreit Obsiegende durch die Belastung mit seinen eigenen Kosten letztlich einen wirtschaftlichen Schaden erleiden würde (BPatG, 33 W (pat) 74/06; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71 Rd. 17).
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deutsch
BMJV
public
JURE109007243
BPatG
München
27. Senat
20101012
27 W (pat) 149/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
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Markenbeschwerdeverfahren – "RoboColumn® (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 305 60 840.1 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Oktober 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richterin Werner am Landgericht und Richter Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Februar 2009 wird aufgehoben.
I Die am 13. Oktober 2005 für die Waren und Dienstleistungen „Chromatographiegeräte für Laborzwecke, Dienstleistungen von chemischen Labors“ angemeldete farbige (schwarz, mintgrün) Wort-/Bildmarke ist von der mit einem Beamten des höheren Dienstes besetzten Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 10. Februar 2009 wegen eines Freihaltungsbedürfnisses und fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Der Gesamtbegriff „RoboColumn“ gebe den Hinweis auf ein der Chromatographie dienendes, in der Art einer Säule gehaltenes Gerät, das mit Hilfe einer robotischen Vorrichtung automatisch arbeite. Das Anmeldezeichen werde bereits zur Beschreibung entsprechender säulenchromatographischer Vorrichtungen verwendet. Die „Gestaltung“ des Anmeldezeichens könne das extrem hohe Freihaltungsbedürfnis an der existierenden Fachbezeichnung nicht überwinden. Die „Gestaltung“ beschränke sich auf eine werbeübliche, unauffällige Gestaltung der Bestandteile, die die Bildung des Gesamtbegriffs aus den Einzelbestandteilen „Robo“ und „Column“ sogar noch verdeutliche. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 10. Februar 2009 aufzuheben. Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin die Auffassung, der Gesamtbegriff sei unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Grundsätzlich sei das wissenschaftlich-technische Gebiet der Chromatographie nicht durch besondere farbliche Gestaltungen geprägt oder gekennzeichnet, so dass die angesprochenen Verkehrskreise - in der Regel Fachleute aus dem Bereich der Biochemie und Biotechnologie - durchaus einen Herkunftshinweis in der farblichen Ausgestaltung sehen könnten. Wie sich aus Wörterbüchern und auch dem Duden ergebe, sei „Robo“ kein Kürzel für „Roboter“. Der Gesamtbegriff „Roboter in Säulenform“ sei im Hinblick auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen unverständlich, wenn nicht gar sinnlos. Es handle sich um eine rein linguistische, inhaltlich sinnfreie Auslegung des angemeldeten Zeichens ohne jeden Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen. Chromatographie bezeichne ein Verfahren, das die Auftrennung eines Stoffgemisches durch unterschiedliche Verteilung seiner Einzelbestandteile zwischen einer stationären und einer mobilen Phase erlaube. Dieses Verfahren habe verschiedene Phasen, in welchen auch der Begriff „Säule“, nämlich in Form von Säulenchromatographie, von Bedeutung sei. Keinesfalls könne aber ein Begriff „Robo“ in Form von „Roboter“ in dieses Verfahren integriert und ein Zusammenhang zwischen Marke und Produkt hergestellt werden. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung, in der die Anmelderin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft hat sowie nach dem Übergang ins schriftliche Verfahren, hat die Anmelderin das Waren-/ und Dienstleistungsverzeichnis mit Schriftsatz vom 15. Juli 2010 wie folgt beschränkt: „Handbetätigte Chromatographiegeräte, nämlich handbetätigte Chromatographiesäulen für Laborzwecke; Dienstleistungen von chemischen Labors, nämlich händisches Befüllen von Chromatographiesäulen und händische Durchführung von chromatographischen Dienstleistungen mittels Chromatographiesäulen“. II Dass die Markenstelle der Anmelderin vor dem Erlass des angegriffenen Beschlusses keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem von ihr ermittelten Zeitungsartikel eingeräumt hat, hält der Senat zwar für einen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs, insbesondere auch deshalb, weil der Beanstandungsbescheid in diesem Verfahren zum Zeitpunkt der Abfassung des Beschlusses drei Jahre zurücklag. Die aus diesem Grund hier durchaus in Betracht zu ziehende Zurückweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt wegen eines groben Verfahrensfehlers erscheint dem Senat jedoch aus Gründen der Prozessökonomie nicht angezeigt. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auf der Grundlage des eingeschränkten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses Erfolg. Insoweit stehen einer Eintragung weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das einer Merkmalsbezeichnung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Kreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist. Unstreitig ist der der Marke nachgestellte Bestandteil „Column“ für die hier angesprochenen Fachkreise auf dem Gebiet der Biochemie und -technologie als englisches Wort für „Säule“ in Bezug auf die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen glatt beschreibend, wie die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung selbst eingeräumt hat. Dies gilt jedoch nach der Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nicht für das der Marke vorangestellte Wort „Robo“ und erst recht nicht für die hier gebotene Gesamtbetrachtung des angemeldeten Gesamtbegriffs „RoboColumn“. Selbst wenn der hier angesprochene Fachverkehr „Robo“ wegen seiner teilweisen Übereinstimmung mit dem englischen Wort „robot“ als Abkürzung für „Roboter“ nehmen sollte, ergäbe sich allein daraus noch keine beschreibende Bedeutung des Gesamtbegriffs, der dann mit „Robotersäule“ zu übersetzen wäre. In Bezug auf die jetzt noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos von Hand betätigt werden, ergibt dieser Bedeutungsinhalt keinen im Vordergrund des Verständnisses stehenden beschreibenden Sinngehalt. Da Roboter üblicherweise als Ersatz für handbetätigte Geräte und Dienstleistungen zum Einsatz kommen, bleibt der Bedeutungsinhalt der Marke in Bezug auf die jetzt noch beanspruchten handbetätigten Geräte bzw. händischen Dienstleistungen in seiner Gesamtheit vage und unscharf. Belege für eine beschreibende Verwendung der Wortfolge durch Dritte hat die Markenstelle entgegen ihren Ausführungen im Beschluss nicht ermittelt. Der dem Beschluss beigefügte Artikel aus einer amerikanischen Wissenschaftszeitschrift bezieht sich nämlich auf die Anmelderin. Einer Registrierung steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, da „RoboColumn“ aus den genannten Gründen keine beschreibende Bedeutung hat. Diese Vorschrift verbietet es nämlich nur, Zeichen als Marken einzutragen, die ausschließlich aus Teilen bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007244
BPatG
München
29. Senat
20101006
29 W (pat) 67/10
Beschluss
§ 32 Abs 2 MarkenG, § 32 Abs 2 Nr 3 MarkenG, § 33 Abs 1 Nr 1 MarkenG, § 36 Abs 1 Nr 1 MarkenG, § 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Mr. Tuning" – wesentliche Verfahrensmängel: Anmeldetag steht nicht fest und Unklarheiten über das zugrunde zu legende Waren- und Dienstleistungsverzeichnis - Zurückverweisung an das DMPA – keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr
Parallelverfahren: 27 W (pat) 191/09
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 44 195.0 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 6. Oktober 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: 1.  Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. April 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. 2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zu-rückgewiesen.
I. Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 20. Juli 2006 die Wortmarke Mr. Tuning für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Papier, Pappe (Karton), Papierwaren und Pappwaren, soweit in Klasse 16 enthalten; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel, ausgenommen Möbel; Lehr- und Unterrichtsmittel, ausgenommen Apparate; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke; Bleistiftdosen und -behälter, Bleistifthalter, Bleistiftverlängerer, Bleistiftspitzer; Abrollgeräte für Klebebänder für Papier- und/oder Schreibwaren, Verpackungsbeutel, -hüllen und -taschen aus Papier oder Kunststoff; Globen, Wandtafelzeichengeräte; Drucklettern, Druckstöcke; Stempel, Stempelfarben und -kissen; Druckereierzeugnisse, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Kataloge für Events, musikalische Veranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Kongresse; Broschüren, Magazine; Fotografien, Poster; Schreibwaren; Post- und Grußkarten, Tauschkarten, Briefpapier und Briefumschläge, Briefmarken, Notizbücher, Tagebücher, Notizzettel, Notiztafeln, Adressenbücher, Briefmappen, Aktendeckel, -mappen und -hefter, Kalender, Ringbücher, Hefte, Sammelbücher, Bücherstützen, Buchhüllen, Briefbeschwerer, Brieföffner, Schreibunterlagen, Tischordner (Behälter für Schreib- und Büroutensilien); Aufkleber, Stickers (Papeteriewaren), soweit in Klasse 16 enthalten; Zeichen-Lineale, Radiergummis, Hefter, Heft- und Büroklammern, Bücher und Lesezeichen; Schreibunterlagen, Büroartikel (ausgenommen Möbel); Papier- und PVC-Aufkleber, Papiertüten, -taschen, -beutel für Verpackungszwecke; Geschenkpapier, Geschenkanhänger aus Papier oder Pappe; Fähnchen, Wimpel aus Papier oder Pappe, Servietten aus Papier, Tischdecken aus Papier, Platzdeckchen aus Papier; Schreibtafeln, Kreide, Klebstoffe für Papierwaren und Haushaltszwecke, Schreibgeräte, Markierstifte, Etuis für Schreib-, Mal- und Zeichenutensilien, Schüleretuis gefüllt mit Markierstiften, Füllhaltern, Kugelschreibern, Bleistiften, Linealen, Radiergummis und Notizzetteln. Klasse 25: Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, Jerseybekleidung; Schuhwaren; Mützenschirme, Stirnbänder (Bekleidung); Kopfbedeckung (Mützen, Kappen); Sonnenhüte; Strickwaren, Sweater, Westen, Jacken, Polo-Shirts, Hemden, Schals, Halstücher. Klasse 28: Spiele, Spielzeug, elektronische Spiele, soweit sie in Klasse 28 enthalten sind; Spielzeuguhren (soweit in Klasse 28 enthalten); Konsolenspiele, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielautomat, Gameboy, soweit in Klasse 28 enthalten; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Autospielmodelle, Christbaumschmuck. Klasse 35: Werbung; Werbung durch Werbeschriften; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Verteilung von Prospekten und Warenmustern; Vermittlung von Zeitungsabonnements für Dritte; Zusammenstellen, Systematisieren und Erteilen von Informationen (Auskünften) in Handels- und Geschäftsangelegenheiten und im Bereich Werbung (soweit in dieser Klasse enthalten) mittels digitaler, multimedialer und virtueller Informationssysteme; Buchführung; Vervielfältigung von Dokumenten; Personal-, Stellenvermittlung; Dateiverwaltung mittels Computer; Organisation von Ausstellungen für wirtschaftliche oder Werbezwecke; Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung; Marketing, Marktforschung und Marktanalyse; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Werbung für Aussteller und Werbemittlung; Bereitstellen und Vermieten von Werbe- und Präsentationsflächen, auch im Internet (Bannerexchange) und sonstigen elektronischen Medien; Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien; Vermittlung von Adressen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Inanspruchnahme von Dienstverträgen; Versandwerbung; Verteilung von Werbemitteln; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Vermittlung von Werbeanzeigen; Marktkommunikation, nämlich Presseveröffentlichungen, Public Relations, Produktwerbung und Imageberatung für andere; Geschäftsführung/Vermittlung von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personalmanagementberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Sekretariatsdienstleistungen; Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Werbung- und Werbevermittlung; organisatorische Beratung per Hotline; Sammeln und Systematisieren von Daten, Informationen, Bildern und Texten in Handels- und Geschäftsangelegenheiten und im Bereich Werbung in Computerdatenbanken; Aktualisieren von in digitalen, multimedialen und virtuellen Informationssystemen enthaltenen Informationen zu Handels- und Geschäftsangelegenheiten und im Bereich Werbung; Organisation von Messeteilnahmen; Präsentation von Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Verkaufsförderung und Vermittlung von Handels-, Angebots- und Wirtschaftskontakten sowie Handelsgeschäften im Konsumgüter- und Investitionsgüterbereich im Internet und sonstigen elektronischen Medien, auch mit Hilfe einer virtuellen Messe; Zurverfügungstellung und Vermietung von Standflächen und Messeständen einschließlich dazugehöriger Ausrüstungsgegenstände (soweit in dieser Klasse enthalten); Werbung für Aussteller und Werbemittlung; Anzeigenvermittlung; Dekoration von Messeständen und Bühnen; Sekretariatsdienstleistungen. Klasse 38: Telekommunikation; Presse- und Nachrichtenagenturen; Kommunikation über Computerterminals; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen, Ausstrahlung von Hörfunksendungen, Ausstrahlung von Kabelfernsehsendungen, Ausstrahlung von Rundfunksendungen; Übermittlung von Nachrichten; Satellitenübertragung; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation; E-mail-Dienste; interaktive Onlinedienste, nämlich Betreiben eines Teleshopping-Kanals; Leitungs-, Routing- und Verbindungsdienstleistungen für die Telekommunikation; Bereitstellen von Telekommunikationsverbindungen zu einem weltweiten Computernetzwerk; Bereitstellen von Internetzugängen; Bereitstellen von Informationen im Internet; Bereitstellen von Portalen im Internet; Bereitstellen von Plattformen im Internet; Betrieb von Chatlines, Chatrooms und Foren; Durchführung von Videokonferenzen; Konferenzschaltungen; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten und Pressemeldungen; Vermietung von Geräten zur Nachrichtenübertragung; Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen (Webmessaging); Telekommunikation; Übermittlung von Daten, Informationen, Bildern und Texten in Computer-Netzwerken und sonstigen elektronischen Medien, einschließlich Internet; technisches Übermitteln von Informationen mittels digitaler, multimedialer und virtueller Informationssysteme; Bereitstellen einer E-Commerce-Plattform in Computer-Netzwerken und sonstigen elektronischen Medien, einschließlich Internet. Klasse 41: Erziehung und Unterricht, Ausbildung; Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Auto-Rallye; Herausgabe von Zeitschriften, Druckwaren und Büchern, auch in elektronischer Form in Intranetzen sowie im Internet; Herausgabe und Veröffentlichung, auch in elektronischer Form (insbesondere von Online-Publikationen), von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Katalogen, Prospekten und Broschüren, Musik, Videos; Verleih von Büchern (Leihbücherei); Tierdressur; Produktion von Shows, von Filmen; Betrieb einer Künstleragentur; Organisation und Veranstaltung kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle, unterhaltende und sportliche Zwecke, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Vermietung von Theaterdekorationen; Veranstaltung von Bildungs- und Unterhaltungswettbewerben; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien, Konferenzen, Kongressen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Bildungszwecke; Reservierung von Karten für Veranstaltungen; Produktion, Reproduktion (soweit in dieser Klasse enthalten), Vorführung und Vermietung von Filmen und Hörfunksendungen, Produktion und Reproduktion (soweit in dieser Klasse enthalten) von Ton- und Bildaufnahmen auf anderen Bild- und/oder Tonträgern, Vorführung und Vermietung dieser Bild- und/oder Tonträger; Betrieb und Vermietung von Film- und Tonstudios einschließlich von Einrichtungen, Apparaten und Geräten für die Produktion von Ton- und Bildaufnahmen; Vermietung von Rundfunk- und Fernsehgeräten sowie von Geräten für die Aufnahme, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Theateraufführungen, Musikdarbietung; Organisation und Veranstaltung von Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und/oder Musikdarbietungen sowie Unterhaltungsshows und entsprechenden Wettbewerben; Organisation und Veranstaltung von Seminaren und Workshops, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Vermietung von Bühnendekorationen, Musikinstrumenten, Ton-, Verstärkeranlagen sowie von elektronischen und elektrotechnischen Anlagen zur Erzeugung von Spezialeffekten; Übersetzer- und Dolmetscherdienstleistungen. Klasse 42: Lizenzierung von Software; Beratung in Fragen gewerblicher Schutzrechte; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten; Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Dienstleistungen im Bereich der Schutz- und Leistungsrechte, soweit sie in Klasse 42 enthalten sind; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen, soweit sie in Klasse 42 enthalten sind; Ingenieurarbeiten, gewerbsmäßige Beratungen und Konstruktionsplanung (ausgenommen Unternehmensberatung); Ingenieurarbeiten (nicht für das Bauwesen); Werkstoffprüfung; Dienstleistungen von Labors; Vermietung von landwirtschaftlichen Geräten, Bekleidungsstücken, Bettwäsche, Verkaufsautomaten; Druckarbeiten; Vermietung von Zugriffszeit auf einen Datenbank-Server; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Aufzeichnung von Videobändern; Verwaltung von Ausstellungsgelände. Die Anmeldung ging vorab per Telefax am 18. Juli 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt ein. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wies hierbei übertragungsbedingte Unterbrechungen, Lücken und Wiederholungen auf, so dass nur ein Teil der oben aufgeführten Waren und Dienstleistungen genannt war. Eine Klärung der Frage, welche Waren und Dienstleistungen erstmals am 20. Juli 2006 dem Deutschen Patent- und Markenamt übermittelt wurden, fand nicht statt. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wurde von der Anmelderin eingeschränkt. So ist u. a. mit Schreiben vom 14. September 2006 die Anmeldung für die Dienstleistungsklassen 43, 44 und 45 zurückgenommen worden. Die einzelnen Waren- und Dienstleistungsbegriffe sind weder in dem am 18. Juli 2006 noch in dem am 20. Juli 2006 eingegangenen Verzeichnis seitens der Markenstelle vollständig mit Klassenangaben versehen worden. Durch Beschluss vom 7. April 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft für nachfolgende Waren und Dienstleistungen teilweise zurückgewiesen: Druckereierzeugnisse, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Kataloge für Events, Broschüren, Magazine; Fotografien, Poster; Post- und Grußkarten, Tauschkarten, Kalender, Sammelbücher, Aufkleber, Stickers (Papeteriewaren), soweit in Klasse 16 enthalten; Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, Jerseybekleidung; Schuhwaren; Mützenschirme, Stirnbänder (Bekleidung); Kopfbedeckung (Mützen, Kappen); Sonnenhüte; Strickwaren; Spiele, Spielzeug, elektronische Spiele, soweit sie in Klasse 28 enthalten sind; Konsolenspiele, soweit in Klasse 28 enthalten; Spielautomat, Gameboy, soweit in Klasse 28 enthalten; Autospielmodelle, Werbung; Werbung durch Werbeschriften; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Verteilung von Prospekten und Warenmustern; Vermittlung von Zeitungsabonnements für Dritte; Zusammenstellen, Systematisieren und Erteilen von Informationen (Auskünften) in Handels- und Geschäftsangelegenheiten und im Bereich Werbung (soweit in dieser Klasse enthalten) mittels digitaler, multimedialer und virtueller Informationssysteme; Buchführung; Vervielfältigung von Dokumenten; Personal-, Stellenvermittlung; Dateiverwaltung mittels Computer; Organisation von Ausstellungen für wirtschaftliche oder Werbezwecke; Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung; Marketing, Marktforschung und Marktanalyse; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Werbung für Aussteller und Werbemittlung; Bereitstellen und Vermieten von Werbe- und Präsentationsflächen, auch im Internet (Bannerexchange) und sonstigen elektronischen Medien; Vermietung von Werbematerial; Vermietung von Werbezeit in Kommunikations-Medien; Vermittlung von Adressen; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten, auch im Internet; Vermittlung von Werbe- und Förderverträgen für Dritte; Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Inanspruchnahme von Dienstverträgen; Versandwerbung; Verteilung von Werbemitteln; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Vermittlung von Werbeanzeigen; Marktkommunikation, nämlich Presseveröffentlichungen, Public Relations, Produktwerbung und Imageberatung für andere; Geschäftsführung/Vermittlung von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personalmanagementberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Sekretariatsdienstleistungen; Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche und Werbezwecke, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Werbung- und Werbevermittlung; organisatorische Beratung per Hotline; Sammeln und Systematisieren von Daten, Informationen, Bildern und Texten in Handels- und Geschäftsangelegenheiten und im Bereich Werbung in Computerdatenbanken; Aktualisieren von in digitalen, multimedialen und virtuellen Informationssystemen enthaltenen Informationen zu Handels- und Geschäftsangelegenheiten und im Bereich Werbung; Organisation von Messeteilnahmen; Präsentation von Unternehmen und deren Produkten und Dienstleistungen, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Verkaufsförderung und Vermittlung von Handels-, Angebots- und Wirtschaftskontakten sowie Handelsgeschäften im Konsumgüter- und Investitionsgüterbereich im Internet und sonstigen elektronischen Medien, auch mit Hilfe einer virtuellen Messe; Zurverfügungstellung und Vermietung von Standflächen und Messeständen einschließlich dazugehöriger Ausrüstungsgegenstände (soweit in dieser Klasse enthalten); Werbung für Aussteller und Werbemittlung; Anzeigenvermittlung; Dekoration von Messeständen und Bühnen; Sekretariatsdienstleistungen; Erziehung und Unterricht, Ausbildung; Unterhaltung; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Auto-Rallye; Herausgabe von Zeitschriften, Druckwaren und Büchern, auch in elektronischer Form in Intranetzen sowie im Internet; Herausgabe und Veröffentlichung, auch in elektronischer Form (insbesondere von Online-Publikationen), von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Katalogen, Prospekten und Broschüren, Musik, Videos; Produktion von Shows, von Filmen; Betrieb einer Künstleragentur; Organisation und Veranstaltung kultureller Aktivitäten und Wettbewerbe; Organisation und Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle, unterhaltende und sportliche Zwecke, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; Veranstaltung von Bildungs- und Unterhaltungswettbewerben; Veranstaltung und Leitung von Kolloquien, Konferenzen, Kongressen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Bildungszwecke; Reservierung von Karten für Veranstaltungen; Produktion, Reproduktion (soweit in dieser Klasse enthalten), Vorführung und Vermietung von Filmen und Hörfunksendungen, Produktion und Reproduktion (soweit in dieser Klasse enthalten) von Ton- und Bildaufnahmen auf anderen Bild- und/oder Tonträgern, Vorführung und Vermietung dieser Bild- und/oder Tonträger; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Theateraufführungen, Organisation und Veranstaltung von Konzerten, Tourneen, Theateraufführungen, Tanz- und/oder Musikdarbietungen sowie Unterhaltungsshows und entsprechenden Wettbewerben; Organisation und Veranstaltung von Seminaren und Workshops, auch im Internet und sonstigen elektronischen Medien; gewerbsmäßige Beratungen und Konstruktionsplanung (ausgenommen Unternehmensberatung); Ingenieurarbeiten (nicht für das Bauwesen); Werkstoffprüfung. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 7. April 2009 aufzuheben, das angemeldete Zeichen einzutragen und die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen. Hierzu trägt sie vor, dass die Kombination der englischen Anrede "Mr." im Sinne von Herr mit dem keinen Bezug zu einem Ort aufweisenden Begriff "Tuning" im Sinne von Tunen nicht sprachüblich sei. Damit fehle ihr nicht jede Originalität und damit nicht die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis. Zur Begründung des Antrags auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird ohne weitere Ausführungen auf § 1 Abs. 3 MarkenG Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt. 1. Das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt leidet an wesentlichen Mängeln, so dass der Beschluss vom 7. April 2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen ist (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). a) Der Anmeldetag steht für die einzelnen Waren und Dienstleistungen nicht fest. Gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG ist der Anmeldetag der Tag, an dem die Unterlagen mit den Angaben nach § 32 Abs. 2 MarkenG beim Patentamt eingegangen sind. Zu diesen Angaben gehört u. a. ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird (§ 32 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Vorliegend sind an unterschiedlichen Tagen jeweils verschiedene Fassungen des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses eingegangen. Das am 18. Juli 2006 per Telefax übermittelte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthält vermutlich auf Grund technischer Probleme bei der Übertragung weniger Waren- und Dienstleistungsbegriffe als das am 20. Juli 2006 im Original eingereichte. So beinhaltet erstgenanntes lediglich die mit den Klassenangaben 16, 38, 41 und 42 überschriebenen Waren- und Dienstleistungsgruppen vollständig, den Anfang der mit der Klassenangabe 25 überschriebenen Warengruppe und ansonsten nicht mit Klassenangaben überschriebene Ausschnitte von Waren- und Dienstleistungsgruppen. Zudem sind am Seitenbeginn einzelne Waren- und Dienstleistungsbegriffe teilweise abgeschnitten und nicht genau erkennbar. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass die Waren der Klasse 28 erstmals am 20. Juli 2006 dem Deutschen Patent- und Markenamt übermittelt worden sind. Da am 18. Juli 2006 ein unvollständiges Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingereicht worden ist, hätte gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 1 MarkenG vorab geklärt werden müssen, ob erst der Tag des Eingangs des kompletten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses am 20. Juli 2006 als Anmeldetag gemäß § 33 Abs. 1 MarkenG zuerkannt werden kann (vgl. hierzu HABM-BK MarkenR 1999, 319 - VAUDE). In Betracht kommt auch, von zwei Anmeldetagen auszugehen und damit den Zeitrang der Anmeldung für die einzelnen Waren und Dienstleistungen nach dem Tag ihrer Benennung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt zu bestimmen. b) Des Weiteren ist offen, welches Waren-/Dienstleistungsverzeichnis der Entscheidung über die Schutzfähigkeit zugrunde zu legen ist. Vorab sind nicht nur die Waren- und Dienstleistungsbegriffe zu klären (vgl. BPatG BlPMZ 1995, 418 - Hotshower; BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 8/02 - reisebuchung 24). Vielmehr muss vor der Beschlussfassung auch festgestellt werden, welche Waren und Dienstleistungen die Anmeldung noch umfasst. Durch die Rücknahme der Anmeldung für die Dienstleistungsklassen 43, 44 und 45 ist nicht sofort erkennbar, welche einzelnen Waren- und Dienstleistungsbegriffe davon betroffen sind. Die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Gruppierung nach Klassen ist nicht verbindlich, so dass geprüft werden muss, welche Dienstleistungen jeweils unter die Klassen 43, 44 und 45 fallen. Dies setzt die Klassifizierung jedes einzelnen Dienstleistungsbegriffs voraus. Die Markenstelle hat zwar bestimmte Dienstleistungsbegriffe mit Klassenangaben versehen und am Ende des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses vom 18. Juli 2006 handschriftlich die Klassenangaben 16, 25, 35, 38, 40, 41, 42, 43, 44 und 45 vermerkt. Dieses Vorgehen lässt jedoch nicht erkennen, welche Dienstleistungen konkret von der Rücknahme betroffen sind. Notfalls hätte die Beschwerdeführerin gebeten werden müssen, die einzelnen Dienstleistungsbegriffe ausdrücklich zu nennen. 2. Die Voraussetzungen für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG liegen nicht vor. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn Billigkeitsgründe gegeben sind, die es auf Grund besonderer Umstände unbillig erscheinen lassen, die Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl. BPatGE 1, 90, 92; 26, 17, 22). Solche Billigkeitsgründe können sich zwar insbesondere aus Verfahrensfehlern in der Vorinstanz ergeben. Hierbei muss jedoch eine Kausalität zwischen dem jeweiligen Fehlverhalten und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung bestehen. Demzufolge scheidet eine Rückzahlung dann aus, wenn auch ohne das Fehlverhalten das Deutsche Patent- und Markenamt inhaltlich dieselbe Entscheidung getroffen hätte und deshalb Beschwerde hätte eingelegt werden müssen (vgl. BPatG BlPMZ 1988, 114, 115; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 71, Rdnr. 32). Dies ist vorliegend der Fall, da davon auszugehen ist, dass die Markenstelle für Klasse 35 auch nach vorheriger Klärung des Anmeldetags und des maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses die Anmeldung wegen Fehlens der Unterscheidungskraft zurückgewiesen hätte. Weitere Gründe für die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr sind nicht ersichtlich und von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgetragen worden. Die Sache ist folglich an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, wobei im Rahmen der erneuten Sachprüfung der zwischenzeitlich ergangene Beschluss des 27. Senat vom 21. Juni 2010 zu der Marke "Miss Tuning" zu berücksichtigen sein wird (vgl. BPatG 27 W (pat) 191/09).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007246
BPatG
München
25. Senat
20101012
25 W (pat) 192/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Schokoladenriegel (3d-Marke)" – keine Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis – keine Verkehrsdurchsetzung
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 305 32 671.6 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. August 2010 12. Oktober 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie der Richter Merzbach und Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Markenanmelderin wird zurückgewiesen.
