doknr
stringlengths
13
13
ecli
stringlengths
0
42
gertyp
stringclasses
8 values
gerort
stringclasses
2 values
spruchkoerper
stringclasses
79 values
entsch-datum
stringlengths
8
8
aktenzeichen
stringlengths
7
508
doktyp
stringclasses
26 values
norm
stringlengths
0
2.87k
vorinstanz
stringlengths
0
5k
region
stringclasses
1 value
mitwirkung
stringclasses
35 values
titelzeile
stringlengths
0
1.89k
leitsatz
stringlengths
0
8.58k
sonstosatz
stringclasses
545 values
tenor
stringlengths
0
35.8k
tatbestand
stringlengths
0
114k
entscheidungsgruende
stringlengths
0
695k
gruende
stringlengths
0
681k
abwmeinung
stringclasses
37 values
sonstlt
stringclasses
199 values
identifier
stringlengths
114
114
coverage
stringclasses
1 value
language
stringclasses
1 value
publisher
stringclasses
1 value
accessRights
stringclasses
1 value
JURE109005531
BPatG
München
26. Senat
20100324
26 W (pat) 82/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "HAMBURGER OKTOBERFEST" – Freihaltungsbedürfnis
Parallelverfahren: 26 W (pat) 83/09
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 34 139.9 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen „Klasse 32: Biere, insbesondere Weißbier, alkoholfreies Bier, alkoholvermindertes Bier, Bier-Mischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Getränke und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Klasse 33: alkoholische Getränke, soweit in Klasse 33 enthalten; Klasse 43: Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen“ bestimmten Wortmarke 307 34 139 HAMBURGER OKTOBERFEST in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Das Prüfzeichen setze sich aus der geläufigen geografischen Herkunftsangabe „ HAMBURGER “ und der sachbeschreibenden Bezeichnung „ OKTOBERFEST “ als Hinweis auf ein im Monat Oktober stattfindendes Fest zusammen. Es liege nahe, das „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ mit dem weltberühmten „Münchner Oktoberfest“, nach dem zahlreiche andere Oktoberfeste in Deutschland und anderen Ländern benannt seien, in Verbindung zu bringen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher die angemeldete Wortfolge als Hinweis auf ein im Herbst in Hamburg veranstaltetes Fest nach Art des Münchner Oktoberfestes verstehen. Da auf solchen Festen regelmäßig alkoholische und alkoholfreie Getränke und zudem Verpflegung jeglicher Art angeboten würden, weise die angemeldete Kennzeichnung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen einen beschreibenden Begriffsgehalt ohne Herkunftshinweisfunktion auf. Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung von einem großzügigen Maßstab auszugehen sei. Den für das „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ angemeldeten Waren und Dienstleistungen könne ein beschreibender Gehalt nicht zugeordnet werden. Niemand werde mit dem Begriff „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ Produkte wie etwa Fruchtsäfte, Mineralwasser oder eine Dienstleistung wie die Beherbergung von Gästen in Verbindung bringen. Allenfalls im Zusammenhang mit „Bieren“ könne mit Blick auf das weltberühmte Münchner Volksfest ein loser Bezug zum Begriff „ OKTOBERFEST “ hergestellt werden. Eine Reduktion des Anmeldezeichens auf seinen Bestandteil „ OKTOBERFEST “ sei allerdings unzulässig und widerspreche dem Erfahrungssatz, wonach der Verkehr keine analysierende Betrachtungsweise einer zusammengesetzten Kennzeichnung vornehme. „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ sei als Begriffskombination neuartig und ungewöhnlich, rege zu weiteren Denkschritten an und ordne der Marke eine herkunftshinweisende Funktion zu. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis an dem angemeldeten Zeichen. Dies möge für Dienstleistungen der Klasse 41 der Fall sein, nicht jedoch für mit der verfahrensgegenständlichen Marke gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen. Ein lediglich mittelbarer Bezug der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu einem freihaltebedürftigen Begriff wie „ OKTOBERFEST “ rechtfertige nicht die Zurückweisung der Anmeldung, da eine beschreibende Aussage nur angedeutet werde und allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerung für den angesprochenen Verkehr als solche erkennbar sei. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Dezember 2008 und vom 7. September 2007 aufzuheben und die Eintragung der Marke im Umfang ihrer Anmeldung anzuordnen. II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Das angemeldete Zeichen „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ ist freihaltebedürftig, da es ausschließlich aus Angaben besteht, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Einer Eintragung der angemeldeten Marke steht mithin das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Das verfahrensgegenständliche Kombinationszeichen setzt sich aus der geografischen Herkunftsangabe „ HAMBURGER “ und der aus sich heraus verständlichen Bezeichnung „ OKTOBERFEST “ als sachbeschreibendem Hinweis auf eine im Monat Oktober stattfindende Festivität zusammen. Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen stellt sich das „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ - losgelöst von einer sich am Münchner Oktoberfest orientierenden Assoziation - aus der Sicht des Verkehrs in ausschließlich beschreibender Weise als ein in Hamburg - zumindest auch - im Monat Oktober stattfindendes oder an dem Münchner Oktoberfest orientierendes Fest dar, auf dem die beanspruchten Getränke einschließlich damit in Zusammenhang stehend die Beherbergung und Verpflegung von Gästen angeboten werden (vgl. hierzu auch PAVIS PROMA 26 W (pat) 158/05 - MUNICH BEER FESTIVAL ). Im so verstandenen wörtlichen Sinne besteht ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin, ihre eigenen Produkte in derselben Weise als „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ benennen zu können und nicht auf anderweitige Bezeichnungen ausweichen zu müssen. Ohne Erfolg hält dem die Anmelderin unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGH GRUR 1999, 988 - HOUSE OF BLUES entgegen, die Markenstelle habe verkannt, dass ein möglicherweise vorhandenes Bedürfnis, die Marke „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ für Dienstleistungen der Klasse 41 freizuhalten, keine Grundlage für die Versagung einer Eintragung dieses Zeichens für die im Zusammenhang mit einer solchen Festivität dem Publikum angebotenen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen bilde. Zwar hat sich die Feststellung, dass die angemeldete Marke zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen könne, auf das angemeldete Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu beziehen (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 - Linde, Winward u. Rado ; EuGH GRUR 2003, 604, 609 - Libertel ; EuGH GRUR 2004, 674, 675 - Postkantoor ; BGH a. a. O. - HOUSE OF BLUES , S. 989; BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS ). Die Zurückweisung einer Markenanmeldung kann nicht mit der Begründung erfolgen, die Marke stelle zwar nicht für die angemeldeten, wohl aber für andere - ähnliche - Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe dar (vgl. BGH GRUR 1997, 634, 636 - TURBO II ; BGH a. a. O. - HOUSE OF BLUES , S. 989). Allerdings gilt es hierbei zu berücksichtigen, dass das Merkmal des (engen) beschreibenden Bezugs im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht absolut und generalisierend zu ermitteln ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich vom Bedeutungsgehalt der konkret als Marke beanspruchten Bezeichnung und den konkreten Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 856 f. - FUSSBALL WM 2006 ). Abweichend von dem Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „ HOUSE OF BLUES “ zu entscheiden hatte, entspricht es hier den üblichen Gepflogenheiten auf dem Getränkesektor, mit Hilfe der auf den Getränken angebrachten Etikettierung auf besondere Veranstaltungen hinzuweisen. So verbindet etwa der angesprochene Verkehr mit der weithin verbreiteten Etikettierung „Festbier“ die Vorstellung, eine eigens für diese Veranstaltung hergestellte Biersorte zu erhalten. Solche branchenüblichen Bezeichnungen sind auch auf alkoholfreien Getränken vorzufinden. Abweichend von der Auffassung der Anmelderin steht einer Eintragung von „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ auch für die beanspruchten Waren „Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Diese Waren können nämlich als Bestimmungsangabe für das „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ insoweit angesehen werden, als andere Getränke hiermit gemischt werden. Die verfahrensgegenständliche Kennzeichnung ist ferner für die beanspruchten „Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen“ freizuhalten. Zunehmend wenden sich Veranstalter größerer Festivitäten mit einem Komplettangebot, zu dem - insbesondere für auswärtige Gäste - auch Übernachtungsmöglichkeiten zählen, an ihre Interessenten. Sämtliche der beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehen daher in einem engen Sachzusammenhang zu einer als „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ bezeichneten Festivität. Vor diesem Hintergrund kann ein Bedürfnis von Mitbewerbern der Anmelderin, ihr im Zusammenhang mit einer entsprechenden Festivität bestehendes Waren- und Dienstleistungsangebot mit „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ zu kennzeichnen, nicht verneint werden. Nicht zuletzt belegt auch der Umstand, dass mit Radio Hamburg ein Mitbewerber der Anmelderin seit Jahren ein als „Das HAMBURGER OKTOBERFEST “ bezeichnetes Volksfest auf dem Hamburger Fischmarkt veranstaltet (vgl. Nachweise unter www.google.de), ein Freihaltebedürfnis an der verfahrensgegenständlichen Kennzeichnung, woran nichts zu ändern vermag, dass die Anmelderin nach ihrem Vorbringen Mitveranstalter gewesen sein soll. Der Anmelderin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der Verkehr in der Bezeichnung „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ nur mittelbar die Vorstellung verbinde, solchermaßen gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen lehnten sich an nach Art des weltberühmten Münchner Oktoberfests bekannte Kennzeichnungsgewohnheiten an. Zwar unterliegen dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nur unmittelbar beschreibende Zeichen und Angaben. Wird eine beschreibende Angabe nur angedeutet und ist diese allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar, steht der Eintragung ein Freihaltebedürfnis regelmäßig nicht entgegen (vgl. Ströbele /Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 251). Dass sich - wie die Markenstelle nachgewiesen hat und überdies gerichtsbekannt ist - innerhalb und außerhalb Deutschlands zahlreiche (Bier-) Feste in der Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen an das weltberühmte Münchner Oktoberfest anlehnen, zeigt vielmehr, dass der Verkehr in „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ nicht nur eine mittelbare Andeutung an das Münchner Oktoberfest sieht, sondern hiermit konkret die Vorstellung verbindet, in „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ eine Veranstaltung nach der Art und dem Vorbild des Münchner Oktoberfestes vorzufinden, wobei die bei diesem bayerischen Fest üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten zugrunde liegen (vgl. Senat a. a. O. - MUNICH BEER FESTIVAL ; BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 149/99 - THE FABULOUS OKTOBERFEST ). In diesem Sinne ist die Bezeichnung „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ geeignet, die Eigenschaften der solchermaßen gekennzeichneten verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Auch die weiteren von der Anmelderin erhobenen Einwände verhelfen ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Da die Kombination der für sich genommen schutzunfähigen Elemente „ HAMBURGER “ und „ OKTOBERFEST “ sich in ihrer Summenwirkung erschöpft und der durch ihre Verbindung bewirkte Gesamteindruck nicht über die Zusammenfügung ihrer beschreibenden Elemente hinausgeht (vgl. Ströbele /Hacker a. a. O., § 8 Rn. 324), kann den angegriffenen Entscheidungen nicht entgegengehalten werden, die Markenstelle habe ihrer Beurteilung eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise zugrunde gelegt und missachtet, dass der Verkehr das Zeichen so verstehe, wie es ihm in seiner Gesamtheit begegne und keine analysierende Betrachtungsweise anstelle. Die Anmelderin kann auch nicht damit gehört werden, die Wortkombination „ HAMBURGER OKTOBERFEST “ sei neuartig und mehrdeutig. Dass ein Wortzeichen neuartig, sprachlich ungewohnt oder lexikalisch nicht nachweisbar ist, begründet für sich genommen nicht dessen Eintragungsfähigkeit (vgl. Ströbele /Hacker, § 8 Rn. 252). Eine auf einen Herkunftshinweis schließen lassende Mehrdeutigkeit des angemeldeten Zeichens erschließt sich dem Senat überdies nicht angesichts des vorstehend erläuterten Verkehrsverständnisses von „ HAMBURGER OKTOBERFEST “. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob der Markenanmeldung, wie von der Markenstelle angenommen, auch das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005531&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005532
BPatG
München
26. Senat
20100324
26 W (pat) 83/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "OKTOBERFEST HAMBURG" – Freihaltungsbedürfnis
Parallelverfahren: 26 W (pat) 82/09
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 34 140.2 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen „Klasse 32: Biere, insbesondere Weißbier, alkoholfreies Bier, alkoholvermindertes Bier, Bier-Mischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Getränke und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Klasse 33: alkoholische Getränke, soweit in Klasse 33 enthalten; Klasse 43: Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen“ bestimmten Wortmarke 307 34 140 OKTOBERFEST HAMBURG in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Das Prüfzeichen setze sich aus der geläufigen geografischen Herkunftsangabe „ HAMBURG “ und der sachbeschreibenden Bezeichnung „ OKTOBERFEST “ als Hinweis auf ein im Monat Oktober stattfindendes Fest zusammen. Es liege nahe, das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ mit dem weltberühmten „Münchner Oktoberfest“, nach dem zahlreiche andere Oktoberfeste in Deutschland und anderen Ländern benannt seien, in Verbindung zu bringen. Die angesprochenen Verkehrskreise würden daher die angemeldete Wortfolge als Hinweis auf ein im Herbst in Hamburg veranstaltetes Fest nach Art des Münchner Oktoberfestes verstehen. Da auf solchen Festen regelmäßig alkoholische und alkoholfreie Getränke und zudem Verpflegung jeglicher Art angeboten würden, weise die angemeldete Kennzeichnung im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen einen beschreibenden Begriffsgehalt ohne Herkunftshinweisfunktion auf. Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde erhoben. Zur Begründung weist sie darauf hin, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung von einem großzügigen Maßstab auszugehen sei. Den für das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ angemeldeten Waren und Dienstleistungen könne ein beschreibender Gehalt nicht zugeordnet werden. Niemand werde mit dem Begriff „ OKTOBERFEST HAMBURG “ Produkte wie etwa Fruchtsäfte, Mineralwasser oder eine Dienstleistung wie die Beherbergung von Gästen in Verbindung bringen. Allenfalls in Zusammenhang mit „Bieren“ könne mit Blick auf das weltberühmte Münchner Volksfest ein loser Bezug zum Begriff „ OKTOBERFEST “ hergestellt werden. Eine Reduktion des Anmeldezeichens auf seinen Bestandteil „ OKTOBERFEST “ sei allerdings unzulässig und widerspreche dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr keine analysierende Betrachtungsweise einer zusammengesetzten Kennzeichnung vornehme. „ OKTOBERFEST HAMBURG “ sei als Begriffskombination neuartig und ungewöhnlich, rege zu weiteren Denkschritten an und ordne der Marke eine herkunftshinweisende Funktion zu. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis an dem angemeldeten Zeichen. Dies möge für Dienstleistungen der Klasse 41 der Fall sein, nicht jedoch für mit der verfahrensgegenständlichen Marke gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen. Ein lediglich mittelbarer Bezug der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu einem freihaltebedürftigen Begriff wie „ OKTOBERFEST “ rechtfertige nicht die Zurückweisung der Anmeldung, da eine beschreibende Aussage nur angedeutet werde und allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerung für den angesprochenen Verkehr als solche erkennbar sei. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Dezember 2008 und vom 7. September 2007 aufzuheben und die Eintragung der Marke im Umfang ihrer Anmeldung anzuordnen. II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Das angemeldete Zeichen „ OKTOBERFEST HAMBURG “ ist freihaltebedürftig, da es ausschließlich aus Angaben besteht, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. Einer Eintragung der angemeldeten Marke steht mithin das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Das verfahrensgegenständliche Kombinationszeichen setzt sich aus der geografischen Herkunftsangabe „ HAMBURG “ und der aus sich heraus verständlichen Bezeichnung „ OKTOBERFEST “ als sachbeschreibendem Hinweis auf eine im Monat Oktober stattfindende Festivität zusammen. Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen stellt sich das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ - losgelöst von einer sich am Münchner Oktoberfest orientierenden Assoziation - aus der Sicht des Verkehrs in ausschließlich beschreibender Weise als ein in Hamburg - zumindest auch - im Monat Oktober stattfindendes oder an dem Münchner Oktoberfest orientierendes Fest dar, auf dem die beanspruchten Getränke einschließlich damit in Zusammenhang stehend die Beherbergung und Verpflegung von Gästen angeboten werden (vgl. hierzu auch PAVIS PROMA 26 W (pat) 158/05 - MUNICH BEER FESTIVAL ). Im so verstandenen wörtlichen Sinne besteht ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Anmelderin, ihre eigenen Produkte in derselben Weise als „ OKTOBERFEST HAMBURG “ benennen zu können und nicht auf anderweitige Bezeichnungen ausweichen zu müssen. Ohne Erfolg hält dem die Anmelderin unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGH GRUR 1999, 988 - HOUSE OF BLUES entgegen, die Markenstelle habe verkannt, dass ein möglicherweise vorhandenes Bedürfnis, die Marke „ OKTOBERFEST HAMBURG “ für Dienstleistungen der Klasse 41 freizuhalten, keine Grundlage für die Versagung einer Eintragung dieses Zeichens für die im Zusammenhang mit einer solchen Festivität dem Publikum angebotenen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen bilde. Zwar hat sich die Feststellung, dass die angemeldete Marke zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen könne, auf das angemeldete Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu beziehen (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517 - Linde, Winward u. Rado ; EuGH GRUR 2003, 604, 609 - Libertel ; EuGH GRUR 2004, 674, 675 - Postkantoor ; BGH a. a. O. - HOUSE OF BLUES , S. 989; BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS ). Die Zurückweisung einer Markenanmeldung kann nicht mit der Begründung erfolgen, die Marke stelle zwar nicht für die angemeldeten, wohl aber für andere - ähnliche - Waren und Dienstleistungen eine beschreibende Angabe dar (vgl. BGH GRUR 1997, 634, 636 - TURBO II ; BGH a. a. O. - HOUSE OF BLUES , S. 989). Allerdings gilt es hierbei zu berücksichtigen, dass das Merkmal des (engen) beschreibenden Bezugs im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht absolut und generalisierend zu ermitteln ist, sondern von den Umständen des Einzelfalls abhängt, nämlich vom Bedeutungsgehalt der konkret als Marke beanspruchten Bezeichnung und den konkreten Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 856 f. - FUSSBALL WM 2006 ). Abweichend von dem Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „ HOUSE OF BLUES “ zu entscheiden hatte, entspricht es hier den üblichen Gepflogenheiten auf dem Getränkesektor, mit Hilfe der auf den Getränken angebrachten Etikettierung auf besondere Veranstaltungen hinzuweisen. So verbindet etwa der angesprochene Verkehr mit der weithin verbreiteten Etikettierung „Festbier“ die Vorstellung, eine eigens für diese Veranstaltung hergestellte Biersorte zu erhalten. Solche branchenüblichen Bezeichnungen sind auch auf alkoholfreien Getränken vorzufinden. Abweichend von der Auffassung der Anmelderin steht einer Eintragung von „ OKTOBERFEST HAMBURG “ auch für die beanspruchten Waren „Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“ das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Diese Waren können nämlich als Bestimmungsangabe für das „ OKTOBERFEST HAMBURG “ insoweit angesehen werden, als Getränke hiermit gemischt werden. Die verfahrensgegenständliche Kennzeichnung ist ferner für die beanspruchten „Dienstleistungen zur Beherbergung und Verpflegung von Gästen“ freizuhalten. Zunehmend wenden sich Veranstalter größerer Festivitäten mit einem Komplettangebot, zu dem - insbesondere für auswärtige Gäste - auch Übernachtungsmöglichkeiten zählen, an ihre Interessenten. Sämtliche der beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehen daher in einem engen Sachzusammenhang zu einer als „ OKTOBERFEST HAMBURG “ bezeichneten Festivität. Vor diesem Hintergrund kann ein Bedürfnis von Mitbewerbern der Anmelderin, ihr im Zusammenhang mit einer entsprechenden Festivität bestehendes Waren- und Dienstleistungsangebot mit „ OKTOBERFEST HAMBURG “ zu kennzeichnen, nicht verneint werden. Nicht zuletzt belegt auch der Umstand, dass mit Radio Hamburg ein Mitbewerber der Anmelderin seit Jahren ein als „Das HAMBURGER OKTOBERFEST “ bezeichnetes Volksfest auf dem Hamburger Fischmarkt veranstaltet (vgl. Nachweise unter www.google.de), ein Freihaltebedürfnis an der verfahrensgegenständlichen Kennzeichnung, woran nichts zu ändern vermag, dass die Anmelderin nach ihrem Vorbringen Mitveranstalter gewesen sein soll. Der Anmelderin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der Verkehr in der Bezeichnung „ OKTOBERFEST HAMBURG “ nur mittelbar die Vorstellung verbinde, solchermaßen gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen lehnten sich an nach Art des weltberühmten Münchner Oktoberfests bekannte Kennzeichnungsgewohnheiten an. Zwar unterliegen dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nur unmittelbar beschreibende Zeichen und Angaben. Wird eine beschreibende Angabe nur angedeutet und ist diese allenfalls aufgrund gedanklicher Schlussfolgerungen erkennbar, steht der Eintragung ein Freihaltebedürfnis regelmäßig nicht entgegen (vgl. Ströbele /Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 251). Dass sich - wie die Markenstelle nachgewiesen hat und überdies gerichtsbekannt ist - innerhalb und außerhalb Deutschlands zahlreiche (Bier-)Feste in der Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen an das weltberühmte Münchner Oktoberfest anlehnen, zeigt vielmehr, dass der Verkehr in „ OKTOBERFEST HAMBURG “ nicht nur eine mittelbare Andeutung an das Münchner Oktoberfest sieht, sondern hiermit konkret die Vorstellung verbindet, in „ OKTOBERFEST HAMBURG “ eine Veranstaltung nach der Art und dem Vorbild des Münchner Oktoberfestes vorzufinden, wobei die bei diesem bayerischen Fest üblichen Kennzeichnungsgewohnheiten zugrunde liegen (vgl. Senat a. a. O. - MUNICH BEER FESTIVAL ; BPatG PAVIS PROMA 32 W (pat) 149/99 - THE FABULOUS OKTOBERFEST ). In diesem Sinne ist die Bezeichnung „ OKTOBERFEST HAMBURG “ geeignet, die Eigenschaften der solchermaßen gekennzeichneten verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Auch die weiteren von der Anmelderin erhobenen Einwände verhelfen ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Da die Kombination der für sich genommen schutzunfähigen Elemente „ OKTOBERFEST “ und „ HAMBURG “ sich in ihrer Summenwirkung erschöpft und der durch ihre Verbindung bewirkte Gesamteindruck nicht über die Zusammenfügung ihrer beschreibenden Elemente hinausgeht (vgl. Ströbele / Hacker a. a. O., § 8 Rn. 324), kann den angegriffenen Entscheidungen nicht entgegengehalten werden, die Markenstelle habe ihrer Beurteilung eine unzulässige zergliedernde Betrachtungsweise zugrunde gelegt und missachtet, dass der Verkehr das Zeichen so verstehe, wie es ihm in seiner Gesamtheit begegne und keine analysierende Betrachtungsweise anstelle. Die Anmelderin kann auch nicht damit gehört werden, die Wortkombination „ OKTOBERFEST HAMBURG “ sei neuartig und mehrdeutig. Dass ein Wortzeichen neuartig, sprachlich ungewohnt oder lexikalisch nicht nachweisbar ist, begründet für sich genommen nicht dessen Eintragungsfähigkeit (vgl. Ströbele /Hacker, § 8 Rn. 252). Eine auf einen Herkunftshinweis schließen lassende Mehrdeutigkeit des angemeldeten Zeichens erschließt sich dem Senat überdies nicht angesichts des vorstehend erläuterten Verkehrsverständnisses von „ OKTOBERFEST HAMBURG “. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Entscheidung, ob der Markenanmeldung, wie von der Markenstelle angenommen, auch das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005532&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005533
BPatG
München
24. Senat
20100330
24 W (pat) 75/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "KANZLEI WESERBERGLAND (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 305 11 965.6 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Am 2. März 2005 wurde die Darstellung Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen als farbige Bildmarke (grün und rot) für die Dienstleistungen "42: Rechtsberatung und -vertretung" angemeldet. Seitens der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts ist die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung (gem. § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) in einem ersten Beschluss vom 28. Februar 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen worden. Der Begriff " KANZLEI " bezeichne das Büro eines Rechtsanwalts, " WESERBERGLAND " stelle eine Gebietsangabe (Berg- und Hügelland beiderseits der oberen Weser) dar. Die graphische Gestaltung halte sich im Rahmen der heute hoch entwickelten Werbe- und Gebrauchsgraphik und diene lediglich als Blickfangmittel. Angesichts des im Vordergrund stehenden Bedeutungsgehalts der Wortbestandteile fehle ihr die Eignung, dem Zeichen Unterscheidungskraft zu verschaffen. Die Erinnerung der Anmelderin ist in einem zweiten Beschluss der Markenstelle vom 24. Juni 2008 zurückgewiesen worden. Die Erinnerungsprüferin - eine Beamtin des höheren Dienstes - hat ergänzend auf den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 25. Oktober 2004, 30 W (pat) 163/03 - Praxis Lichtenstein - hingewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat schriftsätzlich (sinngemäß) beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Februar 2008 und vom 24. Juni 2008 aufzuheben. Eine - zunächst angekündigte - Begründung ist nicht zur Gerichtsakte gelangt. Die Anmelderin war auch nicht in der mündlichen Verhandlung vertreten. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache nicht begründet, weil der als Marke angemeldeten Darstellung für die beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 42 jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Dienstleistungen (oder Waren) als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR Int. 2005, 135, Nr. 29 - Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Nr. 8 - STREETBALL ; GRUR 2009, 952, Nr. 9 - DeutschlandCard ). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen (oder Waren) zu gewährleisten. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsabnehmers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 53, 81, 83 m. w. Nachw.). Nicht Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Verfahren ist, ob die angemeldete Darstellung sich als Geschäftsbetriebsbezeichnung (nach § 5 Abs. 2 MarkenG) eignet. Denn für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft gelten andere (nämlich strengere) Grundsätze. Im vorliegenden Fall steht der Wortcharakter der Marke deutlich im Vordergrund, wobei die Wortbestandteile als solche glatt beschreibend sind. Das Wort " KANZLEI " bezeichnet nicht nur das Büro (im engeren räumlichen Sinn), sondern auch den Betrieb eines Rechtsanwalts (oder mehrerer Anwälte in Gemeinschaft). " WESERBERGLAND " ist eine allgemein bekannte geographische Angabe für das Berg- und Hügelland beiderseits des Oberlaufs der Weser. Auch in der Gesamtheit beider Wortbestandteile ergibt sich kein Sinngehalt, der einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft so gekennzeichneter Dienstleistungen vermitteln könnte. Die angemeldete Darstellung ist auch unter Mitberücksichtigung der bildlichen bzw. typographischen Gestaltung nicht schutzfähig. Zwar kann eine Wort-/Bildmarke, deren Wortbestandteile nicht unterscheidungskräftig sind, aufgrund der Gesamtgestaltung über Unterscheidungskraft verfügen, wenn die bildlichen bzw. typographischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht. Einfache graphische Gestaltungselemente oder Variationen des Schriftbildes, an die sich der Verkehr durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, reichen jedoch nicht aus, um in Kombination mit nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteilen einem Gesamtzeichen Unterscheidungskraft zu verschaffen (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs; z. B. GRUR 2001, 1153 - antiKALK; GRUR 2008, 710, Nr. 20 - VISAGE ; GRUR 2009, 954, Nr. 16 - Kinder III). Vorliegend sind die Gestaltungselemente einfach und unauffällig. Die Schrifttype als solches hebt sich von einer der üblichen Schriftarten in Versalien nicht erkennbar ab. Auch dass zwei der Großbuchstaben, nämlich die beiden "A", in roter Farbe erscheinen, während die übrigen grün gehalten sind, stellt kein hinreichend ungewöhnliches Gestaltungselement dar, welches dem Verkehr Anlass geben könnte, allein deshalb zu einem markenmäßigen Verständnis des Gesamtzeichens zu gelangen. Der Bundesgerichtshof hat erst im letzten Jahr in einem ganz ähnlichen Fall, in dem der - glatt warenbeschreibende - Wortbestandteil "Kinder" in farblich unterschiedlichen Buchstaben (schwarz und rot) gehalten war, die Schutzfähigkeit von Hause aus verneint (GRUR 2009, 954, Nr. 15 - Kinder III). Angesichts der dienstleistungsbeschreibenden Aussage der Wortbestandteile bedurfte es auch vorliegend erheblicher gestalterischer Elemente, damit der Verkehr im angemeldeten Gesamtzeichen von Haus aus - d. h. vor und unabhängig von jeder Benutzung - einen Herkunftshinweis sehen könnte. Denn je verbreiteter und allgemein geläufiger unmittelbar dienstleistungsbezogen verwendete Begriffe sind, umso höhere Anforderungen sind an die bildliche/typographische Gestaltung einer solche enthaltende Kombinationsmarke zu stellen (vgl. z. B. BPatGE 36, 29 - Color COLLECTION; BPatG GRUR 1998, 441 - Jean's etc.). Nach allem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005533&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005534
BPatG
München
25. Senat
20100225
25 W (pat) 9/09
Beschluss
§ 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG, § 54 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Winter Apfel" – keine Unterscheidungskraft - keine Rechtsmissbräuchlichkeit des Löschungsantrags
In der Beschwerdesache … betreffend das Löschungsverfahren S 144/05 gegen die Marke 304 72 801 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k.A. Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 14. März 2005 unter der Nummer 304 72 801 die Wortmarke Winter Apfel für „Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren“ eingetragen. Die Antragstellerin hat mit dem am 8. Juni 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Antrag die Löschung dieser Marke gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG mit der Begründung beantragt, dass diese entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Die Markeninhaberin hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 17. April 2007 die Löschung der Marke angeordnet. Der Löschungsantrag sei nicht rechtsmissbräuchlich, weil für die Antragstellerin selbst die Wortmarke „Winter Orange“ für vergleichbare Waren eingetragen sei. Das markenrechtliche Löschungsverfahren könne von jedermann angestrengt werden und diene dem öffentlichen Interesse an der Freihaltung des Registers von schutzunfähigen Marken. Das eigene Verhalten der Antragstellerin spiele deshalb bei der Beurteilung der von ihr geltend gemachten Löschungsgründe keine Rolle. Der Löschungsantrag sei auch begründet, da die angegriffene Marke entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG eingetragen worden sei und die Schutzhindernis auch noch zum Zeitpunkt der Entscheidung bestünde. Bei der Bezeichnung „Winterapfel“ handele es sich um einen lexikalisch nachweisbaren Fachbegriff, mit dem Äpfel bezeichnet würden, welche sich bei entsprechender Lagerung den Winter über hielten. In der Umgangssprache sei der Begriff in dieser Bedeutung ebenfalls geläufig. So werde der Begriff „Winterapfel“ in Verbindung mit Schokolade- und Backwaren häufig zur Bezeichnung einer besonderen Geschmacksrichtung verwendet; z. B. biete das Unternehmen „ Alpia “ eine Schokolade mit der Geschmacksrichtung „Winter-Apfel-Vanille“ an, Aldi führe ein Schokoladenprodukt mit dem Namen „Edel-Schokolade Winterapfel“, während Alnatura Apfelringe mit der Bezeichnung „Schoko-Winterapfel“ verkaufe. Des Weiteren fänden sich im Internet verschiedene Kuchenrezepte und Backmischungen mit der Bezeichnung „Winterapfel“. In Verbindung mit den beanspruchten Waren enthalte die angegriffene Wortfolge „Winter Apfel“ daher eine unmittelbar beschreibende Angabe hinsichtlich ihrer Beschaffenheit. Sie weise beschreibend darauf hin, dass die so gekennzeichneten Produkte entweder selbst Winteräpfel enthielten oder aber eine entsprechende Geschmacksrichtung aufwiesen. So könne bei „feinen Backwaren“ die Füllung aus Winteräpfeln bestehen. Hinsichtlich der weiteren beanspruchten Waren „Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren“ enthalte die angegriffene Bezeichnung „Winter Apfel“ einen Hinweis auf die spezielle Geschmacksrichtung. Gerade im Bereich der Süßwaren entspreche es gängiger Praxis, auf bestimmte Geschmacksrichtungen hinzuweisen bzw. auch je nach Saison typische Sommer- bzw. Winterprodukte anzubieten. Die Bezeichnung „Winter Apfel“ bilde daher in Verbindung mit den so gekennzeichneten Waren eine aus sich heraus verständliche, schlagwortartige Aussage zur Beschaffenheit der Waren. Zudem habe an der Marke im Zeitpunkt der Markeneintragung in Bezug auf die eingetragenen Waren ein Freihaltebedürfnis i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestanden, das auch noch heute bestehe. Die Konkurrenten der Antragsgegnerin müssten ebenso wie die Antragsgegnerin selbst unbeschadet von Rechten Dritter mit der Bezeichnung „Winter Apfel“ schlagwortartig auf die Beschaffenheit ihrer Waren hinweisen können. Die seitens der Markeninhaberin benannten Voreintragungen seien unerheblich. Teilweise wiesen diese Marken bereits keinen beschreibenden Bedeutungsgehalt zu den beanspruchten Waren auf. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die - möglicherweise fehlerhafte - Eintragung ähnlicher Marken auch unter Gesichtspunkten wie Vertrauensschutz, Gleichbehandlung, Selbstbindung der Verwaltung oder Ermessensreduzierung keinen Anspruch auf Eintragung begründe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. April 2007 aufzuheben, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Die Markeninhaberin ist der Auffassung, dass die Bezeichnung „Winter Apfel“ in deutlich getrennter und für sich gesehen schon schutzbegründender Schreibweise der einzelnen Wörter keinen ohne weiteres verständlichen beschreibenden Aussagegehalt für die konkret beanspruchten Waren vermittle. Durch die getrennte Schreibweise sowohl im Schriftbild als auch in der Aussprache unterscheide sich die angegriffene Marke deutlich von dem Einzelwort „Winterapfel“ und eröffne auch in semantischer Hinsicht eine Bedeutungsvielfalt. Es handele sich auch nicht um eine Aneinanderreihung von beschreibenden Markenbestandteilen, da jedenfalls der Bestandteil „Winter“ für die beanspruchten Waren und/oder deren Merkmale keinen beschreibenden Charakter oder auch nur Anklang besitze. Der Begriff „Winter“ als solcher könne keinen Geschmack bzw. keine Geschmacksrichtung bezeichnen, sondern allenfalls vieldeutige winterliche Assoziationen wecken. Die angemeldete Marke „Winter Apfel“ sei daher in ihrer Bedeutung mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Abgesehen davon sei auch der Begriff „Winterapfel“ keine beschreibende Angabe für Süß- oder Backwaren. Wenn dieser Begriff überhaupt beschreibend verstanden werden könne, dann allenfalls in Bezug auf Obst. Zuckerwaren, Schokoladewaren oder Backwaren seien jedoch kein Obst. Sie enthielten auch regelmäßig kein Obst und damit auch keine (Winter-)Äpfel. Der Begriff „Winterapfel“ bezeichne entgegen der Auffassung der Markenabteilung auch keine Geschmacksrichtung. Denn bei dem Begriff „Winterapfel“ handele es sich ausschließlich um eine Bezeichnung für bestimmte Apfelsorten. Hingegen gebe es keinen „winterlichen Geschmack“ bzw. keinen speziellen Geschmack „Winterapfel“. Die Bezeichnung erzeuge allenfalls vage und unbestimmte Assoziationen in Bezug auf eine winterliche bzw. weihnachtliche Stimmungslage; sie besitze jedoch in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren keinen hinreichend konkreten beschreibenden Aussagegehalt. Eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung und ein entsprechendes Verständnis des Verkehrs werde auch nicht durch die seitens des Senats als Anlagen 2 bis 6 zur Terminsladung übersandte Internet-Recherche belegt, da diesen Unterlagen eine rein markenmäßige, jedoch keine beschreibende Verwendung der Bezeichnung „Winter Apfel“ bzw. „Winterapfel“ zu entnehmen sei. Dementsprechend habe auch der 32. Senat des BPatG in der Entscheidung 32 W (pat) 180/03 v. 27.07.2005 die vergleichbare Bezeichnung „Winter-Kuchen“ als schutzfähig erachtet. Zudem sei auch ein Eintragungsverfahren vor dem HABM betreffend eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung „Winterapfel“ für identische bzw. ähnliche Waren nur mangels Einzahlung der Anmeldegebühr unterblieben. Zu beachten sei ferner, dass die Markenabteilung sich nicht hinreichend mit vergleichbaren Voreintragungen, welche nach dem Gleichbehandlungsgebot zu beachten seien, auseinandergesetzt habe. Insoweit sei zumindest der hilfsweise gestellte Zurückverweisungsantrag begründet. Die Löschungsantragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Von einer Erwiderung auf die Beschwerdebegründung hat sie abgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass die angegriffene Marke in Bezug auf „Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren“ jedenfalls entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist und das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft auch derzeit noch fortbesteht und sie deshalb auf den Löschungsantrag hin gemäß § 50 Abs. 1 und Abs. 2, 54 MarkenG zu löschen ist. Zunächst sind keine relevanten Gesichtspunkte ersichtlich, wonach der Löschungsantrag rechtsmissbräuchlich sein könnte. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin Inhaberin einer möglicherweise vergleichbaren Marke ist, nämlich „Winter Orange“, macht den Löschungsantrag im vorliegenden Verfahren nicht rechtsmissbräuchlich, da es sich um einen Popularantrag im öffentlichen Interesse handelt und deshalb Umstände auf Seiten des Antragstellers regelmäßig nicht entscheidungsrelevant sind (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 54 Rdnr. 2). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren an (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 23 ff. Bei den hier maßgeblichen Waren ist der allgemeine Verkehr angesprochen. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f. [Tz. 30, 31] - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 17] - FUSSBALL WM 2006). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGHZ 167, 278 Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.; GRUR 2009, 411, 412 [Tz. 9] - STREETBALL ). Dabei ist das Merkmal des engen beschreibenden Bezugs nicht absolut und generalisierend zu ermitteln, sondern von den Umständen des Einzelfalles abhängig, nämlich vom Bedeutungsgehalt der konkret als Marke beanspruchten Bezeichnung und den konkreten Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird. Maßgeblich ist dabei, ob der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen unmittelbar erfasst und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen sieht. Dabei ist von Bedeutung die Bekanntheit der Bezeichnung. Je bekannter der beschreibende Begriffsinhalt einer Bezeichnung ist, desto eher wird der Verkehr ihn auch dann als solchen erfassen, wenn der Begriff ihm im Zusammenhang mit der Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung entgegentritt (BGH GRUR 2006, 850 ff. [Tz. 29] - FUSSBALL WM 2006). Ausgehend von diesen Grundsätzen teilt der Senat die Auffassung der Markenabteilung, dass es der Bezeichnung „Winter Apfel“ an der erforderlichen Unterscheidungskraft sowohl zum Zeitpunkt der Eintragung als auch zum jetzigen Zeitpunkt fehlt, weil der Verkehr der Bezeichnung in Bezug auf die Waren ohne weiteres und ohne Unklarheiten einen beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin hindert die getrennte Schreibweise der Begriffe „Winter“ und „Apfel“ den Verkehr nicht, die Bezeichnung „Winter Apfel“ als einheitlichen Begriff „Winterapfel“ aufzufassen. Insoweit ist zu beachten, dass der Verkehr ihm bekannte und geläufige Wortzusammensetzungen nicht nur in klanglicher Hinsicht, sondern auch in visueller Hinsicht unabhängig von der konkreten Schreibweise als solche erfassen und verstehen wird. Er wird zwar die abweichende (sprachregelwidrige) Schreibweise zur Kenntnis nehmen, darin jedoch nur eine werbeübliche schriftbildliche Abwandlung zu grammatikalisch korrekten Schreibweise erkennen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass sich ein markenrechtliches Verbietungsrecht bei einer reinen Wortmarke grundsätzlich auf jedwede Schreibweise der jeweiligen Marke erstreckt, da eine Veränderung der Schreibweise in Anbetracht der Gewöhnung des Verkehrs an solche werbeüblichen Veränderungen regelmäßig keine Änderung des kennzeichnenden Charakters bewirkt (vgl. BGH GRUR 2000, 1038, 1039 - Kornkammer). Der der Ladung zur mündlichen Verhandlung als Anlage 1 beigefügten Unterlagen einer Internetrecherche zu dem Produkt „Bayrischer Winter-Apfel“ der Fa. W… verdeutlichen, dass auch die hier maßgebliche Begriffsbildung in verschiedenen Schreibweisen verwendet wird (z. B. „ Wolfra Winter-Apfel“, „ Wolfra Winterapfel“ oder auch „ Wolfra Winter Apfel“). Allerdings wird der Verkehr die Bezeichnung „Winter Apfel“ in Zusammenhang mit den eingetragenen Waren weniger im Sinne der lexikalisch nachweisbaren und bereits von der Markenstelle eingehend belegten Bedeutung eines „Apfels, der sich bei entsprechender Lagerung den Winter über hält“ (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 1935) verstehen, wenngleich ein solches Verständnis insbesondere in Zusammenhang mit „feinen Backwaren“, welche als Füllung z. B. auch Fruchtstücke von speziellen Winterapfelsorten enthalten können, nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint. Näherliegend ist jedoch, dass der Verkehr im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren in dem Begriff „Winter Apfel“ über seine ursprüngliche Bedeutung hinaus einen Hinweis auf besondere geschmackliche Eigenschaften bzw. Aromen der so bezeichneten Produkte erkennt. Wenngleich - wie die Markeninhaberin geltend macht - der Begriff „Winter“ für sich genommen keine beschreibende (Geschmacks-)Angabe für Lebensmittel und auch nicht für Süß- und/oder Schokolade bzw. Zuckerwaren ist, so dient dieser Begriff im hier maßgeblichen Warenbereich in Kombination mit weiteren Produkt- und Beschaffenheitsangaben gleichwohl als allgemeiner Hinweis darauf, dass das entsprechende Produkt für die Winterzeit typische Zutaten wie z. B. (Glühwein-)Gewürze oder Zimt, Nüsse bzw. deren Aromen besitzt. Dies hat auch das BPatG bereits in mehreren Entscheidungen festgestellt (vgl. BPatG 28 W (pat) 264/04 v. 02.02.2005 - Winterkonfitüre; 32 W (pat) 2/99 v. 19.05.1999 - Wintergenuß; 26 W (pat) 2/98 v. 29.04.1998 - WINTERPUNSCH ; alle veröffentlicht in PAVIS PROMA), entgegen der Auffassung der Markeninhaberin vor allem auch in der von ihr ausdrücklich zum Beleg ihrer Auffassung zitierten Entscheidung BPatG, 32 W (pat) 180/03 v. 27. Juli 2005 - „Winter-Kuchen“. In dieser Entscheidung ist der 32. Senat davon ausgegangen, dass die Bezeichnung „Winter-Kuchen“ in Bezug auf die Waren „Back- und Konditorwaren, Biskuits, Kuchen“ als beschreibende Angabe darauf dienen könne, dass es sich bei den so gekennzeichneten Produkten um solche handele, die gerade für einen Verzehr im Winter bestimmt sind oder für den Winter typische Zutaten enthielten, wie Nüsse, Zimt etc. Die abweichende Beurteilung in Bezug auf weitere Waren wie u. a. „Schokolade, …Zuckerwaren…, Bonbons“ beruht danach ersichtlich darauf, dass der Senat insoweit den Gesamtbegriff „Winter-Kuchen“ nicht als beschreibend angesehen hat. In Anbetracht dessen wird Verkehr in dem Begriff „Winter Apfel“ im Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren naheliegenderweise einen Hinweis darauf sehen, dass die so bezeichneten Produkte einen Apfelgeschmack aufweisen, welcher mit für die Winterzeit typischen Zutaten wie z. B. (Glühwein-)Gewürzen, Zimt oder Nüssen und/oder deren Aromen angereichert oder verfeinert ist. Die den Beteiligten als Anlagen 2 - 6 zur Terminsladung übermittelten Unterlagen einer Internet-Recherche des Senats belegen sowohl für den aktuellen Zeitraum als auch für den Eintragungszeitpunkt (vgl. Anlage 6) eine Verwendung der Begriffskombination „Winterapfel“ bzw. „Winter Apfel“ in diesem Sinne z. B. für Marmeladen, Konfitüren, Milchprodukte, Fruchtsäfte, aber auch für die hier maßgeblichen Waren Schokolade, Backwaren sowie Zucker-/Süßwaren. Die jeweiligen Produkte enthalten dabei keine speziellen, für die Lagerung im Winter geeigneten Apfelsorten, sondern einen Apfelgeschmack bewirkende Zutaten - wie z. B. Apfelsaft oder entsprechende Aromen - sowie „winterliche“, d. h. vor allem in der Winterzeit angebotene Zutaten wie z. B. (Glühwein-)Gewürze, Zimt, Rosinen usw. Ein Verständnis in diesem Sinne liegt für den Verkehr dabei um so näher, als sich eine Reihe vergleichbar gebildeter (Geschmacks-)Angaben für entsprechende Saisonprodukte wie z. B. „Winter Orange“ „Winterbirne“ etc. nachweisen lassen, mit denen darauf hingewiesen wird, dass die jeweiligen Produkte einen mit „winterlichen“ Zutaten angereicherten Orangen- bzw. Birnengeschmack aufweisen. Dem Verkehr ist zudem auch allgemein bekannt, dass es im hier maßgeblichen Warenbereich nicht nur spezielle, auf die Jahreszeit abgestimmte „Winter-Produkte“, sondern ebenso auch „Sommer-Produkte“ mit für die Sommerzeit typischen, oftmals einen erfrischenden oder kühlenden Effekt bewirkenden Zutaten gibt (vgl. dazu BPatG 28 W (pat) 270/04 v. 12.01.2005 - Sommerkonfitüre). Die seitens der Markeninhaberin dazu mit Schriftsatz vom 17. Februar 2010 geäußerte Auffassung, die als Anlage 2 bis 6 zur Ladung übermittelten Unterlagen wie z. B. Produktbeschreibungen, Rezepte etc. belegten keinen beschreibenden, sondern einen markenmäßigen Gebrauch der eingetragenen Marke „Winter Apfel“ bzw. eine Verwendung der eingetragenen Marke „in der privaten Kommunikation“, ist unzutreffend. In Bezeichnungen wie „Winterapfel-Gewürzkuchen vom Blech“, „Feine Winterapfel-Torte“, „Winterapfel-Bienenstich“ oder auch Produktbezeichnungen wie „ Zott Jogole Winterapfel“ oder „Bären-Treff Winterapfel“ dient „Winterapfel“ nur als Geschmacks- und Beschaffenheitsangabe im Hinblick auf die Zutaten und wird vom Verkehr aufgrund seiner Verwendung in vielen Produktbereichen auch nur so verstanden. Es handelt sich um eine rein beschreibende Verwendung von „Winterapfel“ bzw. „Winter Apfel“ ohne irgendeinen Bezug zu einem von der Markeninhaberin unter dieser Bezeichnung selbst oder zumindest mit ihrer Zustimmung vertriebenen Produkt. Selbst die auf die Markeninhaberin zurückzuführenden Verwendungsbeispiele in Anlage 3 und 6 stellen eher keine markenmäßige Verwendung der Marke „Winter Apfel“ dar, da nach der aus den Anlagen ersichtlichen Verwendungsform für den Verkehr kein Anlass besteht, in der von Haus beschreibenden (Geschmacks-)Angabe „Winter Apfel“ neben dem kennzeichnungskräftigen Wort-/Bildzeichen „ Choceur “ einen eigenständigen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. Vielmehr wird er darin nur einen sachbezogenen Hinweis auf die Art und (geschmackliche) Beschaffenheit des so bezeichneten Schokoladenprodukts erkennen, welcher die Funktion einer die jeweiligen Produkte hinsichtlich ihres bestimmungsgemäßen Verwendungszwecks von Waren anderer Art (desselben Unternehmens) abgrenzende Bezeichnung erfüllt (vgl. BPatG GRUR 2005, 337, 340 - VISAGE ). In Anbetracht dieses ohne weiteres erkennbaren Bedeutungs- und Sinngehalts von „Winter Apfel“ wird der Verkehr dieser Wortkombination in Bezug auf die eingetragenen Waren „Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren“ ausschließlich den sachbezogenen Hinweis entnehmen, dass das so bezeichnete Produkt einen Apfelgeschmack besitzt, welcher mit typisch winterlichen Zutaten oder Gewürzen wie Nüssen oder Zimt bzw. deren Aromen abgewandelt und/oder verfeinert ist. Die Bezeichnung „Winter Apfel“ beschränkt sich entgegen der Auffassung der Markeninhaberin nicht lediglich auf allgemeine und vage Assoziationen an eine „winterliche bzw. weihnachtliche Stimmung“ - was z. B. bei Begriffen wie „Winterglück“ in Bezug auf „alkoholische Getränke“ oder auch „WINTER-TRAUM“ in Bezug auf „Wein“ der Fall sein kann (vgl. dazu BPatG PAVIS PROMA 26 W (pat) 134/00 v. 15.05.2002 - Winterfreude/Winterglück; 25 W (pat) 151/02 v. 14.07.2005 - Wintertraum/WINTER-TRAUM) -, sondern enthält in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren einen konkreten Sachhinweis auf besondere (geschmackliche) Eigenschaften der so bezeichneten Waren. Sie ist insoweit weder vage noch unbestimmt, sondern erschöpft sich in einem verständlichen, schlagwortartigen Sachbegriff über die (geschmackliche) Beschaffenheit dieser Waren. Über diese Sachinformationen hinaus enthält die angemeldete Bezeichnung kein Element, das den Eindruck einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung, also einer Marke hervorruft. Unerheblich für ein sachbezogenes Verständnis der Wortfolge ist, dass sich der Wortfolge als solcher nicht entnehmen lässt, durch welche konkreten Zutaten der Apfelgeschmack eine „winterliche Note“ enthält bzw. auf welche Art und Weise diese sich in Zusammenhang mit dem jeweiligen Waren äußert, da auch zusammenfassende oberbegriffsartige Ausdrücke und Wortfolgen einen beschreibenden und sachbezogenen Charakter in Bezug auf Waren haben können (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt; 2008, 397 [Tz. 15] - SPA II; WRP 2009, 960 [Tz. 15] - DeutschlandCard ). Auch soweit im Einzelfall der Verkehr vor allem in Zusammenhang mit „feinen Backwaren“ in der Bezeichnung „Winter Apfel“ einen Hinweis darauf erkennt, dass die jeweiligen Produkte spezielle, als „Winteräpfel“ bezeichnete Apfelsorten enthalten, kann daraus keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit bzw. Unbestimmtheit dieses Begriffs hergeleitet werden, da „Winter Apfel“ auch in dieser Bedeutung in Bezug auf die hier maßgeblichen Waren eine rein warenbeschreibende Bedeutung besitzt. Letztlich kann dies aus Rechtsgründen sogar offen bleiben, da selbst eine Mehrdeutigkeit eines Begriffs bzw. einer Bezeichnung nicht zur Eintragungsfähigkeit führt, wenn zumindest eine der Bedeutungen für die beanspruchten Waren beschreibenden Charakter hat (vgl. EuGH GRUR 2004, 147 - DOUBLEMINT; BGH, GRUR 2008, 397 [Tz. 15] - SPA II), was vorliegend aber aus den dargelegten Gründen ohne weiteres der Fall ist. Ein rein sachbezogenes Verständnis wird auch nicht durch die getrennte Schreibweise der Begriffe „Winter“ und „Apfel“ in Frage gestellt, da es sich dabei - wie bereits dargelegt - um eine verbreitete (werbe-)übliche Schreibweise handelt, welche keine kennzeichnende Eigenart besitzt und daher nichts an einem ausschließlich sachbezogenen Verständnis der ansonsten leicht verständlichen Bezeichnung zu ändern vermag. Die Schutzfähigkeit eines Zeichens kann damit nicht begründet werden. Soweit die Markeninhaberin auf vermeintlich identische oder zumindest vergleichbare Voreintragungen hinweist, ist zunächst zu bemerken, dass in jüngerer Zeit eine zu 307 566 064 angemeldete Bezeichnung „Winterapfel“ für Getränke der Klasse 33 mangels Unterscheidungskraft zurückgewiesen wurde und ältere Markeneintragungen der Bezeichnung „Winterapfel“ zwischenzeitlich nicht mehr im Register enthalten sind. Unabhängig davon ist in rechtlicher Hinsicht zu beachten, dass Eintragungen zwar zu berücksichtigen sind, jedoch keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten vermögen. Dies hat der EuGH in seiner auch für das nationale Verfahren maßgeblichen Rechtsprechung mehrfach und zuletzt auf ein dahingehend gerichtetes Vorabentscheidungsersuchen ausdrücklich nochmals bestätigt (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 [Tz. 47 - 51] - BioID; GRUR 2004, 674 [Tz. 42 - 44] - Postkantoor; GRUR 2004, 428 [Tz. 63] - Henkel). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093 [Tz. 18] - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya sowie aktuell BPatG GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 26 - 28). Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Daher besteht auch für die hilfsweise beantragte Aufhebung und Zurückverweisung kein Raum (vgl. dazu BPatGE 51, 142, 159 ff. - Burg Lissingen; BPatGE 51, 157, 161 f. - Linuxwerkstatt und BPatGE 51, 163, 169 ff. - VOLKSFLAT ; a. A. allerdings BPatGE 51, 135, 139 ff. - Schwabenpost). Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen in Bezug auf die hier maßgeblichen beanspruchten Waren und Dienstleistung eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf es aber im Hinblick darauf, dass das Zeichen bereits keine ursprüngliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, insoweit nicht. Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg. Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005534&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005535
BPatG
München
28. Senat
20100409
28 W (pat) 47/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PURATEX/PURATOS" – zur rechtserhaltenden Benutzung – für Einzelprodukte wurden andere Marken eingesetzt - Verwendung der Widerspruchsmarke nur als Unternehmenskennzeichen – Widerspruchsmarke muss auch als Kennzeichnung der Waren verstanden werden – schutzunfähiger übereinstimmender Markenbestandteil - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 66 300 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen die am 3. Februar 2006 für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 35 „Klasse 29: Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Extrakte und Konzentrate aus Obst und Gemüse, sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse für die menschliche Ernährung, soweit in Klasse 29 enthalten; Backfette; Speisefette; Milch und Milchprodukte; Joghurt- und Quarkspeisen; pflanzliche Speiseöle; Eier; Volleipulver; Hühnereiweißpulver; Eiweiß; Geliermittel; Konfitüren; Fettsäuren als Nahrungsergänzungsmittel; Fettpulver Klasse 30: Mehle; Fertigmehle; Mehlvormischungen; im Wesentlichen aus Ölsaaten, Leguminosen, Malzen, Getreideerzeugnissen und Lezithinen bestehende Konzentrate als Backmittel, die nach Zugabe von Mehl zu Backwaren verarbeitet werden; Brot, Brötchen, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Müsli und Müsliriegel; Snackriegel; Grieß, Nudeln; Ballaststoffe als Nahrungsergänzungsmittel; Backpulver, Backmittel; diätetische Nährmittel auf Getreidebasis für nicht medizinische Zwecke; Stärke für Nahrungszwecke; Speisesalz; Getreideerzeugnisse, insbesondere Kornflocken, Getreidepräparate, insbesondere Weizenkleber und Weizengluten; Sago, Tapioka, Reis; Dextrose und Fructose für Nahrungszwecke; Zucker, Hefe, Gewürze; Teigwaren; Schokolade, Zuckerwaren; backfertige Getreidemischungen, auch als Granulat oder in schneidfähiger Pastenform; Reisgerichte; Weizenmehl; Mehlspeisen; Backmischungen für Siedegebäck und formbare Teige; Saucen als Würzmittel; Weizenmehl; Kaffee, Tee, Kakao; Kaffee-Ersatzmittel; Leinsamen; Honig; Melassesirup, Senf, Essig; Saucen auf Gemüsebasis; Extrakte und Konzentrate aus allen vorstehenden Nahrungsmitteln zur Weiterverarbeitung in der Lebensmittelindustrie oder für die Herstellung von Nahrungsmitteln Klasse 35: Werbung für Dritte“ eingetragene Wortmarke PURATEX ist Widerspruch erhoben worden, u. a. aus der prioritätsälteren, international registrierten Marke 492 914 PURATOS die für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 1 und 30 „Products for improving the quality of bakery goods for use in the crafts and industry sector. Products for improving the quality of bakery goods for household use” geschützt ist. Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch aus der IR- Marke 492 914 „ PURATOS “ mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Im Erstprüferbeschluss wurde zur Begründung ausgeführt, der Widersprechenden sei es auf die von der Markeninhaberin zulässiger Weise erhobene Einrede der Nichtbenutzung nicht gelungen, eine rechtserhaltende Benutzung des Widerspruchszeichens glaubhaft zu machen. Die Erinnerungsprüferin ließ die Frage der rechtserhaltenden Benutzung mit der Begründung dahingestellt, es fehle bereits an einer relevanten Ähnlichkeit der Vergleichsmarken. Da es sich bei dem in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Wortbestandteil „ PURA “ um eine auf dem Lebensmittelbereich gebräuchliche, beschreibende Sachangabe handle, die auf die Reinheit der Produkte bzw. auf die entsprechende bestimmungsgemäße Wirkung der Waren hinweise, reichten die vorhandenen Abweichungen in den jeweiligen Endungen der Markenwörter aus, um jede rechtlich relevante Verwechslungsgefahr auszuschließen. Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, mit den bereits im patentamtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen sei eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ausreichend glaubhaft gemacht worden. Zur Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen trägt sie vor, der wegen der Ähnlichkeit der gegenseitigen Produkte erforderliche deutliche Abstand zwischen den Vergleichszeichen werde vom angegriffenen Zeichen aufgrund der weitgehenden Übereinstimmungen in den beiden Markenwörtern nicht eingehalten. Der Bestandteil „ PURA “ könne keineswegs als kennzeichnungsschwach gewertet werden, zumal die Marke „ PURATOS “ von der Widersprechenden völlig neutral im Sinne eines abstrakten Begriffs gebildet worden sei. Zudem könne der Gesamteindruck einer Marke selbst durch schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente mitbestimmt werden. Die Widerspruchsmarke besitze sogar eine erhöhte Kennzeichnungskraft, was die Gefahr von Verwechslungen noch verstärke. Außerdem besitze die Widersprechende zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „ PURA “, so dass eine Verwechslungsgefahr auch unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens gegeben sei. Sie beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, vom 16. März 2007 und vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Die Markeninhaberin ist der Beschwerde entgegengetreten und beantragt sinngemäß die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hält die Nichtbenutzungseinrede weiter aufrecht und trägt vor, die im Laufe des patentamtlichen Verfahrens vorgelegten Unterlagen seien nicht auf die für die Widerspruchsmarke registrierten Waren bezogen und darüber hinaus auch mit weiteren formellen und inhaltlichen Mängeln behaftet. Sie seien deshalb ungeeignet, eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft zu machen. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei ebenfalls nicht belegt und werde ausdrücklich bestritten. Die Vergleichsmarken unterschieden sich nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsschwäche und des Sinngehalts des Markenelements „ PURA “, sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher Hinsicht durch die vorhandenen Abweichungen hinreichend deutlich, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen für die angesprochenen Verbraucher im Hinblick auf ihre betriebliche Herkunft von denen anderer Unternehmen unterscheidbar zu machen. Sind Vergleichsmarken einander verwechselbar ähnlich, wird diese Herkunftsfunktion beeinträchtigt, weil die beteiligten Verkehrskreise dann irrtümlich davon ausgehen könnten, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben bzw. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 Rdn. 375 m. w. N.). Die Prüfung, ob eine Verwechslungsgefahr in diesem Sinne gegeben ist, erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere der Ähnlichkeit der wechselseitigen Waren und der Vergleichsmarken. Daneben ist vor allem auch die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke für die kollisionsrechtliche Prüfung von maßgeblicher Bedeutung. Die einzelnen Beurteilungsfaktoren stehen zueinander in einem System der Wechselwirkung, so dass beispielsweise ein höherer Grad der Markenähnlichkeit durch eine verminderte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901, Rdn. 40 – Marca/Adidas; BGH GRUR 2008, 903 – SIERRA ANTIGUO ; BGH GRUR 2006, 859, 860, Rdn. 16 – Malteserkreuz). Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle zulässig die Einrede der mangelnden Benutzung „pauschal“ gemäß § 43 Abs. 1 geltend gemacht und diese auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich aufrecht erhalten. Ein undifferenziertes Bestreiten der Benutzung ist regelmäßig als die Erhebung beider in § 43 Abs. 1 MarkenG vorgesehenen Einreden zu werten, wenn – wie dies vorliegend der Fall ist – die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Einreden gegeben sind (vgl. BGH GRUR 1999, 54, 55 f. – Holtkamp). Die Widersprechende hatte somit eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für den Zeitraum innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke, also für die Jahre 2001 bis 2006 glaubhaft zu machen (§ 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG) sowie für die Zeit der letzten fünf Jahre vor dem Termin der mündlichen Verhandlung am 11. November 2009, und damit für die Jahre 2005 bis 2009 (§ 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Um diese Obliegenheit zu erfüllen, hat die Widersprechende bereits im patentamtlichen Verfahren nach und nach umfangreiche Unterlagen eingereicht. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung dieser Glaubhaftmachungsunterlagen verbleiben jedoch erhebliche Zweifel an einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke, da sie diverse Mängel aufweisen. So war die erste, lediglich als Kopie vorgelegte Eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden, Herrn R…, vom 21. November 2006, auf die Erklärung bezogen, die Widerspruchsmarke werde für „die gesamte Produktpalette der Firma, ca. … Produkte“ benutzt. Damit war sie aber nicht hinreichend spezifiziert, um ihr entnehmen zu können, in welchem Umfang eine Benutzung für die einzelnen, konkret registrierten Waren erfolgt ist. Mit einer zweiten, auf Firmenpapier mit dem Firmenkopf der Widersprechenden vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung, vom 22. März 2007 wurden dann lediglich Umsätze „für sämtliche Waren – für die Markenschutz beantragt wurde“ benannt, so dass auch insoweit Zweifel an der Verwertbarkeit dieser Aussage bestehen. Zwar hat die Widersprechende im weiteren Verfahrensverlauf schließlich mit der dritten Eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers, vom 14. Mai 2007, nochmals nachgebessert und für die Jahre 2004, 2005 und 2006, auf bestimmte Produkte bezogene Umsatzzahlen benannt und insoweit konkretisierend auf weitere, angefügte Unterlagen verwiesen. Der weitaus überwiegende Teil dieser Unterlagen zeigt aber, dass die Widersprechende für ihre Einzelprodukte gerade andere Marken einsetzt. Das Widerspruchszeichen taucht allenfalls zusätzlich als Firmenemblem bzw. bloßer Firmenhinweis auf und damit in einer Form, die von vornherein nicht geeignet ist, vom angesprochenen Publikum zumindest auch als Unterscheidungszeichen bzw. als (Zweit-)Kennzeichnung für die fraglichen Waren verstanden zu werden (vgl. hierzu BGH GRUR 2009, 60, 62, Rdn. 22 – LOTTOCARD ; BGH GRUR 2005, 1047; Rdn. 18 – OTTO). Eine solche Verwendung des Widerspruchszeichens (nur) als Unternehmenskennzeichen ist aber für eine rechtserhaltende Benutzung keineswegs ausreichend (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, Rdn. 36 – Ansul/Ajax; BGH GRUR 2006, 150, 151 – NORMA). Das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Verpackungsbeispiel lässt zwar die markenmäßige Verwendung eines Bildzeichens in Alleinstellung erkennen, das den Wortbestandteil „ Puratos “ aufweist. Die graphische Ausgestaltung steht dabei der Anerkennung der Benutzung nicht entgegen, da hierdurch keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke bewirkt wird. Allerdings lässt sich dem fraglichen Verpackungsmuster in keiner Weise entnehmen, ob es tatsächlich auch für Produkte eingesetzt wurde, für die das Widerspruchszeichen registriert ist. Denn sämtliche eingereichten Benutzungsunterlagen beziehen sich ausschließlich auf Waren, die sich gerade nicht unter die Produktkategorien subsumieren lassen, für die das Widerspruchszeichen eingetragen ist. Die Subsumtionsfrage ist im registerrechtlichen Kollisionsverfahren, als reinem Rechtsverfahren, stets normativ zu entscheiden, wobei im Zweifelsfall insbesondere die Systematik bzw. die Fachterminologie der Klassifikation maßgeblich ist. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz in der Klasse 1 für „Produkte zur Qualitätsverbesserung von Backwaren für den Einsatz in Handwerk und Industrie“ sowie in der Klasse 30 für „Produkte zur Qualitätsverbesserung von Backwaren für den Einsatz im Haushalt“. Bei den genannten Waren in der Klasse 1 kann es sich nach der Systematik der Nizza-Klassifizierung von vornherein nur um chemische Erzeugnisse handeln – die Benutzung solcher Waren wurde von der Widersprechenden aber weder behauptet noch belegt. Die von ihr geltend gemachte Benutzung bezieht sich nur auf nicht-chemische Erzeugnisse für die gewerbliche Anwendung bzw. für gewerbliche Abnehmer – und damit auch nicht auf Backhilfsmittel für den Einsatz im Haushalt , wie sie jedoch ausschließlich für die Widerspruchsmarke in der Klasse 30 registriert sind. Somit können die vorgetragenen Benutzungshandlungen der Widerspruchsmarken weder den für sie in der Klasse 1 noch in der Klasse 30 registrierten Warenbegriffen zugute kommen. Letztlich muss die Frage der rechtserhaltenden Benutzung vorliegend jedoch nicht abschließend und in allen Einzelheiten geklärt werden, da wegen des Fehlens einer rechtlich relevanten Ähnlichkeit der Vergleichsmarken die Gefahr von Verwechslungen selbst dann ausscheidet, wenn man eine relevante Benutzung der Widerspruchsmarke unterstellen würde. Die beiden Markenwörter stimmen zwar in dem Bestandteil „ PURA “ und damit im bei Marken regelmäßig besonders beachteten Wortanfang überein. Auch die jeweilige Endsilbe beginnt übereinstimmend mit dem Konsonanten „T“. Trotz dieser scheinbar weitgehenden, letztlich allerdings rein formalen Übereinstimmungen, differieren die beiden Wortmarken in ihrem Gesamteindruck jedoch hinreichend deutlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem übereinstimmend vorhandenen Wortelement „ PURA “ um ein Adjektiv handelt, das in den drei Welthandelssprachen Italienisch, Portugiesisch und Spanisch für den Bedeutungsgehalt „pur, rein“ steht, dem für die verfahrensgegenständlichen Waren ein unmittelbar beschreibender Hinweis auf deren unverfälschte Reinheit und damit auf deren besondere Qualität zukommt. Dies veranschaulichen etwa die mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörterten Produktbeschreibungen auf der Homepage der Widersprechenden: „… pane di segale pura “ (unter http://www. pura tos.it/products_solutions/concepts/bakery/end_products/list/mixed_bread.aspx), „… una delizia pura “ (unter http://www. pura tos.it/products_solutions/concepts/bakery/end_products/list/croissants.aspx) oder „ pura malte “ (unter http://www. pura tos.es/products_solutions/bakery/specialty_bread_mixes/00501790011511.aspx). Der beschreibende Produktbezug des fraglichen Wortelements wird dabei von den beteiligten Verkehrskreisen schon wegen der weitgehenden Übereinstimmungen mit seinem deutschsprachigen Pendant „pur“ ohne Weiteres erkannt, weshalb sie verstärkt auf vorhandene Abweichungen zwischen den Vergleichszeichen achten werden, was der Gefahr von Verwechslungen nachhaltig entgegenwirkt. Zudem sind derartige, schutzunfähige Einzelbestandteile schon aus Rechtsgründen nicht geeignet, den Gesamteindruck von Marken in isoliert kollisionsbegründender Weise mitzubestimmen (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT ). Allein die teilweise Übereinstimmung in schutzunfähigen Bestandteilen von Wortmarken kann also eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Diesen in ständiger Rechtsprechung anerkannten Grundsatz (vgl. BGH GRUR 2007, 1071 Rdn. 49 – Kinder II; BGH GRUR 2007, 1066, Rdn. 41 ff. – Kinderzeit; BGH GRUR 2004, 775, 777 – EURO 2000, jeweils m. w. N.) hat der BGH auch mit der von der Widersprechenden angeführten Entscheidung „TUC-Salzcracker“ (BGH GRUR 2008, 505) keineswegs aufgegeben (insoweit klarstellend BGH GRUR 2009, 766, Rdn. 72 – Stofffähnchen). Aus dem beschreibenden Bedeutungsgehalt des Wortelements „ PURA “ ergibt sich somit ein entsprechend eng zu bemessender Schutzumfang der Widerspruchsmarke, durch den sich die freie und ungehinderte Verwendbarkeit des fraglichen Sachbegriffs durch andere Marktteilnehmer nicht einschränken lässt (vgl. hierzu auch BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 113/00 - PURELITE/PUROLATOR ). Von einer nachträglichen Steigerung der Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens aufgrund intensiver Benutzung, wie sie die Widersprechende geltend gemacht hat, kann vorliegend nicht ausgegangen werden (vgl. hierzu EuGH GRUR 2005, 763, Rdn. 31 – Nestlé/Mars; BGH GRUR 2008, 903, Rdn. 13 ff. – SIERRA ANTIGUO ). Eine solche, nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft muss hinreichend dargelegt und durch entsprechendes Glaubhaftmachungsmaterial belegt werden. Zu den insoweit maßgeblichen Kriterien zählen vor allem der mit der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität und die geographische Verbreitung der Marke, der für sie erbrachte Werbeaufwand, sowie Angaben zu ihrem Bekanntheitsgrad bei den beteiligten Verkehrskreisen. Zu den genannten Punkten fehlt es aber an jeglichem hinreichend schlüssigen Vortrag der Widersprechenden bzw. an den insoweit erforderlichen Belegen, die auf eine infolge Benutzung entsprechend stark gesteigerte, deutlich über dem Durchschnitt liegende Bekanntheit der Marke für die fraglichen Waren in Deutschland schließen lassen könnten. Die vorgelegten Unterlagen sprechen allenfalls dafür, dass die Widerspruchsmarke im Markt eingeführt ist und möglicherweise eine gewisse Bekanntheit genießt. Dagegen kann den fraglichen Unterlagen nicht entnommen werden, dass die Marke für die hier maßgeblichen, registrierten Produkte im Vergleich zu Konkurrenzprodukten einen größeren Marktanteil und eine entsprechend hohe Bekanntheit innerhalb der beteiligten Verkehrskreise erreicht hätte. Vor dem dargestellten Hintergrund unterscheiden sich die Vergleichsmarken in ihrem Gesamteindruck durch die jeweils zweiten Wortbestandteile „TEX“ bzw. „TOS“ in kollisionsrechtlicher Hinsicht hinreichend deutlich, um eine relevante Verwechslungsgefahr ausschließen zu können. Dies gilt umso mehr, als der für den vorliegend angesprochenen Fachverkehr klar erkennbare Begriffsgehalt „reine Textur“ der angegriffenen Marke nicht unwesentlich zur sicheren Abgrenzbarkeit der Vergleichsmarken beiträgt (vgl. BGH GRUR 1999, 240, 241 – STEPHANSKRONE I; BGH GRUR 1992, 130, 132 – Bally/ BALL ). Mit der Aussage „reine Textur“ werden dabei bestimmte sensorische Eigenschaften von Lebensmitteln bezeichnet, die durch die Geschmacks- und Tastsinne wahrgenommen werden können und für den Genusswert von Lebensmitteln und damit für die Kaufentscheidung der Verbraucher von entscheidender Bedeutung sind (vgl. Lexikon der Ernährung, 2002, Band 3, S. 332; Römpp Lexikon Lebensmittelchemie, 2. Aufl. 2006, S. 1159). Beispiele für typische Textureigenschaften von Backwaren sind etwa Volumen, Festigkeit und Knusprigkeit (vgl. hierzu etwa auch unter http://www. pura tos.de/products_solutions/concepts/bakery/end_products/list/mixed_bread.aspx – Textur eines reinen Roggenbrotes). Bietet sich dem angesprochenen Verkehr in einem Vergleichszeichen – wie hier – ein unmittelbar erfassbarer begrifflicher Aussagegehalt an, wird er als wirkungsvolle Erinnerungsstütze aufgegriffen, wodurch die vorhandenen klanglichen und schriftbildlichen Gemeinsamkeiten neutralisiert werden können (vgl. EuGH GRUR Int 2009, 397 – Mobelix /Obelix; EuGH GRUR 2006, 237 – Picaro/ PICASSO ; EuG GRUR Int. 2003, 1017, Rn. 54 – BASS/PASH; BGH GRUR 2004, 240, 241 – MIDAS/medAS; BGH GRUR 2003, 1044 – Kelly; BGH GRUR 1992, 130 – Bally/Ball). Ist eine solche unmissverständliche Begrifflichkeit also bei wenigstens einem Vergleichszeichen gegeben, bildet dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein so starkes Gegengewicht zu den bestehenden klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeiten, dass eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sicher ausgeschlossen werden kann (EuGH GRUR 2006, 413 – ZIRH/SIR). Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Streitmarken ist somit ausgeschlossen. Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sind ebenfalls nicht gegeben, zumal der Bestandteil „ PURA “ aufgrund seines produktbeschreibenden Bedeutungsgehalts nicht als Stammbestandteil geeignet wäre. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005535&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005536
BPatG
München
28. Senat
20100310
28 W (pat) 76/09
Beschluss
§ 48 Abs 1 MarkenG, § 50 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "ANKARA-Döner" – mit Löschung der Marke verliert das Löschungsverfahren seinen Charakter als Popularverfahren - nach Verzicht auf Marke kann Feststellung der Nichtigkeit der Marke für die Vergangenheit beantragt werden – Antragstellerin ist mündlicher Verhandlung ferngeblieben – nach Verzicht hat sich der Gegenstand des Verfahrens in der Hauptsache für die Zukunft und die Vergangenheit erledigt
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 20 298 (hier: Löschungsverfahren S 46/08) hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Das Beschwerdeverfahren ist in der Hauptsache erledigt. Der angefochtene Beschluss der Markenabteilung vom 23. April 2009 ist durch den Verzicht der Markeninhaberin auf die angegriffene Marke gegenstandslos. Kosten werden nicht auferlegt.