I. Die nachfolgend dargestellte Form eines Schokoladenriegels wurde am 6. Juni 2005 als dreidimensionale Marke für eine Reihe von Waren der Klasse 30 angemeldet. Nachdem die Anmelderin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt das Warenverzeichnis mit Schriftsatz vom 4. September 2006 beschränkt hat, ist die Anmeldung, die unter der Nummer 305 32 671.6 geführt wird, noch in Bezug auf die Waren "Schokolade und Schokoladewaren " anhängig. Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 21. März 2007 und vom 3. Juli 2009, von denen Letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), ihr ebenfalls das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht und sie auch nicht aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen werden kann (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Die angemeldete Marke stelle einen unverpackten, länglichen Schokoladenriegel dar, in dessen Mitte sich eine Einkerbung befinde. Diese Form gehe auf eine auf dem vorliegenden Warengebiet vielfach eingesetzte rechteckige Grundform zurück und füge sich nahtlos in die gängigen Grundformen ein. Die mittige Einkerbung sei nur funktionaler Natur, da dadurch die Portionierung für den Verbraucher erleichtert werde. Insgesamt handele es sich um eine Kombination bekannter Formelemente, die nur wenig über die Grundform selbst hinausgehe und lediglich als weitere Variante in einem reichlich vorhandenen Formenschatz erscheine. Die von der Anmelderin eingereichten Unterlagen seien nicht geeignet, die Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke zu begründen. Insoweit komme nur ein demoskopisches Gutachten in Betracht. Das von der Anmelderin eingereichte und von der Fa. I… GmbH erstellte Verkehrsgutachten aus dem Jahre 2005 sei nicht geeignet, eine Verkehrsdurchsetzung zu belegen. Nach den Zahlen des Gutachtens bildeten … Personen die beteiligten Verkehrskreise und damit den grundlegenden … %-Wert. Davon hätten … Befragte die angemeldete Form einem bestimmten Unternehmen und … Befragte mehreren Unternehmen zugeordnet. Bei dem Zuordnungsgrad sei aber höchstens von … Befragten auszugehen, bei denen eine Zuordnung zur Anmelderin bejaht werden könne. Dies ergebe einen Zuordnungsgrad von … %. Dieser Wert sei aber nicht ausreichend, um eine Verkehrsdurchsetzung annehmen zu können. Erforderlich sei ein deutlich höherer Durchsetzungsgrad, der nahezu einhellig, jedenfalls aber weit oder erheblich über … % liegen müsse. Wenn nahezu … % der Befragten in der angemeldeten Form keine Marke sehen würden, könne nicht von Verkehrsdurchsetzung gesprochen werden. Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde. Die Anmelderin ist der Auffassung, dass die angemeldete Form ("Merci-Riegel") im Sinne des § 3 MarkenG markenfähig ist und auch originäre Unterscheidungskraft hat. Diese Form sei weder durch die Art der beanspruchten Ware bedingt, noch sei sie zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich. Insbesondere diene die mittig angeordnete, quer verlaufende Rille nicht zur Portionierung, sondern habe ausschließlich eine dekorative, ästhetische Funktion, zumal die Verbraucher auf eine hälftige Teilung keinen Wert legten und eine solche Portionierung auch durch die Einkerbung nicht zuverlässig erreicht werden könne. Aufgrund der Größe des Riegels sei es auch nicht erforderlich, diesen zu teilen; er werde i.d.R. vollständig gegessen, wobei der Wickler so gestaltet sei, dass der Verbraucher den Riegel gar nicht anfassen müsse. Ferner handele es sich nicht um die Form eines typischen Riegels im Süßwarenbereich, da sich der "Merci-Riegel" bereits durch Größe und Gewicht davon unterscheide, die angemeldete Form im Vergleich länger (Länge zu Breite), niedriger (Länge zu Höhe) und deshalb wesentlich eleganter gestaltet sei. In dieser Formgestaltung vergleichbare Riegel würden am Markt nicht angeboten werden. Diese Form sei so markant, dass sie mit einem beliebigen Riegel typischer Art nicht verwechselt werde. Für die Frage der Verkehrsdurchsetzung seien die neben dem Gutachten der Fa. I… GmbH eingereichten Unterlagen, insbesondere zu den weitreichenden Investitionen der Anmelderin in die Markenkommunikation, keineswegs irrelevant. Die Werbung habe zudem stets die Form des Produktes als markantes Unterscheidungsmerkmal in das Bewusstsein des Publikums gerufen und gefestigt. Die Riegel seien auf der Verpackung abgebildet und durch die zur Hälfte transparenten Einwickler in der angemeldeten Gestaltung erkennbar. Die Verpackung sei minimalistisch, so dass der Konsument den unverstellten Blick auf die Vielfalt der von der Anmelderin angebotenen Schokoladen-Riegel habe. Im Übrigen habe die Markenstelle das Verkehrsgutachten der Fa. I… GmbH fehlerhaft gewürdigt. Zum einen seien nach der ROCHER-Entscheidung des BGH (GRUR 2010, 138) an Warenformmarken keine besonderen Anforderungen hinsichtlich der Verkehrsdurchsetzung zu stellen. Da es sich um einen gleichgelagerten Sachverhalt handele, reiche der von der Markenstelle ermittelte Zuordnungswert von … % für eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke aus. Ferner sei die Beurteilung der einschlägigen Verkehrskreise zweifelhaft. Es müssten die Personen abgezogen werden, die Schokoladenwaren weder für sich, noch für andere erwerben. Bei der Zuordnungsfrage müssten zugunsten der Anmelderin diejenigen berücksichtigt werden, die die Marke als Hinweis auf ein Unternehmen auffassen, dieses aber nicht namentlich benennen könnten. Außerdem müssten zugunsten der Anmelderin auch solche Befragten hinzugerechnet werden, die ein anderes Unternehmen namentlich benannt hätten oder die Angabe "ALDI" irrtümlich als Handelsmarke angesehen hätten. Insgesamt sei Verkehrsdurchsetzung gegeben. Dafür sprächen auch die seit 1964 unveränderte Form des "Merci-Riegels", die durch intensive Werbung allgegenwärtig und viel mehr Verbrauchern präsent sei, der mit dieser Bekanntheit korrespondierende Absatz, den die Anmelderin mit dem Produkt "Merci" erziele, der damit erreichte Marktanteil und die hohen Marketing-Aufwendungen für dieses Produkt, die im Jahre 2005 mehr als … Mio. € betragen hätten. Aus dem Gutachten der Fa. I… GmbH ergebe sich aus Sicht der Anmelderin zudem ein Durchsetzungsgrad von … %. Dabei seien Antworten, die das Produkt namentlich benennen, den Antworten mit der Benennung des Unternehmens der Anmelderin gleichzusetzen, zumal die Verbraucher Produkte und Unternehmen oft nicht korrekt assoziieren könnten; daher würden bekannte Unternehmen oft als erstes benannt. Fragen nach Unternehmen führten letztlich in die Irre und seien unnötig und überflüssig. Näher liege es bei Warenformmarken, nach der Bezeichnung des Produkts zu fragen. Insgesamt sei davon auszugehen, dass ca. … Befragte die angemeldete Warenform zutreffend der Anmelderin zugeordnet hätten, was für eine Verkehrsdurchsetzung ausreiche. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. März 2007 und vom 3. Juli 2009 aufzuheben. Ferner regt sie für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Hilfsweise regt sie ferner an, dass eine weitere Verkehrsbefragung von Amts wegen durchgeführt wird, oder ihr Gelegenheit gegeben wird, eine hinsichtlich der konkreten Fragestellungen mit dem erkennenden Senat abgestimmte weitere Verkehrsbefragung in Auftrag zu geben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. August 2010 und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der als dreidimensionale Marke angemeldete Warenform fehlt in Bezug auf die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Dieses Schutzhindernis ist auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung i.S.d. § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. 1. Es spricht einiges dafür, dass der angemeldeten Marke bereits die Schutzhindernisse des § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen. Die angemeldete Marke besteht aus der Form eines rechteckigen Schokoladenriegels mit abgeschrägten Seiten und einer mittig angeordneten, quer verlaufenden Rille. Wie die zahlreichen, der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelten Belege (Bl. 62 – 78 der Akten) zeigen, ist die Form eines rechteckigen Riegels eine für Schokoladenwaren typische, einfache und fabrikations- und verpackungstechnisch besonders naheliegende, typische Form, so dass die Gestaltung von Schokoladenwaren in einer rechteckigen, riegelförmigen Aufmachung als eine von mehreren denkbaren Grundformen für diese Waren, nämlich als Tafel- oder Riegelform, in Betracht zu ziehen ist. Solche Grundformen sind dem Markenschutz nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht zugänglich (BGH GRUR 2008, 510, Tz. 3 - Milchschnitte; GRUR 2010, 231, Tz. 28 - Legostein). Die weiteren Merkmale der vorliegend als Marke angemeldeten Warenform beschränken sich auf die abgeschrägten Seiten und die mittig angeordnete, quer verlaufende Rille. Hinsichtlich dieser weiteren Merkmale spricht einiges dafür, dass diese technisch bedingt sind, so dass insoweit das Eintragungshindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in Betracht kommt (BGH GRUR 2008, 510, Tz. 20 - Milchschnitte; GRUR 2010, 231, Tz. 25 - Legostein). Denn zum einen dient eine abgeschrägte Seitenform dazu, das fertige Produkt ohne Beschädigung aus der Form auszuheben. Dieses Prinzip aus dem Gießereiwesen wird in gleicher Weise bei Lebensmitteln genutzt, die in mehr oder weniger flüssiger Konsistenz in einer Form aushärten, wie etwa Schokolade, Kuchen, Pudding oder Eis. Zum anderen wird der Verkehr in der mittig angeordneten Querrille in erster Linie eine Bruchrille erblicken, die es erlaubt, den "Merci-Riegel" in gleiche Hälften zu portionieren. Dies liegt bei einem gerade auch als Geschenkartikel beworbenen Produkt etwa mit Blick auf einen gemeinsamen Verzehr mehr als nahe. 2. Ob die angemeldete Marke bereits nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG schutzunfähig ist, bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch wenn man davon ausgeht, die angemeldete Marke sei nach § 3 MarkenG markenfähig, so fehlt ihr jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; GRUR 2004, 943, Tz. 23, 24 - SAT.2; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129 - Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen). Insoweit ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 23 ff.). Bei den hier beanspruchten Schokoladewaren handelt es sich um Alltagswaren des täglichen Gebrauchs und damit des Massenkonsums. Mithin ist auf die Gesamtbevölkerung als beteiligten Verkehrskreis auszugehen (vgl. auch BPatG 32 W (pat) 114/05 v. 25. April 2007, S. 8 m. w. N. - Waffelschnitte Knoppers; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 408). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die jeweils beanspruchten Waren einen Herkunftshinweis sieht. Bei dreidimensionalen Marken sind hinsichtlich der Schutzfähigkeit zwar keine strengeren Anforderungen anzulegen als bei sonstigen Marken, aber auch keine großzügigeren. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, allerdings vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wird wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 24 - ROCHER-Kugel). Auch bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabs ist davon auszugehen, dass solchen Marken die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt. Die dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe eines der Gattung nach im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren. Hinreichende Unterscheidungskraft kommt somit nur dann in Betracht, wenn sich ein drei-dimensionales Zeichen nicht nur in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware oder deren Verpackung typisch sind, sondern wenn die als Marke beanspruchte Form charakteristische Merkmale aufweist, die von der Norm oder dem branchenüblichen Formenschatz erheblich abweichen (EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 49 - Henkel; GRUR Int. 2004, 631, Tz. 39 - Dreidimensionale Tablettenform I; GRUR Int. 2006, 226, Tz. 31 - Standbeutel; GRUR Int. 2006, 842, Tz. 26 - Form eines Bonbons II; siehe auch BGH GRUR 2004, 329, 330 - Käse in Blütenform; BGH GRUR 2004, 502, 504 - Gabelstapler II; GRUR 2004, 507, 509 – Transformatorengehäuse; BGH GRUR 2010, 138, Tz. 28 - ROCHER-Kugel). Ausgehend von diesen Maßstäben ist die angemeldete Marke nicht geeignet, im Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen zu werden. Die angemeldete Marke besteht aus der Form eines rechteckigen Schokoladenriegels mit abgeschrägten Seiten und einer mittig angeordneten, quer verlaufenden Rille. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich somit um eine Kombination bekannter Grundformelemente, und zwar rechteckiger Riegel mit leicht abgeschrägten Kanten und Bruchrille, die vom Verkehr nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 27, 28 - ROCHER-Kugel). Denn derartige rechteckige Formen von Schokoriegeln werden in sehr ähnlicher und ohne weiteres vergleichbarer Weise auf dem Markt angeboten, wie die zahlreichen, der Anmelderin mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelten Belege (Bl. 62 – 78 der Akten) zeigen. Dieser Formenschatz weist einige Grundvarianten auf, in den sich die Form der angemeldeten Marke ohne weiteres einfügt, insbesondere auch mit Blick auf Längen-Höhen-Verhältnis, das Längen-Breiten-Verhältnis und die Einkerbung. Diese Merkmale gehören, wie sich aus den vorgenannten Belegen ergibt, zu den grundsätzlichen Gestaltungsmerkmalen bei Schokoladenriegeln, ohne dass die angemeldete Marke demgegenüber Charakteristika aufweist, die sie aus diesem Grundformenschatz hervorheben. Der Verkehr, insbesondere die Endverbraucher von Schokoladenwaren werden daher in der Warenform der angemeldeten Marke nichts anderes als einen weiteren Beitrag zu dem Formenschatz ästhetischer und funktioneller Gestaltungsvarianten bei Schokoladenwaren, aber keinen Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft erkennen. 3. Die angemeldete Marke besteht ferner ausschließlich aus einem Zeichen, das zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der beanspruchten Waren dienen kann, so dass auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt ist. Die angemeldete Marke erschöpft sich darin, die äußere Form der beanspruchten Ware wiederzugeben. Mithin handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften dieser Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, glatt beschreibt. Es besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit daran, dass derartige Gestaltungen nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, sondern frei verwendet werden können (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 29 - ROCHER-Kugel; GRUR 2004, 502, 505 - Gabelstapler II; GRUR 2008, 1000, Tz. 16 - Käse in Blütenform II). Andernfalls besteht die Gefahr, dass Anmelder, die zunächst keine eigene Benutzungsabsicht verfolgen müssen, eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten monopolisieren und so die Gestaltungsfreiheit auf einem Warengebiet erheblich einschränken (BGH GRUR 2010 - ROCHER-Kugel, a. a. O.; GRUR 2006, 679, Tz. 21 - Porsche Boxster). Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei der angemeldeten Marke um eine Kombination bekannter Formelemente, die nicht über die (rechteckige) Grundform von Schokoladenriegeln hinausgeht und lediglich als weitere Variante in dem vorhandenen Formenschatz erscheint. Sie entspricht einer gerade bei Schokoladenwaren naheliegenden und auch üblichen Grundform. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung dieser Form ist daher zu bejahen. 4. Die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sind bei der angemeldeten Marke auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden worden (§ 8 Abs. 3 MarkenG). a) Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr i.S.d. § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 38 - ROCHER-Kugel). Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Verkehrsbefragung nur eine von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung ist und insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Beurteilung der Unterscheidungskraft besondere Schwierigkeiten aufwirft. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn Markenschutz für ein Gestaltungsmerkmal beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt wurde, weil in einem solchen Fall anderweitige Umstände wie Verkaufszahlen, Umsätze, Werbeaufwendungen und Marktanteile nur einen Schluss auf die Durchsetzung der durch mehrere weitere Merkmale gekennzeichneten Gestaltung erlauben (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 38, 39 - ROCHER-Kugel). Die neben dem Verkehrsgutachten der Fa. I… GmbH vom August 2005 von der Anmelderin eingereichten Unterlagen, und zwar Abbildungen von "Merci"-Packungen, Tabellen mit Absatzzahlen aus den Jahren 2002-2005 und Marktanteilen, Aufstellungen zu Marketing-Kosten, Screenshots von TV-Spots und Angaben zu Sendefrequenzen dieser TV-Spots, können für die Frage der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke nicht herangezogen werden. Denn im vorliegenden Fall ist – wie sich insbesondere aus den von der Anmelderin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Unterlagen ergibt (siehe insbesondere die Anlagen 2a, 2b, 3, 4, 5a, 5b, 5c, 6a, 6b und 6c zum Schriftsatz der Anmelderin vom 5. September 2006) - die als Marke angemeldete Warenform nicht ausschließlich in dieser konkreten Form, sondern nur in Verbindung mit weiteren Gestaltungsmerkmalen vertrieben worden, und zwar mit dem Logo "Merci" (bzw. ursprünglich "Storck") und weiteren Ausstattungsmerkmalen wie einer Wicklung, die je zur Hälfte aus einer transparenten Folie und aus einer bedruckten Goldfolie besteht, getrennt durch einen Ring in verschiedenen Farben mit dem Aufdruck "Merci". Soweit die Markeninhaberin Abbildungen von Verpackungen, Tabellen mit Absatzzahlen aus den Jahren 2002-2005 und Marktanteilen, Aufstellungen zu Marketing-Kosten, Screenshots von TV-Spots und Angaben zu Sendefrequenzen dieser TV-Spots in Bezug auf das Produkt "Merci-Riegel" vorgetragen hat, sind diese aus den o. g. Gründen für eine Begründung der Verkehrsdurchsetzung nicht geeignet und damit entscheidungsunerheblich (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 38, 39 - ROCHER-Kugel). b) Auch das Verkehrsgutachten der Fa. I. GmbH vom August 2005 ist nicht geeignet, die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke zu belegen. Insoweit ergibt sich aus dem Gutachten noch nicht einmal ein Zuordnungswert von … %, der als untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung zu erachten ist (vgl. (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 41 - ROCHER-Kugel). Vorliegend ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich, wie ausgeführt, bei der angemeldeten Marke um die dreidimensionale Darstellung einer Grundform für Schokoladewaren handelt, die die äußere Gestaltung dieser Waren in einer naheliegenden, typischen Grundform glatt beschreibt. Dann aber spricht einiges dafür, einen deutlich höheren Durchsetzungsgrad vorauszusetzen (vgl. (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 41- ROCHER-Kugel; BGH GRUR 2006, 760, Tz. 21 - LOTTO). Jedoch wird in dem vorliegenden Gutachten auch bei einer Betrachtung zugunsten der Anmelderin ein Zuordnungsgrad von weniger als … % erreicht. Ein solcher Wert lässt die Verkehrsdurchsetzung in keiner Weise als wahrscheinlich erscheinen, so dass auch weitere Ermittlungen nicht angezeigt sind. Die Fa. I… GmbH hat bei der Erstellung des Gutachtens insgesamt … Personen befragt, was an sich als hinreichend repräsentativ zu erachten ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 437). Bei der Ermittlung der beteiligten Verkehrskreise (vgl. dazu die in diesem Zusammenhang im Gutachten gestellte Frage 7: "Kaufen oder verwenden Sie derartige Schokoladen?") haben von den insges. … Befragten nur … mit "ja" geantwortet. Schokolade und Schokoladewaren sind Waren des Massenkonsums, die sich an alle Verbraucherkreise richten. Daher zählt grundsätzlich die Gesamtbevölkerung zu den angesprochenen Verkehrskreisen (vgl. (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 46 und 50 - ROCHER-Kugel; BGH GRUR 2006, 760, Tz. 22 – Lotto). Bei Schokoladenwaren kommt hinzu, dass diese nicht nur zum eigenen Konsum sondern häufig als Geschenkartikel erworben werden (so wird auch gerade das hier in Frage stehende Produkt beworben), so dass nicht lediglich auf die befragten Personen abgestellt werden kann, die die Frage nach dem (eigenen) Konsum – und so ist die Frage 7 im vorliegenden Gutachten aufzufassen – bejaht haben. Geht es aber sowohl um den eigenen Konsum von Schokoladenwaren als auch um deren Erwerb für Dritte als Geschenk, Mitbringsel etc., so ist ein Anteil von nur ca. … % der Befragten als relevanter Verkehrskreis realitätsfremd. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass das Produkt, das als Warenform Anmeldungsgegenstand ist, nach dem I…-Gutachten … Befragten bekannt ist (Ergebnis zu Frage 1), d. h. der Bekanntheitsgrad beträgt – bezogen auf die Anzahl von … Befragten, die die Frage 7 nach dem Konsum von Schokolade und Schokoladewaren bejaht haben, … %. Auch trägt die Anmelderin selbst vor, dass der "Merci-Riegel" weitaus mehr Personen bekannt sei, als der Zahl der Konsumenten (vgl. den Schriftsatz der Anmelderin vom 28. Juni 2010, Bl. 48 d. A.). Dies sind weitere Umstände, die dafür sprechen, hier von einem alle Verbraucherkreise ansprechenden Produkt und dann auch konsequenterweise von der – die Gesamtbevölkerung repräsentierende – Gesamtzahl der Befragten auszugehen. Dann aber kann im vorliegenden Fall nicht von der Zahl … (= Anzahl der Befragten, die die Frage 1 ("Ist Ihnen dieses Produkt, von dem wir den Namen und die Verpackung entfernt haben, bekannt?") bejaht haben, als … %-Bereich ausgegangen werden, an dem sich alle an deren Prozentwerte ausrichten. Vielmehr ist die Gesamtzahl der Befragten, nämlich … maßgebend. Damit ist das Gutachten der Fa. I… GmbH nicht geeignet, eine Verkehrsdurchsetzung zu belegen. Geht man mit der Markenstelle davon aus, dass … Benennungen auf die Fragen 3 und 4 (Benennung des bzw. der Unternehmen, auf die die angemeldete Warenform hinweise) bei der Zuordnung zugunsten der Anmelderin, so ergibt sich ein Zuordnungswert von … % und nicht, wie von der Markenstelle angenommen, … % und erst recht nicht, wie von der Anmelderin vorgetragen, … %. Es können zugunsten der Anmelderin auch keine weiteren Nennungen berücksichtigt werden. Denn bei den genannten … Benennungen sind bereits alle Antworten enthalten, die das Produkt "Merci" in irgendeiner Weise, auch sogar in Verbindung mit anderen Herstellern als der Anmelderin, oder die Anmelderin selbst benannt haben. Für weitere Zuordnungen zur Anmelderin ergeben sich aus dem Gutachten keine Anhaltspunkte, da weitere Benennungen entweder andere Hersteller oder Produkte anderer Hersteller oder von Vertriebsunternehmen wie "Aldi" betreffen. Würde man solche Nennungen ebenfalls zugunsten der Anmelderin berücksichtigen, so wären die Ergebnisse von Verkehrsgutachten letztlich beliebig, da es gerade auf die Zuordnung zum Betrieb der Anmelderin ankommt, um eine Verkehrsdurchsetzung zu ihren Gunsten annehmen zu können (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 53 - ROCHER-Kugel). c) Die Einholung eines weiteren Verkehrsgutachtens von Amts wegen ist nicht angezeigt. Zwar ist sowohl im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt, als auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht der Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§§ 59 Abs. 1, 73 Abs. 1 MarkenG). Das Amtsermittlungsprinzip gilt jedoch nicht lückenlos, sondern es findet keine Anwendung in den Fällen, in denen Verfahrensbeteiligten kraft Gesetzes oder Sachzusammenhang eine eigene Darlegungspflicht zukommt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 73, Rdnr. 6). Bei der Frage der Verkehrsdurchsetzung kommt es zum einen auf Tatsachen an, die entweder speziell dem Anmelder als betriebliche Daten bekannt sind oder vorliegen oder deren Ermittlung etwa im Wege eines Verkehrsgutachtens ihm in erster Linie obliegt; zum anderen liegt die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung nicht im Allgemeininteresse sondern ausschließlich im Interesse des Anmelders. Die Geltendmachung der Verkehrsdurchsetzung stellt daher eine Rechtsfolgenbehauptung dar, deren Voraussetzungen vom Anmelder schlüssig darzulegen und durch entsprechendes Tatsachenmaterial zu belegen ist (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 431; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 8, Rdnr. 353, jeweils m. w. N.). Eine Verkehrsdurchsetzung hat die Anmelderin im vorliegenden Fall - wie bereits ausgeführt - aber nicht schlüssig dargelegt und nicht belegt, da zum einen die von der Anmelderin eingereichten Abbildungen von "Merci"-Packungen, Tabellen mit Absatzzahlen aus den Jahren 2002-2005 und Marktanteilen, Aufstellungen zu Marketing-Kosten, Screenshots von TV-Spots und Angaben zu Sendefrequenzen dieser TV-Spots mangels der Benutzung der Marke in der konkret angemeldeten Form ungeeignet sind und zum anderen das Verkehrsgutachten der Fa. I… GmbH eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke bei weitem nicht zu belegen vermag. Anlass zu weiteren Ermittlungen ergeben diese Unterlagen daher gerade nicht, da es eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke in keiner Weise als wahrscheinlich erscheinen lässt. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall; das Gutachten widerlegt eher die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung. Es ergibt einen Bekanntheitsgrad von … % (vgl. die Antworten auf Frage 1, die an alle Befragten gestellt wurde) und einen Kennzeichnungsgrad von … %, nachdem … bzw. … der Befragten, die die Bekanntheit bejaht haben, die vor liegend als Marke angemeldete Warenform als Hinweis auf ein bzw. mehrere Unternehmen angesehen haben (vgl. dazu die Antworten auf Frage 2). Von den Befragten, die diese Warenform als Hinweis auf ein Unternehmen angesehen haben, ordneten … diese Warenform explizit anderen Unternehmen als der Anmelderin zu (vgl. die Antworten auf Frage 3), was in keinem Fall zugunsten der Anmelderin berücksichtigt werden kann (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 53 - ROCHER-Kugel). Selbst dann, wenn man - was nicht angezeigt ist - alle Mehrfachbenennungen zugunsten der Anmelderin berücksichtigen würde, ergäbe sich mithin ein Zuordnungswert von unter … %. In einer Gesamtschau sprechen diese Umstände eindeutig gegen die Wahrscheinlichkeit der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke, da sich auch bei einer Betrachtungsweise, die zugunsten der Anmelderin ausfällt, ein deutlicher Abstand schon zu einem Zuordnungswert von nur … % besteht, der in Bezug auf eine Verkehrsdurchsetzung generell als unterste Grenze zu erachten ist. Dieser Abstand wiegt vorliegend umso schwerer, als es um eine gebräuchliche, die Eigenschaften der beanspruchten Waren glatt beschreibenden Grundform geht, bei der ein den Wert von … % deutlich übersteigender Zuordnungsgrad zu fordern sein wird. Berücksichtigt man ferner, dass die als Marke angemeldete Warenform nach dem eigenen Sachvortrag der Anmelderin seit Jahrzehnten intensiv beworben und umfangreich benutzt wird, so spricht auch nichts dafür, dass sich eine Steigerung der Verkehrsbekanntheit seit der Erstellung des o. g. Verkehrsgutachtens im August 2005 ergeben hat. Nach alledem besteht kein Anlass, eine weitere Verkehrsbefragung von Amts wegen durchzuführen. d) Es besteht auch kein Anlass, der Anmelderin im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens eine Gelegenheit für die Einholung eines weiteren Verkehrsgutachtens zu geben. Zwar kann dies bei Vorliegen eines Gutachtens in Betracht kommen, um z. B. Zweifel an der Verkehrsdurchsetzung zu beseitigen, die ansonsten zu Lasten des Anmelders gehen würden (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 8, Rdnr. 353). Im vorliegenden Fall bestehen aber nicht lediglich Zweifel an der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke. Vielmehr lässt insbesondere das von der Anmelderin eingereichte Gutachten eine Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke aus den vorgenannten Gründen nicht als wahrscheinlich, sondern vielmehr als widerlegt erscheinen. Sind somit aus den vom Anmelder vorgelegten Unterlagen keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Verkehrsdurchsetzung in schlüssiger Weise als zumindest wahrscheinlich erscheinen lassen, ist es auch nicht angezeigt, der Anmelderin Gelegenheit für die Einholung und Vorlage eines weiteren Verkehrsgutachtens zu geben. 5. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht angezeigt. In den vorliegend entscheidungserheblichen Punkten, nämlich der Frage der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sowie der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG bei dreidimensionalen Zeichen, die eine Warenform darstellen, war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zu diesen entscheidungserheblichen Punkten warf die von der Anmelderin erhobene Beschwerde keine Rechtsfrage auf, die nicht anhand der anzuwendenden Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu beantworten war und beantwortet wurde. Mithin ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007246&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007248
BPatG
München
28. Senat
20100818
28 W (pat) 122/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "omega-fit" – fehlende Feststellung eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 301 13 207 (hier: Löschungsverfahren S 279/08) hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Der Beschwerdegegner ist Inhaber der seit dem 22. Mai 2001 eingetragenen Wortmarke 301 13 207 „omega-fit“. Nach einer Teillöschung auf Antrag des Markeninhabers hat die Marke noch Schutz für die folgenden Waren der Klassen 29, 5 und 30: „Nahrungsergänzungsmittel, nämlich solche, die Omega–3 Fettsäuren enthalten, soweit in Klasse 5 enthalten; Speiseöle und -fette; nämlich solche, die Omega–3 Fettsäuren enthalten; Nahrungsergänzungsmittel, nämlich solche, die Omega–3 Fettsäuren enthalten, soweit in Klasse 29 enthalten; Nahrungsergänzungsmittel, nämlich solche, die Omega–3 Fettsäuren enthalten, soweit in Klasse 30 enthalten;“ Die Antragstellerin hat die Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG beantragt und dies damit begründet, die angegriffene Bezeichnung bestehe ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit und der Bestimmung der Waren dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Nach Einschränkung des Warenverzeichnisses auf Nahrungsergänzungsmittel sowie Speiseöle und -fette, welche Omega-3-Fettsäuren enthielten, könne die angegriffene Marke nur noch als rein beschreibend angesehen werden. Im geschäftlichen Verkehr wie in der Werbung werde zunehmend der Begriff „Omega“ mit einer die jeweilige Gruppe der Fettsäuren kennzeichnenden Ziffer verwendet. Im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln habe es sich immer mehr etabliert, die entsprechende Benennung (Omega-3, -6 oder -9) wegzulassen. Zu dieser Verkehrsübung und zur Löschungsreife von „Omega“ verweist die Antragstellerin auf zwei Entscheidungen des Bundespatentgerichts (Aktenzeichen 25 W (pat) 128/04 vom 29. Dezember 2006 sowie Aktenzeichen 32 W (pat) 239/02 vom 3. September 2003). Ihrem Löschungsantrag beigefügt hat die Antragstellerin mehrere Beispiele über die Verwendung von „Omega-3“ im Bereich Nahrungsergänzung. Sie weist darauf hin, dass auf diesem Warengebiet auch die Bezeichnung „Omega“ in Alleinstellung als beschreibender Hinweis üblich sei. Die Bezeichnung „fit“ sei dem Verkehr ebenfalls ohne Weiteres als bloße produktbezogene Angabe bekannt, wofür die Antragstellerin ebenfalls auf Verwendungsbeispiele verweist. Beide Begriffe würden bei der Anpreisung der beanspruchten Waren verwendet und auch benötigt. In ihrer sprachüblichen Kombination seien die mit einem Bindestrich verbundenen Angaben „omega“ und „fit“ rein beschreibend und hätten keine Unterscheidungskraft. Der Markeninhaber ist dem Löschungsbegehren rechtzeitig entgegengetreten. Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zum Zeitpunkt der Eintragung sei die Marke zu Recht als schutzfähig beurteilt worden. Maßgeblich für die Rechtssprechung im Eintragungszeitpunkt sei die „Baby-Dry“- Entscheidung des EuGH gewesen, nach der vom üblichen Sprachgebrauch abweichende Wortkombinationen die Eintragbarkeit begründeten. Nur im Wege einer unzulässigen analysierenden Betrachtung käme man zu einem warenbeschreibenden Bezug im Sinne von „fit durch Omegafettsäuren“. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen. Zur Begründung ihrer Beschwerde führt sie aus, die von der Markenabteilung zitierte Entscheidung „Baby-Dry“ stamme vom September 2001 und sei schon daher für den Eintragungszeitpunkt der angegriffenen Marke im Mai 2001 nicht maßgeblich. Vielmehr hätte das DPMA seine Beurteilung beispielsweise auf die Entscheidungen „antiKALK“ und „marktfrisch“ stützen und damit dem Löschungsantrag stattgeben müssen. Der Markeninhaber beantragt die Beschwerde zurückzuweisen. Zur Begründung bezieht er sich auf die Ausführungen im angegriffenen Beschluss. Die von der Antragstellerin genannten Entscheidungen seien nicht einschlägig, zumal die beschreibenden Bedeutungen der beiden Bestandteile der angegriffenen Marke auf verschiedenen Gebieten lägen. Während „omega“ sich auf die Inhaltsstoffe des Produkts beziehe, beschreibe „fit“ den Gesundheitszustand desjenigen, der das Produkt verzehre. Der Markeninhaber ist seiner Ankündigung im Schriftsatz vom 16. August 2010 folgend im Termin nicht erschienen. II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in Sache keinen Erfolg, da nicht festgestellt werden konnte, dass die angegriffene Marke entgegen § 8 MarkenG eingetragen wurde. Der Löschungsantrag ist zurückzuweisen, da nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann, dass die angegriffene Marke im Eintragungszeitpunkt vom Markenschutz ausgeschlossen war. Die Löschung einer Markeneintragung nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG erfordert die positive Feststellung, dass das Schutzhindernis im Zeitpunkt der Eintragung und der Entscheidung über die Löschung vorlag. Verbleibende Zweifel gehen grundsätzlich zu Lasten der Antragstellerin und nicht des Markeninhabers (BGH MarkenR 2009, 297-302, Leitsatz b) POST II). 1. Bezogen auf den Eintragungszeitpunkt Mai 2001 kann bereits nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass die angegriffene Marke einem Schutzhindernis nach § 8 MarkenG unterliegt. a) Die Zweifel des Senats beziehen sich insbesondere auf eine beschreibende Verwendung der Angabe „Omega“ in Alleinstellung. Gegenstand der Schutzfähigkeitsprüfung ist zwar stets die angegriffene Marke in ihrer konkret angemeldeten Form. Jedoch führt bereits die Ermittlung des Bedeutungsgehalts des Bestandteils „Omega“ der Wortkombination zum Ausschluss eines Schutzhindernisses für die Marke insgesamt. Unter den Beteiligten ist zwar unstreitig, dass die Bezeichnung „Omega-3- Fettsäuren“ die beanspruchten Nahrungsergänzungsmittel ausschließlich produktbezogen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beschreibt und einer solchen Angabe auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Die Behauptung der Antragstellerin, im Verkehr werde die Bezeichnung „Omega“ allein als Kürzel für „Omega-3-Fettsäuren“ oder deren Varianten „Omega-6“ bzw. „Omega-9“ beschreibend verwendet, lässt sich an Hand der ins Löschungsverfahren eingeführten Beispiele nicht belegen. Bei den Anlagen C bis J zum Löschungsantrag vom 15. September 2008 handelt es sich um Internetauszüge aus dem Juni 2008, die schon wegen des deutlichen zeitlichen Abstands zum Eintragungszeitpunkt keinerlei Rückschlüsse auf eine Verkehrsauffassung im Jahr 2001 zulassen. Die Beispiele zeigen auch nicht durchgängig die Angabe „Omega“ ohne weitere beschreibende Hinweise auf die jeweilige Art der Fettsäure (Anlagen C und J). Zudem lässt sich bei den konkreten Beispielen nach Anlagen E bis H eine markenmäßige Verwendung der Bezeichnung „Omega“ nicht ausschließen. Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit Hilfe der Verkehrsauffassung im Jahr 2008 im Wege der rückschauenden Betrachtung ein Schutzhindernis bezogen auf den Eintragungszeitpunkt in Betracht kommt. b) Den von der Antragsstellerin genannten Entscheidungen verschiedener Senate des Bundespatentgerichts können die Löschungsreife des Bestandteils „Omega“ begründende Feststellungen bezogen auf den Eintragungszeitpunkt der angegriffenen Marke ebenfalls nicht entnommen werden. Es kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass sich in den nach Eintragung der Marke ergangenen Entscheidungen der Senate eine beschreibende Verwendung des Bestandteils „Omega“ manifestiert habe. Der Beschluss des 25. Senats (Aktenzeichen 25 W (pat) 128/04) vom 9. November 2006 betrifft die Beurteilung des Schutzumfangs einer älteren Bezeichnung „Omega“ für Waren der Klasse 5 in einem Widerspruchsverfahren. Im Ergebnis bejaht der Senat eine eng zu bemessende Kennzeichnungskraft dieser Bezeichnung. Ausgehend von einem hohen Bekanntheitsgrad von Omegafettsäuren liegt es nach Ansicht des Senats für den Verkehr nahe, den Begriff „Omega“ als beschreibenden Hinweis bzw. als Kurzwort für Omegafettsäuren zu verstehen. Dementsprechend bediene sich der geschäftliche Verkehr und vor allem die Werbung zur Bezeichnung von „Omegafettsäuren“ zunehmend des Begriffs „Omega“ mit einer die jeweilige Gruppe kennzeichnenden Ziffer und ohne den erläuternden Zusatz „Fettsäure“. So zum Beispiel in den vom Senat genannten Fällen „Omega 3 Kapseln“ oder „Omega 3 Präparaten“ (Seite 7, 2. Absatz des Beschlusses). Weiter führt der Senat aus, der Verkehr sehe im Begriff „Omega“ einen allgemeinen Ober- bzw. Sammelbegriff für sämtliche Omegafettsäuren vergleichbar mit dem Begriff „Vitamin“. Hierbei geht der Senat jedoch von einer im Jahr 2006 bestehenden Verkehrsauffassung aus und grenzt sich von einer im Beschluss zitierten Entscheidung des 30. Senats (Aktenzeichen 30 W (pat) 318/03) ab, der bezogen auf das Jahr 2001 die Schutzunfähigkeit der Angabe „Omega“ verneint hatte. In diesem Verfahren des 30. Senats ging es um die Löschung einer Marke „Omega“ für Waren der Klasse 5, die im März 2001 eingetragen worden war. Der Senat konnte nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Angabe „Omega“ in Alleinstellung im Zeitpunkt der Eintragung der Marke einem Schutzhindernis unterlag (Seite 6, 3. Absatz). Seine Feststellungen bezogen auf das Jahr 2001 ergaben, dass für die Bezeichnung der konkreten Art der Fettsäure im Verkehr eine vollständige Benennung üblich sei (Seite 5, 2. Absatz). Ebenfalls in seinem Beschluss zitiert der 25. Senat eine Entscheidung des erkennenden Senats vom 3. Juli 2002 (Aktenzeichen 28 W (pat) 145/01). Dort hat es der Senat zwar dahinstehen lassen, welchen Grad an Kennzeichnungskraft der streitgegenständlichen Widerspruchsmarke „OMEGA“ zukomme. Für den Bereich der Lebensmittel, die sich an allgemeine Verkehrskreise richten, hat er Zweifel geäußert, ob nicht jedenfalls ein Teil des Verkehrs „OMEGA“ für einen Phantasiebegriff halte. Jedenfalls könnte dieses Wort nicht ohne Weiteres mit der als gesundheitsfördernd propagierten Bezeichnung „Omega-3-Fettsäure“ gleichgesetzt werden. Soweit sich die Antragstellerin zur Begründung der Löschungsreife der angegriffenen Marke auf die Entscheidung des 32. Senats vom 3. September 2003 (Aktenzeichen 32 W (pat) 239/02) beruft, ist Gegenstand dieses Verfahrens die Verwechslungsgefahr zwischen einer jüngeren Mehrwortmarke und der Widerspruchsmarke, die allein aus der Bezeichnung „OMEGA“ besteht und für Waren der Klassen 29 und 30 eingetragen ist. Eine Reduzierung des Schutzumfangs der älteren Marke ist dort nur für solche Lebensmittel in Betracht gezogen worden, die in erhöhtem Maß Omega-3-Fettsäuren enthalten. In der Entscheidung ist aber ausdrücklich festgestellt worden, dass „OMEGA“ nicht ohne Weiteres mit dem Begriff „Omega-3-Fettsäuren“ gleichgesetzt werden kann, da es daneben noch weitere „Omega-Fettsäuren“ gäbe. Der Begriff „Omega-3-Fettsäuren“ sei aber mittlerweile aus der Werbung und zahlreichen gesundheitsbezogenen Veröffentlichungen so bekannt, dass ein Teil des Publikums bereits die Angabe „Omega“ im Zusammenhang mit Fischprodukten nach Ansicht des Senats als abgekürzter Hinweis auf die Beschaffenheit dieser Produkte auffasst. Im Ergebnis hat der Senat den Schutzumfang der Widerspruchsmarke auf ein etwas unterdurchschnittliches Maß festgesetzt. c) Der zitierten Rechtsprechung ist daher zwar die Tendenz zu entnehmen, dass sich die Angabe „Omega“ bezogen auf die hier gegenständlichen Waren, zu denen auch solche Nahrungsergänzungsmittel gehören, die den Lebensmitteln zuzuordnen sind, in jüngerer Zeit zu einer beschreibenden Angabe entwickelt hat. Vor dem Hintergrund der von der Antragstellerin vorgelegten konkreten Verwendungsbeispiele für Nahrungsergänzungsmittel aus dem Jahr 2008 scheint sich dieser Trend jedoch nicht zu bestätigen, da dort dem Verkehr weitgehend Produktinformationen begegnen, bei denen die genaue Art der Fettsäure mit angegeben ist und sogar teilweise eine markenmäßige Herausstellung von „Omega“ für einschlägige Produkte festzustellen ist. Erst recht lassen diese Verwendungsbeispiele nicht den Schluss zu, im Zeitpunkt der Eintragung sei für den Verkehr mit dem Begriff „Omega“ in Alleinstellung für die beanspruchten Waren ein rein beschreibender Hinweis auf konkrete Eigenschaften der Ware verbunden gewesen. Für den Eintragungszeitpunkt 2001 lässt sich die Schutzunfähigkeit des Bestandteils „Omega“ in der angegriffenen Marke gerade nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, wie insbesondere den Gründen der Entscheidung des 30. Senats zu entnehmen ist. 2. Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke nach ihrem Gesamteindruck kann bezogen auf den Eintragungszeitpunkt nichts Anderes gelten. Soweit die Markenabteilung die Zurückweisung des Löschungsantrags mit der im Zeitpunkt der Eintragung angeblich geltenden Rechtsprechung begründet hat, fehlt es hierfür an jeglicher Rechtsgrundlage. Maßstab für die Beurteilung der Schutzfähigkeit von Marken kann die im Zeitpunkt der Eintragung geltende Rechtsprechung schon deshalb nicht sein, weil die europäische Markenrechtsrichtlinie ebenso wie der nationale Gesetzgeber ausdrücklich die nachträgliche Korrektur von Fehleintragungen durch Löschung im Rahmen des harmonisierten Markenrechts vorgesehen hat. Somit kann etwa der Gesichtspunkt des Vertrauensschutz in eine einmal erfolgte, jedoch zu Unrecht vorgenommene Registrierung einer Marke bereits nicht verfangen. Die Auslegung der absoluten Schutzhindernisse nach dem harmonisierten Markenrecht hat daher stets nach den Vorgaben des Europäischen Gerichtshof zu erfolgen und zwar entsprechend der im Zeitpunkt der Überprüfung der Eintragung maßgeblichen Rechtssprechungsgrundsätze. Hierbei muss das dem harmonisierten Gemeinschaftsrecht zugrundeliegende Allgemeininteresse an einem unverfälschten Wettbewerb und der Schutz vor ungerechtfertigten Monopolen im Rahmen der jeweiligen Ausprägung der Schutzhindernisse nach der aktuellen Entscheidungspraxis berücksichtigt werden. Die Entwicklung der Rechtsprechung und die bei der Auslegung von Gesetzen seitens der Gerichte vorgenommenen Korrekturen haben grundsätzlich Rückwirkung, so dass eine neuere (richtige) Auslegung des Gesetzes ohne weiteres die überholte frühere Spruchpraxis ersetzt (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Auflage § 8 Rdn. 16). Die Vorabentscheidungen des EuGH legen folglich die Bestimmungen des harmonisierten Markenrechts so aus, wie sie gegenwärtig auszulegen sind und daher auch von jeher auszulegen waren. In einem solchen Fall entfällt auch die Bindungswirkung nach §§ 70 Abs. 4, 89 Abs. 4 MarkenG (vgl. BGH GRUR 2007, 55 , Nr. 11f., Farbmarke gelb/grün II). Die Beschwerde der Antragstellerin war daher zurückzuweisen, schon weil im Zeitpunkt der Eintragung der Marke für den Bestandteil „Omega“ ein relevantes Schutzhindernis nicht nachgewiesen werden konnte. Die Beurteilung der angegriffenen Marke im Bezug auf den Entscheidungszeitpunkt kann daher dahinstehen. Im Fall einer bereits länger zurückliegende Eintragung der Marke ist der Nachweis eines Schutzhindernisses zwar erfahrungsgemäß nicht ohne Schwierigkeiten zu führen. Lässt sich im Nachhinein mit der erforderlichen Sicherheit nicht mehr aufklären, ob ein Schutzausschlussgrund im Eintragungszeitpunkt vorlag, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten der Antragstellerin. Sie trägt im Rahmen der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht im kontradiktorischen Löschungsverfahren die Feststellungslast (BGH MarkenR 2009, 297, Nr. 31, POST II). Anhaltspunkte, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007248&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007249