I. Für die Antragsgegnerin ist am 3. Dezember 2007 die Wortmarke 306 20 298 ANKARA-Döner für Waren der Klasse 29 in das Register eingetragen worden. Die Antragstellerin hat im Januar 2008 die Löschung der angegriffenen Marke wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG beantragt, der die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 23. April 2009 antragsgemäß stattgegeben hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. In der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2010 hat die Antragsgegnerin erklärt, sie verzichte auf die angegriffene Marke. Die Antragstellerin, die schriftsätzlich die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat, ist trotz ordnungsgemäßer Ladung ihrer Ankündigung folgend der mündlichen Verhandlung ferngeblieben. II. Mit dem Verzicht der Antragsgegnerin auf ihre Marke hat sich das Löschungsverfahren, das Gegenstand des hiesigen Beschwerdeverfahrens ist, insoweit in der Hauptsache erledigt, als der Löschungsantrag der Antragstellerin (auch) auf eine Löschung für die Zukunft gerichtet war. Soweit der Löschungsantrag nach §§ 50, 54 MarkenG auch auf die Löschung der angegriffenen Marke für die Vergangenheit gerichtet war, das heißt für die Zeit seit ihrer Eintragung bis zur Verzichtserklärung, hat sich das Löschungsverfahren ebenfalls erledigt. Mit der Löschung der angegriffenen Marke - gleichgültig aus welchem Grund - verliert das Löschungsverfahren seinen Charakter als Popularverfahren, da das Allgemeininteresse an der Beseitigung löschungsreifer Marken aus dem Register entfällt. Nach einem Verzicht der Markeninhaberin auf ihre Marke nach § 48 Abs. 1 MarkenG bleibt es der Antragstellerin zwar grundsätzlich unbenommen, die Feststellung der Nichtigkeit der Marke auch für die Vergangenheit zu beantragen, soweit sie ein entsprechendes Feststellungsinteresse geltend macht. Vorliegend hat sich die Antragstellerin dieser Möglichkeit aber dadurch begeben, dass sie der mündlichen Verhandlung ferngeblieben ist mit der Folge, dass eine Fortführung des Löschungsverfahrens auch insoweit ausgeschlossen ist. Anhaltspunkte einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG) sind nicht ersichtlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005536&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005537
BPatG
München
28. Senat
20100224
28 W (pat) 112/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "BALANCE" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 302 48 822 (hier: Löschungsverfahren S 228/08) hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: 1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen. 2. Die Kostenanträge der Löschungsantragstellerin werden zurück- gewiesen.
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 302 48 822 BALANCE die seit 26. Februar 2003 für die Waren „Elektromedizinische Geräte, nämlich Schwerhörigen- und Hörmessgeräte.“ im Markenregister eingetragen ist. Die Antragstellerin hat im Juli 2008 die vollständige Löschung der Marke nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG beantragt und dazu vor dem DPMA ausgeführt, das Wort „Balance“ sei im Deutschen als englische Übersetzung für das Gleichgewichtsorgan (balance system) geläufig und bezeichne zudem den Steuerungsparameter von akustischen Signalen in Audiogeräten. Folglich müsse diese Angabe zur Bezeichnung einschlägiger Waren von jedermann frei verwendet werden können. Ihrem Löschungsantrag hat sie umfangreiches Material zur Verwendung von „balance“ beigefügt. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen und ausgeführt, die Eintragung der Marke sei zu Recht erfolgt. Die Markenabteilung des DPMA hat die Löschung der angegriffenen Marke mit der Begründung angeordnet, sie sei entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG eingetragen worden. Die Bezeichnung „Balance“ komme aus der französischen Sprache und habe die Bedeutung „Waage, Gleichgewicht, Gegengewicht, Ausgleich“. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren sei der Begriff geeignet, Steuerungsparameter für akustische Signale in Audiogeräten zu beschreiben. Die Balance sei bei Hörgeräten eine wichtige Eigenschaft im Sinne des Ausgleichs der unterschiedlichen Hörkraft beider Ohren. Die Hörmessgeräte dienten dazu, die Hörkraft zu messen, um die erforderliche Balance zu ermitteln. Für die Annahme des Schutzhindernisses sei es ausreichend, dass mittels der angebotenen Produkte insbesondere der Klang bzw. die Lautstärke ausbalanciert werden solle. Aus den im Löschungsverfahren eingereichten Unterlagen sei die beschreibende Verwendung des Begriffs bereits erkennbar. Als glatt beschreibende Angabe für Hörgeräte und Zubehör sei „Balance“ auch vom HABM angesehen worden. Der Bezeichnung fehle darüber hinaus auch die Eignung, Produkte eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), denn der Verbraucher werde die Information, dass unterschiedliche Hörschwächen beider Ohren mittels eines Hörgerätes ausgeglichen werden sollen, keinem bestimmten Unternehmen zuordnen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin, mit der sie beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Zur Begründung trägt sie vor, das DPMA habe unzutreffend nur auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag abgestellt. Ein absolutes Schutzhindernis bestehe jedoch auch für diesen Zeitpunkt nicht. Die von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen bezögen sich auf englischsprachige Homepages, so dass zweifelhaft sei, ob die beteiligten inländischen Verkehrskreise den fremdsprachigen Begriff „Balance“ erkennen. Dieser sei weder leicht verständlich noch handele es sich um eine die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Angabe. Das DPMA argumentiere unzulässigerweise nicht mit dem Begriff „Balance“, sondern stelle auf den Ausgleich der Hörkraft beider Ohren ab und damit auf die deutsche Übersetzung des fremdsprachigen Begriffs. Im Zusammenhang mit einem Hörgerät denke der Verkehr aber nicht daran, dass etwas ausgeglichen werde. Es komme nicht auf den Ausgleich, sondern auf eine ausreichende Hörkraft auf beiden Ohren an. Aus den dem Beschluss beigefügten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, welche Bedeutung das Wort „Balance“ neben Lautstärke und Klang besitze. Die Anlagen 3-5 beträfen keine Hörgeräte, sondern völlig andere Branchen. Ein Schutzhindernis habe auch nicht im Zeitpunkt der Eintragung bestanden. Die damalige Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit, insbesondere die BONUS-Entscheidung des BGH, müsse ebenso berücksichtigt werden wie die zu dieser Zeit zahlreichen Eintragungen des Markenworts „Balance“ für unterschiedliche Waren. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft müsse grundsätzlich ein großzügiger Maßstab gelten, den die Marke ohne Weiteres erfülle. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen mit der Maßgabe, der Beschwerdeführerin die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen. Sie vertritt die Ansicht, „Balance“ werde vom inländischen Verkehr lediglich als Sachhinweis verstanden, dass die beanspruchten Waren dazu dienten, Messungen an den Ohren durchzuführen, um monaurale (einohrige) oder binaurale (beidohrige) Hörschwächen mit Hilfe der Messergebnisse und entsprechend angepassten Hörgeräten auszubalancieren. Das Wort sei auch Bestandteil eines Tests („monaural loudness balance test“, MLB), der in Audiometern eingebaut sei und bei Hörtests verwendet werde. Zur Gebräuchlichkeit von „Balance“ auf dem vorliegenden Warengebiet überreicht sie weitere Unterlagen, die ein Schutzhindernis auch bezogen auf den Eintragungszeitpunkt belegten. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2010 hat die Markeninhaberin hierzu Stellung genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat keinen Erfolg. Das DPMA hat vielmehr zu Recht die angegriffene Marke wegen Nichtigkeit gelöscht (§ 50 Abs. 1 MarkenG), da sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist und dieses Schutzhindernis auch im Entscheidungszeitpunkt noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Von der Eintragung ausgeschlossen ist eine Marke, der für die beanspruchten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens im Unterschied zu solchen anderer Unternehmen wahrgenommen zu werden (std. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice) und damit eine eindeutige betriebliche Zuordnung dieser Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen. Die Eintragung einer Marke kommt daher nur in Betracht, wenn sie geeignet ist, den Verbrauchern klar und eindeutig den betrieblichen Ursprung der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu offenbaren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen. Diesen Anforderungen genügt die angegriffene Marke nicht. Wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei „Balance“ entgegen der Ansicht der Markeninhaberin um ein ursprünglich aus der französischen Sprache stammendes, seit langem aber in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenes Wort mit der Bedeutung „Gleichgewicht, Ausgleich“. Ausgehend von der im Deutschen geläufigen Grundbedeutung von „Balance“ wird bei Audiogeräten der Ausgleichsregler zwischen zwei Schallquellen üblicherweise als „Balance (-Regler)“ bezeichnet. Ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, muss stets im Hinblick auf die mit ihr konkret beanspruchten Waren beurteilt werden. Dabei ist auf das Verständnis der inländischen Verkehrskreise abzustellen, zu denen neben den Endverbrauchern (hier: Hörgeräteträger) auch die beteiligten Fachkreise und somit in erster Linie Hörgeräteakustiker gehören, die die beanspruchten Schwerhörigenmessgeräte bedienen und die ebenfalls vom Schutz der Marke umfassten Schwerhörigengeräte dem Patienten anpassen. Im Zusammenhang mit Schwerhörigkeit werden üblicherweise zunächst die individuellen Hörschwächen mit Hilfe von Messgeräten oder audiometrischen Verfahren, die Eigenschaften und Parameter des Gehörs vermessen, für jedes Ohr gesondert festgestellt und sodann durch entsprechende Hörgeräte ausgeglichen bzw. ausbalanciert. Ziel der Hörgeräteanpassung ist es dabei, dass der Hörgeräteträger unterschiedliche Höreindrücke aus verschiedenen Richtungen ohne unangenehme Pfeifgeräusche und ohne dass der Hintergrundlärm störend hervortritt, wahrnehmen kann. Dabei kommt es entscheidend darauf an, dass zum einen die Balance zwischen dem unter Umständen unterschiedlichen Hörvermögen der Ohren hergestellt wird. Im Rahmen dieser Untersuchungen werden Testverfahren angewendet, wie zum Beispiel der „Monaural loudness balance -Test“, kurz MLB. Vor diesem Hintergrund reicht es daher entgegen der Ansicht der Markeninhaberin gerade nicht aus, bei der Hörgeräteanpassung nur auf eine ausreichende Hörkraft auf beiden Ohren abzustellen. Zwar ist mit der Markeninhaberin davon auszugehen, dass „Balance“ im Warenkontext nicht direkt eine objektive Produkteigenschaft der beanspruchten Geräte bezeichnet, jedoch zeigt bereits die geschilderte übliche Vorgehensweise bei Ermittlung der Schwerhörigkeit und bei der Anpassung dementsprechender Hörgeräte, dass die Balance bzw. das Ausbalancieren im Zusammenhang mit den Waren in mehrfacher Hinsicht eine Rolle spielen können. Darüber hinaus führt beispielsweise die Gebrauchsanweisung des Produkts „ CROSLink “ der Hörgerätefirma Phonak, die Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung war, die Relevanz des Begriffs „Balance“ vor Augen. Dort nimmt der gleichnamige Sender Signale auf der Seite auf, wo kein Hörgerät getragen werden kann und überträgt diese drahtlos per Funk an den Empfänger auf der hörenden Seite. Ein Abschnitt der Gebrauchsanweisung befasst sich mit dem Thema: „Balance-Einstellung bei BiCROs- Verwendung“. In der von der Antragstellerin ins Beschwerdeverfahren eingeführten deutschen Offenlegungsschrift DE 3512999 aus dem Jahr 1985 ist von einer Hörhilfe die Rede, die dem Schwerhörigen die Möglichkeit gibt, einzelne Unterhaltungen inmitten einer Umgebung mit lauten Hintergrundgeräuschen zu hören. Zu diesem Zweck wird die gewünschte Ansprechcharakteristik der Hörhilfe auf den jeweiligen Benutzer zugeschnitten programmiert, wobei die „Balance der Eingangssignale“ gesteuert werden kann (vgl. Anlage 8 Zusammenfassung und Patentanspruch 4). Nicht zuletzt zeigt diese Schrift, dass mit dem Wort „Balance“ auf dem einschlägigen Warensektor bereits weit vor dem Eintragungstag eine rein sachbezogene Aussage verbunden wurde. Für die beteiligten Verkehrskreise steht dieser Sachbezug im Vordergrund, so dass die Bezeichnung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft nicht geeignet war und auch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde diese Markenfunktion nicht erfüllen kann. Soweit die Markeninhaberin die Auffassung vertritt, Maßstab für die Beurteilung der Schutzfähigkeit von Marken müsse die zum Eintragungszeitpunkt geltende Rechtsprechung sein, kann dem nicht gefolgt werden. Eine nachträgliche Korrektur von Fehleintragungen durch Löschung hat der Gesetzgeber im Rahmen des harmonisierten Markenrechts ausdrücklich in den Vorschriften der §§ 50 ff. MarkenG vorgesehen. Somit kann der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes in eine einmal erfolgte, jedoch zu Unrecht vorgenommene Registrierung einer Marke vor diesem Hintergrund bereits nicht verfangen. Im Eintragungszeitpunkt (Anfang 2003) war die Rechtsprechung, insbesondere des Europäischen Gerichtshof anlässlich ihm vorgelegter Rechtsfragen zur Auslegung des harmonisierten Gemeinschaftsrecht, stets davon geprägt, dass das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb und der Schutz vor ungerechtfertigten Monopolen im Rahmen der Unterscheidungskraft angemessen berücksichtigt werden muss. Falls die Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Eintragungszeitpunkt nicht zutreffend beurteilt wurden, findet dies daher auf Antrag im Löschungsverfahren Berücksichtigung, soweit dies unter den Voraussetzungen des § 50 MarkenG nachträglich zulässig ist. Was die vorliegend zu beurteilende Bezeichnung „Balance“ betrifft, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sie im Zusammenhang mit den eingetragenen Waren - auch bezogen auf den Eintragungszeitpunkt - wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht hätte eingetragen werden dürfen. Sie ist daher gemäß §§ 50 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vollständig zu löschen. Ob der angegriffenen Marke zudem im Hinblick auf die beschwerdegegenständlichen Waren das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben. Die Beschwerde der Markeninhaberin hat daher keinen Erfolg ebenso wie die von der Antragstellerin beantragte Auferlegung der Verfahrenskosten. Für ein Abweichen vom Grundsatz, dass jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 71 Abs. 1 MarkenG) selbst zu tragen hat, sind weder Billigkeitsgründe ersichtlich noch von der Antragstellerin vorgetragen worden. Im patentamtlichen Löschungsverfahren hat die Markenabteilung eine Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 MarkenG mangels Vorliegen besonderer Umstände für ein Abweichen vom genannten Grundsatz zu Recht nicht ausgesprochen. Die Antragstellerin hat ihren diesbezüglichen Antrag auch nicht näher begründet.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005537&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005538
BPatG
München
28. Senat
20100324
28 W (pat) 501/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "SAFETYSOUND" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 045 435.3 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 24. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke SAFETYSOUND als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6, 7 und 9 „Metallrohre; Abgasanlagen für verbrennungsmotorgetriebene Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge; Teile dieser Abgasanlagen, insbesondere Metallrohre, Schalldämpfer, Abgaskatalysatoren, Rußfilter, jeweils für sich oder gehaltert im zugehörigen Gehäuse; Schallgeber, Lautsprecher, Schallsensoren und Mikrofone, jeweils für sich oder gehaltert im zugehörigen Gehäuse; elektrische Steuergeräte und Computerprogramme zur Steuerung dieser Abgasanlagen und Teile dieser Abgasanlagen, insbesondere Schalldämpfer, Abgaskatalysatoren, Rußfilter, Schallgeber, Lautsprecher, Schallsensoren und Mikrofone“. Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine in der Wortstruktur und Semantik sprachüblich gebildete Wortzusammenfügung aus den englischen Begriffen „ SAFETY “ und „ SOUND “. Beide Wörter seien auch in der inländischen Fach- und Werbesprache gebräuchlich, nicht zuletzt im Zusammenhang mit Maschinen und Fahrzeugen. Der Gesamtbegriff „ SAFETYSOUND “ werde vom angesprochenen Publikum ohne Weiteres im Sinne von „Sicherheitsklang“ oder „Sicherheitsgeräusch“ verstanden. In dieser Bedeutung besitze die angemeldete Marke für die beanspruchten Waren einen unmittelbar beschreibenden Charakter, da diese dazu geeignet bzw. dazu bestimmt sein könnten, zu Sicherheitszwecken Klänge und Geräusche zu erzeugen. Der Verkehr werde die Marke daher im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich als Sachhinweis auffassen und ihr keine Herkunftsfunktion beimessen. Aus diesem Grund fehlt der Marke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Wegen ihrer Beschreibungseignung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG stehe der beantragten Eintragung der Marke zudem ein Freihaltungsbedürfnis entgegen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Marke fehle weder die erforderliche Unterscheidungskraft noch sei sie wegen eines schutzwürdigen Freihaltungsinteresses von der Eintragung ausgeschlossen. Die Schutzfähigkeitsprüfung müsse sich immer auf die Marke in ihrer Gesamtheit beziehen, so dass sich eine zergliedernde Betrachtungsweise verbiete. Vom Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG würden nur unmittelbar beschreibende Angaben erfasst, nicht dagegen beschreibende Angaben, die unklar und missverständlich blieben. Da die angemeldete Wortkombination keinen unmittelbar beschreibenden Aussagegehalt aufweise, ermögliche sie auch keinerlei Rückschlüsse auf produktbezogene Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren. Bei der Wortkombination „ SAFETYSOUND “ handle es sich um eine sprachunüblich gebildete und mehrdeutige Wortneuschöpfung, die bislang nicht verwendet werde. Hinreichende Feststellungen, dass sich das Markenwort i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Merkmalsbeschreibung eigne, seien nicht ersichtlich. Nicht zuletzt aufgrund der Zusammenschreibung der beiden Wortbestandteile bleibe der Gesamteindruck des Markenworts vage und diffus. Selbst die allenfalls erkennbare Aussage „Sicherheitsgeräusch“ mache hinsichtlich der beanspruchten Waren wenig Sinn, so dass der angemeldeten Marke keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden könnten. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 7, vom 19. Oktober 2009 aufzuheben. Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat der Senat der Anmelderin verschiedene Fundstellen zu den Branchengegebenheiten auf dem hier vorliegenden Produktsektor übermittelt. Zum Termin der mündlichen Verhandlung ist die anwaltlich vertretene Anmelderin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen und hat auf telefonische Nachfrage erklärt, den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückzunehmen und beantragt, nach Aktenlage zu entscheiden. Daraufhin wurde mit Beschluss vom 10. März 2010 ins schriftliche Verfahren übergegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der beantragten Eintragung der Marke stehen die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen. Das zentrale Anliegen des Markenrechts ist es, einen freien Waren– und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies bereits im 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie (MarkenRichtl) ausdrücklich hervorgehoben wird. In ihrer Konzeption geht die MarkenRichtl dabei davon aus, dass Marken im europäischen Wirtschaftssystem eine wichtige ökonomische Rolle zukommt, aufgrund ihrer Monopolwirkungen aber durchaus auch die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen besteht. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Insoweit kommt dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG die „Aufgabe“ zu, dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit beschreibender Zeichen oder Angaben Rechnung zu tragen und die Entstehung markenrechtlicher Monopole an solchen Bezeichnungen zu verhindern. Nach diesem Ausschlusstatbestand sind alle Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH GRUR 2000, 211, 212 – FÜNFER ). Dies gilt sowohl für Begriffe, die bereits lexikalisch belegbar sind, wie auch für Wortneubildungen mit einem derart unzweideutigen Aussagegehalt, dass sie zur Produktbeschreibung dienen können. Bei fremdsprachigen Begriffen ist ein Freihaltebedürfnis allerdings nur dann zu bejahen, wenn davon auszugehen ist, dass ihre beschreibende Bedeutung von den angesprochenen, inländischen Verkehrskreisen auch erkannt werden kann (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 26 – Matratzen Concord/Hukla). Gegenstand der Schutzfähigkeitsprüfung ist immer die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit, wie dies die Anmelderin zutreffend vorgetragen hat. Trotzdem ist es zulässig, zunächst die Bedeutungsgehalte der einzelnen Bestandteile einer Wortverbindung zu bestimmen, um ihren semantischen Gehalt ermitteln zu können (vgl. hierzu EuGH, MarkenR 2007, 204, Rdn. 78-80 – Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID). In einem weiteren Schritt bleibt dann aber stets zu prüfen, ob zwischen der Wortverbindung in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe ihrer beschreibenden Bestandteile ein merklicher Unterschied besteht, beispielsweise aufgrund vorhandener syntaktischer oder semantischer Besonderheiten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2). Bei der hier konkret angemeldeten Wortfolge „ SAFETYSOUND “ handelt es sich um keinen lexikalisch nachweisbaren Begriff. Dieser Umstand lässt jedoch für sich genommen noch keine sicheren Rückschlüsse darauf zu, ob die angemeldete Marke als schutzfähiger Gesamtbegriff oder als schutzunfähige Angabe zu werten ist. Vielmehr muss auch bei so genannten Wortneuschöpfungen ermittelt werden, welcher standardsprachlicher Bedeutungsgehalt ihnen zuzuordnen ist (vgl. hierzu EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID). Der sprach- und werbeüblichen Kombination der beiden englischen Substantive „ SAFETY “ und „ SOUND “ lässt sich nach den allgemeinen Sprachbildungsregeln (vgl. hierzu etwa technische Sachbegriffe wie „ safety signal“ = Sicherheitssignal, „ safety agent“ = Sicherungsmittel, „ safety closure“ = Sicherheitsverschluss, sowie „ safety lock“ = Sicherheitsverschluss) als naheliegendster Bedeutungsgehalt die Aussage „Sicherheitsgeräusch, Sicherheitston“ zuordnen (vgl. hierzu Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, 2001 – Stichworte: „ Safety “ und „ Sound “). Dieser Bedeutungsgehalt ist für den inländischen Verkehr auch ohne Weiteres verständlich, zumal nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen immer der mit den fraglichen Waren befasste Handel zu zählen ist, der über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügt (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 – Chiemsee). Die Markenstelle hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt, dass es schon seit langem auf zahlreichen Warengebieten üblich ist, mit Sicherheitstönen bzw. -geräuschen auf bestimmte Gefahrensituationen hinzuweisen, nicht zuletzt bei Fahrzeugen. Der Anwendungsbereich solcher akustischer Assistenzfunktionen umfasst ein breites Spektrum von Sachverhalten und reicht von der Verwendung von Sicherheitstönen als Gurtwarner, Abstandsmelder oder Einparkhilfen bei Pkws, über Warntöne beim Überschreiten bestimmter Entfernungsänderungen bei Schiffen, bis hin zu akustischen Signalen im Luftverkehr zur Unterstützung der Piloten, wie etwa Kollisionswarnungen oder Warnsignale für die Grenzwertüberwachung. Der Einsatz von akustischen Signalen für die Betriebssicherheit von Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen ist also allgemeiner Standard. Aktuell spielen „geräuschgebende Systeme“ darüber hinaus im Zusammenhang mit der Entwicklung neuer, besonders geräuscharmer Motorentypen eine zentrale Rolle. Da diese Motoren, wie beispielsweise Elektromotoren, lediglich minimale Eigengeräusche erzeugen, soll hier über ein künstliches Sound design ein Mindest-Geräuschpegel geschaffen werden, der vor allem das Gefahrenpotenzial für Fußgänger minimieren soll (vgl. hierzu etwa unter http://www.derwesten.de/wp/region/Vorsicht-stille-Gefahr-id2445706.html). Diese Geräusch-Simulationen werden deshalb u. a. auch als „Sicherheits-Geräusche“ bezeichnet (vgl. hierzu unter http://www.wattgehtab.com/sonstige-komponenten/lotus-engineering-motorgerausch-simulator-fur-elektroautos-2119). Dies verdeutlicht die Eignung des angemeldeten Markenwortes „ SAFETYSOUND “ zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen zu können, indem es darauf hinweisen kann, dass die betreffenden Waren mit akustischen Sicherheitsmechanismen ausgestattet sind bzw. für eine entsprechende, akustische Signalgebung bestimmt sind, wie bspw. die beanspruchten Schallgeber, Lautsprecher, Schallsensoren und Mikrofone. Das angemeldete Markenwort bleibt somit in seiner produktbezogenen Aussage keineswegs – wie die Beschwerdeführerin sinngemäß vorträgt – vage oder diffus, sondern ist im Hinblick auf sämtliche beanspruchten Waren als unzweideutiger Sachhinweis auf die Beschaffenheit bzw. den Bestimmungszweck der beanspruchten Waren zu werten. Soweit die Anmelderin sinngemäß geltend macht, die angemeldete Bezeichnung sei schon aufgrund ihrer Mehrdeutigkeit schutzfähig, bleibt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hinzuweisen, nach der ein Wortzeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der infrage stehenden Waren bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 146 – DOUBLEMINT). Auch die sprachübliche Aneinanderreihung der beiden Wortelemente „ SAFETY “ und „ SOUND “ weist keinerlei schutzbegründendes Merkmal auf. Die Verwendung solcher, grammatikalisch inkorrekter Schreibweisen in einem einheitlichen Wort zählt seit langem zur allgemeinen Werbepraxis und nimmt dem Zeichen nicht die dargestellte Eignung zur Merkmalsbeschreibung. Als sprachübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Wortelemente, aus der sich eine ebenfalls beschreibende Gesamtbezeichnung ergibt, steht der Eintragung der Marke ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Der angemeldeten Marke fehlt zudem jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Angesichts des im Vordergrund stehenden, produktbezogenen Sinngehalts der angemeldeten Marke ist davon auszugehen, dass sie die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich als Hinweis auf Art bzw. Bestimmungszweck der beanspruchten Waren und Dienstleistungen auffassen werden, nicht aber als unternehmensbezogenen Herkunftshinweis. Die gewählte, grammatikalisch inkorrekte Schreibweise der Marke in einem einheitlichen Wort entspricht einer weit verbreiteten Werbepraxis, an die der angesprochene Verkehr seit langem gewöhnt ist, weshalb er der konkreten Schreibweise keine betriebskennzeichnende Eigentümlichkeit, sondern allenfalls einen mehr oder weniger starken Werbeeffekt beimessen wird (vgl. EuG Mitt. 2004,436 – bestpartner ). Die angemeldete Marke verfügt somit nicht über die Eignung, für die angesprochenen Verbraucher die Ursprungsidentität der fraglichen Waren und Dienstleistungen zu garantieren. Bei dieser Sachlage widerspricht es dem im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigenden Allgemeininteresse, die Marke der ungehinderten Verwendung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005538&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005539
BPatG
München
27. Senat
20100413
27 W (pat) 33/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "F1 Top Quality alliance (Wort-Bild-Marke)/F1/F1-Shop/F1 POLE POSITION (Gemeinschaftsmarke)/F1 RACING SIMULATION/F1 CAFE/F1 PIT STOP CAFE/F1 Formula 1 (Wort-Bild-Marke/Gemeinschaftsmarke)/F1 RACING SIMULATION (IR-Marke)/F1 Formula 1 (Wort-Bild-Marke/IR-Marke)/F1 (IR-Marke)" – zur Waren- und Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr - teilweise Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 301 21 152 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Januar 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: I. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen  Patent- und Markenamts vom 17. September 2004 sowie vom  20. Juli 2007 werden insoweit aufgehoben, als die Widersprüche aus der Marke 300 07 412 (F1) hinsichtlich „Veranstaltung von Reisen, sportliche und kulturelle Veranstaltungen“, aus der Gemeinschaftsmarke 558 700 (F1 Pole Position) hinsichtlich „kulturelle Veranstaltungen“, aus der Gemeinschaftsmarke 631 531 hinsichtlich „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Veranstaltung von Reisen, sportliche Veranstaltungen“, aus der IR-Marke 641 610 hinsichtlich „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“, aus der IR-Marke 732 134 hinsichtlich „Uhren und Zeitmessinstrumente, Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, Veranstaltung von Reisen, sportliche und kulturelle Veranstaltungen“ zurückgewiesen wurden. II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. III. Die Marke 301 21 152 ist zu löschen.
I Die Wort-/Bildmarke 301 21 152.3 ist am 20. Februar 2002 für die Waren und Dienstleistungen Uhren und Zeitmessinstrumente; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Veranstaltungen von Reisen; sportliche und kulturelle Aktivitäten in das Register eingetragen und am 22. März 2002 veröffentlicht worden. Hiergegen hat die Inhaberin der folgenden Widerspruchsmarken am 24. Juni 2002 Widersprüche eingelegt: 1) aus der am 2. Februar 2000 angemeldeten und seit 10. Mai 2000 für Energizer-Getränke, kohlensäurehaltige Wasser ohne Alkohol und mit Alkohol, Mineralwasser, Fruchtgetränke, Biere; Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen geschützten Wortmarke 300 07 412 F1 2) aus der am 12. Februar 1998 angemeldeten und seit 5. März 1998 für Veranstaltung von Reisen zu Sportveranstaltungen; Erstellung und Verbreitung von Sportinformationen in Form von Druckereierzeugnissen; Erstellung und Bereitstellung von Sportinformationen im Internet und anderen elektronischen Kommunikationsmedien; Verbreitung von Sportinformationen über das Internet und andere elektronische Kommunikationsmedien; Vermittlung von Verträgen über Handelsgeschäfte mit Fan- und Merchandiseartikeln aus dem Sportbereich für Dritte; Recherche über die Beschaffungsmöglichkeit von Fan- und Merchandiseartikeln aus dem Sportbereich für Dritte geschützten Wortmarke 398 07 382 F1-Shop 3) aus der am 18. Juli 1997 angemeldeten und seit 7. Mai 2002 für Waren der Klasse 16 sowie für 9: Photographische, Film-, optische und Unterrichtsapparate und -instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer. 28: Videospiele, Spiele für Mikrocomputer, Spiele, Spielzeug. 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Herausgabe von Büchern, Zeitschriften; Produktion von Shows, von Filmen; Veranstaltung von Bildungs- und Unterhaltungswettbewerben; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Bildungszwecke geschützten Gemeinschaftsmarke 558 700 (Wortmarke) F1 POLE POSITION 4) aus der am 16. Juli 1997 angemeldeten und seit 5. Februar 2003 neben Waren der Klassen 16 und 28 für 9: Film-, optische und Unterrichtsapparate; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; Videospiele, Spiele für Mikrocomputer. 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen. 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Produktion von Shows, von Filmen; Veranstaltung von Bildungs- und Unterhaltungswettbewerben geschützten Marke 594 143 F1 RACING SIMULATION 5) aus der am 24. September 1997 angemeldeten und seit 23. März 2006 neben Waren der Klasse 16, 18 für 25: Bekleidungsstücke; Sport- und Freizeitbekleidung; Hüte und andere Kopfbedeckungen; Stiefel; Schuhe; Schweißbänder und Armbänder; Sportschuhe und alle anderen in Klasse 25 enthaltenen Waren. 28: Spiele, Spielsachen und Spielzeug; Sportausrüstungen und Sportartikel; elektronische Spiele und alle anderen in Klasse 28 enthaltenen Waren. 42: Hotel- und Restaurantbetrieb, Catering; Druckarbeiten und Vervielfältigung; musikalische Unterhaltung und photographische Dienstleistungen; medizinische Betreuung und Leistungen; Agenturdienste zur Buchung von Unterkünften; Vermietung von Zimmern; Information mit Hilfe elektronischer Kommunikation (einschließlich Web-Seiten) in Bezug auf den Betrieb von Hotels, Restaurants und Catering; Ermöglichung des Zugangs zu Datenbanken in Bezug auf den Betrieb von Hotels, Restaurants, Catering und Dienstleistungen eines Reisebüros; Bereitstellung des Zugriffs auf eine interaktive Computerdatenbank im Sportbereich; Bereitstellung des Zugangs zu Computermailboxen und Echtzeit-Gesprächsforen im Sportbereich geschützten Marke 616 268 F1 CAFE 6) aus der am 23. September 1997 angemeldeten und seit 7. Februar 2000 neben Waren in Klasse 16 und 18 für 25: Bekleidungsstücke; Sport- und Freizeitbekleidung; Hüte und andere Kopfbedeckungen; Stiefel; Schuhe; Schweißbänder und Armbänder; Sportschuhe und alle anderen in Klasse 25 enthaltenen Waren. 28: Spiele, Spielsachen und Spielzeug; Sportausrüstungen und Sportartikel; elektronische Spiele und alle anderen in Klasse 28 enthaltenen Waren. 35: Interaktiver Abonnementservice. 42: Hotel- und Restaurantbetrieb, Catering; Druckarbeiten und Vervielfältigung; musikalische Unterhaltung und photographische Dienstleistungen; medizinische Betreuung und Leistungen; Agenturdienste zur Buchung von Unterkünften; Vermietung von Zimmern und Online-Zugang zu Computerdatenbanken und Webseiten im Internet; Bereitstellung des Zugriffs auf eine interaktive Computerdatenbank im Sportbereich; Bereitstellung des Zugangs zu Computermailboxen und Echtzeit-Gesprächsforen im Sportbereich; Bereitstellung des Zugangs zu Computerdatenbanken und/oder interaktiver Kommunikationstechnologie in den Bereichen Sportausrüstung, Bekleidungsstücke, Spiele und Spielsachen, Erinnerungsstücke, gedruckte Waren und Bücher, Computersoftware und allgemeine Waren geschützten Marke 616 318 F1 PIT STOP CAFE 7) aus der seit 19. Mai 2003 neben Waren der Klassen 4, 16, 18 und 38 für 9: Apparate für Ton- und Videoaufzeichnungen; unbespielte Bänder und Platten; Fernseher; photographische Apparate; Computergeräte; Anzeigetafeln- und Zeitsteuerungsapparate; Ferngläser; bespielte Bänder und Platten; elektronische Spiele als Zusatzgeräte für Fernsehapparate; Computerspiele; Videospielapparate; Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen als Schutz vor Unfällen; Feuerlöschgeräte; Teile und Bestandteile für die vorstehend genannten Waren und alle anderen Waren, soweit sie in Klasse 9 enthalten sind. 25: Bekleidungsartikel; Sport- u. Freizeitbekleidung; Hüte u. andere Kopfbedeckungen; Stiefel; Schuhe; Schweißbänder u. Armbänder; Sportschuhe u. alle anderen in Kl. 25 enthaltenen Waren 28: Spielzeug, Spiele, Spielsachen; Sportausrüstungen, -artikel; elektr. Spiele u. alle anderen in Kl. 28 enthaltenen Waren. 41: Planung, Organisation und Veranstaltung von Sportveranstaltungen (einschließlich, aber nicht beschränkt auf Motorrennsport u. Motorsportveranstaltungen), Turniere und Wettkämpfe; Produktion von Sportveranstaltungen (einschließlich aber nicht beschränkt auf Motorrennsport und Motorsportveranstaltungen), Turnieren und Wettkämpfen für Radio, Film und Fernsehen; Bereitstellung von Freizeiteinrichtungen für Sportveranstaltungen, Turnieren und Wettkämpfe; Bereitstellung von Sportinformationen über miteinander verbundene Computerkommunikationsmedien; Bereitstellung von Computerspielen und -wettbewerben, zu denen Netzbenutzer und/oder –teilnehmer netzweiten Zugang haben; Bereitstellung von Glücksspieleinrichtungen; Glücksspiele; Organisation von Sportwettkämpfen und alle anderen in Kl. 41 enthaltenen Leistungen eingetragenen Gemeinschaftsmarke 631 531 8) aus der seit 22. September 1997 neben Waren der Klassen 16 und 28 für 09: Appareils cinématographiques, optiques, d'enseignement; appareils pour l'enregistrement, la transmission, la reproduction du son ou des images; supports d'enregistrement magnétiques, disques acoustiques; appareils pour le traitement de l'information, ordinateurs; jeux vidéo, jeux pour micro-ordinateurs 25: Vêtements, chaussures, chapellerie 41: Education; formation; divertissement; activités culturelles; production de spectacles, de films; organisation de concours en matière d'éducation ou de divertissement geschützten Marke IR 685 206 F1 RACING SIMULATION 9) aus der seit 7. August 1995 neben Waren der Klasse 18 für 25: Vêtements, vêtements de sport et de loisirs; bottes; chaussures et chaussures de sport; bandeaux pour la tête et les poignets (accessoires d'habillement) 28: Jeux et jouets; engins et articles de sport non compris dans d'autres classes; bandeaux pour la tête et les poignets (accessoires de sport) international geschützten Marke IR 641 610 10) aus der seit 20. Dezember 1999 neben Waren der Klasse 3, 4, 12, 16, 18, 21, 24, 26, 30, 34, 35 und 38 für 09: Vêtements, chaussures, garnitures de tête, casques, gants, ceintures, lunettes de protection, tous lesdits produits destinés à la sécurité; panneaux lumineux et mécaniques et poteaux indicateurs; rétroviseurs jour et nuit; lunettes de soleil et lunettes; cordons, montures, verres et étuis à lunettes pour lunettes de soleil et appareils optiques; dispositif électronique antivol, systèmes d'alarme et de sécurité; organiseurs électroniques; dispositif de fermeture à distance; télécommandes électroniques; dispositifs de sécurité personnelle; cartes codées et magnétiques; piles, batteries ou accumulateurs; matériel et instruments électriques, électroniques, scientifiques, optiques, cinématographiques, photographiques, de radio réception, radio transmission, d'intercommunication, téléphoniques, de reproduction et d'enregistrement du son; matériel pour liaison satellite; matériel informatique et ordinateurs; programmes informatiques, logiciels mémorisés; matériel informatique; lecteurs et/ou enregistreurs vidéo; cassettes vidéo, disques phonographiques, enregistrements audio, disques compacts; appareils de jeux vidéo; appareils photo; récepteurs; appareils de jeu électroniques actionnés avec des pièces de monnaie ou un compteur; matériel et instruments pédagogiques; extincteurs; compas (non destinés au dessin); matériel et cassettes d'enregistrement audio et vidéo; équipement pour disques compacts; équipements numériques et numériseurs; bandes magnétiques et supports de données électroniques contenant des publications imprimées telles que livres; équipements de télévision; films impressionnés; lampes électriques; aimants; compte-pas; appareils de comptage; compteurs de vitesse; compteurs kilométriques; calculatrices; matériel d'enregistrement; tableaux indicateurs de résultats et appareils de chronométrage; jumelles; bandes et disques vierges; bandes et disques pré-enregistrés, jeux électroniques adaptés à la télévision; jeux électroniques; jeux vidéo; CD-ROM; éléments et accessoires des produits précités, compris dans cette classe. 14: Métaux précieux et leurs alliages et produits constitués ou couverts de métaux précieux non compris dans d'autres classes; bijoux; breloques; joaillerie, faux bijoux; pierres précieuses; articles d'horlogerie et chronomètres; horloges et montres; porte-clés et pinces à billets de banque en métaux précieux; cadres en métaux précieux; épingles en métaux précieux, broches, pinces à cravates et boutons de manchettes. 25: Articles vestimentaires; tee-shirts; vêtements de bain; vêtements de pluie; vêtements de sport; tenues décontractées; vêtements de nuit; combinaisons de ski; sous-vêtements; sur-vêtements; trench-coats; blouses; manteaux et capes; costumes; peignoirs de bain; polos; chapeaux et coiffes; visières de casquettes; pare-soleil; casquettes de baseball; cravates; châles; gants; ceintures; bretelles; bottes; chaussures de ski; couvre-chaussures; chaussures; sandales; chaussettes; serre-tête et bandeaux-bracelets; chaussures de sport; éléments et accessoires des produits précités, compris dans cette classe. 28: Jeux; jouets et articles de jeu; matériel et articles de sport; jouets électroniques, jeux électroniques; ballons et chapeaux de fête; jeux de société; jouets à corps mou ou non, jouets en peluche, poupées, statuettes; jeux de patience et puzzles; modèles réduits de voitures et jeux électroniques et jeux vidéo à main; adaptateurs et leurs câblages; tous ces produits conçus pour être utilisés sur Internet ou étant relatifs à ce dernier. 41: Réalisation, organisation et tenue de manifestations sportives, tournois, compétitions; production de manifestations sportives, tournois et concours pour la radio, le cinéma et la télévision; renseignements sportifs par l'intermédiaire de boîtes électroniques de bavardage en temps réel et de babillards électroniques; exploitation de locaux ou de matériel pour manifestations sportives, tournois et compétitions; organisation de variétés musicales et concerts; production et promotion d'artistes et de disques compacts, les services susmentionnés faisant aussi appel à et par l'intermédiaire de l'Internet et de sites Web. 42: Services d'accès à des bases de données interactives dans le domaine des sports; mise à disposition d'accès à des babillards électroniques et boîtes électroniques de bavardage en temps réel et traitant des sports; services hôteliers, services de restauration et de traiteur; services d'imprimerie; services de photographie; assistance médicale; cliniques; réservation d'hébergement temporaire; location de chambres; services juridiques; octroi de licences de droits de propriété intellectuelle; recherche scientifique ou industrielle; programmation informatique; photographie et reportages photos; services photographiques, les services susmentionnés également fournis par Internet et sites Web. geschützten Marke IR 732 134 F1 Ihre Widersprüche gegen alle Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke hat die Widersprechende auf alle Waren und Dienstleitungen der jeweiligen Widerspruchsmarke gestützt. Zur Begründung macht sie geltend, dass die Widerspruchsmarken aufgrund umfassender Benutzung und überragender Bekanntheit eine enorm starke Kennzeichnungskraft hätten, insbesondere was die Bestandteile „F1“, „Formel 1“ und Formula 1“ beträfe. Die Benutzung der Bezeichnung „Formula 1“ gehe zurück auf das Jahr 1950. Aufgabe der Widersprechenden sei es seitdem, die in Deutschland unter der Bezeichnung „Formel 1 Weltmeisterschaft“ stattfindenden Motorsportrennen kommerziell auszuwerten. Dazu gehöre auch die Auswertung von geschützten Marken zur Promotion, wozu alle Widerspruchsmarken gehörten. Die Formel 1 Weltmeisterschaft sei das populärste Sportereignis der Welt. Aufgrund der Einzigartigkeit des Motorsportereignisses bestehe zudem eine außerordentliche Glamour-Wirkung. Eine intensive Benutzung ergäbe sich ferner aus der Tatsache, dass die Widerspruchsmarken in Zusammenhang mit Fanartikeln oder Formel 1-Computerspielen Verwendung fänden, letzteres in einem Umfang von mehr als 7 Millionen Spiele im Jahr 2000 allein in Europa. Für die Begriffe „Formula 1“ und „F1“ sei daher von einer außerordentlich hohen Kennzeichnungskraft auszugehen. Verwechslungsgefahr sei gegeben; der den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägende Bestandteil „F1“ sei identisch bzw. im wesentlichen identisch in den Widerspruchsmarken enthalten. Zumal es sich bei „F 1“ um ein Synonym von „Formula 1“ handle. Die Wortbestandteile „Top Quality“ und „alliance“ seien wegen ihrer beschreibenden Bedeutung nicht prägend. „Top Quality“ sei lediglich eine Qualitätsangabe. „Alliance“ werde im Hinblick auf Formel 1-Rennen als übliche Bezeichnung für eine Verbindung zwischen dem Motorenhersteller, einem Team und seinen Fahrern verwendet. Der Bestandteil „alliance“ entspreche „licensed“ oder „Partner of“. Einen ausreichenden Markenabstand gewährleiste auch nicht die Graphik der jüngeren Marke. Die geneigte Schreibweise des Bestandteils „F1“ dort entspräche sogar jener in den Widerspruchsmarken IR 641 610 und EU 631 531. Darüber hinaus läge eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor. Die zahlreichen von der Widerspruchsführerin geschützten Marken bildeten eine Zeichenserie mit „F1“ als Stamm, der auch Teil der jüngeren Marke sei. Unterstützend käme hinzu, dass von einer starken Ähnlichkeit, zum Teil sogar Identität der Waren und Dienstleistungen auszugehen sei. Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche mit Beschluss vom 17. September 2004 zurückgewiesen. Dies ist damit begründet, die Widerspruchsführerin habe eine für die Zuerkennung einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken erforderliche Benutzung nicht glaubhaft gemacht. Die dazu vorgelegten Unterlagen zeigten lediglich eine intensive Benutzung von Marken, wie die Kombinationsmarken „FIA FORMULA 1 WORLD CHAMPIONSHIP“ oder „FORMULA ONE“, die nicht verfahrensgegenständlich seien. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Wegen des hohen Ähnlichkeitsgrads bis hin zur Identität der aufeinandertreffenden Waren und Dienstleistungen seien für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwar strengere Anforderungen an den Markenabstand zu stellen. Diesen halte das angegriffene Zeichen aber ein. Nur der Bestandteil „Top Quality“ der angegriffenen Marke sei glatt beschreibend, der Bestandteil „alliance“ hingegen nicht. Er träte auch nicht in einer Weise zurück, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnte. Somit sei für den Vergleich „F1 alliance“ den Widerspruchsmarken gegenüberzustellen. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr bestehe da nicht. Auch seien die Voraussetzungen für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr, vor allem unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie, nicht gegeben. Dies sei schon allein deshalb auszuschließen, weil die Widerspruchsmarken durch einen Aufbau geprägt seien, der sich von dem des jüngeren Zeichens unterscheide. Während es sich bei der jüngeren Marke um eine farbig gestaltete Kombinationsmarke handle, seien die Widerspruchsmarken bis auf zwei reine Wortmarken. Auch die Gestaltung des Bestandteils „F1“ des angegriffenen Zeichens weise keine Gemeinsamkeiten mit den beiden Wortbildmarken unter den Widerspruchsmarken auf. Gegen diesen Beschluss hat die Widersprechende Erinnerung eingelegt. Dabei hat sie zusätzlich geltend gemacht, dass die Bekanntheit der Wort-/Bildmarke „FIA Formula 1 World Championship“ innerhalb der Europäischen Union für die Veranstaltung und Durchführung von Motorsportrennen vom HABM bestätigt worden sei. Außerdem sei anerkannt worden, dass „F1“ allgemein als Abkürzung für „Formula 1“ verstanden werde. Die Bekanntheit der Marke „Formula 1“ sei zudem in der Entscheidung des WIPO-Schiedsgerichts (Fall Nr. D2004-0210) festgestellt worden. Ferner sei aus den beigefügten Unterlagen ersichtlich, dass die Fernsehübertragungen in Deutschland 207 bis 270 Mio. Zuschauer hätten und Bilder in Zeitschriften eine breite Öffentlichkeit erreichten. Die Internetseite www.formula1.com trage ebenso zur Bekanntheit bei, wie lizenzierte Waren und Dienstleistungen (Champagner, Bier, Transportdienstleistungen etc.). Die Waren und Dienstleistungen der Klassen 14, 25 und 41 seien identisch bzw. quasi identisch mit denen der Widerspruchsmarken, insbesondere der Wortmarken IR 732 134 und DE 300 07 412. Die Waren und Dienstleistungen der Klasse 39 seien von der Widerspruchsmarke DE 398 07 382 F1-Shop abgedeckt. Angesichts der für die Widerspruchsmarken EU 616 268 F1 Cafe und EU 616 318 F1 Pit Stop Cafe geschützten Dienstleistungen läge eine für die übrigen Dienstleistungen der angegriffenen Marke hochgradige Ähnlichkeit vor. Uhren und Zeitmessinstrumente seien u. a. identisch im Warenverzeichnis der IR-Marke 732 134 F1 enthalten. Es bestünde überdies Wahrenähnlichkeit zu Computergeräten, Anzeigetafeln und Zeitsteuerungsapparaten. Die Marke „F1 Formula 1“ enthalte das Element „F1“ und sei für die Veranstaltung von Motorsportrennen geschützt. Eine derartige Dienstleistung sei identisch bzw. hochgradig ähnlich mit sportlichen und kulturellen Aktivitäten sowie Veranstaltungen von Reisen. Eine Verkehrsumfrage habe ergeben, dass insgesamt etwa 30 % aller Befragten die Bezeichnung „F1“ mit Formel 1-Autorennen/Motorsport bzw. bekannten Persönlichkeiten des Motorsports assoziierten; unter Motorsportinteressierten liege der Prozentsatz sogar über 55 %. Dies habe zur Konsequenz, dass „F 1“ das angegriffene Zeichen ausschließlich präge. In ihm seien zwei Widerspruchsmarken bzw. der Serienbestandteil „F1“ der übrigen Widerspruchsmarken identisch übernommen. Für die Prägung durch „F1“ spreche auch, dass dieser optisch gegenüber den anderen Bestandteilen, die überdies lediglich beschreibendes Beiwerk darstellen würden, hervorgehoben sei. Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens macht geltend, dass Uhren und Zeitmessinstrumente von den Widerspruchsmarken überhaupt nicht umfasst seien. Eine hochgradige Ähnlichkeit der kollidierenden Waren und Dienstleistungen sei nicht erkennbar. Im Hinblick auf die Argumentation der Erinnerungsführerin bezüglich der markenrechtlichen Bedeutung des Bestandteils „alliance“ sei anzumerken, dass diese zirkulär wäre, wenn sie einerseits diesen Bestandteil als nicht mitprägend für den Gesamteindruck qualifiziere und andererseits aus diesem Begriff rückschließe, dass die mit „F 1“ gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen in „Allianz“ zu den Widerspruchsmarken stünden. In der von der Widersprechenden zitierten Entscheidung des HABM sei nur festgestellt worden, dass das Zeichen „F1“ eine bekannte Abkürzung der Bezeichnung „Formula one“ sei. Damit sei aber nichts darüber ausgesagt, dass im Hinblick auf eine schriftbildliche und klangliche Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen „F1“ und „Formula one“ nicht zu differenzieren sei. Das Gegenteil sei der Fall. Die „Computergeräte, Anzeigetafeln und Zeitsteuerungsapparate“ der Widerspruchsmarke „F1 Formula 1“ (GM 631 531) seien nicht ähnlich zu „Uhren und Zeitmessinstrumenten“. Zwischen „Zeitmessung“ und „Zeitsteuerung“ bestehe ein erheblicher Unterschied. Die Unterlagen zur Verkehrsbefragung seien als Beweismittel unergiebig, zumal Art und Weise der Befragung unklar seien. Sie habe nicht vor, kulturelle und sportliche Veranstaltungen durchzuführen. Die tatsächlich erbrachten Dienstleistungen entsprächen vielmehr der Tätigkeit eines Reiseveranstalters für diverse Privat- und Geschäftsreisen, was mit der Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen zu Sportveranstaltungen“ korrespondiere und nicht mit den Dienstleistungen der Klasse 41. Hier von einer identischen bzw. nahezu identischen Dienstleistung zu sprechen, sei lebensfremd. Die Erinnerung hat die Markenstelle mit Beschluss vom 20. Juli 2007 zurückgewiesen. Darin heißt es, bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei von einer engsten Ähnlichkeit bis hin zu Identität der Waren und Dienstleistungen auszugehen. Ungeachtet einer möglicherweise gegebenen erhöhten Kennzeichnungskraft der Elemente „F1“ bzw. „Formula 1“ der Widerspruchsmarken und einer sich daraus gegebenenfalls resultierenden Prägungseigenschaft könne wegen zu geringer Markenähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden. Dem Bestandteil „alliance“ könne eine Mitprägung nicht abgesprochen werden, so dass einander, selbst unter Vernachlässigung des Bestandteils „Top Quality“ als Qualitätsberühmung, allenfalls „F1 alliance“ und „F1“ gegenüberstünden. Sie wiesen weder klanglich, schriftbildlich noch begrifflich Ähnlichkeit auf. Eine assoziative Verwechslungsgefahr käme ebenfalls nicht in Frage. Die Widersprechende hätte zwar eine Serie von F1- bzw. Formula-Marken, diese würden sich aber nach Art der Markenbildung vom angegriffenen Zeichen unterscheiden. Der Erinnerungsbeschluss wurde der Widersprechenden am 3. August 2007 zugestellt. Die Widersprechende hat am 7. August 2007 Beschwerde eingelegt. Sie führt dazu aus, im vorliegenden Fall liege eine Markenusurpation im Sinn der „Thompson Life“-Entscheidung des EuGH vor, auch wenn es sich bei den Bestandteilen „Top Quality Alliance“ nicht um Unternehmenskennzeichen handle. Zwischen „F1“ und „Formel 1/Formula 1“ könne eine Assoziation nicht geleugnet werden. Diese werde verstärkt durch das Attribut „Top Quality“, das eine weitere gedankliche Verbindung zu der herausragenden Position der Formel 1 für den Bereich der sportlichen Aktivitäten schaffe, die auch auf andere Waren- und Dienstleistungsbereiche übertragen werden solle. Eine Umfrage vom März 2005 zeige, dass mehr als die Hälfte der angesprochenen Verkehrskreise bei F1 an Formel 1/Formula 1 dächten und die Veranstaltung einem bestimmten Veranstalter zuordneten. Sie beantragt, die Beschlüsse vom 17. September 2004 und 20. Juli 2007 aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen. Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat kostenfällige Zurückweisung der Beschwerde beantragt. Sie macht geltend, dass mit F1 allein kein Verkehrskreis nur ein spezielles Autorennen und auch keine bestimmte Formel assoziiere. Diese bedürfe vielmehr des Wortes „Formel“ oder „Formula“. „F1-Rennen“ gäbe es nicht. Der Widerspruch stamme vom Juni 2002, so dass die Umfrage vom März 2005 nicht relevant sei. Davon abgesehen sei nicht erkennbar, inwieweit und welche „258 Befragungsorte ausgewählt“ worden seien und warum man nur „Motorsportinteressierte“ in die Ergebniszusammenfassung genommen habe. Zumindest wären damit alle außerhalb des Motorsports liegenden Waren- und Dienstleistungsklassen von vorne herein ausgeschlossen. II 1) Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache teilweise Erfolg. Nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken teilweise Verwechslungsgefahr im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerksamkeit des beteiligten Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann etwa ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Dienstleistungen oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Marken ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life; BGH GRUR 2005, 326 - Il Patrone / Portone). a) Die Ausführungen der Berufungsgegnerin zur Benutzung der Widerspruchsmarken sind zu vage, als dass darin ein konkretes Bestreiten der Benutzung nach § 43 MarkenG gesehen werden könnte. Damit ist bei der Beurteilung der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit von den Eintragungen im Register auszugehen. Warenähnlichkeit ist danach im folgenden Umfang gegeben: aa) Die Uhren und Zeitmessinstrumente des angegriffenen Zeichens sind identisch in Klasse 9 der oben als 8. Widerspruchsmarke genannten IR-Marke 685 206 (F1 RACING SIMULATION) enthalten. Ähnlich sind sie auch zu den Waren aus Klasse 9 sowie identisch zu denen der Klasse 14 der 10. Widerspruchsmarke IR 732 134 (F1). Eine Ähnlichkeit zu den Computergeräten, Anzeigetafeln und Zeitsteuerapparaten der 7. Widerspruchsmarke sowie Rettungsapparaten, wie sie der Senat im Beschluss vom 23. November 2004 unter Berufung auf Richter/Stoppel (12. Aufl. S. 104, 134, 291, 342) angenommen hat, wäre allenfalls durchschnittlichen Grades und somit nicht ausreichend für die Annahme einer Verwechslungsgefahr (siehe unten). bb) Die Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen des angegriffenen Zeichens sind identisch in Klasse 25 der oben als 4. bis 10. bezeichneten Widerspruchsmarken enthalten. cc) Die Veranstaltungen von Reisen, für die das angegriffene Zeichen eingetragen ist, sind überdurchschnittlich ähnlich zur Durchführung von Veranstaltungen der 1. Widerspruchsmarke DE 30007412 (F1) und der 7. Widerspruchsmarke (F1 Formula 1) sowie den Dienstleistungen der Klassen 38 und 41 der 10. Widerspruchsmarke (F1), weil zu Events Reisen oft auch von deren Veranstaltern angeboten werden. Veranstaltung von Reisen findet sich identisch wieder im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der 2. und 5. Widerspruchsmarke. Außerdem ist diese Dienstleistung überdurchschnittlich ähnlich zu Dienstleistungen der 3., 4. und 8. Widerspruchsmarke GM 558 700 (F1 POLE POSITION), GM 594143 bzw. IR 685 206 (F1 RACING SIMULATION), weil Reisen auch kulturelle Anlässe bzw. Ziele haben können. Hochgradig ähnlich ist das Veranstalten von Reisen zu den Agentur- und Hoteldienstleistungen der 6. Widerspruchsmarke (F1 PIT STOP CAFE), da diese in Reiseangeboten oft enthalten sind. dd) Die sportlichen Aktivitäten, für die das angegriffene Zeichen eingetragen ist, finden sich identisch in den Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen der 1. 