BPatG
München
28. Senat
20100728
28 W (pat) 128/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "SteierMarkt (Wort-Bild-Marke)/STEIER (Gemeinschaftsmarke)" – unterstellte rechtserhaltende Benutzung – teilweise Warenidentität – keine unmittelbare und mittelbare Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 38 059 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juli 2010 unter Mitwirkung der Richterinnen Martens und Hartlieb sowie des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Gegen die am 2. November 2005 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 16 Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial; sowie für weitere Waren der Klassen 21, 29, 30 31, 32, 33 eingetragene Wort-/Bildmarke 305 38 059 Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist Widerspruch - beschränkt auf die Waren der Klasse 16 der angegriffenen Marke - erhoben worden aus der als Wortmarke registrierten, prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 204 347 STEIER die seit 1998 für zahlreiche - nachfolgend wiedergegebene - Waren der Klassen 6, 16, 17, 22 und 24 eingetragen ist. „Formteile aus Metallfolien; Kunststoff- und Plastikerzeugnisse, nämlich Ringbücher, Ringordner, Heftordner, Schnellhefter, Ordnungsmappen, Klemmappen, Klemmschienen, Postmappen, Kassenblockdeckel, Postkörbe, Schreibetuis, Autokartentaschen, Schreibmappen, Kugelschreiber, Drehbleistifte, Pultkalender, Zettelkästen, Büroklammern, Konferenztaschen, Kollegmappen, Brieftaschen, Netzetuis; aus Kunststoffolie oder Papier hergestellte bandförmige Träger für Druckzwecke; Sichthüllen, Aktenhüllen, Buchhüllen, Hefthüllen, Register; transparente Kunststoffolien, nämlich Einschlagfolien für Bücher; aus Kunststoffolien hergestellte Beutel und Schläuche für die Verpackungsindustrie; Aktenmappen, Briefpapiermappen, Dokumentenmappen, Falzmappen, Mustermappen, Ordnermappen, Prospektmappen, Sammelmappen, Schreibmappen, Schulmappen, Unterschriftmappen, Zeugnismappen; ein- und beidseitig selbstklebende Erzeugnisse, nämlich Abdecketiketten aus Kunststoff, Papier oder Gewebe, Farb- und Spritzschablonen, Klebefolien, Klebeecken, Ordnerrückenschilder, Karteikarten- und Registerreiter, Farbmarkierungen, bedruckte Etiketten; Einlagen für Ringbücher aus Papier oder Kunststoff; Formteile aus Papier; rutschfeste Unterlagen aus Kunststoff für Büroartikel; Ausweishüllen, Briefmappen, Notenmappen. Mit Trägerschichten versehene Unter- und Zwischenlegstücke aus Schaumkunststoff, Zellkautschuk oder Gummi, Dichtungen, Formteile aus Zellkautschuk oder Gummi, rutschfeste Unterlagen aus Gummi oder Zellkautschuk. Aus Kunststoffolien hergestellte Abdeckplanen und -hauben für landwirtschaftliche Kulturen; transparente Kunststoffolien, nämlich Gartenbaufolien. Aus Kunststoffolien hergestellte Abdeckplanen und -hauben für landwirtschaftliche Kulturen; transparente Kunststoffolien, nämlich Gartenbaufolien. Formteile aus Filz oder Gewebe; rutschfeste Unterlagen aus Filz; ein- oder beidseitig selbstklebende Erzeugnisse, nämlich Abdecketiketten Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Widerspruch zunächst teilweise stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke für alle Waren der Klasse 16 mit Ausnahme von „Schreibmaschinen“ angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt, in der angegriffenen Marke sei die Widerspruchsmarke, bestehend aus dem Eigennamen „Steier“, enthalten und lediglich um den allgemeinen Handels- und Verkehrsbegriff „Markt“ ergänzt. Da der gemeinsame Bestandteil „Steier“ die jüngere Marke präge bzw. seine selbständig kennzeichnende Stellung dort bewahrt habe, sei eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Erinnerung hat die Markeninhaberin die Einrede der Nichtbenutzung erhoben und diese nach Vorlage von Benutzungsunterlagen aufrechterhalten. Der Erinnerungsprüfer hat in seiner Entscheidung vom 15. 9. 2009 den Erstbeschluss aufgehoben und den Widerspruch vollständig zurückgewiesen. Die Benutzung der Widerspruchsmarke könne dahinstehen, da eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei. Der Schriftzug „Steiermarkt“ in der jüngeren Marke wirke geschlossen und einheitlich, so dass dem Bestandteil „Steier“ dort keine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Das dränge sich auch deshalb auf, weil der Schriftzug erkennbar an den Namen des österreichischen Bundeslands „Steiermark“ angelehnt sei. Die beschreibende Aussage von „Markt“ wirke sich innerhalb der Gesamtbezeichnung nicht aus. Eine mittelbare VG sei ebenfalls nicht anzunehmen. Gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. An den Markenabstand seien strenge Anforderungen zu stellen, da sich identische oder hochgradig ähnliche Waren gegenüberstünden und von einer zumindest durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden müsse. Zwar sei der Gesamteindruck beider Marken unterschiedlich, doch werde die jüngere Marke erfahrungsgemäß klanglich mit „Steier Markt“ wiedergegeben, wobei „Steier“ und „Markt“ als eigenständige Wörter wahrgenommen würden. Dem Verkehr seien Wortbildungen wie Elektromarkt bzw. Fischmarkt bekannt, so dass er sich auch vorliegend in erster Linie am Wortanfang orientiere, zumal nicht von einem Gesamtbegriff mit einheitlichem und geschlossenem Schriftzug ausgegangen werden könne. Optisch komme diese Trennung durch den großen Leerraum zwischen den Wortbestandteilen zum Ausdruck. Die Widersprechende trägt weiter vor, sie sei Inhaberin einer Zeichenserie, deren Stammbestandteil „Steier“ geeignet sei, auf die Widersprechende hinzuweisen, und der auch als Firmenschlagwort eingesetzt werde. Der Bestandteil „markt“ füge sich ohne Weiteres in die vorhandene Serie ein. Die Widersprechende beantragt zuletzt, den Erinnerungsbeschluss vom 15. 9. 2009 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke für alle Waren der Klasse 16 bis auf „Schreibmaschinen“ anzuordnen. Die Markeninhaberin beantragt, neben der Zurückweisung der Beschwerde diese zusätzlich bereits als unzulässig zu verwerfen. Zur Begründung ihrer Anträge führt die Markeninhaberin aus, die Widersprechende habe im Beschwerdeschriftsatz vom 15.10.2009 in Ziffer 1 unzulässigerweise lediglich die Aufhebung des Erinnerungsbeschlusses beantragt, während sie unabhängig davon in Ziffer 2 Antrag auf Löschung der angegriffenen Marke insgesamt gestellt habe. Hierfür fehle es bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis. Auch insoweit sei die Beschwerde unzulässig. Die nach Ansicht der Markeninhaberin unzulässige Änderung des Antrags im Schriftsatz vom 1.4.2010 habe diesen Mangel nicht beseitigen können. In der Sache hält sie in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Erinnerungsprüfers die Beschwerde für nicht begründet. Für eine zergliedernde Betrachtungsweise der Schreibweise der jüngeren Marke gebe es keinerlei Anhaltspunkte, vielmehr nehme der Verkehr das angegriffene Zeichen in seiner Gesamtheit wahr. II. 1. Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen keine Bedenken. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin ist das Rechtsschutzbegehren der Widersprechenden in ihrer Beschwerdeschrift hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen. Im Wege der Auslegung wird deutlich, dass sich die Beschwerde der Widersprechenden gegen die Entscheidung des Erinnerungsprüfer mit dem Begehren richtet, die Erstprüferentscheidung wiederherzustellen. In diesem Sinn ist auch Ziffer 2 ihres Antrags aus der Beschwerdeschrift zu verstehen. Ohnehin käme eine Löschung der angegriffenen Marke nur im Umfang des Ausspruchs im Erstprüferbeschluss vom 11.10.2006 in Betracht, der eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich aller Waren der Klasse 16 mit Ausnahme von „Schreibmaschinen“ bejaht hatte. Nachdem nur die Markeninhaberin gegen diesen Beschluss Erinnerung eingelegt hatte, war dieser Beschluss bezüglich der Zurückweisung des Widerspruchs für die Ware „Schreibmaschinen“ für die Widersprechende bereits in Rechtskraft erwachsen. 2. Die Beschwerde der Widersprechenden bleibt in der Sache ohne Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. u. a. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) "Marca/Adidas"; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) "THOMSON LIFE"; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) "PICASSO"; BGH GRUR 2005, 513, 514 "MEY/Ella May"; GRUR 2006, 859, 860 (Nr. 16) "Malteserkreuz"; GRUR 2008, 905, 905 (Nr. 12) "Pantohexal"). Was die einander gegenüberstehenden Waren betrifft, hält die Markeninhaberin ihre Nichtbenutzungseinrede zwar weiter aufrecht, sie ist jedoch im Ergebnis nicht entscheidungserheblich. Der Senat unterstellt zugunsten der Widersprechenden eine rechtserhaltende Benutzung der älteren Marke für bestimmte Schreibwaren wie Ordner und Hüllen aus Plastik sowie Klebeetiketten. Bei diesen Produkten und den mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der Klasse 16 der Markeninhaberin handelt es sich unstreitig um zumindest teilweise identische Produkte, so dass von hohen Anforderungen an den Abstand auszugehen ist, den die angegriffene Marke zum Widerspruchszeichen einzuhalten hat, um die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichszeichen sicher ausschließen zu können. Die ältere Marke besitzt von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Ein darüber hinaus gehender Schutzumfang ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Maßgeblich für die Prüfung der Markenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüber stehenden Marken, da der Durchschnittsverbraucher eine Marke im Normalfall als Ganzes wahrnimmt (EuGH MarkenR 2005, 438, Rdn. 23 – THOMSON LIFE/LIFE). Im Gesamteindruck unterscheiden sich die Vergleichsmarken schon durch die auffallend unterschiedliche Länge des Wortbestandteils der jüngeren Marke und durch das zusätzliche Bildelement, so dass in klanglicher wie visueller Hinsicht ein deutlicher Abstand der Marken vorliegt. Eine Übereinstimmung der Marken lässt sich entgegen der Ansicht der Widersprechenden auch nicht damit begründen, dass die Widerspruchsmarke im jüngeren Zeichen vollständig enthalten ist. Es ist zwar grundsätzlich möglich, dass einem einzelnen Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Wirkung zukommt, diese Konstellation stellt aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung den Ausnahmefall dar, der nur durch das Vorliegen besonderer Umstände begründet werden kann (vgl. BGH WRP 2009, 616, Rdn. 32 - METROBUS). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Für eine isoliert kollisionsbegründende Wirkung eines Markenteils ist es erforderlich, dass der fragliche Bestandteil den Gesamteindruck der Marke prägt oder im Gesamtzeichen eine eigenständige kennzeichnende Stellung behält (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Rdn. 28–31 – Thomson Life). Dies setzt voraus, dass die übrigen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und deshalb den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH WRP 2008, 1098, 1103, Rdn. 37 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Für die Annahme, vorliegend könnte der Bestandteil „Steier“ der jüngeren Marke in diesem Sinne allein kollisionsbegründend der Widerspruchsmarke gegenüber zu stellen sein, fehlt es jedoch an den erforderlichen Feststellungen. Bei der angegriffenen Marke handelt es sich um ein Wort-/Bildzeichen, das aus einem einheitlichen Wortgefüge besteht, auch wenn die Markeninhaberin eine Schreibweise gewählt hat, die in ihrer konkreten Form an eine Handschrift denken lässt, bei der der Buchstabe „m“ in der Zeichenmitte in seiner Höhe teilweise über die benachbarten Buchstabe hinausragt. Selbst wenn der Verkehr das „M“ als Versalie auffassen würde, was eine in der Regel unübliche nähere Analyse der Schreibweise voraussetzt, folgt daraus lediglich eine gewisse optische Hervorhebung einzelner Wortelemente. Eine solche Wiedergabe ist aber ein werbeübliches Gestaltungsmittel, denn die angesprochenen Verbraucher sind an einzelne herausgestellte Buchstaben innerhalb einer geschlossenen Schreibweise gewohnt und messen ihr keine weitergehende Bedeutung zu. Allein wegen der besonderen Schreibweise der angegriffenen Marke kann deshalb entgegen der Wertung der Widersprechenden nicht angenommen werden, das weitere Wortelement „Markt“ werde vom Verkehr in der jüngeren Marke nicht berücksichtig, weshalb die übereinstimmenden Bestandteile „Steier“ einander isoliert kollisionsbegründend gegenüber gestellt werden könnten. Zu diesem Ergebnis gelangt man entgegen der Ansicht der Widersprechenden auch nicht im Wege der sog. „Abspaltung“ als Sonderfall einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr, wonach glatt beschreibende Angaben in einem einheitlichen Markenwort vom Verkehr nicht als betrieblicher Herkunftshinweis gewertet werden und deshalb die Verwechslungsgefahr im Übrigen ähnlicher Kennzeichnungen nicht ausschließen können (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Auflage, § 9 Rdnr. 364). Abgesehen davon, dass diese Ausnahmekonstellation weitgehend auf den Arzneimittelbereich beschränkt ist, kann im hier zu berücksichtigenden Bereich der Klasse 16 keine entsprechende Branchenübung festgestellt werden. Die beschreibende Bedeutung von „Markt“ als Hinweis auf eine Verkaufsstätte in Alleinstellung führt nicht zwangsläufig dazu, dass in Verbindung mit dem vorangestellten Element „Steier“ das Wort „Markt“ ebenfalls rein beschreibend aufgefasst wird. Vielmehr ergibt sich in der Gesamtheit eine ohne Weiteres phonetisch wie optisch leicht erfassbare Wortkombination, die zumindest Teile des Verkehrs an den Namen eines österreichischen Bundeslandes denken lässt. Jedenfalls bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Verkehr aus dem einheitlichen Gesamtbegriff einen einzelnen Bestandteil herauslöst. Letztlich entscheidend kommt es nach Ansicht des Senats darauf an, dass erfahrungsgemäß der Verkehr jede Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt. Wird dem Verkehr eine Marke in einer geschlossenen Schreibweise präsentiert und legen es die Bezeichnungsgewohnheiten auf dem konkreten Warengebiet - wie hier - nicht nahe, eine solche Einwortmarke verkürzt wiederzugeben, ist vom Regelfall auszugehen. Danach nimmt der Verkehr die Marke ganz selbstverständlich als Einheit und damit vollständig wahr. Im Ergebnis führt die unterschiedliche Zeichenlänge der einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen klanglich wie schriftbildlich lediglich zu einer geringen Markenähnlichkeit, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG insgesamt ausscheidet. Dass die Marken schließlich gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten, wie die Widersprechenden vorträgt, ist ebenfalls nicht zu befürchten. Die Annahme dieser sog. assoziativen Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass der Verkehr die beiderseitigen Marken wahrnimmt und intensiv miteinander vergleicht, wobei eine beachtliche Branchenkenntnis und detaillierte Überlegungen einfließen, um die Frage einer gemeinsamen Unternehmensherkunft zu beantworten. Es handelt sich daher um einen Ausnahmetatbestand, für dessen Annahme im Produktbereich Schreibwaren schon deshalb wenig spricht, da es sich um einfache Waren des täglichen Bedarfs handelt, die ohne besondere Sorgfalt von breiten Verkehrskreisen erworben werden. Zwar kann sich dabei kollisionsfördernd auswirken, wenn der Inhabers der älteren Kennzeichnung über eine Serie von Marken verfügt, deren gemeinsamer Bestandteil sich identisch oder wesensgleich in der angegriffenen Marke wiederfindet und dieser Stammbestandteil auf den Inhaber des älteren Markenrechts hinweist. Diese Voraussetzungen sind aber im Ergebnis zu verneinen, auch wenn vorliegend die Widerspruchsmarke gleichzeitig als Firmenschlagwort eingesetzt wird. Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zur Benutzung ihrer Zeichenserie zeigen im übrigen eine grafisch hervorgehobene Verwendung des Wortes „Steier“ zusammen mit einem produktbeschreibenden Bestandteil „plast, form, print“ in Normalschrift. Ein einheitlicher Schriftzug, wie er Bestandteil der jüngeren Marke ist, fehlt aber bereits. Auch sind vorliegend erhebliche Zweifel angebracht, ob die angegriffene Marke sich in diese Markenserie einfügen kann, denn die isolierte Angabe „Markt“ passt in ihrer Bedeutung nicht zu der geltend gemachten Zeichenserie. Hinzu kommt, dass über den Umfang der Benutzung der Zeichenserie keine Angaben vorliegen. Letztlich entscheidend gegen die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr spricht aber die in sich geschlossene Bedeutung des Wortbestandteils der angegriffenen Marke, die einen Gesamtbegriff darstellt und somit von der Vorstellung wegführt, die jüngere Marke gehöre zu einer Zeichenserie eines bestimmten Unternehmens. Nach allem war die Beschwerde daher zurückzuweisen. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG). Für die von der Markeninhaberin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen nicht vor. Weder betrifft die Frage der Zulässigkeit der Beschwerde vorliegend eine konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007250
BPatG
München
29. Senat
20100927
29 W (pat) 86/10
Beschluss
§ 269 Abs 3 S 1 ZPO, § 269 Abs 4 ZPO, § 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – zum Ausspruch der Wirkungslosigkeit der Amtsbeschlüsse nach Widerspruchsrücknahme im Beschwerdeverfahren - Ausspruch erfolgt auf Antrag - Rechtschutzinteresse besteht – Zulassung der Rechtsbeschwerde
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 305 14 576 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. September 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. Mai 2008 und 22. Januar 2009 sind wirkungslos, soweit die Widersprüche gegen die angegriffene Marke 305 14 576 aus den Marken 399 83 256, 302 34 527, 303 63 899 und 304 12 304 und dem "Firmenkennzeichen medi" zurückgewiesen worden sind. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I. Mit den Beschlüssen vom 22. Mai 2008 und 22. Januar 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG der angegriffenen Marke 305 14 576 mit den Widerspruchsmarken 399 83 256, 302 34 527, 303 63 899 und 304 12 304 verneint und die Widersprüche sowie den Widerspruch aus dem "Firmenkennzeichen medi" zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung hat die Widersprechende form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat sie mit Schriftsatz vom 23. Juni 2010 sämtliche Widersprüche zurückgenommen und mit Schriftsatz vom 12. August 2010 ausdrücklich Antrag auf Aussprechung der Wirkungslosigkeit der beiden Amtsbeschlüsse gestellt. II. Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 ZPO war auszusprechen, dass die beiden angefochtenen Beschlüsse wirkungslos sind (vgl. BGH Mitt. 1998, 264 – Puma; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 384). Nach dem bei der Rücknahme des Widerspruchs gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG entsprechend anzuwendenden § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist, wenn die Klage zurückgenommen wird, der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Nach dem gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG analog anzuwendenden § 269 Abs. 4 ZPO entscheidet das Gericht auf Antrag über diese Wirkung durch (deklaratorischen) Beschluss. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift hat der Ausspruch der Wirkungslosigkeit auf Antrag zwingend zu erfolgen, ohne dass zwischen Urteilen unterschieden wird, welche der Klage stattgeben oder sie zurückweisen. Das gilt auch im Rahmen der analogen Anwendung dieser Vorschrift im Markenrecht bei einer Rücknahme eines Widerspruchs, so dass es auch hier keinen Unterschied machen darf, ob der Widerspruch zur Löschung der angegriffenen Marke geführt hat oder ob er zurückgewiesen worden ist. Nach der Ansicht des 27. Senats des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung vom 2. November 2009 (27 W (pat) 55/09, GRUR 2010, 759, 760 - flow) erstrecken sich die Rechtswirkungen des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO nur auf Entscheidungen, die zu Änderungen der materiellen Rechtslage geführt haben, weshalb er den Antrag auf Wirkungslosigkeitserklärung eines den Widerspruch zurückweisenden Amtsbeschlusses mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurückgewiesen hat. Wie bereits dargelegt, sieht das Gesetz eine solche Unterscheidung aber nicht vor, sondern verpflichtet das Gericht bei Antragstellung in jedem Fall zum Ausspruch der Wirkungslosigkeit. Ferner fehlt dem Antrag eines Widersprechenden auf Feststellung der Wirkungslosigkeit von Amtsbeschlüssen, die Widersprüche zurückweisen, - wie hier - auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Der Zweck eines Beschlusses nach § 269 Abs. 4 ZPO besteht darin, den Rechtsschein wirkungsloser Entscheidungen zu beseitigen. An der Herbeiführung dieser Rechtssicherheit hat auch ein Widersprechender, dessen Widersprüche zurückgewiesen worden sind, ein schutzwürdiges Interesse. Denn in einem etwaigen Klageverfahren lässt sich die Wirkungslosigkeit einer die Verwechslungsgefahr verneinenden Entscheidung des Markenamtes einfacher und nachdrücklicher durch Vorlage eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses belegen. Diesen kann der Markeninhaber ferner bei einer späteren Markenübertragung dem Rechtsnachfolger aushändigen und damit auch für ihn Rechtssicherheit schaffen (vgl. Kunz-Hallstein, GRUR 2010, 760). Zu einer Kostenauferlegung (§ 71 Abs. 1 und 4 MarkenG) bestand kein Anlass. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugelassen, weil die vorliegende Entscheidung vom Beschluss des 27. Senats des Bundespatentgerichts vom 2. November 2009 (27 W (pat) 55/09, GRUR 2010, 759, 760 - flow) abweicht.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007254
BPatG
München
17. Senat
20100923
17 W (pat) 47/06
Beschluss
§ 1 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Verfahren zur Visualisierung dreidimensionaler, seitens einer Datenverarbeitungseinrichtung vorliegender und/oder empfangener vektorieller Größen mit farbcodierter Richtungsinformation sowie zugehörige Vorrichtung" - zur Patentfähigkeit  - keine Erfindung auf technischem Gebiet - mangelnde erfinderische Tätigkeit