7. und 10. Widerspruchsmarke. Nahezu identisch sind sie zu den Unterhaltungswettbewerben der 4. Widerspruchsmarke, da letztere auch sportlicher Natur sein können. Ferner sind sportliche Aktivitäten überdurchschnittlich ähnlich zu den Reiseangeboten der 2. Widerspruchsmarke DE 39807382 (F1-Shop), da Reisen zu Sportwettkämpfen oder zur Sportausübung von Veranstaltern angeboten werden, die auch die sportliche Aktivität durchführen. ee) Die kulturellen Aktivitäten, für die das angegriffene Zeichen eingetragen ist, finden sich identisch in den Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen der 1., 3., 4., 8. und 10. Widerspruchsmarke, wobei in letzterer konkrete kulturelle Aktivitäten bezeichnet sind. Hochgradig ähnlich sind dazu die Dienstleistungen eines Reisebüros (5. Widerspruchsmarke F1 CAFE), da Reisebüros auch Kulturreisen, also Reisen mit Führungen, zu Ausstellungen und Aufführungen o. ä. anbieten. Ebenso ist dazu musikalische Unterhaltung (6. Widerspruchsmarke F1 PIT STOP CAFE) hochgradig ähnlich. ff) Soweit keine Identität vorliegt, aber Ähnlichkeit zu Grunde gelegt wird, beruht dies nach Ansicht des Senats auf Faktoren, die das Verhältnis zwischen den Waren und Dienstleistungen kennzeichnen; hierzu gehört, dass sie einander ergänzen, dass üblicherweise dieselben Unternehmen die beiderseitigen Dienstleistungen erbringen und sich wegen Art und Zweck der Nutzen für den Empfänger der Leistung überschneidet. gg) Die Uhren und Zeitmessinstrumente des angegriffenen Zeichens sind allerdings entgegen der Auffassung der Widersprechenden zu Dienstleistungen, wie sie mit den Widerspruchsmarken beansprucht werden, nicht ähnlich. Dienstleistungen sind generell selbst mit den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln nicht ähnlich. Dies könnten nur besondere Umstände nahe legen (BGH GRUR 1999, 586 - White Lion / Lions). Dass bei Sportveranstaltungen Zeiten gemessen und in der Berichterstattung angezeigt werden, reicht hierfür nicht aus. Zwar sieht der Zuschauer im Zusammenhang mit Zeitmessungen oft die Marke einer Uhrenfirma, er wird aber das Zeitmessgerät nicht dem Veranstalter zuordnen, wenn nur dessen Logo erscheint statt dem eines Uhrenherstellers. Er wird vielmehr vermuten, das Logo des Uhrenherstellers werde eben nicht gezeigt. b) Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke von wesentlicher Bedeutung, sei es als Kennzeichnungskraft von Haus aus, sei es als eine kraft Benutzung erworbene (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, Rn. 24 - Sabèl / Puma, BGH GRUR 2004, 594, 597 - Ferrari-Pferd). Der Grad der Kennzeichnungskraft spielt nicht nur im Rahmen der Wechselwirkung der verschiedenen Beurteilungsfaktoren eine Rolle. Bestehen Marken, wie hier das angegriffene Zeichen und einige der Widerspruchsmarken aus mehreren Bestandteilen, so ist er ebenso bei der Prüfung, welche Bestandteile kollisionsbegründend sind, zu berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). aa) Die 1. und die 10. Widerspruchsmarke (DE 30007412 und IR 732 134) sind überdurchschnittlich kennzeichnungskräftig, weil sie allein aus dem bekannten F1 bestehen, das für einen bekannten Motorsportwettbewerb steht. Gleiches gilt für die Widerspruchsmarken 7 und 9, bei denen das bekannte F1 graphisch eingebunden und durch „Formula 1“ ergänzt ist. Der Schutz dieser beiden Widerspruchsmarken ist nicht auf ihre bildliche Eigenprägung beschränkt. F1 und Formula 1 sind keine beschreibenden Angaben (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 27. September 2001, Az: 25 W (pat) 39/01 - Formel One; vom 21. April 2004, Az: 32 W (pat) 200/01 – Formel 1 Der Große Preis von Deutschland). Die ebenfalls bekannten Langformen „Formula 1“ oder „Formel Eins“ werden häufig mit F1 abgekürzt geschrieben, etwa in Fernsehprogrammen, auf der Bekleidung der daran beteiligten Personen oder auf den dabei eingesetzten Automobilen. Anhaltspunkte für die Annahme, gerade F1 komme nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu, sind nicht gegeben. Selbst nicht aussprechbare Abkürzungen haben keine ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche (BGH GRUR 2002, 106 – DKV / OKV). Zur Feststellung der gesteigerten Verkehrsbekanntheit und damit eines erhöhten Schutzumfangs der Widerspruchsmarken können alle relevanten Umstände berücksichtigt werden. Die Bekanntheit muss nicht aus Umsatzzahlen hergeleitet werden; vorliegend sind vielmehr der Umfang der Berichterstattung und die damit verbundenen Zuschauerzahlen von Bedeutung. Diese hat die Widersprechende nach § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 294 ZPO glaubhaft gemacht (vgl. BPatG GRUR 2001, 513, 515 – Cefabrause / Cefasel); sie sind aber auch gerichtsbekannt. Selbst bei Waren, die speziell für die Rennen in der Formel 1 hergestellt sein können oder diese Rennen zum Gegenstand haben, verbinden die Verbraucher mit „Formel 1“ bzw. dem englischen Synonym „FORMULA 1“ und der Abkürzung „F1“ auch die Vorstellung einer herkunftshinweisenden Bezeichnung. Anders als bei EURO, EM, WM, Grand Prix etc., die jeweils für eine Vielzahl von Wettbewerben beschreibende Angaben sind, handelt es sich bei F1 um einen allein im Motorrennsport und auch nur in einer einzigen Fahrzeugklasse veranstalteten Wettkampf, wobei mit F1 nicht der Teilnehmerkreis umschrieben wird (z. B. europäisch oder international), sondern Merkmale der bei dem Wettkampf verwendeten Sportgeräte, denn bei „Formel“ handelt es sich um den Fachausdruck für die national und international verbindlich festgelegten technischen Bestimmungen (Formeln), nach denen die Fahrzeuge eingeteilt sind. Dabei bezieht sich Formel 1 auf die Fahrzeuge, die zu den von der FIA veranstalteten internationalen Rennen zugelassen sind (vgl. Sport-Brockhaus, 4. Aufl., Stichwort “Formel, Rennformel“; Meyers enzyklopädisches Lexikon, S. 545, Stichwort „Motorsport“; Brockhaus Enzyklopädie in 24 Bänden, Stichwort “Rennformel“). Der Name “Formel 1“ steht daher nicht einer für viele Sportarten geltenden gattungsmäßigen Bezeichnung gleich, sondern steht in einer Reihe mit den - jeweils auch als Marke geschützten - Namen individueller sportlicher Veranstaltungen wie Bundesliga (DE 395 50 605), Champions League (DE 396 13 757, IR 798 562 und 765 618) und Davis Cup (GM 1 017 508 und 1 592 989). Den am Motorsport interessierten Verkehrskreisen ist bekannt, dass die Rennen der Formel 1 in der Hand eines einzigen Unternehmens (FIA) liegen, auch wenn manche dieses nicht namentlich benennen können. Letzteres ist unschädlich, weil auch diese einen hinter der Veranstaltung stehenden individualisierbaren Unternehmer vermuten und ihm die unternehmerische Verantwortung hierfür zuschreiben (vgl. dazu EuGH GRUR – Arsenal; ferner 27 W (pat) 100/94 v. 21. November 1995 – Grand Slam Cup; BPatG, Beschluss vom 23. November 2004, Az: 27 W (pat) 47/02 – Formel 1). Der somit nach Ansicht des Senats in die Beurteilung der Verwechslungsgefahr einzubeziehende erweiterte Schutzumfang beschränkt sich allerdings auf die Waren und Dienstleistungen, für die eine entsprechende Benutzung erfolgt (BGH GRUR 2004, 239, 240 - Donline). Eine erhöhte Kennzeichnungskraft kann nur auf sehr eng verwandte Waren bzw. Dienstleistungen ausstrahlen (vgl. BPatG BlPMZ 2000, 166 - Lignopol; BPatG GRUR 1997, 293, 294 - Green Point / Der grüne Punkt; AfP 2006, 244 - Elle/Elle Due). Die gesteigerte Kennzeichnungskraft gilt damit hier zunächst für die Durchführung von sportlichen Veranstaltungen (Widerspruchsmarken 1, 7 und 10). Zu den damit eng verwandten Waren und Dienstleistungen gehört „Veranstaltung von Reisen zu Sportveranstaltungen“, da die Zuschauer zu den Rennen anreisen (Widerspruchsmarken 2, 5, 6 und 10). Ebenso strahlt die Verkehrsgeltung auf Informationsvermittlung aus, weil Sportereignisse und die Berichterstattung darüber eng zusammengehören (Widerspruchsmarken 2, 5, 6, 7 sowie 10). Bereiche, wie Motoröle, Fahrzeuge etc., werden zwar wohl auch von der Verkehrsgeltung erfasst, werden hier aber nicht behandelt, da insoweit keine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit zum angegriffenen Zeichen besteht. bb) Die Widerspruchsmarken 2, 3, 4, 5, 6 und 8 enthalten den nach dem oben Ausgeführtem bekannten Bestandteil F1. Hier ist jedoch zu beachten, dass die erhöhte Kennzeichnungskraft nur eines Elements nicht automatisch zur gesteigerten Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke führt. Der Senat sieht auch sonst keine durchschlagenden Anhaltspunkte dafür, dass F1-Shop, F1 POLE POSITION, F1 RACING SIMULATION, F1 CAFE und F1 PIT STOP CAFE bekannte Marken sein könnten. In F1 POLE POSITION kommt dem bekannten F1 dabei aber eine selbständig kollisionsbegründende Stellung zu. In den übrigen zusammengesetzten Zeichen entstehen neue Gesamtbegriffe. So kann F1 Shop eine Verkaufsstätte bezeichnen, in der Artikel abgeboten werden, die in irgendeinem Zusammenhang mit dem Formel 1-Wettbewerb stehen. F1 RACING SIMULATION deutet auf die Möglichkeit hin, Formel 1-Rennen nachzuahmen. Das kann Brettspiele ebenso betreffen wie Computerspiele. In einem F1 CAFE oder F1 PIT STOP CAFE können Fernsehübertragungen von den Formel 1-Rennen gezeigt werden oder Bilder sowie Andenken an Fahrer, Automobile, Rennstrecken etc. die Wände schmücken. Zwar gibt es bei Automobilrennen eine Innenbahn und im übertragenen Sinn den mit „Poleposition“ bezeichneten besten Startplatz, die Marke F1 POLE POSITION aber verbindet sich deshalb nicht zu einem Gesamtbegriff, sondern wirkt als Zusammenstellung zweier selbständiger Begriffe. c) Unter Berücksichtigung der hohen Verkehrsgeltung der Widerspruchsmarken 1, 7, 9 und 10 (F1) sind bei Identität bzw. überdurchschnittlicher Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen höchste Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen, um eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinn auszuschließen. Unter Berücksichtigung der Verkehrsgeltung des Bestandteils F1 der 3. Widerspruchsmarke (F1 POLE POSITION) sind bei Identität der Dienstleistungen (kulturelle Aktivitäten) hohe Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen. Diesen Anforderungen wird das angegriffene Zeichen jeweils nicht gerecht; im Übrigen aber schon. Stellt man das angegriffene Zeichen in seiner Gesamtheit den Widerspruchsmarken gegenüber, verhindern die Graphik der jüngeren Marke und zumindest der darin enthaltene Bestandteil „alliance“ unmittelbare Verwechslungen in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht. Dies gilt um so mehr für die Widerspruchsmarken 7 und 9, die selbst graphisch gestaltet sind und darin dem angegriffenen Zeichen nicht ähnlich sind. Der Bildbestandteil im angegriffenen Zeichen verleiht – anders als der mit Zitronen verzierte runde Teller im Limoncello-Fall - dem angegriffenen Zeichen vorliegend keinen ganz besonderen bildlichen Reiz. Die rote Scheibe wirkt lediglich als Untermalung, um die Aufmerksamkeit dorthin zu lenken, und besitzt daher nicht selbständig Dominanz, sondern verleiht diese dem darin befindlichen F1. Damit kann im Weiteren allein auf die Bestandteile „F1“, „Top Quality“ und „alliance“ abgestellt werden. Unabhängig von der Frage, ob hier, insbesondere im Bereich der Bekleidung, eine klangliche Ähnlichkeit überhaupt allein ausreichen könnte, eine Verwechslungsgefahr zu begründen, stützt der Senat die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht darauf, dass das angegriffene Zeichen in ausschlaggebenden Umfang als „F1“ gesprochen wird. Zwar könnte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine unmittelbare Verwechslungsgefahr auch gegeben sein, wenn der Gesamteindruck der mehrbestandteiligen Marke gerade durch den mit der Gegenmarke übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund träten und für den Gesamteindruck des Zeichens vernachlässigt werden können (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rn. 233 ff.; BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich grundsätzlich allein anhand der betreffenden Marke selbst, d. h. ohne Rücksicht auf die Vergleichsmarke (BGH GRUR 2002, 342 - Astra/Estra-puren). Hier kann eine den Gesamteindruck prägende Stellung des Bestandteils F1 nicht bejaht werden; jedenfalls dem Bestandteil „alliance“ haftet keine solche Kennzeichnungsschwäche an, dass der Gesamteindruck der jüngeren Marke allein durch F1 geprägt würde. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfährt jedoch der Grundsatz, wonach die gegebenenfalls den Gesamteindruck einer Marke prägenden Elemente ohne Rücksicht auf die Gegenmarke zu ermitteln sind, eine Einschränkung, wenn der übereinstimmende Bestandteil als isoliertes Zeichen aufgrund seiner tatsächlichen Benutzung für die Widersprechende eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat. Die hier gegebene hohe Kennzeichnungskraft von F1 wirkt sich daher nicht nur auf die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken aus, sondern bewirkt gleichzeitig, dass F1 dem Publikum einen Hinweis auf die Widersprechende gibt, auch wenn es ihm im angegriffenen Zeichen nicht isoliert begegnet (BGH GRUR 2003, 880 - City Plus; GRUR 2005, 513 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 60 Rn. 14 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, Rn. 31 - Malteserkreuz; GRUR 2007, 888 - Euro Telekom; BPatG GRUR 2009, 96 - FlowParty/flow). Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hängt in Fällen der vorliegenden Art von mehreren – gegenläufigen – Faktoren ab. Je stärker die Kennzeichnungskraft des isolierten älteren Zeichens ist, umso eher ist die Annahme gerechtfertigt, dass es auch in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber aufgefasst wird, also eine kollisionsbegründende Stellung im jüngeren Gesamtzeichen einnimmt. Umgekehrt ist die Verwechslungsgefahr umso geringer einzustufen, je mehr sich der übereinstimmende Bestandteil in die jüngere Gesamtkombination integriert. Dies ist hier aber wegen der Anordnung der Schrift, der Graphik und des trennenden Wortbestandteils „Top Quality“ zwischen F1 und „alliance“ nicht der Fall. Damit kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden, soweit es um die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke geht. F1 ist, wie ausgeführt, seit Jahren auf dem Markt gut etabliert. Seine Kennzeichnungskraft ist entsprechend stark. Bei dieser Sachlage liegt es nahe, dass der Verbraucher in dem Bestandteil F1 der angegriffenen Marke einen Hinweis auf die Widersprechende sieht und es zu Herkunftsverwechslungen kommt, wenn ihm diese Bezeichnung im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen begegnet, die mit den Dienstleistungen identisch oder eng verwandt sind, für welche die Widerspruchsmarken genutzt werden (BPatG Beschluss vom 16. Mai 2007, Az: 32 W (pat) 29/05 - Deutschland heute / Heute). Darüber hinaus kann nach der neueren Rechtsprechung eine Verwechslungsgefahr auch dann anzunehmen sein, wenn die jüngere Marke neben anderen Elementen einen mit der Widerspruchsmarke identischen Bestandteil enthält und dieser in dem zusammengesetzten Zeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt (EuGH GRUR 2005, 1042, Rn. 32 ff. - Thomson life; BGH GRUR 2006, 859 Rn. 21 - Malteserkreuz). Damit ist nicht gemeint, dass jede (insbesondere identische) Übernahme einer älteren Marke in ein jüngeres Kombinationszeichen zwangsläufig zur Annahme einer Verwechslungsgefahr führt; es bedarf schon noch besonderer Anhaltspunkte dafür, dass der betreffende Bestandteil in dem jüngeren Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt (Hacker, Markenrecht, 1. Aufl. 2007, Rn. 440). Das ist hier der Fall, weil F1 durch die rote Umrahmung und Unterlegung im angegriffenen Zeichen besonders hervorgehoben erscheint. Der ebenfalls innerhalb dieser Scheibe befindliche Qualitätshinweis „Top Quality“ ändert daran nichts. Das nicht gänzlich kennzeichnungsschwache „alliance“ liegt jedenfalls außerhalb der roten Markierung. In einem solchen Fall kann der von dem zusammengesetzten Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck das Publikum glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life). Diese Feststellung ist nicht davon abhängig, dass der von dem zusammengesetzten Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck von dem Teil des Zeichens, das die ältere Marke bildet, dominiert wird. Mit einer solchen Voraussetzung würde der Inhaber der älteren Marke seines durch den Markenschutz erworbenen ausschließlichen Rechts beraubt, obwohl diese Marke in dem zusammengesetzten Zeichen eine zwar nicht dominierende, aber selbständig kennzeichnende Stellung behielte. Deshalb genügt für die Feststellung von Verwechslungsgefahr, dass das Publikum den Inhaber der Widerspruchsmarke mit der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen in Verbindung bringt, die von dem zusammengesetzten jüngeren Zeichen erfasst werden (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life). So besteht die Gefahr, dass die Vergleichsmarken im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbs. MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Diese Art von Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass der Verkehr die Unterschiede beider Marken zwar wahrnimmt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung jedoch Anlass hat, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinn einer gemeinsamen Verantwortung für das Waren- und Dienstleistungsangebot zu schließen (vgl. BGH GRUR 2004, 779, 783 - Zwilling / Zweibrüder). Eine derartige Verwechslungsgefahr wird regelmäßig bejaht, wenn der Widersprechende auf dem Markt bereits mit einer Serie von Marken aufgetreten ist, die das in den Vergleichsmarken übereinstimmende Element als Stammbestandteil enthalten und unter Berücksichtigung auch der abweichenden Bestandteile damit zu rechnen ist, dass die Verbraucher die jüngere Marke mit der Widerspruchsmarke als ein davon abgeleitetes Serienzeichen in Verbindung bringen (BGH GRUR 2000, 886 - Bayer/BeiChem). Unter diesem Aspekt kann hier eine gedankliche Verwechslungsgefahr jedoch nicht angenommen werden. Es ist nämlich keine Serie der Widersprechenden gegeben, in die sich das angegriffene Zeichen einreihen könnte. Die Widerspruchsmarken 2, 3, 4, 5, 6 und 8 und etliche andere Marken der Widersprechenden kombinieren F1 jeweils nicht mit rein anpreisenden Begriffen, so dass eine Markenbildung wie „F1 Top Quality“ nicht dazu passt. Anders könnte man dies zwar bei „F1 alliance“ sehen. Diese Kombination erscheint aber im angegriffene Zeichen nicht als zusammengehörig. Es ist getrennt durch „Top Quality“ und die Graphik, weil „alliance“ - anders als „Top Quality“ - außerhalb der roten Scheibe steht. Die assoziative Ähnlichkeit kann auch darauf beruhen, dass ein Bestandteil den Verkehr an ein Zeichen erinnert, das er in der Kennzeichnung wiederzuerkennen glaubt (vgl. BGH GRUR 2002, 171, 175 - Marlboro-Dach). Unterstützt wird die Annahme einer solchen Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall dadurch, dass sich die strittigen Waren und Dienstleistungen an Verbraucherkreise richten, die sich nicht nur flüchtig mit den entsprechenden Angeboten befassen, sondern sorgfältiger als ein durchschnittlich aufmerksamer Verbraucher prüfen und auswählen. Deshalb wird das angesprochene Publikum zwar bei der Konfrontation mit den Marken die gegebenen Unterschiede wahrnehmen, aber auch das durch die rote Umrandung hervorgehobene F1 gesondert würdigen. 2) Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Senat hat auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, sondern eine Einzelfallentscheidung anhand von tatsächlichen Gegebenheiten getroffen worden ist. 3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005539&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005540
BPatG
München
27. Senat
20100201
27 W (pat) 87/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG, § 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 S 1 MarkenG
nachgehend BGH, 17. August 2011, Az: I ZB 75/10, Beschluss
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "KRYSTALLPALAST VARIETÉ (Wort-Bild-Marke)" – schutzwürdiger Besitzstand des Vorbenutzers - bösgläubige Markenanmeldung – zur Kostentragung bei bösgläubiger Markenanmeldung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 79 701 (hier: Löschungsverfahren S 363/07) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 1. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen die am 29. Dezember 2006 angemeldete und am 25. April 2007 für die Dienstleistungen "Werbung; Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten; Styling (industrielles Design)" eingetragene farbige (blau, weiß, grau, schwarz) Wort-/Bildmarke 306 79 701 hat die Antragstellerin am 14. November 2007 Löschungsantrag gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Anmeldung der Marke sei bösgläubig erfolgt. Der Antragstellerin stünden im Verhältnis zum Markeninhaber zudem die besseren Kennzeichenrechte an dem streitgegenständlichen Kennzeichen zu. Die in Rede stehende Wort-/Bildmarke werde von der Antragstellerin zur Kennzeichnung ihres Varietébetriebes in Leipzig verwendet. Im Jahr 1997 habe die K… GmbH für die Erstellung und Entwicklung des streitgegenständlichen Logos an die B… GmbH & Co. KG, deren geschäftsführender Gesellschafter der Markeninhaber gewesen sei, einen Betrag in Höhe von … DM (netto) bezahlt. In der Folge seien beide Unternehmen insolvent gegangen. Im Zuge der Abwicklung der K… GmbH habe die Antragstellerin mit Vertrag vom 15. Dezember 1999 die Nutzungsrechte an dem in Rede stehenden Logo erworben. Dem Markeninhaber sei dies zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke bekannt gewesen. Er habe die Antragstellerin vor dem Landgericht Leipzig aus der streitgegenständlichen Marke zwischenzeitlich auf Unterlassung und Schadensersatz verklagt. Die Bösgläubigkeit der Anmeldung resultiere aus dem Umstand, dass der Markeninhaber in Kenntnis des schutzwürdigen Besitzstandes der Antragstellerin und ohne Einwilligung der Antragstellerin sowie ohne zureichenden sachlichen Grund die Registrierung der Wort-/Bildmarke in der Absicht veranlasst habe, den Besitzstand der Antragstellerin nachhaltig zu stören und für sie den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren. Die Marke sei durch den Markeninhaber zweckentfremdend allein mit dem Ziel angemeldet worden, die Antragstellerin an der Verwendung und weiteren Verwertung der in Rede stehenden Bezeichnung zu behindern. Auf die am 13. Dezember 2007 zugegangene Mitteilung nach § 54 Abs. 2 Satz 1 MarkenG hat der Inhaber der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag am 21. Dezember 2007 widersprochen. Er hat im Amtsverfahren vorgetragen, die streitgegenständliche Marke habe nicht die K… GmbH & Co. KG, sondern er entworfen und kreiert. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen ergebe sich nichts Gegenteiliges. Einer wirksamen Übertragung der Nutzungsrechte auf die Antragstellerin stehe entgegen, dass er als Urheber des Logos der Übertragung nicht zugestimmt habe. Mit undatiertem Beschluss - berichtigt mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 dahingehend, dass er am 8. September 2008 erlassen wurde - hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die angegriffene Marke gelöscht und dem Markeninhaber die Kosten des Löschungsverfahrens auferlegt. Zur Begründung ist ausgeführt, die Marke unterliege der Löschung, weil der Markeninhaber bei der Anmeldung bösgläubig gewesen sei. Die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke sei im Wesentlichen erfolgt, um die Antragstellerin an der Fortführung des Zeichenrechts zu hindern und wegen der vermeintlich unzulässigen Nutzung des Zeichens finanziell in Anspruch nehmen zu können. Die Antragstellerin habe im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke an dieser in Deutschland einen schutzwürdigen Besitzstand gehabt. Die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke werde unstreitig seit 1997 ununterbrochen zur Kennzeichnung des Geschäftsbetriebs " Krystallpalast Varieté" in Leipzig verwendet. Es könne dahingestellt bleiben, ob das streitgegenständliche Zeichen für den Varietébetrieb " Krystallpalast Varieté" markenmäßig im Sinne von § 4 Abs. 2 MarkenG benutzt worden sei oder ob lediglich von einer Nutzung als Unternehmenskennzeichen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG auszugehen sei. Nicht nur markenmäßige Benutzungen könnten einen schutzwürdigen Besitzstand begründen, sondern auch geschäftliche Bezeichnungen im Sinne des § 5 Abs. 1 und 2 MarkenG. In diesen schutzwürdigen Besitzstand habe der Markeninhaber ungerechtfertigt eingegriffen. Er könne kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der streitgegenständlichen Marke geltend machen. Er habe bereits nicht glaubhaft darlegen können, Urheber der streitgegenständlichen Wort-/Bildmarke zu sein. Für seine Behauptung, nicht die Werbeagentur B… GmbH & Co. KG habe die Marke entworfen, sondern er sei persönlich im Jahr 1996 durch die damalige Trägergesellschaft des " Krystallpalast Varieté" beauftragt worden, die in Rede stehende Marke zu entwickeln, fehle es an konkreten Nachweisen. Das vorgelegte Vermarktungsbooklet , in dem der Markeninhaber Erwähnung finde, vermöge eine entsprechende Beauftragung nicht zu belegen. Die Behauptung des Markeninhabers stehe ferner - worauf die Antragstellerin zu Recht hingewiesen habe - im Widerspruch zu seinem Schreiben an den Insolvenzverwalter der damaligen Trägergesellschaft des Varietés vom 30. November 2000, in dem er sich als Inhaber des "Büros für Markenpflege (TUT GUT)" berühmt habe, die Rechte an dem für das " Krystallpalast Varieté" entwickelten Corporate Design von der Werbeagentur B… GmbH & Co. KG abgetreten bekommen zu haben. Selbst wenn man zugunsten des Markeninhabers davon ausgehen sollte, dass er selbst höchstpersönlich beauftragt worden sei, die streitgegenständliche Marke für die damalige Varieté-Trägergesellschaft zu entwickeln, hätte er kein schutzwürdiges Interesse an der erfolgten Markenanmeldung. Der Markeninhaber berufe sich diesbezüglich ohne Erfolg auf einen Urheberrechtsschutz an der streitgegenständlichen Wort-/Bildmarke. Das Landgericht Leipzig habe in seinem Beschluss vom 2. Juli 2008 zutreffend ausgeführt, dass selbst unter der Annahme, dass die erforderliche künstlerische Gestaltungshöhe im Sinne von § 2 UrhG bei der streitgegenständlichen Marke erreicht sei und unter der weiteren Annahme, dass der Markeninhaber Urheber dieses Zeichens sei, eine widerrechtliche Verletzung des Urheberrechts ausscheide, weil die Antragstellerin die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke nicht ohne die erforderliche Nutzungsbefugnis aus dem Urheberrecht gebrauche. Denn die Nutzungsrechte seien - wie das Landgericht Leipzig ferner festgestellt habe - von der B… GmbH & Co. KG im Veräußerungsvertrag vom 15. Dezember 1999 rechtswirksam übertragen worden. Aufgrund der Kostenvoranschläge vom 16. Juni 1997, der Auftragsbestätigung vom 30. Juli 1997 sowie der Rechnung vom 17. November 1997 der B… GmbH & Co. KG gehe die Markenabteilung - ebenso wie das Landgericht Leipzig - davon aus, dass die K… GmbH mit der Zahlung von … DM nicht nur die Druckereierzeugnisse und deren Lieferung habe abgelten wollen, sondern auch gerade die Entwicklung und Rechtseinräumung am Corporate Design. Denn alle Schriftstücke beinhalteten ausdrücklich auch die "Konzeption" diverser Werbemittel, wie beispielsweise "Eintrittskarten" und "Visitenkarten", die - wie sich aus dem vom Markeninhaber vorgelegten Vermarktungsbooklet ergebe - jeweils mit der streitgegenständlichen Marke versehen gewesen seien. Gemäß § 31 Abs. 1 UrhG sei auch davon auszugehen, dass ein entsprechendes Nutzungsrecht an dem Logo von der B… GmbH & Co. KG rechtswirksam auf die K… GmbH übertragen worden sei. Der Markeninhaber berufe sich ferner ohne Erfolg darauf, dass er einer Übertragung der Nutzungsrechte an dem Logo durch den Insolvenzverwalter im Veräußerungsvertrag vom 15. Dezember 1999 nicht zugestimmt habe, denn § 34 Abs. 3 UrhG gestatte eine Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ohne Zustimmung, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Übertragung im Rahmen einer Gesamtveräußerung eines Unternehmens geschehe. Der Markeninhaber bestreite ferner ohne Erfolg, dass die Antragstellerin die Trägergesellschaft des am 17. November 1997 wieder eröffneten gleichnamigen Varietétheaters sei. Zwar sei ausweislich des Veräußerungsvertrages vom 15. Dezember 1999 der Betrieb an die N… Varieté GmbH & Co. KG übertragen worden und nicht an die Antragstellerin. Die Firmierung der Antragstellerin in dem Veräußerungsvertrag als N… GmbH & Co. KG sei indessen dem Umstand geschuldet gewesen, dass erst mit dem Veräußerungsvertrag das Recht zur Firmenfortführung übertragen worden sei. Im Handelsregister sei - nach Vertragsschluss - dann eine Eintragung dieser Gesellschaft ohne den Zusatz "Neue" erfolgt. Dass es sich dabei um die gleiche Gesellschaft handle, belegten die von der Antragstellerin übersandten Handelsregisterauszüge. Aus diesen Auszügen ergebe sich, dass es sich bei der N… GmbH, die den Veräußerungsvertrag vertretungsweise für die N… GmbH & Co. KG geschlossen habe, um die persönlich haftende Gesellschafterin der Antragstellerin handle. Der Markeninhaber habe somit zum Zeitpunkt der Markenanmeldung kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Markeneintragung gehabt. Er habe zu diesem Zeitpunkt weder ein Nutzungsrecht an der streitgegenständlichen Marke besessen noch habe es für eine Übertragung des Nutzungsrechts an der Marke seiner Zustimmung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 UrhG bedurft. Dieser Umstände sei sich der Markeninhaber nach Überzeugung der Markenabteilung auch bewusst gewesen. Dass lediglich die Werbeagentur befugt gewesen sei, die Rechte an der Wort-/Bildmarke und damit die dieser gegebenenfalls zugrundeliegenden Nutzungsrechte aus der Urheberschaft zu übertragen, werde aus dem Schreiben des Markeninhabers vom 20. November 2000 deutlich, in dem er den Insolvenzverwalter der damaligen Trägergesellschaft des Varieté-Theaters unter Hinweis auf die vermeintliche Abtretung der Rechte am Corporate Design durch die Werbeagentur zur Geldzahlung aufgefordert habe. Der Markeninhaber habe im Übrigen auch in keiner Weise dargelegt, wie er die streitgegenständliche Marke selbst benutzen möchte. Es treffe zwar zu, dass der Markeninhaber innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Eintragung der Marke nicht zum Nachweis der Benutzung verpflichtet werden könne. Im vorliegenden Fall habe der Markeninhaber aber überhaupt keine - auch keine künftige - Nutzungsabsicht geäußert. Die Markenanmeldung sei offensichtlich allein zu dem Zweck erfolgt, die formale Rechtsposition zu nutzen, um an die Antragstellerin - unberechtigt - Schadensersatzforderungen richten zu können, nachdem bereits im Jahr 2000 ein Versuch, im Insolvenzverfahren gegen die ursprüngliche Trägergesellschaft des Varietés aus der vermeintlichen Urheberschaft Kapital zu schlagen, misslungen sei. Die Kosten des Verfahrens seien dem Markeninhaber aufzuerlegen, weil er bei der Begründung des formalen Markenrechts Ziele verfolgt habe, die keine Billigung finden könnten. Die Antragstellerin sei gezwungen gewesen, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Dem Markeninhaber unter diesen Umständen die Kosten aufzubürden, erscheine der Markenabteilung angemessen und entspreche den Grundsätzen der Rechtsprechung. Gegen den Beschluss der Markenabteilung richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er bestreitet, bösgläubig gehandelt zu haben. Durch die Eintragung sollten nur seine Rechte als Urheber der Marke gewahrt werden. Entgegen der Auffassung des Amtes könne hier nicht von einer Entstehung des Markenschutzes gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG ausgegangen werden, da die Voraussetzungen für die Annahme einer notwendigen Verkehrsgeltung auf Seiten der Antragstellerin nicht vorlägen. Der Antragstellerin seien an der in Rede stehenden Wort-/Bildmarke keine Nutzungsrechte wirksam übertragen worden. Mit der Entwicklung der Wort-/Bildmarke sei nicht die erst 1997 gegründete B… GmbH & Co. KG, sondern 1996 der Markeninhaber von der K… GmbH beauftragt worden. Dem stünden die von der Antragstellerin im Amtsverfahren als Anlagen 2 - 4 vorgelegten Kostenvoranschläge und die Rechnung nicht entgegen, da es dabei nicht um die Entwicklung der Wort-/Bildmarke, sondern um die Erstellung und Fertigung von Printerzeugnissen gegangen sei. Auch aus dem als Anlage 14 vorgelegten Schreiben des Markeninhabers vom 20. November 2000 ergebe sich nicht, dass die B… GmbH & Co. KG durch die seinerzeitige K… GmbH beauftragt worden und die Nutzungs- rechte wirksam übertragen habe. Durch den als Anlage 9 vorgelegten Veräußerungsvertrag vom 15. Dezember 1999 seien die Nutzungsrechte an der Marke nicht wirksam übertragen worden. In dem Vertrag sei als Erwerber die "N… GmbH & Co. KG" genannt worden, während dem die Antragstellerin aus- weislich der vorgelegten Handelsregisterauszüge als K… GmbH & Co. KG eingetragen sei. Der Markeninhaber beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. September 2008 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen sowie der Antragstellerin die Kosten des Amts- und Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen. Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss. Das Zeichen habe aufgrund seiner Verwendung seit 1999 Verkehrsgeltung gemäß § 4 Nr. 2 MarkenG erlangt. Unbeschadet davon stünden der Antragstellerin gemäß § 5 MarkenG die prioritätsälteren Rechte zu, da sie das Logo seit 1999 als Unternehmenskennzeichen verwende. Urheberrechtliche Ansprüche könne der Markeninhaber bereits deshalb nicht geltend machen, weil es der Wort-/Bildmarke mangels Schöpfungshöhe an jeglicher urheberrechtlichen Relevanz fehle. Entgegen des Vortrags des Markeninhabers sei nicht er, sondern die B… GmbH & Co. KG mit der Gestaltung der Marke beauftragt worden, was sich aus den vorgelegten Anlagen 2 - 4 ergebe. Dem Vortrag des Markeninhabers widerspreche insbesondere sein Schreiben vom 20. November 2000 (Anlage 14), wonach die Nutzungsrechte sich bei der B… GmbH & Co. KG befanden. Die Werbeagentur habe die Nutzungsrechte wirksam auf die K… GmbH übertragen, wie sich aus den Anlagen 2 - 4 ergebe. Der Betrag von … DM beinhalte auch die Abgeltung der Nutzungsrechte. Die Nutzungsrechte seien durch den vorgelegten Vertrag vom 15. Dezember 1999 wirksam auf die Antragstellerin übertragen worden. Dabei handle es sich entgegen der Darstellung des Markeninhabers nicht lediglich um eine Umwandlung, sondern wie sich aus dem Vertrag ergebe, um eine Übertragung des Betriebes. Bei einer Gesamtveräußerung - wie hier - sei gemäß § 34 Abs. 3 UrhG keine Zustimmung des Urhebers erforderlich, so dass es einer Zustimmung des Markeninhabers selbst dann nicht bedurft hätte, wenn er - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - Urheber der Marke gewesen sei. Dass die Antragstellerin in dem Vertrag als N… GmbH & Co. KG benannt sei, stehe einer wirksamen Übertragung nicht entgegen, da innerhalb des Vertrages noch zwischen der N… GmbH & Co. KG und der Antragstellerin als Erwerberin zu differenzieren sei. Erst mit dem Veräußerungsvertrag sei das Recht zur Firmenfortführung übertragen worden. Das Landgericht Leipzig hat durch Urteil vom 25. September 2009 die Klage des Markeninhabers gegen die Antragstellerin auf Unterlassung der Verwendung des Logos und auf Schadensersatz wegen der Verwendung zurückgewiesen. Markenrechtlichen Ansprüchen stünden ältere Rechte der Antragstellerin entgegen, da das Logo seit 1997 ununterbrochen als Unternehmenskennzeichen verwendet werde. Auch aus Urheberrecht bestünden die vom Markeninhaber geltend gemachten Ansprüche nicht. Wegen sonstiger Einzelheiten sowie zur Ergänzung des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, welcher sich der Senat anschließt, die Löschung der angegriffenen Marke gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG wegen Bösgläubigkeit des Markeninhabers bei der Anmeldung angeordnet. Das Beschwerdevorbringen des Markeninhabers bietet für eine davon abweichende Entscheidung keinen Anlass. 1. Von einer Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist. Insbesondere ist der Nichtigkeitsgrund einer bösgläubigen Markenanmeldung dann zu bejahen, wenn die Anmeldung zum Zweck eines sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs vorgenommen wurde. Für die Auslegung kann insoweit auf die zu § 1 UWG a. F. bzw. §§ 3, 4 Nr. 10 UWG n. F. entwickelten Rechtsgrundsätze zurückgegriffen werden (vgl. BGH GRUR 2006, 1032, 1033 - E2; GRUR 2004, 510, 511 - S. 100; GRUR 2000, 1032, 1033 f. EQUI 2000). Ein sittenwidriger Markenerwerb liegt dann vor, wenn der Markeninhaber in Kenntnis des schutzwürdigen Besitzstands eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers als Marke hat eintragen lassen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 550). Ein wettbewerbsrechtlich verwerfliches Verhalten kann auch darin liegen, dass ein Anmelder die mit der Eintragung einer Marke entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH GRUR 2006, 1032, 1033 - E2; GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000). Dies ist dann anzunehmen, wenn die Anmeldung auch offensichtlich zu dem Zweck erfolgt, ein anderes Unternehmen unter Druck zu setzen und von diesem (finanzielle) Gegenleistungen zu erzwingen (Ekey/Klippel, MarkenR, 2003, § 50 Rdn. 16). An die Feststellung einer Behinderungsabsicht sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Dabei können auch aus dem sonstigen Verhalten des Markenanmelders Rückschlüsse auf seine ursprünglichen Absichten gezogen werden. Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht auch nicht der einzige Beweggrund zu sein, vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht das wesentliche Motiv war (BGH GRUR 2000, 1032, 1034 - EQUI 2000). 2. Nach diesen Grundsätzen liegen im vorliegenden Fall hinreichend deutliche Anhaltspunkte für eine Bösgläubigkeit des Markeninhabers bei der Markenanmeldung vor. Unstreitig war dem Markeninhaber zum Zeitpunkt der Anmeldung Ende Dezember 2006 bekannt, dass das streitgegenständliche Zeichen bereits seit Jahren von dem Betreiber des Krystallpalast Varietés im Geschäftsverkehr verwendet worden ist. Dies ergibt sich aus seinem im Amtsverfahren von der Antragstellerin als Anlage 14 vorgelegten Schreiben vom 20. November 2000 an den Insolvenzverwalter der K… GmbH, in dem der Markeninhaber aufgrund einer Abtretung durch die B… GmbH & Co. KG Zahlungsansprüche für die Entwicklung und die bisherige Nutzung des Logos geltend gemacht hat. Durch die jahrelange Verwendung des Zeichens als Unternehmenskennzeichen hat die Antragstellerin an dem Zeichen einen schutzwürdigen Besitzstand begründet. In diesen Besitzstand hat der Markeninhaber durch die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke eingegriffen. Die Anmeldung erfolgte allein zu dem Zweck, finanzielle Forderungen gegen die Antragstellerin geltend zu machen, wie die vom Markeninhaber bislang erfolglos angestrebten zivilgerichtlichen Verfahren belegen. Der Markeninhaber kann seine Beschwerde nicht erfolgreich darauf stützen, die Markenabteilung sei zu Unrecht von einer berechtigten Benutzung durch die Antragstellerin ausgegangen. Aus den von der Antragstellerin im Amtsverfahren vorgelegten Unterlagen ergibt sich im Gegenteil, dass sie die Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Logo besitzt. Dabei kommt es nicht auf die von den Parteien wiederholt diskutierten Urheberrechtsfragen an. Den im Amtsverfahren als Anlagen 2 - 4 und 13 vorgelegten Kostenvoranschlägen vom 16. Juni 1997 und vom 30. Juli 1997, der Rechnung vom 17. November 1997 und der Ziffer 6 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der B… GmbH & Co. KG lässt sich entnehmen, dass die frühere Varieté-Betreiberin, die K… GmbH, von der B… GmbH & Co. KG die Nutzungsrechte an dem Logo erworben hat. Dafür spricht, dass in den Kostenvoranschlägen wiederholt von Logos bzw. Logoaufdruck die Rede ist und die Leistung in der Rechnung als Konzeption, Realisation bezeichnet wird. Gemäß Ziffer 6 der allgemeinen Geschäftsbedingungen werden alle mit den Arbeiten der Werbeagentur zusammenhängenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte auf den Auftraggeber übertragen. Aus dem als Anlage 9 vorgelegten Veräußerungsvertrag vom 19. Dezember 1999 ergibt sich, dass die Antragstellerin die Nutzungsrechte von der K… GmbH erworben und das Zeichen in der Folge berechtigt als Unternehmenskennzeichen benutzt hat. Dass die Antragstellerin in dem Vertrag mit dem Zusatz "Neue" genannt wird, ist unschädlich, da es sich hierbei ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten Handelsregisterauszüge um die gleiche Gesellschaft handelt. Diesen Rechten gegenüber kann sich der Markeninhaber nicht darauf berufen, Urheber des streitgegenständlichen Logos zu sein. Selbst wenn dies so wäre, berechtigte dies ihn nicht unbedingt, das Logo als Marke anmelden zu dürfen. Der Bösgläubigkeit des Markeninhabers bei der Markenanmeldung stünde es auch nicht entgegen, wenn der Markeninhaber mit der Anmeldung sein Urheberrecht wahren hätte wollen. 3. Der Markeninhaber hat die Kosten sowohl des patentamtlichen als auch des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§§ 63 Abs. 1, 71 Abs. 1 MarkenG). Zwar gilt im mehrseitigen markenrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht der Grundsatz, dass jeder Beteiligte unabhängig vom Ausgang des Verfahrens seine Kosten selbst trägt. Jedoch ist eine hiervon abweichende Anordnung geboten, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Belastung eines Beteiligten mit seinen Kosten unbillig erscheinen lassen. So liegt der Fall hier. Da die verfahrensgegenständliche Marke bösgläubig angemeldet wurde, entspricht es der Billigkeit, dem Markeninhaber die Kosten des gesamten Verfahrens aufzuerlegen. Hinsichtlich der patentamtlichen Kosten ergibt sich dies aus § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG und hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens aus § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005540&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005541
BPatG
München
27. Senat
20100223
27 W (pat) 136/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Mitteldeutscher Medizinrechtstag" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 43 800.7 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 5. Januar 2009 die Anmeldung der Wortmarke Mitteldeutscher Medizinrechtstag für die Dienstleistungen "Ausbildung; Organisation und Veranstaltung von Kongressen und Tagungen, Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Tagungen; Veranstaltung und Durchführung von Workshops" wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei der angemeldeten Marke handle es sich um eine beschreibende Angabe. Den Begriff "Mitteldeutscher Medizinrechtstag" werde das Publikum dahingehend verstehen, dass es sich um solche Dienstleistungen handle, die mit Veranstaltungen zu tun hätten, bei denen sich Fachleute des Medizinrechts träfen und zwar in der Region Mitteldeutschland. Dies könnten Kongresse, Fachtagungen, Ausbildung auf dem Gebiet Medizinrecht usw. sein. Solche Veranstaltungen würden oft mit "Tag" bezeichnet, wie "Juristentag", "Strafrechtstag" usw. Alle hier in Frage stehenden Dienstleistungen könnten der Durchführung von Medizinrechtstagen in Mitteldeutschland dienen. Es werde also in prägnanter Form darauf hingewiesen, dass die in Frage stehenden Dienstleistungen mit der Durchführung eines Medizinrechtstags in Mitteldeutschland zu tun hätten. Folglich gebe der Markenbegriff keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern weise direkt, in glatt beschreibender Form, auf das Thema der Dienstleistungen hin und die geographische Region, in der die Dienstleistungen angeboten würden. Dem Beschluss beigefügt sind Internetausdrucke, die eine Verwendung vergleichbarer Begriffe wie "Niedersächsischer Medizinrechtstag", "Deutscher Medizinrechtstag" und sogar "Mitteldeutscher Medizinrechtstag" im genannten Sinn belegen. Zu der vom Anmelder zitierten Voreintragung "Mitteldeutsche Fortbildungstage" sei zu bemerken, dass selbst im Falle einer fehlerhaften Eintragung der Anmelder keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung habe. Abgesehen davon seien "Fortbildungstage" allgemeiner gehalten als das sehr konkrete "Medizinrechtstag", das auf ein spezielles Rechtsgebiet, nämlich das Medizinrecht, hinweise. Im Übrigen habe das Bundespatentgericht vergleichbare Begriffe, wie "Venen-Tag", " SÄCHSISCHER SCHMERZTAG ", "Deutscher Lebensmittelrechtstag" und "Crailsheimer Pharmatag", für nicht eintragbar erachtet. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er hält die Marke für unterscheidungskräftig. Mit "Mitteldeutschland" bezeichne man nicht das Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, sondern "Mitteldeutschland" beschreibe nach heutigem Sprachgebrauch eine Region der Bundesrepublik Deutschland, die aus den drei Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bestehe. Damit sei nicht das gesamte Gebiet der neuen Bundesländer umfasst, sondern nur diese begrenzte Region. Die Wortfolge biete sich als beschreibende Angabe für die einschlägigen Dienstleistungen unmittelbar und in naheliegender Weise an. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der als Marke angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Nr. 48 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke "Mitteldeutscher Medizinrechtstag" für sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Dienstleistungen einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der angemeldeten Wortfolge um einen Hinweis auf eine in der Region Mitteldeutschland stattfindende Veranstaltung, die sich mit dem Thema Medizinrecht beschäftigt. Für ein entsprechendes Verständnis sprechen insbesondere die von der Markenstelle ermittelten Internetbelege, die eine Verwendung von vergleichbaren Begriffen durch Dritte belegen. In seiner Beschwerdebegründung hat der Anmelder im Übrigen den beschreibenden Bedeutungsgehalt der Marke selbst eingeräumt, soweit er vorgetragen hat: "Die Wortfolge bietet sich als beschreibende Angabe für die einschlägigen Dienstleistungen unmittelbar und in naheliegender Weise an." In Bezug auf sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen enthält die Marke einen beschreibenden Sachhinweis auf deren Erbringungsort und auf deren Inhalt bzw. Thema. Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005541&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005542
BPatG
München
27. Senat
20100322
27 W (pat) 233/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Trend Event" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 049 407.7 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. März 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Anmeldung der Wortmarke Trend Event für folgende Waren „Konzeption, Durchführung und technische Koordination von Industriepräsentationen, Tagungen, Kongressen, Modenschauen, Musikveranstaltungen und Tourneen, Musicals, Theater und Ballet ( sic ), Galas und Revuen, Open Air Veranstaltungen, Stadtfesten, Kundgebungen, Messen; Radio- und TV-Produktionen“ hat die Markenstelle, nachdem sie die Anmelderin mit Beanstandungsschreiben vom 12. Januar 2009 auf Fundstellen für die Verwendung von „Trend Event“ hingewiesen hatte, mit Beschluss vom 2. April 2009 und die dagegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 9. Juli 2009 zurückgewiesen: Das ist damit begründet, „Trend Event“ bedeute im Englischen „Modeereignis“ und „Kult-Veranstaltung“; so verstünden es auch die deutschen Verbraucher mühelos. Der Erinnerungsbeschluss ist der Anmelderin am 16. Juli 2009 zugestellt worden. Die Anmelderin hat am 14. August 2009 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, „Trend Event“ gehe in seiner Bedeutung, die unklare und verschwommene Assoziationen wecke, weit über eine „Mode-Veranstaltung“ hinaus. Schon den Begriff „event“ könne der Durchschnittsverbraucher nicht klar definieren. Gleiches gelte für „Trend“; dieser Ausdruck beziehe sich nicht auf Umstände, die die Dienstleistungen unmittelbar beträfen. In der Kombination „Trend Event“ verstünden die beteiligten Verkehrskreise aus ihrer Sicht ein Synonym für ein einzigartiges und außergewöhnliches Event, das über eine „normale“ Organisationsdienstleistung hinausgehe. Die sprachunübliche Zusammensetzung habe sie kreiert; sie finde sich weder im Englischen noch im Deutschen. Unter diesem Zeichen würden ganz unterschiedliche Veranstaltungen organisiert, so dass „Trend Event“ nicht konkret beschreibend sei. Die Marke präge sich leicht ein, was ebenso für Unterscheidungskraft spreche, wie die Eintragungen der Marken Trend Journal, Trend Personal, Auto Trend, Web Trend, Event, Tent Event, IP Event, Event Kanzlei, Nord Event, Event Nation und Event-Garten. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen. II. 1) Die Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die beanspruchten Dienstleistungen jedenfalls das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinn dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und von denjenigen anderer zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804 - Philips; BGH GRUR 2006, 850 - Fußball WM 2006). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist. „Trend Event“ besitzt keine Unterscheidungskraft, weil es aus gebräuchlichen Wörtern der deutschen Sprache bzw. einer geläufigen Fremdsprache besteht, die wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung und in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Der Senat geht mit der Markenstelle davon aus, dass die inländischen Verkehrskreise die Begriffskombination überwiegend in der Bedeutung „dem Zeitgeschmack folgendes Ereignis“ verstehen. Insoweit ist „Trend Event“ sprachüblich gebildet, wie entsprechende Kombination („Trendsport“ etc.). Die darin enthaltenen Substantive gehören zu den einfachen englischen Grundwörtern, die bereits Eingang in den inländischen Sprachgebrauch gefunden haben, weshalb sie auch der Duden aufführt. Das Wort „Trend“ bezeichnet eine Entwicklungstendenz, das die Modernität bzw. Innovation auf einem bestimmten Gebiet zum Ausdruck bringen soll. Der „(modische) Trend“ ist eine zentrale Werbeaussage, um dem Verbraucher zu suggerieren, er liege mit seinem Konsumverhalten im Zeitgeschmack. Diese Übung ist auf zahlreichen Gebieten und ganz besonders im Veranstaltungsbereich zu beobachten. Ausgehend davon besteht kein Grund für die Annahme, das Publikum werde „Trend Event“ bezogen auf eine Veranstaltung irgendeine betriebskennzeichnende Funktion beimessen (so sogar für Kraftfahrzeuge: BPatG, Beschlüsse vom 17. Juni 1998, Az: 28 W (pat) 50/98 - Trend und vom 23. Dezember 1998, Az: 28 W (pat) 190/98 - Trendline; für Fertiggerichte: BPatG, Beschluss vom 18. September 2002, Az: 28 W (pat) 79/02 - Trend Meal). Die Prüfung der Unterscheidungskraft beschränkt sich nicht auf die Erörterung eines beschreibenden Gehalts der fraglichen Marke (vgl. Ströbele, GRUR 2005, 93, 96). Maßgebend ist vielmehr allein, ob das Publikum in der angemeldeten Marke einen Herkunftshinweis erblickt oder nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Begriffsinhalt konkret beschreibend ist oder nur Assoziationen weckt. Dass eine Bezeichnung mit einer begrifflichen Unbestimmtheit verbunden ist, steht der Feststellung, dass ihr die Unterscheidungskraft fehlt, nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009, Az: I ZB 52/08, MarkenR 2009, 447 - DeutschlandCard ). Ebenso ist es unerheblich, wer einen Begriff kreiert hat und ob er sich in dieser Zusammensetzung im Deutschen oder in einer Fremdsprache bereits nachweisen lässt. Selbst völlig neue Wortbildungen haben keine Unterscheidungskraft, wenn die Verbraucher in ihnen keinen Herkunftshinweis, sondern wie hier nur eine Anpreisung sehen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 117). Zwar sollte sich eine Marke, um unterscheidungskräftig zu sein, leicht einprägen, das rechtfertigt aber nicht den Schluss, jede einprägsame Bezeichnung besitze Unterscheidungskraft. Wie bereits ausgeführt, ist die Unterscheidungskraft einer Marke im Hinblick auf die Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und im Hinblick auf die dafür in Frage kommenden Durchschnittsverbraucher zu beurteilen. Für Präsentationen, Tagungen, Kongresse, Modenschauen, Musikveranstaltungen und Tourneen, Musicals, Theater und Ballett, Galas und Revuen, Open Air Veranstaltungen, Stadtfeste, Kundgebungen sowie Messen aber auch für Radio- und TV-Produktionen, die Life gestaltet sein können, ist „Event“ ein zutreffender Begriff. Solche Veranstaltungen sollten, um Erfolg haben zu können, auch im Trend liegen. „Trend“ ist im angemeldeten Zeichen auf „Event“ ähnlich einem Adjektiv bezogen, so dass der angesprochene Verbraucher die Gesamtangabe „Trend Event“ nicht als Kennzeichen versteht. Der Umstand, dass jeder Bestandteil für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig ist, schließt es zwar nicht aus, dass die Kombination unterscheidungskräftig sein kann (vgl. EuGH GRUR 2006, 229 - BioID). Eine schutzfähige Marke liegt aber nur vor, wenn die Wortkombination sprachliche oder begriffliche Besonderheiten aufweist, welche die gewählte Verbindung als ungewöhnlich erscheinen lassen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - biomild). Dies ist hier nicht der Fall. Die Anmelderin trägt selbst vor, dass die beteiligten Verkehrskreise aus ihrer Sicht die Kombination „Trend Event“ als ein Synonym für ein einzigartiges und außergewöhnliches Event, das über eine „normale“ Organisationsdienstleistung hinausgehe, verstünden. Damit ist aber nach Auffassung des Senats nicht verbunden, dass die beteiligten Verkehrskreise „Trend Event“ als Bezeichnung eines bestimmten Events oder von Veranstaltungen eines bestimmten Veranstalters verstehen. Ob für die strittigen Dienstleistungen auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann dahingestellt bleiben. 2) Soweit die Anmelderin rügt, die Versagung der Eintragung der von ihr angemeldeten Marke sei in Anbetracht der Voreintragungen vergleichbarer Marken willkürlich, vermag dies weder eine Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse noch eine Zurückverweisung zu rechtfertigen. Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage. Bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke handelt es sich daher um eine gebundene Entscheidung, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt (vgl. BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; EuGH GRUR 2004, 428, Rn. 60 ff. - Henkel). Abgesehen davon ist die von der Anmelderin aufgeführte Marke „Trend Personal“, deren Schutzfähigkeit bejaht worden ist, hinsichtlich ihres Begriffsgehalts mit der hier anhängigen Anmeldung nicht vergleichbar, weil sich dort keine leicht zu verstehende Verknüpfung von „Trend“ im adjektivischen Sinn ergibt; für Personal wäre dies eine ungewöhnliche Aussage. Gleiches gilt für Verbindungen von „Event“ mit „Kanzlei“, einer Himmelsrichtung und „Nation“. „Trend Journal“ ist eingetragen für Materialien sowie für Dienstleistungen, wie Werbung, Marketing, Marktforschung, Geschäftsführung, Systematisierung von Daten, Rechnungsabwicklung und Schulungsveranstaltungen, die zwar im Trend liegen können und zum Teil auch sollen, bei denen aber „Journal“ von einer anpreisenden Aussage wegführt. Für Zeitschriften, wo sich „Trend“ und „Journal“ ähnlich verknüpfen ließen wie „Trend“ und „Event“, ist „Trend Journal“ nicht eingetragen. Ebenso ist „Auto Trend“ nur für die zu „Trend Journal“ genannten Waren und Dienstleistungen, nicht aber für Zeitschriften oder gar Automobile eingetragen. „Web Trend“ ist auch nicht für Internetangebote eingetragen. Die Kombination der bekannten Abkürzung für Internetprotokoll (IP) mit „Event“ ergibt - wenn überhaupt einen - jedenfalls keinen mit „Trend Event“ vergleichbaren Sinn. Bei „Event-Garten“ mag die örtliche Angabe als etwas ungewöhnlich erscheinen. Die Eintragungen „Tent Event“ und „Event“ für Veranstaltungsdienstleistungen sind zwar überraschend, jedenfalls aber nicht vergleichbar mit „Trend Event“, weil einmal ein Veranstaltungsort (Zelt) aber keine Anpreisung, wie es „Super Event“ wäre, hinzugefügt ist und im anderen Fall „Event“ in Alleinstellung eingetragen wurde. All dies gibt auch dann keinen Anspruch darauf, dem Deutschen Patent- und Markenamt Gelegenheit zu einer Differenzierung zu geben, wenn man der Rechtsprechung des 29. Senats (Beschluss vom 5. August 2009, Az: 29 W (pat) 5/06 - TV Schwaben) folgt, zumal die Anmelderin im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt  -auch im Erinnerungsverfahren - keine Ausführungen gemacht hat und auf die ihrer Ansicht nach vergleichbaren Fälle noch nicht hingewiesen hat. Damit hatte die Markenstelle weder nach ihrer Beanstandung noch im Erinnerungsverfahren Anlass, auf diese Argumentation einzugehen. 3) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005542&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005543
BPatG
München
27. Senat
20100201
27 W (pat) 502/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "APPARTEMENTS For Living (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die angemeldete Marke 30 2009 051 270.1 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 1. Februar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 12. Oktober 2009 durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes die Anmeldung der in den Farben schwarz und gold gestalteten Bildmarke für Dienstleistungen zu Verpflegung und Beherbergung von Gästen nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe mit der Begründung zurückgewiesen, die Bezeichnung " APPARTEMENTS FOR LIVING “ weise in ihrer Gesamtheit im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen beschreibend auf ein Etablissement hin, das seinen Gästen nicht nur die Nutzung der Unterkunft, sondern auch die Möglichkeit einer Verpflegung anbiete; auch die grafische Ausgestaltung der Marke in Form der fünf goldenen Sterne, die in geschwungener Linie, oberhalb des Markenbegriffs erscheinen, könnten keine Unterscheidungskraft begründen, da sie nicht über das übliche Maß der werbeüblichen Gestaltungen hinausgehen, sondern sich auf einen werbeüblichen Qualitätshinweis beschränkten. Mit seiner Beschwerde macht der Anmelder im Wesentlichen geltend, ein Freihaltungsbedürfnis scheide aus, weil die Wortkombination „Appartements For Living“ soweit ersichtlich in Deutschland von keinem Dritten benutzt würde. Trotz der für sich genommen aus schutzunfähigen Bestandteilen bestehenden Marke sei diese wegen ihrer grafischen Gestaltung noch unterscheidungskräftig. Er beantragt daher, den Beschluss vom 12. Oktober 2009 aufzuheben. II. Die nach §§ 66 ff., § 64 Abs. 6 Satz 1 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, hat die Markenstelle der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt, da sie nicht unterscheidungskräftig ist. Die Beschwerdebegründung bietet für eine abweichende Beurteilung keinen Anlass. 1. Mit der Markenstelle geht der Senat davon aus, dass die angemeldete Bezeichnung nach § 37 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels jeglicher Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen ist. a) Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geht auf die Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 Buchst. b) der Ersten Richtlinie des Rates der EG Nr. 89/104 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989) zurück, der wiederum mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) GMV wortidentisch ist. Da die Auslegung der vorgenannten europarechtlichen Normen nach Art. 234 EGV allein dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten ist, ist auch für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Unterscheidungskraft“ in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausschließlich dessen Rechtsprechung maßgeblich und für alle nationalen Gerichte bindend. Danach ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen, derzufolge diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren soll, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses, dass die Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), nicht ungerechtfertigt eingeschränkt wird, ist die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). b) Dies ist bei der vorliegend zu beurteilenden angemeldeten Kennzeichnung der Fall, weil ihre Wortbestandteile nur einen im Vordergrund stehenden, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibenden Begriffsinhalt haben (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ) und die grafische Gestaltung wegen ihrer Werbeüblichkeit einen Schutz der angemeldeten Kennzeichnung allein nicht begründen kann (vgl. BGH WRP 2001, 1201, 1202 - anti-KALK). c) Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und was der Anmelder in seiner Beschwerdebegründung auch nicht in Abrede stellt, sind die Wortbestandteile der angemeldeten Marke für die beanspruchten Dienstleistungen wegen ihres im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakters nicht schutzfähig. Die Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen können nämlich auch ein Angebot umfassen, bei dem eine kleine Wohneinheit zusammen mit Verpflegungsdienstleistungen angeboten wird, wie dies heutzutage nicht nur bei den zahlreichen sog. Apart-Hotels, sondern auch bereits bei zahlreichen Hotels der Mittelklasse üblich geworden ist. d) Damit käme eine Eintragbarkeit der Anmeldemarke nur in Betracht, wenn der Verkehr Anlass hätte, wegen ihrer grafischen Gestaltung die angemeldete Kennzeichnung in Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen nicht bloß als die mit üblichen grafischen Mitteln gestaltete Sachangabe anzusehen, sondern mehr dazu neigen würde, ihr einen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen zu entnehmen. Dabei gilt nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz, dass die Anforderungen an die Grafik umso höher anzusetzen sind, je stärker die anderen Bestandteile der Marke sich auf eine beschreibende Bedeutung reduzieren. Da letztere vorliegend aber dem Verkehr in Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen sofort ins Auge springt, hätte er nur dann Veranlassung, in den angemeldeten Kennzeichnungen in ihrer Gesamtheit statt der beschreibenden Angabe einen Herkunftshinweis zu sehen, wenn die grafischen Elemente so stark wären, dass ihm der Gedanke, es nur mit einer Sachaussage über die gekennzeichneten Dienstleistungen zu tun zu haben, fern läge. Diese Voraussetzung sieht der Senat in der hier zu beurteilenden Grafik nicht als gegeben. Die Gestaltung der Buchstaben entspricht üblichen Schrifttypen. Die Verwendung der Farbe gold ist allgemein, insbesondere in dem hier relevanten Hotelsektor üblich und als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen nicht geeignet. Auch die Hinzufügung der fünf Sterne gibt dem Verkehr keinen Anlass, in der nach ihren Wortbestandteilen glatt beschreibenden Kennzeichnung mehr als die bloße Sachaussage selbst zu sehen. Gerade auf dem hier relevanten Sektor ist die Verwendung von Sternen - insbesondere zur Kennzeichnung von Qualitätsmerkmalen - üblich. Der Verbraucher wird daher in der Beifügung der Sterne nichts Anders als diesen Hinweis auf eine gehobene Qualität sehen. Daran ändert die unterschiedliche Größe und bogenförmige Anordnung der Sterne nichts, da selbst für Kategorieangaben bei Hotels keine Form vorgegeben wäre. Damit liegt für den Verbraucher aber die Annahme, gerade wegen dieser grafischen Gestaltung in der Kennzeichnung einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen zu sehen, mit dem sich dieses von anderen Unternehmen mit demselben Dienstleistungsangebot unterscheidet, fern. Da auch die Kombination der einzelnen werbeüblichen grafischen Gestaltungselemente ihm einen solchen Gedanken nicht nahe legt, kann der Anmeldemarke, nachdem eine Schutzfähigkeit aufgrund ihrer Wortbestandteile ausscheidet, auch nicht allein wegen ihrer Grafik die Eintragbarkeit zuerkannt werden. 2. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der angemeldeten Marke auch nach § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wegen eines Freihaltungsbedürfnisses nicht schutzfähig ist, was wegen der grafischen Gestaltung, die für sich genommen nicht beschreibend i S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist, allerdings zweifelhaft erscheint. 3. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend die Eintragung versagt hat, war die Beschwerde zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005543&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005544
BPatG
München
28. Senat
20100407
28 W (pat) 20/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "XPLANT" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 52 301.2 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin hin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 10, vom 15. Januar 2008 und vom 10. Dezember 2008, aufgehoben.
I. Die Bezeichnung XPLANT ist zur Eintragung als Marke angemeldet worden, ursprünglich für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 10, 35 und 42 „Medizinische Geräte und Instrumente; chirurgische Apparate und Instrumente; chirurgische Messerschmiedewaren; medizinische Apparate und Instrumente; Großhandelsdienstleistung mit folgenden Waren der Klasse 10: Medizinische Geräte und Instrumente; chirurgische Apparate und Instrumente, chirurgische Messerschmiedewaren, medizinische Apparate und Instrumente; Einzelhandelsdienstleistung für den Versandhandel mit folgenden Waren der Klasse 10: Medizinische Geräte und Instrumente, chirurgische Apparate und Instrumente, chirurgische Messerschmiedewaren, medizinische Apparate und Instrumente; Internethandelsdienstleistung mit folgenden Waren der Klasse 10: Medizinische Geräte und Instrumente, chirurgische Apparate und Instrumente, chirurgische Messerschmiedewaren, medizinische Apparate und Instrumente; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten; Forschungen auf dem Gebiet der Technik; Dienstleistungen eines Medizintechnikers; Dienstleistungen von Ingenieuren; Erstellung von technischen Gutachten; Materialprüfung; medizinische Forschung“. Im Laufe des patentamtlichen Verfahrens hat die Anmelderin das beanspruchte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis wie folgt eingeschränkt: „Medizinische Geräte; medizinische Instrumente für die Orthopädie, chirurgische Apparate; chirurgische Instrumente für die Orthopädie, chirurgische Messerschmiedewaren für die Orthopädie; medizinische Apparate; Großhandelsdienstleistung mit folgenden Waren der Klasse 10: Medizinische Geräte; Instrumente für die Orthopädie, chirurgische Apparate; chirurgische Instrumente für die Orthopädie, chirurgische Messerschmiedewaren für die Orthopädie; medizinische Apparate; Einzelhandelsdienstleistung für den Versandhandel mit folgenden Waren der Klasse 10: Großhandelsdienstleistung mit folgenden Waren der Klasse 10: Medizinische Geräte; Instrumente für die Orthopädie; chirurgische Apparate; chirurgische Instrumente für die Orthopädie, chirurgische Messerschmiedewaren für die Orthopädie, medizinische Apparate; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Orthopädie; Forschungen auf dem Gebiet der Technik; Dienstleistungen eines Medizintechnikers; Dienstleistungen von Ingenieuren; Erstellung von technischen Gutachten; Materialprüfung; medizinische Forschung auf dem Gebiet der Orthopädie“. Die Anmeldung wurde von der Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei dem Markenwort „ XPLANT “ handle es sich um eine unmittelbar erkennbare Abwandlung des englischen Fachbegriffes „ Explant “. Auch nach der von der Anmelderin vorgenommenen Einschränkung des beanspruchten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sei die angemeldete Marke zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet, so dass ihrer Eintragung ein schutzwürdiges Allgemeininteresse entgegenstehe. Ob ihr darüber hinaus auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle, könne bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben. Hiergegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, das angemeldete Wort beinhalte für die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinerlei beschreibende Aussage. Ihr könne daher die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden und auch ein Freihaltungsbedürfnis sei nicht gegeben. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, vom 15. Januar 2008 und vom 10. Dezember 2008, aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Waren stehen der Eintragung der angemeldeten Marke keine absoluten Schutzhindernisse entgegen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der fraglichen Waren oder Dienstleistungen dienen können, wobei es stets konkreter Anhaltspunkte bedarf, um eine Zurückweisung zu rechtfertigen. Bei der Ermittlung solcher Anhaltspunkte ist auf die mit der Anmeldung beanspruchten Waren oder Dienstleistungen abzustellen und zu prüfen, ob die angemeldete Marke im Hinblick auf diese Waren oder Dienstleistungen eine eindeutige, unmittelbar sachbezogene Aussage vermittelt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 676, Rdn. 55 f. – Postkantoor). Nur wenn dies zu bejahen ist, kann von einem schutzwürdigen Allgemeininteresse an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit ausgegangen werden. Die Markenstelle ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der lexikalisch belegbare, englische Begriff „ Explant “ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen als beschreibende Sachangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu werten ist. Dieser medizinische Fachbegriff steht in seinem deutschsprachigen Bedeutungsgehalt „ Explantat “ zum einen für Zellen, Gewebestücke oder Organe, die etwa zum Zweck der Transplantation aus einem Organismus entnommen werden. Als „ Explantat(e) “ werden darüber hinaus aber auch operativ entfernte, orthopädische Endoprothesen bezeichnet, wie bspw. künstliche Hüft- oder Schultergelenke. Entsprechende operative Eingriffe können vor allem durch Implantatlockerungen, Knochenfrakturen, Luxationen oder aufgrund von Prothesenbrüchen notwendig werden. Je nach konkreter Operationsindikation werden die entfernten Explantate auf funktionelle Schwächen untersucht, um medizinisch und nicht zuletzt auch technisch relevante Daten zum Langzeitverhalten der für Endoprothesen verwendeten Materialien zu gewinnen. Auf diese Weise soll die Verweildauer von orthopädischen Hilfsmitteln erhöht und die Notwendigkeit von Wechsel- oder Revisionsoperationen verringert werden. Die mit der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Instrumente, Apparate und Geräte können sämtlich für die Explantation von Endoprothesen bzw. für orthopädische Explantate bestimmt sein, so dass der beschreibende Produktbezug des Fachbegriffs „ Explant “ offensichtlich ist. Gleiches gilt für die auf diese Instrumente, Apparate und Geräte bezogenen Handelsdienstleistungen sowie für die beanspruchten Forschungsleistungen, wissenschaftlichen und technologischen Dienstleistungen, medizin- und ingenieurstechnischen sowie Materialprüfungsleistungen und technischen Gutachten. Die für das angesprochene Fachpublikum unmittelbar verständliche Bezeichnung „ Explant “ ist somit für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen wegen absoluter Schutzhindernisse vom Markenschutz ausgeschlossen. Aber auch wenn die angemeldete Marke mit dem genannten Fachbegriff klanglich identisch ist, handelt es sich bei dem angemeldeten Markenwort „ XPLANT “ lediglich um eine Abwandlung bzw. eine Anlehnung an die fragliche Sachangabe. Die Zurückweisung derartiger Abwandlungen beschreibender Angaben kann aber nicht auf § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gestützt werden, es sei denn, sie sind ebenfalls zur Merkmalsbeschreibung im Sinne dieses Ausschlusstatbestands geeignet (vgl. hierzu die Amtliche Begründung zum Markenrechtsreformgesetz; BlPMZ 1994, 45 ff., 64; sowie Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 343). Die vom Senat durchgeführten Recherchen haben aber keinerlei Feststellungen dafür ergeben, dass der hier angemeldete Begriff „ XPLANT “ bereits zur produktbezogenen Merkmalsbeschreibung verwendet wird. Ein solcher Nachweis ist für die Zurückweisung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwar grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Es fehlt aber auch an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die angemeldete Bezeichnung gegenwärtig oder zukünftig für eine solche beschreibende Verwendung geeignet sein könnte . Allein hypothetische Erwägungen bzw. nicht auf konkrete Anhaltspunkte gestützte Prognosen können den Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erfüllen. Ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit der erkennbar sprachunüblichen Bezeichnung „ XPLANT “ scheidet somit aus. Der angemeldeten Marke ist auch nicht jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen. Zwar ist es durchaus möglich, dass auch nicht beschreibenden Angaben oder Zeichen die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehlt, etwa wenn sich das fragliche Zeichen als bloße Werbeaussage oder Anpreisung allgemeiner Art darstellt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 – BIOMILD; BGH GRUR 2005, 417, 419 – BerlinCard). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. Selbst wenn die Marke „ XPLANT “ als so genanntes „sprechendes Zeichen“ anzusehen sein sollte, schließt dieser Gesichtspunkt ihre Eignung zur Ausübung der markenrechtlichen Herkunftsfunktion nicht aus (vgl. hierzu BGH GRUR 2001, 1150 – LOOK ). Maßgeblich ist vielmehr, ob der hier angemeldeten Abwandlung eines medizinischen Fachbegriffs ein individualisierender, schutzbegründender Charakter zukommt – oder nicht (vgl. BGH GRUR 2002, 64, 65 – INDIVIDUELLE ; BPatG GRUR 2004, 873, 874 – FRISH). Die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen richten sich an ein spezialisiertes Fachpublikum, denen die lexikalisch korrekte Schreibweise der medizinischen Fachbezeichnung „ Explant “ bekannt ist. Diese Verkehrskreise sind daran gewöhnt, dass medizinische Begriffe auf dem hier maßgeblichen Produktsektor nur in einer der medizinischen Terminologie entsprechenden Art und Weise verwendet werden und nicht etwa werbemäßig oder umgangssprachlich „verkürzt“. Die im vorliegenden Fall vorgenommene Verkürzung der Buchstabenfolge „Ex“ auf den Einzelbuchstaben „X“ ist nur in der Umgangs- bzw. Werbesprache gebräuchlich. Beispielhaft seien hier die Begriffe „ Xtrem “ (anstelle von „extreme“), „Xtra“ (statt „Extra“) oder „ Xpression “ (anstelle von „Expression“) genannt. Im Bereich der medizinischen Fachterminologie ist eine derartige Wortbildung dagegen unbekannt. Es kann deshalb ausgeschlossen werden, dass der angesprochene Fachverkehr die inkorrekte Schreibweise als allgemein üblich ignoriert oder nicht erkennt (vgl. hierzu BGH GRUR 2003, 882, 883 – Lichtenstein). Aus der sprachunüblichen Wortbildung ergibt sich eine schutzbegründende Eigentümlichkeit bzw. Originalität, weshalb der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen kann, zumal der Verkehr Marken grundsätzlich keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht, sondern sie so annimmt, wie sie ihm entgegentreten. Das Markenwort „ XPLANT “ ist als hinreichend unterscheidungskräftig zu werten, um bei einer branchenüblichen Verwendung vom angesprochenen Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden zu können (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678, Rdn. 99 – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, 681, Rdn. 40 – BIOMILD; BGH GRUR 2002, 64, 65 – INDIVIDUELLE ; BPatG GRUR-RR 2008, 49, 50 – Lastminit). Eine Zurückweisung der angemeldeten Marke nach § 8 Abs. 2 MarkenG scheidet demnach aus, so dass die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle unter Berücksichtigung des Eintragungsanspruchs der Anmelderin nach § 33 Abs. 2 MarkenG antragsgemäß aufzuheben waren. Die Zurückweisungsentscheidung der Markenstelle gibt dem Senat jedoch die Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass sich der Schutzbereich der angemeldeten Marke – die nur wegen ihrer Abwandlung gegenüber dem Fachbegriff „ Explant “ als Marke eingetragen werden kann – aus den dargelegten Gründen keinesfalls auf den Fachbegriff selbst erstreckt. Entsprechende Verbietungsrechte sind deshalb in markenrechtlicher Hinsicht ausgeschlossen (vgl. hierzu BGH GRUR 2003, 963, 965 – Antivir/Antivirus, m. w. N.).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005544&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005545
BPatG
München
29. Senat
20100303
29 W (pat) 502/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "potential² (Wort-Bild-Marke)" – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 040 369.4 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. März 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Wort-/Bildzeichen Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist am 10. Juli 2009 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 35: Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests, Personalmanagementberatung; Klasse 41: Berufsberatung. Durch Beschluss vom 29. Oktober 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass es sich bei dem für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständlichen und sprachüblich gebildeten Wort-/Bildzeichen um einen beschreibenden und anpreisenden Hinweis auf Art und Thematik der beanspruchten Dienstleistungen handele. Denn im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Dienstleistungen aus der Personalbranche und Berufsberatung bezeichne "Potential" allgemein die Gesamtheit aller vorhandenen, verfügbaren Mittel, Möglichkeiten, Fähigkeiten und Energien des Einzelnen bzw. des Personals eines Unternehmens. Die Anfügung der hochgestellten "2" sei ein in der Werbebranche übliches Gestaltungsmittel und werde vom angesprochenen Publikum als Hinweis auf eine Potenzierung, Steigerung oder Verstärkung im Sinne von "besonders gut, intensiv" verstanden. Auch die graphische Ausgestaltung - Kleinschreibung in grauer Farbe mit Hochzahl - vermöge die Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens nicht zu begründen, weil es sich um eine einfache, werbeübliche Gestaltung des Schriftzuges handele, an die der Verkehr gewöhnt sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 29. Oktober 2009 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen. Sie trägt vor, dass der Begriff "Potential", der überwiegend den Sachgebieten der Physik, Mathematik und Medizin zuzuordnen sei, vielfältige Bedeutungen habe. Der Begriff sei als "die noch nicht realisierte Möglichkeit im Allgemeinen bzw. im philosophischen Sinne" oder als "eine spezielle Funktion auf der Menge der Strategiekombination eines Spiels" zu verstehen. Der vom DPMA zugewiesene Bedeutungsgehalt sei für den relevanten Durchschnittsverbraucher deshalb nicht ohne weiteres zu ermitteln. Da der Begriff in Alleinstellung verwendet werde, lasse er sich nicht einem bestimmten Bedeutungsgehalt zuordnen. Die Verwendung der hochgestellten "2" sei weder im Sprachgebrauch noch zu Werbezwecken üblich. Deshalb seien 2003 und 2005 zwei Wortmarken mit dem Wortbestandteil "hoch zwei" als schutzfähig angesehen worden. Auch mit dem Begriff "Potential" sei eine Vielzahl vergleichbarer Drittmarken, teilweise in jüngster Zeit, eingetragen worden. Wegen der genauen Markenbezeichnungen, der Registernummern sowie der Waren- und Dienstleistungsklassen dieser Drittmarken wird auf Seite 4 der Beschwerdebegründung (Bl. 31 GA) sowie auf die ihr beigefügten Registerausdrucke (Anlage 4, Bl. 35 - 48 GA) Bezug genommen. Die neben dem Wortbestandteil "potential" in den bereits eingetragenen Wortmarken enthaltenen Begriffe "Human", "Development", "High", "Pro" oder "Talents" seien rein beschreibend und könnten keine Kennzeichnungskraft begründen, so dass diese Abweichungen nicht entscheidungserheblich seien. Wie ihre Google-Recherche belege, finde sich zudem kein einziger Benutzungsnachweis für das Anmeldezeichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken nicht schutzfähig, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 - Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 - BIOMILD). Als beschreibend im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender Charakter feststellbar ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - BIOMILD). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwen-det werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können (EuGH GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38 - BIOMILD). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH a. a. O. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38, 39 - BIOMILD). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die angemeldete Marke setzt sich aus den Bestandteilen "potential" und einer hochgestellten "2" zusammen. Der Begriff "Potential", der von dem lateinischen Substantiv "potentia" mit den Bedeutungen "Vermögen, Kraft, Wirksamkeit, Wirkung, Macht, (politische) Gewalt, (Ober-)Herrschaft" (PONS Wörterbuch für Schule und Studium Latein - Deutsch, 3. Aufl. 2003, S. 697) stammt, welcher spätlateinisch auch adjektivisch in der Form "potentialis" (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; Pfeifer, Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, 1995, S. 1032) gebraucht wurde, wird zwar im naturwissenschaftlichen Bereich auch als physikalische Größe zur Beschreibung der Stärke eines Kraftfeldes in einem Punkt des Raumes, als potenzielle Energie eines Körpers (Duden - Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.; Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]) und als thermodynamische Größe in der Chemie, Elektrotechnik und Elektrochemie sowie in der Philosophie als noch nicht realisierte Möglichkeit und in der Spieltheorie als Funktion auf der Menge der Strategiekombinationen eines Spiels ( http://de.wikipedia.org/wiki/Potential ) verstanden, aber die von den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen aus der Personalberatungsbranche und Berufsberatung angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise werden ihn mühelos im Sinne von "Leistungsfähigkeit" oder "Gesamtheit aller vorhandenen, verfügbaren Mittel, Möglichkeiten, Fähigkeiten und Energien" des Einzelnen bzw. des Personals eines Unternehmens verstehen (Duden - Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.; Etymologisches Wörterbuch des Deutschen a. a. O.; Brockhaus Enzyklopädie, Band 22 POT-RENS, 21. Aufl. 2006, S. 6; Duden - Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl. 2007, S. 1083). Denn der Sinngehalt einer Marke ist ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Zur Beschreibung der Stärke und Talente von Mitarbeitern und Führungskräften wird der Begriff "Potential" in der Personalberatungsbranche auch benutzt, wie einer Internetrecherche des DPMA, welche der Beschwerdeführerin zusammen mit der gerichtlichen Hinweisverfügung vom 10. Februar 2010 übermittelt wurde, zu entnehmen ist (Bl. 8 - 12 d. Anmeldeakte). Das zweite Zeichenelement, das aus der Hochzahl "2" besteht, wird vom Verkehr als Hinweis auf eine Potenzierung, Steigerung oder Verstärkung im Sinne von "besonders gut, nämlich zweifach oder mehrfach gut" verstanden, wie die sich aus der Internetrecherche des Senats ergebende Verwendung von "Wirkung 2 " als Titel des Buches der Autorin H… mit dem Untertitel "Überzeugen mit Körpersprache & Stimme" und von "mein schönes zuhause 3 " als Titel einer Haus- und Gartenzeitschrift mit einem besonders umfassenden Informationsangebot zeigen. Mit ihrer Gesamtbedeutung "potential 2 " stellt die angemeldete Marke daher einen unmittelbar beschreibenden Hinweis auf bestimmte Eigenschaften der in Rede stehenden Dienstleistungen dar. Denn sie trifft die beschreibende Sachaussage, dass die Personalauswahl mit Hilfe von psychologischen Eignungstests sowie die Personalmanagementberatung zur Gewinnung von Personal, also Mitarbeitern und Führungskräften, mit besonders guten oder vielfältigen Qualifikationen und/oder gesteigerter Leistungsfähigkeit und -bereitschaft führt. Im Zusammenhang mit der Berufsberatung bringt das Kennzeichen zum Ausdruck, dass diese die Fähigkeiten des Einzelnen optimal erkennt und dem geeigneten beruflichen Betätigungsfeld zuführt. Auch die grafische Ausgestaltung in Form der Kleinschreibung in grauer Farbe mit einem Exponenten vermag das Freihaltebedürfnis nicht auszuräumen, weil es sich um eine einfache, im Verkehr häufig anzutreffende werbeübliche Schriftzuggestaltung handelt, so dass das Anmeldezeichen auch als sprachliche Neuschöpfung nicht so ungewöhnlich ist, dass sie in Bezug auf die genannten Dienstleistungen einen über die bloße Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinausgehenden individualisierenden Herkunftshinweis darstellen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - BIOMILD). Die Neuschöpfung hat vielmehr selbst ausschließlich beschreibenden Charakter und wird auch im inländischen Sprachgebrauch als reine Sachbezeichnung aufgefasst. Dies zeigt sich auch daran, dass der Gesamtbegriff "potential 2 ", wenn er in einen sachlichen Fließtext betreffend Dienstleistungen im Personalberatungs- und Berufsberatungsbereich eingesetzt wird, weder unpassend noch eigentümlich wirkt, sondern Bestandteil eines sinnvollen Satzes sein kann (Binge-ner, Markenrecht, 2007, Teil 3 Rdnr. 133). Da die angemeldete Marke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen im Verkehr zur Beschreibung der von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen dienen kann und somit nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, kann dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) vorliegt. Der Umstand, dass der Begriff "potential" Bestandteil einer Vielzahl von eingetragenen Wortmarken in der Zusammensetzung mit "Talents", " HUMAN ... DEVELOPMENT ", "HIGH" "Right", "Kunst-", "Video ... Coaching", Pro ...!", " ...3", "talents", " TALENTVIEW OF ..." und "EQUI..." ist, welche teilweise in den Jahren 2007, 2008 und 2009 eingetragen wurden, ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print24). Ferner wird verlangt, dass die Beschwerdeführerin ihrer - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass sie substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, - wie hier - ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien durch Vorlage von Registerauszügen schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 - Freizeit-Rätsel-Woche). Dabei ist zudem auf den ersten Blick erkennbar, dass es bereits an vergleichbaren Sachverhalten fehlt, weil die eingetragenen Wortmarken bis auf die IR-Marke "POTENTIAL3" schon vom Wortlaut her ganz wesentlich von dem Anmeldezeichen abweichen. Da die Kennzeichnungskraft dieser Marken ausgehend vom Gesamtbegriff in Bezug zu den konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist, kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht pauschal angenommen werden, die jeweiligen Zusatzbestandteile hätten nur rein beschreibenden Charakter. So kann z. B. die Wortmarke "Pro Potential" im Zusammenhang mit vergleichbar angemeldeten Dienstleistungen aus der Personalberatungsbranche nicht in einen sinnvollen Fließtext eingebaut werden. Soweit in Bezug auf die IR-Marke "POTENTIAL3" eine Vergleichbarkeit vorliegen sollte, ist zum einen anzuführen, dass über die Eintragungsfähigkeit dieser Marke im Jahre 2001 die Schweizer Behörde und nicht das DPMA entschieden hat. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten lässt, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 -Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST ). Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005545&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005546
BPatG
München
30. Senat
20100409
30 W (pat) 63/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 107 MarkenG, § 113 MarkenG, § 37 Abs 1 MarkenG, Art 5 Abs 1 MAbk Madrid, Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "e media (Wort-Bild-Marke - IR-Marke)" – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die IR-Marke 853 753 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Vogel von Falckenstein sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Um Schutz in der Bundesrepublik Deutschland sucht die international registrierte Wort/Bildmarke nach; das Warenverzeichnis lautet: „9 Ordinateurs et appareils de traitement de données pour consulter, permettant de représenter, traiter et faire sortir des données multimédiatiques notamment dans des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet; appareils d'enregistrement du son et des images; supports de données analogiques, numériques, optiques et autres non compris dans d'autres classes, notamment supports de données magnétiques et supports d'enregistrement magnétiques, notamment disques acoustiques, disques compacts, disques compacts vidéo, CD-Roms, DVDs, disquettes, cassettes sonores et vidéo; logiciels; publications électroniques téléchargeables. 16 Journaux et périodiques, produits de l'imprimerie, articles pour reliures, photographies, produits de papeterie, matériel d'instruction et d'enseignement (à l'exception des appareils); autocollants; albums; cahiers; carnets de chèques, notamment carnets de bons; tickets. 35 Publicité, notamment publicité en ligne sur des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet; publicité sous forme imprimée; publicité pour la radio et la télévision; mise à disposition de surfaces publicitaires dans les médias, notamment sur des réseaux d'ordinateurs et sur internet; étude et analyse de marchés; promotion de ventes; systématisation et compilation de données, notamment dans des banques de données d'ordinateurs; présentation de produits et de services dans des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet, pour procurer des contacts commerciaux et des contacts économiques privés et des contrats d'affaires, notamment pour la mise en place d'un marché virtuel des produits et/ou services dans des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet; réalisation de ventes aux enchères, dans des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet; recherche de données pour tiers, notamment dans des fichiers d'ordinateurs, notamment dans des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet; compilation d'annonces de presse. 38 Télécommunications; transmissions de programmes de radio et de télévision; transmission de messages, notamment au moyen d'internet et/ou par des réseaux d'ordinateurs; transmission de fichiers numériques d'images sur des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet; communication d'annonces de presse. 41 Education, formation et divertissements, notamment et également grâce à la mise à disposition de fichiers numériques d'images en ligne; édition, publication et parution de livres et de périodiques, notamment de livres et de périodiques électroniques en ligne; montage de programmes de radio et de télévision; divertissements pour la télévision; publication (non à but publicitaire) assistée par ordinateurs; mise à disposition et organisation de jeux, notamment et également sur des réseaux d'ordinateurs et/ou sur internet (services de jeux en ligne). 42 Elaboration de programmes pour le traitement de données; élaboration et maintenance de sites web; hébergement de sites sur internet; location et mise à disposition des temps d'accès à des banques de données; location et mise à disposition de temps d'accès à des banques de données, notamment par des réseaux d'ordinateurs et ou par internet (services informatiques).“ Die Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke in zwei Beschlüssen, einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen, den nachgesuchten Schutz wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses verweigert. Die IR-Marke bestehe aus der Angabe „e media“ in werbeüblicher graphischer Ausgestaltung, „e media“ werde als Abkürzung für „elektronische Medien“ aufgefasst werden und sei lediglich ein Hinweis darauf, dass die so gekennzeichneten Waren für elektronische Medien geeignet und bestimmt seien und über elektronische Medien erbracht würden. Sämtliche so gekennzeichneten Dienstleistungen könnten für und mittels elektronischer Medien angeboten und erbracht werden. Auch die graphische Ausgestaltung führe nicht zur Schutzbewilligung, da die Sachaussage „e media“ derart im Vordergrund stehe, dass die graphische Gestaltung keine Unterscheidungskraft verleihen könne. Die Markeninhaberin hat Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es sei auf den Gesamteindruck der angemeldeten Marke abzustellen. Jeder der beiden Wortbestandteile „e“ und „media“ sei derart vage und unbestimmt, dass sich wegen der Vielzahl der möglichen Bedeutungsgehalte für die Zusammensetzung „e media“ keine Eignung zur Beschreibung feststellen lasse. Sie verweist hierzu auf Voreintragungen von vergleichbar gebildeten Marken. Die Kombination „e media“ könne lediglich einen Hinweis auf elektronische Medien geben wie Internet oder digitale Verarbeitung, nicht jedoch auf die klassischen Medien. Damit sei „e media“ nicht für alle Waren und Dienstleistungen beschreibend. Jedenfalls sei die grafische Gestaltung schutzbegründend, da der zweifarbige, dreidimensionale und in Schriftart und Effekten außergewöhnliche Schriftzug der Marke Unterscheidungskraft verleihe. Die Grafik verbinde eine Vielzahl von Gestaltungsmitteln zu einer eigentümlichen Kombination. Das besonders gestaltete „e“ lehne sich in seiner Form sowohl an das @-Zeichen wie auch an das Copyright-Zeichen an und sei durch verschiedene Elemente - wie die 3D-Wirkung, die goldene Farbe oder die Lichtreflexe - grafisch verfremdet. Die IR-Markeninhaberin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 IR des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Juli 2007 und vom 29. Januar 2009 aufzuheben und der Marke den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu gewähren. Im Übrigen regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Markeninhaberin in einem Zwischenbescheid übersandten Hinweise Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der IR-Markeninhaberin ist in der Sache ohne Erfolg. Bei der schutzsuchenden IR-Marke „e media“ handelt es sich um eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ, weshalb ihr der Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu Recht von der Markenstelle verweigert worden ist (§§ 107, 113, 37 Abs. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 MMA). 1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können. Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem durch den gemeinsamen europäischen Markt nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER ; GRUR 2001, 735, 736 - Test it). Dabei nimmt der Verkehr Kennzeichen von Waren und Dienstleistungen regelmäßig in der Form auf, wie sie ihm entgegentreten und ist erfahrungsgemäß wenig geneigt, sie begrifflich zu analysieren, um beschreibende Bedeutungen herauslesen zu können, so dass die angemeldete Wortfolge in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und keine zergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - 164 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ). Insbesondere hat eine Marke, die sich aus einem Wort oder einer Wortfolge mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von deren Inhalt jeder Merkmale der beanspruchten Waren beschreibt, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Auf die Frage der Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Dabei spielt es keine Rolle, ob es Bezeichnungsalternativen, nämlich Synonyme oder gebräuchlichere Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung dieser Merkmale gibt, da es nicht erforderlich ist, dass diese Zeichen oder Angaben die ausschließliche Bezeichnungsweise der fraglichen Merkmale sind (vgl. EuGH a. a. O. S. 410, 412 - BIOMILD; EuGH a. a. O. S. 500, 507 - Postkantoor). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“. 2. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination „e media“ vor. a) Der Wortbestandteil „e media“ stellt eine Zusammensetzung aus zwei zum englischen Grundwortschatz gehörenden Begriffen dar. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, soweit die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 - BioID). Das englische Wort „media“ in der Pluralform bedeutet im Deutschen „Medien“ aber auch „Datenträger, Speichermedien“ (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM); LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität, 1. Aufl. 2001), der vorangestellte Buchstabe „e“ steht im Bereich der Elektronik, der Computertechnik sowie der Telekommunikation als gängige Abkürzung für „electronic“ (elektronisch) und wird in dieser Bedeutung in zusammengesetzten Wörtern verwendet, wenn es um den Austausch oder die Verteilung von Daten in elektronischer Form geht. Zahlreiche Zusammensetzungen des englischen Wortes „electronic“ mit englischen Begriffen haben bereits Eingang in die deutsche Sprache gefunden, wobei „electronic“ entweder mit dem Buchstaben „E“ abgekürzt und mit Bindestrich verbunden oder mit Leerstelle getrennt vorangestellt wird, wie in „E-mail, E-paper, E-banking, E-commerce" (vgl. LEO Online-Wörterbuch Englisch der TU München; Duden Wörterbuch). Dabei werden diese Begriffe oftmals durch Kleinschreibung oder Weglassen des Bindestrichs variiert, so wird gerade bei allgemeinen gebräuchlichen Wörtern wie „Email“ oft auch die englische Schreibweise „e-mail“ verwendet (vgl. BPatG in 30 W (pat) 199/03 - e.home auf PAVIS PROMA CD-ROM). Auch der Bestandteil „media“ wird in Zusammensetzungen verwendet wie z. B. in dem auch in die deutsche Sprache eingegangen Begriff „multi-media“ und in den englischen Wörtern „mass-media“ (Massenmedien), „advertising media“ (Werbemedien) wie auch in zahlreichen Zusammensetzungen im Computerbereich wie z. B. „storage media“ (Speichermedien) (vgl. LEO Online-Wörterbuch a. a. O.). Die angemeldete Bezeichnung „e media“ bedeutet in wörtlicher Übersetzung „elektronische Medien, elektronische Datenträger“. Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge „e media“ in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 29 - BioID). In diesem Sinne wird der inländische Verkehr die angemeldete Marke ohne weiteres verstehen. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere in den hier maßgeblichen Waren- und Dienstleistungsbereichen an neue und auch schlagwortartige Wortkombinationen - gerade in englischer Sprache - gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von „e media“ ohne weiteres erschließen wird. b) In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ergibt die schutzsuchende Marke „e media“ die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art und Beschaffenheit um Waren oder Dienstleistungen handelt, die elektronische Medien oder Datenträger oder Teile hiervon darstellen oder hierfür bestimmt sind oder Verwendung finden. Die Dienstleistungen können sich hierauf beziehen, indem sie elektronische Medien oder Datenträger zum Gegenstand haben oder sich inhaltlich und thematisch damit befassen. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin lässt sich ein eindeutig beschreibender Begriffsgehalt für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen feststellen. Eine beschreibende Bedeutung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt nämlich nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 900 - 903 - SPA II). Daher steht nicht jede begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschreibenden Sachangabe entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere, wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dies ist hier der Fall, da es sich bei „e media“ - vergleichbar dem Begriff „Multimedia“ - um einen derartigen Sammelbegriff handelt, der alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen in werblich anpreisender Form beschreiben kann. Denn unter elektronischen Medien versteht man Medien - nämlich Kommunikationsmittel, Publikationsformen, Datenspeicher - die auf elektronischem Weg übermittelt werden. Zu den elektronischen Medien zählen neben Telefon, Rundfunk und Fernsehen das Internet, Intranet, CD-ROM, Datenbanken, E-Books und elektronische Zeitschriften (vgl. Online-Lexikon Wikipedia unter wiki.org zu Elektronische Medien, Medien). Sämtliche in Klasse 9 beanspruchten Waren sind elektronische Medien oder Teile hiervon bzw. können für elektronische Medien bestimmt sein oder Verwendung finden. Alle beanspruchten Dienstleistungen können sich inhaltlich oder thematisch mit elektronischen Medien und ihrem Einsatz beschäftigen, diese zum Gegenstand haben oder sich hierauf beziehen. Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin lässt sich auch eine Eignung zur Beschreibung hinsichtlich der Waren der Klasse 16 feststellen. Es gibt nämlich Waren, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen gedanklichen Inhalt aufweisen, der einer Beschreibung zugänglich ist. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Medien (etwa für Druckschriften oder andere Medienträger, Filme, Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie weitere Rundfunkdienstleistungen) oder für Computerhardware und -software bzw. die Erstellung von EDV-Programmen. Marken, die bzgl. solcher Waren/Dienstleistungen sachbezogene Titel darstellen, sind gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, soweit sie als beschreibende Angaben vor allem über den Inhalt der fraglichen Veröffentlichung oder die angesprochenen Abnehmer ernsthaft in Betracht kommen (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 268). Für die Waren „Zeitungen, periodische Druckschriften und sonstige Druckerzeugnisse, Buchbindeartikel, Fotografien, Lehr- und Unterrichtsmittel; Aufkleber, Alben, Hefte, Scheckhefte, Tickets“ trifft dies zu, da sie sich inhaltlich und thematisch mit elektronischen Medien z. B. deren Handhabung beschäftigen können. Aufkleber, Alben, Hefte können zudem für elektronische Datenträger bestimmt sein, indem sie im Zusammenhang mit dem Vertrieb als Verpackung Verwendung finden (z. B. für eine CD als Beilage einer Zeitung) oder zur Archivierung und Lagerung Einsatz finden (z. B. um Datenträger zu beschriften und zu sortieren). Für diesen Zweck können auch die beanspruchten Schreibwarenartikel bestimmt sein. Gutscheinhefte und Tickets können zudem mit Hilfe von elektronischen Medien erstellt sein. c) Die grafische und farbliche Ausgestaltung von „e media“ bewegt sich im Rahmen des Werbeüblichen und vermag daher das Freihaltebedürfnis nicht auszuräumen. Ein schutzbegründender „Überschuss“ kann zwar insbesondere durch eine besondere bildliche Ausgestaltung schutzunfähiger Wortbestandteile erreicht werden. An diesen erforderlichen „Überschuss“ sind aber um so größere Anforderungen zu stellen, je beschreibender die fragliche Angabe ist. In jedem Fall muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke eintreten, die von dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher auch ohne analysierende Betrachtungsweise ohne Weiteres festgestellt werden kann. Ob die Hervorhebung durch gebräuchliche grafische Elemente (wie z. B. Umrahmung, Tiefenwirkung) den Wortcharakter der beschreibenden Angabe unberührt lässt, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Jedenfalls vermögen einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die der Verkehr gewöhnt ist, den beschreibenden Charakter einer Angabe in der Regel nicht zu beseitigen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - antiKalk; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rn. 338 m. w. N.). Des Weiteren kann für die farbige Ausgestaltung an sich beschreibender Markenelemente eine schutzbegründende Wirkung nur angenommen werden, wenn sie neben den schutzfähigen Angaben als eigenständiger Herkunftshinweis aufgefasst wird. Davon kann im Einzelfall ausgegangen werden, wenn die Farbe weder technisch oder funktional bedingt, noch lediglich auf ein ästhetisch ansprechendes Äußeres ausgerichtet ist, sondern als vom Üblichen abweichende, charakteristische Ausgestaltung erscheint. Eine solche kann insbesondere bei entsprechender Verwendung verkehrsbekannter Hausfarben bejahend sein, soweit sie als betrieblicher Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wirken. Keine schutzbegründende Bedeutung kommt dagegen werbe- oder branchenüblichen Farbgestaltungen zu (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O, § 8 Rn. 390, 391). Im vorliegenden Fall bewegt sich die Schriftart sowie die unterschiedliche Farbgebung im Rahmen der werbeüblichen grafischen Gestaltung unter Hervorhebung der Wortelemente, die lediglich deren Wirkung unterstreichen soll, daneben aber keine eigene schutzbegründende Wirkung entfaltet. So dient gerade die Farbe Gold, die symbolisch für des Beste, für eine Spitzenleistung steht, der Hervorhebung und Unterstreichung des farbig ausgestalteten Elements „e“. Diese Wirkung wird lediglich verstärkt durch das aufgesetzte Blitzlicht, das den Eindruck des Goldglanzes und damit der Spitzenqualität oder Premiumleistungen noch hervorheben soll. Der Markenbestandteil „media“ ist ebenfalls in werbeüblicher Schrift- und Farbgestaltung gehalten. Die Verwendung von Licht- und Schattenflächen sowie der Einsatz von Lichtreflexen dient der plastischen Wiedergabe und damit dazu, die Wortelemente besonders augenfällig hervortreten zu lassen. Entgegen der Ansicht der Anmelderin kann auch die konkrete Ausgestaltung des vorangestellten Buchstaben „e“ in der speziellen Schrifttype und der elypsenförmigen Umrahmung keine Schutzfähigkeit begründen. Die Verwendung unterschiedlicher Schrifttypen, unterschiedlicher Größenverhältnisse und von Umrandungen einzelner Bestandteile dient ebenfalls grundsätzlich dazu, die so gestalteten Bestandteile hervorzuheben. Im vorliegenden Fall wird dadurch der Bestandteil „e“ als Abkürzung für „elektronisch“ gegenüber dem nachfolgenden Bestandteil „media“ abgesetzt und besonders betont. Dass die Umrahmung dabei keinen konzentrischen Kreis darstellt, und auch nicht im gleichmäßigen Abstand nach oben und unten um den Buchstaben „e“ angeordnet ist, so dass sich „e“ und Umrahmung am unteren Rand berühren, lässt zwar - insbesondere durch die ähnliche Schrifttype des „e“ - an das Microsoft-Symbol für den InternetExplorer erinnern, kann aber den beschreibenden Charakter der Abkürzung „e“ nicht aufheben. Denn der Buchstabe „e“ wird durch die grafische Gestaltung nicht in seiner Bedeutung verfremdet, sondern vielmehr durch die Art der Umrandung als Einzelbuchstabe noch besonders hervorgehoben und durch die Anlehnung an das Microsoft-Symbol in seinem beschreibenden Inhalt - „elektronisch“ - noch besonders betont. Assoziationen an das @-Zeichen oder das Copyright-Zeichen sind wegen des klar erkennbaren Bedeutungsgehalts von „e“ nicht naheliegend. Da es sich auch bei der Zusammensetzung „e media“ um einen deutlich beschreibenden Begriff handelt, vermögen die genannten werbeüblichen Grafikelemente - auch in ihrer Kombination - keine Schutzfähigkeit zu begründen, da sie weder einzeln noch in ihrer Summe eine eigenständige Bedeutung erlangen und damit nicht von der beschreibenden Sachaussage des Begriffs „e media“ wegführen können. d) Die Anmelderin kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine ihrer Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn  selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS ; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. - BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] - American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; 25W(pat) 65/08 - Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 - VOLKSFLAT auf PAVIS PROMA CD-ROM). Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschreibende Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit. Markenschutz kann hierfür nicht gewährt werden. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 MarkenG nicht vor. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005546&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005547
BPatG
München
30. Senat
20100311
30 W (pat) 90/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "pflegezeit (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 61 118.3 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde des Markenanmelders wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wort/Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen für die Dienstleistungen „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen; insbesondere Dienstleistungen von Alten- und Seniorenheimen; medizinische Dienstleistungen; Gesundheitspflege für den Menschen; ambulante Pflegedienstleistungen; Betrieb von Pflegeheimen; Dienstleistungen von Erholungs- und Genesungsheimen; Gesundheitsberatung; Krankenpflegedienste; Seniorenpflegedienste; therapeutische Betreuung und ärztliche Versorgung; von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse“. Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Begriff „Pflegezeit“ sei im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen eindeutig im Sinn von „Zeit für Pflege“ zu verstehen. Die angemeldete Bezeichnung „Pflegezeit“ erschöpfe sich daher in dem Hinweis, dass die so gekennzeichneten Dienstleistungen im Rahmen der Zeit, die man sich für die Pflege von alten und kranken Menschen nehme, zum Einsatz kommen bzw. in der für die Pflege vorgesehenen Zeit erbracht würden. Die grafische Gestaltung halte sich im werbeüblichen Rahmen und könne keine Schutzfähigkeit begründen. Hiergegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die angemeldete Marke sei in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig, da die bildliche Ausgestaltung schutzbegründend sei. Er verweist hierzu auf Voreintragungen, in denen vergleichbare grafische Elemente die Schutzfähigkeit begründet hätten. Die Markenstelle habe sich nicht ausreichend hiermit auseinandergesetzt und verkannt, dass an den für die Schutzfähigkeit erforderlichen „bildlichen Überschuss“ um so niedrigere Anforderungen zu stellen seien, je weniger der beschreibende Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortrete. „Pflegezeit“ sei kein geeigneter beschreibender Begriff, da „Pflegezeit“ als Regelung einer gesetzlichen Arbeitsfreistellung (für eine bestimmte Zeit) verstanden werde. Die beanspruchten Dienstleistungen seien dagegen auf unbegrenzte Zeit angelegt, so dass der angemeldete Begriff hierfür mehrdeutig sei. Der Anmelder beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Februar 2008 und vom 16. Juni 2009 aufzuheben, hilfsweise, die Sache an die zuständige Markenstelle zurückzuverweisen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die angemeldeten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. 1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2006, 220 Nr. 27 - BioID; BGH MarkenR 2004, 39 - City Service; GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (BGH 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - Berlin Card) oder wenn es sich um beschreibende Angaben handelt, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 1998, 465, 468 - Bonus; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Weiter fehlt solchen Angaben die erforderliche Unterscheidungskraft, bei denen es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. - City Service). Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor). Die angemeldete Wortbildmarke erfüllt nach den obengenannten Grundsätzen selbst diese geringen Anforderungen nicht, da sie sich in werbemäßig anpreisender Form auf eine rein sachbezogene Angabe ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt beschränkt (vgl. BGH a. a. O. - marktfrisch). 2. Die angemeldete Marke setzt sich aus allgemein geläufigen Wörtern der deutschen Sprache zusammen, die im inländischen Verkehr von jedermann in ihrer Bedeutung („Pflege“ ist die Bezeichnung für „sorgende Obhut, Behandlung mit den erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung eines guten Zustands“; „Zeit“ ist ein Ausdruck für „Zeitraum, Zeitabschnitt, Zeitspanne“ - vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 CD-ROM) verstanden werden. Ebenso wie vergleichbare Zusammensetzungen mit dem Wort „Zeit“ - wie Urlaubszeit, Reisezeit, Ruhezeit oder auch Elternzeit, Familienzeit - die den Inhalt oder den Zweck des jeweiligen Zeitabschnitts näher konkretisieren - bedeutet „Pflegezeit“ nichts anderes als „Zeit für die Pflege; die Zeit, die für Pflege beansprucht wird“. Der Verkehr wird der angemeldeten Bezeichnung „Pflegezeit“ in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen den sachbezogenen Aussagehalt entnehmen, dass diese im Zusammenhang mit einem Zeitabschnitt oder einer Zeitmenge, die für Pflege benötigt oder regelmäßig aufgewendet werden oder für Pflege vorgesehen sind, erbracht werden. Der Begriff „Pflegezeit, Zeit für die Pflege“ spielt in diesem Dienstleistungsbereich auch eine wichtige Rolle, da sowohl bei der ärztlichen Versorgung und therapeutischen Betreuung wie auch bei den allgemeinen Pflegedienstleistungen aus Kostenersparnisgründen und wegen des dadurch bedingten Personalmangels oftmals zuwenig Zeit für die Erbringung dieser Dienstleistungen aufgewendet werden kann. Ein ausreichender Umfang an Pflegezeit und damit bedarfsgerechter Betreuung wird im Zusammenhang mit den genannten Dienstleistungen als Qualitätsmerkmal aufgefasst werden. Bei „Pflegezeit“ handelt es sich um einen werbemäßig anpreisenden Sachhinweis auf Art, Bestimmung und Verwendung der beanspruchten Dienstleistungen, da diese für die Zeit der Pflege geeignet und bestimmt sein bzw. dergestalt damit in Zusammenhang stehen können, dass sie mit Pflegezeit verbunden erbracht werden. Im Zusammenhang mit den vom Anmelder beanspruchten Dienstleistungen, entnimmt der Verkehr einer entsprechenden Kennzeichnung dieser Dienstleistungen mit der angemeldeten Marke keinerlei betrieblichen Hinweis, sondern bezieht sie ausschließlich auf deren Art, Verwendung oder Gegenstand. Dieser inhaltsbezogene Sachaussagegehalt der angemeldeten Bezeichnung erschließt sich dem Verkehr auch sofort und ohne analysierende Zwischenschritte. Dass der Begriff inzwischen als Rechtsanspruch für bestimmte Personen auf Freistellung zur Pflege naher Angehöriger eine gesetzliche Regelung erfahren hat, ändert an der allgemeinen Bedeutung von „Pflegezeit“ im obengenannten Sinne nichts. Die angemeldete Marke vermittelt dabei für sämtliche angemeldeten Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachaussage. Denn alle Dienstleistungen betreffen Dienstleistungen, die in Pflegeeinrichtungen erbracht werden bzw. zusammen mit Pflegedienstleistungen erbracht werden. Nach der Rechtsprechung des EuGH steht weder die Eigenschaft als Wortneubildung noch das Fehlen eines für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eindeutigen und unmittelbar konkret beschreibenden Charakters bzw. eine vorhandene begriffliche Unschärfe der als Marke angemeldeten Bezeichnung der Feststellung eines Eintragungshindernisses entgegen (vgl. GRUR 2004, 192 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 222 - BIOMILD; a. a. O. - Postkantoor). Soweit sich der Anmelder auf eine mögliche weitere Bedeutung des angemeldeten Begriffs beruft, vermag dies keine Unterscheidungskraft zu begründen, da der beschreibende oder werblich anpreisende Charakter eines Begriffs nicht dadurch aufgehoben wird, dass diesem in verschiedenen Bedeutungen jeweils eine beschreibende oder allgemein anpreisende Aussage innewohnt (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 „ URLAUB DIREKT “). Für die Verneinung der Unterscheidungskraft ist es ausreichend, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit (eindeutig) beschreibendem Charakter entnehmen können (vgl. BGH GRUR 2005, 257, 258 - Bürogebäude). Im vorliegenden Fall fehlt es somit an der erforderlichen Unterscheidungskraft, da der unmittelbare Bezug für die in Rede stehenden Dienstleistungen für den Verkehr ohne weiteres ersichtlich ist und sich die Bezeichnung „Pflegezeit“ in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen in einer im Vordergrund stehenden Sachangabe erschöpft. 3. Hinsichtlich des Bildbestandteils einer Wort-/Bildmarke gilt, dass der Marke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 1153 - antiKALK), wobei an die Ausgestaltung aber um so größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. auch BPatG GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke. Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen (BGH a. a. O - antiKALK; Ströbele/Hacker MarkenG, 9. Aufl. § 8 Rdn. 338 m. w. N.). Vorliegend handelt es sich bei dem grafischen Element in Form einer wellenförmigen Linie gerade nicht um einen eigenständigen Bildbestandteil, der eine ausreichend bildhafte Verfremdung des nicht unterscheidungskräftigen Wortbestandteils darstellt und von der Sachangabe wegführt, sondern lediglich um eine werbegraphische Gestaltung des Sachhinweises ohne eigenen Aussagegehalt. Dafür spricht auch, dass die wellenförmige Linie wie eine Rahmung des Wortbestandteils nach oben wirkt und sich mit dem i-Punkt des Wortes „Zeit“ verbindet. Diese werbemäßige Hervorhebung kann keine Schutzfähigkeit des beschreibenden Wortbestandteils begründen. 4. Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine seiner Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS ; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. - BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] - American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; 25 W (pat) 65/08 - Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 - Volksflat auf PAVIS PROMA CD-ROM). 5. Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltebedürfnis haben. Angesichts der übrigen behandelten Gesichtspunkte kann diese Frage jedoch offen bleiben. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung lagen nicht vor (§ 70 Abs. 3 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005547&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005548
BPatG
München
29. Senat
20100225
29 W (pat) 11/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Gruppenreisen" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 03 752.5 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Das Wortzeichen Gruppenreisen ist am 17. Januar 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Publikation von Zeitschriften und Büchern, auch in elektronischer Form, auch im Internet Veranstaltung von Messen, Kongressen, Seminaren und sonstigen Events zu gewerblichen oder zu Werbezwecken. Durch Beschluss vom 10. Juni 2008 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass es sich bei dem aus allgemein verständlichen Begriffen der deutschen Alltagssprache zusammengesetzten Wortzeichen "Gruppenreisen" um einen rein beschreibenden Hinweis auf Art und Thematik der beanspruchten Dienstleistungen handele, nämlich Reisen, bei denen für eine Gruppe von Personen ein Anbieter die Organisation und Durchführung übernehme. So könnten Messen, Kongresse, Seminare etc., die es auch speziell zu Gruppenreisen gebe, wie eine Internetrecherche ergeben habe, die neuesten Trends auf dem Gebiet der Gruppenreisen präsentieren. Zeitschriften und Bücher könnten sich ebenfalls in vielfältiger Weise der Thematik der Gruppenreisen widmen. Vergleichbare Anmeldungen, wie "Abi Reisen", " ARZTREISEN ", "Internetreisen", "Autoreisen", " RUCKSACK REISEN ", " SPARREISEN ", "Weltenbummler Reisen" und " GRUPPENUNTERKÜNFTE ", hätten ebenfalls nicht zu einer Eintragung geführt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10. Juni 2008 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen. Sie rügt vorab eine Ungleichbehandlung wegen der Eintragung einer Vielzahl vergleichbarer Drittmarken. Wegen der genauen Bezeichnungen, der Registernummern sowie der Waren- und Dienstleistungsklassen dieser Drittmarken wird auf Seite 2 der Beschwerdebegründung (Bl. 15 GA) Bezug genommen. Sie trägt vor, selbst wenn die nicht für die Durchführung von Gruppenreisen angemeldeten Dienstleistungen ihrer Art nach im Zusammenhang mit Reisen in Gruppen in Anspruch genommen werden könnten, werde der Verkehr nicht annehmen, derartig gekennzeichnete Dienstleistungen seien auf das Thema "Gruppenreisen" beschränkt. Die Eintragung des Anmeldezeichens führe auch nicht zu einer unnötigen Erschwerung der freien Verwendbarkeit des Wortes "Gruppenreisen" im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen. Denn mit der Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG sei das Recht aus der Marke gegenüber einer beschreibenden Verwendung hinreichend abgegrenzt, so dass bei einer solchen Verwendung durch Dritte Unzuträglichkeiten nicht zu erwarten seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens "Gruppenreisen" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 -VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE COR-PORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. -marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Ob das Merkmal des engen beschreibenden Bezuges vorliegt, hängt davon ab, ob das Publikum den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die individuelle betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner ). Nach diesen Grundsätzen fehlt dem angemeldeten Wortzeichen "Gruppenreisen" für die angemeldeten Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft. Denn es stellt zumindest einen engen beschreibenden Bezug zu den vorgenannten Dienstleistungen her, weshalb der Verkehr in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die individuelle betriebliche Herkunft dieser Dienstleistungen sehen wird. Die angemeldete Marke besteht aus dem allgemein bekannten deutschen Wort "Gruppenreisen". Unter diesem Begriff werden Reisen verstanden, bei denen für eine Gruppe von Personen ein Anbieter die Organisation und Durchführung übernimmt (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Die mit den beanspruchten Dienstleistungen angesprochenen Verbraucher werden das Anmeldezeichen daher ohne jedes Nachdenken nur in dem Sinne verstehen, dass diese in engem Zusammenhang mit für Gruppen organisierten Reisen erbracht werden. Denn die zu publizierenden Zeitschriften und Bücher, auch in elektronischer Form oder im Internet, können sich in vielfältiger Form dem Thema "Gruppenreisen" widmen. Es ist zudem üblich, Seminare nach dem Inhalt der angebotenen Informationen zu bezeichnen. Sie können sich daher thematisch mit Gruppenreisen befassen. Das Thema "Gruppenreisen" kann auch Gegenstand der durchzuführenden Messen, Kongresse und "sonstigen Events" sein. Dieses Verständnis des Verbrauchers liegt auch deshalb besonders nahe, weil die Internetrecherche des DPMA, auf die Bezug genommen wird, ergeben hat, dass es be reits spezielle Gruppenreisemessen gibt und … Unternehmen in der Bus- und Gruppentouristik tätig sind. Bei diesem hohen Bekanntheitsgrad des Begriffs "Gruppenreisen" wird das angesprochene Publikum das Anmeldezeichen nur als schlichten Hinweis auf diese sachliche Eignung der gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen. Da die Gesamtbezeichnung allgemein gebräuchlich ist, wird ihm auch nicht der Gedanke kommen, dass statt dessen auf die Herkunft dieser Dienstleistungen aus einem ganz bestimmten Unternehmen hingewiesen werden soll. Damit ist das Wortzeichen aber nicht geeignet, die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen. Die auf Seite 2 der Beschwerdebegründung angeführten 22 Voreintragungen von Drittmarken für angeblich vergleichbare Leistungen, von denen nur 12 ähnlich sind, weil sie den Wortbestandteil "Reisen" aufweisen, ändern nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zunächst ist festzustellen, dass diesen Eintragungen auch eine Reihe von Zurückweisungen vergleichbarer Bezeichnungen, wie "Abi Reisen", " ARZTREISEN ", "Internetreisen", "Autoreisen", " RUCKSACK REISEN ", " SPARREISEN ", "Weltenbummler Reisen" und " GRUPPENUNTERKÜNFTE ", entgegensteht. Zwar kann ei-ne uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 - print 24). Ferner wird verlangt, dass die Beschwerdeführerin ihrer – die Amtsermittlung immanent einschränkenden – materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass sie substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, – wie hier – eine Vielzahl von ähnlich gearteten Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 – Freizeit-Rätsel-Woche). Da es dem angemeldeten Wortzeichen bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob ihm auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann jedenfalls die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG nicht zur Einschränkung eines schutzwürdigen Freihaltungsinteresses herangezogen werden. Diese Regelung spielt im Rahmen der Schutzfähigkeitsprüfung keine Rolle, weil sie lediglich der Klarstellung und Beschränkung von Markenrechten im Verletzungsprozess dient und damit einen bereits bestehenden Markenschutz voraussetzt (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 28 – Chiemsee; BPatG 28 W (pat) 132/08 – juris Tz. 13 – Battery-Booster). Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005548&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005550
BPatG
München
29. Senat
20100303
29 W (pat) 70/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "care&share" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 78 943.8 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. März 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 und vom 22. April 2009 aufgehoben.
I. Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Dezember 2007 die Wortmarke care&share für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Papier; Pappe (Karton); Waren aus Papier und/oder Pappe, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Klasse 40: Materialbearbeitung; Dienstleistungen einer Druckerei, nämlich Druckarbeiten; Klasse 41: Ausbildung; Fortbildung. Durch Beschlüsse vom 20. November 2008 und 22. April 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG für nachfolgende Waren und Dienstleistungen teilweise zurückgewiesen: Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Klasse 41: Ausbildung; Fortbildung. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass die Bestandteile des Anmeldezeichens gebräuchlich und dem maßgeblichen normal informierten und angemessen aufmerksamen sowie verständigen Durchschnittsverbraucher verständlich seien. Es handele sich um Wörter des englischen Grundwortschatzes und um das kaufmännische „&“. In seiner Bedeutung „sich kümmern, Sorge tragen, teilhaben“ benenne das Zeichen die Thematik und Bestimmung der von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen. Sie dienten dazu, an etwas teilzuhaben und sich um etwas zu kümmern. Die Wortfolge „ care&share “ bedeute immer das Gleiche und sei in vielen Bereichen anwendbar, so dass ein Freihaltebedürfnis bestehe. Auch wenn sie nicht lexikalisch nachweisbar sei und nicht zahlreich verwendet werde, so sei sie in ihrer Aussage eindeutig und bedürfe keiner Interpretation. Es liege auch keine Schutz begründende Mehrdeutigkeit vor, zumal fernliegende Bedeutungen wie „Aktie“ des Bestandteils „share“ außer Betracht bleiben könnten. Zudem umfassten die Begriffe „sich kümmern“ und „an etwas teilhaben“ einen weiten Bereich. Im Übrigen seien bereits vergleichbare Anmeldungen nicht zur Eintragung gelangt. Dagegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß die Aufhebung des Beschlusses vom 22. April 2009 und die Eintragung des angemeldeten Zeichens für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen beantragt. Zur Begründung trägt er vor, dass der lexikalisch nicht nachweisbare Gesamtbegriff „ care&share “ sprachregelwidrig zusammengesetzt sei und eine Vielzahl von Bedeutungen aufweise. So könne der Bestandteil „care“ mit „sich kümmern, Sorge tragen“ oder mit „Wartung, Behandlung, Obhut“, das Element „share“ mit „Anteil, Beitrag, Portion, Aktie, Teilhabe“ übersetzt werden. Folglich sei der von der Markenstelle angenommene Sinngehalt „sich kümmern, Sorge tragen, teilhaben“ nicht zwingend. Das angemeldete Zeichen weise nicht auf Eigenschaften oder den Verwendungszweck der beanspruchten Waren und Dienstleistungen hin. Auch als gebräuchliches Wort der Alltagssprache könne es auf Grund seines breiten Bedeutungsspektrums nicht angesehen werden. Ebenso wenig bestehe an der Wortkombination ein Freihaltungsbedürfnis. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. 1. Das angemeldete Zeichen unterliegt nicht dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 - Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). a) Der englischsprachige Zeichenbestandteil „care“ ist ein Substantiv mit den  maßgeblichen Bedeutungen „Betreuung, Sorge, Sorgfalt, Vorsicht“ oder ein Verb mit den vorrangigen Bedeutungen „sich um jemanden/etwas kümmern, jemanden/etwas mögen“ (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seite 118; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Auflage, CD-ROM). Das zweite ebenfalls aus dem Englischen stammende Wortelement „share“ kann entweder als Substantiv u. a. mit „Teil, Anteil, Aktie“ oder als Verb u. a. mit „teilen, teilnehmen an“ übersetzt werden (vgl. Pons Großwörterbuch, a. a. O., Seite 822; Duden-Oxford, a. a. O.). Die beiden eben genannten Begriffe werden durch das Et-Zeichen miteinander verbunden, bei dem es sich um ein Ersatzzeichen für das Wort „und“ handelt (vgl. „Wikipedia“ unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Et-Zeichen“). Demzufolge kann das beanspruchte Zeichen vor allem als Kombination von zwei Substantiven im Sinne von „Sorge und Anteil“ oder von zwei Verben im Sinne von „sich kümmern und teilen“ aufgefasst werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Bedeutungen ein Großteil der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise der Wortzusammensetzung beimessen wird. Zwar ist sie lexikalisch nicht nachweisbar, doch gehören die beiden Bestandteile „care“ und „share“ zum englischen Grundwortschatz. Auch kommen sie in Begriffen der deutschen Sprache wie „care of“ als ausgeschriebene Form von „c/o“, „ Carepaket “ oder „Share“ als bildungssprachliche Bezeichnung von Aktie vor (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 3. Auflage, Seiten 298 und 1396). Das Et-Zeichen wird zudem auf Internetseiten aus Deutschland häufig zur Verknüpfung von mehreren Wörtern gleicher Art, insbesondere von zwei Substantiven oder zwei Verben, verwendet (vgl. Google-Trefferliste, Suchbegriff: „&“). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich vor bzw. nach dem Et-Zeichen jeweils ein Leerraum befindet. Der Verkehr ist mittlerweile daran gewöhnt, dass in der Werbung auf Grammatikregeln nicht oder nur beschränkt Rücksicht genommen wird. Die Zusammensetzung des angemeldeten Zeichens aus den beiden Begriffen „care“ und „share“ ist trotz des Fehlens von Leerräumen klar erkennbar. b) Unter Zugrundelegung obiger Bedeutungen weist das angemeldete Zeichen die erforderliche Eigenart auf, um als Unternehmenshinweis für die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen vom Verkehr aufgefasst zu werden. (1) Hierfür spricht zum einen die vom Senat ermittelten Fundstellen, nach denen die Wortkombination „ care&share “ in Verbindung mit den gegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht als Sachangabe verwendet wird. Vielmehr lassen sie darauf schließen, dass ihr die Funktion eines Kennzeichens zukommt (vgl. Google-Trefferliste, Suchbegriffe „ care&share “ bzw. „care & share“). So werden unter diesem Namen zum einen Räume zur Vermietung angeboten, in denen therapeutische, spirituelle oder heilerische Tätigkeiten ausgeübt werden können (vgl. „ care&share “ unter „http://www.careandshare.de/einleitung.html“). Zum anderen unterstützt ein Lebensmittelkonzern unter dem Motto „ Care&Share “ mit Arbeitskräften sowie Lebensmittel- und Sachspenden Bedürftige (vgl. „METRO Group“ unter „www.metrogroup.de/servlet/PB/show/1212240_l1/NHB2008-de.pdf“). (2) Zum anderen lässt sich dem angemeldeten Zeichen keine klar verständliche Aussage in Verbindung mit den von der Zurückweisung erfassten Waren und Dienstleistungen entnehmen, da offen bleibt, worum sich gekümmert bzw. woran Anteil genommen wird: Als Inhaltsangabe für „Druckereierzeugnisse“ bietet sich die Wortkombination „ care&share “ nicht an, da sie keine klaren Vorstellungen vermittelt. Ein Werktitel kann nur dann als nicht unterscheidungskräftig angesehen werden, wenn sich sein Gebrauch und die Behandlung des Themas in der fraglichen Form als naheliegend und branchenüblich darstellt, wobei zwischen dem Sinngehalt des Zeichens und den beanspruchten Druckereierzeugnissen ein unmittelbarer und konkreter Bezug bestehen muss (vgl. EuG GRUR Int. 2006, 1021, 1023, Rdnr. 49 und 50 - map & guide; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 8, Rdnr. 146). Dies gilt trotz vielfältiger Druckereierzeugnisse im Bereich des Finanzwesens auch dann, wenn der Bestandteil „share“ mit Aktie übersetzt wird, da die sich aus der Verbindung mit dem vorangestellten Element „care“ ergebende Gesamtaussage „Sorge und Aktie“ nicht verständlich ist. Das gleiche gilt im Hinblick auf die Dienstleistungen „Werbung; Unternehmensverwaltung; Unternehmensberatung; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, auch im Rahmen von e-commerce und über das Internet“. Mag das Element „care“ auch zum Ausdruck bringen, dass sich ihr Erbringer um die Belange des Auftraggebers sorgt, so erschließt sich die Bedeutung des Bestandteils „share“ nicht ohne weiteres. Er kann beispielsweise dahingehend interpretiert werden, dass der Erbringer der Dienstleistungen an den Einnahmen zu beteiligen ist oder der Auftraggeber am Wirtschaftsleben teilnimmt. Ebenso eignet sich das beanspruchten Zeichen nicht als Hinweis auf den Gegenstand der weiterhin beanspruchten Dienstleistungen „Ausbildung; Fortbildung“. Die sloganartige Kombination „Sorge und Anteil“ bzw. „sich kümmern und teilen“ kann zwar mit Grundwerten des gemeinschaftlichen Zusammenlebens, wie Rücksicht und Freigebigkeit, assoziiert werden. Allerdings sind auch hier verschiedene weitere Verknüpfungen denkbar, so dass die Zusammensetzung „ care&share “ als klar erkennbare Angabe des Themas der Aus- und Fortbildungsmaßnahmen nicht in Betracht kommt. (3) Schließlich lassen die ermittelten Belege nicht darauf schließen, dass es sich bei dem beanspruchten Zeichen um eine gebräuchliche Wortkombination der englischen oder deutschen Sprache handelt. Insbesondere fehlen jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, „ care&share “ sei ein in der Werbung üblicher Slogan. 2. Es besteht auch kein Anlass, die Wortfolge „ care&share “ als eine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe anzusehen, die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht eintragbar wäre. Nach dieser Vorschrift sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl. BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Gemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 - BIOMILD). Aus den unter 1.) genannten Gründen fehlt dem angemeldeten Zeichen der ausreichend konkrete Aussagegehalt, um als verständliche Sachangabe aufgefasst zu werden. Zudem ist den angeführten Belegen zu entnehmen, dass es Mitbewerber als Hinweis auf Merkmale der gegenständlichen Waren und Dienstleistungen nicht benötigen. Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich und von der Markenstelle auch nicht erörtert worden, so dass der Beschwerde stattzugeben war.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005550&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005551
BPatG
München
29. Senat
20100415
29 W (pat) 84/10
Beschluss
§ 3 Abs 1 MarkenG, § 7 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 5 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 9 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 2 MarkenG
nachgehend BGH, 17. August 2011, Az: I ZB 31/10, Beschluss