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 007 571.1-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung ist am 18. Februar 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung „Verfahren zur Visualisierung dreidimensionaler, seitens einer Datenverarbeitungseinrichtung vorliegender und/oder empfangener vektorieller Größen mit farbcodierter Richtungsinformation sowie zugehörige Vorrichtung“ eingereicht worden. Die Prüfungsstelle für Klasse G06T hat durch Beschluss vom 12. Januar 2006 die Anmeldung zurückgewiesen. In der mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchten Lehre könne keine Erfindung im Sinne des Patentgesetzes (§ 1 Abs. 3 und 4) erkannt werden; der Anspruch 1 des Hauptantrags sei somit nicht gewährbar. Auch der Anspruch 1 des Hilfsantrags wurde aus diesem Grund als nicht gewährbar angesehen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: gemäß Hauptantrag mit Patentansprüchen 1 bis 12 vom 2. Januar 2006, eingegangen am 4. Januar 2006, noch anzupassender Beschreibung Seiten 1 bis 12 und 3 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1, 2, 2A, 3, 4, jeweils vom Anmeldetag, gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 bis 11 vom 2. Januar 2006, eingegangen am 4. Januar 2006, im Übrigen wie Hauptantrag, gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 bis 12, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag, gemäß Hilfsantrag 3 mit Patentansprüchen 1 bis 11, überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag. Die Anmelderin vertritt die Auffassung, dass das beanspruchte Verfahren auf technischem Gebiet liege; es erfülle keinen der in § 1 Abs. 3 und 4 PatG aufgezählten Ausschlusstatbestände und sei dem Patentschutz prinzipiell zugänglich. Ausgangspunkt seien vektorielle technische Messgrößen, die zunächst auch verarbeitet würden, nämlich derart, dass die Richtungen auf dem Bildschirm angezeigt werden könnten. Das erfindungsgemäße Verfahren befasse sich mit der Auswertung technischer Messdaten und stelle einen Schritt innerhalb des technischen Vorgangs der Datenverarbeitung und Auswertung von Messgrößen dar, denn ohne eine Darstellung der Messdaten zusammen mit dem Referenzelement sei eine weitere Auswertung durch den Nutzer gar nicht möglich. Ein der Anmeldung zugrunde liegendes technisches Problem sei die Darstellbarmachung von Messdaten. Als technische Wirkung sieht sie die einfachere Implementierung (Programmcode für ein Objekt statt für zwei Objekte) mit Einsparen von Quelltext, Speicherplatz und Auslastung der Datenverarbeitungsanlage sowie die damit mögliche Reduzierung von durch das Programmmittel entstehenden Fehlern an. Ein weiterer technischer Effekt ergebe sich durch die kompakte und für einen Benutzer intuitive Darstellung, die eine einfachere weitere Auswertung der vektoriellen Messgrößen erlaube, sowie die Vermeidung von Überdeckungen und Erhöhung der effektiven Anzeigefläche durch das kompakte Referenzelement. In der BGH-Entscheidung „Tauchcomputer“ (GRUR 1992, 430-432) sieht sie Parallelen zum vorliegenden Fall. Auch sei die Auswertung und Darstellung von Messwerten in der Entscheidung des Bundespatentgerichts „Auswertung diskreter Messwerte“ (GRUR 2007, 133-137) als technisch angesehen worden. Das beanspruchte Verfahren sei zudem neu und beruhe auf erfinderischer Tätigkeit. Der geltende Patentanspruch gemäß Hauptantrag lautet (mit einer eingefügten Gliederung): „a) Verfahren zur Visualisierung dreidimensionaler seitens einer Datenverarbeitungseinrichtung vorliegender und/oder empfangener vektorieller Größen aus Messungen, nämlich einer Datenaufnahme im medizinischen Bereich, b) mit farbcodierter Richtungsinformation derart, dass die vektoriellen Größen in Abhängigkeit ihrer Richtung in unterschiedlichen Farben in einer dreidimensionalen oder zweidimensional projizierten Darstellung auf einem Bildausgabemittel angezeigt werden, c) wobei auf dem Bildausgabemittel wenigstens ein die Orientierung der Darstellung angebendes Referenzelement und wenigstens eine erklärende Angabe zur verwendeten Farbcodierung dargestellt werden, dadurch gekennzeichnet, dass d) das wenigstens eine die Orientierung der Darstellung angebende Referenzelement mittels eines in der Datenverarbeitungseinrichtung abgelegten Programmmittels zur Verarbeitung von Daten wie Messdaten und/ oder zur Bildverarbeitung als dreidimensionales Element derart farblich gestaltet wird, e) dass durch die farbliche Gestaltung des Referenzelements die verwendete Farbcodierung erklärend dargestellt wird, f) so dass im Ergebnis das Referenzelement zur Angabe der Orientierung und eine dreidimensionale Legende zur Erklärung der Farbcodierung in einem Element kombiniert werden, wodurch sich bei einer einfacheren Implementierung eine kompakte und für einen Benutzer intuitive Darstellung ergibt.“ Der nebengeordnete Anspruch 10 gemäß Hauptantrag betrifft eine Vorrichtung (16) zur Visualisierung dreidimensionaler vektorieller Größen mit farbcodierter Richtungsinformation, umfassend eine Datenverarbeitungseinrichtung (23) zur Verarbeitung vorliegender und/oder empfangener Daten und ein zur farbigen Darstellung geeignetes Bildausgabemittel, welche Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche ausgebildet ist. Der nebengeordnete Anspruch 12 gemäß Hauptantrag betrifft eine Magnetresonanzanlage (15), umfassend eine Vorrichtung (16) zur Visualisierung dreidimensionaler vektorieller Magnetresonanz-Größen nach einem der Ansprüche 10 oder 11. Gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem Anspruch 1 gemäß Hauptantrag zusätzlich vorgesehen, dass g) bei einer Drehung des Referenzelements mittels eines Bildbearbeitungswerkzeugs die Darstellung der vektoriellen Größen auf dem Bildausgabemittel automatisch entsprechend gedreht wird und umgekehrt. Der nebengeordnete Anspruch 9 nach Hilfsantrag 1 hat denselben Wortlaut wie der nebengeordnete Anspruch 10 nach Hauptantrag. Der nebengeordnete Anspruch 11 nach Hilfsantrag 1 entspricht dem nebengeordneten Anspruch 12 nach Hauptantrag, mit entsprechend geändertem Rückbezug. Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag (mit den Merkmalen a bis f) durch das hinter Merkmal c) eingefügte Merkmal c1) und wobei die empfangenen Daten von der Datenverarbeitungseinrichtung so verarbeitet werden, dass sie farbcodiert in der Darstellung auf dem Bildausgabemittel anzeigbar sind. Die nebengeordneten Ansprüche 10 und 12 nach Hilfsantrag 2 entsprechen den nebengeordneten Ansprüchen 10 und 12 nach Hauptantrag. In den Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wurde ausgehend vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 (mit den Merkmalen a bis g) ebenfalls hinter Merkmal c) das zusätzliche Merkmal c1) eingefügt. Die nebengeordneten Ansprüche 9 und 11 nach Hilfsantrag 3 entsprechen den nebengeordneten Ansprüchen 9 und 11 nach Hilfsantrag 1. Gemäß Seite 2 Absatz 2 der Anmeldeunterlagen soll der Anmeldung die Aufgabe zugrunde liegen, ein verbessertes Verfahren zur Visualisierung anzugeben. Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen. II. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Sie ist jedoch nicht begründet, da das nachgesuchte Patent keine patentfähige Erfindung im Sinne des § 1 PatG zum Gegenstand hat. 1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Visualisierung dreidimensionaler, seitens einer Datenverarbeitungseinrichtung vorliegender und/ oder empfangener vektorieller Größen mit farbcodierter Richtungsinformation sowie eine Magnetresonanzanlage mit einer derartigen Vorrichtung. Gemäß S. 1 Abs. 2 und 3 der Anmeldeunterlagen werden bei der Visualisierung dreidimensionaler vektorieller Größen, etwa aus dem medizinischen Bereich, die Richtungen der Vektoren in einem Bild farbcodiert dargestellt. Die räumliche Orientierung der angezeigten Information werde über Referenzelemente dokumentiert, welche auf die Lage der dargestellten Bildebene oder Volumendarstellung schließen lassen. Daneben sei häufig eine zusätzliche erklärende Legende notwendig, welche die verwendete Farbcodierung der dreidimensionalen vektoriellen Größen erläutert; diese 3D-Legende werde zusätzlich zur eigentlichen Bilddarstellung und zusätzlich zum Referenzelement auf dem Bildausgabemittel dargestellt. Gemäß S. 1 Abs. 3 bis S. 2 Abs. 1 können durch diese getrennte Darstellung der Orientierungsangabe durch ein Referenzelement und der Angabe zur Farbcodierung als 3D-Legende Verdeckungen entstehen, so dass dem Benutzer wichtige Informationen verloren gehen können; zudem werde die Darstellung schnell unübersichtlich. Gleichzeitig erfordere die Implementierung der beiden Angaben für die Orientierung und die 3D-Legende eine nicht unerhebliche Menge an Quellcode für das verwendete Programmmittel, wodurch schnell Fehler beim Programmieren entstehen könnten. Um das bekannte Verfahren zur Visualisierung zu verbessern, wird in der Anmeldung vorgeschlagen, wenigstens ein die Orientierung der Darstellung angebendes Referenzelement mittels eines Programmmittels als dreidimensionales Element derart farblich zu gestalten, dass durch die farbliche Darstellung des Referenzelements die verwendete Farbcodierung erklärend dargestellt wird, vgl. S. 2 Abs. 3; d. h. das Referenzelement zeigt dem Benutzer sowohl die Orientierung der Darstellung als auch die verwendete Farbcodierung an. Beispielsweise wird ein würfelförmiges Referenzelement eingesetzt, dessen in unterschiedliche Richtungen zeigende Würfelflächen entsprechend der verwendeten Farbcodierung eingefärbt sind, vgl. S. 4 Abs. 3; durch eine Beschriftung der Würfelflächen kann die Orientierung in Bezug auf das vermessene Objekt angezeigt werden, vgl. das Referenzelement in Fig. 1 mit „L“ für „left“, „P“ für „posterior“ und „H“ für „head“. Die Farbdarstellung und das kompakte Referenzelement dienen dem Zweck, dem Benutzer die Erfassung der angezeigten Information und deren räumliche Einordnung (etwa in Bezug auf ein vermessenes Objekt) zu erleichtern. Zusätzlich kann die Farbdarstellung der vektoriellen Größen und das Referenzelement mittels eines Bildbearbeitungswerkzeugs gemeinsam gedreht werden, vgl. S. 6 Abs. 2; dies ermöglicht dem Benutzer eine Betrachtung aus unterschiedlichen Richtungen. Die Lehre wird mit Hilfe eines in der Datenverarbeitungseinrichtung abgelegten Programmmittels realisiert. Als Fachmann für eine derartige Lehre sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Informatik mit Erfahrung in der Darstellung von dreidimensionalen Daten, insbesondere im medizinischen Bereich an. Es erscheint glaubhaft, dass das in der Anmeldung beschriebene, sowohl die Farbcodierung als auch Orientierungsinformation zeigende Referenzelement für den Benutzer intuitiv leichter erfassbar ist als die Informationsdarbietung über zwei getrennte Elemente. 2. Das Verfahren gemäß dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1, 2, und 3 ist jedoch nicht patentfähig, da es keine Erfindung auf einem Gebiet der Technik betrifft und gemäß § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 und 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, dass der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung an sich dem Patentschutz zugänglich. Die beanspruchte Lehre muss vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen, vgl. BGH in GRUR 2004, 667-669 „Elektronischer Zahlungsverkehr“, GRUR 2009, 479-480 „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“, m. w. N. Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als Wiedergabe von Informationen als solche anzusehen ist; vgl. BGH in GRUR 2005, 143, 144 - Rentabilitätsermittlung. a) Im Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag können keine Anweisungen erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen. Gemäß der Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag werden seitens einer Datenverarbeitungseinrichtung vorliegende, dreidimensionale vektorielle Größen, die aus einer Datenaufnahme im medizinischen Bereich stammen, in Abhängigkeit von ihrer Richtung farblich codiert auf einem Bildausgabemittel (Display) angezeigt, und zwar in einer dreidimensionalen oder zweidimensional projizierten Darstellung. Zusätzlich zu dieser Darstellung wird über ein in der Datenverarbeitungseinrichtung abgelegtes Programmmittel ein dreidimensionales Referenzelement auf dem Display erzeugt, welches sowohl die Orientierung der Darstellung als auch die verwendete Farbcodierung erläutert. Die in der Anmeldung genannte und auch gelöste Aufgabe, ein verbessertes Verfahren zur Visualisierung anzugeben, befasst sich objektiv gesehen damit, die Darstellung für den Benutzer möglichst übersichtlich und einfach erfassbar zu gestalten. Sie umfasst letztlich die Forderung nach einer ergonomischen, an die Aufnahmefähigkeit einer menschlichen Bedienperson angepassten Wiedergabe vorliegender Informationen (Messwerte) auf einem Bildausgabemittel einer üblichen Datenverarbeitungsanlage. Eine solche ergonomische Gestaltung orientiert sich an menschlichen Bedürfnissen und Eigenheiten und eben nicht daran, wie eine Informationswiedergabe auf einfache Weise mit technischen Mitteln zu implementieren ist. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung „Bedienoberfläche“ (GRUR 2007, 316-317) ausgeführt hat, können derartige ergonomische Erwägungen nicht als konkrete technische Problemstellung anerkannt werden. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass die farbliche Gestaltung des Referenzelements mittels eines in der Datenverarbeitungseinrichtung abgelegten Programmmittels zur Verarbeitung von Daten wie Messdaten und/oder zur Bildverarbeitung vorgenommen wird, dass die Darstellung auf einem Bildausgabemittel (der Datenverarbeitungsanlage) erfolgt, und dass die Ausgangsdaten vorliegende „und/oder empfangene“ (also ebenfalls vorliegende) Messgrößen aus dem medizinischen Bereich sind. Denn der Anspruch belehrt den Fachmann nicht über eine spezielle Ausgestaltung der Datenverarbeitungsanlage, des Bildausgabemittels oder des Programmmittels; auch über eine besondere technische Ausführung der Datenaufnahme oder der Datenübertragung sagt der Anspruch nichts aus. Die von der Anmelderin genannte Vermeidung von Überdeckungen und Erhöhung der effektiven Anzeigefläche dient der für den Benutzer einfacheren Erfassbarkeit, sie orientiert sich demnach ebenfalls an den Aufnahmefähigkeiten eines menschlichen Benutzers. Es wird Information auf einer vorhandenen Anzeigefläche geschickt und übersichtlich dargestellt, vergleichbar einer Darstellung auf einem Blatt Papier. Die physikalisch vorhandene Anzeigefläche wird nicht verringert. Die Lösung eines konkreten technischen Problems ist hierin nicht zu erkennen. Eine einfachere Implementierung, wie die Anmelderin argumentiert, mit Einsparung von Quelltext, Speicherplatz und Auslastung der Datenverarbeitungsanlage (durch Programmcode für ein Objekt statt für zwei Objekte) sowie die damit mögliche Reduzierung von durch das Programmmittel entstehenden Fehlern leistet das beanspruchte Verfahren selbst nicht; diese Wirkungen könnten sich höchstens bei einer geschickten Implementierung durch einen Programmierer ergeben, für welche die Anmeldung jedoch keine Hinweise liefert. Derartige Wirkungen ergeben sich auch nicht zwangsläufig: Der Programmier- und Speicherplatzaufwand für eine getrennte Darstellung eines (einfacheren) Referenzelements zur räumlichen Orientierung und einer davon getrennten Legende zur Farbcodierung kann durchaus vergleichbar groß sein zu dem für eine Darstellung eines einzelnen Referenzelements, das sowohl die Orientierung als auch die Farbcodierung anzeigt und damit komplexer aufgebaut ist als ein nur die Orientierung anzeigendes Referenzelement. Somit wird durch die Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag kein konkretes technisches Problem gelöst. Auch anderweitig ist keine dem Patentschutz grundsätzlich zugängliche Lehre zu erkennen: Im beanspruchten Verfahren wird keine Aufarbeitung (Auswertung) von Messdaten vorgenommen. Den bereits vorhandenen Richtungsinformationen der vorliegenden vektoriellen Daten (ein Vektor hat grundsätzlich eine Richtung) werden lediglich Farben zugeordnet und diese dargestellt. Es erfolgt keine Berechnung neuer Information aus den Messdaten, wie dies etwa eine Extraktion besonders interessierender Bereiche sein könnte; eine solche Bewertung kann erst der Benutzer vornehmen, der das dargestellte Bild betrachtet, das Verfahren selbst liefert dies nicht. Auch für das Referenzelement werden keine Messdaten ausgewertet, dieses stellt lediglich die verwendete Farbcodierung und die vorgegebene Orientierungsinformation geeignet dar. Damit ist das beanspruchte Verfahren nicht vergleichbar mit der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Tauchcomputer“zugrunde liegenden Lehre, welche eine enge Beziehung einer Rechenregel mit Mitteln wie Anzeige, Speicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandler und verschiedenen Messeinrichtungen beinhaltet, wobei die Messdaten verknüpft und ausgewertet werden. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts „Auswertung diskreter Messwerte“, welche die Extraktion und Darstellung neuer, aus vorgegebenen Messdaten nicht unmittelbar ersichtlicher Informationen betrifft, im Unterschied zu der in der vorliegenden Anmeldung gelehrten Darstellung bereits vorhandener Information. Zudem nimmt das beanspruchte Verfahren nicht auf technische Gegebenheiten der Datenverarbeitungsanlage Rücksicht; sein Ablauf wird auch nicht durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt, was gemäß der BGH-Entscheidung „Dynamische Dokumentengenerierung“ (GRUR 2010, 613-616) zumindest unter der Voraussetzung eines zu lösenden technischen Problems zu einer grundsätzlichen Zugänglichkeit zum Patentschutz führen könnte. Vielmehr wird eine Datenverarbeitungsanlage mit üblichen Komponenten (z. B. Bildausgabemittel) bestimmungsgemäß eingesetzt. Der Verfahrensablauf erfolgt unabhängig von äußeren technischen Gegebenheiten immer gleich, beispielsweise ist keine von den technischen Gegebenheiten der Messdatenerfassung abhängige Programmsteuerung vorgesehen. Somit ist das beanspruchte Verfahren auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen „Tauchcomputer“ und „Dynamische Dokumentengenerierung“ des Bundesgerichtshofs sowie der Entscheidung „Auswertung diskreter Messwerte“ des Bundespatentgerichts einem Patentschutz nicht zugänglich. Nach alledem kann das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht als Erfindung im Sinne des § 1 PatG anerkannt werden. b) Auch das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 enthält keine Anweisungen, die der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen. Gemäß Hilfsantrag 1 können zusätzlich zu den Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hauptantrag die Farbdarstellung der vektoriellen Größen und das Referenzelement mittels eines Bildbearbeitungswerkzeugs gemeinsam gedreht werden. Ein „Bildbearbeitungswerkzeug“ kann ein entsprechendes Computerprogramm sein, welches beispielsweise von einem Benutzer über eine Tastatur oder Maus steuerbar ist, vgl. in den Anmeldeunterlagen S. 6 Z. 9 bis 14. Das Drehen der Farbdarstellung vektorieller Größen ermöglicht dem Benutzer die Betrachtung aus unterschiedlichen Richtungen und somit das Erfassen unterschiedlicher Teile der vorliegenden Informationen. Es dient wie die Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dazu, dem Benutzer die vorliegende dreidimensionale Information geeignet, d. h. an seine Aufnahmefähigkeiten angepasst darzubieten. Die Lösung eines konkreten technischen Problems ist nicht erkennbar. Entsprechendes gilt für die gemeinsame Drehung der Farbdarstellung der vektoriellen Größen und des Referenzelements, welches dem Benutzer in jeder Drehlage die Farbcodierung und die Orientierung des Objekts so zeigt, dass er sie einfach erfassen und der farbigen Vektordarstellung zuordnen kann. Auch der Einsatz eines Bildbearbeitungswerkzeugs zur Drehung kann keine andere Beurteilung nach sich ziehen. Durch den Einsatz des Bildbearbeitungswerkzeugs, d. h. eines Computerprogramms, wird lediglich die Datenverarbeitungsanlage bestimmungsgemäß genutzt; eine besondere technische Ausgestaltung ist nicht ersichtlich. Somit stellt auch das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 keine Erfindung im Sinne des § 1 Abs. 3 und 4 PatG dar. c) Auch das Verfahren gemäß dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und 3 ist gemäß § 1 Abs. 3 und 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 enthält außer den Merkmalen a) bis f) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag das zusätzliche Merkmal c1), wonach die empfangenen Daten von der Datenverarbeitungseinrichtung so verarbeitet werden, dass sie farbcodiert in der Darstellung auf dem Bildausgabemittel anzeigbar sind. Dieses Merkmal liest der Fachmann bereits aus den Merkmalen a) und b) des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag implizit mit, so dass sich inhaltlich keine Änderung gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag ergibt. Für den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 gilt somit das oben zum Anspruch 1 nach Hauptantrag Ausgeführte entsprechend. Nach einer entsprechenden Argumentation geht der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3, der zusätzlich zu den Merkmalen a) bis g) des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 das Merkmal c1) enthält, inhaltlich nicht über den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hinaus und ist ebenso wie dieser einem Patentschutz nicht zugänglich. 3. Mit dem jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1, 2 und 3 fallen die jeweiligen Neben- und Unteransprüche, die Gegenstand jeweils desselben Antrags auf Patenterteilung sind. Im Übrigen ist auch bei der vorrichtungsmäßigen Einkleidung einer Lehre, die sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, deren Patentfähigkeit nur dann zu bejahen, sofern hierbei die Lösung eines konkreten technischen Problems mit Mitteln gelehrt wird, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, vgl. BGH in GRUR 2005, 141-143 „Anbieten interaktiver Hilfe“ und „Rentabilitätsermittlung“ a. a. O. Auch eine Beschränkung auf eine Vorrichtung bzw. Magnetresonanzanlage gemäß einem der nebengeordneten Ansprüche nach Hauptantrag oder einem der Hilfsanträge hätte demnach nicht zu einem gewährbaren Patentbegehren führen können, da sich die in diesen Ansprüchen enthaltenen Anweisungen ebenso wie der jeweilige Anspruch 1 an den Bedürfnissen und Fähigkeiten eines menschlichen Benutzers orientieren und ihnen keine konkrete technische Problemstellung zugrunde liegt. 4. Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.