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "Gelbe Seiten (Wort-Bild-Marke)" – zur Ausschlussfrist für den Löschungsantrag - abstrakte Unterscheidungseignung - Markenfähigkeit – zur Markenrechtsfähigkeit der Anmelderin – keine Gefahr einer Irreführung - kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten – keine sonstigen gesetzlichen Benutzungsverbote – keine Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung - rechtliche Ausführungen zum Begriff der bösgläubigen Markenanmeldung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 1 033 815 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2010 15. April 2010 (richtig) durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Wort-/Bildmarke 1 033 815 wurde für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 "Werbung in Branchen-Fernsprechbüchern; Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern" im Jahre 1979 angemeldet und am 27. Mai 1982 als durchgesetztes Zeichen für die Deutsche Postreklame GmbH in das Markenregister eingetragen. Am 1. September 1994 erfolgte die Umschreibung auf die D… GmbH und am 4. Februar 2009 auf die Beschwerdegegnerin. Im Eintragungsverfahren hatte die Prüfungsstelle für Klasse 35 Wz des Deutschen Patentamtes (DPA) die Marke als nicht unterscheidungskräftig und vor allem freihaltebedürftige Angabe beanstandet. Nach Vorlage von Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung hat sie den Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) um Auskunft gebeten, ob sich das Zeichen bei den beteiligten Verkehrskreisen als Kennzeichen für die Herkunft der betreffenden Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb durchgesetzt habe. Nach Befragung einer repräsentativen Auswahl von Industrie- und Handelskammern im damaligen Bundesgebiet teilte der DIHT dem DPA mit, dass sich das Wort-/Bildzeichen "Gelbe Seiten" für die Anmelderin, die Deutsche Postreklame GmbH, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt habe. Zur Begründung ihres Löschungsantrages gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. §§ 3, 7, 8 MarkenG vom 27. Januar 2008, der an demselben Tage beim DPMA eingegangen ist, hat die Beschwerdeführerin im Amtsverfahren u. a. ausgeführt, dass die Marke nur beschreibend und in bösgläubiger Absicht angemeldet worden sei, um zwecks Festigung der eigenen Monopolstellung nationale und internationale Branchenverzeichnis-Verleger zu behindern und vom Markt zu drängen. Die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin hat dem ihr am 4. April 2008 zugestellten Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 21. April 2008, beim DPMA am selben Tage eingegangen, widersprochen und u. a. vorgetragen, dass der Tatbestand der Bösgläubigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht erfüllt sei. Sie habe als Herausgeberin und Verlegerin von Branchenverzeichnissen die Bezeichnung "Gelbe Seiten" in den Jahren 1968/1969 in Deutschland eingeführt, als Marke systematisch aufgebaut und angemeldet. Sie sei daher berechtigte Markeninhaberin. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag der Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 15. Mai 2009 zurückgewiesen. Die streitgegenständliche Marke verstoße weder gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG), noch könne deren Benutzung nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG). Sie verfüge über keinen Sinngehalt, der sich als Kennzeichnung für die streitgegenständlichen Dienstleistungen feindlich, verachtend oder verhöhnend gegen staatliche Institutionen oder verfassungsrechtliche Prinzipien richte. Ihre Benutzung verstoße auch nicht gegen gesetzliche Verwendungsverbote. Begleitumstände, die sich auf die jeweilige Person des Markeninhabers oder den erfolgten oder erwarteten Einsatz der Marke bezögen, hätten außer Betracht zu bleiben. Die Feststellung von Verfassungsverstößen bleibe dem Verfassungsgericht vorbehalten. Der Löschungsgrund des bösgläubigen Markenerwerbs sei ebenfalls nicht gegeben. Eine zum Anmeldezeitpunkt bestehende Bösgläubigkeit der damaligen Anwenderin lasse sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Der damaligen Markenanmelderin könne ein genereller Benutzungswille nicht abgesprochen werden, weil das Zeichen von den Verlagen im Auftrag der damaligen Anmelderin für Branchenbücher verwendet worden sei. Die Frage des Bestehens eines schutzwürdigen Besitzstandes von Dritten zum Zeitpunkt der Markenanmeldung im Jahre 1979 könne dahingestellt bleiben, weil auch unter Würdigung des von der Antragstellerin vorgebrachten umfangreichen Tatsachenmaterials ein vorsätzlicher, sittenwidriger Eingriff in diesen nicht feststellbar sei. Allein in dem Erkennen und in der Nutzung bestimmter Markttrends für die eigene Geschäftstätigkeit durch die vom Gesetzgeber grundsätzlich gewollte Ausschlusswirkung der eingetragenen Marke gegenüber Dritten liege keine sittenwidrige Störungsabsicht. Eine früher angemeldete, eventuell fortbestehende ähnliche Markeneintragung wie die von der Antragstellerin angeführte und bis zum Jahre 1996 rechtsbeständige Kombinationsmarke mit dem Wortbestandteil "The International Yellow Pages" der amerikanischen Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Purchase N. Y., falle unter keinen Schutzausschießlichkeitsgrund . Weder die enge Bindung der damaligen Anmelderin an das damals zuständige Ministerium noch die globale Entwicklung auf dem Telekommunikationsmarkt führe zu einer anderen Einschätzung. Es sei eine lange Zeitspanne von immerhin 20 Jahren der Vorbereitung von 1965 bis 1985 für die Öffnung des Telefon- und Medienmarktes nötig gewesen, so dass der Anmelderin, welche selbst Bestandteil des Fernmeldemonopols gewesen sei, nicht vorgeworfen werden könne, dass sie im Jahre 1979 eine Öffnung des Telefonmarktes für Wettbewerber nicht habe zulassen wollen. Dass ca. 10 Jahre später eine Vielzahl von Wortmarken mit dem Bestandteil "Gelbe Seiten" angemeldet worden sei, lasse keine Rückschlüsse auf eine Behinderungsabsicht schon zum Anmeldezeitpunkt zu. Da eine Monopolstellung nicht zwingend die Schutzfähigkeit eines Zeichens begründe, könne entgegen der Ansicht der Antragstellerin in der Geltendmachung einer solchen Position auch kein Erschleichen der Markeneintragung gesehen werden. Anhaltspunkte für eine Täuschungsgefahr (§ 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG), für fehlende Markenfähigkeit (§ 3 MarkenG) oder einen Verstoß gegen § 7 MarkenG seien weder ersichtlich noch vorgetragen. Mit ihrer gegen den Zurückweisungsbeschluss gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Löschungsbegehren weiter. Sie ist der Auffassung, die Markeneintragung verstoße gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten und sei von der damaligen Anmelderin bösgläubig erwirkt worden. Unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. Wilms und Dr. Jochum von August 2005 (ASt 23 BA) vertritt sie die Ansicht, der Markenschutz für das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen verletze Art. 87 f. Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG sowie Art. 86 Abs. 1 EGV. Dass die Markeninhaberin entgegen Art. 5 der Richtlinie der europäischen Kommission 2002/77/EG (Anlage 3) ihre Monopolstellung für Branchenverzeichnisse nicht aufhebe, sei ein weiterer Beweis für deren bösgläubige Intention eines Behinderungs- und Verdrängungswettbewerbs. Es handele sich daher um eine Sperrmarke. Andere private Verleger hätten in den USA - seit dem 18. Jahrhundert (yellow pages) -, in vielen europäischen Ländern und in Japan schon Jahrzehnte vorher sowie danach und parallel zur Markeninhaberin gelbe Papierinnenseiten für Branchenverzeichnisse benutzt. Die gelben Seiten seien daher ein speziell auf die Dienstleistung Branchenverzeichnis bezogenes Ausstattungsmerkmal. Die Innenseiten der Branchen-Fernsprechbücher der Deutschen Postreklame GmbH seien aber erst ab 1955 und die Umschlagdeckel erst ab 1961 gelb gestaltet worden. Vor der streitgegenständlichen Marke seien drei weitere internationale Bezeichnungen für Branchenverzeichnisse beim DPA angemeldet und eingetragen worden: Am 24. April 1963 sei die Wort-/Bildmarke "The International Yellow Pages" der amerikanischen Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Purchase N. Y., für Telefonverzeichnisse in internationalem Umfang und Adressbücher angemeldet und am 9. Oktober 1963 eingetragen worden und habe Bestand gehabt bis zur Löschung gemäß § 49 MarkenG am 19. Februar 1996 (Anlage 11); von der gleichen Firma sei am gleichen Tage die Wort-/Bildmarke " Les Pages Jaunes Internationales " für die gleichen Waren angemeldet, am 10. Oktober 1963 eingetragen und am 21. November 2003 gelöscht worden (Anlage 12); am 13. Februar 1969 sei die Wort-/Bildmarke "Golden Pages" der amerikanischen Firma ITT World Directories, Inc., New York, für Telefonadressbücher angemeldet und am 3. Mai 1995 gelöscht worden (Anlage 13). Durch den Inhalt des von ihr vorgelegten Schreibens der Markeninhaberin vom 17. Oktober 1980 (Anlage 2) sei nachgewiesen, dass der Postreklame bei der Anmeldung des streitgegenständlichen Zeichens 1979 bekannt gewesen sei, dass "Gelbe Seiten" und "Yellow Pages" den internationalen Gepflogenheiten entsprechend für Branchenverzeichnisse genutzt worden seien. Sie habe dennoch diese Marken nicht angegriffen, aber seit 1946 verhindert, dass Neueinsteiger im Markt gelbe Papierseiten für Branchenverzeichnisse verwenden. Ihr Verhalten sei in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung ihrer Mitbewerber und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet gewesen, wie das Schreiben der Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Pur, chase, N. Y., vom 27. August 1962 (Anlage 14) zeige. Als Fachfirma, deren Aufsichtsrat aus Beamten der Deutschen Bundespost bestanden habe, die Kontakte zum Ausland gehabt und deren Geschäftsführer 1967 an einer USA-Reise teilgenommen habe (Anlage 15), sei die Markeninhaberin über die gesamte Entwicklung auf dem Telekommunikationsmarkt immer auf dem neuesten Stand gewesen, so dass ihr nicht verborgen geblieben sein könne, dass die drei vorgenannten Konkurrenten ihre Marken für Branchenverzeichnisse in Deutschland angemeldet hätten. Wie das Aufsichtsratsprotokoll vom 25./26. November 1968 (Anlage 17) belege, sei bereits 1968 der Vorsatz gefasst worden, alle privaten freien Branchenbuchverleger und die eigenen Vertragsverleger mit dem beschreibenden Begriff "Gelbe Seiten" behindern zu wollen. Auch daraus, dass ca. 10 Jahre später eine Vielzahl von Wortmarken mit dem Bestandteil "Gelbe Seiten" angemeldet worden sei, könne auf eine Behinderungsabsicht schon zum Anmeldezeitpunkt geschlossen werden. Hinzu komme, dass die Markeninhaberin, um den Löschungsantragsteller GoYellow im Wettbewerb und im Löschungsverfahren zu behindern, selbst Internetdomains mit dem Wortbestandteil GoYellow registriert und auf ihre eigene Website gelenkt habe. Ferner habe sie die Firma Yellow Phone GmbH bzw. dessen Geschäftsführer Keil beauftragt, gegen die Firma GoYellow im laufenden Löschungsverfahren der "Gelbe Seiten"-Marken vorzugehen, und sie selbst, die Beschwerdeführerin, durch das Angebot einer Ratenzahlung zur Rücknahme ihres Löschungsantrages gegen die "Gelbe Seiten"-Marken bewegen wollen. Die Eintragung der Marke sei nur erfolgt, weil es der damaligen Anmelderin gelungen sei, das DPA über ein nicht bestehendes Monopolrecht zu täuschen und im Verkehrsdurchsetzungsverfahren Aussagen zu ihren Gunsten zu manipulieren. Sie habe bei der Anmeldung sowohl gewusst, dass ein Gattungsbegriff wie "Gelbe Seiten" nicht monopolisiert werden könne (BGH, Beschl. v. 22. Mai 1968 -I ZB 12/67, NJW 1968, 1628) als auch, dass eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels innerhalb der EWG nicht zulässig sei (EuGH, Urt. v. 11. Juli 1974 - C - 8/74, Slg 1974, 837 Rdnr. 5). Die Markenanmelderin habe gegenüber dem DPA die eingetragene Marke der amerikanischen Firma Reuben ebenso verschwiegen wie die Tatsache, dass der Begriff der "Yellow Pages" schon lange vor den "Gelben Seiten" im Ausland zur Bezeichnung für Branchenbücher verwendet worden sei. Die Markeninhaberin habe ihr manipulativ und suggestiv formuliertes Schreiben vom 17. Oktober 1980 (Anlage 2) an Verbände in Deutschland, in dem vorgegebene Texte zur Unterschrift vorgelegt worden seien, dem DPA vorenthalten. Das von der Markenanmelderin vorgelegte Gutachten der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung e. V., der GfK-Nürnberg, vom Oktober 1979 belege zwar, dass der beschreibende Begriff "Gelbe Seiten" für alle Adressbücher umgangssprachlich, aber nur schwach im Zusammenhang mit den Produkten der Deutschen Postreklame GmbH und ihrer Vertragspartner bekannt sei. Die vom DIHT beteiligten Industrie- und Handelskammern hätten nicht den relevanten Markt befragt. Da die IHK für München und Oberbayern in ihrem Schreiben an den DIHT vom 6. Oktober 1981 (Anlage 27) nur in den Kreisen der Verlage deutliche Ansätze zu einer Verkehrsdurchsetzung festgestellt habe, sei das Zeichen für die Deutsche Postreklame GmbH nicht eindeutig verkehrsdurchgesetzt gewesen. Da die Markeninhaberin eine private Werbeagentur mit Staatsgesellschafter und Pachtvertrag gewesen sei, habe sie nie selbst eine Eigentümerstellung in bezug auf die Branchentelefonverzeichnisse inne gehabt. Die Deutsche Postreklame GmbH sei daher ohne vorherige Genehmigung der Deutschen Bundespost nicht berechtigt gewesen, die Marke anzumelden. Die Markeninhaberin sei auch keine Rechtsnachfolgerin der 1924 gegründeten Deutschen Reichspostreklame GmbH. Es werde bestritten, dass die Beschwerdegegnerin die Marke treuhänderisch für die Verlage gehalten habe. Ferner hätten der deutsche Staat und die deutsche Reichspostreklame GmbH bereits 1936 mit den privaten deutschen Branchenverzeichnisherausgebern vereinbart, dass für die Zukunft ersatzlos auf die Herausgabe von staatlichen Branchenverzeichnissen verzichtet werde. Gegen diese noch heute gültige Vereinbarung sei seit 1946 durch die Herausgabe der Branchenverzeichnisse vorsätzlich verstoßen worden. Leiter und Mitarbeiter der Markeninhaberin hätten sich ungerechtfertigt auf Kosten des Staates bereichert, indem sie teilweise eigene Verlage gegründet hätten, mit denen bevorzugt zusammengearbeitet worden sei. Die verfahrensgegenständliche Wort-/Bildmarke werde zudem seit Jahren nicht mehr benutzt. Die Löschungsantragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 15. Mai 2009 aufzuheben. Die Markeninhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie vertritt die Ansicht, dass eine - möglicherweise fehlerhafte - Eintragung aufgrund nicht nachgewiesener Unterscheidungskraft oder fehlerhafter Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht im Wege der Löschung korrigiert werden könne, weil die Frist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG dem entgegenstehe. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin finde Art. 5 der Richtlinie 2002/77/EG mangels Vorliegens eines Monopols keine Anwendung. Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. Pieroth von November 2005 (BG 2) habe es kein staatliches Monopol für den Vertrieb von Branchenverzeichnissen gegeben. Es habe seit jeher private Mitbewerber gegeben, welche stets die Möglichkeit gehabt hätten, die Daten gewerblicher Teilnehmer selbständig zu erheben, und die Branchenverzeichnisse vertrieben hätten, wie "Der gute Ruf" oder "Die Münchner" (BG 1). Die damalige Anmelderin habe weder im Zeitpunkt der Anmeldung noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung bösgläubig gehandelt. Es habe keinen tatsächlich bestehenden schutzwürdigen inländischen Besitzstand eines Vorbenutzers gegeben, in welchen die damalige Anmelderin hätte eingreifen können. Vor 1968/1969 habe in Deutschland niemand seine Branchenverzeichnisse mit dem Begriff "Gelbe Seiten" gekennzeichnet. Allein die damalige Anmelderin habe gemeinsam mit ihren Partnerfachverlagen die Bezeichnung "Gelbe Seiten" Ende der 1960er Jahre eingeführt und durch jahrzehntelange intensive und kontinuierliche Markenpflege, Qualitätsarbeit und Investitionen zu einem bekannten und erfolgreichen Marktführer ausgebaut. Das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen sei bereits auf der ersten Ausgabe des Produkts "Gelbe Seiten" im Jahre 1969 abgebildet gewesen (BG 7). Dieses Zeichen sei ferner verwendet worden in der Werbung, auf Werbemitteln von 1977 bis heute, in verschiedenen Sponsoringaktivitäten, in Werbemaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr (auf Bussen, Straßenbahnen, Taxis) und auf Hauswänden (BG 8). Dieser Begriff werde seit nunmehr etwa vier Jahrzehnten ununterbrochen zur Kennzeichnung der von der Beschwerdegegnerin herausgegebenen Branchen-Telefonbücher und der damit im Zusammenhang stehenden Waren und Dienstleistungen verwendet. Nutzungen Dritter in bedeutsamem Umfang seien weder nachgewiesen noch bekannt. Seit der deutschen Wiedervereinigung habe sich die Auflagenhöhe von "Gelbe Seiten" und "Gelbe Seiten regional" kontinuierlich erhöht bis auf 49,5 Mio. im Jahre 2007 und 52,2 Mio. im Jahre 2008 (BG 5). Durch die Nutzung der englischsprachigen Bezeichnung "Yellow Pages" im Ausland sei kein schutzwürdiger Besitzstand an der Kennzeichnung "Gelbe Seiten" im Inland erworben worden. Zudem sei die Marke "Yellow Pages" in Deutschland jahrelang nicht benutzt worden, weshalb sie wegen Verfalls gelöscht worden sei. Im Übrigen verlange das Markenrecht keine eigene schöpferische Leistung. Aber selbst wenn Kenntnis von einem schutzwürdigen Besitzstand bestanden hätte, fehlten besondere, die Bösgläubigkeit begründende Umstände. Denn die Markenanmeldung sei ausschließlich auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs und nicht auf die rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrigen Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung etwaiger Mitbewerber ausgerichtet gewesen. Bei der Anmeldung seien auch keine falschen tatsächlichen Angaben gemacht worden, weshalb keine Markenerschleichung vorliege. Auch die Anstrebung von Markenschutz in Fällen, in denen Verbraucher vor unseriösen Nachahmern von Produkten geschützt werden müssten, sei nicht bösgläubig. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen einschließlich des Schriftsatzes der Beschwerdeführerin vom 2. März 2010 nebst Anlagen sowie der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen. Die Akten - 29 W (pat) 85/10 - nebst Amtsakten waren beigezogen und Gegen-stand der mündlichen Verhandlung. II. Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig, aber unbegründet. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat zu Recht die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke abgelehnt. Gemäß § 152 MarkenG finden die Vorschriften des Markengesetzes auch auf solche Marken Anwendung, die vor dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1995 eingetragen worden sind, also auch auf das vorliegend am 27. Mai 1982 eingetragene Wort-/Bildzeichen "Gelbe Seiten". Da zwischen dem Tag der Eintragung vom 27. Mai 1982 und dem Löschungsantrag vom 27. Januar 2008, beim DPMA eingegangen an demselben Tage, mehr als 10 Jahre liegen, scheidet gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG die Löschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG einer entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG vorgenommenen Markeneintragung aus. Die Löschungsgründe des § 50 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 7, 8 Abs. 2 Nr. 4 bis 10 MarkenG sind nicht gegeben. 1. Das Wort-/Bildzeichen "Gelbe Seiten" ist abstrakt zur Unterscheidung von Dienstleistungen geeignet und daher markenfähig nach § 3 Abs. 1 MarkenG. 2. Die Markenrechtsfähigkeit der Deutschen Postreklame GmbH als damaliger Anmelderin war gemäß § 7 Nr. 2 MarkenG gegeben, weil es sich bei der anmeldenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 13 Abs. 1 GmbHG um eine juristische Person gehandelt hat. § 7 MarkenG betrifft nicht die Frage, wer tatsächlich Inhaber der Marke ist. Das richtet sich nach den jeweiligen materiell-rechtlichen Regelungen (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 5). Denn die Markenrechtsfähigkeit besagt abstrakt, wer im Allgemeinen eine Marke innehaben kann, nicht aber, wem ein konkretes Markenrecht zusteht. Das Problem der rechtlichen Zuordnung eines entstehenden Markenrechts ist nicht Regelungsgegenstand des § 7 (Fezer, Markenrecht, 4. Auflage, § 7 Rdnr. 7). Soweit die Beschwerdeführerin die materielle Berechtigung der damaligen Anmelderin in Bezug auf die angemeldete Marke bezweifelt und ihr insoweit falsche Angaben unterstellt, ist diese Frage im Rahmen der Bösgläubigkeit unter dem Gesichtspunkt der Markenerschleichung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu behandeln (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 8 Rdnr. 561). 3. Ein Löschungsgrund nach §§ 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG ist zu verneinen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum über die Art oder Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Bei der Beurteilung, ob ein solches Schutzhindernis besteht, geht es um die Irreführung durch den Zeicheninhalt und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird der Zeicheninhalt im Wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistungen, für welche der markenrechtliche Schutz beansprucht wird (BGH GRUR 2002, 540, 541 - OMEPRAZOK). Ist für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt bei dieser das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht vor (BGH, a. a. O.). Für die Werbung in Branchen-Fernsprechbüchern sowie die Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern ist eine Täuschungseignung der Wort-/Bildmarke "Gelbe Seiten" zu verneinen, weil die Marke für diese Dienstleistungen ohne die Gefahr einer Irreführung benutzt werden kann. 4. Eine Löschung ist auch nicht mit einem Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG zu begründen. a) Nach dieser Bestimmung sind Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen, von der Eintragung als Marke ausgeschlossen. aa) Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ist nicht bei jeder Verletzung eines Gesetzes anzunehmen, sondern liegt nur dann vor, wenn es sich um einen Verstoß gegen Vorschriften handelt, die zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehören (BPatG 32 W (pat) 117/06 - juris Tz. 16; Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 585; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 498). Gegen die öffentliche Ordnung verstößt eine Marke daher nur, wenn sich ihr Inhalt feindlich, verachtend oder verhöhnend gegen staatliche Institutionen oder verfassungsrechtliche Prinzipien richtet (Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 585), was hier nicht der Fall ist. bb) Ein Verstoß gegen die guten Sitten ist bei Marken zu bejahen, die das Empfinden zumindest eines erheblichen Teils der beteiligten Verkehrskreise zu verletzen geeignet sind, indem sie sittlich, religiös oder gesellschaftlich anstößig wirken oder eine grobe Geschmacksverletzung enthalten. Dabei darf bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, nicht außer Acht gelassen werden, dass die maßgebliche Verkehrsauffassung von einer fortschreitenden Liberalisierung der Anschauungen über Sitte und Moral geprägt ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Verkehr im Zuge der modernen Werbung immer häufiger damit konfrontiert wird, dass Waren und Dienstleistungen mit Kennzeichnungen versehen werden, bei denen negative oder anrüchige Bedeutungsgehalte mitschwingen. Dementsprechend kommt auch eine Zurückweisung einer Marke wegen grober Geschmacklosigkeit nur dann in Betracht, wenn die Grenzen des Anstands in unerträglicher Weise überschritten sind (vgl. Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 593; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 500 ff.). Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall. b) Ob die Registrierung an sich oder die konkrete Benutzung der Marke einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten darstellen, wie die Beschwerdeführerin behauptet, ist unerheblich, weil der Verstoß von der Marke selbst ausgehen muss. Die Art und Weise der Markenverteidigung oder der Benutzung im Wettbewerb spielen keine Rolle (Ströbele, a. a. O, § 8 Rdnr. 497). c) Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor, weil Art. 87 f. Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG verletzt sein sollen, welche den Wettbewerb zwischen den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost und anderen Anbietern verfassungsrechtlich garantieren. Zum einen hat nicht einmal die Beschwerdeführerin selbst behauptet, dass der Inhalt oder die Aussage der Marke selbst gegen diese Vorschriften verstießen, sondern sie beanstandet den Schutz einer (angeblich) aus einem Staatsmonopol stammenden Marke zugunsten der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost als solchen. Zum anderen wurden beide Vorschriften erst im Jahre 1994 durch die Postreform II, also 15 Jahre nach der Anmeldung und Eintragung der ver fahrensgegenständlichen Marke, eingeführt. Für die Frage, ob eine Marke entgegen bestehender Schutzhindernisse nach §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG eingetragen worden ist, ist aber grundsätzlich der Rechtszustand zum Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich (Kirschneck in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 50 Rdnr. 6). d) Der behauptete Verstoß gegen Art. 86 Abs. 1 EGV, wonach die Mitgliedstaaten gegenüber öffentlichen Unternehmen keine dem europäischen Gemeinschaftsrecht widersprechenden Maßnahmen treffen, sie also nicht besser stellen dürfen, scheidet schon deshalb aus, weil im Jahre 1979 ein Rechtsübergang von einem staatlichen Monopolunternehmen auf ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen aufgrund des erst am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Postumwandlungsgesetzes noch gar nicht erfolgt und die Deutsche Postreklame GmbH selbst keine Monopolistin war. Denn das Branchenverzeichnis "Gelbe Seiten" wurde nicht im staatlichen Monopol verlegt oder vertrieben, sondern in Kooperation mit einer Vielzahl von privaten Verlagen herausgegeben. Auch Dritte hatten stets die Möglichkeit, neben der Deutschen Bundespost die Daten gewerblicher Teilnehmer selbständig zu erheben. Daher gab es im maßgeblichen Zeitraum private Mitbewerber, die gleichfalls Branchenverzeichnisse vertrieben, wie das "Einwohnerbuch der Stadt Erlangen" von 1972 (BG 1, Bl. 86 - 90 GA), das "Einwohner-Adressbuch für den Kreis Geldern" von 1973 (BG 1, Bl. 91 - 96 GA) und "Der gute Ruf" von 1990/91 (BG 1, Bl. 97 GA). Die Existenz von Mitbewerbern ergibt sich auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 1961 (- I ZR 105/59, NJW 1961, 1860 ff.). 5. Die Löschung kann auch nicht mit einem Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG begründet werden. § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG bestimmt, dass Marken von der Eintragung ausgeschlossen sind, deren Benutzung ersichtlich nach "sonstigen Vorschriften", d. h. nach Vorschriften außerhalb des Markenrechts im öffentlichen Interesse untersagt werden kann. Dieses Schutzhindernis, das auf der Ermächtigung des Art. 3 II lit. a MarkenRL beruht, steht der Eintragung nur entgegen, wenn die Benutzung des Zeichens in jedem Fall untersagt werden kann (BGH GRUR 2005, 258, 260 - Roximycin). Im vorliegenden Fall gibt es keine Vorschrift, die der Benutzung des verfahrensgegenständlichen Zeichens in jedem Fall entgegensteht. Es fehlen sowohl nationale als auch europäische Verwendungsverbote. Europäische Richtlinien, wie die von der Beschwerdeführerin angeführte Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf  den  Märkten  für  elektronische  Kommunikationsnetze  und -dienste (Anlage 3), welche Art. 86 Abs. 1 EGV konkretisiert und in Art. 5 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass alle ausschließlichen und/oder besonderen Rechte bei der Einrichtung und Bereitstellung von Auskunftsdiensten, sei es in Form der Veröffentlichung von Verzeichnissen oder in Form von mündlichen Auskunftsdiensten, in ihrem Hoheitsgebiet aufgehoben werden, erfüllen unabhängig davon, dass sie im Zeitpunkt der Markeneintragung noch gar nicht existierten, den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG nicht, solange sie noch nicht in das nationale Recht umgesetzt sind, da sie insoweit keine (horizontale) Direktwirkung gegenüber dem einzelnen Bürger entfalten (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 8 Rdnr. 320; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 525). Da auch die gesetzlichen Benutzungsverbote den Inhalt oder die Aussage der Marke selbst untersagen müssen (Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 519), gelten, was den angeblichen Verstoß gegen Art. 87 f. Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG sowie Art. 86 Abs. 1 EGV betrifft, die Ausführungen zu § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entsprechend. 6. Ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist eben-falls zu verneinen. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG beruht auf Art. 3 Abs. 2 lit. d MarkenRL. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit der Antragsteller die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat. Nach Art. 4 Abs. 4 lit. g MarkenRL kann jeder Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit die Marke mit einer Marke verwechselt werden kann, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung im Ausland benutzt wurde und weiterhin dort benutzt wird, wenn der Anmelder die Anmeldung bösgläubig eingereicht hat. Der deutsche Gesetzgeber hat von der Option in Art. 3 Abs. 2 lit. d MarkenRL zunächst in der Weise Gebrauch gemacht, dass er die bösgläubige Anmeldung in § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F. nur als einen auf einen Löschungsantrag zu berücksichtigenden Nichtigkeitsgrund geregelt hat. Durch Art. 2 Abs. 9 Nr. 1 lit. c des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I 2004, 390) ist die bösgläubige Anmeldung seit dem 1. Juni 2004 nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ein bereits im patentamtlichen Prüfungsverfahren zu berücksichtigendes absolutes Eintragungshindernis. Damit steht ein markenrechtlicher Anspruch zur Verfügung, um rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Markenanmeldungen zu verhindern oder zur Löschung zu bringen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Markenrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 12/6581, S. 79, 95 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 73, 89 zu § 50 MarkenG). In erster Linie sollen Fälle erfasst werden, bei denen die Anmeldung der Marke nur dem Ziel dient, Unterlassungs- oder Geldersatzansprüche gegen Dritte durchzusetzen (Begründung des Regierungsentwurfs zum Geschmacksmusterreformgesetz, BT-Drucks. 15/1075, S. 67 = BlPMZ 2004, 222, 253). Mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG soll den Fällen begegnet werden, in denen Privat- oder Geschäftsleute bestimmte Bezeichnungen als "Hinterhaltsmarken" schützen lassen, um ihre formelle Rechtsposition zur Geltendmachung ungerechtfertigter Lizenz- oder Abmahnkostenerstattungsansprüche auszunutzen (BT-Drucks. 15/1075, S. 67 unter Hinweis auf BGH GRUR 2001, 242, 244 = WRP 2000, 160 - Classe E; BGH MarkenR 2009, 312, 313 - Ivadal). Mit dem Begriff der Bösgläubigkeit der Anmeldung hat der deutsche Gesetzgeber den in der Markenrechtsrichtlinie verwendeten Begriff übernommen (vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 79, 95 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 73, 89). Dieser Begriff ist weder im Markengesetz noch in der Markenrechtsrichtlinie definiert, er ist aber aufgrund des einheitlichen Markenrechtsverständnisses richtlinienkonform auszulegen (Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 664; Grabrucker, Mitt. 2008, 532, 536). Die Rechtsprechung knüpft daher an den außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach § 1 UWG und § 826 BGB an. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGHZ 167, 278 Tz. 41 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance, jeweils m. w. N.; BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Die Bösgläubigkeit muss, wie bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, im Zeitpunkt der Anmeldung gegeben sein. Mit dem Zeitpunkt der Anmeldung ist, da es sich um ein absolutes Eintragungshindernis handelt, der Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung gemeint (BGHZ 167, 278 Tz. 42 - FUSSBALL WM 2006; BT-Drucks. 15/1075, S. 68 zu § 50 Abs. 2 MarkenG, BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Einer Marke ist daher die Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG auch dann zu versagen, wenn die Anmeldung (erst) im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung als bösgläubig zu beurteilen ist. Nach der Eintragung liegende Umstände können dagegen als solche das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht begründen. Sie spielen lediglich insoweit eine Rolle, als sie den Schluss zulassen, dass bereits die Anmeldung bösgläubig war. Es ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu beurteilen, ob nach der Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) bereits die Anmeldung bösgläubig war. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung gibt es mehrere Fallgruppen der bösgläubigen Anmeldung, nämlich u. a. (1) die Anmeldung sogenannter Sperrmarken, um Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen, ohne dass ein genereller Benutzungswille des Markenanmelders vorliegt, (2) die Anmeldung von Marken mit dem Ziel, den erkannten im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers einer gleichen oder verwechselbar ähnlichen Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren bzw. Dienstleistungen ohne rechtfertigenden Grund zu stören oder den weiteren Gebrauch der vorbenutzten Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu sperren (vgl. BGH MarkenR 2009, 312, 313 - Ivadal), (3) die Anmeldung der Marke mit der Absicht einer zweckfremden Nutzung des Zeichens, um Dritte in wettbewerbswidriger Weise zu behindern, und (4) der Fall der Markenerschleichung, d. h. wenn der Anmelder falsche Angaben macht oder Umstände verschweigt, um die Eintragung der Marke zu erreichen (Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 531 m. w. N.; Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 667 - 678; Grabrucker, a. a. O., 536, 537). Bei der Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit sind auch die Kriterien zu berücksichtigen, welche der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. Juni 2009 in der Rechtssache C-529/07 - Lindt & Sprüngli ./. Franz Hauswirth (GRUR 2009, 763 ff.) aufgestellt hat, welche sich aber von denjenigen des Bundesgerichtshofs nicht wesentlich unterscheiden. Danach ist das nationale Gericht bei der Beurteilung der Frage, ob der Anmelder im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke bösgläubig ist, gehalten, alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem von ihm zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke vorliegen, insbesondere - die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, - die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie - den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen. Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Markenanmeldung der Deutschen Postreklame GmbH nicht als bösgläubig eingestuft werden. a) Es kann nicht festgestellt werden, dass die Anmelderin in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen angemeldet hat (vgl. BGH GRUR 2008, 621 Rdnr. 1 = WRP 2008, 785 - AKADEMIKS ; GRUR 2008, 917 Rdnr. 20 = WRP 2008, 1319 - EROS m. w. N.; BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal; BPatG Mitt. 2010, 31 ff. - Käse in Blütenform III). aa) Es fehlt schon an einem Eingriff in einen der Deutschen Postreklame GmbH bekannten, im Inland bestehenden schützwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers. Denn Anhaltspunkte für einen im Inland schutzwürdigen Besitzstand anderer Firmen sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Für die Annahme eines im Inland schutzwürdigen Besitzstandes ist in tatsächlicher Hinsicht eine hinreichende Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland erforderlich. Maßgeblich sind hierbei nicht nur allgemeine Feststellungen hinsichtlich Umfang und Dauer der Verwendung, Werbeaufwendungen, eine erreichte Marktposition, bestehende Konkurrenzverhältnisse und damit Absatzchancen und Gewinnerwartungen auf dem jeweiligen Markt etc., ohne dass es auf die absoluten Stückzahlen verkaufter Produkte ankäme. Entscheidend ist vielmehr, welche konkrete Bedeutung die Kennzeichnung bei der individuellen geschäftlichen Betätigung des Vorbenutzers erlangt hat (BPatG BeckRS 2007, 13721 - NF IV; BGH Mitt. 2004, 315 - P21S; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 552). Seit der Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 (Bl. 25 d. Anmeldeakte), in welcher die Anregung der Deutschen Postreklame GmbH und der Verlagsgesellschaften aufgegriffen wurde, zur Angleichung der Branchen-Fernsprechbücher das Signum "Gelbe Seiten" zu verwenden, bis zur Anmeldung im Jahre 1979 bzw. bis zur Eintragung im Jahre 1982 hatte die Deutsche Postreklame GmbH gemeinsam mit ihren Partnerfachverlagen das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen im Zusammenhang mit ihren Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern sowie Werbung darin eingeführt, systematisch aufgebaut und bundeseinheitlich verwendet, wie die Beschwerdegegnerin durch Vorlage von Fotokopien der Umschlagseiten der Branchenfernsprechbücher (BG 7, Bl. 180 - 183 GA), von Fotos von Werbemittelaufdrucken (BG 8 Bl. 209 - 211 GA) sowie Fotos von Hausfassadenwerbung (BG 8, Bl. 258 u. 260 GA) aus dem Zeitraum vor der Anmeldung belegt hat. Soweit die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung des verfahrensgegenständlichen Zeichens beim DPA drei ähnliche Bezeichnungen für vergleichbare Verzeichnisse eingetragen waren, nämlich die Wort-/Bildmarke "The International Yellow Pages" der amerikanischen Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Purchase N. Y., für Telefonverzeichnisse in internationalem Umfang und Adressbücher seit dem 9. Oktober 1963 (Anlage 11), die Wort-/Bildmarke " Les Pages Jaunes Internationales " der gleichen Firma für die gleichen Waren seit dem 10. Oktober 1963 und die Wort-/Bildmarke "Golden Pages" der amerikanischen Firma ITT World Directories, Inc., New York, für Telefonadressbücher seit dem 14. Mai 1970 (Anlage 13), ist zum einen anzuführen, dass sich die verfahrensgegenständliche Marke auf Dienstleistungen der Klasse 35 bezieht, während die drei vorgenannten Marken für Waren der Klasse16 eingetragen wurden. Zum anderen handelt es sich nicht um gleiche oder verwechselbar ähnliche Marken, weil sowohl der Zusatz "international(es)" als auch die fremdsprachigen Begriffe, auch wenn es sich dabei nur um die englische oder französische Übersetzung der Worte "Gelbe Seiten" handelt, als auch die charakteristischen Bildbestandteile (aufgeschlagenes Buch und rechts davor stehender Telefonapparat) eine Verwechslungsmöglichkeit ausgeschlossen haben. Dass der Begriff der "Gelben Seiten" als "Yellow Pages" für Branchentelefonbücher bereits Ende des 19. Jahrhunderts in den USA verwendet wurde und von dort ursprünglich stammt (Wikipedia Stichwort "Yellow Pages"; Zeitungsartikel "Nürnberger Nachrichten" vom 24. Mai 1975, Anlage 26) und dass er auch in vielen europäischen Ländern und in Japan in der entsprechenden Übersetzung Verwendung fand, bildet grundsätzlich kein Hindernis, den deutschen Begriff für bestimmte Waren oder Dienstleistungen als Marke eintragen zu lassen, weil das Markenrecht weder qualitative Anforderungen an die Marke im Sinne einer schöpferischen Tätigkeit stellt (BGH GRUR 2001, 334, 336 f. - Gabelstapler), noch kennt es ein Vorbenutzungsrecht (BGH GRUR 2002, 544, 546 - Bank 24). bb) Aber selbst wenn ein schutzwürdiger Besitzstand der beiden amerikanischen Markeninhaber bestanden hätte, hätte es sich nur um einen solchen im Ausland gehandelt, denn Anhaltspunkte dafür, dass die in Deutschland registrierten Marken auch hier benutzt worden sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Im Gegenteil: Sie sind mangels Benutzung im Inland schließlich wegen Verfalls gelöscht worden (§ 49 MarkenG). Wegen des im Markenrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes (vgl. auch Art. 6 PVÜ) ist es grundsätzlich rechtlich unbedenklich, wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet wird, dass ein anderer dasselbe Zeichen im benachbarten Ausland als Marke für gleiche oder sogar identische Waren benutzt (BGHZ 173, 230 Tz. 19 - CORDARONE m. w. N., MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Als besondere Umstände, die zur Kenntnis von der Benutzung im Ausland hinzutreten und das Verhalten des Anmelders als bösgläubig erscheinen lassen können, kommen wegen des markenrechtlichen Territorialitätsgrundsatzes nur solche Sachverhalte in Betracht, die einen hinreichenden Inlandsbezug haben. Über einen inländischen Besitzstand haben die amerikanischen Firmen mangels Benutzung im Inland jedoch nicht verfügt. Aber auch ohne einen inländischen Besitzstand eines Vorbenutzers kann die Anmeldung einer Marke als bösgläubig zu beurteilen sein, wenn der Anmelder den Inhaber eines wertvollen ausländischen Zeichens, der dieses demnächst auch auf dem inländischen Markt benutzen will, daran durch die mit der Eintragung der angemeldeten Marke verbundene zeichenrechtliche Sperre hindern will (BGHZ 173, 230 Tz. 21 - CORDARONE, m. w. N.; MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Da die amerikanischen Firmen ihre seit Oktober 1963 bzw. Mai 1970 in Deutschland eingetragenen Marken bis 1979 nicht eingesetzt, sondern der Deutschen Postreklame GmbH das inländische Feld seit mehr als 15 bzw. neun Jahren überlassen hatten, scheidet bereits eine ernsthafte inländische Benutzungsabsicht der Vorbenutzer aus. cc) Aber selbst wenn ein der Deutschen Postreklame GmbH bekannter schutzwürdiger inländischer Besitzstand der amerikanischen Firmen bestanden hätte, hätte die damalige Markenanmelderin weder ohne sachlichen Grund noch mit Störungs- oder Behinderungsabsicht in diesen eingegriffen. Die Anmeldung einer Marke ohne sachlichen Grund liegt vor, wenn der Markenanmelder kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der fraglichen Marke hat. Ein solches Interesse besteht jedoch, wenn der Anmelder die Kennzeichnung in beachtlichem Umfang selbst benutzt hat und deren markenrechtliche Absicherung gegenüber Dritten für erforderlich hält (Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 667; Ströbele, a. a.O., § 8 Rdnr. 556). Aufgrund der Tatsache, dass die Deutsche Postreklame GmbH das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen für ihre Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern sowie Werbung darin seit 1968/1969, also etwa 10 Jahre vor der Anmeldung, eingeführt, systematisch aufgebaut und bundeseinheitlich ununterbrochen benutzt und damit einen erheblichen Bekanntheitsgrad erreicht hatte (vgl. EuGH, a. a. O., 765 Rdnr. 51), kann ihr ein berechtigtes Interesse an der Eintragung der Marke nicht abgesprochen werden. Die Anmeldung diente ausschließlich der markenrechtlichen Absicherung der Verwendung einer bereits bekannten Kennzeichnung. Die Deutsche Postreklame hat von der zum 1. April 1979 eröffneten Möglichkeit, Dienstleistungsmarken beim DPA anzumelden, daher umgehend Gebrauch gemacht. Da die Markenanmeldung somit ausschließlich auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs ausgerichtet war, fehlte es auch an einer Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen (vgl. BGH GRUR 2008, 917, 919 - Eros). Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Anmelderin das Zeichen als Marke hat eintragen lassen, ohne dessen Benutzung zu beabsichtigen, allein um den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern. Hierzu fehlen jegliche Anhaltspunkte, die dies belegen könnten. Die Marke sollte hier vielmehr ihre Hauptfunktion erfüllen, die darin besteht, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der betreffenden Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Dienstleistung ohne die Gefahr einer Verwechslung von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH, a. a. O., 765 Rdnr. 45). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin belegt das Protokoll des Aufsichtsrats der Deutschen Postreklame GmbH vom 25./26. November 1968 (Anlage 17) nicht, dass letztere bereits 1968 den Vorsatz gefasst hat, alle privaten freien Branchenbuchverleger und die eigenen Vertragsverleger mit dem beschreibenden Begriff "Gelbe Seiten" behindern zu wollen. Ihm lässt sich vielmehr entnehmen, dass sie mit dem Ziel der Umsatzsteigerung für ihre Dienstleistungen ein Markenzeichen schaffen und durchsetzen, eine sachliche und psychologische Werbebotschaft vermitteln und die Barriere "Desinteresse" überwinden wollte. Dieses Protokoll dokumentiert daher nur den Startschuss für die Einführung und Benutzung des verfahrensgegenständlichen Zeichens etwa 10 Jahre vor der Eintragung ins Markenregister. Eine Behinderung Dritter durch Anmeldung und Eintragung des - gerade erst konzi-pierten - Wort-/Bildzeichens ins Markenregister ist zu diesem Zeitpunkt gerade nicht geplant gewesen. Der Beschwerdeführerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass das Schreiben der Firma The Reuben H. Donnelley Corponation , Purchase, N. Y., vom 27. August 1962 (Anlage 14) zeige, dass das Verhalten der Deutschen Postreklame GmbH in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung ihrer Mitbewerber und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet gewesen sei. In diesem an das ehemalige Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen gerichteten Schreiben bedankt sich der Marketingdirektor der Firma The Reuben H. Donnelley Corporation bei dem Oberpostrat Dr. Kohl für das mit ihm am 13. April 1962 geführte kooperative Gespräch über Werbung in Branchen-Fernsprechbüchern, das Grundlage für die Entscheidung darüber sein sollte, ob die amerikanische Firma ihre Dienstleistungen auf Westdeutschland ausweiten solle. Dieses Gespräch fand bereits ca. sechs Jahre vor der Entscheidung über die Einführung und Benutzung des verfahrensgegenständlichen Markenzeichens und ca. 17 Jahre vor deren Anmeldung im Markenregister statt. Eine noch bei der Anmeldung bestehende Behinderungsabsicht lässt sich daraus nicht ableiten. dd) Selbst wenn die verfahrensgegenständliche Marke von der Inhaberin seit Jahren nicht mehr benutzt worden sein sollte, wie die Beschwerdeführerin behauptet, könnte dies allein noch nicht die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung rechtfertigen. Denn dem Markeninhaber bleibt es unbenommen, von seinem Markenrecht keinen Gebrauch zu machen. Als Sanktion für unterbliebene Nutzung kommt nur der Verfall in Betracht. ee) Der von der Beschwerdeführerin pauschal behauptete Umstand, dass Leiter und Mitarbeiter der Markeninhaberin sich ungerechtfertigt auf Kosten des Staates bereichert hätten, indem sie teilweise eigene Verlage gegründet hätten, mit denen bevorzugt zusammengearbeitet worden sei, ist für die Frage der bösgläubigen Markenanmeldung unerheblich. b) Die Markenabteilung ist bei ihrer Prüfung zu Recht davon ausgegangen, dass der Tatbestand der Erschleichung einer Marke ebenfalls nicht vorliegt. aa) Selbst wenn die verfahrensgegenständliche Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen als beschreibende Angabe freihaltungsbedürftig wäre und dem Zeichen die Unterscheidungskraft fehlte, wie die Beschwerdeführerin behauptet, rechtfertigte dies noch nicht die Annahme einer Markenerschleichung. bb) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die damalige Anmelderin falsche Angaben zu ihrer Markenberechtigung gemacht oder Unterlagen manipuliert hat. aaa) Die Deutsche Postreklame GmbH ist materiell berechtigt gewesen, die verfahrensgegenständliche Marke anzumelden. (1) Denn ihr stand ein originäres und nicht von der Deutschen Bundespost abgeleitetes Recht zur Markenanmeldung zu. Ausweislich des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Auszuges aus dem in der Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen vom 10. Juli 1956 veröffentlichten Beitrag von Herrn Staatssekretär Dr. Steinmetz "10 Jahre Deutsche Postreklame GmbH" sowie des für Herrn Staatssekretär Gescheidle im Jahre 1974 aufbereiteten Skripts (Anlage 6) war der am 9. Juli 1946 errichteten Deutschen Postreklame GmbH wie ihrer 1924 gegründeten Vorgängerin durch einen Pachtvertrag von der Deutschen Post das alleinige und ausschließliche Recht übertragen worden, die für die Fremdwerbung freigegebenen Einrichtungen der Post für Werbezwecke auszunutzen. Dazu gehörte die ihr allein eingeräumte Verfügungsbefugnis über die amtlichen Unterlagen betreffend die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Fernsprechanschlüssen, also die Daten der Fernsprechteilnehmer. Gleichzeitig war sie neben der Zahlung einer Pachtsumme verpflichtet worden, bei ihrer Tätigkeit die Interessen und Bedürfnisse des Post- und Fernmeldewesens und das Bild der Verwaltung in der Öffentlichkeit zu beachten. Alleiniger Gesellschafter bzw. ab 1949 Mehrheitsgesellschafter war die Deutsche Post, später Deutsche Bundespost. Die Deutsche Postreklame GmbH war daher ein selbständiges Wirtschaftsunternehmen im Kapitalbesitz der Deutschen Bundespost. Die Gesellschaft unterlag deren ständiger Aufsicht. Zur Ausübung der Aufsicht über das Unternehmen und zur Überwachung der Geschäftsführung wurde ein Aufsichtsrat bestellt, dem leitende Beamte des Bundespostministeriums angehörten. Die Schwerpunkte der Postreklametätigkeit lagen im Buchgeschäft, d. h. Werbung in amtlichen Fernsprechbüchern und anderen amtlichen Druckwerken sowie Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern und örtlichen Fernsprechbüchern zusammen mit privaten Verlegern. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte die Deutsche Postreklame GmbH das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen ab 1968/1969 im Zusammenhang mit ihren Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern sowie Werbung darin mit Genehmigung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 (Bl. 25 d. Anmeldeakte) aufgrund dessen Verfügung vom selben Tage eingeführt, systematisch aufgebaut und als einziges Unternehmen zusammen mit ihren Partnerverlagen in Deutschland verwendet und bekannt gemacht. Sie hat also auf der Grundlage der ihr von der Deutschen Post bzw. Deutschen Bundespost übertragenen Rechte bzw. Verfügungsbefugnisse ein Kennzeichen für ihre Dienstleistungen entwickelt, für das sie 1979 Markenschutz beantragt hat. Sie war als Herausgeberin und Verlegerin von Branchenverzeichnissen in Zusammenarbeit mit ihren Partnerverlagen die alleinige Vorbenutzerin dieses Zeichens und somit auch materiell berechtigt, das in ihrem Geschäftsbetrieb entwickelte Kennzeichen markenrechtlich schützen zu lassen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat sie dafür nicht einer (weiteren) "staatlichen Genehmigung" der Deutschen Bundespost bedurft. Denn nicht die Deutsche Bundespost hatte dieses Zeichen geschaffen und vorbenutzt, sondern die Deutsche Postreklame GmbH als juristische Person des Privatrechts auf der Grundlage der von der Deutschen Bundespost im Wege des Pachtvertrages übertragenen Befugnisse. Da die Deutsche Postreklame GmbH erst seit 1946 existierte und keine Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichspostreklame GmbH war, wie die Beschwerdeführerin selbst vorgetragen hat, und zu keinem Zeitpunkt staatliche Branchenfernsprechbücher herausgegeben hat, fehlt dem Vortrag der Beschwerdeführerin zu der Verzichtsvereinbarung von 1936 jegliche Relevanz für das vorliegende Verfahren. (2) Die unter den Parteien streitige Frage, ob die Beschwerdegegnerin die Markenrechte im Innenverhältnis zu ihren Partnerfachverlagen treuhänderisch gehalten hat, ist unerheblich, weil sie im Außenverhältnis, auf das es hier allein ankommt, uneingeschränkte Inhaberin des Markenrechts ist. bbb) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Deutsche Postreklame GmbH im Verkehrsdurchsetzungsverfahren Aussagen zu ihren Gunsten manipuliert hat. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist das Schreiben der Deutschen Postreklame GmbH vom 17. Oktober 1980 (Anlage 2) an Verbände in Deutschland weder dem DPA vorenthalten worden, noch ist es "manipulativ und suggestiv" formuliert, noch enthält es falsche Angaben. Dieses Schreiben hat dem DPA vorgelegen. Denn es befindet sich in der rechten Umschlagtasche der Anmeldeakte in einer Klarsichthülle. Es handelt sich auch nicht um einen Text, der den Verbänden nur zur Unterschrift vorgelegt worden ist, wie die ebenfalls in der rechten Umschlagtasche der Anmeldeakte in einer Klarsichthülle enthaltenen Antwortschreiben zeigen. Im Anschreiben selbst werden vielmehr die von der Deutschen Postreklame in Zusammenarbeit mit privaten Verlegern herausgegebenen Branchen-Fernsprechbücher mit dem Wort-/Bildzeichen "Gelbe Seiten" beschrieben sowie deren Historie dargestellt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bisher eine markenrechtliche Eintragung nicht erreicht worden sei und die Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung noch ausstehe, weshalb zur Vorlage beim DPA um eine Bestätigung gebeten werde, dass ihnen dieses Zeichen bekannt sei. Den Verbänden war also völlig freigestellt, ob sie die erbetene Bestätigung abgeben oder nicht. Der Umstand, dass, wie sich aus Ziffer 8 des an das DPA gerichteten Schreibens der Bevollmächtigten der Deutschen Postreklame GmbH vom 29. Dezember 1980 (Bl. 25 ff., 30 d. Anmeldeakte) ergibt, von der damaligen Anmelderin auf Anforderung des DPA 178 Bestätigungen von Abnehmern vorgelegt worden sind, welche aus einem einheitlichen Text bestehen, dessen Unterzeichnung den Befragten freigestellt wurde, ist nicht geeignet, der damaligen Anmelderin suggestives oder manipulatives Verhalten nachzuweisen. Zum einen hat sie gegenüber dem DPA selbst im vorgenannten Schreiben unter Ziffer 8 offengelegt, dass es sich um vorgegebene Texte handelt mit der Erläuterung, dass es unsinnig wäre, jedem Befragten eine eigene Erklärung zuzumuten. Zum anderen bildeten diese 178 Erklärungen nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage des DPA. Es hatte, wie das vorgenannte Schreiben belegt, zahlreiche weitere Unterlagen angefordert und erhalten, nämlich u. a. eine Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 nebst der damals gültigen Dienstanweisung für den Fernmeldebuchdienst der Deutschen Bundespost zur Verwendung des Zeichens "Gelbe Seiten", eine Auflistung der Auflagenhöhe von "Gelbe Seiten" von 1969 bis 1979, eine Auflistung der Auflagenhöhe für die einzelnen Regionen, Kopien von Titelseiten der Branchen-Fernsprechbücher seit 1969, eine Auflistung verschiedener Werbeaufwendungen (für TV-Spots) für die Jahre 1977 bis 1980 sowie 2.000 Darstellungen des Zeichens. Hinzu kommt, dass das DPA selbst den DIHT um eine (neutrale) Auskunft gebeten hat, ob sich die angemeldete Marke als Merkmal für die Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb im Verkehr durchgesetzt habe. Dies hat der DIHT im Schreiben vom 3. Dezember 1981 (Bl. 38 d. Anmeldeakte) als Ergebnis einer Befragung der Industrie- und Handelskammern bestätigt und die Auskünfte der einzelnen Kammern beigefügt. Den Umstand, dass die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern in ihrem Schreiben vom 6. Oktober 1981 (Bl. 47 Anmeldeakte) dem DIHT als einzige mitgeteilt hat, dass die Auswertung ihrer Umfrage nur in Verlagskreisen deutliche Ansätze einer Verkehrsdurchsetzung erkennen lasse, während in den übrigen Geschäftskreisen das Zeichen weniger als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen angesehen werde, hat das DPA zu Recht nicht zum Anlass genommen, das vom DIHT mitgeteilte Gesamtergebnis in Frage zu stellen. Soweit die Beschwerdeführerin beanstandet, dass die Industrie- und Handelskammern nicht den relevanten Markt befragt hätten, so dass das DPA die Verkehrsdurchsetzung aufgrund einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage getroffen habe, kann dies der Markenanmelderin selbst nicht vorgeworfen werden. Denn der Markenanmelder kann sich grundsätzlich auf die - für ihn positive - Beurteilung seiner Marke durch die Eintragungsbehörde verlassen (BGH GRUR 2006, 432, 433). ccc) Die Bösgläubigkeit kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht mit der Begründung angenommen werden, dass der Deutschen Postreklame GmbH bekannt gewesen sei, dass der Begriff "Gelbe Seiten" nicht schutzfähig gewesen und das Wort-/Bildzeichen mit diesem Wortbestandteil fälschlicherweise als im Verkehr durchgesetzt eingetragen worden sei. Wie bereits eingehend erörtert, hat das Amt vor der Eintragung der verfahrensgegenständlichen Wort-/Bildmarke eine umfangreiche Prüfung der Verkehrsdurchsetzung vorgenommen, so dass die Anmelderin auf die Richtigkeit des anschließend vom DPA getroffenen Urteils der Verkehrsdurchsetzung vertrauen durfte. Anhaltspunkte dafür, dass ihr bewusst gewesen sei, dass hier eine fehlerhafte Entscheidung getroffen würde, sind nicht ersichtlich. Aber selbst wenn sie bei der rechtlichen Beurteilung ihrer Marke von deren möglicher Schutzunfähigkeit ausgegangen wäre und mit einer Fehlentscheidung gerechnet hätte, würde dies noch nicht den Tatbestand einer bösgläubigen Anmeldung erfüllen (Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 562 m. w. N.). ddd) Es ist ferner völlig fernliegend, aus dem Umstand, dass ca. 10 Jahre später eine Vielzahl von Wortmarken mit dem Bestandteil "Gelbe Seiten" angemeldet worden ist, auf eine Behinderungsabsicht schon zum Anmeldezeitpunkt zu schließen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist von einer wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht des Markenanmelders grundsätzlich nicht auszugehen, wenn mit ihr - wie hier - seine "Markenfamilie" fortgeschrieben wird. Bei einer Pflege des eigenen Markenbestandes steht die Tendenz im Vordergrund, einen Einbruch fremder Bezeichnungen in den eigenen Markenbestand zu verhindern (BGH GRUR 2005, 581, 582 - The Colour of Elégance). eee) Soweit die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin vorwirft, letztere habe, um den Löschungsantragsteller GoYellow im Wettbewerb und im Löschungsverfahren zu behindern, selbst Internetdomains mit dem Wortbestandteil GoYellow registriert und auf ihre eigene Website gelenkt, ist dies unerheblich, weil der vorgenannte Vorgang keinen Bezug zur hier entscheidenden Frage einer angeblich bösgläubigen Anmeldung der Wortmarke "Gelbe Seiten" im Jahre 1979 aufweist. fff) Selbst wenn es nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin zuträfe, dass die Markeninhaberin die Firma Yellow Phone GmbH bzw. dessen Geschäftsführer Keil beauftragt habe, gegen die Firma GoYellow im laufenden Löschungsverfahren der "Gelbe Seiten"-Marken vorzugehen, und dass sie die Beschwerdeführerin durch das Angebot einer Ratenzahlung zur Rücknahme ihres Löschungsantrages gegen die "Gelbe Seiten"-Marken habe bewegen wollen, könnten diese Umstände nicht als Indizien für eine Verdrängungsabsicht der Anmelderin zum Zeitpunkt der Anmeldung bzw. Eintragung gewertet werden. (1) Denn ein Markeninhaber ist jederzeit berechtigt, sein Markenrecht gegen Dritte zu verteidigen. Die Eintragung einer Marke dient grundsätzlich gerade dem Zweck, sich das Alleinbenutzungsrecht zu sichern und sich gegen die Benutzung durch andere zur Wehr setzen zu können. Zu diesem Zweck können alle legalen Mittel eingesetzt werden. (2) Es ist ferner nicht zu beanstanden, wenn versucht wird, Löschungsverfahren auf dem Vergleichswege zu beenden. Dies wird durch die im zweiseitigen Beschwerdeverfahren geltende Dispositionsmaxime ermöglicht, wonach die Beteiligten das Verfahren durch entsprechende Erklärungen beenden können. c) Da die 10-jährige Ausschlussfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG einer erneuten Prüfung der Unterscheidungskraft oder der Verkehrsdurchsetzung der verfahrensgegenständlichen Marke entgegensteht, kann die (angebliche) Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit ihres Schutzes (u. a. auch wegen Verstoßes gegen Art. 28 und 82 EGV) nicht damit begründet werden, dass es sich bei ihr nur um eine Gattungsbezeichnung ohne Verkehrsdurchsetzung handele, wie dies im Gutachten von Prof. Dr. Murswiek von Juli 2006 getan wird. Einer Beweiserhebung durch Vernehmung der von der Beschwerdeführerin angebotenen Zeugen N…, Sch…, O…, B… und Dr. F… zu den jeweiligen von ihr angegebenen Beweis the men bedurfte es nicht, weil die unter Beweis gestellten Behauptungen entweder unstreitig oder unerheblich sind. Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005551&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005552
BPatG
München
29. Senat
20100415
29 W (pat) 85/10
Beschluss
§ 3 Abs 1 MarkenG, § 7 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 5 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 9 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 2 MarkenG
nachgehend BGH, 23. Februar 2012, Az: I ZB 30/10, Beschluss
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – "Gelbe Seiten" – zur Ausschlussfrist für den Löschungsantrag - abstrakte Unterscheidungseignung - Markenfähigkeit – zur Markenrechtsfähigkeit der Anmelderin – keine Gefahr einer Irreführung - kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten – keine sonstigen gesetzlichen Benutzungsverbote – keine Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung - rechtliche Ausführungen zum Begriff der bösgläubigen Markenanmeldung
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 1 177 265 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. März 2010 15. April 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Mai 2009 wird aufgehoben.
I. Die Wortmarke 1 177 265 Gelbe Seiten wurde für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 "Werbung in Branchen-Fernsprechbüchern; Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern" am 2. August 1990 angemeldet und am 5. Juni 1991 als durchgesetztes Zeichen für die Deutsche Postreklame GmbH in das Markenregister eingetragen. Am 1. September 1994 erfolgte die Umschreibung auf die D… GmbH und am 4. Februar 2009 auf die Beschwerdeführerin. Im Eintragungsverfahren hatte die Prüfungsstelle für Klasse 35 Wz des Deutschen Patentamtes (DPA) zur Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung der verfahrensgegenständlichen Marke unter Verzicht auf weitere Glaubhaftmachungsmittel auf die im Jahre 1979 angemeldete und am 27. Mai 1982 als verkehrsdurchgesetztes Zeichen eingetragene Wort-/Bildmarke 1 033 815 Bezug genommen. Ihre am 30. November 2007 (Antragstellerin zu 1.) und am 12. April 2007 (Antragstellerin zu 2.) beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingegangenen Löschungsanträge haben die Antragstellerinnen übereinstimmend damit begründet, dass die angegriffene Marke nur beschreibend gewesen sei und nicht aufgrund von Verkehrsdurchsetzung hätte eingetragen werden dürfen. Ferner sind sie der Ansicht gewesen, dass die absoluten Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 5 und 9 MarkenG vorgelegen hätten und dass die Marke in bösgläubiger Absicht angemeldet worden sei, um zwecks Festigung der Monopolstellung der Anmelderin nationale und internationale Branchenverzeichnis-Verleger zu behindern und vom Markt zu drängen. Darüber hinaus hat die Antragstellerin zu 2.) die Auffassung vertreten, dass die Eintragung der Marke gegen § 3 und § 7 MarkenG verstoße. Die Antragstellerin zu 1.) hat zur näheren Begründung ausgeführt, die Herausgabe des mit "Gelbe Seiten" bezeichneten (amtlichen) Branchenverzeichnisses sei bis zur Privatisierung der Deutschen Bundespost zum 1. Januar 1995 Teil des staatlichen Postmonopols gewesen, auch habe es sich bei dem angegriffenen Zeichen um eine beschreibende Angabe für ein Produkt der Deutschen Bundespost gehandelt, so dass die Eintragung allein aufgrund des 1991 noch bestehenden Postmonopols habe durchgesetzt werden können. Da die Markeninhaberin als 100-%ige Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG und als Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost faktisch auch heute noch ein öffentliches Unternehmen sei und der beherrschende Einfluss der öffentlichen Hand bzw. das faktische Monopol noch fortbestehe, stelle der Schutz der verfahrensgegenständlichen Marke eine schwere Störung des Wettbewerbs dar und sei deshalb mit verfassungs- und europarechtlichen Regelungen unvereinbar. Die Markeneintragung verstoße daher gegen die öffentliche Ordnung. Zudem sei die Deutsche Postreklame GmbH bei der Anmeldung am 2. August 1990 bösgläubig vorgegangen. Denn obwohl ihr sowohl bekannt gewesen sei, dass der Begriff "Gelbe Seiten" aus den USA stamme, wo er seit 1886 in der englischen Sprache als "Yellow Pages" für Branchenverzeichnisse verwendet werde, als auch die bevorstehende Privatisierung der Deutschen Bundespost bewusst gewesen sei, habe sie die Markenanmeldung allein mit dem Ziel vorgenommen, künftige Mitbewerber von der Benutzung dieses bis dahin beschreibend als Synonym für Branchenbücher genutzten Begriffes auszuschließen. Es werde bestritten, dass die Deutsche Postreklame GmbH die Wortmarke "Gelbe Seiten" schon seit der Einführung im Jahr 1968/1969 intensiv beworben, bundesweit aufgebaut und gemeinsam mit Partnerverlagen gepflegt habe. Von letzteren sei sie nur in der zusammengeschriebenen Form " GelbeSeiten " und in Kombination mit Bildbestandteilen benutzt worden. Das Anmeldeverfahren vor dem DPA sei sowohl bei der Wort-/Bildmarke 1 033 815 als auch bei der verfahrensgegenständlichen Marke fehlerhaft durchgeführt worden und beide Marken seien fälschlicherweise als im Verkehr durchgesetzt eingetragen worden. Aufgrund der langen Monopolsituation habe es im Jahre 1990, also noch vor der Privatisierung, faktisch noch immer keine Mitbewerber gegeben. Unter Bezugnahme auf das Gutachten von Prof. Dr. Wilms und Dr. Jochum von August 2005 (ASt 23) sowie das Gutachten von Prof. Dr. Murswiek von Juli 2006 (ASt 24) vertritt die Antragstellerin zu 1.) die Ansicht, der Markenschutz für das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen verstoße gegen Art. 87 f. Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG, gegen Art. 86 Abs. 1 EGV i. V. m. Art. 5 der Richtlinie 2002/77/EG sowie gegen Art. 28 und 82 EG, so dass die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 5 und 9 MarkenG vorlägen. Die Antragstellerin zu 2.) hat im Löschungsverfahren ergänzend vorgetragen, dass der Deutschen Postreklame GmbH bereits bei Anmeldung der älteren Marke bekannt gewesen sein müsse, dass andere private Verleger in den USA, in vielen europäischen Ländern und in Japan schon Jahrzehnte vorher sowie danach und parallel zur Markeninhaberin gelbe Papierinnenseiten für Branchenverzeichnisse benutzt hätten. Ferner habe ihr nicht verborgen bleiben können, dass die Wort-/Bildmarke "The International Yellow Pages" der amerikanischen Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Purchase N. Y., für Telefonverzeichnisse in internationalem Umfang und Adressbücher vom 9. Oktober 1963 bis zur Löschung am 19. Februar 1996 eingetragen gewesen sei. Durch den Inhalt des von ihr vorgelegten Schreibens der Deutschen Postreklame GmbH vom 17. Oktober 1980 (Anlage 2 BA) sei nachgewiesen, dass ihr bei der Anmeldung des älteren Zeichens 1 033 815 im Jahre 1979 bekannt gewesen sei, dass "Gelbe Seiten" und "Yellow Pages" den internationalen Gepflogenheiten entsprechend für Branchenverzeichnisse genutzt worden seien. Da die IHK für München und Oberbayern in ihrem Schreiben an den DIHT vom 6. Oktober 1981 (Anlage 27 BA) nur in den Kreisen der Verlage deutliche Ansätze zu einer Verkehrsdurchsetzung festgestellt habe, sei schon das Zeichen 1 033 815 für die Deutsche Postreklame GmbH nicht eindeutig verkehrsdurchgesetzt gewesen. Die Deutsche Postreklame GmbH sei zudem ohne vorherige Genehmigung der Deutschen Bundespost weder berechtigt gewesen, die ältere (1 033 815) noch die verfahrensgegenständliche Marke anzumelden. Wie das Aufsichtsratsprotokoll vom 25./26. November 1968 (Anlage 17 BA) belege, sei bereits 1968 der Vorsatz gefasst worden, alle privaten freien Branchenbuchverleger und die eigenen Vertragsverleger mit dem beschreibenden Begriff "Gelbe Seiten" behindern zu wollen. Für ihr bösgläubiges Verhalten spreche ferner, dass sie eine Vielzahl von Marken für Waren und Dienstleistungen mit dem Bestandteil "Gelbe Seiten" angemeldet habe. Die Beschwerdeführerin agiere betrügerisch, weil sie unter dem Begriff "Yellow Pages" im Internet auch internationale Inhalte hinterlege, aber durch einen versteckten Link dafür sorge, dass die Kunden immer zu ihrer Firmenseite gelangen. Es bestehe zudem der Verdacht, dass von Seiten der Beschwerdeführerin mit unlauteren Mitteln in den Markt eingegriffen werde. Nachdem die Schweizer Firma Internet Business Research Insti-tute AG am 11. Juli 2001 einen Löschungsantrag zur verfahrensgegenständlichen Marke gestellt habe, habe sie diesen am 20. Oktober 2005 zurückgenommen (S. 166/01). Anschließend habe die Beschwerdeführerin von dieser Firma mehrere "Yellow"-Marken gekauft. Auch die GoYellow GmbH habe ihren Löschungsantrag vom 26. August 2005 am 22. November 2006 zurückgenommen (S. 167/05). Hier habe man sich bei einer Unterfirma mit … Euro eingekauft und sei bei der GoYellow GmbH mit … Euro eingestiegen, welche den Alleinvertrieb von Branchenbuchanzeigen übernommen habe. Der Windhager Verlag in Stuttgart, der den Begriff "Gelbe Seiten" habe alleine nutzen wollen, sei gegen die ablehnende Gerichtsentscheidung nicht vorgegangen, obwohl Inhaber dieses Verlages der Müller Verlag aus Nürnberg sei, der größte und finanzstärkste aller Branchenbuch-Verlage, der im Ausland die "Yellow Pages" sehr aktiv betreibe. Obwohl die Beschwerdeführerin konsequent gegen Marken- und Domain-Verletzer vorgehe, sei der Müller-Verlag im Besitz einer so wertvollen Domain wie www.yellowpages.de . Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin hat dem ihr am 13. Dezember 2007 zugestellten Löschungsantrag der Antragstellerin zu 1.) mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2007, beim DPMA am selben Tage eingegangen, und dem ihr am 18. Mai 2007 zugestellten Löschungsantrag der Antragstellerin zu 2.) mit Schriftsatz vom 25. Juni 2007, beim DPMA eingegangen am 27. Juni 2007, widersprochen und u. a. vorgetragen, dass die Schutzhindernisse nach §§ 3, 7 und 8 MarkenG, soweit sie nach Ablauf der 10-Jahresfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG überhaupt noch relevant sein könnten, nicht vorlägen und der Tatbestand der Bösgläubigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht erfüllt sei. Sie habe als Herausgeberin und Verlegerin von Branchenverzeichnissen in Zusammenarbeit mit ihren Partnerverlagen die Bezeichnung "Gelbe Seiten" in den Jahren 1968/69 in Deutschland eingeführt, als Marke systematisch aufgebaut und angemeldet. Sie sei daher berechtigte Markeninhaberin. Die Marke diene ausschließlich dem eigenen Produktabsatz, so dass es legitim sei, diese im Wettbewerb zu verteidigen. Hinsichtlich der verfassungs- und europarechtlichen Einwände der Gegenseite hat sie darauf hingewiesen, dass Anmeldung und Eintragung der Marke bereits vor der Grundgesetzänderung durch Art. 87 f. GG und Art. 143b GG stattgefunden hätten und dass es einen Übergang des Rechts an dieser Marke im Zusammenhang mit der Privatisierung der Bundespost nicht gegeben habe. Im Übrigen hat sie Bezug genommen auf das Gutachten von Prof. Dr. Pieroth von November 2005 (BF-3, Bl. 107 ff. GA) sowie dessen ergänzende rechtsgutachterliche Stellungnahme von August 2006 (AG 17). Schließlich hat sie die Ansicht vertreten, ihre Marke genieße schon im Hinblick auf den Rechtsgedanken des Vertrauensschutzes Bestandsschutz. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Verbindung der beiden Löschungsverfahren die Löschung der Marke mit Beschluss vom 15. Mai 2009 angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die länger als 10 Jahre eingetragene streitgegenständliche Marke verstoße zwar weder gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG), noch könne deren Benutzung nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden (§ 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG), aber sie sei bösgläubig angemeldet worden (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG), weil die Deutsche Postreklame GmbH bei der Anmeldung wettbewerbswidrig gehandelt habe. Zum Anmeldezeitpunkt im Jahre 1990 sei ein schutzwürdiger Besitzstand vorhanden gewesen. Denn der Begriff "Gelbe Seiten" sei zu diesem Zeitpunkt aufgrund der historischen Entwicklung seit der Verwendung gelben Papiers in Branchen-Fernsprechbüchern ab 1955 sowie gelber Umschlagseiten seit 1961 und ausweislich der Aussagen mehrerer Nachschlagewerke aus dem maßgeblichen Zeitraum eine allgemein gängige und damit beschreibende Bezeichnung für Branchentelefonverzeichnisse gewesen, welche sich nicht nur auf das die Ware umfassende Produkt eines Branchenverzeichnisses, sondern auch auf die mit der Marke unmittelbar geschützten Dienstleistungen wie Werbung in sowie Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern bezogen habe. Da diese Bezeichnung von mehreren Unternehmen, der Post, Verlagen und allgemeinen Verbraucherkreisen zur Benennung von Produkten und Dienstleistungen verwendet worden sei, sei eine Zuordnung zu einem bestimmten Unternehmen kaum möglich gewesen. Zur Beurteilung, ob sich die im August 1990 angemeldete Wortmarke "Gelbe Seiten" in den Verkehrskreisen für die Deutsche Postreklame GmbH durchgesetzt habe, sei die ausschließliche Heranziehung der älteren Wort-/Bildmarke unzureichend und damit rechtsfehlerhaft gewesen. Denn zwischen 1979 und 1990 habe eine Zeitspanne von mehr als 10 Jahren gelegen, in denen sich die Marktverhältnisse und das Verkehrsverständnis erheblich verändert hätten. Da diese bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung nicht berücksichtigt worden seien, stelle sich die Markenanmeldung "bereits objektiv als rechtlich äußerst fragwürdig" dar. Zudem sei die Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke im August 1990 nur für die Deutsche Postreklame GmbH geeignet gewesen, die Rechtsposition anderer, nämlich der sonstigen Verwender dieser Bezeichnung, zu beeinträchtigen und den Markteintritt neuer Anbieter von Branchenverzeichnissen zu erschweren. Denn das am 1. Juli 1989 in Kraft getretene und daher zum Anmeldezeitpunkt bereits geltende Poststrukturgesetz habe die Voraussetzungen für die vollständige Aufhebung des Monopols der Deutschen Bundespost geschaffen. Mit der Öffnung des Marktes sei es nach der Lebenserfahrung zu erwarten oder jedenfalls in sehr hohem Maße wahrscheinlich gewesen, dass die neuen Anbieter ihre Waren und Dienstleistungen mit dem eingeführten gebräuchlichen Begriff "Gelbe Seiten" hätten beschreiben, also diese Bezeichnung nutzen wollen, um in knapper Form auf die Inhalte hinzuweisen. Der Deutschen Postreklame GmbH habe daher klar sein müssen, dass von ihrem Zeichen ein beschreibender Hinweis ausgehe und die Markeneintragung wettbewerbshindernd wirken würde. Sie habe im Bewusstsein des beschreibenden Charakters ihres Zeichens und zur Vorteilssicherung im künftigen Wettbewerb zudem mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, sowohl die Eintragung der älteren Marke 1 033 815 als auch der verfahrensgegenständlichen Marke aufgrund von Verkehrsdurchsetzung zu erzielen. Aus Ziffer 8 ihres anwaltlichen Schreibens an das DPA vom 29. Dezember 1980 (Bl. 25 ff., 30 BA) ergebe sich, dass die zur Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung angeforderten Erklärungen von Abnehmern auf einem einheitlichen, vorgegebenen Text beruht hätten. Mit den vorgegebenen Texten sei das angestrebte Ergebnis, nämlich die Zuordnung des Begriffes zur Deutschen Postreklame GmbH, suggeriert worden. Das der Markenanmeldung im Jahre 1990 nachfolgende Verhalten, nämlich die Anmeldung einer Vielzahl von sowohl identischen Bezeichnungen als auch Kombinationsmarken mit dem Bestandteil "Gelbe Seiten", wodurch sie die beschreibende Bezeichnung für sich privat monopolisiert habe, sowie die aggressive Verteidigung des erworbenen Markenrechts gegenüber Dritten durch Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes und Einleitung von Verletzungsprozessen seien Indizien dafür, dass die Markenanmeldung von Anfang an als Druckmittel in der Auseinandersetzung mit Mitbewerbern in dem sich verschärfenden Markt auf dem Gebiet der Telefonverzeichnisse bzw. Telekommunikationsdienste habe eingesetzt werden sollen. Ein weiteres Indiz sei, dass das von der Antragstellerin zu 2.) angeführte wettbewerbswidrige Verhalten der Beschwerdeführerin, indem sie in zurückliegenden Löschungsverfahren gegen "Gelbe Seiten"-Marken die Löschungsantragstellerinnen mit unlauteren Mitteln zur Rücknahme von Löschungsanträgen bewegt habe, von der Beschwerdeführerin nicht widerlegt worden sei. Auf Vertrauensschutz und Verwirkung könne sich die Beschwerdeführerin nicht berufen. Gegen diese Beurteilung und die Löschung ihrer Marke wendet sich die Beschwerdeführerin. Sie ist der Auffassung, die Marke sei nicht bösgläubig angemeldet worden. Es dränge sich die Vermutung auf, dieser Löschungsgrund sei nur angenommen worden, um trotz Ablaufs der 10-Jahresfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG eine aus heutiger Sicht des Amtes fehlerhafte Eintragung des Prüfers im Jahr 1991 korrigieren zu können. Entgegen der Ansicht des DPMA habe die damalige Anmelderin im August 1990 weder in eine schutzwürdige Rechtsposition Dritter eingegriffen noch die Anmeldung zweckwidrig zur Behinderung des Wettbewerbs vorgenommen. Ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. Pieroth von November 2005 (BF 3, Bl. 107 ff. GA) habe es kein staatliches Monopol für den Vertrieb von Branchenverzeichnissen gegeben. Seit jeher hätten private Mitbewerber die Möglichkeit gehabt, die Daten gewerblicher Teilnehmer selbständig zu erheben und Branchenverzeichnisse zu vertreiben, wie "Der gute Ruf" (BF 2, Bl. 100 GA) oder "Die Münchner" (BF 2, Bl. 101 f. GA) zeigten. Auch diverse Gerichtsentscheidungen aus den vergangenen Jahrzehnten belegten die Existenz von Mitbewerberverzeichnissen (RGZ 137, 57 ff. {1932}; BGH NJW 1961, 1860 ff.). Da Erstellung und Vertrieb gedruckter Branchenverzeichnisse sehr kosten- und arbeitsintensiv sei, gebe es bis heute in diesem engen Wettbewerbsfeld nur eine begrenzte Anzahl von Anbietern. Vor 1968/1969 habe in Deutschland niemand seine Branchenverzeichnisse mit dem Begriff "Gelbe Seiten" gekennzeichnet. Allein die damalige Anmelderin habe gemeinsam mit ihren Partnerfachverlagen die Bezeichnung "Gelbe Seiten" 1968/1969 eingeführt, systematisch aufgebaut, intensiv beworben und bundeseinheitlich verwendet. Das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen sei bereits auf der ersten Ausgabe des Produkts "Gelbe Seiten" im Jahre 1969 abgebildet gewesen (BF 9, Bl. 200 GA). Dieses Zeichen sei ferner verwendet worden in der Werbung, auf Werbemitteln von 1977 bis heute, in verschiedenen Sponsoringaktivitäten, in Werbemaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr (auf Bussen, Straßenbahnen, Taxis) und auf Hauswänden (BF 7). Dieser Begriff werde seit nunmehr etwa vier Jahrzehnten ununterbrochen zur Kennzeichnung der von der Beschwerdeführerin herausgegebenen Branchen-Telefonbücher und der damit im Zusammenhang stehenden Waren und Dienstleistungen verwendet (BF 7, Bl. 186 ff. GA; BF 9, Bl. 201 ff. GA). Seit der deutschen Wiedervereinigung 1990/1991 habe sich die Auflagenhöhe von "Gelbe Seiten" und "Gelbe Seiten regional" kontinuierlich erhöht bis auf 49,5 Mio. im Jahre 2007 und 52,2 Mio. im Jahre 2008 (BF 8, Bl. 195 ff. GA). Das DPMA habe eine bösgläubige Markenanmeldung der Deutschen Postreklame GmbH nicht positiv festgestellt, sondern bloße Vermutungen angestellt. Soweit das DPMA zur Begründung der Existenz eines angeblichen schutzwürdigen Besitzstandes Dritter ausführt, dass das streitgegenständliche Zeichen "Gelbe Seiten" "bis zur Markenanmeldung bereits lange Zeit bei Dritten, Behörden, Verlagen, der Deutschen Post usw. in Benutzung" gewesen sei (Seite 13 oben des Beschlusses), habe es diese Aussage nicht belegt. Auch die Beschwerdegegnerinnen hätten dazu nichts Substantiiertes vorgetragen. Durch die (angebliche) Verwendung der englischsprachigen Bezeichnung "Yellow Pages" im Ausland sei im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke kein wirtschaftlich wertvoller und im Inland schutzwürdiger Besitzstand an der Kennzeichnung "Gelbe Seiten" erworben worden. Aufgrund der Vorbenutzung in beachtlichem Umfang und dem erlangten Bekanntheitsgrad habe die damalige Anmelderin ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Markeneintragung gehabt. Die Förderung des eigenen Wettbewerbs habe im Vordergrund gestanden. Es treffe nicht zu, dass die Marke überwiegend in abweichender Schriftform oder (teilweise zusätzlich) mit einem Logo verwendet worden sei. Das Wortzeichen sei bereits in der Ausgabe des Branchenverzeichnisses 1975/1976 ohne Logo oder weitere Bildbestandteile genutzt worden (BF 9, Bl. 201 GA). Darüber hinaus sei es auch ab 1981 bis 1991 durchgängig als Herkunftshinweis auf den Printprodukten (BF 9, Bl. 202 - 204 GA) verwendet worden. Dieses Zeichen sei ferner benutzt worden in der Werbung (BF 10a, Bl. 210 ff. GA), auf Werbemitteln von 1977 bis heute (BF 10b, Bl. 229 ff. GA), im Fließtext von Pressemitteilungen ab 2002 (BF 10c, Bl. 242 ff. GA), in verschiedenen Sponsoringaktivitäten (BF 10d, Bl. 258 ff. GA), in Werbemaßnahmen im öffentlichen Personennahverkehr (auf Bussen, Straßenbahnen, Taxis) und auf Hauswänden (BF 10e, Bl. 275 ff. GA). Die Einführung der Marke "Gelbe Seiten" sei systematisch und über Jahre hinweg von Marktforschungsgutachten (BF 11, Bl. 301 ff. GA) begleitet worden, welche belegten, dass die Bezeichnung "Gelbe Seiten" vom Verkehr als Herkunftshinweis angesehen worden sei. Das Eintragungsverfahren bezüglich der Wort-/Bildmarke 1 033 815 sei korrekt abgelaufen. Das DPA habe sich mit der Schutzfähigkeit und der Verkehrsdurchsetzung des - den Wortbestandteil "Gelbe Seiten" enthaltenden - Zeichens auseinandergesetzt und über den DIHT bundesweit verschiedene IHK-Stellungnahmen eingeholt sowie zwei weitere Umfragen aus den Jahren 1979 (Gfk-Nürnberg) und 1980 (Sample Institut Hamburg) herangezogen. In diesen Umfragen sei der Bekanntheitsgrad des Begriffs "Gelbe Seiten" und nicht des angemeldeten Wort-/Bildzeichens bei der Gesamtbevölkerung ermittelt worden. Das DPA habe zahlreiche weitere Unterlagen angefordert und erhalten. Auf diese Feststellungen und Wertungen habe das DPA bei der verfahrensgegenständlichen Wortmarke zurückgreifen können. Es habe keinen Grund gegeben, zum Eintragungszeitpunkt im Juni 1991 anzunehmen, dass sich die Durchsetzungswerte verschlechtert hätten. Es könne ihr nicht vorgeworfen werden, zum Aufbau einer Markenserie eine Vielzahl von "Gelbe Seiten"-Marken in der Folgezeit angemeldet zu haben, um einen größtmöglichen Schutzbereich zu erlangen. Auch die Verteidigung der Marke nach deren Eintragung sei kein Indiz für die Bösgläubigkeit der Anmelderin. Die Bekanntheit der Marke "Gelbe Seiten" habe seit jeher Dritte dazu gebracht zu versuchen, die Marke für ihre eigenen, oftmals unlauteren Geschäftszwecke auszunutzen, so dass die Beschwerdeführerin seit 1988 immer wieder gezwungen sei, gerichtlich gegen derartige Verletzungsfälle vorzugehen (BF 13, Bl. 391 ff. GA). Die irreführende Aussendungspraxis sei mittlerweile europaweit bekannt (BF 15, Bl. 418 ff. GA). Zudem sei es absolut üblich, Löschungsverfahren auf dem Vergleichswege in der Beschwerdeinstanz zu beenden. Dies sei sogar in der Mehrheit der Verfahren der Fall. Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des DPMA vom 15. Mai 2009 aufzuheben und die Löschungsanträge zurückzuweisen. Die Antragstellerinnen und Beschwerdegegnerinnen beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Antragstellerin zu 1.) ergänzt ihren Vortrag im patentamtlichen Löschungsverfahren und vertritt die Auffassung, dass die Markeneintragung auch als sittenwidrig anzusehen sei, weil der europäische Gesetzgeber den Markt für Branchenverzeichnisse habe öffnen wollen. Sie bestreitet, dass die Beschwerdeführerin die Marke zuvor treuhänderisch für die Verlage gehalten habe, dass die verfahrensgegenständliche Marke für die beanspruchten Dienstleistungen bis zum Eintragungszeitpunkt im Jahre 1991 von der Deutschen Postreklame GmbH benutzt worden sei und dass eine markenmäßige Benutzung des Gattungsbegriffs "Gelbe Seiten" für die angemeldeten Dienstleistungen vor 1988 erfolgt sei. Der Gattungsbegriff "Gelbe Seiten" sei - wenn überhaupt - nur als Titel für die Druckerzeugnisse als solche verwendet worden. Wie die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 (BG 1, Bl. 463 GA) zeige, sei das Branchen-Fernsprechbuch bewusst als solches bezeichnet worden und das Logo "Gelbe Seiten mit Telefon" bzw. die Wort-/Bildmarke 1 033 815 habe nur daneben benutzt werden sollen. Entsprechend sei das Branchenverzeichnis 1969 bis 1971 nicht mit "Gelbe Seiten", sondern nur als Branchen-Fernsprechbuch mit einer Nummer und mit der Wort-/Bildmarke 1 033 815 (BG 2, Bl. 464 GA; BG 2, Bl. 465 GA) gekennzeichnet worden. Beim Branchen-Fernsprechbuch aus den Jahren 1975/76 seien die Begriffe "Gelbe Seiten" und "Branchen-Fernsprechbuch" nebeneinander benutzt worden (BF 7, Bl. 186 GA). 1978/79 (BG 3, Bl. 466 GA) und 1980/81 (BF 9, Bl. 202 GA) sei neben dem Titel Branchen-Fernsprechbuch wieder nur die Wort-/Bildmarke 1 033 815 verwendet worden. Beim Branchen-Fernsprechbuch 1980/81 (BG 4, Bl. 467 GA) aus Frankfurt am Main sei die verfahrensgegenständliche Wortmarke gar abgedruckt worden. 1981 (BF 9, Bl. 203 GA) bis 1984 (BG 5, Bl. 468 GA) und 1987/88 (BF 9, Bl. 204 GA) sei der Begriff "Gelbe Seiten" nur als Synonym für Branchen-Fernsprechbuch verwendet worden, während markenmäßig nur die Wort-/Bildmarke 1 033 815 auftauche. Die damalige Anmelderin habe daher falsche Angaben gemacht, als sie behauptet habe, die verfahrensgegenständliche Marke für die angemeldeten Dienstleistungen benutzt zu haben, um die Eintragung im Wege der Verkehrsdurchsetzung zu erwirken. Auch nach der Eintragung im Jahre 1991 bis 2008 seien nicht die verfahrensgegenständliche Wortmarke "Gelbe Seiten", sondern nur die Wort-/Bildmarke 2 908 628, bei der allein der Bildbestandteil prägend gewesen sei (BF 9, Bl. 205 -208 GA; BG 6, Bl. 469 GA), sowie die Wort-/Bildmarke 300 672 438 (BG 7, Bl. 470 GA) benutzt worden. Diese fehlende markenmäßige Benutzung des Begriffs "Gelbe Seiten" zeige, dass es der Anmelderin im Jahr 1990/91 nur darum gegangen sei, den beschreibenden Begriff für sich zu monopolisieren, um ihn potentiellen Mitbewerbern vorzuenthalten. Auch potentielle Mitbewerber in anderen europäischen Ländern habe die Anmelderin von der Verwendung dieses weltweit bekannten Gattungsbegriffs ausschließen wollen, wie die Anmeldung der hier angegriffenen Marke als internationale Marke für die Länder Tschechien, Ungarn, Italien, Liechtenstein und Slowakei im Jahre 1991 (BG 8, Bl. 471 f. GA) belege. Die Auseinandersetzungen mit dem 1993 am Markt angetretenen Anbieter "Yellow Phone" (BGH GRUR 1997, 311, 312), dem Anbieter des Branchenverzeichnisses "Das Blaue" (OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 1519) und dem Anbieter der "Blauen Seiten" (OLG Frankfurt/Main, WRP 1996, 1045, 1046) sowie die Verfahren gegen die Branchenklick GmbH (LG Braunschweig, Urt. v. 29. April 2009, BG 9, Bl. 475 ff. GA) und den Inhaber der Internet-Domains gelbevideos.de, gelbevideos.net etc. (LG Hamburg, Urt. v. 31. Juli 2007, BG 10, Bl. 492 ff. GA) zeigten die Verdrängungsabsicht der Anmelderin. Die Rechtsbeschwerde sei aus zwei Gründen zuzulassen: Zum einen gehe es um die Frage, ob die Anmelderin bösgläubig gehandelt habe, als sie die Markenanmeldung aufgrund Verkehrsdurchsetzung erwirkt habe, obwohl sie die beanspruchten Dienstleistungen niemals erbracht habe. Zum anderen sei zu klären, ob eine Markenanmeldung auch dann bösgläubig sei, wenn der Anmelder davon ausgehen müsse, dass potentielle Mitbewerber, welche zum Anmeldungszeitpunkt noch nicht existiert hätten, das Zeichen für identische Waren und Dienstleistungen benutzen würden. Die Antragstellerin zu 2.) bestreitet ebenfalls, dass die Beschwerdeführerin die verfahrensgegenständliche Marke treuhänderisch für die Verlage gehalten habe, und trägt ergänzend zu ihrem ausführlichen Vorbringen im Amtsverfahren vor, dass die Markeninhaberin keine Rechtsnachfolgerin der 1924 gegründeten Deut-schen Reichspostreklame GmbH sei. Ferner hätten der deutsche Staat und die deutsche Reichspostreklame GmbH bereits 1936 mit den privaten deutschen Branchenverzeichnisherausgebern vereinbart, dass für die Zukunft ersatzlos auf die Herausgabe von staatlichen Branchenverzeichnissen verzichtet werde. Gegen diese noch heute gültige Vereinbarung sei seit 1946 durch die Herausgabe der Branchenverzeichnisse vorsätzlich verstoßen worden. Leiter und Mitarbeiter der Markeninhaberin hätten sich ungerechtfertigt auf Kosten des Staates bereichert, indem sie teilweise eigene Verlage gegründet hätten, mit denen bevorzugt zusammengearbeitet worden sei. Die Wort-/Bildmarke 1 033 815 werde seit Jahren nicht mehr benutzt. Hinzu komme, dass die Markeninhaberin, um den Löschungsantragsteller GoYellow im Wettbewerb und im Löschungsverfahren zu behindern, selbst Internetdomains mit dem Wortbestandteil GoYellow registriert und auf ihre eigene Website gelenkt habe. Ferner habe sie die Firma Yellow Phone GmbH bzw. dessen Geschäftsführer Keil beauftragt, gegen die Firma GoYellow im laufenden Löschungsverfahren der "Gelbe Seiten"-Marken vorzugehen, und sie selbst, die Antragstellerin zu 2.), durch das Angebot einer Ratenzahlung zur Rücknahme ihres Löschungsantrages gegen die "Gelbe Seiten"-Marken bewegen wollen. Die Markeninhaberin habe bei der Anmeldung sowohl gewusst, dass ein Gattungsbegriff wie "Gelbe Seiten" nicht monopolisiert werden könne (BGH, Beschl. v. 22. Mai 1968 - I ZB 12/67, NJW 1968, 1628) als auch, dass eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels innerhalb der EWG nicht zulässig sei (EuGH, Urt. v. 11. Juli 1974 - C - 8/74, Slg 1974, 837 Rdnr. 5). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen einschließlich des Schriftsatzes der Antragstellerin zu 2.) vom 2. März 2010 nebst Anlagen sowie der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen. Die Akten - 29 W (pat) 84/10 - nebst Amtsakten waren beigezogen und Gegen-stand der mündlichen Verhandlung. II. Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässig und begründet. A. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke zu Unrecht angeordnet. Gemäß § 152 MarkenG finden die Vorschriften des Markengesetzes auch auf solche Marken Anwendung, die vor dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1995 eingetragen worden sind, also auch auf das vorliegend am 5. Juni 1991 eingetragene Wortzeichen "Gelbe Seiten". Da zwischen dem Tag der Eintragung vom 5. Juni 1991 und den Löschungsanträgen, welche am 30. November 2007 (Antragstellerin zu 1.) und am 12. April 2007 (Antragstellerin zu 2.) beim DPMA eingegangen sind, mehr als 10 Jahre liegen, scheidet gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG die Löschung gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG einer entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG vorgenommenen Markeneintragung aus. Die Löschungsgründe des § 50 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 3, 7, 8 Abs. 2 Nr. 4 bis 10 MarkenG sind ebenfalls nicht gegeben. 1. Da das Wortzeichen "Gelbe Seiten" grundsätzlich abstrakt zur Unterscheidung von Dienstleistungen geeignet ist, kann ihm die Markenfähigkeit nach § 3 Abs. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. 2. Die Markenrechtsfähigkeit der Deutschen Postreklame GmbH als damaliger Anmelderin war gemäß § 7 Abs. 2 MarkenG ebenfalls gegeben, weil es sich bei der anmeldenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß § 13 Abs. 1 GmbHG um eine juristische Person gehandelt hat. § 7 MarkenG betrifft nicht die Frage, wer tatsächlich Inhaber der Marke ist. Das richtet sich nach den jeweiligen materiell-rechtlichen Regelungen (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Auflage, § 7 Rdnr. 5). Denn die Markenrechtsfähigkeit besagt abstrakt, wer im Allgemeinen eine Marke innehaben kann, nicht aber, wem ein konkretes Markenrecht zusteht. Das Problem der rechtlichen Zuordnung eines entstehenden Markenrechts ist nicht Regelungsgegenstand des § 7 (Fezer, Markenrecht, 4. Auflage, § 7 Rdnr. 7). Soweit die Antragstellerin zu 2.) die materielle Berechtigung der damaligen Anmelderin in Bezug auf die angemeldete Marke bezweifelt und ihr insoweit falsche Angaben unterstellt, ist diese Frage im Rahmen der Bösgläubigkeit unter dem Gesichtspunkt der Markenerschleichung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu behandeln (Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 8 Rdnr. 561). 3. Ein Löschungsgrund nach §§ 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG ist zu verneinen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die geeignet sind, das Publikum über die Art oder Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen. Bei der Beurteilung, ob ein solches Schutzhindernis besteht, geht es um die Irreführung durch den Zeicheninhalt und nicht um die Prüfung, ob das Zeichen bei einer besonderen Art der Verwendung im Geschäftsverkehr geeignet sein kann, irreführende Vorstellungen zu erwecken. Dabei wird der Zeicheninhalt im Wesentlichen geprägt durch die Waren oder Dienstleistungen, für welche der markenrechtliche Schutz beansprucht wird (BGH GRUR 2002, 540, 541 - OMEPRAZOK). Ist für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen eine Markenbenutzung möglich, bei der keine Irreführung des Verkehrs erfolgt, liegt für diese das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG nicht vor (BGH, a. a. O.). Für die Werbung in Branchen-Fernsprechbüchern sowie die Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern ist eine Täuschungseignung der Wortmarke "Gelbe Seiten" zu verneinen, weil die Marke für diese Dienstleistungen ohne die Gefahr einer Irreführung benutzt werden kann. 4. Eine Löschung ist auch nicht mit einem Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG zu begründen. a) Nach dieser Bestimmung sind Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen, von der Eintragung als Marke ausgeschlossen. aa) Ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ist nicht bei jeder Verletzung eines Gesetzes anzunehmen, sondern liegt nur dann vor, wenn es sich um einen Verstoß gegen Vorschriften handelt, die zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehören (BPatG 32 W (pat) 117/06 -juris Tz. 16; Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 585; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 498). Gegen die öffentliche Ordnung verstößt eine Marke daher nur, wenn sich ihr Inhalt feindlich, verachtend oder verhöhnend gegen staatliche Institutionen oder verfassungsrechtliche Prinzipien richtet (Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 585), was hier nicht der Fall ist. bb) Ein Verstoß gegen die guten Sitten ist bei Marken zu bejahen, die das Empfinden zumindest eines erheblichen Teils der beteiligten Verkehrskreise zu verletzen geeignet sind, indem sie sittlich, religiös oder gesellschaftlich anstößig wirken oder eine grobe Geschmacksverletzung enthalten. Dabei darf bei der Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, nicht außer Acht gelassen werden, dass die maßgebliche Verkehrsauffassung von einer fortschreitenden Liberalisierung der Anschauungen über Sitte und Moral geprägt ist. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Verkehr im Zuge der modernen Werbung immer häufiger damit konfrontiert wird, dass Waren und Dienstleistungen mit Kennzeichnungen versehen werden, bei denen negative oder anrüchige Bedeutungsgehalte mitschwingen. Dementsprechend kommt auch eine Zurückweisung einer Marke wegen grober Geschmacklosigkeit nur dann in Betracht, wenn die Grenzen des Anstands in unerträglicher Weise überschritten sind (vgl. Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 593; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 500 ff.). Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall. b) Ob die Registrierung an sich oder die konkrete Benutzung der Marke einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten darstellen, ist unerheblich, weil der Verstoß von der Marke selbst ausgehen muss. Die Art und Weise der Markenverteidigung oder der Benutzung im Wettbewerb spielen keine Rolle (Ströbele, a. a. O, § 8 Rdnr. 497). c) Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vor, weil Art. 87 f. Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG verletzt sein sollen, welche den Wettbewerb zwischen den Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost und anderen Anbietern verfassungsrechtlich garantieren. Zum einen haben nicht einmal die Beschwerdegegnerinnen behauptet, dass der Inhalt oder die Aussage der Marke selbst gegen diese Vorschriften verstießen, sondern sie beanstanden den Schutz einer (angeblich) aus einem Staatsmonopol stammenden Marke zugunsten der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost als solchen. Zum anderen wurden beide Vorschriften erst im Jahre 1994 durch die Postreform II, also ca. vier Jahre nach der Anmeldung und ca. drei Jahre nach der Eintragung der verfahrensgegenständlichen Marke, eingeführt. Für die Frage, ob eine Marke entgegen bestehender Schutzhindernisse nach §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG eingetragen worden ist, ist aber grundsätzlich der Rechtszustand zum Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich (Kirschneck in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 50 Rdnr. 6). d) Der behauptete Verstoß gegen Art. 86 Abs. 1 EGV, wonach die Mitgliedstaaten gegenüber öffentlichen Unternehmen keine dem europäischen Gemeinschaftsrecht widersprechenden Maßnahmen treffen, sie also nicht besser stellen dürfen, scheidet schon deshalb aus, weil in den Jahren 1990 und 1991 ein Rechtsübergang von einem staatlichen Monopolunternehmen auf ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen aufgrund des erst am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Postumwandlungsgesetzes noch gar nicht erfolgt und die Deutsche Postreklame GmbH selbst keine Monopolistin war. Denn das Branchenverzeichnis "Gelbe Seiten" wurde nicht im staatlichen Monopol verlegt oder vertrieben, sondern in Kooperation mit einer Vielzahl von privaten Verlagen herausgegeben. Auch Dritte hatten stets die Möglichkeit, neben der Deut-schen Bundespost die Daten gewerblicher Teilnehmer selbständig zu erheben. Daher gab es im maßgeblichen Zeitraum private Mitbewerber, die gleichfalls Branchenverzeichnisse vertrieben, wie "Der gute Ruf" von 1990/91 (BF 2, Bl. 100 GA), so dass auch dem Umstand, dass das am 1. Juli 1989 in Kraft getretene und daher zum Anmeldezeitpunkt bereits geltende Poststrukturgesetz die Voraussetzungen für die vollständige Aufhebung des Monopols der Deutschen Bundespost schaffen sollte, keine Bedeutung zukommt. 5. Die Löschung kann auch nicht mit einem Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG begründet werden. § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG bestimmt, dass Marken von der Eintragung ausgeschlossen sind, deren Benutzung ersichtlich nach "sonstigen Vorschriften", d. h. nach Vorschriften außerhalb des Markenrechts im öffentlichen Interesse untersagt werden kann. Dieses Schutzhindernis, das auf der Ermächtigung des Art. 3 II lit. a MarkenRL beruht, steht der Eintragung nur entgegen, wenn die Benutzung des Zeichens in jedem Fall untersagt werden kann (BGH GRUR 2005, 258, 260 - Roximycin). Im vorliegenden Fall gibt es keine Vorschrift, die der Benutzung des verfahrensgegenständlichen Zeichens in jedem Fall entgegensteht. Es fehlen sowohl nationale als auch europäische Verwendungsverbote. Europäische Richtlinien, wie die von den Beschwerdegegnerinnen angeführte Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten für  elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, welche Art. 86 Abs. 1 EGV konkretisiert und in Art. 5 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass alle ausschließlichen und/oder besonderen Rechte bei der Einrichtung und Bereitstellung von Auskunftsdiensten, sei es in Form der Veröffentlichung von Verzeichnissen oder in Form von mündlichen Auskunftsdiensten, in ihrem Hoheitsgebiet aufgehoben werden, erfüllen unabhängig davon, dass sie im Zeitpunkt der Markeneintragung noch gar nicht existierten, den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG nicht, solange sie noch nicht in das nationale Recht umgesetzt sind, da sie insoweit keine (horizontale) Direktwirkung gegenüber dem einzelnen Bürger entfalten (Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 8 Rdnr. 320; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 525). Da auch die gesetzlichen Benutzungsverbote den Inhalt oder die Aussage der Marke selbst untersagen müssen (Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 519), gelten, was den angeblichen Verstoß gegen Art. 87 f. Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. Art. 143b Abs. 2 Satz 1 GG sowie Art. 86 Abs. 1 EGV betrifft, die Ausführungen zu § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG entsprechend. 6. Ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist ebenfalls zu verneinen. Das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG beruht auf Art. 3 Abs. 2 lit. d MarkenRL. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit der Antragsteller die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat. Nach Art. 4 Abs. 4 lit. g MarkenRL kann jeder Mitgliedstaat ferner vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit die Marke mit einer Marke verwechselt werden kann, die zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung im Ausland benutzt wurde und weiterhin dort benutzt wird, wenn der Anmelder die Anmeldung bösgläubig eingereicht hat. Der deutsche Gesetzgeber hat von der Option in Art. 3 Abs. 2 lit. d MarkenRL zunächst in der Weise Gebrauch gemacht, dass er die bösgläubige Anmeldung in § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG a. F. nur als einen auf einen Löschungsantrag zu berücksichtigenden Nichtigkeitsgrund geregelt hat. Durch Art. 2 Abs. 9 Nr. 1 lit. c des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I 2004, 390) ist die bösgläubige Anmeldung seit dem 1. Juni 2004 nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ein bereits im patentamtlichen Prüfungsverfahren zu berücksichtigendes absolutes Eintragungshindernis. Damit steht ein markenrechtlicher Anspruch zur Verfügung, um rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Markenanmeldungen zu verhindern oder zur Löschung zu bringen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Markenrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 12/6581, S. 79, 95 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 73, 89 zu § 50 MarkenG). In erster Linie sollen Fälle erfasst werden, bei denen die Anmeldung der Marke nur dem Ziel dient, Unterlassungs- oder Geldersatzansprüche gegen Dritte durchzusetzen (Begründung des Regierungsentwurfs zum Geschmacksmusterreformgesetz, BT-Drucks. 15/1075, S. 67 = BlPMZ 2004, 222, 253). Mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG soll den Fällen begegnet werden, in denen Privat- oder Geschäftsleute bestimmte Bezeichnungen als "Hinterhaltsmarken" schützen lassen, um ihre formelle Rechtsposition zur Geltendmachung ungerechtfertigter Lizenz- oder Abmahnkostenerstattungsansprüche auszunutzen (BT-Drucks. 15/1075, S. 67 unter Hinweis auf BGH GRUR 2001, 242, 244 = WRP 2000, 160 - Classe E; BGH MarkenR 2009, 312, 313 - Ivadal). Mit dem Begriff der Bösgläubigkeit der Anmeldung hat der deutsche Gesetzgeber den in der Markenrechtsrichtlinie verwendeten Begriff übernommen (vgl. BT-Drucks. 12/6581, S. 79, 95 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 73, 89). Dieser Begriff ist weder im Markengesetz noch in der Markenrechtsrichtlinie definiert, er ist aber aufgrund des einheitlichen Markenrechtsverständnisses richtlinienkonform auszulegen (Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 664; Grabrucker, Mitt. 2008, 532, 536). Die Rechtsprechung knüpft daher an den außerkennzeichenrechtlichen Löschungsanspruch nach § 1 UWG und § 826 BGB an. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzen, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGHZ 167, 278 Tz. 41 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 581, 582 = WRP 2005, 881 - The Colour of Elégance, jeweils m. w. N.; BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Die Bösgläubigkeit muss, wie bereits aus dem Gesetzeswortlaut folgt, im Zeitpunkt der Anmeldung gegeben sein. Mit dem Zeitpunkt der Anmeldung ist, da es sich um ein absolutes Eintragungshindernis handelt, der Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung gemeint (BGHZ 167, 278 Tz. 42 - FUSSBALL WM 2006; BT-Drucks. 15/1075, S. 68 zu § 50 Abs. 2 MarkenG, BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Einer Marke ist daher die Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG auch dann zu versagen, wenn die Anmeldung (erst) im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung als bösgläubig zu beurteilen ist. Nach der Eintragung liegende Umstände können dagegen als solche das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht begründen. Sie spielen lediglich insoweit eine Rolle, als sie den Schluss zulassen, dass bereits die Anmeldung bösgläubig war. Es ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu beurteilen, ob nach der Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) bereits die Anmeldung bösgläubig war. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung gibt es mehrere Fallgruppen der bösgläubigen Anmeldung, nämlich u. a. (1) die Anmeldung sogenannter Sperrmarken, um Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen zu überziehen, ohne dass ein genereller Benutzungswille des Markenanmelders vorliegt, (2) die Anmeldung von Marken mit dem Ziel, den erkannten im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers einer gleichen oder verwechselbar ähnlichen Bezeichnung für gleiche oder ähnliche Waren bzw. Dienstleistungen ohne rechtfertigenden Grund zu stören oder den weiteren Gebrauch der vorbenutzten Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu sperren (vgl. BGH MarkenR 2009, 312, 313 - Ivadal), (3) die Anmeldung der Marke mit der Absicht einer zweckfremden Nutzung des Zeichens, um Dritte in wettbewerbswidriger Weise zu behindern, und (4) der Fall der Markenerschleichung, d. h. wenn der Anmelder falsche Angaben macht oder Umstände verschweigt, um die Eintragung der Marke zu erreichen (Fezer, a. a. O., § 8 Rdnr. 667 - 678; Ströbele, a. a. O., § 8 Rdnr. 531 m. w. N.; Grabrucker, a. a. O., 536, 537). Bei der Auslegung des Begriffs der Bösgläubigkeit sind auch die Kriterien zu berücksichtigen, welche der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. Juni 2009 in der Rechtssache C-529/07 - Lindt & Sprüngli ./. Franz Hauswirth (GRUR 2009, 763 ff.) aufgestellt hat, welche sich aber von denjenigen des Bundesgerichtshofs nicht wesentlich unterscheiden. Danach ist das nationale Gericht bei der Beurteilung der Frage, ob der Anmelder im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke bösgläubig ist, gehalten, alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem von ihm zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke vorliegen, insbesondere - die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter in mindestens einem Mitgliedstaat ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, - die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie - den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen. Bei Anwendung sämtlicher vorgenannter Grundsätze kann die Markenanmeldung der Deutschen Postreklame GmbH nicht als bösgläubig eingestuft werden. a) Es kann nicht festgestellt werden, dass die Anmelderin in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen angemeldet hat (vgl. BGH GRUR 2008, 621 Rdnr. 1 = WRP 2008, 785 - AKADEMIKS ; GRUR 2008, 917 Rdnr. 20 = WRP 2008, 1319 - EROS m. w. N.; BGH MarkenR 2009, 313 - Ivadal; BPatG Mitt. 2010, 31 ff. - Käse in Blütenform III). aa) Es fehlt schon an einem Eingriff in einen der Deutschen Postreklame GmbH bekannten, im Inland bestehenden schützwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers. Anhaltspunkte für einen im Inland schutzwürdigen Besitzstand anderer Firmen sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Für die Annahme eines im Inland schutzwürdigen Besitzstandes ist in tatsächlicher Hinsicht eine hinreichende Bekanntheit der Kennzeichnung im Inland erforderlich. Maßgeblich sind hierbei nicht nur allgemeine Feststellungen hinsichtlich Umfang und Dauer der Verwendung, Werbeaufwendungen, eine erreichte Marktposition, bestehende Konkurrenzverhältnisse und damit Absatzchancen und Gewinnerwartungen auf dem jeweiligen Markt etc., ohne dass es auf die absoluten Stückzahlen verkaufter Produkte ankäme. Entscheidend ist vielmehr, welche konkrete Bedeutung die Kennzeichnung bei der individuellen geschäftlichen Betätigung des Vorbenutzers erlangt hat (BPatG BeckRS 2007, 13721 - NF IV; BGH Mitt. 2004, 315 - P21S; Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 552). Die Feststellung des DPMA im angefochtenen Beschluss, dass die Bezeichnung "Gelbe Seiten" nicht nur von der Deutschen Postreklame GmbH, sondern "bis zur Markenanmeldung bereits lange Zeit bei Dritten, Behörden, Verlagen, der Deutschen Post usw. in Benutzung" gewesen und damit in allgemeinen Verbraucherkreisen zur Benennung von Produkten und Dienstleistungen verwendet worden sei, entbehrt jeder Grundlage, worauf auch die Beschwerdeführerin hingewiesen hat. Seit der Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 (BG 1, Bl. 463 GA), in welcher die Anregung der Deutschen Postreklame GmbH und der Verlagsgesellschaften aufgegriffen wurde, zur Angleichung der Branchen-Fernsprechbücher das Signum "Gelbe Seiten" zu verwenden, bis zur Anmeldung und Eintragung der Wort-/Bildmarke 1 033 815 mit dem Wortbestandteil "Gelbe Seiten" in den Jahren 1979/82, die auf der ersten Ausgabe des Branchen-Fernsprechbuches 1969/70 abgebildet war (BF 9, Bl. 200 GA), sowie bis zur Anmeldung und Eintragung der hier verfahrensgegenständlichen Wortmarke in den Jahren 1990/91, die erstmals in der Ausgabe des Branchenverzeichnisses 1975/76 (BF 9, Bl. 202 - 204 GA) Verwendung fand, hatte die Deutschen Postreklame GmbH gemeinsam mit ihren Partnerfachverlagen beide Zeichen im Zusammenhang mit ihren Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern sowie Werbung darin eingeführt, systematisch aufgebaut und bundeseinheitlich verwendet, was durch Fotokopien der Umschlagseiten der Branchenfernsprechbücher (BF 9, Bl. 200 GA; BG 2, Bl. 465 GA; BG 3, Bl. 466 GA; BF 9, Bl. 202 GA; BF 7, Bl. 187 GA; BG 5, Bl. 468 GA; BF 9, Bl. 204 GA), durch Fotos von Werbemittelaufdrucken (BF 10a, Bl. 210, 220, 226; BF 10b, Bl. 229 - 234 GA), Fotos von verschiedenen Sponsoringaktivitäten (BF 10d, Bl. 264 GA) sowie Fotos von Hausfassadenwerbung (BF 10a, Bl. 270, 272 u. 273 GA) aus dem Zeitraum vor der Anmeldung belegt worden ist. Soweit insbesondere die Antragstellerin zu 1.) diesen Sachverhalt bestreitet, hat sie Gegenteiliges weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt. Ihr Vorbringen, bis 1988 sei der Begriff "Gelbe Seiten" für die beanspruchten Dienstleistungen von der Deutschen Postreklame GmbH nicht benutzt worden, lässt sich weder den von ihr vorgelegten Umschlagseiten von Branchenfernsprechbüchern aus dieser Zeit noch den übrigen dem Senat vorliegenden Unterlagen entnehmen. Es trifft zwar zu, dass entsprechend der Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 (BG 1, Bl. 463 GA) das Branchenverzeichnis 1969 bis 1971 nicht mit "Gelbe Seiten", sondern nur als Branchen-Fernsprechbuch mit einer Nummer und mit der Wort-/Bildmarke 1 033 815 (BG 2, Bl. 464 GA; BG 2, Bl. 465 GA) gekennzeichnet wurde. Allerdings wurde auf diesen Umschlagseiten die Wort-/Bildmarke 1 033 815 mit dem ausschließlichen Wortbestandteil "Gelbe Seiten" neben der Bezeichnung Branchen-Fernsprechbuch in gleicher Größe abgebildet, so dass der Begriff "Gelbe Seiten" überdeutlich in den Mittelpunkt gerückt wurde. Bereits beim Branchen-Fernsprechbuch aus den Jahren 1975/76 (BF 7, Bl. 186 GA) bildete der Begriff "Gelbe Seiten" die zentrale Kennzeichnung des Branchen-Fernsprechbuches, weil er als fett gedruckte Überschrift und in noch größerer Schrift im unteren Drittel der Seite des Einbandes verwendet wurde, während die wesentlich kleiner gedruckte Wort-/Bildmarke 1 033 815 in den Hintergrund trat. Das Gleiche gilt für 1978/79 (BG 3, Bl. 466 GA) mit der Ausnahme, dass der Begriff "Gelbe Seiten" außerhalb der kleiner gedruckten Wort-/Bildmarke 1 033 815 nur einmal, aber im Großdruck im unteren Drittel des Einbanddeckels erscheint. In den Jahren 1981 (BF 9, Bl. 203 GA) bis 1984 (BG 5, Bl. 468 GA) und 1987/88 (BF 9, Bl. 204 GA) erscheint der Begriff der "Gelbe Seiten" wieder als fett gedruckte Überschrift über der Bezeichnung "Branchen-Fernsprechbuch" und mit einer wesentlich kleineren Abbildung der Wort-/Bildmarke 1 033 815. Auf der Umschlagseite des Branchen-Fernsprechbuches für den Bereich Heidelberg 1980/81 (BF 9, Bl. 202 GA) fehlt zwar diese Überschrift, aber auch hier wird das untere Drittel von dem in Großbuchstaben und im Umrissdruck abgebildeten Begriff "Gelbe Seiten" beherrscht. Da stets auch der Begriff "Branchen-Fernsprechbuch" benutzt wurde, kann entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 1.) nicht davon ausgegangen werden, dass der zusätzlich verwandte Begriff "Gelbe Seiten" nur ein Synonym für "Branchen-Fernsprechbuch" sein sollte. Soweit zumindest nachgewiesen ist, dass beim Branchen-Fernsprechbuch 1980/81 für das Ortsnetz Frankfurt am Main (BG 4, Bl. 467 GA) der Begriff "Gelbe Seiten" nur in der Wort-/Bildmarke 1 033 815 auftaucht, genügt dies angesichts der Vielzahl der gegenteiligen Belege nicht als Nachweis dafür, dass der Begriff "Gelbe Seiten" nicht markenmäßig verwandt worden sei. Soweit die Antragstellerin zu 2.) darauf hingewiesen hat, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung des verfahrensgegenständlichen Zeichens beim Deutschen Patentamt drei ähnliche Bezeichnungen für vergleichbare Verzeichnisse eingetragen waren, nämlich die Wort-/Bildmarke "The International Yellow Pages" der amerikanischen Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Purchase N. Y., für Telefonverzeichnisse in internationalem Umfang und Adressbücher seit dem 9. Oktober 1963 (Anlage 11 BA), die Wort-/Bildmarke " Les Pages Jaunes Internationales " der gleichen Firma für die gleichen Waren seit dem 10. Oktober 1963 (Anlage 12 BA) und die Wort-/Bildmarke "Golden Pages" der amerikanischen Firma ITT World Directories, Inc., New York, für Telefonadressbücher seit dem 14. Mai 1970 (Anlage 13 BA), ist zum einen anzuführen, dass sich die verfahrensgegenständliche Marke auf Dienstleistungen der Klasse 35 bezieht, während die drei vorgenannten Marken für Waren der Klasse 16 eingetragen wurden. Zum anderen handelt es sich nicht um gleiche oder verwechselbar ähnliche Marken. Denn abgesehen davon, dass es keine reinen Wortmarken sind wie das verfahrensgegenständliche Zeichen, schließen sowohl der Zusatz "international(es)" als auch die fremdsprachigen Begriffe, auch wenn es sich dabei nur um die englische oder französische Übersetzung der Worte "Gelbe Seiten" handelt, sowie die Bildelemente eine Verwechslungsmöglichkeit aus. Dass der Begriff der "Gelben Seiten" als "Yellow Pages" für Branchentelefonbücher bereits Ende des 19. Jahrhunderts in den USA verwendet wurde und von dort ursprünglich stammt (Wikipedia Stichwort "Yellow Pages"; Zeitungsartikel "Nürnberger Nachrichten" vom 24. Mai 1975, Anlage 26 BA) und dass er auch in vielen europäischen Ländern und in Japan in der entsprechenden Übersetzung Verwendung fand, bildet grundsätzlich kein Hindernis, den deutschen Begriff für bestimmte Waren oder Dienstleistungen als Marke eintragen zu lassen, weil das Markenrecht weder qualitative Anforderungen an die Marke im Sinne einer schöpferischen Tätigkeit stellt (BGH GRUR 2001, 334, 336 f. - Gabelstapler), noch kennt es ein Vorbenutzungsrecht (BGH GRUR 2002, 544, 546 - Bank 24). bb) Aber selbst wenn ein schutzwürdiger Besitzstand der beiden amerikanischen Markeninhaber bestanden hätte, hätte es sich nur um einen solchen im Ausland gehandelt, denn Anhaltspunkte dafür, dass die in Deutschland registrierten Marken auch hier benutzt worden sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Im Gegenteil: Sie sind mangels Benutzung im Inland schließlich wegen Verfalls gelöscht worden (§ 49 MarkenG). Wegen des im Markenrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes (vgl. auch Art. 6 PVÜ) ist es grundsätzlich rechtlich unbedenklich, wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet wird, dass ein anderer dasselbe Zeichen im benachbarten Ausland als Marke für gleiche oder sogar identische Waren benutzt (BGHZ 173, 230 Tz. 19 - CORDARONE m. w. N., MarkenR 2009, 313 -Ivadal). Als besondere Umstände, die zur Kenntnis von der Benutzung im Ausland hinzutreten und das Verhalten des Anmelders als bösgläubig erscheinen lassen können, kommen wegen des markenrechtlichen Territorialitätsgrundsatzes nur solche Sachverhalte in Betracht, die einen hinreichenden Inlandsbezug haben. Über einen inländischen Besitzstand haben die amerikanischen Firmen mangels Benutzung im Inland jedoch nicht verfügt. Aber auch ohne einen inländischen Besitzstand eines Vorbenutzers kann die Anmeldung einer Marke als bösgläubig zu beurteilen sein, wenn der Anmelder den Inhaber eines wertvollen ausländischen Zeichens, der dieses demnächst auch auf dem inländischen Markt benutzen will, daran durch die mit der Eintragung der angemeldeten Marke verbundene zeichenrechtliche Sperre hindern will (BGHZ 173, 230 Tz. 21 - CORDARONE, m. w. N.; MarkenR 2009, 313 - Ivadal). Da die amerikanischen Firmen ihre seit Oktober 1963 bzw. Mai 1970 in Deutschland eingetragenen Marken bis 1990/91 nicht eingesetzt, sondern der Deutschen Postreklame GmbH das inländische Feld seit ca. 28 bzw. 21 Jahren überlassen hatten, scheidet bereits eine ernsthafte inländische Benutzungsabsicht der Vorbenutzer aus. cc) Aber selbst wenn ein der Deutschen Postreklame GmbH bekannter schutzwürdiger inländischer Besitzstand der amerikanischen Firmen bestanden hätte, hätte die damalige Markenanmelderin weder ohne sachlichen Grund noch mit Störungs- oder Behinderungsabsicht in diesen eingegriffen. aaa) Die Anmeldung einer Marke ohne sachlichen Grund liegt vor, wenn der Markenanmelder kein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Eintragung der fraglichen Marke hat. Ein solches Interesse besteht jedoch, wenn der Anmelder die Kennzeichnung in beachtlichem Umfang selbst benutzt hat und deren markenrechtliche Absicherung gegenüber Dritten für erforderlich hält (Fezer, a. a. O., § 8 Rn. 667; Ströbele, a. a. O, § 8 Rn. 556). Aufgrund der bereits eingehend erörterten Tatsache, dass die Deutsche Postreklame GmbH das verfahrensgegenständliche Wortzeichen für ihre Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern sowie Werbung darin seit 1975/76, also etwa 14 Jahre vor der Anmeldung, eingeführt, systematisch aufgebaut und bundeseinheitlich benutzt und damit einen erheblichen Bekanntheitsgrad erreicht hatte (vgl. EuGH, a. a. O., 765 Rdnr. 51), kann ihr ein berechtigtes Interesse an der Eintragung der Marke nicht abgesprochen werden. Die Anmeldung diente ausschließlich der markenrechtlichen Absicherung der Verwendung einer bereits bekannten Kennzeichnung. Nachdem die Deutsche Postreklame GmbH mit der kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke 1 033 815 den Zeichenschutz für die Kombination des Begriffs "Gelbe Seiten" mit einem Bildelement erworben hatte, entsprach es sachgerechter Markenstrategie, auch für den diese Kombination dominierenden Wortbestandteil "Gelbe Seiten" einen eigenständigen Registermarkenschutz anzustreben. bbb) Da die Markenanmeldung der Deutschen Postreklame GmbH somit ausschließlich auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs ausgerichtet war, fehlte es auch an einer Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen (vgl. BGH GRUR 2008, 917, 919 - Eros). Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Anmelderin das Zeichen als Marke hat eintragen lassen, ohne dessen Benutzung zu beabsichtigen, allein um den Marktzutritt eines Dritten zu verhin-dern. Hierzu fehlen jegliche Handlungen, die dies belegen könnten. Die Marke sollte hier vielmehr ihre Hauptfunktion erfüllen, die darin besteht, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der betreffenden Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Dienstleistung ohne die Gefahr einer Verwechslung von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH, a. a. O., 765 Rdnr. 45). (1) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 2.) belegt das Protokoll des Aufsichtsrats der Deutschen Postreklame GmbH vom 25./26. November 1968 (Anlage 17 BA) nicht, dass letztere bereits 1968 den Vorsatz gefasst habe, alle privaten freien Branchenbuchverleger und die eigenen Vertragsverleger mit dem beschreibenden Begriff "Gelbe Seiten" behindern zu wollen. Ihm lässt sich vielmehr entnehmen, dass sie mit dem Ziel der Umsatzsteigerung für ihre Dienstleistungen ein Markenzeichen schaffen und durchsetzen, eine sachliche und psychologische Werbebotschaft vermitteln und die Barriere "Desinteresse" überwinden wollte. Dieses Protokoll dokumentiert daher nur den Startschuss für die Einführung und Benutzung des Begriffs "Gelbe Seiten" für das herausgegebene Branchen-Fernsprechbuch. (2) Der Antragstellerin zu 2.) kann auch nicht darin gefolgt werden, dass das Schreiben der Firma The Reuben H. Donnelley Corporation, Purchase, N. Y., vom 27. August 1962 (Anlage 14 BA) zeige, dass das Verhalten der Deutschen Postreklame GmbH in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung ihrer Mitbewerber und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet gewesen sei. In diesem an das ehemalige Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen gerichteten Schreiben bedankt sich der Marketingdirektor der Firma The Reuben H. Donnelley Corporation bei dem Oberpostrat Dr. Kohl für das  mit ihm am 13. April 1962 geführte kooperative Gespräch über Werbung in Branchen-Fernsprechbüchern, das Grundlage für die Entscheidung darüber sein sollte, ob die amerikanische Firma ihre Dienstleistungen auf Westdeutschland ausweiten solle. Dieses Gespräch fand ca. sechs Jahre vor der Entscheidung über die Einführung und Benutzung des Begriffs "Gelbe Seiten" und ca. 28 Jahre vor der Anmeldung des verfahrensgegenständlichen Wortzeichens statt. Eine noch bei der Anmeldung bestehende Behinderungsabsicht lässt sich daraus nicht ableiten. ccc) Auch aus dem Umstand, dass nach der Eintragung der verfahrensgegenständlichen Wortmarke eine Vielzahl von Marken mit dem Wortbestandteil "Gelbe Seiten" angemeldet worden ist, kann nicht auf eine Behinderungsabsicht schon zum Anmeldezeitpunkt geschlossen werden. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist von einer wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht des Markenanmelders grundsätzlich nicht auszugehen, wenn mit der Anmeldung - wie hier - seine "Markenfamilie" fortgeschrieben wird. Bei einer Pflege des eigenen Markenbestandes steht die Tendenz im Vordergrund, einen Einbruch fremder Bezeichnungen in den eigenen Markenbestand zu verhindern (BGH GRUR 2005, 581, 582 - The Colour of Elégance). ddd) Abgesehen davon, dass die Antragstellerin zu 1.) nicht hinreichend nachgewiesen hat, dass nach der Eintragung im Jahre 1991 die Wortmarke "Gelbe Seiten" nicht mehr benutzt worden sei, würde auch dieser Umstand nicht zur Annahme bösgläubigen Verhaltens der Deutschen Postreklame GmbH führen. Zum Nachweis hat die Antragstellerin zu 1.) die Umschlagseiten von Branchen-Fernsprechbüchern 1999/2000 (BG 6, Bl. 469 GA) und 2000/2001 (BG 7, Bl. 470 GA) vorgelegt, bei denen die Wort-/Bildmarke 2 908 628 und die Wort-/Bildmarke 300 672 438 benutzt worden sind. Demgegenüber hat die Beschwerdeführerin nicht nur Umschlagseiten von 1996/97 (BF 7, Bl. 188 GA), 1998/1999 (BF 9, Bl. 207 GA) und 2009 (BF 7, Bl. 189 GA) vorgelegt, wo zumindest auch die Wortmarke "Gelbe Seiten" aufgedruckt war, sondern auch eine Vielzahl von Belegen für die Verwendung seit 1990 bei Sponsoringaktivitäten (BF 7, Bl. 193 GA), in der Werbung (BF 10a, Bl. 215, 226 GA), auf Werbemitteln (BF 10b, Bl. 232 - 234 GA), auf einer Hauswand (BF 10a, Bl. 273 GA), auf Bussen (BF 10e, Bl. 278 GA), auf einer Plakattafel (BF 10e, Bl. 289 GA) und auf einer Litfasssäule (BF 10e, Bl. 298 GA). Aber selbst wenn die Deutsche Postreklame GmbH das Wortzeichen "Gelbe Seiten" in dieser Form nach der Eintragung ins Markenregister 1991 nicht mehr benutzt hätte, könnte dies allein noch nicht die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung rechtfertigen. Denn dem Markeninhaber bleibt es unbenommen, von seinem Markenrecht keinen Gebrauch mehr zu machen. Daher kommt als Sanktion für unterbliebene Nutzung nur der Verfall in Betracht. eee) Der von der Antragstellerin zu 2.) pauschal behauptete Umstand, dass Leiter und Mitarbeiter der Markeninhaberin sich ungerechtfertigt auf Kosten des Staates bereichert hätten, indem sie teilweise eigene Verlage gegründet hätten, mit denen bevorzugt zusammengearbeitet worden sei, ist für die Frage der bösgläubigen Markenanmeldung unerheblich. fff) Eine bösgläubige Behinderungsabsicht der Deutschen Postreklame GmbH lässt sich auch nicht mit der Anmeldung der hier angegriffenen Marke als internationale Marke für die Länder Tschechien, Ungarn, Italien, Liechtenstein und Slowakei im Jahre 1991 (BG 8, Bl. 471 f. GA) begründen. Selbst wenn es sich bei dem Begriff "Gelbe Seiten" um einen weltweit bekannten Gattungsbegriff gehandelt hätte, ist es niemandem verboten zu versuchen, diesen als Marke eintragen zu lassen. Die Ausnutzung rechtlicher Möglichkeiten kann nicht als bösgläubiges Verhalten beurteilt werden. ggg) Die Auseinandersetzungen mit dem 1993 am Markt angetretenen Anbieter "Yellow Phone" (BGH GRUR 1997, 311, 312), dem Anbieter des Branchenverzeichnisses "Das Blaue" (OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 1519), dem Anbieter der "Blauen Seiten" (OLG Frankfurt/Main, WRP 1996, 1045, 1046) sowie die Verfahren gegen die Branchenklick GmbH (LG Braunschweig, Urt. v. 29. April 2009, BG 9, Bl. 475 ff. GA) und den Inhaber der Internet-Domains gelbevideos.de, gelbevideos.net etc. (LG Hamburg, Urt. v. 31. Juli 2007, BG 10, Bl. 492 ff. GA) können entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 1.) nicht als Indizien für eine Verdrängungsabsicht der Anmelderin zum Zeitpunkt der Anmeldung bzw. Eintragung gewertet werden. Ein Markeninhaber ist jederzeit berechtigt, sein Markenrecht gegen Dritte zu verteidigen. Die Eintragung einer Marke dient grundsätzlich gerade dem Zweck, sich das Alleinbenutzungsrecht zu sichern und sich gegen die Benutzung durch andere zur Wehr setzen zu können. hhh) Abgesehen davon, dass ein - von der Antragstellerin zu 2.) geäußerter - Verdacht, von Seiten der Beschwerdeführerin sei mit unlauteren Mitteln in den Markt eingegriffen worden, allein nicht ausreicht, um Rückschlüsse auf ein bösgläubiges Verhalten bei der Markenanmeldung zuzulassen, genügen auch ihre konkreten Vorwürfe in Bezug auf den Ablauf einiger bisheriger Löschungsverfahren nicht, die Bösgläubigkeit der Anmelderin im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr.10 MarkenG darzulegen. Die Beschwerdeführerin hat nicht in Abrede gestellt, dass sie, wie die Antragstellerin zu 2.) vorgetragen hat, nachdem die Schweizer Firma Internet Business Research Institute AG am 11. Juli 2001 einen Löschungsantrag zur verfahrensgegenständlichen Marke gestellt und diesen am 20. Oktober 2005 zurückgenommen (S. 166/01) hatte, anschließend von dieser Firma mehrere "Yellow"-Marken gekauft habe. Sie hat auch nicht bestritten, dass die GoYellow GmbH ihren Löschungsantrag vom 26. August 2005 am 22. November 2006 zurückgenommen (S. 167/05) hat, weil man sich bei einer Unterfirma mit … Euro eingekauft habe und bei der GoYellow GmbH mit … Euro eingestiegen sei, welche den Alleinvertrieb von Branchenbuchanzeigen übernommen habe. Ferner ist unstreitig, dass der Windhager Verlag Stuttgart, der den Begriff "Gelbe Seiten" alleine nutzen wollte, gegen die ablehnende Gerichtsentscheidung nicht vorgegangen ist, obwohl Inhaber dieses Verlages der Müller Verlag aus Nürnberg, der größte und finanzstärkste aller Branchenbuch-Verlage, ist und im Ausland die "Yellow Pages" sehr aktiv betreibt und im Besitz einer so wertvollen Domain wie www.yellowpages.de ist. Selbst wenn es nach dem Vortrag der Antragstellerin zu 2.) zuträfe, dass die Markeninhaberin die Firma Yellow Phone GmbH bzw. dessen Geschäftsführer Keil beauftragt habe, gegen die Firma GoYellow im laufenden Löschungsverfahren der "Gelbe Seiten"-Marken vorzugehen, und dass sie die Antragstellerin zu 2.) durch das Angebot einer Ratenzahlung zur Rücknahme ihres Löschungsantrages gegen die "Gelbe Seiten"-Marken habe bewegen wollen, könnten sämtliche vorgenannten Umstände nicht als Indizien für eine Verdrängungsabsicht der Anmelderin zum Zeitpunkt der Anmeldung bzw. Eintragung gewertet werden. (1) Denn ein Markeninhaber ist jederzeit berechtigt, sein Markenrecht gegen Dritte zu verteidigen. Die Eintragung einer Marke dient grundsätzlich gerade dem Zweck, sich das Alleinbenutzungsrecht zu sichern und sich gegen die Benutzung durch andere zur Wehr setzen zu können. Zu diesem Zweck können alle legalen Mittel eingesetzt werden. (2) Es ist ferner nicht zu beanstanden, wenn versucht wird, Löschungsverfahren auf dem Vergleichswege zu beenden. Dies wird durch die im zweiseitigen Beschwerdeverfahren geltende Dispositionsmaxime ermöglicht, wonach die Beteiligten das Verfahren durch entsprechende Erklärungen beenden können. (3) Es fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin überhaupt oder in unlauterer Weise auf den Windhager Verlag Stuttgart eingewirkt hat, damit er von einer weiteren Rechtsverfolgung absieht. Ferner bleibt es ihr überlassen, gegen wen sie rechtlich vorgeht. iii) Soweit die Antragstellerin zu 2.) der Beschwerdeführerin vorwirft, letztere agiere betrügerisch, weil sie unter dem Begriff "Yellow Pages" im Internet auch internationale Inhalte hinterlege, aber durch einen versteckten Link dafür sorge, dass die Kunden immer zu ihrer Firmenseite gelangen, sowie, dass letztere, um den Löschungsantragsteller GoYellow  im Wettbewerb und im Löschungsverfahren zu behindern, selbst Internetdomains mit dem Wortbestandteil GoYellow registriert und auf ihre eigene Website gelenkt habe, ist dies unerheblich, weil die vorgenannten Vorgänge keinen Bezug zur hier entscheidenden Frage einer angeblich bösgläubigen Anmeldung der Wortmarke "Gelbe Seiten" im Jahr 1990/91 aufweisen. b) Der Tatbestand der Erschleichung einer Marke liegt ebenfalls nicht vor. aa) Selbst wenn die verfahrensgegenständliche Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen als beschreibende Angabe freihaltungsbedürftig wäre und dem Zeichen die Unterscheidungskraft fehlte, wie die Beschwerdegegnerinnen behaupten, rechtfertigte dies noch nicht die Annahme einer Markenerschleichung. bb) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die damalige Anmelderin falsche Angaben zu ihrer Markenberechtigung oder zur Verkehrsdurchsetzung der verfahrensgegenständlichen Marke gemacht oder Unterlagen bei der Anmeldung der älteren Wort-/Bildmarke 1 033 815 manipuliert hat. aaa) Die Deutsche Postreklame GmbH ist materiell berechtigt gewesen, beide Marken anzumelden. (1) Denn ihr stand ein originäres und nicht von der Deutschen Bundespost abgeleitetes Recht zur Markenanmeldung zu. Ausweislich des von der Antragstellerin zu 2.) im beigezogenen Verfahren vorgelegten Auszuges aus dem in der Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen vom 10. Juli 1956 veröffentlichten Beitrag von Herrn Staatssekretär Dr. Steinmetz "10 Jahre Deutsche Postreklame GmbH" sowie des für Herrn Staatssekretär Gescheidle im Jahre 1974 aufbereiteten Skripts (Anlage 6 BA) war der am 9. Juli 1946 errichteten Deutschen Postreklame GmbH wie ihrer 1924 gegründeten Vorgängerin durch einen Pachtvertrag von der Deutschen Post das alleinige und ausschließliche Recht übertragen worden, die für die Fremdwerbung freigegebenen Einrichtungen der Post für Werbezwecke auszunutzen. Dazu gehörte die ihr allein eingeräumte Verfügungsbefugnis über die amtlichen Unterlagen betreffend die Einrichtung, Änderung und Aufhebung von Fernsprechanschlüssen, also die Daten der Fernsprechteilnehmer. Gleichzeitig war sie neben der Zahlung einer Pachtsumme verpflichtet worden, bei ihrer Tätigkeit die Interessen und Bedürfnisse des Post- und Fernmeldewesens und das Bild der Verwaltung in der Öffentlichkeit zu beachten. Alleiniger Gesellschafter bzw. ab 1949 Mehrheitsgesellschafter war die Deutsche Post, später Deutsche Bundespost. Die Deutsche Postreklame GmbH war daher ein selbständiges Wirtschaftsunternehmen im Kapitalbesitz der Deutschen Bundespost. Die Gesellschaft unterlag deren ständiger Aufsicht. Zur Ausübung der Aufsicht über das Unternehmen und zur Überwachung der Geschäftsführung wurde ein Aufsichtsrat bestellt, dem leitende Beamte des Bundespostministeriums angehörten. Die Schwerpunkte der Postreklametätigkeit lagen im Buchgeschäft, d. h. Werbung in amtlichen Fernsprechbüchern und anderen amtlichen Druckwerken sowie Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern und örtlichen Fernsprechbüchern zusammen mit privaten Verlegern. Im Rahmen dieser Tätigkeit hatte die Deutsche Postreklame GmbH das Wort-/Bildzeichen 1 033 815 ab 1968/1969 im Zusammenhang mit ihren Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe von Branchen-Fernsprechbüchern sowie Werbung darin mit Genehmigung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 (Bl. 25 VA) aufgrund dessen Verfügung vom selben Tage eingeführt, systematisch aufgebaut und als einziges Unternehmen in Deutschland verwendet und bekannt gemacht. Das Gleiche gilt für das verfahrensgegenständliche, ab 1975/76 eingeführte Wortzeichen. Die Deutsche Postreklame GmbH hat also auf der Grundlage der ihr von der Deutschen Post bzw. Deutschen Bundespost übertragenen Rechte bzw. Verfügungsbefugnisse Kennzeichen für ihre Dienstleistungen entwickelt, für die sie 1979 und 1990 Markenschutz beantragt hat. Sie war als Herausgeberin und Verlegerin von Branchenverzeichnissen in Zusammenarbeit mit ihren Partnerverlagen die alleinige Vorbenutzerin dieser Zeichen und somit auch materiell berechtigt, die in ihrem Geschäftsbetrieb entwickelten Kennzeichen markenrechtlich schützen zu lassen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 2.) hat sie dafür nicht jeweils einer (weiteren) "staatlichen Genehmigung" der Deutschen Bundespost bedurft. Denn nicht die Deutsche Bundespost hatte diese Zeichen geschaffen und vorbenutzt, sondern die Deutsche Postreklame GmbH als juristische Person des Privatrechts auf der Grundlage der von der Deutschen Bundespost im Wege des Pachtvertrages übertragenen Befugnisse. Da die Deutsche Postreklame GmbH erst seit 1946 existierte und keine Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichspostreklame GmbH war, wie die Antragstellerin zu 2.) selbst vorgetragen hat, und zu keinem Zeitpunkt staatliche Branchenfernsprechbücher herausgegeben hat, fehlt ihrem Vortrag zu der Verzichtsvereinbarung von 1936 jegliche Relevanz für das vorliegende Verfahren. (2) Die unter den Parteien streitige Frage, ob die Beschwerdeführerin die Markenrechte im Innenverhältnis zu ihren Partnerfachverlagen treuhänderisch gehalten hat, ist unerheblich, weil sie im Außenverhältnis, auf das es hier allein ankommt, uneingeschränkte Inhaberin der Markenrechte ist. bbb) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Deutsche Postreklame GmbH im Verkehrsdurchsetzungsverfahren bei der Anmeldung der Wort-/Bildmarke 1 033 815 Aussagen zu ihren Gunsten manipuliert hat. (1) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin zu 2.) ist das Schreiben der Deutschen Postreklame GmbH vom 17. Oktober 1980 (Anlage 2) an Verbände in Deutschland weder dem DPA vorenthalten worden, noch ist es "manipulativ und suggestiv" formuliert, noch enthält es falsche Angaben. Dieses Schreiben hat dem DPA vorgelegen. Denn es befindet sich in der rechten Umschlagtasche der Anmeldeakte der Beiakte in einer Klarsichthülle. Es handelt sich auch nicht um einen Text, der den Verbänden nur zur Unterschrift vorgelegt worden ist, wie die ebenfalls in der rechten Umschlagtasche der Anmeldeakte in einer Klarsichthülle enthaltenen Antwortschreiben zeigen. Im Anschreiben selbst werden vielmehr die von der Deutschen Postreklame in Zusammenarbeit mit privaten Verlegern herausgegebenen Branchen-Fernsprechbücher mit dem Wort-/Bildzeichen "Gelbe Seiten" beschrieben sowie deren Historie dargestellt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bisher eine markenrechtliche Eintragung nicht erreicht worden sei und die Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung noch ausstehe, weshalb zur Vorlage beim Deutschen Patentamt um eine Bestätigung gebeten werde, dass ihnen dieses Zeichen bekannt sei. Den Verbänden war also völlig freigestellt, ob sie die erbetene Bestätigung abgeben oder nicht. (2) Der Umstand, dass, wie sich aus Ziffer 8 des an das DPA gerichteten Schreibens der Bevollmächtigten der Deutschen Postreklame GmbH vom 29. Dezember 1980 (Bl. 25 ff., 30 d. Anmeldeakte BA) ergibt, von der damaligen Anmelderin auf Anforderung des DPA 178 Bestätigungen von Abnehmern vorgelegt worden sind, welche aus einem einheitlichen Text bestanden, dessen Unterzeichnung den Befragten freigestellt wurde, ist entgegen der Ansicht des DPMA nicht geeignet, der damaligen Anmelderin suggestives oder manipulatives Verhalten nachzuweisen. Zum einen hat sie gegenüber dem DPA selbst im vorgenannten Schreiben unter Ziffer 8 offengelegt, dass es sich um vorgegebene Texte handelt mit der Erläuterung, dass es unsinnig wäre, jedem Befragten eine eigene Erklärung zuzumuten. Zum anderen bildeten diese 178 Erklärungen nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage des DPA. Es hatte, wie das vorgenannte Schreiben belegt, zahlreiche weitere Unterlagen angefordert und erhalten, nämlich u. a. die Verfügung des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen vom 13. September 1968 nebst der damals gültigen Dienstanweisung für den Fernmeldebuchdienst der Deutschen Bundespost zur Verwendung des Zeichens "Gelbe Seiten", eine Auflistung der Auflagenhöhe von "Gelbe Seiten" von 1969 bis 1979, eine Auflistung der Auflagenhöhe für die einzelnen Regionen, Kopien von Titelseiten der Branchen-Fernsprechbücher seit 1969, eine Auflistung verschiedener Werbeaufwendungen (für TV-Spots) für die Jahre 1977 bis 1980 sowie 2.000 Darstellungen des Zeichens. Hinzu kommt, dass das DPA selbst den Deutschen Industrie- und Handelstag um eine (neutrale) Auskunft gebeten hat, ob sich die angemeldete Marke als Merkmal für die Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb im Verkehr durchgesetzt habe. Dies hat der DIHT im Schreiben vom 3. Dezember 1981 (Bl. 38 d. Anmeldeakte BA) als Ergebnis einer Befragung der Industrie- und Handelskammern bestätigt und die Auskünfte der einzelnen Kammern beigefügt. Den Umstand, dass die Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern in ihrem Schreiben vom 6. Oktober 1981 (Bl. 47 d. Anmeldeakte BA) dem DIHT als einzige mitgeteilt hat, dass die Auswertung ihrer Umfrage nur in Verlagskreisen deutliche Ansätze einer Verkehrsdurchsetzung erkennen lasse, während in den übrigen Geschäftskreisen das Zeichen weniger als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen angesehen werde, hat das DPA zu Recht nicht zum Anlass genommen, das vom DIHT mitgeteilte Gesamtergebnis in Frage zu stellen. Soweit die Antragstellerin zu 2.) beanstandet, dass die Industrie- und Handelskammern nicht den relevanten Markt befragt hätten, so dass das DPA die Verkehrsdurchsetzung aufgrund einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage getroffen habe, kann dies der Markenanmelderin selbst nicht vorgeworfen werden. Denn der Markenanmelder kann sich grundsätzlich auf die - für ihn positive - Beurteilung seiner Marke durch die Eintragungsbehörde verlassen (BGH GRUR 2006, 432, 433). ccc) Die Deutsche Postreklame GmbH hat auch bei der Anmeldung der Wortmarke "Gelbe Seiten" keine falschen Angaben gemacht. Nachdem im Anmeldeverfahren der Wort-/Bildmarke 1 033 815, deren wesentlicher Bestandteil von den Worten "Gelbe Seiten" gebildet wird, das DPA nach Anforderung einer Vielzahl von Unterlagen und Befragung des DIHT die Verkehrsdurchsetzung festgestellt und das Zeichen als verkehrsdurchgesetzt eingetragen hatte, stand es der Deutschen Postreklame GmbH frei, auch das Wortzeichen "Gelbe Seiten" als ihrer Ansicht nach verkehrsdurchgesetztes Zeichen unter Bezugnahme auf die Glaubhaftmachungsunterlagen im Verfahren der Wort-/Bildmarke 1 033 815 und unter Hinweis auf die Amtsbekanntheit anzumelden. Denn im vorgenannten Verfahren waren als Anlage 12 (in der rechten Umschlagtasche der Anmeldeakte der Beiakte in einer Klarsichthülle) zum Schreiben der Bevollmächtigten der Deutschen Postreklame GmbH vom 29. Dezember 1980 (Bl. 25 ff., 29 d. Anmeldeakte BA) eine Umfrage der Gfk-Nürnberg von Oktober 1979 und eine weitere Umfrage des Sample Instituts Hamburg von April 1980 vorgelegt worden, in welchen der Bekanntheitsgrad des Begriffs "Gelbe Seiten" ermittelt worden war. Das DPA hätte weitere, aktuellere Unterlagen anfordern können. Dass ihm die alten Unterlagen ausgereicht haben, um die Eintragung vorzunehmen, kann nicht der Anmelderin zum Vorwurf gemacht werden, die selbst davon ausging, dass dieses Zeichen dem Amt auch schon ohne weitere Unterlagen ausreichend bekannt war, und es keine Anhaltspunkte dafür gab, zum Eintragungszeitpunkt im Juni 1991 anzunehmen, dass sich die Durchsetzungswerte verschlechtert hätten. ddd) Die Bösgläubigkeit kann entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerinnen auch nicht mit der Begründung angenommen werden, dass der Deutschen Postreklame GmbH bekannt gewesen sei, dass der Begriff "Gelbe Seiten" nicht schutzfähig gewesen, das patentamtliche Verfahren sowohl bei der Wort-/Bildmarke 1 033 815 als auch bei dem verfahrensgegenständlichen Wortzeichen fehlerhaft durchgeführt und die beiden Zeichen fälschlicherweise als im Verkehr durchgesetzt eingetragen worden seien. Wie bereits eingehend erörtert, hat das Amt vor der Eintragung der Wort-/Bildmarke 1 033 815 eine umfangreiche Prüfung der Verkehrsdurchsetzung vorgenommen, so dass die Anmelderin auf die Richtigkeit des anschließend vom DPA getroffenen Urteils der Verkehrsdurchsetzung vertrauen durfte. Bei der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Wortmarke konnte sie aufgrund der jahrelangen Benutzung und aufgrund von ihr 1982 (BF 11, Bl. 370 ff. GA), 1984 (BF 11, Bl. 357 ff. GA), 1986 (BF 11, Bl. 346 ff. u. 350 ff. GA), 1987 (BF 11, Bl. 342 ff. GA) und 1990 (BF 11, Bl. 331 ff. GA) eingeholter Marktforschungsgutachten davon ausgehen, dass deren Bekanntheitsgrad hoch und damit amtsbekannt sein müsste, so dass es für sie keine Überraschung darstellte, dass das Amt trotz der Zeitspanne von mehr als 10 Jahren keine neuen Glaubhaftmachungsunterlagen angefordert hat. Anhaltspunkte dafür, dass ihr in beiden Anmeldeverfahren bewusst gewesen sei, dass hier fehlerhafte Entscheidungen getroffen würden, sind nicht ersichtlich. Aber selbst wenn sie bei der rechtlichen Beurteilung ihrer Marke von deren möglicher Schutzunfähigkeit ausgegangen wäre und mit Fehlentscheidungen gerechnet hätte, würde dies noch nicht den Tatbestand einer bösgläubigen Anmeldung erfüllen (Ströbele, a. a. O., § 8 Rn. 562 m. w. N.). c) Da die 10-jährige Ausschlussfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG einer erneuten Prüfung der Unterscheidungskraft oder der Verkehrsdurchsetzung der verfahrensgegenständlichen Marke entgegensteht, kann die (angebliche) Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit ihres Schutzes (u. a. auch wegen Verstoßes gegen Art. 28 und 82 EGV) bzw. ihre (angebliche) Sittenwidrigkeit nicht damit begründet werden, dass es sich bei ihr nur um eine Gattungsbezeichnung ohne Verkehrsdurchsetzung handele, wie dies im Gutachten von Prof. Dr. Murswiek von Juli 2006 getan wird. Einer Beweiserhebung durch Vernehmung der von der Antragstellerin zu 2.) angebotenen Zeugen N…, O… und B… zu den jeweiligen von ihr angegebenen Beweisthemen be durfte es nicht, weil die unter Beweis gestellten Behauptungen entweder unstreitig oder unerheblich sind. B. Im Hinblick auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, nach der jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt. Mangels Bösgläubigkeit der Beschwerdeführerin besteht kein Grund, ihr die Kosten des Löschungsverfahrens vor dem DPMA gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Die entsprechende Kostenentscheidung im Beschluss vom 15. Mai 2009 war somit ebenfalls aufzuheben. C. Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde gemäß § 83 MarkenG zuzulassen, besteht nicht. Wie bereits festgestellt worden ist, hat die Deutsche Postreklame GmbH das Wortzeichen "Gelbe Seiten" benutzt und der Umstand, dass der Anmelder mit potentiellen Mitbewerbern rechnen muss, welche das Zeichen für identische Waren und Dienstleistungen würden benutzen wollen, ist bei allen Markenanmeldungen von Natur aus gegeben. Daher fehlt es bereits an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Unabhängig von der Frage, ob für den Senat ein Vorlagerecht oder eine Vorlagepflicht besteht, hat er jedenfalls keine Veranlassung gesehen, der Anregung der Antragstellerin zu 2.) zu folgen und ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EGV zu der von ihr formulierten Frage, "ob die nationale Marke "Gelbe Seiten" im europäischen Gemeinschaftsmarkt als Maßnahme gleicher Wirkung anzusehen ist, wie sie 1990 und 1979 eingetragen worden ist" zu richten, weil im vorliegenden Fall über Tatfragen und nicht über eine vom EuGH noch nicht entschiedene Rechtsfrage zu entscheiden war.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005552&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005553