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Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007256
BPatG
München
21. Senat
20100715
21 W (pat) 46/07
Beschluss
§ 1 Abs 3 Nr 3 PatG, § 1 Abs 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Computerprogramm für ophtalmologische Eingriffe" - zur Patentfähigkeit  - kein Computerprogramm - patentierbare technische Lehre
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2004 033 819.1-55 … hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Baumgärtner, Dipl.-Ing. Bernhart und Dipl.-Ing. Veit beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Oktober 2007 aufgehoben und das Patent DE 10 2004 033 819 erteilt. Bezeichnung: Verfahren zum Erzeugen von Steuerdaten eines Lasersystems für ophthalmologische Eingriffe Anmeldetag: 13. Juli 2004 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde: Patentansprüche 1 bis 15, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2010; Beschreibung, Seiten 1 bis 16, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2010; 9 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 10, gemäß Offenlegungsschrift.
I Die Patentanmeldung wurde am 13. Juli 2004 mit der Bezeichnung "Computerprogramm für ophthalmologische Eingriffe" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 9. Februar 2006. Im Prüfungsverfahren sind die Druckschriften D1 WO 02/07660 A2 und D2 DE 100 14 480 A1 in Betracht gezogen worden. In der Beschreibung der Patentanmeldung sind noch die Druckschriften D3 WO 01/85075 A1 D4 MANNS F. et. al.: Ablation profiles for wavefront-guided correction of myopia and primary spherical aberration. In: Journal of Cataract and Refractive Surgery, Vol. 28, Mai 2002, Seiten 766 - 774 und D5 HUANG D. et. al.: Mathematical Model of Corneal Surface Smoothing After Laser Refractive Surgery. In: American Journal of Ophthalmology, Vol. 135, No. 3, März 2003, Seiten 267 - 278 genannt. Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 F hat die Anmeldung mit Beschluss vom 9. Oktober 2007 zurückgewiesen. Der Zurückweisung lagen die am 18. September 2007 eingereichten Patentansprüche 1 bis 18 zugrunde. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, dass der auf ein Verfahren zum Erzeugen eines Computerprogramms gerichtete Patentanspruch 1 keinen technischen Vorgang beschreibe und daher auch nicht Grundlage für die Erteilung eines Patents sein könne. Des Weiteren gelte das mit dem gemäß Anspruch 1 erzeugten Computerprogramm ausführbare Verfahren gemäß § 5 Abs. 2 PatG nicht als gewerblich anwendbare Erfindung, weil es ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen Körpers sei. Schließlich gelange der Fachmann in Anbetracht der Druckschriften D1 und D2 auch auf naheliegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 15 eingereicht hat, mit denen sie ihre Anmeldung weiter verfolgt. Patentanspruch 1 lautet danach wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt): M1 Verfahren zum Bestimmen eines Veränderungsprofils für die refraktive Augenchirurgie und zum Erzeugen von Steuerdaten eines Lasersystems, dessen emittierte Strahlung einen chirurgischen Eingriff bewirkt, mit folgenden Schritten: M2 - Eingabe von Daten durch einen Benutzer, M3 - Aufnahme von Messdaten bezüglich des zu behandelnden Auges, M4 - Generieren eines Veränderungsprofils auf Basis der eingegebenen Daten und Messdaten, M5 - Generieren von Steuerdaten auf Basis des Veränderungsprofils zum Steuern der Laserstrahlung, M6 - Simulieren eines Behandlungsergebnisses mit den Steuerdaten aufgrund des genannten Veränderungsprofils, M7 - Bewerten des genannten Behandlungsergebnisses unter Anwendung vorgegebener Kriterien, M8 - im Falle einer negativen Bewertung iteratives Generieren eines anderen Veränderungsprofils auf Basis anderer Daten oder iteratives Generieren anderer Steuerdaten zum Steuern der Laserstrahlung, und M9 - Übergeben der Steuerdaten an eine Steuerung des Lasersystems im Falle einer positiven Bewertung bei der Bewertung des genannten Behandlungsergebnisses. Der nebengeordnete Patentanspruch 4 lautet (Merkmalsgliederung hinzugefügt): N1 Verfahren zum Erzeugen von Steuerdaten, gemäß denen mit Laserstrahlung ein ophthalmologischer Eingriff durchgeführt wird, mit zumindest folgenden Schritten: N2 (a) Erzeugen eines individualisierten Augenmodells unter Verwendung patientenbezogener Daten, insbesondere der Ausgangsform der Hornhaut, N3 (b) Bestimmen einer anzustrebenden Referenzhornhautform mittels iterativer dreidimensionaler inverser Strahl-Rückverfolgung an dem Augenmodell, N4 (c) Bestimmen der Differenz zwischen der Referenzhornhautform und der Ausgangsform zur Gewinnung eines Ausgangsbearbeitungsprofils, N5 (d) Ableiten von Steuerdaten zum Steuern der Laserstrahlung, insbesondere Positionsdaten für die Orte der Wechselwirkung zwischen der Laserstrahlung und der Hornhaut, N6 (e) Simulieren der Wechselwirkung zwischen gemäß den Steuerdaten gesteuerter Laserstrahlung und der Hornhaut unter Zugrundelegung des individualisierten Augenmodells, um unter Abarbeitung des Ausgangsbearbeitungsprofils eine simulierte Hornhautform zu erhalten, N7 (f) Vergleichen der simulierten Hornhautform mit der Referenzhornhautform unter Anwendung vorgegebener Kriterien zur Bestimmung, ob ein Unterschied zwischen der simulierten Hornhautform und der Referenzform innerhalb oder außerhalb einer vorgegebenen Toleranz liegt, und N8 (g) iteratives Wiederholen der Schritte (d) bis (f) mit geänderten Steuerdaten bis der Vergleich einen Unterschied innerhalb der Toleranz ergibt. Der nebengeordnete Patentanspruch 8 lautet (Merkmalsgliederung hinzugefügt): N1’ Verfahren zum Erzeugen von Steuerdaten, gemäß denen mit Laserstrahlung ein ophthalmologischer Eingriff an einer Augenlinse durchgeführt wird, mit zumindest folgenden Schritten: N2’ (a) Erzeugen eines individualisierten Augenmodells unter Verwendung patientenbezogener Daten, insbesondere der Ausgangsform der Augenlinse, N3’ (b) Bestimmen einer anzustrebenden Referenzlinsenform mittels iterativer dreidimensionaler inverser Strahl-Rückverfolgung an dem Augenmodell, N4’ (c) Bestimmen der Differenz zwischen der Referenzlinsenform und der Ausgangsform zur Gewinnung eines Ausgangsbearbeitungsprofils, N5’ (d) Ableiten von Steuerdaten zum Steuern der Laserstrahlung, insbesondere Positionsdaten für die Orte der Wechselwirkung zwischen der Laserstrahlung und der Augenlinse, N6’ (e) Simulieren der Wechselwirkung zwischen gemäß den Steuerdaten gesteuerter Laserstrahlung und der Augenlinse unter Zugrundelegung des individualisierten Augenmodells, um unter Abarbeitung des Ausgangsbearbeitungsprofils eine simulierte Augenlinsenform zu erhalten, N7’ (f) Vergleichen der simulierten Augenlinsenform mit der Referenzlinsenform unter Anwendung vorgegebener Kriterien zur Bestimmung, ob ein Unterschied zwischen der simulierten Augenlinsenform und der Referenzlinsenform innerhalb oder außerhalb einer vorgegebenen Toleranz liegt, und N8 (g) iteratives Wiederholen der Schritte (d) bis (f) mit geänderten Steuerdaten bis der Vergleich einen Unterschied innerhalb der Toleranz ergibt. Der nebengeordnete Patentanspruch 12 lautet (Merkmalsgliederung hinzugefügt): N1’’ Verfahren zum Erzeugen von Steuerdaten, gemäß denen mit einer Lichtquelle ein Eingriff an einer künstlichen Augenlinse durchgeführt wird, mit zumindest folgenden Schritten: N2’’ (a) Erzeugen eines individualisierten Augenmodells unter Verwendung patientenbezogener Daten, insbesondere der Ausgangsform und der Brechungsindexverteilung der künstlichen Augenlinse, N3’’ (b) Bestimmen einer anzustrebenden Referenzlinse (Form und Brechungsindexverteilung) mittels iterativer dreidimensionaler inverser Strahl-Rückverfolgung an dem Augenmodell, N4’’ (c) Bestimmen der Differenz zwischen der Referenzlinse (Form und Brechungsindexverteilung) und der Ausgangslinse (Form und Brechungsindexverteilung) zur Gewinnung eines Ausgangsbearbeitungsprofils, N5’’ (d) Ableiten von Steuerdaten zum Steuern der Lichtquelle, insbesondere der Positionsdaten für die Orte der Wechselwirkung zwischen der Lichtstrahlung und der künstlichen Augenlinse, N6’’ (e) Simulieren der Wechselwirkung zwischen gemäß den Steuerdaten gesteuerter Lichtstrahlung und der künstlichen Augenlinse unter Zugrundelegung des individualisierten Augenmodells, um unter Abarbeitung des Ausgangsbearbeitungsprofils eine simulierte Augenlinse (Form und Brechungsindexverteilung) zu erhalten, N7’’ (f) Vergleichen der simulierten Augenlinse (Form und Brechungsindexverteilung) mit der Referenzlinse (Form und Brechungsindexverteilung) unter Anwendung vorgegebener Kriterien zur Bestimmung, ob ein Unterschied zwischen der simulierten Augenlinse und der Referenzlinse innerhalb oder außerhalb einer vorgegebenen Toleranz liegt, und N8 (g) iteratives Wiederholen der Schritte (d) bis (f) mit geänderten Steuerdaten bis der Vergleich einen Unterschied innerhalb der Toleranz ergibt. Hinsichtlich der geltenden Unteransprüche 2 und 3, 5 bis 7, 9 bis 11 und 13 bis 15 wird auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 9. Oktober 2007 aufzuheben und das Patent DE 10 2004 033 819 zu erteilen mit den Patentansprüchen 1 bis 15 und der Beschreibung, Seiten 1 bis 16, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2010, sowie mit der Zeichnung, Figuren 1 bis 10, gemäß Offenlegungsschrift. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II Die Beschwerde ist zulässig und hat mit den vorgenommenen Änderungen und nach Neufassung der Patentansprüche auch insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung des Patentes führt. Die beanspruchten Verfahren unterliegen nicht den Patentierungsausschlüssen nach § 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 PatG oder § 5 Abs. 2 PatG a. F. (§ 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG). Die Verfahren nach den geltenden nebengeordneten Patentansprüchen 1, 4, 8 und 12 sind gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruhen diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. 1. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 15 sind zulässig, denn sie sind in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Der geltende Patentanspruch 1 gründet auf dem ursprünglichen Anspruch 1 und ist nunmehr auf ein Verfahren gerichtet. Die in ihm angegebenen Merkmale entsprechen den Schritten des Verfahrens, das ausgeführt wird, wenn das Computerprogramm nach dem ursprünglichen Anspruch 1 bestimmungsgemäß auf einem Rechner abläuft. Das Verfahren nach dem neuen Patentanspruch 1 ist daher durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt. Die auf das Verfahren nach Patentanspruch 1 rückbezogenen geltenden Unteransprüche 2 und 3 entsprechen inhaltlich den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 3. Die geltenden nebengeordneten Patentansprüche 4, 8 und 12 sind unter Änderung des Begriffes "Steuerprogramm" in "Steuerdaten" in der Bezeichnung aus den ursprünglichen Ansprüchen 4, 8 und 12 hervorgegangen. Die geltenden Unteransprüche 5 bis 7, 9 bis 11 und 13 bis 15 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 5 bis 7, 9 bis 11 und 13 bis 15. 2. Die Erfindung betrifft nach der geltenden Bezeichnung ein Verfahren zum Erzeugen von Steuerdaten eines Lasersystems für ophthalmologische Eingriffe. Gemäß der Beschreibung der Anmeldung ist es Stand der Technik, chirurgische Eingriffe zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten mit Laserstrahlung durchzuführen, die mit Teilen des Auges (bspw. der Hornhaut) in Wechselwirkung tritt, um dessen optische Eigenschaften zu ändern (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0002]). Auch sei es bekannt, eine künstliche Augenlinse in das Auge zu implantieren, deren Form und optische Wirkung nach der Implantation durch Lichteinwirkung (bspw. UV-Licht) verändert werden können (Abs. [0003]). Auf Basis von klinischen Daten (bspw. zur Fehlsichtigkeit) und theoretischen Augenmodellen werde die zu erzielende Formänderung an den optischen Strukturen des Auges berechnet. Aus der Differenz zwischen der präoperativen Form und der gewünschten theoretischen postoperativen Form der zu bearbeitenden Augenstruktur ließen sich Behandlungsprofile bzw. Veränderungsprofile ableiten (bspw. das abzutragende Hornhautvolumen), gemäß denen der Laser gesteuert werde (Abs. [0004]). Es sei auch bekannt, aufgrund von Annahmen über den von jedem Laserschuss bewirkten Gewebeabtrag, ein Steuerprogramm in Raum und Zeit für die Laserpulse zu erstellen. Hierbei würden auch empirisch erfasste Einflussfaktoren, wie bspw. die Wundheilung, berücksichtigt. Die Position (x, y, z) der einzelnen Laserpulse werde in der Regel in Bezug auf eine Referenzachse (bspw. die Sichtlinie) berechnet (Abs. [0005] bis [0008]). Aus der WO 01/85075 A1 ( D3 ) sei es bekannt, bei der Bestimmung von Ablationsprofilen zur Lasersteuerung verschieden Einflussfaktoren, wie bspw. Reflexionsverluste beim Abtrag oder unterschiedliche Abtragwirkung der Laserpulse durch unterschiedliche Auftreffwinkel auf die Hornhautoberfläche, zu berücksichtigen (Abs. [0009]). Die bekannten Techniken seien insofern verbesserungsfähig, als sie in aller Regel nicht patientenspezifisch seien, sondern auf statistisch gewonnenen postoperativen klinischen Ergebnissen beruhten, und bei der Profilberechnung Annahmen und Vereinfachungen zugrunde gelegt würden (Abs. [0010] u. [0011]). 3. Aufgabe der Erfindung ist es daher, Verfahren zum Erzeugen von Steuerdaten eines Lasersystems bereitzustellen, aufgrund derer verbesserte ophthalmologische Behandlungsergebnisse erzielt werden können (vgl. geltende Beschreibungseinleitung). 4. Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß den beanspruchten Verfahren eine iterative Simulation einer augenchirurgischen Behandlung mit einem Lasersystem auf einem Rechner durchgeführt. Im Rahmen dieser Simulation werden Steuerdaten eines Lasersystems für einen nachfolgenden chirurgischen Eingriff erzeugt. Den Verfahren nach den geltenden selbständigen Patentansprüchen 1, 4, 8 und 12 stehen patenthindernde Gründe nicht entgegen. Die weiteren Unteransprüche betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen der beanspruchten Verfahren und auch die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die gesetzlichen Anforderungen. 4.1. Mit den Verfahren nach den Patentansprüchen 1, 4, 8 und 12 werden keine Computerprogramme als solche i. S. v. § 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 PatG beansprucht. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss eine Anmeldung, die ein Computerprogramm oder ein durch ein Datenverarbeitungsprogramm verwirklichtes Verfahren zum Gegenstand hat, über die für die Patentfähigkeit unabdingbare Technizität hinaus verfahrensbestimmende Anweisungen enthalten, die die Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln zum Gegenstand haben (BGH GRUR 2010, 613 ff. - Dynamische Dokumentengenerierung, m. w. N.). Wegen des Patentierungsausschlusses für Computerprogramme als solche (§ 1 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 PatG) vermögen regelmäßig erst solche Anweisungen die Patentfähigkeit eines Verfahrens zu begründen, die eine Problemlösung mit derartigen Mitteln zum Gegenstand haben. Nicht der Einsatz eines Computerprogramms selbst, sondern die Lösung eines technischen Problems mit Hilfe eines (programmierten) Rechners kann vor dem Hintergrund des Patentierungsverbotes eine Patentfähigkeit zur Folge haben (vgl. a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind bei der vorliegenden Anmeldung erfüllt: Ihr liegt objektiv das Problem zugrunde, Steuerdaten für ein Lasersystem zu erzeugen, mit dem ein augenchirurgischer Eingriff durchgeführt werden kann. Dies ist eine konkrete technische Problemstellung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine Lösung eines technischen Problems mit technischen Mitteln auch dann vor, wenn der Ablauf eines Datenverarbeitungsprogramms, das zur Lösung des Problems eingesetzt wird, durch technische Gegebenheiten außerhalb der Datenverarbeitungsanlage bestimmt wird (vgl. a. a. O., Tz. 27). Dies ist hier der Fall. Der Ablauf der beanspruchten Verfahren wird durch die technischen Parameter des Lasersystems bestimmt (bspw. Energie der Laserstrahlung; Intensitätsverteilung im Laserstrahl; Laserpulsdauer), die als Daten eingegeben (vgl. Figur 4: "Kalibrierung/Fluence") oder als Messdaten aufgenommen (vgl. geltender Anspruch 3) werden können und die beim Generieren bzw. Ableiten der Steuerdaten und der anschließenden Simulation des Behandlungsergebnisses bzw. der Wechselwirkung der Laserstrahlung mit dem Auge berücksichtigt werden müssen, bestimmt. Damit erfolgt die Lösung des o. g. technischen Problems mit technischen Mitteln. 4.2. Die Patentansprüche 1, 4, 8 und 12 sind nicht auf ein Verfahren zur chirurgischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers gerichtet, so dass sie nicht unter das Patentierungsverbot § 5 Abs. 2 PatG a. F. (= § 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG) fallen. Die beanspruchten Verfahren haben nur die Simulation einer augenchirurgischen Behandlung mit einem Lasersystem zum Gegenstand, um Steuerdaten für das Lasersystem zu erzeugen. Diese Simulation ist der eigentlichen chirurgischen Behandlung vorgelagert . Die Verfahren enden mit der Übergabe der Steuerdaten an das Lasersystem (Merkmal M9 im Anspruch 1) bzw. mit dem Erhalten der endgültigen Steuerdaten bei Erreichen des Iterationszieles (Merkmal N8 in den Ansprüchen 4, 8 und 12): In der Beschreibung der Patentanmeldung ist zwar als weitere Möglichkeit auch die Berücksichtigung von Messungen am Auge (vgl. Offenlegungsschrift, Abs. [0032]) bzw. der momentanen Parameter (bspw. Energie, Strahlpositionierung) des Lasersystems (Fig. 2 i. V. m. Abs. [0044]) während des chirurgischen Eingriffs genannt, um während der tatsächlichen Behandlung die Steuerdaten für den Laser anzupassen. Der Wortlaut der geltenden Patentansprüche bringt jedoch klar zum Ausdruck, dass nur das simulierte und nicht das tatsächliche Behandlungsergebnis bewertet bzw. mit dem gewünschten theoretischen Behandlungsergebnis verglichen werden soll. So ist im geltenden Patentanspruch 1 als letzter Verfahrensschritt (Merkmal M9 ) angegeben, dass die Steuerdaten an das Lasersystem im Falle eine positiven Bewertung des (zuvor) genannten Behandlungsergebnisses, also des in den vorhergehenden Schritten (Merkmale M6 und M7 ) simulierten und bewerteten Behandlungsergebnisses, übergeben werden sollen. Die Verfahren nach den Patentansprüchen 4, 8 und 12 enden bereits mit dem Erreichen des Iterationsziels (Merkmal N8 ), wenn der Vergleich des in den vorhergehenden Verfahrensschritten simulierten mit dem gewünschten Ergebnis der Laserbehandlung einen Unterschied innerhalb einer vorgegebenen Toleranz ergibt. Somit sind nur die der eigentlichen chirurgischen Behandlung vorgelagerten Simulationsverfahren zum Erzeugen von Steuerdaten eines Lasersystems unter Schutz gestellt, nicht auch die weitere nur in der Beschreibung genannte Möglichkeit (vgl. a. a. O.), während des chirurgischen Eingriffs mit dem Lasersystem die Steuerdaten anzupassen, indem die während des Eingriffs gewonnenen Messdaten berücksichtigt werden. Diese nachgeordnete Anpassung ist somit auch kein zwangsläufig notwendiger Verfahrensschritt bei der Durchführung der beanspruchten Verfahren. 4.3. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu. Es wird dem zuständigen Fachmann, einem Medizin-Physiker mit Erfahrung in der Entwicklung von Lasersystemen für die Augenchirurgie und deren Steuerungen, der über medizinisches Wissen auf dem Gebiet der Augenheilkunde verfügt bzw. in ständigem Kontakt mit Augenärzten steht, durch diesen Stand der Technik auch nicht nahe gelegt. 