BPatG
München
29. Senat
20100303
29 W (pat) 113/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "move the image" - Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 67 599.8 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. März 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Juni 2009 und 30. Oktober 2009 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen der Klasse 41 zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) hat durch Beschlüsse vom 12. Juni 2009 und 30. Oktober 2009, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die am 17. Oktober 2007 zur Eintragung als Marke in das beim DPMA geführte Register angemeldete Wortfolge move the image teilweise, nämlich für die folgenden Dienstleistungen: Klasse 41: Aufzeichnung von Videobändern; Dienstleistungen eines Fernsehstudios; Filmproduktion; Montage (Bearbeitung) von Videobändern; Videofilmproduktion; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung); Klasse 42: Design von Home-Pages und Web-Seiten; Dienstleistungen eines Grafikdesigners; Dienstleistungen eines Grafikers; digitale Bildbearbeitung; Erstellen von Webseiten; Erstellung von Computeranimationen; Konzeptionierung von Web-Seiten gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die aus allgemein bekannten Begriffen des englischen Grundwortschatzes sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge im konkreten Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen von den angesprochenen Verkehrskreisen als ein unmittelbar beschreibender Sachhinweis auf deren Gegenstand, nämlich das Bewegen, Verschieben von Bildern/Images, nicht aber als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden werde. Bei den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen handele es sich um (zumindest teilweise) Bildbearbeitungs- und Grafikerdienstleistungen mit und ohne Computer. In diesem Bereich der visuellen Medien würden bewegte Bilder vielfältig eingesetzt. Der Begriff "image" sei auch Bestandteil zahlreicher branchenspezifischer Fachbegriffe. Wie eine Internetrecherche gezeigt habe, werde in der Medienwirtschaft vom Dienstleistungsbereich "Moving Image" gesprochen und der angesprochene Verbraucher kenne die Wortfolge, weil sie ihm bereits bei der Betätigung einer digitalen Foto- oder Videokamera sowie bei der digitalen Bildbearbeitung am Computer begegne. Hinsichtlich der Dienstleistungen der Veranstaltung und Durchführung von Seminaren oder Workshops (Ausbildung) liege ein Verständnis der angemeldeten Wortfolge als inhaltlich/thematische Ausrichtung bzw. als Motto der Seminare und Workshops nahe. Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen würden der Wortfolgenbestandteil "move" auch nicht mehrdeutig im Sinne von "Umzug" oder "Auslenkung" oder das Wortfolgenelement "image" auch nicht mehrdeutig als "Ebenbild", "Gebilde" oder "Metapher" verstanden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die beiden Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Juni 2009 und 30. Oktober 2009 in dem Umfang aufzuheben, in dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde, und die angemeldete Marke in vollem Umfang einzutragen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine sprachregelwidrige und daher fantasievolle Zusammensetzung handele, die weder im deutschen noch im englischen Sprachraum gebräuchlich sei. "Move" sei mit "Auszug", "Umzug", "Auslenkung" und "Schachzug" als Hinweis auf verschiedene Waren und Dienstleistungen der Spielwarenindustrie oder von Umzugsunternehmen zu übersetzen. Der Begriff "image" sei ebenfalls mehrdeutig und könne mit "Ebenbild", "Gebilde", "Metapher" oder "Vorstellung" als Hinweis auf Presseerzeugnisse oder Waren und Dienstleistungen des Kunstgewerbes übersetzt werden. Diese interpretationsbedürftige Mehrdeutigkeit der angemeldeten Wortfolge spreche für ihre Unterscheidungskraft. Das Anmeldezeichen könne nicht ausschließlich auf den Bedeutungsinhalt "Bewege(n), verschiebe(n) (Sie) das Bild" reduziert werden. In den anderen Übersetzungen weise sie keinen Sachbezug zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen auf. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen der Klasse 41 zurückgewiesen worden ist. Hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 42 ist sie unbegründet. 1. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "move the image" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 42 das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung insoweit zu Recht die Eintragung versagt. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Ob das Merkmal des engen beschreibenden Bezuges vorliegt, hängt davon ab, ob das Publikum den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die individuelle betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner ). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind, sofern das Gesamtzeichen nicht infolge einer ungewöhnlichen Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – hinreichend weit von der bloßen Zusammenfügung ihrer schutzunfähigen Bestandteile abweicht (EuGH a. a. O. Rdnr. 98 - Postkantoor; a. a. O. Rdnr. 39 f. – BIOMILD; a. a. O. Rdnr. 28 – SAT 2; a. a. O. Rdnr. 29 - BioID; MarkenR 2007, 204, 209 Rdnr. 77 f. – CELLTECH). Ist – wie hier – die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Wortfolge "move the image" für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 42 jegliche Unterscheidungskraft. Denn sie stellt zumindest einen engen funktionalen und damit beschreibenden Bezug zu ihnen her, weshalb der Verkehr in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die individuelle betriebliche Herkunft dieser Dienstleistungen sehen wird. Die von den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 42 nämlich angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden die englischsprachige Wortfolge "move the image" mühelos im Sinne von "Bewege(n), verschiebe(n) (Sie) das Bild" verstehen, weil der englische Grundwortschatz in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet ist. Der vom Anmelder angeführte Umstand, dass "move" auch mit "Umzug, Spiel- oder Schachzug, befördern oder berühren" (Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]) und "image" mit "Bildnis, Ebenbild, Metapher oder Vorstellung" (Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, a. a. O.) übersetzt werden kann, ist unerheblich. Denn der Sinngehalt einer Marke ist ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 42: nämlich Design von Home-Pages und Web-Seiten, Dienstleistungen eines Grafikdesigners oder Grafikers; digitale Bildbearbeitung, Erstellen von Webseiten, Erstellung von Computeranimationen und Konzeptionierung von Web-Seiten, macht nur die Bedeutung der angemeldeten Wortfolge im Sinne von "Bewegen, Verschieben von Bildern/Images" Sinn, zumal der Begriff "image" auch Bestandteil zahlreicher Fachbegriffe der Bildbearbeitungsbranche ist ( www.xipolis.net , Anlage A 1 zum Erstbeschluss, Bl. 19 VA; Mühle, Wörterbuch der Bildtechnik Deutsch-Englisch/Englisch-Deutsch, 2005, S. 245, Anlage A 1 zum Zweitbeschluss, Bl. 47 f. VA). Das Bewegen von Bildern gehört zudem zum essentiellen Bestandteil der vorgenannten Dienstleistungen. Wegen dieses engen funktionalen Zusammenhangs (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 14 – print24) wird der Verkehr, dem, wie eine vom DPMA durchgeführte Internetrecherche gezeigt hat, die Wortfolge schon deshalb bekannt ist, weil sie ihm sowohl bei der Betätigung einer digitalen Foto- oder Videokamera als auch bei der digitalen Bildbearbeitung am Computer begegnet, die Bezeichnung "move the image" als reinen Sachhinweis auf die Bilderstellung und –bearbeitung im grafischen und computergrafischen Bereich und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Damit fehlt der angemeldeten Wortfolge die erforderliche Eignung, die beanspruchten Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Abgesehen davon, dass die Wortfolge auch im englischen Sprachraum innerhalb des computergrafischen Bereichs benutzt wird, wie die Internetrecherche des Amtes gezeigt hat, spielt es nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs keine Rolle, ob die Wortfolge allgemein gebräuchlich ist oder gar lexikalisch belegt ist, es sich also, wie der Beschwerdeführer meint, um eine fantasievolle Zusammensetzung handelt. Denn es entspricht bekanntlich menschlichen Grundfähigkeiten, auch neuen Wortverbindungen, die aus gebräuchlichen Wörtern gebildet sind, einen Sinngehalt zuzuordnen, der sich an der Bedeutung der Einzelwörter orientiert (BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I; BPatG 27 W (pat) 155/09 - SCHULKOMPASS ). Da die Gesamtbezeichnung zudem keine ungewöhnliche Veränderung – etwa syntaktischer oder semantischer Art – aufweist, wird dem angesprochenen Publikum auch nicht der Gedanke kommen, dass statt dessen auf die Herkunft dieser Dienstleistungen aus einem ganz bestimmten Unternehmen hingewiesen werden soll. Damit ist die Wortfolge aber nicht geeignet, die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen. 2. Hinsichtlich der im angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Dienstleistungen der Klasse 41 "Aufzeichnung von Videobändern; Dienstleistungen eines Fernsehstudios; Filmproduktion; Montage (Bearbeitung) von Videobändern; Videofilmproduktion; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren; Veranstaltung und Durchführung von Workshops (Ausbildung)" kann der angemeldeten Wortfolge nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Zwar haben auch sie mit bewegten Bildern, aber nicht primär mit dem Bewegen/Verschieben von Bildern/Images zu tun. Im Zentrum der vorgenannten Dienstleistungen steht die Bildfolge und nicht das einzelne Bild. Es handelt sich bei ihnen – selbst bei der Montage (Bearbeitung) von Videobändern – nicht um eine mit dem grafischen oder computergrafischen Bereich vergleichbare Erstellung, Bearbeitung oder Bewegung von einzelnen Bildern. Nur zu diesem Bereich steht aber die (Tätigkeits-)Bezeichnung "move the image" in engem funktionalem und damit beschreibenden Bezug. Zu den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 41 könnte eher die Bezeichnung "move the movie/clip" einen engen funktionalen Bezug aufweisen. Ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist aufgrund des fehlenden beschreibenden Aussagegehalts des Anmeldezeichens für die vorgenannten Dienstleistungen ebenfalls zu verneinen. Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005553&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005554
BPatG
München
29. Senat
20100303
29 W (pat) 117/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "WORLD OF SWEETS" – keine Unterscheidungskraft - keine Verkehrsdurchsetzung
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 048 383.0 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 3. März 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Wortfolge WORLD OF SWEETS ist am 25. Juli 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 35: Einzelhandels- und Großhandelsdienstleistungen in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere in Bezug auf Knabberartikel; Kartoffelchips; Nüsse; Erdnüsse; Obst (getrocknet); Süßwaren, Konfekt, Zuckerwaren; Fruchtgummis; Bonbons; Geleefrüchte (Süßwaren); Lakritze (Süßwaren); Lakritzenstangen (Süßwaren); Pastillen (Süßwaren); Pfefferminzbonbons; Schokolade; Marzipan; Kaugummi; Backwaren [fein]; Waffeln; Lebkuchen; Kekse; Kaffee-/Kakaogetränke; alkoholische Getränke; Liköre; alkoholfreie Getränke; isotonische Getränke; Limonade; Brausepulver für Getränke; Brausetabletten für Getränke; Dienstleistungen des Groß- und Einzelhandels über das Internet in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere Süßwaren, Knabberartikel, Backwaren, alkoholische und nicht alkoholische Getränke; Online- oder Katalogversandhandelsdienstleistungen in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere Süßwaren, Knabberartikel, Backwaren, alkoholische und nicht alkoholische Getränke; Dienstleistungen eines Versandhauses für Lebensmittel und Getränke, insbesondere Süßwaren, Knabberartikel, Backwaren, alkoholische und nicht alkoholische Getränke; Versandwerbung; Klasse 39: Auslieferung, Einpacken und Lagerung von Waren in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere Süßwaren, Knabberartikel, Backwaren, alkoholische und nicht alkoholische Getränke; Zustellung (Auslieferung) von Versandhandelsware in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere Süßwaren, Knabberartikel, Backwaren, alkoholische und nicht alkoholische Getränke; Geschenkdienst durch Zusammenstellung, Verpa-ckung und Versendung von Geschenksendungen in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, insbesondere Süßwaren, Knabberartikel, Backwaren, alkoholische und nicht alkoholische Getränke. Durch Beschluss vom 8. Oktober 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass das aus bekannten Wörtern der englischen Sprache zusammengesetzte Zeichen, das auch in Deutschland ohne Schwierigkeiten als "Welt der Süßigkeiten" verstanden werde, im konkreten Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen von den angesprochenen Verkehrskreisen als ein beschreibender Sachhinweis auf eine Vertriebsstätte mit einem speziell auf Süßigkeiten ausgerichteten Warensortiment einschließlich aller damit zusammenhängender Dienstleistungen, nicht aber als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen aufgefasst werde. Dass die bisherige markenmäßige Verwendung dieser Bezeichnung allein auf den Geschäftsbetrieb des Anmelders zurückgehe, ändere nichts an der Schutzunfähigkeit des Anmeldezeichens, weil es kein Vorbenutzungsrecht gebe. Die vom Anmelder angeführten eingetragenen Wortmarken "Forst", "Traktor", "Happy World", "One World", "Lady World", "Sand World" und "aesthetic world" seien nicht vergleichbar. Eine Verkehrsdurchsetzung des Anmeldezeichens scheide aus, weil der Anmelder trotz ihrer schriftlichen Hinweise keine weiteren Ausführungen dazu gemacht habe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß be-antragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Oktober 2009 aufzuheben und die Marke einzutragen. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass es sich bei der angemeldeten Gesamtbezeichnung um eine Phantasiebezeichnung handele, die sich weder in Lexika noch in Wörterbüchern finde. Die hauptsächlichen Teilbegriffe "Sweets" und "World" besäßen im allgemeinen englischen Sprachgebrauch unterschiedliche Bedeutungsinhalte. "Sweets" könne nicht nur mit "Bonbons", "Konfekt" oder "Süßigkeiten", sondern auch mit "Freuden" übersetzt werden. "World" könne "Welt" oder "Erde" bedeuten. Die Gesamtbezeichnung könne daher auch als "Welt oder Erde der Freuden" verstanden werden, welche keinen, schon gar keinen beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungsbereichen aufweise. Diese Mehrdeutigkeit spreche daher bereits für die Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens. Da sämtliche von der Markenstelle vorgelegten Nachweise (Google-Trefferliste) ausschließlich auf seinen Geschäftsbetrieb verwiesen, müsse sogar von der Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Wortfolge ausgegangen werden. Da das DPMA bereits eine identische (Wortmarke 304 299 79 - "World of Sweets" für die Warenklassen 29, 30 u. 32) sowie eine hochgradig ähnliche Bezeichnung (Wortmarke 303 254 110 - "Sweet World" für die Warenklasse 30) für unmittelbar entsprechende Waren zur Eintragung zugelassen habe, stehe ihm ein Anspruch auf Gleichbehandlung zu. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge " WORLD OF SWEETS " als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekenn-zeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Ob das Merkmal des engen beschreibenden Bezuges vorliegt, hängt davon ab, ob das Publikum den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die individuelle betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 - BuchPartner ). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2003, 58, 59 Rdnr. 21 - Companyline; GRUR 2004, 146, 147 f. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 97 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 38 - BIOMILD). Ist - wie hier - die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Die von den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden die sprachüblich gebildete englischsprachige Wortfolge " WORLD OF SWEETS " mühelos im Sinne von "Welt der Süßigkeiten" verstehen, weil der englische Grundwortschatz in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet ist. Der vom Anmelder angeführte Umstand, dass "world" auch mit "Erde" ( http://dict.leo.org ) und "sweets" mit "Freuden, Wonnen" (Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]) übersetzt werden kann, so dass der Gesamtbezeichnung auch die Bedeutung "Erde der Freuden" zukommen kann, ist unerheblich. Denn der Sinngehalt einer Marke ist ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Die angemeldeten Einzel- und Großhandelsdienstleistungen im stationären Handel, im Versandhandel und im E-Commerce einschließlich Verpackung, Auslieferung und Geschenkedienst beziehen sich auf ein vor allem auf Süßwaren ausgerichtetes Warensortiment, so dass nur die Bedeutung der angemeldeten Wortfolge im Sinne von "Welt der Süßigkeiten" Sinn macht. Hinzu kommt, dass derartige mit den Wörtern "Welt" oder "world" gebildete Bezeichnungen gebräuchlich sind zur Bezeichnung einer Vertriebsstätte mit einem vielfältigen Warensortiment, wie z. B. "Bürowelt, Möbelwelt, Tabakwelt (BPatG 24 W (pat) 256/03 - tabakwelt ), Teewelt (BPatG 32 W (pat) 21/07 - Die ganze Welt des Tees; BPatG 32 W (pat) 120/04 - The world of tea), World of Wine, World of Food, Chocolate World, Cosmetic World, World of Pizza und World of Video" (Ergebnis einer Internetrecherche des Senats mit dem Suchbegriff "World" unter www.google.de ), oder zur Bezeichnung eines Dienstleistungsinstituts oder -einrichtung, wie z. B. "Reisewelt, Badewelt, Fertighauswelt, World of Events" (BPatG 32 W (pat) 224/99 - World of Events), oder eines Informationsangebots in so genannten Portalen, Gates etc. im Internet, wie " fitnessworld ". Mit ihnen ist nichts anderes gemeint, als dass jeweils eine unter einem solchen Begriff zusammengefasste Fülle von Angeboten an Waren und Dienstleistungen für das Publikum auf Abruf bereit steht. Dabei kann es sich um ein klassisches Ladengeschäft oder ein Dienstleistungsinstitut im herkömmlichen Sinne handeln. Es kann damit aber auch ein Internetportal oder ein Online-Dienst sowie eine website oder homepage bezeichnet sein. Auch sie treten neben Phantasiebezeichnungen mit sachbezogenen Namen auf. Solche Info-Portale sind im Zuge der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung der Inanspruchnahme von Online-Diensten durch die Verbraucher den herkömmlichen Warenvertriebs- und Dienstleistungsstätten gleichzustellen. Das allgemein aufgeklärte und verständige Publikum im Sinne des europäischen Verbraucherleitbildes weiß um diese Bezeichnungsgewohnheiten aufgrund der Häufigkeit dieser Wahrnehmung im Marktauftritt (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051, 1052 - rheuma-world). Im Falle einer derartigen Wortverbindung, dass ein Element des Zeichens den inhaltlichen Sachzusammenhang in gattungsmäßiger Weise bezeichnet und das andere Element "world" oder "Welt" auf eine große Diversifikation hinweist, so dass sich mit seiner Inanspruchnahme das Publikum erschöpfend bedient, versorgt und/oder informiert fühlen kann, handelt es sich um die Bezeichnung eines "Geschäftslokals" oder "Etablissements", die als besondere Geschäftsbezeichnung grundsätzlich unter den Schutz des § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG fällt, der sich darin aber auch erschöpft, es sei denn, es kommen weitere Elemente hinzu, damit das Publikum in dem Zeichen seinem Gesamteindruck nach einen auf die Waren oder Dienstleistungen bezogenen Herkunftshinweis sieht, so dass der weitergehende Schutz nach § 8 Abs. 2 MarkenG gerechtfertigt ist (vgl. BPatG GRUR 2003, 1051, 1052 - rheuma-world). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Wortfolge " WORLD OF SWEETS " die erforderliche geringe Unterscheidungskraft für die beanspruchten Dienstleistungen. Das Zeichen weist auf eine Stätte hin, in der eine besonders große Vielfalt von Süßigkeiten mit hohem Qualitätsstandard angeboten und verkauft wird. Die schutzsuchende Marke erschöpft sich daher bereits in Bezug auf die Waren, welche den angemeldeten Dienstleistungen zugrunde liegen, in einer Sachaussage über den Gegenstand und die Vielfalt des Angebots. Dieser für die Waren beschreibende Begriffsinhalt erstreckt sich hier auch auf die angemeldeten Dienstleistungen. Denn die Tätigkeit des Einzel- und Großhandels im stationären Bereich, im Versandhandel und im E-Commerce einschließlich Verpackung, Auslieferung und Geschenkedienst setzt zu veräußernde Gegenstände voraus. We-gen dieses engen funktionalen und damit beschreibenden Zusammenhangs (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 14 - print24) zwischen den angemeldeten Ver-triebsdienstleistungen und den zu vertreibenden Waren wird der Verkehr die Be-zeichnung " WORLD OF SWEETS " als reinen Sachhinweis auf den Handel mit Süßigkeiten und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Damit fehlt der angemeldeten Wortfolge die erforderliche Eignung, die beanspruchten Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Da es dem angemeldeten Wortzeichen bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob ihm auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ferner gibt es im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass das festgestellte Eintragungshindernis durch eine mögliche Verkehrsdurchsetzung der Marke im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden ist. Der Anmelder hat die für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung der Marke " WORLD OF SWEETS " notwendigen Voraussetzungen nicht schlüssig vorgetragen und belegt. Die Bestimmung des § 8 Abs. 3 MarkenG erfordert, dass sich eine zur Eintragung angemeldete Marke infolge ihrer Benutzung für die mit ihr beanspruchten Dienstleistungen in einem erheblichen Teil der beteiligten Verkehrskreise durchgesetzt hat. Als im Rechtssinn erheblich ist es dabei anzusehen, wenn die Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise in der Marke nicht mehr nur eine nicht unterscheidungskräftige Sach- oder sonstige Angabe, sondern einen auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen kennzeichnenden Herkunftshinweis sieht (EuGH GRUR 1999, 723, 727 Rdnr. 52 - Chiemsee; GRUR 2002, 804, 808 Rdnr. 65 - Philips; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 760, 762 - LOTTO). Die zunächst erforderliche Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung verlangt allerdings Angaben, aus denen sich ergibt, in welcher Form, für welche Waren/Dienstleistungen, in welchem Gebiet und Umfang sowie seit wann das angemeldete Zeichen nach Art einer Marke eingesetzt worden ist. Hierfür geeignete Belege sind insbesondere Kataloge, Preislisten, Werbematerial (unter Angabe der jeweiligen Auflagenzahl) sowie Angaben zu den getätigten Werbeaufwendungen und zu den bisher erzielten Umsätzen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 432). Diesen Anforderungen ist der Anmelder trotz entsprechenden Hinweises des DPMA mit Bescheid vom 10. August 2009 nicht nachgekommen. Zwar trifft es zu, dass die vom DPMA bei einer Internetrecherche mit der Suchmaschine "Google" ermittelten ersten 10 Treffer für die einzelnen Suchbegriffe " WORLD ", "OF" und " SWEETS " ausschließlich auf den Geschäftsbetrieb des Anmelders verweisen, der Inhaber der Domain "worldofsweets.de" und Betreiber des darunter befindlichen Angebots - www.worldofsweets.de ist, aber dieses - bereits an sich wenig aussagekräftige - Internetergebnis lässt ohne die Vorlage von Katalogen, Preislisten, Werbematerial und die Mitteilung von Umsatzzahlen, getätigten Werbeaufwendungen oder zumindest des Umfangs der in den letzten Jahren unter der Marke " WORLD OF SWEETS " durchgeführten einschlägigen Aufträge keine Rückschlüsse auf den Durchsetzungsgrad der Marke zu. Nachdem der Vortrag des Anmelders keine Anhaltspunkte für eine mögliche Verkehrsdurchsetzung der angemeldeten Marke für die beanspruchte Dienstleistung ergibt, bestand auch keine Notwendigkeit zur Einleitung eines förmlichen Verkehrsdurchsetzungsverfahrens. Die Voreintragung der wortlautmäßig identischen Wortmarke "World of Sweets" (304 299 79) am 21. Dezember 2004 sowie der hochgradig ähnlichen Bezeichnung "Sweet World" (303 254 110) am 11. Dezember 2003 für entsprechende Waren ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amts-praxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print24). Ferner wird verlangt, dass der Beschwerdeführer seiner - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, - wie hier - ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 - Freizeit-Rätsel-Woche). Hinzu kommt, dass sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten lässt, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 -Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST ). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann. Ein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005554&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005556
BPatG
München
33. Senat
20100413
33 W (pat) 100/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "EUROPÄISCHES ENERGIE FORUM" - beschreibende Angabe, keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 30 023.4 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 13. April 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Am 7. Mai 2007 hat die Anmelderin die Wortmarke EUROPÄISCHES ENERGIE FORUM für das nachfolgende Verzeichnis von Waren und Dienstleistungen angemeldet: 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche Beratung; organisatorische Beratung; Unternehmensberatung; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken. 36: Immobilienwesen insbesondere Immobilienverwaltung; Immobilienvermittlung; Vermietung und Verpachtung von Immobilien; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller und technischer Hinsicht (Facility Management); Finanzwesen. 41: Erziehung; Ausbildung; Aus- und Fortbildungs- sowie Erziehungsberatung; Durchführung von pädagogischen Prüfungen; Erziehung und Unterricht auf Akademien; Fernkurse; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen und Symposien; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Veranstaltung und Durchführung von Seminaren und Workshops. 42: Beratung auf dem Gebiet der Energieeinsparung; Forschung auf dem Gebiet des Umweltschutzes; Umweltverträglichkeitsprüfungen; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; wissenschaftliche Forschung. Mit Beschluss vom 28. Juli 2008 hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts die Markenanmeldung wegen fehlender Schutzfähigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass mit der Bezeichnung "Forum" ein Personenkreis umschrieben werde, der eine sachverständige Erörterung von Problemen und Fragen vornehme bzw. eine Plattform oder ein geeigneter Ort für etwas, sowie eine öffentliche Diskussion oder Aussprache. Die Wortkombination " EUROPÄISCHES ENERGIE FORUM " bezeichne daher einen sachverständigen Personenkreis auf europäischer Ebene, der sich mit energierelevanten Aspekten befasse oder eine europäische Plattform für energierelevante Themen bzw. eine öffentliche Diskussion auf europäischer Ebene über energierelevante Themen. Damit handele es sich um einen Hinweis auf Dienstleistungen, die von einem sachverständigen, auf europäischer Ebene gebildeten oder tätigen Personenkreis erbracht würden, der sich durch eine besondere Qualifikation und internationale Ausrichtung auszeichne. Für die Dienstleistungen der Klasse 35 könne das Zeichen auch dahingehend verstanden werden, dass diese geeignet und bestimmt seien zur Verwendung im Zusammenhang mit einem europäischen Energie-Forum. In jedem der Fälle wirke das Zeichen beschreibend. Die gewählte Schreibweise sei werbeüblich und könne den beschreibenden Charakter nicht aufheben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss des DPMA aufzuheben und die Marke für die beantragten Dienstleistungen einzutragen. Die Anmelderin meint, der angefochtene Beschluss beziehe sich nicht auf die Dienstleistung "Entwicklung von technischen Nutzungskonzepten" in Klasse 42. Die Anmelderin ist zudem der Ansicht, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Die Unterscheidungskraft fehle nur, wenn das Zeichen stets nur mit beschreibendem Inhalt verstanden werde. Die angemeldete Wortfolge sei demgegenüber kurz und treffend ohne beschreibenden Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen, zumal die überwiegende Anzahl der begehrten Dienstleistungen nicht den "Energiebereich" zum Gegenstand habe. Die Begriffe "Energie" und "Forum" seien außerdem mehrdeutig und interpretationsbedürftig. So bezeichne ein Forum sowohl eine räumliche Platzangabe als auch einen Ort des Meinungsaustausches sowie einen Gerichtsstand. Der Begriff "Energie" sei ebenfalls in verschiedener Weise zu verstehen, da sich auch Bezüge zur Esoterik, Psychologie und Philosophie finden würden. Mit der Wortfolge könne daher auch ein Diskussionsforum für esoterische, philosophische und theologische Themen oder ein Ort besonderer Kraft sowie eine Versammlung von Menschen bezeichnet werden, die bei Antriebslosigkeit Hilfe suchen würden. Schließlich unterstreiche die Schreibweise in Großbuchstaben und die Trennung aller drei Zeichenbestandteile die Unterscheidungskraft. Darüber hinaus gebe es bereits eine Vielzahl von Eintragungen mit den Begriffen "Energie-Forum". So sei u. a. die Marke "Deutsches Energieberater-Forum" eingetragen worden. Mit Schreiben vom 19. Februar 2010 hat der Senat die Anmelderin unter Vorlage von Belegen aus dem Internet auf das Vorliegen von Eintragungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG hingewiesen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. 1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Bei der Auslegung der absoluten Schutzhindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG (MarkenRL) das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) ADIDAS II). Es gibt nämlich insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 222 m. w. N.). Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) Henkel). Die angemeldeten Dienstleistungen richten sich im vorliegenden Fall neben dem Geschäftsverkehr auch an allgemeine und breite Verbraucherkreise, wobei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen ist (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) Chiemsee; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 23 ff.). Die Dienstleistungen der Klasse 35 werden allerdings, mit Ausnahme der Büroarbeiten, ausschließlich von gewerblichen Unternehmern in Anspruch genommen werden. b) Ausgehend von diesen Vorgaben ist die angemeldete Wortfolge für die angemeldeten Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend. Die hier angemeldete Wortmarke ist eine Verbindung der drei Wortzeichen " EUROPÄISCHES ", " ENERGIE " und " FORUM ". Eine aus mehreren Worten zusammengesetzte Marke muss zwar, wie die Anmelderin zu Recht ausführt, auf jeden Fall von einer Prüfung der Gesamtheit, die sie bilden, abhängen. Dies schließt indes nicht aus, zunächst jeden ihrer Begriffe oder Bestandteile getrennt zu untersuchen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 28) Sat.2; EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 41 - 48) Eurohypo). Bei dem Zeichenbestandteil " EUROPÄISCHES " kann es sich entweder um eine geografische Herkunftsangabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handeln, die den Sitz des Anbieters der Leistungen bezeichnet oder um eine Merkmalsangabe zur Präzisierung des Inhalts bzw. der Thematik der angemeldeten Dienstleistungen. Der Begriff " ENERGIE " kann verschiedene Bedeutungen haben. So kann er eine physikalische Kraft, die zur Ausführung von Arbeit nötig ist, wie z. B. elektrische Energie, Atomenergie, Sonnenergie, Wärmeenergie oder Windenergie beschreiben. Er kann aber auch körperliche oder geistige Spannkraft und damit die Fähigkeit, aktiv zu sein, umschreiben (vgl. DUDEN, Das Bedeutungswörterbuch, 2002). Mit dem Begriff " FORUM ", der der lateinischen Sprache entstammt, wurde ursprünglich ein Markt- und Versammlungsplatz in den römischen Städten der Antike bezeichnet. Von dieser Bedeutung abgeleitet, wird es heute überwiegend als realer oder virtueller Ort, an dem Meinungen ausgetauscht, Fragen gestellt und beantwortet werden können, verwendet. Damit wird häufig ein geeigneter Personenkreis, der eine sachverständige Erörterung von Problemen oder Fragen garantiert, aber auch ein geeigneter Ort (Plattform) für etwas oder eine öffentliche Diskussion/Aussprache assoziiert (vgl. DUDEN, Das Fremdwörterbuch, 2005). Damit handelt es sich um eine allgemein verständliche Bezeichnung für jede Art von Kommunikationsebene (ebenso: BPatG 29 W (pat) 198/96, S. 3 - Deutsches Medizin Forum). Daneben bezeichnet der Begriff "Forum" in der Rechtsprache den Ort des für einen Rechtsstreit zuständigen Gerichts. Auch die - bei Zeichen, die aus mehreren Worten oder Wortbestandteilen zusammengefügt sind - vorzunehmende Gesamtbetrachtung (vgl. dazu: EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 28) SAT.2; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 96) Postkantoor; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 13) VISAGE ) führt vorliegend nicht zu einem Eindruck oder Bedeutungsgehalt, der über die Summe der Einzelbestandteile des Wortzeichens hinausgehen würde. Dem Begriff "Forum" wird häufig ein Wort vorangestellt, das den Inhalt eines solchen Forums näher präzisiert (vgl. aus der Internetrecherche des Senats z. B. "Energie-Forum": Informationsangebot der deutschen Energieagentur zu den Themen Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energiequellen; (Anlage 1 a, 11) "energieforum.net": Diskussionsforum rund um die Themen Energieeinsparung … (Anlage 1 b, 12); "Bürger-Forum Energie": Plattform, die Verbraucherprobleme aufgreifen und Lösungsvorschläge am Energiesektor erarbeiten soll (Anlage 3); "Bayerisches Energie-Forum": Forum zur kundenorientierten Aufbereitung von Informationen (Anlage 4)). Im Hinblick auf die angemeldete Wortkombination konkretisiert das Wort "Energie" daher die inhaltliche Aussage der Wortfolge in sachlicher Hinsicht, während durch den Zusatz "europäisches" eine räumliche oder thematische Präzisierung erfolgt, die sich entweder auf das Substantiv "Forum" oder auf "Energie" beziehen kann. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise werden das Gesamtzeichen daher lediglich als Hinweis auf die Möglichkeit des Gedankenaustauschs im Bereich der Energie auf europäischer Ebene sehen, d. h. einen Sachhinweis dahingehend, dass die Dienstleistungen im Rahmen eines Forums in Europa erbracht werden und sich mit dem Thema von Energiefragen befassen oder dass ein Forum zu europäischen Energiefragen Thema, Bestimmung oder Gegenstand der Dienstleistungen ist. Darüber hinaus kann das Zeichen auch dergestalt als Merkmalsbeschreibung der Dienstleistungen verstanden werden, dass die Markeninhaberin sich selbst als Forum für Energiefragen auf europäischer Ebene versteht, im Sinne eines Unternehmens, in dem eine Bündelung/Ansammlung von besonderem, durch Austausch gewonnenem Sachverstand im Energiesektor erfolgt ist, der bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen in besonderem Maße eingebracht wird. Dies gilt im Hinblick auf alle angemeldeten Dienstleistungen: - Bei der Organisation/Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren und Workshops (Klasse 41) sowie Messen (siehe Anmeldung unter Klasse 35) handelt es sich offensichtlich um eine Bestimmungsangabe, weil näher präzisiert wird, dass die angemeldeten Dienstleistungstätigkeiten dazu bestimmt sein könnten, Veranstaltungen zu organisieren, die sich mit Energiefragen auf europäischer Ebene im Rahmen von Foren befassen. In diesem Sinne werden vergleichbare Zeichen auch bereits verwendet (vgl. hierzu Anlagen 4, 5, 6, 8 der Internetrecherche des Senats). - Im Zusammenhang mit Dienstleistungen zu Beratung, Forschung und Gutachtenerstellung (Klasse 42) liegt ebenfalls eine Inhalts-, Themenangabe vor, weil auch hier wissenschaftliche Tätigkeiten, die sich mit Energiefragen (einschließlich technischer Nutzungskonzepte) im Rahmen eines europäisch ausgerichteten Forums befassen, umschrieben werden können. Eine entsprechende Verwendung belegt z. B. die Anlage 10 der Internetrecherche des Senats: "Europäisches Energie- und Verkehrsforum": Beratender Ausschuss der EU aus qualifizierten Sachverständigen des Energie- und Verkehrssektors, dessen Aufgabe darin besteht, Stellungnahmen zu den energie- und verkehrspolitischen Initiativen der Kommission abzugeben. Der beschreibende Bezug besteht insoweit in besonderem Maße, weil schon durch den angemeldeten Themenbezug "Gebiet der Energieeinsparung" bzw. "Gebiet des Umweltschutzes" eine sehr enge und offensichtliche inhaltliche Verknüpfung zwischen den Dienstleistungen und dem beanspruchten Zeichen hergestellt wird. - Im Hinblick auf die Dienstleistungen von Erziehung, Ausbildung, Unterricht und Fernkurse (Klasse 41) kann die angemeldete Wortkombination das Thema bzw. den Gegenstand der Dienstleistungen und die Art und Weise der Vermittlung dergestalt bezeichnen, dass zum Zweck der Erziehung, Ausbildung etc. Wissen vermittelt werden soll und zwar auf dem Gebiet von Energiefragen in einem europäisch ausgerichteten Forum, das gleichermaßen Raum für Informationen und Diskussionen bietet. - Auch im Zusammenhang mit Erziehungsberatung und Personalentwicklung (Klasse 41) kann es sich um eine Inhalts-, Themenangabe handeln, die umschreibt, dass mit diesen Dienstleistungen darüber beraten wird, wie Erziehungsberatung und Personalentwicklung in Energiefragen auf europäischer Ebene erfolgen kann. Eine entsprechende Verwendung liegt angesichts der zahlreichen Informationsdienstleistungen, die unter entsprechenden Bezeichnungen angeboten werden, nahe (vgl. z. B. Anlagen 3, 6, 7, 9, 11 der Internetrecherche des Senats). - Für die unter der Klasse 36 angemeldeten Dienstleistungen, die Immobilien und Finanzen einschließlich der Entwicklung von Nutzungskonzepten zum Gegenstand haben, lässt die Internetrecherche erkennen, dass die begehrte Wortfolge einen beschreibenden Bedeutungsgehalt haben kann. Zum einen kann ein Gebäude beschrieben werden, bei dessen Bauweise Energieaspekte besondere Berücksichtigung gefunden haben und das als Treffpunkt für einen Austausch auf europäischer Ebene dienen kann (so bspw.: „ ENERGIE - FORUM - INNOVATION - Anlage 5). Das begehrte Zeichen kann aber auch eine Veranstaltung beschreiben, in der über (europäische) Energiefragen einschließlich finanzieller Aspekte (Kostensenkung, staatliche Förderung von Energiesparmaßnahmen etc.) bei der Errichtung, Renovierung, Nutzung (einschließlich technischer und wirtschaftlicher Nutzungskonzepte), Verwaltung, Vermietung oder dem Verkauf von Immobilien informiert wird (vgl. in diesem Sinne: "Lippe Energie Forum" - Anlage 6; www.koelnagenta.de - Anlage 7). Auch die Internetseite des BDH („www.baulinks.de“ - Anlage 8) lässt erkennen, dass im Rahmen der Eröffnung des „ISH Technologie und Energie Forums“ in Frankfurt aktuelle Fragen der Energieeffizienz von Gebäuden diskutiert werden, wobei gerade auch Kostenersparnis ein relevantes Thema ist. Dadurch wird deutlich, dass mit den begehrten Begriffen typischerweise auch bestimmte Themen (einschließlich wirtschaftlicher oder technischer Nutzungskonzepte) im Zusammenhang mit Immobilien beschrieben werden können. Hierzu zählen insbesondere der Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten. - Hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen zur Klasse 35 ist ein beschreibender Inhalt dahingehend denkbar, dass Werbung, Geschäftsführung, Verwaltungs- und Beratungsdienstleistungen für Unternehmen angeboten werden, die sich mit Energiefragen beschäftigen, wobei die angebotene Dienstleistung durch ein Forum im Sinne eines Personenkreises mit besonderem Sachverstand erfolgt, der seine Fachkenntnisse bei der Verwaltung und Beratung von Unternehmen in besonderem Maße einsetzt (vgl. in diesem Sinne: Pressemitteilung der Aareal Bank Group vom 25.4.2008 - Anlage 9 der Internetrecherche des Senats: "Mit dem Aareal Energie Forum wollen wir den Dialog und die Diskussion innerhalb der Energiebranche fördern - einer Branche, die auf Grund neuer europäischer Vorgaben und eines zunehmenden, auch grenzüberschreitenden Wettbewerbs mehr denn je vor großen Herausforderungen steht" … "Im stark reglementierten Energiemarkt ist es für die Unternehmen wesentlich, ihre Prozesse permanent zu optimieren und so dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben …"). c) Der Umstand, dass die Wortzeichen " ENERGIE " und " FORUM " neben der hier zugrunde gelegten Bedeutung weitere Bedeutungsinhalte wie z. B. die körperliche und geistige Spannkraft haben können, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zu überwinden. Das Eintragshindernis besteht vielmehr schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat (EuGH GRUR 2004, 146 (Rdnr. 32) Doublemint; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) Biomild). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob nicht ohnehin auch im Rahmen dieser anderen Interpretationsmöglichkeiten ein Merkmal der angemeldeten Dienstleistungen i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bezeichnet würde. d) Die Schreibweise in Großbuchstaben ist gebräuchlich und wird vom Verkehr auch bereits für die schriftbildliche Darstellung der Wortkombination " ENERGIE FORUM " verwendet (vgl. Anlagen 5, 13, 14). Die typografische Darstellung ist daher nicht geeignet, von dem beschreibenden Aussagegehalt wegzuführen. 2. Zudem fehlt dem angemeldeten Wortzeichen im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen die Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. a) Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (137 Nr. 29) Maglite; EuGH GRUR 2004, 428 (429 f. Nr. 30 f.) Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (1043 Nr. 23, 24) Thomson LIFE ; EuGH GRUR 2004, 943 (944 Nr. 23) SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) VISAGE ). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist. Die Prüfung der Herkunftsfunktion hat streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59); Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline). Soweit der BGH insoweit einen großzügigen Maßstab postuliert hat (BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 18) FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 417 (418) BerlinCard), hat er nunmehr klargestellt, dass gleichwohl - entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59) Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline) - eine strenge und umfassende Prüfung zu erfolgen hat (BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 11) My World). b) Einer Wortmarke, die i. S. von Art. 3 I lit. c MarkenRL (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, fehlt zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) Biomild). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) VISAGE ; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) FUSSBALL WM 2006 m. w. N.). Bei der angemeldeten Wortkombination, die sich aus einer geografischen Herkunftsangabe und der üblichen Kombination "Energie" und "Forum" zusammensetzt, handelt es sich - wie unter Ziffer 1. dargelegt -um eine derartig beschreibende Angabe, die sich schon deshalb nicht zur Unterscheidung von Dienstleistungen nach ihrer Herkunft eignet. Die vom Senat vorgenommene Internetrecherche (siehe Anlagen 1 - 14) hat gezeigt, dass entsprechende Bezeichnungen im Zusammenhang mit Dienstleistungen aus den hier begehrten Bereichen mit entsprechendem beschreibenden Inhalt genutzt werden, so dass davon auszugehen ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Wortkombination schon aus diesem Grund keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem Unternehmen, sondern auf den Inhalt bzw. Bezug der angemeldeten Dienstleistungen entnehmen werden. c) Entgegen der Ansicht der Anmelderin würden auch verschiedene Bedeutungen oder Interpretationsmöglichkeiten eines Zeichens nicht ohne weiteres für dessen Unterscheidungskraft sprechen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt die Unterscheidungskraft vielmehr auch dann, wenn es - wie hier - zwar mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt, von denen jedoch einer eine Aussage mit beschreibendem Charakter entnommen werden kann (BGH GRUR 2005, 257 (258) Bürogebäude; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15, 16) SPA II; BGH GRUR 2009, 952 (Nr. 15) Deutschlandcard; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 93, 144). d) Die Schreibweise in Großbuchstaben vermag - entgegen der Auffassung der Anmelderin - ebenfalls keine Unterscheidungskraft zu bewirken, denn sie ist ein werbeübliches Mittel und wird vom Verkehr auch bereits für die schriftbildliche Darstellung der Wortkombination " ENERGIE FORUM " verwendet (vgl. Anlagen 5, 13, 14). 3. Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese keine Bindungswirkung haben (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 (Nr. 18) - Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 (Nr. 8) - Marlene-Dietrich-Bildnis). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt zudem, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Zum anderen fehlt es zum Teil auch wegen der großen Unterschiede bei der Zeichenbildung an der Vergleichbarkeit des angemeldeten Zeichens mit den von der Anmelderin erwähnten Voreintragungen, die andere Wortkombinationen betreffen und zum Teil zusätzliche Bildelemente beinhalteten. Schließlich existiert auch keine - der hier getroffenen Bewertung zuwiderlaufende - allgemeine Entscheidungspraxis, da auch andere Anmeldungen, die der hier beanspruchten Wortkombination in der Struktur ähneln, wegen absoluter Schutzhindernisse nicht eingetragen wurden (z. B.: Deutsches Medizin Forum, 29 W (pat) 198/96).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005556&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005557
BPatG
München
33. Senat
20100412
33 W (pat) 135/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "P2 Value/P 5" – Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – keine unmittelbare und mittelbare Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 68 627 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am OLG Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der Wortmarke 305 68 627 P2 Value für Klasse 36: Finanzwesen, insbesondere Effektengeschäfte und Investmentgeschäfte, einschließlich Ausgabe und Vermittlung von Investmentfonds; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Vermögensverwaltung; Versicherungswesen ist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 305 32 528 P 5 für Klasse 35: Vermietung von Werbeflächen; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht; Klasse 36: Immobilienverwaltung; Vermittlung, Vermietung, Verpachtung und Verkauf von Immobilien; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in finanzieller Hinsicht; Klasse 42: Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in technischer Hinsicht; Klasse 43: Betrieb von Hotels und Gaststätten. Mit Beschluss vom 19. September 2008 hat die Markenstelle für Klasse 36 den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle liegt trotz Identität bzw. hochgradiger Ähnlichkeit der Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Vergleichsmarken vor. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Für eine verminderte Kennzeichnungskraft von Buchstaben-Zahlenkombinationen gebe es keine Hinweise. Insbesondere sei für „P 5“ im Immobilienbereich keine beschreibende Bedeutung ermittelt worden, so dass von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen sei. Das angegriffene Zeichen sei eine mehrteilige Marke, bestehend aus der Buchstaben-Zahlen-Kombination „P2“ und dem englischen Wort „Value“. Dieses habe die Bedeutung „schätzen, bewerten, Wert, Substanz“, und stelle damit für die beanspruchten Dienstleistungen aus den Bereichen Finanzwesen, Geldgeschäfte, Immobilienwesen, Vermögensverwaltung und Versicherungswesen einen beschreibenden Hinweis dar. Die Widerspruchsmarke bestehe aus dem Buchstaben „P“ und der Zahl „5“, die durch ein Leerzeichen getrennt seien. Wegen des Bestandteils „Value“ der jüngeren Marke bestehe weder in klanglicher noch schriftbildlicher Hinsicht eine Verwechslungsgefahr. Zwar bestehe wegen des beschreibenden Bedeutungsgehaltes des Wortbestandteils „Value“ der jüngeren Marke die Möglichkeit, dass der Verkehr diese auf „P2“ verkürze, so dass sich nur noch die Bezeichnungen „P2“ und „P 5“ gegenüber stünden. Bei solchen „Kurzwörtern“ fielen Abweichungen jedoch stärker ins Gewicht, so dass eine Verwechslungsgefahr aufgrund des unterschiedlichen Schriftbildes und Bedeutungsgehalts der jeweils unterschiedliche Werte verkörpernden Zahlen ausgeschlossen sei. Im Übrigen sei eine weitere Verkürzung der angegriffenen Marke von „P2“ auf „P“ sehr unwahrscheinlich, da weder „P“ noch die Zahl „2“ eine Bedeutung hinsichtlich der Dienstleistungen habe und es sich somit bei „P2“ um eine Fantasiebezeichnung handele. Damit bestehe keine unmittelbare Verwechslungsgefahr. Im Übrigen seien keine Anhaltspunkte für eine mittelbare oder assoziative Verwechslungsgefahr erkennbar oder vorgetragen worden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen. Die beiderseitigen Dienstleistungen seien hochgradig ähnlich, da sie sich üblicherweise an Personen richteten, die ihr Vermögen sinnvoll und gewinnbringend anlegen wollten. Die Dienstleistungen würden zumeist von Unternehmen erbracht, die im Finanzdienstleistungsbereich aktiv seien, wie etwa Banken, Immobilien- und Kapitalanlagegesellschaften. Die Widerspruchsmarke weise von Haus aus zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Zudem seien die Marken jedenfalls schriftbildlich ähnlich. Der Bestandteil „Value“ trete wegen seines beschreibenden Charakters hinter den nicht beschreibenden Bestandteil „P2“ zurück, so dass sich allein die Zeichen „P2“ und „P 5“ gegenüber stünden. Beide Zeichen wiesen den Buchstaben „P“ und eine nachfolgende Ziffer auf. Die Ziffern „2“ und „5“ seien optisch sehr ähnlich, da beide einen horizontalen Strich und eine offene Punze, beide miteinander verbunden, enthielten. Spiegele man die Zahl 2 horizontal, so weise das Ergebnis nur minimale Unterschiede zur Ziffer 5 auf. Die Marken seien weiterhin auch dadurch verwechselbar, dass sie gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden könnten. Durch die Kombination des Buchstabens „P“ mit einer nachfolgenden Ziffer werde beim Verbraucher der Eindruck erweckt, es handele sich bei der Ziffer um eine Typbezeichnung als Hinweis auf das Vorhandensein mehrerer miteinander verwandter und aus einem Hause stammender Dienstleistungen, die mit „P“ sowie einer nachfolgenden Ziffer gekennzeichnet seien. Die Leerstelle zwischen den Bestandteilen „P“ und „5“ in der Widerspruchsmarke mindere die Ähnlichkeit nicht. Der Verbraucher messe dem (Nicht-)Vorhandensein eines Leerzeichens keine Bedeutung bei. Insbesondere in der Erinnerung würden sich die sprechbaren Markenbestandteile durchsetzen. Angesichts der hochgradig ähnlichen, teilweise identischen Dienstleistungen und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte die angegriffene Marke den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke demnach nicht ein, so dass eine Verwechslungsgefahr bestehe. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 19. September 2008 aufzuheben und die Marke 305 68 627 wegen des Widerspruchs aus der Marke 305 32 528 zu löschen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Nach ihrer Auffassung ist die Beschwerde nicht begründet. Zwischen den Zeichen „P2 Value“ und „P 5“ bestehe keine klangliche oder schriftbildliche Ähnlichkeit. Selbst bei einer Reduzierung der jüngeren Marke auf „P2“ bestehe keine Ähnlichkeit zu „P 5“. Die Zahlen 2 und 5 seien klar unähnlich, zumal es sich insoweit um Kurzzeichen handele, die sich zu 50 % unterschieden. Insbesondere das vom Verbraucher zu erwartende Verständnis von „2“ und „5“ als Zahlen reduziere mögliche Verwechslungen erheblich. Die von der Widersprechenden angeführten Gründe für eine angebliche schriftbildliche Ähnlichkeit seien nicht überzeugend. Alle Zahlen bestünden aus Strichen, offenen oder geschlossenen Punzen, Ovalen etc., dennoch seien sie voneinander unterscheidbar. Auch könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr Zahlen horizontal spiegeln und einen entsprechenden Vergleich anstellen werde. Vielmehr werde er Zeichen und Zahlen so betrachten, wie sie ihm gegenüber träten. Auch eine assoziative Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Soweit die Widersprechende hierzu ausführe, die Kombination des Buchstabens „P“ mit einer nachfolgenden Ziffer erwecke den Eindruck von Typenbezeichnungen aus demselben Betrieb, lasse sie zunächst den weiteren Bestandteil „Value“ der jüngeren Marke außer Acht. Zudem weise der Bestandteil „P 5“ eine Leerstelle auf. Gerade bei Kurzzeichen werde der Verkehr jedoch auf jedes Detail achten, was insbesondere bei der Beurteilung einer assoziativen Verwechslungsgefahr ins Gewicht falle. Die unterschiedliche Zeichenbildung spreche gegen eine solche Art der Verwechslungsgefahr. Zudem stünden die Zahlen 2 und 5 in keiner logischen Reihenfolge; die Verkehrskreise würden nicht annehmen, dass auf ein Produkt „2“ bzw. „2 Value“ ein Produkt „5“ folge. Die Annahme einer Verwechslungsgefahr hätte hier auch zur Folge, dass allein durch die Anmeldung der Widerspruchsmarke „P 5“ der Buchstabe „P“ für jegliche Kombinationen mit einer Ziffer gesperrt sei, was dem Grundsatz widerspreche, dass es keinen Elementenschutz gebe. Die zu vergleichenden Zeichen seien demnach unähnlich. Eine Verwechslungsgefahr sei nicht gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu Recht verneint. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Rdn. 28 - THOMSON LIFE ; GRUR 2008, 343, Nr. 33 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM („ BAINBRIDGE “), jew. m. w. N.). Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte als durchschnittlich zu beurteilen. Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen liegen bei den immobilienbezogenen Dienstleistungen im Identitätsbereich. Hinsichtlich der übrigen finanz- und versicherungsbezogenen Dienstleistungen der jüngeren Marke, die häufig enge Berührungspunkte zur Verwertung von Immobilien haben, liegen sie im Bereich einer zumindest noch mittelgradigen Ähnlichkeit. Die angegriffene Marke hält den insoweit erforderlichen größeren Abstand zur Widerspruchsmarke in jeder Hinsicht ein. In ihrer Gesamtheit sind die Marken „P2 Value“ und „P 5“ schon wegen des nur in der Widerspruchsmarke vorhandenen Wortes „Value“, das klanglich eine Verdoppelung, schriftbildlich sogar eine Verdreifachung gegenüber der Länge der Widerspruchsmarke bewirkt, ohne weiteres voneinander unterscheidbar, was keiner näheren Darlegung bedarf. Eine Gefahr unmittelbarer Verwechslungen könnte sich daher allenfalls ergeben, wenn der Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein vom Bestandteil „P2“ geprägt oder dieser in ihr zumindest eine selbständig kennzeichnende Stellung aufweisen würde. Dies kann vorliegend indes offen bleiben, da keine ausreichende Ähnlichkeit zwischen den Markenbestandteilen „P2“ und „P 5“ besteht. In klanglicher Hinsicht sind die Lautfolgen „pee-zwei“ und „pee-fünf“ klar voneinander unterscheidbar, insbesondere da der Sinngehalt des jeweils zweiten Elements als Zahl (-wort) die Gefahr des Verhörens zusätzlich vermindert. In schriftbildlicher Hinsicht beginnen zwar beide Buchstaben-Zahlenkombinationen mit „P“ und enden mit einer einstelligen Zahl, schon die Kürze der Zeichen (vgl. insoweit Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdn. 139 zu Buchstaben- und Zahlenmarken) und die Bedeutung des jeweils zweiten Elements als Darstellung eines bestimmten einfachen Zahlwerts verhindern aber zuverlässig die Verwechslungsgefahr. Zudem nimmt der Verkehr - jedenfalls kurze - Buchstaben- und/oder Zahlenkombinationen nach der Lebenserfahrung mit einer etwas höheren Aufmerksamkeit für deren Einzelelemente wahr. Denn während komplette Wörter auch beim Überlesen oder Überhören einzelner Buchstaben bzw. bei Sprech- oder Schreibfehlern häufig noch erkannt bzw. kombiniert werden können, so dass ein Wort bei kleineren Änderungen häufig noch als solches erhalten bleibt, ist dies bei (kurzen) Zahlen- und Buchstabenkombinationen regelmäßig nicht der Fall. Eine Fehlwiedergabe eines einzelnen Buchstabens oder einer einzelnen Zahl kann daher zu einer falschen Waren- oder Dienstleistungsauswahl führen, was dem Verkehr auch bewusst sein wird. Dies wirkt der Gefahr von Verwechslungen zusätzlich entgegen. Etwas anderes ließe sich nur bei längeren, unübersichtlichen Zahlen- und/oder Buchstabenfolgen oder bei schriftbildlich sehr ähnlichen Kombinationen wie „P1“/„P7“ oder „P5/P6“ diskutieren, insbesondere wenn angesichts der Art der Waren oder Dienstleistungen (z. B. Arzneimitteln) eine u. U. schlechte handschriftliche Wiedergabe als verkehrsübliche Wiedergabeform zu berücksichtigen wäre. Vorliegend kann eine unmittelbare Verwechslungsgefahr damit nicht festgestellt werden. Auch für eine mittelbare Verwechslungsgefahr ergeben sich hier keine zureichenden Anhaltspunkte. Soweit eine mittelbare Verwechslungsgefahr nur aufgrund der Übereinstimmung im Einzelbuchstaben „P“ samt angehängter Zahl in Betracht kommen könnte, spricht zunächst der andere Aufbau der jüngeren Marke mit einem zusätzlichen Wort gegen eine solche Art der Verwechslungsgefahr. Angesichts der Häufigkeit von einfachen Buchstaben-Zahlenkombinationen als beschreibende wie auch als kennzeichnende Kürzel im täglichen Leben wäre für eine mittelbare Verwechslungsgefahr vor allem aber die Gewöhnung des Verkehrs durch intensive Benutzung einer entsprechenden „P“-Zeichenserie der Widersprechenden erforderlich. Hierfür bestehen indes keinerlei Anhaltspunkte. Damit kann eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden, so dass der Widerspruch von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden ist. Die Beschwerde war damit zurückzuweisen. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, einem der Verfahrensbeteiligten aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005557&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005609
BPatG
München
7. Senat
20100317
7 W (pat) 33/04
Beschluss
§ 6 PatG, § 42 Abs 1 PatG, § 42 Abs 3 PatG, § 34 Abs 3 PatG, § 34 Abs 6 PatG, § 1 Abs 2 DPMAV 2004, § 1 PatV, § 6 PatV
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – zur Zurückweisung einer Patentanmeldung aufgrund formeller Mängel – zulässig nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Regelung bzw. gesetzlicher Ermächtigung oder Unumgänglichkeit aufgrund Gewährung des staatlichen Schutzes
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 103 14 723.3-13 … beschlossen: Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. März 2004 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Patentanmeldung 103 14 723.3-13 an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I. Der Anmelder hat am 31. März 2003 die streitgegenständliche Patentanmeldung als Zusatzanmeldung zur Patentanmeldung 103 00 007.0-13 zum Patent angemeldet. Als Unterlagen hat er ursprünglich lediglich Austauschblätter zur Hauptanmeldung mit Hinweisen, in welchen Teilen des Textes der Hauptanmeldung Änderungen vorgenommen sind, sowie weitere Zeichnungen mit den neuen Figuren 19 bis 22 eingereicht. Mit am 23. Juni 2003 eingegangenem Schreiben vom 20. Juni 2003 hat er sodann neue Unterlagen, bestehend aus einer Zusammenfassung, den Zeichnungen Fig. 1 bis 3 und 8 bis 10, den bereits als Unterlage der Zusatzanmeldung eingereichten Einzelseiten, den aus der Hauptanmeldung übernommenen unveränderten Seiten der Beschreibung sowie einem als "Patentansprüche" bezeichneten Teil, vorgelegt. Auf Nachfrage der Prüfungsstelle hat der Anmelder telefonisch mitgeteilt, er bitte, die Hauptanmeldung mit der streitgegenständlichen Zusatzanmeldung und einer weiteren Zusatzanmeldung "zusammen-zuführen". Mit Zwischenbescheid vom 16. Oktober 2003 hat die Prüfungsstelle für Klasse F 02 B beanstandet, dass die Hauptanmeldung zwar vollständig, aber nicht in der erforderlichen Schriftgröße vorliege und die beiden Zusatzanmeldungen wegen der eingereichten Einzelseiten keine nachvollziehbare technische Lehre erkennen ließen. Ein "Zusammenführen" der Anmeldungen von Amts wegen sei nach dem Patentgesetz nicht zulässig, es werde aber anheimgestellt, unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität innerhalb der Frist von 12 Monaten nach der Hauptanmeldung, vorliegend also bis 2. Januar 2004, eine vollständige Nachanmeldung einzureichen, bei der die Hauptanmeldung mit den beiden Zusatzanmeldungen in einer einheitlichen Anmeldung zusammengeführt werden könnten. Nach fruchtlosem Ablauf der vorgenannten Frist hat die Prüfungsstelle für Klasse F 02 B des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 10. März 2004 die Patentanmeldung 103 14 723.3-13 nach § 42 Abs. 3 PatG aus den Gründen des Beanstandungsbescheides vom 16. Oktober 2003 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er im wesentlichen geltend macht, dass ihm nicht verständlich sei, aus welchen Gründen die eingereichten Unterlagen nicht zureichend seien. Auf Hinweis des Senats hat der Anmelder die bereits mit Schreiben vom 20. Juni 2003 vorgelegten Unterlagen erneut zur Gerichtsakte eingereicht. Der Anmelder hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. II. A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg. Entgegen der Ansicht des Deutschen Patent- und Markenamtes kann die streitgegenständliche Zusatzanmeldung nicht bereits aus formalen Gründen zurückgewiesen werden. 1. Nach § 42 Abs. 1 und 3 PatG kommt zwar eine Zurückweisung aus formellen Gründen in Betracht, wenn der Anmelder die nach § 42 Abs. 1 PatG zulässigerweise gerügten Mängel nicht beseitigt. Da § 42 Abs. 3 PatG nur auf die Nichtbeseitigung abstellt, darf die Zurückweisung nicht allein wegen Überschreitens der in § 42 Abs. 1 PatG genannten Frist erfolgen. Vielmehr sind der Zurückweisung sämtliche bis zum Eintritt der Bestandskraft des zurückweisenden Beschlusses - das ist im Falle des Beschwerdeverfahrens erst mit Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung - vorgelegten Unterlagen in die Beurteilung einzubeziehen. Der angefochtene Beschluss ist daher schon deshalb fehlerhaft, weil er allein auf die ursprünglich eingereichten Unterlagen abgestellt hat, ohne die bei Erlass des Beschlusses bereits vorliegenden, mit Schreiben des Anmelders vom 20. Juni 2003 übersandten Unterlagen, welche er im Beschwerdeverfahren erneut zur Akte gereicht hat, der Entscheidung zugrunde zu legen. 2. Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen scheidet eine Zurückweisung der Patentanmeldung nach § 42 Abs. 1 und 3 PatG aber aus, weil nicht festgestellt werden kann, dass die formellen Erfordernisse des § 34 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 PatG nicht erfüllt seien. a) Ein die Zurückweisung tragender formaler Mangel besteht nicht schon deshalb, weil entgegen § 34 Abs. 3 Nr. 5 PatG Zeichnungen nach wie vor nicht eingereicht wurden. Soweit die Zusammenfassung (Bl. 27 GA) Zeichnungen enthält, reichen diese hierfür zwar nicht aus, weil sich aus der Hauptanmeldungsakte ergibt, dass sie nur einen Teil der Zeichnungen wiedergeben und zudem nicht alle in der Beschreibung erwähnten und mit Bezugszeichen erfassten Teile enthalten. Auf die fehlenden Zeichnungen kann die Zurückweisung der Patentanmeldung aber deshalb nicht gestützt werden, weil die fehlende Vorlage von Zeichnungen (bzw. die fehlende Erklärung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz PatG) lediglich zur Folge hat, dass nach § 35 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz PatG die Bezugnahme auf die Zeichnungen in der Beschreibung oder in den Patentansprüchen als nicht erfolgt gilt. Dies bedeutet aber nur, dass die Zeichnungen im Prüfungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind; zwar kann dies letztlich dazu führen, dass die angemeldete angebliche Erfindung mangels Erkennbarkeit einer technischen Lehre - worauf hat die Prüfungsstelle den Anmelder bereits zutreffend mehrfach hingewiesen hatte - und damit wegen fehlender Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung zurückzuweisen ist; hierbei handelt es sich dann aber um eine Zurückweisung nicht aus formalen , sondern aus sachlichen Gründen. b) Der Sachprüfung steht auch nicht entgegen, dass die vom Anmelder als "Patentansprüche" bezeichneten Textteile nicht den üblichen Gepflogenheiten entsprechen. Denn ausreichend ist, wenn wenigstens im Ansatz erkennbar ist, was der Anmelder unter Schutz gestellt haben möchte; hierfür reichen die vorgelegten Ansprüche aber aus. Ob und mit welcher, im Prüfungsverfahren jederzeit - soweit hierdurch der Schutzbereich nicht unzulässig erweitert wird - korrigierbarer Formulierung der Patentansprüche dieser jedenfalls erkennbar begehrte Schutz tatsächlich gewährbar ist, ist demgegenüber eine Frage der Sach- und nicht der Formal prüfung. c) Soweit die Prüfungsstelle sonstige formelle Mängel, insbesondere nach § 34 Abs. 6 i. V. m. § 1 Abs. 2 DPMAV, § 6 PatV, gerügt hat, welche bislang noch nicht beseitigt sind, können diese eine Zurückweisung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht tragen. Die Ermächtigungsnorm des § 34 Abs. 6 PatG, auf deren Grundlage die vorgenannten formalen Anforderungen erlassen worden sind, vermag eine solche weitreichende Übertragung der dem Gesetzesvorbehalt unterliegenden Befugnisse nach § 42 PatG auf das Deutsche Patent- und Markenamt wegen fehlender Bestimmtheit nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu tragen. Denn nach dem in der letztgenannten Verfassungsnorm enthaltenen Bestimmtheitsgebot müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung in dem zugrundeliegenden Gesetz enthalten sein. Im Zusammenwirken mit § 42 PatG würde eine Berücksichtigung aller formellen Erfordernisse der PatV bei der Zurückweisung der Anmeldung aber im Ergebnis bedeuten, dass das Patentamt ohne jede parlamentarische Kontrolle selbst bestimmen kann, wann sie dem durch das PatG eingeräumten subjektiv-öffentlichen, dem Grundrechtsschutz des Art. 14 GG unterfallenden Recht auf Patenterteilung (soweit die sachlichen Voraussetzungen der §§ 1 bis 5 PatG erfüllt sind) nicht stattgibt, ohne zuvor eine Sachprüfung hinsichtlich der sachliche n Schutzvoraussetzungen überhaupt vorzunehmen. Eine solche weitgehende Regelungsbefugnis, die für den (bei dieser Betrachtung zu unterstellenden Fall einer der Sache nach gem. §§ 1 bis 5 PatG schutzfähigen Erfindung) auf die mehr oder weniger willkürliche Versagung eines einzelgesetzlich eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechts - das, solange es  einzelgesetzlich eingeräumt wird, unter den Schutzbereich des Art. 14 GG fällt - hinausliefe, ist aber in Inhalt, Zweck und Ausmaß durch die Verordnungsermächtigung des § 34 Abs. 6 PatG nicht mehr gedeckt. Dabei ist insbesondere darauf abzustellen, dass ein Großteil der in § 6 PatV genannten Formerfordernisse nicht dem Zweck dient, die Sachprüfung der angemeldeten Erfindung erst zu ermöglichen, sondern allein die verwaltungsinterne Verarbeitung der Anmeldungen erleichtern soll; dies kommt bereits in § 6 Abs. 1 Satz 1 PatV deutlich zum Ausdruck. Würde die Nichtbeachtung dieser allein verwaltungsinternen Zwecken dienenden, von der Verwaltung selbst aufgestellter Formvorschriften eine Versagung des subjektiven Rechts auf staatlichen Schutz der Erfindung (ihre Schutzfähigkeit einmal unterstellt) rechtfertigen können, bedürfte es für einen solchen Grundrechtseingriff (die Zurückweisung würde dann sogar den Entzug eines Art. 14 GG unterfallenden Grundrechts bedeuten) einer ausdrücklichen Ermächtigung durch das Gesetz; hierfür reicht die bloße Ermächtigung in § 34 Abs. 6 PatG aber nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 80 GG keinesfalls aus. Damit braucht der weiteren Frage, ob eine solche Rechtsfolge, selbst wenn sie das Gesetz selbst vorsähe oder das Patentamt hierzu wirksam unter Beachtung des Art. 80 GG ermächtigte, dem allgemein zu beachtenden Übermaßverbot (Art. 19 Abs. 2 GG) zuwiderläuft, auch wenn hierfür Einiges spricht, nicht nachgegangen zu werden. Die Vorschrift des § 42 PatG i. V. m. § 34 Abs. 6, § 1 Abs. 2 DPMAV und §§ 1 ff. PatV ist daher verfassungskonform so auszulegen, dass nur die Verletzung solcher Formvorschriften eine Zurückweisung aus formellen Gründen tragen können, die entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt sind oder zu deren Normierung durch den Verordnungsgeber das Gesetz ausdrücklich ermächtigt oder die für die Gewährung des staatlichen Schutzes der angemeldeten Erfindung, also für die Sachprüfung und die Patenterteilung, unumgänglich sind. Da die ersten beiden Alternativen vorliegend ausscheiden, kommt hier nur eine Schutzversagung aus solchen formellen Gründen in Betracht, welche für die Aufnahme der Sachprüfung erforderlich sind. Auf die Frage der Schriftgröße angewendet bedeutet dies, dass die Nichteinhaltung der in § 6 PatV vorgeschriebenen Schriftgröße nur dann eine Zurückweisung der Anmeldung rechtfertigen kann, wenn die vorgelegte Schriftgröße eine Lektüre der Anmeldung ohne Hilfsmittel ausschließt, insbesondere also wenn die eingereichten Unterlagen etwa überhaupt nicht oder nur unter Inanspruchnahme von Hilfsmitteln (etwa einer Lupe) erst lesbar wären, weil in einem solchen Fall die eingereichten nicht oder nur schwer lesbaren Unterlagen eine Sachprüfung - auf welche der Anmelder ja ein subjektiv-öffentliches Recht hat - ausschließen oder jedenfalls unzumutbar erschweren würden. Alle anderen Formvorschriften - vorliegend also die (vom Anmelder ebenfalls nicht beachteten) Erfordernisse einer einseitigen Beschriftung und (jedenfalls ursprünglich) die Trennung von Zusammenfassung, Beschreibung, Zeichnungen und Patentansprüchen auf gesonderten Blättern - können eine Schutzrechtsversagung nach § 42 PatG - ebenso wie im Prüfungsverfahren nach §§ 45, 48 PatG - aus formellen Gründen nicht tragen. 3. Da sonstige Gründe, welche die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Zurückweisung der Patentanmeldung aus formellen Gründen tragen könnten, weder von der Prüfungsstelle dargelegt noch aus sonstigen Gründen für den Senat erkennbar sind, kann die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene, allein auf formale Gründe gestützte Zurückweisung der Patentanmeldung keinen Bestand haben. 4. Da die Prüfungsstelle die, soweit eine zulässige Zurückweisung aus formalen Gründen nicht möglich ist, erforderliche Sachprüfung bislang nicht vorgenommen hat, hat der Senat davon abgesehen, über die Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung abschließend zu befinden. Stattdessen ist nach § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG die Sache nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Deutsche Patent- und Markenamt zur erneuten Entscheidung über die Patentanmeldung zurückzuverweisen. B. Für eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG aus Billigkeitsgründen ist weder etwas seitens des Anmelders vorgetragen worden, noch sind Gründe für eine solche Entscheidung ersichtlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005609&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005617