4.3.1. Die Druckschrift D1 betrifft ebenso wie der Anmeldungsgegenstand die Verbesserung der Vorhersage von Behandlungsergebnissen bei der refraktiven Augenchirurgie mit einem Laser. Bei dem bekannten Verfahren werden statistische Daten sowie präoperative und postoperative Messungen am Auge berücksichtigt (vgl. Seite 5, Zeile 31 bis Seite 6, Zeile 17 und Seite 28, Zeilen 9 bis 32). Das Veränderungsprofil des zu operierenden Auges (specifications for ablation), d. h. die Darstellung des angestrebten Ziels der Behandlung, und die Steuerdaten für den Laser werden mit Hilfe entsprechender Programme, die auf einem Computersystem ablaufen, bestimmt und modifiziert (vgl. Seite 39, Zeilen 4 bis 8 und Zeilen 20 bis 24 und Seite 40, Zeilen 1 bis 10) [= Merkmal M1 ]. Hierzu werden Daten in das Computersystem eingegeben und Messdaten des zu behandelnden Auges aufgenommen (vgl. Seite 39, Zeilen 12 bis 14 und Seite 40, Zeilen 5 bis 8) [= Merkmale M2 und M3 ]. Auf Basis der eingegebenen Daten und Messdaten wird ein Veränderungsprofil (specifications for ablation) generiert (vgl. Seite 40, Zeilen 9 bis 10), mit dem schließlich die Steuerdaten zum Behandeln des Auges erzeugt werden (vgl. Seite 39, Zeilen 22 bis 24 und Seite 40, Zeilen 14 bis 16) [= Merkmale M4 und M5 ]. Mit Hilfe der aufgenommenen Daten und Messdaten wird vor dem Eingriff das zu erwartende Behandlungsergebnis simuliert (vorhergesagt) (vgl. Seite 6, Zeilen 3 bis 17; Seite 7, Zeilen 25 bis 31 und Seite 28, Zeilen 24 bis 26) [= Merkmal M6 ]. Das Verfahren nach Anspruch 1 unterscheidet sich von dem aus der Druckschrift D1 bekannten Verfahren gemäß den Merkmalen M7 bis M9 dadurch, dass das Generieren des Veränderungsprofils und das Erzeugen der Steuerdaten, die schließlich an das Lasersystem übergeben werden, durch eine iterative Simulation der chirurgischen Behandlung mit Steuerdaten und durch Bewerten des simulierten Behandlungsergebnisses nach jeder Iteration, erfolgt; es ist daher neu. Eine Anregung für diese Vorgehensweise kann der Fachmann der Druckschrift D1 nicht entnehmen. Bei dem bekannten Verfahren erfolgt die Vorhersage (Simulation) des Behandlungsergebnisses aufgrund von präoperativen Messdaten und Messdaten nach einer "Störung" der Hornhaut (bspw. durch Abtragen einer Hornhautlamelle (flap)) und unter Berücksichtigung von statistischen Daten, die durch Vergleich der präoperativen Vorhersageergebnisse (Simulation) mit postoperativen Messungen nach Durchführung des Eingriffs gewonnen werden. Das der Vorhersage (Simulation) zugrunde liegende Modell wird auf diese Weise immer weiter verbessert (vgl. Seite 5, Zeile 31 bis Seite 6, Zeile 17 und Seite 28, Zeilen 24 bis 32). Eine iterative Simulation zur Erzeugung von Steuerdaten, wie vorliegend beansprucht, wird jedoch nicht durchgeführt. Zwar ist in der Druckschrift D1 ein "iteratives" Vorgehen bei der praktischen Durchführung der Augenbehandlung mittels Laser erwähnt (vgl. Seite 4, Zeilen 17 bis 27). Dies betrifft jedoch eine Vorgehensweise, bei der lediglich ein auf empirische Annahmen gestütztes Modell verwendet und ohne weitere Berücksichtigung der Biophysik des konkreten Auges eine Behandlung durchgeführt wird. Falls dabei das gewünschte Ergebnis nicht bei einer einmaligen Behandlung erzielt wird, sind bei der Lehre nach der D1 zwangsläufig weitere operative Nachbehandlungen notwendig. Grundsätzlich ist es aber Ziel der ärztlichen Tätigkeit, derartige Nachbehandlungen, die mit zusätzlichen Kosten, Schmerzen und Komplikationen verbunden sein können, zu vermeiden. Das grundlegende Bestreben geht daher in die Richtung, die Modelle so weit zu verbessern, dass möglichst keine Nachbehandlungen notwendig sind (vgl. Seite 4, Zeilen 22 bis 25). Eine Anregung zur Durchführung einer iterativen Behandlungssimulation zum Erzeugen von Steuerdaten gemäß den Merkmalen M7 bis M9 des Anspruchs 1, ist daher auch an dieser Stelle der Druckschrift D1 nicht zu entnehmen. 4.3.2. Aus der Druckschrift D2 ist ein Verfahren zum Erzeugen eines Veränderungsprofils (Behandlungsprofil 144) und von Steuerdaten (Steuerungssystem 156) eines Lasersystems (106) für einen augenchirurgischen Eingriff bekannt (vgl. die Figur 7C i. V. m. der Beschreibung auf Seite 16, Zeilen 34 bis 38 und 59 bis 68 und Seite 18, Zeilen 13 bis 26) [= Merkmal M1 ], mit den folgenden Schritten: Eingabe von Daten durch einen Benutzer und Aufnahme von Messdaten des zu behandelnden Auges (vgl. Seite 16, Zeilen 45 bis 58) [= Merkmale M2 und M3 ]; Generieren eines Veränderungsprofils (Ablationsprofil) auf Basis der eingegebenen Daten und Messdaten (vgl. Seite 3, Zeilen 13 bis 15) [= Merkmal M4 ]; Generieren von Steuerdaten auf Basis des Veränderungsprofils zum Steuern der Laserstrahlung [= Merkmal M5 ]; Simulieren eines Behandlungsergebnisses mit den Steuerdaten aufgrund des genannten Veränderungsprofils [= Merkmal M6 ]; und Bewerten des genannten Behandlungsergebnisses unter Anwendung vorgegebener Kriterien (vgl. Seite 3, Zeilen 15 bis 19) [= Merkmal M7 ]. Bei dem aus der Druckschrift D2 bekannten Verfahren ist ebenfalls nicht vorgesehen, im Falle einer negativen Bewertung ein anderes Veränderungsprofil auf Basis anderer Daten oder andere Steuerdaten zum Steuern der Laserstrahlung iterativ zu generieren (Merkmal M8 ) und diese Iteration bis zu einer positiven Bewertung des simulierten Behandlungsergebnisses fortzusetzen, um auf diese Weise die Steuerdaten für den beabsichtigten Eingriff zu gewinnen und schließlich an das Lasersystem zu übergeben (Merkmal M9 ). Es findet sich in dieser Druckschrift auch keinerlei Anregung für eine solche Vorgehensweise. Zwar ist aus der Druckschrift D2 die iterative Berechnung eines Ablationsprofils (Veränderungsprofil) für die Hornhaut durch Strahlrückverfolgung bekannt (vgl. Seite 10, Zeile 56 bis Seite 11, Zeile 28), bei der die Iterationsschleife so lange durchlaufen wird, bis die iterativ berechnete Wellenfront eine vorgegebene Zielwellenfront Φ G mit hinreichender Genauigkeit erreicht hat, und bei der nach Durchlaufen der Iterationschleife schließlich die endgültige Ablationstiefe ΔZ F (Veränderungsprofil) berechnet wird. Es handelt sich aber um eine rein numerische Berechnung des Hornhautablationsmusters aufgrund optischer und geometrischer Parameter des Auges, die zuvor durch eine Topografiemessung bzw. Wellenfrontmessung des Auges erhalten wurden. Die Simulation eines Behandlungsergebnisses mit Steuerdaten eines augenchirurgischen Lasersystems, wie beim Verfahren nach Patentanspruch 1, wird bei dieser iterativen Berechnung des Ablationsprofils nicht durchgeführt, so dass der Fachmann demzufolge in dieser Druckschrift auch keinerlei Hinweise erhält, gemäß der Lehre der Anmeldung vorzugehen. 4.3.3. Auch die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften stellen weder die Neuheit in Frage noch kann der Fachmann ihnen eine Anregung entnehmen, eine iterative Simulation einer augenchirurgischen Behandlung zur Erzeugung von Steuerdaten eines Lasersystems vorzusehen. Aus der Druckschrift D3 ist ein Verfahren zum Erzeugen eines Steuerprogramms für ein Lasersystem für die Hornhautchirurgie des Auges bekannt (vgl. Seite 1, Zeilen 1 bis 12), bei dem der Einfluss des Winkels zwischen Laserstrahl und Hornhautoberfläche und die Reflexion des Laserstrahls berücksichtigt wird (vgl. Seite 7, Zeile 34 bis Seite 8, Zeile 6). Bei dem bekannten Verfahren wird die Ablationstiefe aus der Projektion der Wellenfront auf die Hornhaut iterativ berechnet (vgl. Seite 13, Zeilen 8 bis 23). Eine iterative Simulation der Behandlung zur Gewinnung des Ablationsprofils und der Steuerdaten des Lasersystems gemäß den Merkmalen M6 bis M9 des Patentanspruchs 1 wird nicht durchgeführt. In der Druckschrift D4 ist die Berücksichtigung der verschiedenen okularen Oberflächen des Auges (corneal surface, lens surface) bei der Berechnung des Ablationsprofils beschrieben (vgl. Seite 768, Abschnitt "Correction of Primary Spherical Aberration" und Seite 770, linke Spalte, Abschnitt "Discussion"). In der Druckschrift D5 ist ein mathematisches Modell für die nach einer Laserbehandlung durch Wundheilung auftretende Hornhautglättung (corneal surface smoothing) angegeben, anhand dessen der Prozess der Hornhautglättung simuliert werden kann (vgl. Seite 270, linke Spalte). Eine iterative Simulation der Behandlung zur Gewinnung des Ablationsprofils und der Steuerdaten eines Lasersystems, gemäß den Merkmalen M6 bis M9 des Anspruchs 1, ist in diesen Druckschriften nicht erwähnt. Da aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften die Merkmale M8 und M9 des Verfahrens nach Patentanspruch 1 bekannt sind und sie auch keine Anregungen für diese Verfahrensschritte geben, kann auch eine Zusammenschau dieser Druckschriften den Fachmann nicht zu dem beanspruchten Verfahren führen. Auch unter Berücksichtigung seines Fachwissens und Könnens ergibt sich für den Fachmann keine entsprechende Anregung. 4.4. Die Verfahren nach den nebengeordneten Patentansprüchen 4, 8 und 12 weisen auch die die Patentfähigkeit des Anspruchs 1 tragenden Merkmale auf, wonach ein simuliertes Behandlungsergebnis (simulierte Hornhautform bzw. Augenlinsenform bzw. Augenlinse) durch Vergleich mit dem gewünschten Ergebnis bewertet wird (Merkmal N7 bzw. N7’ bzw. N7’’ ) und die Simulation iterativ solange mit geänderten Steuerdaten wiederholt wird, bis der Unterschied zwischen dem simulierten und gewünschten Behandlungsergebnis innerhalb einer vorgegebenen Toleranz liegt (Merkmal N8 ). Die beanspruchten Verfahren sind daher aus den genannten Gründen ebenfalls gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns. 4.5. Die Patentfähigkeit der Unteransprüche 2 bis 3, 5 bis 7, 9 bis 11 und 13 bis 15 wird von der der unabhängigen Patentansprüche 1, 4, 8 und 12 mitgetragen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007256&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007259
BPatG
München
15. Senat
20100517
15 W (pat) 305/05
Beschluss
§ 62 Abs 1 PatG, § 99 Abs 1 PatG, § 227 Abs 1 ZPO
DEU
Patenteinspruchsverfahren - "Druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung" – keine Auferlegung der Kosten eines ersten Verhandlungstermins aufgrund Vorlage neuer Ansprüche im ersten Verhandlungstermin seitens der Patentinhaberin
In der Einspruchssache betreffend das Patent 199 25 945 hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündlichen Verhandlungen vom 18. März 2010 und vom 17. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richterinnen Schwarz Angele und Dipl.-Chem. Zettler sowie des Richters Dr. Lange beschlossen: I. Das Patent wird beschränkt aufrecht erhalten auf Grundlage der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2010, Beschreibung und Zeichnungen wie Patentschrift. II. Der Kostenantrag der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
I. Auf die am 8. Juni 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 199 25 945 mit der Bezeichnung “Druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung“ erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung in Form der DE 199 25 945 B4 ist der 26. August 2004. Die Patentansprüche 1 bis 3 lauten: Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Gegen das Patent hat die J… GmbH in S… Einspruch eingelegt. Die Einsprechende führt aus, dass der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei, weil er nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit beruhe. Zusätzlich macht sie noch eine offenkundige Vorbenutzung aus dem Jahr 1988 geltend. Sie stützt sich dabei auf die Druckschriften D1 US 5 271 539 A D2 JP 2-25269 A mit PATENT ABSTRACT OF JAPAN 02025269 A D2a deutsche Übersetzung der JP 2-25269 A D3 Auftragsbestätigung für den Verkauf einer Vergießeinrichtung RGD - Ge 6/200: Anlagen 1 bis 4. Im Prüfungsverfahren wurden außerdem die CH 646 624 A5 und die US 5 465 777 A entgegengehalten. Die Patentinhaberin hat der Einsprechenden in allen Punkten widersprochen. In der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2010 hat sie das angegriffene Patent (im Folgenden das Patent) mit schriftsätzlich eingereichten Ansprüchen gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 sowie mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüchen gemäß Hilfsanträgen 4 und 5 gegenüber dem vorgebrachten Stand der Technik verteidigt. Nachdem die Einsprechende beantragt hat, das Verfahren zu vertagen und der Patentinhaberin die Kosten des Verhandlungstermins aufzuerlegen, wurde das Verfahren vertagt. Mit Schriftsatz vom 13. April 2010 hat die Patentinhaberin neue Anspruchsätze gemäß Haupt- und Hilfsantrag eingereicht und beantragt, das Patent im Umfang dieses Haupt- bzw. Hilfsantrags aufrecht zu erhalten. Mit Schriftsatz vom 21. April 2010 hat die Einsprechende erklärt: “Der Antrag auf Vertagung der mündlichen Verhandlung wird hiermit zurückgenommen. Es wird gebeten im schriftlichen Verfahren nach Aktenlage zu entscheiden.“ In der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2010 verteidigt die Patentinhaberin das Patent mit den Ansprüchen 1 und 2 gemäß dem nunmehr einzigen Antrag (Hauptantrag). Sie beantragt, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten, auf Grundlage der Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2010, Beschreibung und Zeichnungen wie Patentschrift. Die Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hauptantrag lauten: Der Vertreter der Einsprechenden hat schriftsätzlich den Antrag gestellt, das Patent im vollen Umfang zu widerrufen. Zum Termin am 17. Mai 2010 ist die Einsprechende nicht erschienen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. 1. Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 Abs. 3 PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind (BGH, GRUR 2007, 859 - Informationsübermittlungsverfahren I und BGH, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II, BGH, GRUR 2009, 184 - Ventilsteuerung). 2. Der rechtzeitig und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind im Hinblick auf den druckschriftlich belegten Stand der Technik innerhalb der Einspruchsfrist die den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 PatG rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt worden, so dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen der geltend gemachten Widerrufsgründe ohne eigene Ermittlungen ziehen können (§ 59 Abs. 1 PatG). 3. Der Gegenstand des angegriffenen Patents geht nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). Der geltende Patentanspruch 1 findet seine Grundlage in den am Anmeldetag eingereichten Patentansprüchen 1, 2 und 4 i. V. m. S. 5 Abs. 2 sowie S. 6 der ursprünglichen Beschreibung. Unteranspruch 2 lässt sich aus dem ursprünglichen Unteranspruch 3 herleiten. Mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten neuen Patentansprüchen 1 und 2 ist der Schutzbereich des Patents nicht erweitert worden, da die neuen Ansprüche ihre Grundlage in den erteilten Patentansprüchen 1, 2, und 3 i. V. m. Abs. [0022] und [0026] finden. 4. Die druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung nach dem “Teapot-Prinzip" gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 erweist sich als patentfähig (§§ 1 bis 5 PatG). Das Patent war deshalb beschränkt aufrecht zu erhalten. a) Der Gegenstand des Anspruchs 1 betrifft eine druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung nach dem „Teapot-Prinzip" zum automatischen Gießen von Metallschmelzen in Gießformen (8), mit einem feuerfest ausgekleideten Kessel (1), einem druckdichten Deckel (2), einem Eingusssiphon (3) und einem Ausgusssiphon (4), welcher in ein Gießbecken (5) mündet, welches eine mittels eines Stopfens (6) verschließbare Auslauföffnung (9) aufweist. Gemäß der Patentschrift ist eine derartige druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung allgemein bekannt und in den Figuren 5 und 6 der Patentschrift gezeigt - vgl. Abs. [0006] der Patentschrift. Bei einer solchen druckgasbetätigten Gießeinrichtung wird die Schmelze durch Druckerhöhung aus dem Kessel in das Gießbecken gedrückt, dessen Ablauföffnung mit dem Stopfen verschließbar ist. Das Niveau der Schmelze im Gießbecken wird dabei unabhängig vom jeweiligen Kesselinhalt durch entsprechende Druckregelung auf gleicher Höhe gehalten, so dass für die Stopfendosierung konstante Bedingungen vorliegen - vgl. Abs. [0007]. Bisher hatten die allgemein bekannten Kessel ein ungünstiges Verhältnis von Nutz- zu Gesamtfassung an Schmelze, d. h. es verbleibt bei der Druckförderung eine nicht unerhebliche Menge an Restschmelze im Kessel - vgl. Abs. [0010]. Laut Vortrag der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2010 war dies ein wesentlicher Grund dafür, dass die bisher bekannten Gießöfen ein Durchmesser-Höhen-Verhältnis von etwa 1:1 aufwiesen. Eine größere Bodenfläche des Kessels wurde vermieden, da sich dadurch bei gleichem Mindest-Schmelzspiegel im Kessel eine größere Menge an Restschmelze ergeben hätte. Um beim Entleeren die Schmelze im Kessel bis auf den Mindest-Schmelzspiegel drücken zu können, liegt der maximale Überdruck im Kessel bei den bekannten Gießöfen bei etwa 0,7 atü. Bis zu diesem Mindest-Schmelzspiegel wird das Niveau der Schmelze im Gießbecken auf gleicher Höhe gehalten. Einen Beleg für den Druckwert von 0,7 atü gibt die CH 646 624 A5. Dort ist ausgeführt, dass das Druckniveau beim vollem Ofen etwa einem Druck von 1,3 bar und bei “fast leerem Ofen" einem Wert von etwa 1,7 bar entspricht. Ausgangsniveau ist dabei ein Druck von 1 bar. Der atmosphärische Überdruck entspricht dort also 0,7 bar bzw. 0,7 atü. Zum Erreichen des Niveaus N2 (Füllen des Gießbeckens) ist sogar ein noch höherer Überdruck von etwa 1,1 bar notwendig - vgl. S. 3 re. Sp. Zn. 42 bis 47 der CH 646 624 A5. b) Dem Patent liegt dementsprechend das objektive Problem zugrunde, eine druckgas- und stopfenbetätigte Giesseinrichtung der eingangs genannten Art anzugeben, bei der schon im drucklosen Zustand Schmelze im Gießbecken ist und die durch einen stark reduzierten Restschmelze-Inhalt für häufiges Entleeren geeignet, d. h. ausreichend flexibel für den häufigen Werkstoff-Wechsel bzw. den Teilzeit-Betrieb ist. Gleichzeitig soll zum Entleeren der Gießeinrichtung deutlich weniger Überdruck benötigt werden als bei den herkömmlichen Gießvorrichtungen - vgl. Abs. [0011] des Patents. c) Die Giesseinrichtung zur Lösung des Problems gemäß geltendem Patentanspruch 1 betrifft - nach Merkmalen gegliedert: 1 Druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung nach dem „Teapot- Prinzip" zum automatischen Gießen von Metallschmelzen in  Gießformen (8), 2 mit einem feuerfest ausgekleideten Kessel (1), 3 einem druckdichten Deckel (2), 4 einem Eingusssiphon (3) und 5 einem Ausgusssiphon (4), 6 welcher in ein Gießbecken (5) mündet, 6.1 welches eine mittels eines Stopfens (6) verschließbare  Auslauföffnung (9) aufweist; 7 der Kessel (1) ist in seinem Boden mit einer Rinne (11) ausgerüstet,  in der sowohl der Ausgusssiphon (4) als auch der Eingusssiphon (3)  enden; 8 die Gießeinrichtung weist ein Gesamtfassungsvermögen von  4600 kg Eisenschmelze auf, und 8.1 ist per Druckförderung komplett bis auf den Inhalt der Rinne (11),  dem Gießbecken (5) und den Siphons (3, 4) entleerbar und 8.2 wird zum Entleeren die Schmelze mit einem maximalen Überdruck  von 0,3 atü in das Gießbecken (5) gedrückt, und 9 die äußere Mündung des Eingusssiphons (3) und die  Auslassöffnung (9) des Gießbeckens (5) sind derart angeordnet,  dass der die Schmelze enthaltende Kessel (1) im Störfall derart  kippbar ist, dass einerseits das Gießbecken (5) soweit leerläuft, dass  der Stopfen (6) geöffnet werden kann, und dass andererseits die  Schmelze nicht aus dem Eingusssiphon (3) ausläuft. Figuren 1 und 2 des Patents zeigen eine entsprechende Gießeinrichtung: Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen d) Der zuständige Fachmann ist hier ein Diplomingenieur der Metallurgie bzw. Werkstofftechnik, der eine langjährige Tätigkeit und große Erfahrung auf dem Gebiet der Gießereitechnik aufweist und der mit der Entwicklung von Gießwerkzeugen beauftragt ist. e) Die Neuheit der beanspruchten druckgas- und stopfenbetätigten Gießeinrichtung nach dem “Teapot-Prinzip" zum automatischen Gießen von Metallschmelzen in Gießformen ist anzuerkennen, da keine der im Einspruch als auch im Prüfungsverfahren aufgegriffenen Druckschriften eine Vorrichtung mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 offenbart, wie sich im Einzelnen auch aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit ergibt. Auch die von der Einsprechenden geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung kann nicht weiterführen, da sie nicht belegt wurde. Von Seiten der Einsprechenden wurde in Anlage 2 unter “Urheberrecht und Geheimhaltung“ Geheimhaltung festgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2010 wurde die offenkundige Vorbenutzung von der Einsprechenden auch nicht weiter verfolgt. f) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit . aa) Die Druckschrift JP 2-25269 A mit PATENT ABSTRACT OF JAPAN 02025269 A (D2) und die deutsche Übersetzung der JP 2-25269 A (D2a) betrifft einen druckgasbetätigten Gießofen nach dem “Teapot-Prinzip“. Der D2/D2a liegt das Problem zugrunde, einen druckgasbetätigten Gießofen bereitzustellen, der den Anteil der Flüssigmetallrestmenge in Bezug auf die druckgegossene (herausgepresste) Flüssigmetallmenge stark reduziert - vgl. S. 6 Abs. 2 der D2a -, was u. a. der Aufgabenstellung des Patents entspricht - vgl. Abs. 4.b). Der Fachmann hatte demnach Anlass diese Druckschrift auf jeden Fall zu beachten, da hier das gleiche Problem wie nach dem Patent behandelt wird. Eine Ausführungsform des druckgasbetätigten Gießofens zur Lösung dieses Problems gemäß den Fig. 1 bis 3 und Seite 8 in D2a umfasst eine Drucksteuervorrichtung 11, die über ein Druckbeaufschlagungsrohr 10 mit der Flüssigmetallkammer 1 verbunden ist. In der Flüssigmetallkammer 1 befindet sich das Flüssigmetall 4 im Innern des Ofenkörpers 1a. Der Ofenkörper 1a ist mit einem Ofendeckel 7, der zwangsläufig druckdicht sein muss, ausgerüstet. Wie aus Figur 1 ersichtlich ist, beruht der Gießofen auf dem “Teapot-Prinzip“. Es sind ein Aufnahmesiphon 5a, ein Ausgusssiphon 6a und eine Ausgusskammer 6, in die der Ausgusssiphon 6a mündet, vorgesehen. Die Ausgusskammer 6 weist einen Ausgussdüse 8 auf. Der Ofenkörper 1a der Flüssigmetallkammer 1 ist aus feuerfestem Material - vgl. D2a S. 5 Abs. 2 -, und die Flüssigmetallkammer 1 ist am Boden mit der Gicht 3 verbunden. Aufnahmesiphon 5a und Ausgusssiphon 6a liegen niedriger als die Flüssigmetallkammer und öffnen sich in der Seitenfläche des Gichtteils, so dass der niedrigste Flüssigmetallspiegel bei Höchstdruck zum Druckgießen unter der Ebene der Bodenfläche der Flüssigmetallkammer 1 liegt. Somit wird die Flüssigmetall-Restmenge, die nicht druckgegossen werden kann, gegenüber dem Stand der Technik stark verringert - vgl. S. 9 Abs. 1. Damit offenbart die D2/D2a dem Fachmann, dass zur Lösung des Problems, die Flüssigmetall-Restmenge zu verringern, herkömmliche Druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtungen nach dem “Teapot-Prinzip“ mit den bekannten Merkmalen 1 bis 6.1 - vgl. die Ausführungen unter Absatz 4.a) - mit einem Aufnahmesiphon und Ausgusssiphon, der am Boden mit einer Gicht verbunden ist, auszustatten. Er erkennt aus den Figuren 1 bis 3 deutlich, dass die Gicht als Rinne ausgebildet sein muss, in der Aufnahmesiphon und Ausgusssiphon enden ( Merkmal 7 ). In D2/D2a nicht beschrieben sind die Merkmale 8, 8.1, 8.2, und 9 . Zwar ist es durchaus möglich, die Oberfläche in Figur 1 der D2 nachträglich so geneigt einzuzeichnen, dass das Merkmal 9 erfüllt ist, dazu muss der Fachmann aber die Lehre des Patents kennen. Anregungen, diese Lehre aus der D2/D2a ohne nachträgliche Betrachtungsweise zu ziehen, hatte der Fachmann jedoch nicht. Selbst bei Kenntnis von D2/D2a hatte er keinen Anlass zu der Lehre des Patents im Hinblick auf ein Durchmesser-Höhen-Verhältnis des Gießofens von > 1 mit den Merkmalen 8, 8.1, 8.2 zu gelangen - vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 2009 X ZR 65/05 - Einteilige Öse, in juris. bb) Auch die Druckschriften US 5 271 539 A (D1) sowie US 5 465 777 A und CH 646 624 A5, können hier nicht weiterführen. Die D1 betrifft eine druckgasgesteuerte Gießeinrichtung nach dem “Teapot-Prinzip“ zum automatischen Gießen von Metallschmelzen in Gießformen - vgl. Sp. 1 Zn. 10 bis 17 und Figur 1. Dabei soll auch das Problem gelöst werden, die im Gießofen verbleibende Restschmelze zu minimieren - vgl. Sp. 2 Zn. 14 bis 18. Die D1 offenbart aber weder eine Rinne im Boden des Kessels gemäß Merkmal 7 noch ein Durchmesser-Höhenverhältnis des Gießofens von > 1 entsprechend den Merkmalen 8, 8.1, 8.2 und auch nicht Merkmal 9. Die Schrift gibt aus fachmännischer Sicht keinen Anlass, zur Ausführung des Durchmesser-Höhenverhältnisses von > 1 gemäß den Merkmalen 8 bis 8.2 und der Anordnung der Mündung des Einganssiphons und der Auslassöffnung des Gießbeckens entsprechend Merkmal 9. cc) Die Druckschriften US 5 465 777 A - vgl. Fig. 1 - und die CH 646 624 A5 - vgl. Fig. 1 - beschreiben druckgasbetätigte Gießeinrichtungen zum automatischen Gießen von Metallschmelzen in Gießformen. Anregungen, die im Gießofen verbleibende Restschmelze zu minimieren, sind aus diesen Druckschriften nicht zu entnehmen. Hinweise für den Fachmann, die Merkmale 7 bis 9 des Patents zu verwirklichen, sind dort nirgends gegeben. Auch die Zusammenschau der Druckschriften (D1) sowie US 5 465 777 A und CH 646 624 A5 mit D2/D2a konnte den Fachmann nicht zu den Merkmalen 8 bis 9 des Patents führen. Die erfindungsgemäße Lösung des Problems, eine druckgas- und stopfenbetätigte Gießeinrichtung nach dem „Teapot-Prinzip" zum automatischen Gießen von Metallschmelzen in Gießformen mit den Merkmalen 1 bis 7 bereitzustellen, insbesondere mit der Maßgabe, das Durchmesser-Höhenverhältnis des Gießofens von > 1 entsprechend den Merkmalen 8, 8.1, 8.2 und die Anordnung der Mündung des Einganssiphons und der Auslassöffnung des Gießbeckens entsprechend Merkmal 9 auszubilden, hat weder aus den in Betracht zu ziehenden Entgegenhaltungen noch deren Zusammenschau nahe gelegen. Vielmehr ermöglicht die Verwirklichung der Merkmale 8 bis 8.2 eine weitere, überraschend einfache zusätzliche Verbesserung des Verhältnisses von Nutz- zu Gesamtfassung an Schmelze und des zur Entleerung benötigten Überdrucks. g) In Verbindung mit Patentanspruch 1 hat auch der darauf rückbezogene Patentanspruch 2 Bestand, da er eine vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsform der im Anspruch 1 angegebenen Vorrichtung beschreibt. 5. Der Antrag der Einsprechenden, der Patentinhaberin die Kosten der Termins zur mündlichen Verhandlung vom 18. März 2010 aufzuerlegen, ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen. Auch im Einspruchsverfahren vor dem Bundespatentgericht trägt jeder Beteilige grundsätzlich seine Kosten selbst, was sich für dieses Verfahren aus § 147 Abs. 3 Satz 2 PatG (in der Fassung vom 15. Dezember 2004 bis 30. Juni 2006) in Verbindung mit § 62 Abs. 1 PatG ergibt. Von dieser Regel kann abgewichen werden, wenn dies aus Gründen der Billigkeit gerechtfertigt erscheint. Eine vom Regelfall abweichende Kostenentscheidung kann dann notwendig sein, wenn sich das Verhalten eines der Beteiligten im Verlauf des Verfahrens als ein Verstoß gegen die allgemeine prozessuale Sorgfaltspflicht darstellt. Der Verstoß muss dabei von einem derartigen Gewicht sein, dass es unbillig erscheint, die ohne weiteres vermeidbaren Kosten den anderen Beteiligten tragen zu lassen. Dies bedeutet, dass derjenige, der vorwerfbar aus Säumnis oder Nachlässigkeit unnötige Kosten verursacht, diese auch billigerweise tragen muss (vgl. Schulte, Patentgesetz mit EPÜ 8. Auflage zu § 80 Rn. 9, 13). Ein solcher verschuldeter Pflichtenverstoß der Patentinhaberin ist hier nicht erkennbar. Aufgrund des Verhaltens der Patentinhaberin war jedoch zunächst die Vertagung der mündlichen Verhandlung notwendig geworden. Sie hat unmittelbar vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 17. März 2010 einen neuen Hauptantrag und drei Hilfsanträge, in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 2010 selbst zwei weitere Hilfsanträge vorgelegt. Die Änderungen der Patentansprüche entstammten dabei zum Teil aus den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2 und 4 und zum Teil aus der Beschreibung. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung gab der Senat zu erkennen, dass eine Aufrechterhaltung des Patents in einer der vorgelegten beschränkten Fassungen in Betracht kommt. Diese für die Einsprechende neue Situation verlangte nach Überlegung und Vorbereitung, was der verteidigten Fassung des Patents entgegengehalten werden könnte. Da sich der Vertreter der Einsprechenden nicht in der Lage sah, sich “aus dem Stand“ oder nach einer entsprechenden kurzzeitigen Unterbrechung der mündlichen Verhandlung zu der beschränkten Verteidigung des Patents zu äußern, wurde der Termin auf Antrag der Einsprechenden vertagt. Diese Vertragung gemäß § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 ZPO war auch notwendig, denn durch die unmittelbar vor der Hauptverhandlung bzw. die im Termin selbst vorgelegten neuen Haupt- und Hilfsanträge wurde die Einsprechende mit neuen Tastsachen- und Rechtsfragen konfrontiert, die möglicherweise eine neue Recherche erforderlich machten, um sich vollständig zur Patentfähigkeit der verteidigten Fassung äußern zu können. Es konnte der Einsprechenden auch nicht zugemutet werden sich gleichsam “vorauseilend“ mit einer eventuellen Beschränkung des Patents zu befassen um so auf einen Rückzug der Patentinhaberin auf die Beschreibung oder auf Ausführungsbeispiele vorbereitet zu sein. Es ist vielmehr das Recht der Einsprechenden, ihren Angriff auf die in den erteilten Patentansprüchen aufgenommenen Merkmale zu beschränken und ihre Angriffsstrategie hierauf einzurichten. Zieht sich die Patentinhaberin unmittelbar vor oder im Verlauf der mündlichen Verhandlung auf eine geänderte Fassung des Patents zurück, so gebietet es der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass dem Gegner, notfalls durch Vertagung des Verfahrens, ausreichend Gelegenheit gegeben wird sich mit dieser neuen Situation auseinander zu setzen. Dies gilt auch dann, wenn die erfolgte Beschränkung den “Kern der Erfindung“ betrifft, oder als Abgrenzung gegenüber dem Stand der Technik durchaus erkennbar und erwartbar erschien (vgl. hierzu BGH GRUR 2004, 354 - Vertagung). Diese notwendige Vertagung führt jedoch nicht dazu, dass der Patentinhaberin nunmehr aus Billigkeitsgründen die Kosten des ersten Termin gemäß § 62 Abs. 1 PatG aufzuerlegen wären. Die Einsprechende hatte mit Schriftsatz vom 5. März 2010 unter anderem einen neuen druckschriftlichen Stand der Technik in das Verfahren eingeführt und eine eigene offenkundige Vorbenutzung behauptet. Damit hat sie zunächst ihrerseits eine veränderte prozessuale Lage herbeigeführt. Mit ihren mit Schriftsatz vom 17. März 2010 vorgelegten Haupt- und Hilfsanträgen hat die Patentinhaberin auf diesen neuen Sachvortrag unmittelbar reagiert und ihr Patent nur noch beschränkt verteidigt. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung sodann hat der Senat in den Sach- und Streitstand eingeführt und seine rechtliche Wertung zur Schutzfähigkeit des Streitpatents zu erkennen gegeben. Daraufhin hat die Patentinhaberin zwei weitere Hilfsanträge vorgelegt, zu denen sich der Vertreter der Einsprechenden nicht äußern wollte, sondern eine Vertagung des Termin beantragte. Dies ist ebenso wenig zu beanstanden wie das vorherige Verhalten der Patentinhaberin. Dass ein angegriffenes Patent beschränkt wird, um damit die Zweifel des Gerichts an der Patentfähigkeit auszuräumen, entspricht einer üblichen und sorgfältigen Vorgehensweise bei der Verteidigung eines Schutzrechts. In einer derartigen Situation kann der Gegner zwar die Vertagung des Termins nach § 227 Abs. 1 ZPO verlangen, denn er braucht seine Recherche zunächst nur auf das erteilte Schutzrecht richten. Gründe, die durch die Vertagung entstehenden Kosten der Patentinhaberin aufzuerlegen, liegen damit aber nicht vor. Hier nahm die Einsprechende die zugesprochene Überlegungsfrist zudem nicht wahr, denn sie äußerte sich weder schriftsätzlich zu den neuen Patentansprüchen, noch erschien sie zum zweiten Verhandlungstermin. Auch aus diesem Verhalten ergibt sich, dass Billigkeitsgründe für eine Kostenauferlegung nach § 62 PatG nicht vorliegen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109007259&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109007261
BPatG
München
24. Senat
20100928
24 W (pat) 26/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "Fluidum" - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 307 50 791 (hier: Löschungsverfahren S 130/08) hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. September 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Viereck und der Richterin Dr. Mittenberger-Huber beschlossen: 1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Markenstelle 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Januar 2009 aufgehoben. 2. Die Löschung der Marke DE 307 50 791 im Umfang der Waren „Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Badezusätze, soweit in Klasse 3 enthalten, Duschbäder, Deodorants zum persönlichen Gebrauch, Haarwässer, Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare, Haarfestiger, Haarfärbemittel, Haartönungsmittel, Nagellack, Nagellackentferner, kosmetische Sonnenschutzmittel, Zahnputzmittel, nichtmedizinische Mund- und Zahnpflegemittel“ wird angeordnet. 3. Kosten werden nicht auferlegt.
I. Die Wortmarke DE 307 50 791 Fluidum ist am 7. März 2008 u. a. für folgende Waren der Klasse 3 in das Markenregister eingetragen worden: „Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Badezusätze, soweit in Klasse 3 enthalten, Duschbäder, Deodorants zum persönlichen Gebrauch, Haarwässer, Mittel zur Reinigung, Pflege und Verschönerung der Haare, Haarfestiger, Haarfärbemittel, Haartönungsmittel, Nagellack, Nagellackentferner, kosmetische Sonnenschutzmittel, Zahnputzmittel, nichtmedizinische Mund- und Zahnpflegemittel“. In dem genannten Umfang hat der Beschwerdeführer die Löschung der Marke beantragt, da der Eintragung absolute Schutzhindernisse entgegengestanden hätten und weiterhin entgegenstünden. Das Markenwort „Fluidum“ unterliege für die eingetragenen Waren der Klasse 3 einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Es bedeute u. a. „Flüssigkeit“ und beschreibe insoweit lediglich eine mögliche und für den Erwerber auch wichtige Konsistenz der betreffenden Waren. In dieser Bedeutung werde der Begriff „Fluidum“ ausweislich der mit Anlage ASt. 3 vorgelegten Belege auch vielfach im Verkehr verwendet. Insoweit ermangele es der angegriffenen Marke zugleich an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Darüber hinaus sei die Anmeldung bösgläubig erfolgt. Bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine rechtsmissbräuchliche Wiederholungsmarke zu der Marke DE 300 79 373 „FLUIDUM“, die auf Antrag des Antragstellers wegen Verfalls infolge Nichtbenutzung mangels Widerspruchs der Markeninhaberin gelöscht worden sei. Insoweit hat der Antragsteller weiter beantragt, der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag - rechtzeitig - widersprochen und ist dem Löschungsbegehren auch inhaltlich entgegengetreten. Mit Beschluss vom 7. Januar 2009 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes den Löschungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass dem eingetragenen Zeichen für die Waren der Klasse 3 weder ein Freihaltebedürfnis entgegenstehe noch jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die Bezeichnung „Fluidum“ stelle keine glatte Sachbeschreibung dar. Das aus dem Lateinischen stammende Wort bedeute zum einen die von einer Person oder Sache ausgehende besondere Ausstrahlung, zum anderen stehe sie in der Naturwissenschaft für eine Flüssigkeit, etwas Fließendes. Die angesprochenen Verkehrskreise würden diese zweite Bedeutung jedoch in Verbindung mit Waren der Klasse 3 nicht erkennen. Produkte in flüssiger Form würden eher die (zusätzliche) Bezeichnung "Liquid" tragen. Soweit der Begriff „Fluidum“ im Zusammenhang mit Kosmetika verwendet werde, handele es sich um markenmäßige Benutzungen. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass die angegriffene Marke bösgläubig angemeldet worden sei. Die Marke stimme weder hinsichtlich des Zeichens noch bezüglich der beanspruchten Waren vollständig mit der gelöschten Marke 300 79 373 überein. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Neuanmeldung nur getätigt worden sei, um die Benutzungsschonfrist zu umgehen und den Antragsteller von einer möglichen Benutzung auszuschließen. Die Neuanmeldung sei zudem erst knapp drei Monate nach Ablauf der Benutzungsschonfrist der Vorgängermarke erfolgt, so dass es jedermann möglich gewesen sei, in der Zwischenzeit die Eintragung einer entsprechenden Marke durchzusetzen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Das Deutsche Patent- und Markenamt stelle nicht in Abrede, dass „Fluidum“ auch die Bedeutung „Flüssigkeit“ aufweise und damit eine Produkteigenschaft beschreibe. Typischerweise könnten alle eingetragenen Waren der Klasse 3 auch in flüssiger Form angeboten werden. Damit seien die Voraussetzungen von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Er habe ferner belegt, dass auf dem betroffenen Warengebiet der Begriff „Fluidum“ als Synonym für „Flüssigkeit“ verwendet werde. Er beantragt, 1. den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben, 2. die Marke DE 307 50 791 „Fluidum“ in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu löschen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke und Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Zur Begründung führt sie aus, dass es sich bei der Bezeichnung „Fluidum“ nicht um eine freihaltebedürftige Angabe handle. Produktmerkmale würden dadurch nicht beschrieben. Der Verkehr werde das Wort im Zusammenhang mit Kosmetika für einen Phantasiebegriff halten, dies umso mehr, als es sich um ein Wort aus der lateinischen Sprache handele. Insoweit weise die Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist in der Hauptsache begründet. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antrag auf Löschung der angegriffenen Marke "Fluidum“ zu Unrecht zurückgewiesen, da die verfahrensgegenständliche Marke als beschreibende Angabe im Zeitpunkt der Eintragung freihaltebedürftig war und dieses Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag besteht (§ 50 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). 1. Nach der genannten Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) dienen können. Die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen oder Angaben, die zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren (oder Dienstleistungen) dienen können, allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, damit diese sie zur Beschreibung derselben Eigenschaften ihrer eigenen Produkte verwenden können (EuGH GRUR 2004, 146 - Tz. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674 - Tz. 97 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2008, 900, 901 – Tz. 12 – SPA; GRUR 2006, 850, 856 – Tz. 35 - FUSSBALL WM 2006). Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat (vgl. BGH GRUR 2008, 900, 901 – Tz. 15 - SPA; GRUR 2006, 760 – Tz. 14 - LOTTO), sein Inhalt vage ist (BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt) oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH GRUR 2004, 146 – Tz. 33 – DOUBLEMINT). Der aus dem Lateinischen stammende Begriff „Fluidum“ ist lexikalisch als Bestandteil der Gegenwartssprache belegt, und zwar allgemein im Sinne einer „von jemandem oder einer Sache ausgehenden besonderen Ausstrahlung, Wirkung“, aber auch in der Bedeutung „Flüssigkeit, etwas Fließendes“ (Anlage ASt. 1, Bl. S. 9 d. VA - Meyers Lexikononline 2.0; Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, S. 594; Duden – Fremdwörterbuch, 8. Auflage 2005, S. 331, 332). Die streitgegenständlichen Waren der Klasse 3 können ihrer Art nach alle in flüssiger Form hergestellt werden und auf den Markt kommen. Damit ist die angegriffene Marke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet, die betreffenden Produkte hinsichtlich ihrer Konsistenz zu beschreiben. Ob derselbe Sinngehalt auch - oder sogar bevorzugt - durch das Wort „liquid“ ausgedrückt werden kann, ist rechtlich unerheblich (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rn. 243 m. w. N.). Im übrigen hat der Antragsteller zutreffend dargelegt, dass in flüssiger Form auf dem Markt befindliche Kosmetika tatsächlich häufig als „Fluidum“ bezeichnet werden, so z B.: - „Wenn ich mich jetzt so bewusst in meinem Badezimmer umschaue, trifft mich fast der Schlag. Verschiedenste Dusch Gel, Haar Shampoo, Body Lotion … Gesichtsfluidum, …“ (Bl. S. 15 d. VA); - „Kera Tonia Haar Fluidum“ (Bl. S. 18 d. VA); - „Spezielles Anti-Falten-Fluidum“; „Klärendes Phyto-Fluidum“; „Fein abgestimmtes Phyto-Fluidum“ (Bl. S. 19 d. VA); - „Schöne Haut ohne Altersflecken. Diese Creme (und auch das Fluidum, Art. 7049) kann …“ (Bl. S. 20 d. VA); - „ Arganium ist ein Schönheitsfluidum, das …“ (Bl. S. 24 d. A.); - „Das in einem speziellen Verfahren hergestellte Fluidum ist hochdosiert …“ (Bl. S. 26 d. VA) oder - „Serum Colostrum – Ein Wirkstoff-Fluidum zur Gesunderhaltung der Haut …“ (Bl. S. 27 d. VA). In allen diesen Fällen erfolgt die Benutzung der Bezeichnung „Fluidum“ in beschreibendem Sinne als Synonym für „Flüssigkeit“ bzw. „in flüssiger Form“. Die gegenteilige Annahme der Markenabteilung stützt sich allein auf die - in anderem rechtlichen Zusammenhang geäußerte und z. T. auch andere Verwendungsformen betreffende - Einschätzung des Antragstellers und ist ersichtlich sachwidrig. 2. Den Löschungsgrund der bösgläubigen Anmeldung (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG) hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr aufgegriffen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss Bezug genommen, mit denen die Markenabteilung eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin zutreffend verneint hat. 3. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG). Bösgläubigkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung der Streitmarke hat nicht vorgelegen. Sonstige Billigkeitsgründe, die ein Abweichen von dem Grundsatz der Tragung der jeweils eigenen Kosten rechtfertigen würde, sind nicht ersichtlich (Knoll in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 14). Damit hat es bei der Grundregel des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zu verbleiben. 4. Die Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gem. § 69 Nr. 1 MarkenG war – trotz des Antrags des Antragstellers - nicht erforderlich, da die Beschwerde in der Hauptsache vollumfänglich Erfolg hatte und das Unterliegen hinsichtlich des Kostenantrags nur einen Nebenpunkt betrifft (Knoll in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 69 Rn. 8).
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