BPatG
München
28. Senat
20100407
28 W (pat) 501/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "facettenreich (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 058 762. 8 hat der 28. Senat (Marken–Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-/Bildmarke als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 14 „Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte und damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren und Edelsteine; Uhren“. Die Markenstelle für Klasse 14 des Deutschen Patent– und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Angabe „facettenreich“ stelle einen beschreibenden Hinweis auf bestimmte Produkteigenschaften dar. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren werde dieser Begriff von den angesprochenen Verkehrskreisen sofort und ohne weiteres Nachdenken ausschließlich als bloßer Sachhinweis auf die äußere Gestaltung der Waren, nicht aber als Herkunftshinweis verstanden. Der Marke fehle somit die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Dass hier sprachtheoretisch durchaus verschiedene Verständnismöglichkeiten des fraglichen Begriffs in Betracht kämen, schließe die Annahme fehlender Unterscheidungskraft nicht aus. Auch die ansatzweise erkennbare, graphische Gestaltung könne die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke nicht begründen. Derartige Darstellungen bewegten sich vollkommen im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungs- und Blickfangmittel und seien keineswegs hinreichend eigenwillig, um für sich genommen oder in Verbindung mit dem vorhandenen Wortbestandteil eine schutzbegründende Wirkung zu entfalten. Bei dieser Sachlage bedürfe es keiner Feststellungen dazu, ob die Anmeldung auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückzuweisen sei. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Wort-/Bildmarke könnten keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Dies ergebe sich im Hinblick auf die notwendige Unterscheidungskraft bereits daraus, dass insoweit ein großzügiger Maßstab angelegt werden müsse. Bei dem Markenwort „facettenreich“ handle es sich um einen mehrdeutigen Begriff, der interpretations- und merkfähig sei. Der Begriff weise im Hinblick auf die beanspruchten Waren auch keine lediglich beschreibende Bedeutung auf, zumal er nicht nur als Adjektiv sondern ebenso als Substantiv verstanden werden könne. Gerade als Substantiv komme dem Markenwort als Hinweis auf die Herkunft der fraglichen Produkte aus einem „Facetten-Reich“ ein phantasievoller und geradezu phantastischer Anklang zu. Außerdem müssten im Rahmen der Schutzfähigkeitsprüfung die grafischen Elemente schutzbegründend berücksichtigt werden. Nicht zuletzt der unterhalb des Wortes „facettenreich“ angeordnete, asymmetrisch unterbrochene Strich, stelle ein unübliches und prägnantes Gestaltungselement dar, das der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft vermittle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Das zentrale Anliegen des Markenrechts ist es, einen freien Waren– und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies im 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie (MarkenRichtl) hervorgehoben wird. In ihrer Konzeption geht die MarkenRichtl dabei davon aus, dass Marken im europäischen Wirtschaftssystem einerseits eine wichtige ökonomische Rolle zukommt, gleichzeitig aber aufgrund ihrer Monopolwirkungen auch die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen besteht. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung stets unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden, um so das angestrebte Maß an Chancengleichheit für die Mitbewerber zu gewährleisten und negative Auswirkungen von Markeneintragungen auf den freien Wettbewerb zu vermeiden (EuGH GRUR 2004, 943 Rdn. 26 – SAT.2). Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel). Für die Beurteilung der Frage, ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist immer auf ihren Gesamteindruck abzustellen. Um diesen Gesamteindruck genau bestimmen zu können, ist es bei Kombinationsmarken, wie dem vorliegenden Wort-/Bildzeichen, zweckmäßig und zulässig, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten. Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 – Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 - BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2). Bei dem Wortbestandteil „facettenreich“ handelt es sich um ein gebräuchliches Adjektiv, das in seinem umgangssprachlichen Bedeutungsgehalt „variantenreich, vielfältig, vielseitig“ im Hinblick auf die beanspruchten Waren eine unzweideutige, produktbeschreibende Sachaussage besitzt. Die Verwendung dieser lexikalisch belegbaren Sachangabe (vgl. hierzu etwa Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]) ist gerade auch auf dem hier einschlägigen Produktsektor weit verbreitet. Hinweise auf facettenreiche Schmuckwaren oder auf facettenreiche Kreationen aus verschiedenen Edelmetallen und Edelsteinen zählen etwa bei Uhren ebenso wie bei Schmuck- und Juwelierwaren quasi zum Standardvokabular jedes Anbieters oder Designers. Entsprechende Hinweise sollen den jeweiligen Produkten eine fantasievolle, anziehende Wirkung vermitteln, eine möglichst große Bandbreite unterschiedlicher Stimmungen und Vorlieben ansprechen und die fraglichen Waren damit für die Kunden besonders attraktiv machen. Entsprechend konzeptorientierte und beworbene Produktportfolios bzw. Kollektionen sind weit verbreitet und begegnen den Verbrauchern in sämtlichen Preisklassen. Der Begriff „facettenreich“ entspricht also in jeder Hinsicht den auf dem hier maßgeblichen Produktsektor üblichen Beschreibungsgewohnheiten und ist den angesprochenen Verbraucherkreisen seit langem als typische Sach- und Werbeangabe bekannt. Soweit die Anmelderin eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit des Wortes „facettenreich“ geltend macht, mag diese abstrakt betrachtet durchaus gegeben sein – nicht jedoch im Zusammenhang mit den hier konkret beanspruchten Waren. Im Übrigen wird auf die höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen (vgl. etwa EuGH, GRUR 2004, 146, Rdn. 32 – Doublemint), nach der ein Wortzeichen bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn es – wie hier – zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein wesentliches Merkmal der fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Entgegen der Wertung der Anmelderin vermittelt auch die gewählte grafische Ausgestaltung dem Zeichen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Es ist zwar grundsätzlich möglich, dass die grafische Gestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile deren schutzunfähigen Charakter sozusagen „aufheben“ und dadurch einen schutzfähigen Gesamteindruck der Marke bewirken kann (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK). Angesichts des unmittelbar beschreibenden Warenbezugs des Wortbestandteils bedürfte es im vorliegenden Fall allerdings einer prägnanten grafischen Gestaltung, um eine solche kennzeichnungskräftige Verfremdung des beschreibenden Aussagegehalts zu erzielen. Die gewählte Bildgestaltung ist jedoch als werbeübliche, geradezu unauffällige Gebrauchsgrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit langem vertraut ist. Eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Markenwortes wird durch diese Ausgestaltung jedenfalls nicht erreicht. Der gewählte Schrifttyp und die unterbrochene, allenfalls bei eingehender Betrachtungsweise asymmetrisch wirkende Unterstreichung entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination dem gängigen, allgemein bekannten Werbestandard. Allein der Umstand, dass die Gestaltung als optisch ansprechend angesehen werden könnte, ist im Fall des im Vordergrund stehenden, beschreibenden Aussagegehalts des Wortbestandteils nicht ausreichend, um der Marke die notwendige Unterscheidungskraft zu vermitteln (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2001, 1153 – antiKALK; BPatG PAVIS PROMA 29W(pat)035/99 – Bildmarke FRANKEN). Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005617&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005619
BPatG
München
17. Senat
20100421
17 W (pat) 119/05
Beschluss
§ 1 Abs 1 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – zur Patentschutzfähigkeit eines "Verfahrens zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigungen und des Verlangens eines virtuellen Wesens" – Aufgabe liegt nicht auf technischem Gebiet – keine Erfindung
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung DE 101 95 799.8-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterinnen Eder und Dipl.-Ing. Wickborn beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Zu vorliegender Patentanmeldung mit internationalem Anmeldetag 10. April 2001 und internationalem Veröffentlichungstag 24. Oktober 2002 wurde am 6. Mai 2002 die Einleitung der nationalen Phase beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt und am 2. März 2004 Antrag auf Prüfung nach § 44 PatG gestellt. Die Patentanmeldung trägt die Bezeichnung: „Determination der Befriedigung und des Verlangens in virtuellen Wesen“. Sie wurde durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 N des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Mai 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, der geltende Patentanspruch 1 sei nicht patentierbar, da sein Gegenstand zumindest einer der Anforderungen aus den §§ 1 und 4 PatG nicht genüge. Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde des Anmelders gerichtet. Er stellt sinngemäß den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 - 11 vom 10. Oktober 2004, eingegangen am 12. Oktober 2004, und Beschreibung Seiten 1-33 vom 4. Mai 2002, eingegangen am 8. Mai 2002. Der geltende Patentanspruch 1 lautet: „Ein Verfahren zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigungen und der Verlangen eines virtuellen Wesens (z b motiviertes Agentensystem, virtueller Mensch in Unterhaltungssoftware oder im Internet), bezeichnet durch vP, wobei das Verfahren kann im gesagten Wesen vP eingebaut/ implementiert werden, dadurch gekennzeichnet, dass es enthält: eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten νP in bezug auf Aufmerksamkeit- und Erkennungsbedürfnisse, eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf Neugier- und Erkenntnisbedürfnisse, eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf das Gruppenzugehörigkeitsbedürfnis, eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf das Machtbedürfnis, eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf das Bedürfnis 'Zuneigung und Liebe', eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf materielle Bedürfnisse, eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf das Bedürfnis 'Nachwuchs - Kinder - heben', eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf das Bedürfnis 'eine Zielsituation zu erreichen', eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens des gesagten vP in bezug auf das Bedürfnis 'einem lebendem Objekt zu helfen', und eine Methode zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigungen und der Verlangen des gesagten vP mittels Reizmustern verbunden mit Modellen von Objekten, Situationen und Aktivitäten.“ Bezüglich der Unteransprüche 2-11 wird auf die Akte verwiesen. Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2009 wurde dem Anmelder mitgeteilt, das das beanspruchte Verfahren dem Gebiet der Technik nicht zugeordnet werden könne und die Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 deshalb dem Patentschutz nach § 1 Abs. 1 PatG nicht zugänglich sei. Mit Eingabe vom 8. September 2009, eingegangen am 9. September 2009, widerspricht der Anmelder den Ausführungen im Zwischenbescheid und macht geltend, dass das beanspruchte Verfahren dem Gebiet der Technik zuzuordnen und deshalb dem Patentschutz zugänglich sei. II. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da die Lehre des Patentanspruchs 1 in der beantragten Fassung keine Erfindung auf dem Gebiet der Technik im Sinne des § 1 Abs. 1 PatG ist. 1. Die Anmeldung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der Intensitäten der Befriedigungen und des Verlangens eines virtuellen Wesens. In der Beschreibungseinleitung wird aufgeführt, der Zustand bzw. die Intensität der Befriedigung bef und des Verlangens des eines virtuellen Wesens vP, das beispielsweise als motiviertes Agentensystem oder virtueller Mensch im Internet implementiert sein kann, könne in Bezug auf ein konkretes Bedürfnis b zum Zeitpunkt t durch die vom Anmelder eingeführten Funktionen bef (vP, b ,t) und des (vP, b, t) dargestellt werden, wie bereits in den Artikeln des Anmelders „Cooperation in a Motivated, Behaviour Based Multi-Agent System“, 1998 und „A Simple Thinking Artificial Servant“, 1998 sowie in der internationalen Anmeldung WO 2002/23474 A2 des Anmelders erläutert. Bisher gebe es jedoch kein Verfahren, das die Intensitäten der Befriedigungen bef (vP, b ,t) und des Verlangens des(vP, b, t) für ein virtuelles Wesen vP bestimme. Als zu lösende Aufgabe wird genannt, nicht reale, künstliche Pseudo-Emotionszustände in ein Agentensystem und in virtuelle Menschen in Unterhaltungssoftware zu implementieren (Eingabe vom 8. September 2009, S. 1 letzter Abs.). 2. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der geltende Anspruch 1 lediglich vor, die Intensitäten der Befriedigungen und des Verlangens eines virtuellen Wesens dadurch zu bestimmen, dass eine Aufteilung in einzelne konkret genannte Bedürfnisse des virtuellen Wesens vorgenommen wird und für jedes dieser einzeln genannten Bedürfnisse die Intensitäten der Befriedigungen und des Verlangens mit jeweils einer separaten Methode bestimmt werden. Als im Einzelnen zu berücksichtigende Bedürfnisse werden das Aufmerksamkeits- und Erkennungsbedürfnis, das Neugier- und Erkenntnisbedürfnis, das Gruppenzugehörigkeitsbedürfnis, das Machtbedürfnis, das Bedürfnis nach Zuneigung und Liebe, materielle Bedürfnisse, das Bedürfnis nach Nachwuchs (Kinder zu haben), das Bedürfnis, eine Zielsituation zu erreichen und das Bedürfnis, einem lebendem Objekt zu helfen, aufgeführt. Mit welchen technischen Mitteln die Bestimmung der Intensitäten der Befriedigung und des Verlangens der genannten Bedürfnisse im Einzelnen erfolgt, ist nicht Gegenstand des Anspruchs. Der Patentanspruch 1 enthält zwar den Hinweis, dass das Verfahren „im gesagten Wesen vP eingebaut/implementiert werden“ kann, überlässt eine solche technische Implementierung aber mangels konkreter Anweisungen dem Belieben des Fachmanns. Das „virtuelle Wesen“ selbst wird im geltenden Anspruch nicht einschränkend definiert. Da das Wesen virtuell (im Sinne von fiktiv) und damit nicht real ist, stellt es selbst keine reale technische Komponente dar, sondern wird nur über seine Bedürfnisse definiert. 3. Die Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 liegt nicht auf technischem Gebiet und ist somit keine dem Patentschutz zugängliche Erfindung i. S. d. § 1 Abs. 1 PatG. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine technische und damit eine dem Patentschutz zugängliche Lehre vor, wenn die prägenden Anweisungen der beanspruchten Lehre der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen (BGH, GRUR 2002, 143, 144 - Suche fehlerhafter Zeichenketten; BGH, GRUR 2004, 667 - Elektronischer Zahlungsverkehr). Diese Voraussetzung erfüllt das Verfahren nach dem Anspruch 1 nicht. Denn weder eine konkrete, sich mit technischen Umständen auseinandersetzende Problemstellung noch der Einsatz bestimmter technischer Mittel sind Gegenstand der beanspruchten Lehre. Diese Voraussetzungen ergeben sich auch nicht unter Berücksichtigung der Beschreibung. Welches Problem durch eine Erfindung gelöst wird, ist objektiv danach zu bestimmen, was die Erfindung tatsächlich leistet (BGH, GRUR 2005, 141, 142 li. Sp. - Anbieten interaktiver Hilfe). Mit dem im Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahren erfolgt die Bestimmung der Bedürfnisse eines virtuellen Wesens insgesamt, indem eine Aufteilung in einzelne konkret genannte Bedürfnisse des virtuellen Wesens erfolgt und für jedes dieser einzeln genannten Bedürfnisse die Intensitäten der Befriedigungen und des Verlangens danach mit einer separaten Methode bestimmt werden. Um zu dieser Lösung zu gelangen, war zu überlegen, in welche emotionalen Einzelbedürfnisse die Gesamtbedürfnisse eines virtuellen Wesens aufgeteilt werden können, um die Intensitäten der Befriedigung seiner Bedürfnisse und des Verlangens danach separat bestimmen zu können. Damit ist als objektiv gelöste Aufgabe anzusehen, in welche konkreten emotionalen Einzelbedürfnisse die Gesamtbedürfnisse des virtuellen Wesens aufgeteilt werden können, um die Intensitäten der Befriedigung seiner Bedürfnisse und des Verlangens danach bestimmen zu können. Dies ist jedoch eine Aufgabenstellung, die nicht auf technischem Gebiet liegt, sondern eine psychologische Fragestellung. Der Anspruchsgegenstand lehrt auch nicht den Einsatz technischer Mittel. Denn es werden lediglich Einzelbedürfnisse eines virtuellen Wesens, das beispielsweise virtuelle Tiere, eine virtuelle Organisation oder Institution, eine virtuelle Gruppe von Menschen oder eine virtuellen Gottheit, einen virtuellen Menschen in Unterhaltungssoftware oder im Internet umfassen kann (S. 1 Abs. 1 f. und S. 15 letzte Zeile - S. 16 Z. 1 der Anmeldeunterlagen), benannt und zur Ermittlung deren Gesamtbedürfnisse werden die Intensitäten der Befriedigung der Bedürfnisse und des Verlangens mit jeweils einzelnen nicht näher definierten Methoden vorgeschlagen. Der Anspruch lehrt somit nicht, welche technischen Mittel wie eingesetzt werden, um das Verfahren auszuführen. Das beanspruchte Verfahren weist deshalb keinerlei technischen Bezug auf - es liegt nicht auf technischem Gebiet. Im Unterschied zur Auffassung des Anmelders umfasst das virtuelle Wesen auch nicht in Form des beispielweise genannten motivierten Agentensystems ein Computersystem selbst, einen Roboter, Automaten oder Kontrollsteuersystem, die fähig sind, eigenständig Aktionen in einer Umgebung durchzuführen, um ihre Ziele zu erreichen , da das Wesen virtuell ist. Auch die fakultative Angabe, dass das Verfahren in das virtuelle Wesen implementiert werden kann, führt deshalb entgegen der Auffassung des Anmelders nicht weiter. Denn im Anspruch 1 wird weder ein Verfahren für die Bestimmung einiger interner Zustände spezieller endlicher Automaten noch Emotionszustände und deren Änderungen als interne Zustände solcher endlicher Automaten wie Agentensysteme formal beschrieben, indem ihnen Zahlenwerte zugeordnet und präzise Regeln, wie sie sich ändern sollen, gegeben werden, noch ein Technologieprozess gesteuert oder ein Kontrollsteuerungssystem als Teil eines Technologieprozesses umfasst, wie vom Anmelder geltend gemacht. Eine Leistung, die auf technischem Gebiet liegt, war mit der beanspruchten Lehre somit nicht zu erbringen. Auch der Verweis des Anmelders auf das ihm erteilte US-Patent und den Recherchebericht der internationalen Anmeldung führen nicht weiter. Denn im Prüfungs- und Beschwerdeverfahren ist allein der vorliegende Anmeldungsgegenstand nach geltender Rechtslage für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auf seine Patentfähigkeit zu prüfen. Dabei entfaltet ein vorliegender Recherchebericht grundsätzlich keine bindende Wirkung für das Ergebnis des Prüfungs- und Beschwerdeverfahrens, so auch nicht der vorliegende internationale Recherchebericht auf das nationale (Prüfungs- und) Beschwerdeverfahren. Auch die eventuelle Patentierung ähnlicher Sachverhalte - unabhängig ob nach deutschem oder einem anderen Recht - bleibt unbeachtlich. Die vom Anmelder vorgebrachten Argumente ändern somit nichts daran, dass die Lehre nach dem Anspruch 1 keine Erfindung auf dem Gebiet der Technik ist. 4. Dem mit dem Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahren ermangelt es nach alledem an einer auf technischem Gebiet liegenden Erfindung (§ 1 Abs. 1 PatG). III. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen. Von einer mündlichen Verhandlung hat der Senat abgesehen, da sie weder beantragt wurde noch für sachdienlich erachtet wurde (§ 78 Nr. 3 PatG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005619&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005621
BPatG
München
25. Senat
20100225
25 W (pat) 32/09
Beschluss
§ 3 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Goldhase in neutraler Aufmachung (dreidimensionale Marke)" – Warenform setzt bestimmte technische Maßnahmen voraus, ist aber nicht zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich - keine Unterscheidungskraft - Verkehrsdurchsetzung erfordert keinen nahezu einhelligen Durchsetzungsgrad - zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung - bei saisonal vertriebener Warenform ist eine Verkehrsbefragung geeignet, die in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Saisongeschäft durchgeführt wurde - Anmeldung einer Warenform, die von verschiedenen Mitbewerbern ähnlich oder identisch benutzt wird, erfolgt nicht ohne weiteres bösgläubig - Wettbewerbern verbleiben ausreichende weitere Möglichkeiten der Warengestaltung - Ausschließlichkeitsrecht schränkt Mitbewerber nicht unzumutbar ein
Parallelverfahren: 25 W (pat) 33/09
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 306 42 479 hier: Löschungsverfahren S 305/06 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters k.A. Metternich beschlossen: Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
I. Die nachfolgend dargestellte Form eines goldfarbenen, sitzenden Hasen ist als dreidimensionale Marke am 1. Juni 2006 angemeldet worden. Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2006 legte die Markeninhaberin ein Gutachten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) „Verkehrsbefragung über die Bekanntheit des Produktes „Goldhase“ vom 4. Mai 2006 vor und beantragte, die angegriffene Marke als durchgesetzte Marke einzutragen. Sie wurde am 4. Oktober 2006 unter der Nummer 303 40 593 in das Markenregister für die Waren „Schokolade, Schokoladewaren“ (Klasse 30) als verkehrsdurchgesetzt eingetragen. Die Antragstellerin hat am 20. November 2006 dagegen Löschungsantrag erhoben. Aus ihrer Sicht ist die Marke nach § 3 Abs. 2 MarkenG nicht markenfähig. Sie weise auch keine Unterscheidungskraft auf. Ferner bestehe an der als Marke eingetragenen Form ein Freihaltebedürfnis. Schließlich sei die Markeninhaberin bei der Anmeldung auch bösgläubig gewesen. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. Februar 2008 zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenabteilung ist die Markenfähigkeit nach § 3 MarkenG gegeben. Es lägen keine die Markenfähigkeit nach § 3 Abs. 2 MarkenG ausschließenden Gründe vor. Es bestehe ein umfangreicher Formenschatz an Schokolade-Osterhasen, auch in sitzender Form. Es könne nicht von einer technisch bedingten Form der Marke ausgegangen werden. Jedoch habe die Marke ursprünglich keine Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufgewiesen. Dies sei bei dreidimensionalen Marken, die eine Warenform darstellten, nur dann der Fall, wenn die Marke gegenüber dem auf dem Markt vorhandenen Formenschatz auffällige Besonderheiten aufweise, die sie aus dem wettbewerblichen Umfeld herausheben würden. Die Marke füge sich aber in dieses Umfeld ohne weiteres ein. Auch die farbige Gestaltung halte sich im Rahmen des Üblichen. Außerdem sei hinsichtlich der Marke ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben. Sie stelle die Art und die äußere Beschaffenheit der Ware unmittelbar dar. Da es sich um eine nahe liegende Gestaltung eines Schokoladen-Osterhasen handele, werde durch die Eintragung der Marke ein berechtigtes Interesse der Mitbewerber an der freien Gestaltung ihrer Produkte betroffen. Die Marke habe sich aber infolge ihrer Benutzung als betrieblicher Herkunftshinweis für die Waren, für die sie registriert sei, im Verkehr durchgesetzt (§ 8 Abs. 3 MarkenG). Dies sei durch das Gutachten der GfK vom 4. Mai 2006 belegt. Danach bestehe selbst auf die Gesamtbevölkerung bezogen ein Zuordnungsgrad von 74 %. Das Gutachten weise auch keine Mängel auf. Der Fragenkatalog entspreche der Richtlinie „Markenanmeldungen“ des Deutschen Patent- und Markenamts und habe sich in der Praxis bewährt. Insbesondere seien keine Suggestivfragen gestellt worden, vielmehr weise das Gutachten eindeutige Fragestellungen auf. Auch die „nackte“, keine weiteren Ausstattungsmerkmale aufweisende Form des die Marke darstellenden Schokoladen-Osterhasen stehe einer infolge Benutzung erworbenen Verkehrsdurchsetzung nicht entgegen. Es sei bei dreidimensionalen Marken üblich, dass Warenformen losgelöst von weiteren Ausstattungsmerkmalen angemeldet würden, so dass sich diese bloße Form und Farbe dem Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis einprägen könne. Außerdem sei eine entsprechende Warengestaltung seit Anfang 2000 am Markt und werde intensiv von der Markeninhaberin beworben. Die Markeninhaberin sei bei der Anmeldung der Marke auch nicht bösgläubig gewesen, da bei ihr keine besonderen, die Unlauterkeit ihres Handelns begründenden Umstände vorgelegen hätten. Zwar habe die Markeninhaberin bei der Anmeldung der Marke Kenntnis davon gehabt, dass ihre Wettbewerber ähnliche Formen von Schokoladen-Osterhasen benutzten. Sie habe aber keine Behinderungsabsicht gehabt. Das GfK-Gutachten vom 4. Mai 2006, sowie ein weiteres, von der GfK erstelltes Gutachten vom 21. Mai 2003 mit ebenfalls hohen Zuordnungswerten habe der Markeninhaberin vor der Anmeldung der angegriffenen Marke vorgelegen. Dies spreche dafür, dass bei ihr die Absicherung und Verteidigung ihres eigenen Besitzstands als Motiv für die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke im Vordergrund gestanden sei. Der Einsatz der Marke als Durchsetzungsmittel bei der Gewährleistung der betrieblichen Herkunftsfunktion sei legitim. Die Antragstellerin habe demgegenüber keinen eigenen Besitzstand vorgetragen, der gegenüber demjenigen der Markeninhaberin als vorrangig zu betrachten wäre. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die angegriffene Marke nach § 3 Abs. 2 MarkenG nicht markenfähig sei. Es handele sich um eine durch maschinelle Herstellung bedingte Grundform, die für die maschinelle Verpackung (Folierung) besonders geeignet sei. Es sei insgesamt von einer technisch bedingten Form auszugehen. Auch fehle der Marke jegliche Unterscheidungskraft. Es handele sich bei der angegriffenen Marke um eine typische Warenform gängiger Massenhandelsware, die von zahlreichen Anbietern in Deutschland ähnlich vertrieben werde, darunter die Antragstellerin, die seit 25 Jahren mit ähnlichen Schokoladen-Osterhasen am Markt sei. Sie stimme mit dem vorhandenen Formenschatz überein, sei weder eigenwillig noch ungewöhnlich und könne daher keinen betrieblichen Herkunftshinweis darstellen. Ferner sei in Bezug auf die Marke ein Freihaltebedürfnis gegeben, weil sie sich in die übliche Formenvielfalt einordne, auf die die Wettbewerber uneingeschränkt zugreifen können müssten. Durch die Markeneintragung werde eine Warenform zugunsten der Markeninhaberin dauerhaft monopolisiert, wobei es nicht um die Gewährleistung der Herkunftsfunktion, sondern um die Gestaltung der Form gehe. Dies sei nicht Aufgabe des Markenschutzes; insoweit stünden zeitlich begrenzte Schutzrechte zur Verfügung. Die Wettbewerber der Markeninhaberin würden hierdurch in unzumutbarer Weise in ihren Handlungsmöglichkeiten beschränkt und der freie Warenverkehr letztlich ausgeschlossen. Die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, die in Bezug auf die streitgegenständliche Marke auch vom HABM bejaht worden seien, seien auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden. Diese müsse dauerhaft, ganzjährig gegeben sein. Das GfK-Gutachten sei aber im Jahre 2006 während den Ostertagen durchgeführt worden, wo eine außergewöhnliche Präsenz der Ware der Markeninhaberin am Markt bestanden habe aufgrund des großen Angebotes dieser Ware und einer intensiven Bewerbung. Da diese Präsenz beim Verbraucher nur etwa 2 Monate dauere, seien außerhalb der Ostersaison keine hohen Zuordnungswerte zu erzielen. Dies werde durch Verkehrsbefragungen außerhalb der Saison belegt, wo die Markeninhaberin weitaus geringere Zuordnungswerte erzielt habe; so sei bei einer Verkehrsbefragung im Dezember 2003 nur ein Durchsetzungsgrad von 30,2 % erreicht worden. Das von der Markeninhaberin vorgelegte GfK-Gutachten aus dem Jahre 2006 sei deshalb für die Begründung der Verkehrsdurchsetzung unbrauchbar, zumal es auch in suggestiver Weise auf die Markeninhaberin hinführe. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Verkehrsdurchsetzung infolge der Benutzung der Marke bewirkt worden sei. Die als Marke eingetragene Form - „nackter Goldhase“ ohne weitere Ausstattungsmerkmale - sei von der Markeninhaberin so nie, sondern nur mit weiteren Ausstattungsmerkmalen vertrieben worden. Ferner habe die Markeninhaberin die Marke bösgläubig angemeldet, so dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gegeben sei. Die Wettbewerber der Markeninhaberin, die seit langem, teilweise seit den 30-ger Jahren Schokoladen-Osterhasen vertrieben hätten, verfügten über einen wertvollen, durch Benutzung ähnlicher Formen erworbenen Besitzstand. Aufgrund technischer Vorgaben bei der maschinellen Wicklung (Verpackung) habe eine Angleichung der Warenformen von Schokoladen-Osterhasen stattgefunden. Die Entscheidung des EuGH vom 11. Juni 2009 in dem Vorabentscheidungsersuchen C-529/07 (GRUR 2009, 763) stütze die Annahme, dass die Markeninhaberin bei der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke bösgläubig gehandelt habe, da die entsprechenden Kriterien dieser Entscheidung seitens der Markeninhaberin erfüllt seien. Die Markeninhaberin habe gewusst, dass ihre Wettbewerber für die beanspruchten Waren Formen teilweise seit den 30-ger Jahren Formen verwendeten, die verwechselbar ähnlich seien. Die von ihr angestrengten Verletzungsklagen belegten, dass sie ihre Wettbewerber an der Verwendung dieser Warenform hindern wolle, wobei die Wettbewerber durch technische Entwicklungen (maschinelle Wicklung) hinsichtlich der Form und der Aufmachung von Schokoladen-Osterhasen beschränkt seien. Die Markeninhaberin könne mangels Verkehrsdurchsetzung dem Besitzstand ihrer Wettbewerber auch keinen eigenen schützenswerten Besitzstand entgegenhalten. Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Februar 2008 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen. Die Antragstellerin hat ferner angeregt, das Verfahren dem EuGH, auch mit Blick auf eine mögliche Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs, vorzulegen, sowie, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da die Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit dreidimensionaler Marken noch uneinheitlich sei. Außerdem hat sie angeregt, das Verfahren mit Blick auf das zwischen den Beteiligten anhängige Revisionsverfahren auszusetzen, bei dem die Verletzung der angegriffenen Marke durch ein Produkt der Antragstellerin streitgegenständlich sei. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der Marke nicht um eine technisch bedingte Warenform handelt. Da auch die Farbe der Aufmachung - Gold - maßgebend sei, sei keine ausschließlich technisch bedingte Form gegeben. Die konkrete Form sei auch nicht zur Erreichung eines technischen Zwecks erforderlich. Es gebe eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten bei Schokoladen-Osterhasen, die für eine maschinelle Verpackung geeignet seien. Die Marke weise auch originäre Unterscheidungskraft auf. Sie hebe sich durch die Form eines sitzenden Hasen und die goldfarbene Aufmachung vom vorhandenen Formenschatz ab, der durch die Form stehender Osterhasen und durch bunte Aufmachungen gekennzeichnet sei. Es sei in Bezug auf die als Marke eingetragene Warenform auch kein Freihaltebedürfnis gegeben. Es gebe keine fertigungstechnische Beschränkung auf diese konkrete Form und es stünden andere Farbgestaltungen unbeschränkt zur Verfügung. Wettbewerber der Markeninhaberin hätten keine Gestaltungsprobleme. Die Markeninhaberin stelle sitzende Schokoladen-Osterhasen in goldfarbener Verpackung schon seit 1952 her; diese Warenform und Aufmachung sei vor der Markeninhaberin auch nicht von Wettbewerbern vertrieben worden. Hilfsweise macht die Markeninhaberin geltend, dass die Marke verkehrsdurchgesetzt sei. Dies sei durch das GfK-Gutachten vom 4. Mai 2006 belegt. Insbesondere hätte sich bei hoher Bekanntheit des Produkts „Goldhase“ ein hoher Zuordnungsgrad zur Markeninhaberin ergeben, und zwar von 71 % aller Befragten und 74 % des engeren Verkehrskreises. Ferner würden über …. „Goldhasen“ jährlich verkauft, wobei die Markeninhaberin in den Jahren 2001 - 2008 Verkaufserlöse zwischen … CHF und … CHF erzielt habe. Dass das GfK-Gutachten zur saisonalen Osterzeit durchgeführt worden sei, ändere nichts an seiner Aussagekraft. Gerade in der Osterzeit finde ein intensiver Marktauftritt aller Wettbewerber mit umfangreicher Bewerbung von Schokoladen-Osterhasen statt. Daher sprächen die hohen Zuordnungswerte auch deswegen für die Verkehrsdurchsetzung der Marke, weil sie trotz einer Marktübersättigung erzielt worden seien. Im Übrigen gelte der Erfahrungssatz, dass sich eine Marke, die über viele Jahre am Markt präsent sei und jedes Jahr saisonal beworben werde, in das Gedächtnis einpräge und eine kontinuierliche Bekanntheit erlange. Die Verkehrsbekanntheit der Marke beruhe auf der unternehmerischen Leistung der Markeninhaberin und nicht auf einer Monopolstellung, die es angesichts der Wettbewerber, die sich ähnlicher Warenformen bedienten, nicht gebe. Unerheblich sei auch, dass die Marke nur mit weiteren Ausstattungsmerkmalen benutzt worden sei, da sich die Form und Farbe der Marke beim Publikum als Herkunftshinweis auf den Betrieb der Markeninhaberin eingeprägt habe. Die Markeninhaberin habe die Marke auch nicht bösgläubig angemeldet. Sie hätte nicht mit der Absicht gehandelt, ihre Wettbewerber in unlauterer Weise zu behindern, sondern habe den eigenen Wettbewerb fördern wollen. Insbesondere sei es ihr um die Pflege des eigenen Markenbestandes gegangen und um die Abwehr von Wettbewerbern, die sich an den Erfolg des „Goldhasen“ anhängen wollten. Sie gehe aus der Marke auch nur gegen Wettbewerber vor, die sich mit ihren Produktgestaltungen an diese Marke anlehnten. Es sei legitim, wenn die Markeninhaberin die eigenen Produkte, die sich am Markt durchgesetzt hätten, markenrechtlich absichere. Unzutreffend sei auch, dass technische Vorgaben zu einer immer stärkeren Annäherung der Formen von Schokoladen-Osterhasen geführt hätten, da es immer noch eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten gebe. Da es kein markenrechtliches Vorbenutzungsrecht gebe, die Markeninhaberin ihre Wettbewerber nicht in unlauterer Weise behindere, sondern eigene legitime Interessen wahrnehme und hinsichtlich der Marke von einem hohen Grad an rechtlichem Schutz auszugehen sei, dem kein schützenswerter Besitzstand auf Seiten der Wettbewerber gegenüberstehe, könne insbesondere auch nach der EuGH-Entscheidung vom 11. Juni 2009 (GRUR 2009, 763) nicht von Bösgläubigkeit auf Seiten der Markeninhaberin ausgegangen werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die Markenabteilung hat zu Recht die Voraussetzungen für die Löschung der angegriffenen Marke verneint (§ 50 Abs. 1 und 2 MarkenG) und den Löschungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen (§ 54 MarkenG). Sie hat zutreffend bejaht, dass die angegriffene Marke nach § 3 MarkenG markenfähig ist und die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden sind. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Beschwerde gegen die Verneinung eines Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. 1. Die angegriffene Marke ist als solche nach § 3 Abs. 1 MarkenG markenfähig, ohne dass ihr Schutzhindernisse nach § 3 Abs. 2 MarkenG entgegenstehen. a) Die angegriffene Marke besteht aus der dreidimensionalen Form eines Schokoladen-Osterhasens mit goldfarbener Verpackung, wobei die Form im Wesentlichen nur die Merkmale aufweist, die notwendig sind, um die Gestalt als sitzenden Hasen zu erkennen (Körper-, Kopfform und Ohren). Gleichwohl ist sie als solche grundsätzlich markenfähig (§ 3 Abs. 1 MarkenG). b) Ein Schutzausschließungsgrund nach § 3 Abs. 2 MarkenG ist nicht gegeben. Es ist gerichtsbekannt und durch die Anlagen zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 14. Februar 2007 im Verfahren vor der Markenabteilung durch eine Vielzahl von Beispielen belegt, dass es eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten für Schokoladen-Osterhasen sowohl hinsichtlich der Form als auch der Verpackung und ihrer farblichen Gestaltung gibt, so dass das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausscheidet. c) Das als Marke eingetragene Zeichen besteht auch nicht ausschließlich aus einer Form, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Dies setzt voraus, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale der Form einer Ware nur einer technischen Wirkung zuzuschreiben sind, selbst wenn die fragliche technische Wirkung auch durch andere Formen erzielt werden kann (BGH GRUR 2010, 138, Tz. 16 ff. - ROCHER-Kugel und GRUR 2010, 231, Tz. 25 - Legostein). Abzustellen ist hierbei auf den Gesamteindruck, den die Form als solche, so wie sie beansprucht ist, vermittelt, wobei insoweit die Verkehrsauffassung maßgeblich ist (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage, § 3, Rdnr. 100 m. w. N.). Aufgrund der bereits erwähnten Vielzahl von industriell und maschinell hergestellten und verpackten Schokoladen-Osterhasen, die am Markt in den unterschiedlichsten Formen erhältlich sind, dienen die wesentlichen Merkmale der die angegriffene Marke ausmachenden dreidimensionalen Form der Erzeugung einer visuellen, ästhetischen Wirkung beim Publikum. Dass jede Gestaltung einer solchen dreidimensionalen Warenform insbesondere im Segment „Schokolade, Schokoladenwaren“ auch Unterschiede bei der maschinellen Herstellung und Verpackung gegenüber anderen Formen aufweist und sich dabei auch fertigungs- und verpackungstechnisch Unterschiede mit Vor- und Nachteilen ergeben, liegt auf der Hand, aber auch in der Natur der Sache. Jede maschinell gefertigte und verpackte Warenform weist einen technischen Zusammenhang auf, da sie technische Maßnahmen wie Gussformen und ähnliches bedingt. Lässt die Technik aber die maschinelle Herstellung und Verpackung einer Vielzahl unterschiedlicher Formen zu, die der Verkehr einer bestimmten Warenkategorie, hier: Schokoladen-Osterhasen ohne weiteres zuordnet, so dient eine Form aus diesem Formenschatz eben ästhetisch-visuellen Zwecken, ohne deswegen zur Erzielung einer technischen Wirkung im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erforderlich zu sein. d) Die als Marke eingetragene Form verleiht der Ware auch nicht einen wesentlichen Wert (§ 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG). Dieses Schutzhindernis steht dem Markenschutz einer ästhetisch wertvollen Formgebung nur dann entgegen, wenn der Verkehr allein in dem ästhetischen Gehalt der Form den wesentlichen Wert der Ware sieht und es deshalb von vorneherein als ausgeschlossen angesehen werden kann, dass der Form neben ihrer ästhetischen Wirkung zumindest auch die Funktion eines Herkunftshinweises zukommen kann (BGH GRUR 2010, 138, Tz. 19 ff. - ROCHER-Kugel m. w. N.). Es kann im Bereich der Schokoladenwaren, die auch und gerade im speziellen Segment der Schokoladen-Osterhasen eine zum Konsum bestimmte Massenware darstellt, indessen nicht davon ausgegangen werden, dass Geschmack und Qualität der Ware und ihrer Zutaten gegenüber der ästhetischen Formgebung völlig in den Hintergrund treten. Mithin kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Formgebung auch eine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen kann. 2. Der angegriffenen Marke fehlt allerdings in Bezug auf die Waren, für die sie eingetragen ist, jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). a) Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; GRUR 2004, 943, Tz. 23, 24 - SAT.2; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel). Insoweit ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 23 ff.). Bei den hier beanspruchten Schokoladewaren handelt es sich um Alltagswaren des täglichen Gebrauchs und damit des Massenkonsums. Mithin ist auf die Gesamtbevölkerung als beteiligte Verkehrskreise abzustellen (BPatG 32 W (pat) 114/05 v. 25. April 2007, S. 8 m. w. N. - Waffelschnitte Knoppers; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 408). Wie bei jeder anderen Markenform ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Markenform allein zu prüfen, ob der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen für die jeweils beanspruchten Waren einen Herkunftshinweis sieht. Eine dreidimensionale Marke, die allein aus der Form der Ware besteht, wird allerdings vom Verkehr nicht notwendig in gleicher Weise wahrgenommen wie eine herkömmliche Wort- oder Bildmarke, die ein gesondertes Zeichen darstellt und vom Erscheinungsbild der gekennzeichneten Ware unabhängig ist. Gewöhnlich schließen Verbraucher daher aus der Form der Ware oder ihrer Verpackung nicht auf die betriebliche Herkunft (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 24 - ROCHER-Kugel). Auch bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabs ist davon auszugehen, dass solchen Marken die erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt. Die dreidimensionale naturgetreue Wiedergabe eines der Gattung nach im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren. Bei dreidimensionalen Marken ist vielmehr regelmäßig zu prüfen, ob die Form lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt verkörpert. Geht die Form darüber hinaus und zeichnet sie sich insbesondere durch besondere Merkmale aus, so ist zu prüfen, ob der Verkehr in ihnen nur bloße Gestaltungsmerkmale sieht oder sie als Hinweis auf die Herkunft der Waren versteht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einer bestimmten Formgestaltung nur dann einen Herkunftshinweis sehen wird, wenn er diese Form nicht einer konkreten anderen Funktion der Ware oder ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Produkt zu schaffen Hierfür kann es eine Rolle spielen, ob der Verkehr bei der in Rede stehenden Warenart daran gewöhnt ist, dass die Warenform auf die Herkunft hindeutet (BGH GRUR 2010, 138, Tz. 25 - ROCHER-Kugel; GRUR 2006, 679, Tz. 17 - Porsche Boxter). b) Nach diesen Maßstäben wird der Verkehr in der als Marke eingetragenen dreidimensionalen Warenform originär keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Von der Form und Gestaltung her weist die angegriffene Marke im Wesentlichen nur die Merkmale, nämlich Körperform, Kopfform und Ohren auf, die notwendig sind, um in dieser Form die Gestalt eines sitzenden Hasen zu erkennen. Diese Form hebt sich in keiner Weise aus dem vorhandenen Formenschatz der am Markt vertriebenen Schokoladen-Osterhasen hervor, für den die Anlagen zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 14. Februar 2007 im Verfahren vor der Markenabteilung eine Vielzahl von Beispielen enthalten. Es gibt stehende ebenso wie sitzende Hasen, mal mit längeren, mal mit kürzeren Ohren, bisweilen auch mit etwas mehr, bisweilen auch mit etwas weniger naturalistischen, aber üblicherweise possierlichen Zügen. Sitzende Hasen sind keineswegs etwas ungewöhnliches, sondern werden vielfach in Variationen verwendet, was sich - wie die Markenabteilung im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat - aus den Anlagen A1 - A6, A7.1 - A7.3, A8.2 - A8.3, A9, A10.1 - A10.4, A11, A12, A13, A14.2 - A14.3, A15, A16, A17, A18, A20, A21, A22.1 - A22.2, A24, A25, A26 und A27 zum o. g. Schriftsatz der Antragstellerin ergibt. Die als Marke eingetragene Warenform weist keine Merkmale auf, die sie bei der gegebenen Vielfalt, wie sie sich aus den vorgenannten Anlagen ergibt, als etwas Individuelles herausheben und kennzeichnen könnten. Insbesondere die Form des Körpers, des Kopfes, der Ohren und der nur angedeuteten Hinterläufe führen nur dazu, die Gestalt - wie ausgeführt - als diejenige eines Hasen zu erkennen. Die als Marke eingetragene Warenform ist damit nur als eine weitere Variante im vorhandenen Formenschatz anzusehen. c) Auch die goldfarbene Aufmachung führt in Verbindung mit der konkreten Warenform nicht dazu, dass diese vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen wird. Denn die vorgenannten Anlagen belegen auch, dass die Verwendung einer goldfarbenen Verpackung bei Schokoladen-Osterhasen verbreitet ist (vgl. z. B. die Anlagen A7.2, A8.3, A18, A20, A21, A22 zum o. g. Schriftsatz). Insoweit kann auch der Auffassung der Beschwerdekammer des HABM beigepflichtet werden, dass eine goldfarbene Verpackung aufgrund des Bezugs zu Gold als wertvollstem Metall Produkte von besonderer Qualität oder besonderer Exklusivität suggerieren soll (vgl. Entscheidung der 4. Beschwerdekammer des HABM vom 18. Juli 2008 - R 419/2008-4, Tz. 35 - Goldhase). Sie wird vom Verkehr daher in erster Linie als ein (werblicher) Hinweis auf Eigenschaften der so verpackten Schokoladewaren wahrgenommen, nicht aber originär als betrieblicher Herkunftshinweis. d) Form und Aufmachung stellen somit für sich betrachtet keine Merkmale dar, aufgrund derer im vorliegenden Fall der angegriffenen Marke Unterscheidungskraft zugesprochen werden könnte. Dies gilt aber auch und gerade bei der gebotenen Gesamtbetrachtung dieser dreidimensionalen Marke. Denn auch die Verbindung von Form und Aufmachung ist mit Blick auf den vorhandenen Formenschatz, wie sich aus den o. g. Beispielen für goldfarbig verpackte Schokoladen-Osterhasen ergibt, für die betreffenden Waren typisch und weicht nicht vom üblichen Erscheinungsbild der tatsächlich verwendeten Formen ab. Für den Verkehr besteht kein Anlass, darin originär einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen. 3. Die angegriffene Marke besteht auch ausschließlich aus einem Zeichen, das zur Bezeichnung der Art oder Beschaffenheit der beanspruchten Waren dienen kann. Somit ist auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt. Die angegriffene Marke erschöpft sich darin, die äußere Form der Ware in einer bestimmten (goldfarbenen) Aufmachung wiederzugeben. Mithin handelt es sich um ein Zeichen, das Eigenschaften der beanspruchten Ware, und zwar deren äußere Gestaltung, beschreibt. Daran, dass derartige Gestaltungen nicht einem Unternehmen vorbehalten bleiben, sondern frei verwendet werden können, besteht grundsätzlich ein besonderes Interesse der Allgemeinheit (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 29 - ROCHER-Kugel; GRUR 2004, 502, 505 - Gabelstapler II; GRUR 2008, 1000, Tz. 16 - Käse in Blütenform II). Andernfalls besteht die Gefahr, dass Anmelder, die zunächst keine eigene Benutzungsabsicht verfolgen müssen, eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten monopolisieren und so die Gestaltungsfreiheit auf einem Warengebiet erheblich einschränken (BGH GRUR 2010 - ROCHER-Kugel, a. a. O.; GRUR 2006, 679, Tz. 21 - Porsche Boxster). Wie bereits ausgeführt, weist die angemeldete Marke von der Form und Gestaltung her im Wesentlichen nur die Merkmale, nämlich Körperform, Kopfform und Ohren auf, die notwendig sind, um in dieser Form die Gestalt eines sitzenden Hasen zu erkennen und ist goldfarbig ausgestaltet. Sie geht damit nur wenig über eine gerade in Bezug auf Schokoladen-Osterhasen naheliegende grundsätzliche Gestaltungsform hinaus. Ein Interesse der Allgemeinheit an der Freihaltung dieser Form ist daher zu bejahen. 4. Jedoch führen die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht zur Löschung der angegriffenen Marke, weil sie sich zum Zeitpunkt der Eintragung in den beteiligten Verkehrskreisen gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat; dies steht gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG der von der Antragstellerin begehrten Löschung entgegen. a) Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung im Verkehr i. S. von § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt hat, ist aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehende Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware damit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Verkehrsbefragung nur eine von mehreren möglichen Mitteln zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung ist und insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Beurteilung der Unterscheidungskraft besondere Schwierigkeiten aufwirft. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn Markenschutz für ein Gestaltungsmerkmal beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Gestaltungsmerkmalen benutzt wurde, weil in einem solchen Fall anderweitige Umstände wie Verkaufszahlen, Umsätze, Werbeaufwendungen und Marktanteile nur einen Schluss auf die Durchsetzung der durch mehrere weitere Merkmale gekennzeichneten Gestaltung erlauben (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 38, 39 - ROCHER-Kugel). b) Im vorliegenden Fall ist die als Marke eingetragene Warenform nicht ausschließlich in dieser konkreten Form, sondern nur in Verbindung mit weiteren Merkmalen wie dem Namenszug „Lindt“ und weiteren Ausstattungsmerkmalen wie einer Bemalung und einem Glöckchen vertrieben worden. Soweit die Markeninhaberin Umsatzzahlen, Erlöse und Marktanteile in Bezug auf das Produkt „Goldhase“ vorgetragen hat, können diese aus den o. g. Gründen für eine Begründung der Verkehrsdurchsetzung somit nicht herangezogen werden und sind letztlich entscheidungsunerheblich; dies gilt auch in Bezug auf den entsprechenden Sachvortrag der Markeninhaberin in ihrem Schriftsatz vom 22. Februar 2010. c) Das von der Markeninhaberin eingereichte Verkehrsgutachten der GfK vom 4. Mai 2006 lässt allerdings den Schluss zu, dass sich die angegriffene Marke im Verkehr für die Waren „Schokolade, Schokoladewaren“ durchgesetzt hat. aa) Das Gutachten ist von der Erhebung und der Methodik her nicht zu beanstanden. Es ist hinsichtlich der Zahl und der Auswahl der Befragten, denen ein mit der angegriffenen Marke übereinstimmender „Goldhase“ ohne weitere Ausstattungs- und Gestaltungsmerkmale und ohne Aufschrift vorgelegt wurde, ausreichend repräsentativ. Befragt wurden insgesamt 1974 Personen, was ein ausreichend großer Kreis ist. (vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 437, wonach bei Befragungen zu einem Einzelthema 1.000 Befragte regelmäßig ausreichen). Vorrangig gegenüber der reinen Zahl ist zudem die repräsentative Auswahl der Befragten (vgl. BPatG 32 W (pat) 39/03 vom 17. Mai 2006 - Kinder -, dort S. 18). Hiervon kann man bei dem Gutachten vom 4. Mai 2006 ebenfalls ausgehen. Im Anhang „Methodenbeschreibung“ sind die Ist-Werte der Befragten zu Geschlecht, Alter, Haushaltsgröße, Ortsgröße, Beruf des „Haushaltsvorstands“ und Wohnsitz (nach Bundesländern) dargelegt und den aus amtlichen Statistiken entnommenen Soll-Werte, bezogen auf die Gesamtbevölkerung gegenübergestellt; diese Werte stimmen überein. bb) Soweit die Antragstellerin beanstandet, das Gutachten sei deswegen unbrauchbar, weil es vom 3. - 28. April 2006 und damit mitten in der Osterzeit (16./17. April 2006) durchgeführt worden sei, in welcher zum einen das Saisongeschäft mit Schokohasen stattfinde, und zum anderen die Markeninhaberin, die über eine hohe Marktmacht verfüge, mit besonders intensiven Werbemaßnahmen am Markt auftrete, steht dies einer Verwertung des Gutachtens nicht entgegen. Geht es um saisonale Produkte, werden die Verbraucher zwar mit den intensiv beworbenen Produkten der Markeninhaberin konfrontiert. Dies gilt während des betreffenden Saisongeschäftes aber gerade auch für die Produkte der Wettbewerber, die ebenfalls am Markt präsent sind, z. B. auf den besonders eingerichteten Ständen und Regalen für Schokoladenwaren und Süßwaren zum Osterfest, die meist getrennt von Ständen und Regalen für nicht saisongebundene Produkte - in der Regel auch blickfangmäßig - aufgestellt oder eingerichtet werden. Eine Beeinträchtigung der Chancengleichheit der Wettbewerber in Bezug auf die Bekanntheit bei den Endverbrauchern als relevante Verkehrskreise ist aufgrund des Zeitpunkts nicht gegeben, so dass insoweit auch kein methodischer Mangel des Verkehrsgutachtens vorliegt. Anzumerken ist ferner, dass der BGH in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 2006 (GRUR 2007, 235, Tz. 24 - Goldhase) zu einem zwischen den Beteiligten anhängigen Rechtsstreit, der die Gemeinschaftsmarke Nr. 1698885 betrifft, das GfK-Gutachten vom 21. Mai 2003 in seine Erwägungen zur Kennzeichnungskraft einbezogen. Dieses Gutachten wurde unmittelbar nach der Ostersaison 2003 erhoben und stand mithin ebenfalls in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem saisonalen Ostergeschäft, ohne dass dies vom BGH beanstandet wurde. Nach der Auffassung des Senats kann eine zutreffende Beurteilung des Durchsetzungsgrades einer ausschließlich saisonal angebotenen Ware im Übrigen nur in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der maßgeblichen Saisonzeit getroffen werden. Denn nur in dieser Zeit werden diese Produkte durch verschiedene Anbieter in Konkurrenz zueinander angeboten und stehen sich auf dem Markt gegenüber. cc) Es besteht auch keinen Anlass, die Fragestellungen im Gutachten vom 4. Mai 2006 zu beanstanden. Der Fragenkatalog entspricht demjenigen, wie er in den 2005 überarbeiteten Prüfungsrichtlinien des Deutschen Patent- und Markenamts enthalten ist. Er unterscheidet nach Fragen zu den beteiligten Verkehrskreisen, dem Bekanntheitsgrad des jeweiligen Zeichens, seinem Kennzeichnungsgrad und dem Zuordnungsgrad in Bezug auf das Unternehmen, als dessen Herkunftshinweis das Zeichen dienen soll. Insbesondere sind die Fragen 4 und 5 nicht als suggestiv und auf die Markeninhaberin hinlenkend zu erachten. Frage 4 soll den Kennzeichnungsgrad ermitteln, d. h., ob das Zeichen vom Verkehr als Herkunftshinweis gesehen wird. Die Formulierung ist mit Blick auf diesen Zweck hinreichend neutral formuliert und damit auch geeignet. Die Unterstreichungen bei der Frage 4 sind ebenfalls nicht als suggestiv zu erachten, da damit ersichtlich verdeutlicht werden soll, wo die Antwort „Hinweis auf ein Unternehmen“ oder „Hinweis auf mehrere Unternehmen“ bei Bejahung anzukreuzen ist, die dann je nach der konkreten Antwort zu unterschiedlichen Folgefragen (Frage 5 oder 6) führt. Ein „Hinleiten“ auf die Markeninhaberin lässt sich hieraus nicht ableiten. Auch für die Frage 5, mit der der Zuordnungsgrad ermittelt werden soll, ist nicht zu beanstanden. Denn es geht gerade darum, ob die Befragten ein bestimmtes Unternehmen, dem das Zeichen als Herkunftshinweis zugeordnet werden soll, namentlich nennen können (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdnr. 440). dd) Die in dem GfK-Gutachten vom 4. Mai 2006 ermittelten Werte lassen auch den Schluss zu eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke zu. Hierbei handelt es sich um die Bewertung von Beweisergebnissen (vgl. BPatG 24 W (pat) 74/95 - digital). Für die Feststellung des im Einzelfall erforderlichen Durchsetzungsgrads ist nicht von festen Prozentsätzen auszugehen. Entscheidend ist, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das Zeichen nicht mehr nur als beschreibende oder übliche Angabe, sondern zumindest auch als Herkunftshinweis ansieht. Deshalb kann - sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen - die untere Grenze für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung nicht unterhalb von 50 % angesetzt werden. Die Anforderungen sind umso höher, je weniger sich das betreffende Zeichen nach seinem spezifischen Charakter als Herkunftshinweis eignet. Handelt es sich um einen Begriff, der die fraglichen Waren oder Dienstleistungen ihrer Gattung nach glatt beschreibt, kommen ein Bedeutungswandel und damit eine Verkehrsdurchsetzung erst bei einem deutlich höheren Durchsetzungsgrad in Betracht, wobei in einzelnen Fällen eine sehr hohe oder eine nahezu einhellige Verkehrsdurchsetzung für notwendig erachtet wurde (BGH GRUR 2010, 138, Tz. 41 - ROCHER-Kugel). Allerdings besteht nach der Rechtsprechung des BGH bei einer Formmarke, die von einer Grundform der Warengattung abweichende Merkmale aufweist, in der Regel kein Anlass, besonders hohe Anforderungen an den Durchsetzungsgrad zu stellen (BGH GRUR 2010, 138, Tz. 43 - ROCHER-Kugel). Bei einer Marke, die aus der Warenform einer Praline besteht, aber sich nicht ausschließlich auf die für Pralinen typische Kugelform beschränkt, sondern eine besondere  Oberflächengestaltung aufweist und damit eine von vielen bei Pralinen denkbaren Formgestaltungen darstellt, wurde ein Zuordnungsgrad von 62 % als ausreichend erachtet (BGH/GRUR 2010, 138, Tz. 44, 45 - ROCHER-Kugel). ee) Diese Grundsätze können auch auf den vorliegenden Fall angewendet werden. Denn die angegriffene Marke besteht aus der dreidimensionalen Form eines goldfarben verpackten Schokoladen-Osterhasen. Diese Warenform weist zwar, wie ausgeführt, keine die Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG begründende Merkmale auf. Sie stellt allerdings auch keine Grundform für Schokoladen-Osterhasen dar, da es - wie sich aus den bereits genannten Beispielen von im Verkehr vertriebenen Schokoladen-Osterhasen ergibt - von vorneherein eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten gibt, so dass letztlich davon auszugehen ist, dass „die“ Grundform für Schokoladen-Osterhasen gar nicht existiert. Die angegriffene Formmarke ist daher nichts anderes als eine Variante in diesem Formenschatz. Dann ist entsprechend der vorgenannten Rechtsprechung des BGH für die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke nicht zu fordern, dass ein 60 % deutlich übersteigender oder gar ein nahezu einhelliger Durchsetzungsgrad vorliegt (BGH GRUR 2010, 138, Tz. 42 - ROCHER-Kugel). Für die angegriffene Marke ist aufgrund des GfK-Gutachtens vom 4. Mai 2006 ein hinreichender Durchsetzungsgrad gegeben. Geht man für die Bestimmung des für die Verkehrsdurchsetzung maßgeblichen Verkehrskreises von der Gesamtbevölkerung aus, so ist die Gesamtzahl aller Befragten für die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung zugrunde zu legen. Der Bekanntheitsgrad des Zeichens liegt somit nach dem GfK-Gutachten bei 94,6 %. Der Kennzeichnungsgrad, d. h. der Anteil der Befragten, die das Zeichen als Hinweis auf ein bestimmtes oder mehrere Unternehmen sehen, liegt bei 79,7 %. Nach dem Gutachten ergibt sich bezogen auf die Gesamtzahl ferner eine Zuordnungsquote von 70,3 %, also der Befragten, die die Markeninhaberin als einziges Unternehmen nannten, für das sie den „Goldhasen“ als Herkunftshinweis sahen (Frage 4 und 5). Hierbei sind einerseits noch nicht berücksichtigt ein Anteil von 2,3 % aller Befragten, die auf die Frage nach der Zuordnung zu „mehreren Unternehmen“ den Namen Lindt nannten, sowie ein weiterer Anteil von 3,6 % aller Befragten, die den „Goldhasen“ zwar mit einem einzelnen Unternehmen assoziierten, aber das Unternehmen nicht namentlich benennen konnten. Andererseits sind aber auch denkbare Fehlertoleranzen, die gemäß der in der Anlage enthaltenen Tabelle mit einer Größenordnung von 2,8 bis 3,0 % zu bemessen sein könnten, noch nicht berücksichtigt. Ob letzteres in die Berechnung der Zuordnungsquote und des Durchsetzungsgrades einzubeziehen ist, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 9. Juli 2009 (GRUR 2010, 138, Tz. 56 - ROCHER-Kugel) offen gelassen. Ob diese weiteren Anteile zugunsten der Markeninhaberin hier zu berücksichtigen oder z. B. mit Blick auf mögliche Mehrfach- oder Fehlbenennungen nicht außen vor zu lassen sind und ob die Fehlertoleranzen so wie dargelegt in Abzug zu bringen sind, kann indessen auch im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Denn auch wenn Nennungen der Markeninhaberin bei der Frage nach mehreren Unternehmen und der Anteil der Befragten, die die Markeninhaberin nicht namentlich benennen konnten, unberücksichtigt bleiben, sowie auch Fehlertoleranzen bei der Berechnung einbezogen werden, liegt nach dem Gutachten die Zuordnungsquote für die Markeninhaberin bei 67,3 %. Daraus ergibt sich selbst bei der für die Markeninhaberin ungünstigsten Berechnung immer noch ein Durchsetzungsgrad, der bereits erheblich über 50 % liegt und mehr als 2/3 aller Befragten ausmacht. Sind - wie ebenfalls bereits dargelegt - nach der Rechtsprechung des BGH für Formmarken wie die hier angegriffene Marke keine besonders hohen Anforderungen zu stellen, so ist hier von einer hinreichenden Verkehrsdurchsetzung auszugehen. Dies wird auch nicht dadurch relativiert, wenn man mit der Antragstellerin davon ausgeht, dass diese Ergebnisse auf eine Marktmacht der Markeninhaberin zurückzuführen sei. Denn Verkehrsdurchsetzung beruht auf Bekanntheit und Zuordnung von Zeichen als Herkunftshinweis zu einem konkreten Betrieb. Sie ist regelmäßig das Ergebnis eines intensiven Marktauftritts, oft auch verbunden mit umfangreichen Werbemaßnahmen und - gerade bei Alltagswaren des Massenkonsums - letztlich auch ein Ergebnis von hohen Umsatzzahlen und Marktanteilen. Marktmacht und Verkehrsdurchsetzung sind damit letztlich zwei Seiten der gleichen Medaille. Eine unterstellte Marktmacht vermag damit an einer festgestellten Verkehrsdurchsetzung nicht zu ändern. d) Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Markeninhaberin den „Goldhasen“ in der neutralen Form ohne weitere Ausstattungsmerkmale so, wie diese als Marke eingetragen wurde, nie benutzt hat, sondern nur in Verbindung mit weiteren Merkmalen, liegt dennoch eine infolge der Benutzung der angegriffenen Marke erlangte Verkehrsdurchsetzung vor. Einer gesonderten, von dem vorgenannten Verkehrsgutachten unabhängigen Feststellung der markenmäßigen Benutzung der Widerspruchsmarke bedarf es dabei nicht (BGH, GRUR 2010, 138, Tz. 34 - ROCHER-Kugel). Gerade bei dreidimensionalen Marken, die eine Waren- und Verpackungsform darstellen, ist insbesondere im Süßwaren- und Schokoladenbereich eine Nutzung mit weiteren Gestaltungsmerkmalen und ggf. auch mit Verwendung weiterer Marken im Sinne einer Mehrfachkennzeichnung üblich. Dann ist zu fordern, dass innerhalb der Gesamtgestaltung die dreidimensionale Form als selbständige Marke erkannt wird und insoweit eine eigenständige herkunftshinweisende Funktion erfüllt. Dies kann u. a. auch bei Formen der Fall sein, deren intensive Verwendung zu einer entsprechenden Verkehrsauffassung geführt hat (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26, Rdnr. 125). Ergeben sich wie im vorliegenden Fall aus einem Verkehrsgutachten, das die „nackte“ Warenform ohne weitere Ausstattungsmerkmale zum Gegenstand hatte, in Bezug auf diese Form Durchsetzungswerte, die ganz erheblich über 50 % liegen, so indiziert dies auch, dass diese Form innerhalb einer mit weiteren Ausstattungsmerkmalen versehen Gestaltung maßgebliche Bedeutung hat und für den Verkehr als besonders herkunftshinweisend erscheint. Insoweit können auch Erkenntnisse aus Verletzungsverfahren von Belang sein (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26, Rdnr. 125 m. w. N.). In seinem Urteil vom 26. Oktober 2006 in dem zwischen den Beteiligten anhängigen Verletzungsrechtsstreit hat der BGH Zuordnungswerte von 55 % aller Befragten und 58 % des engeren Verkehrskreises bei Bekanntheitsgraden von 82 % aller Befragten und 86 % des engeren Verkehrskreises und bei Kennzeichnungsgraden von 61 % aller Befragten und 65 % des engeren Verkehrskreises, die sich aus dem GfK-Gutachten vom 21. Mai 2003, welches ebenfalls den „Goldhasen“ ohne weitere Ausstattungsmerkmale betraf, ergeben haben, als ein wichtiges Indiz dafür erachtet, dass ein erheblicher Teil des Verkehrs Form und Farbe des Hasen in ihrer Kombination auch unabhängig von sonstigen Gestaltungsmerkmalen als Hinweis auf das Unternehmen der Markeninhaberin verstehe (BGH GRUR 2007, 235, Tz. 24, 25 - Goldhase). Im Übrigen kann aus dem Umstand, dass ein erheblicher, bei mehr als 2/3 liegender Anteil der Befragten das in der Verkehrsbefragung 2006 vorgelegte Produkt „Goldhase“ dem Unternehmen der Markeninhaberin zugeordnet hat, geschlossen werden, dass es von diesen Verkehrskreisen auch als Herkunftshinweis aufgefasst wird (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 33, 34 - ROCHER-Kugel). Die dem Schriftsatz. der Antragstellerin vom 16. Februar 2009 in Auszügen beigefügte Entscheidung der Beschwerdekammer des HABM vom 30. Juni 2008 (R 1468/2005-1) führt insoweit zu keinem anderen Ergebnis. Diese Entscheidung ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Sie betrifft die Wortmarke „WM 2006“, bei der die für dreidimensionale Marken im Bereich der Warenformmarken übliche Nutzung in Verbindung mit weiteren Gestaltungsmerkmalen nicht zum Tragen kommt. 5. Nach den Gesamtumständen kann nicht angenommen werden, dass die Markeninhaberin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG war, so dass eine Löschung der angegriffenen Marke aus diesem Grund ebenfalls ausscheidet. Von einer bösgläubigen Markenanmeldung ist auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig und damit unlauter erfolgte. Hierbei ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung der angegriffenen Marke abzustellen (BGH GRUR 2009, 780, Tz. 11 - Ivadal), also im vorliegenden Fall auf November 2003. Allerdings handelt ein Markenanmelder nicht bereits dann unlauter, wenn er weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichnungsschutz erworben zu haben; vielmehr müssen auf Seiten des Markenanmelders besondere Umstände hinzutreten, die die Zeicheneintragung als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen lassen. Solche Umstände können darin begründet sein, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands eines Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel oder der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen eintragen lässt oder der Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel das Wettbewerbskampfes einsetzt (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2004, 510 - S-100; GRUR 2005 414 - Russisches Schaumgebäck; GRUR 2005, 581 - The Colour of Elegance; GRUR 2009, 780, Tz. 11 - Ivadal). Diese Grundsätze stehen mit dem Urteil des EuGH vom 11. Juni 2009 - C-529/07 (GRUR 2009, 763) in Einklang. Insoweit nimmt der EuGH eingehend zu den Voraussetzungen der Bösgläubigkeit nach Art. 51 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke Stellung, wobei diese Bestimmung mit Art. 3 Abs. 2 lit. d der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) vom 22. Oktober 2008 korrespondiert; diese Richtlinie stellt letztlich eine Neubekanntmachung der (ursprünglichen) Markenrechtsrichtlinie 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 dar. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG ist in Umsetzung dieser Richtlinie in Kraft gesetzt worden. Hierbei stellt der EuGH keine starren Regeln auf, sondern stellt voran, dass alle erheblichen Faktoren des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Die im Einzelnen vom EuGH genannten Faktoren, nämlich ● Kennen oder Kennenmüssen, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, ● die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, sowie ● den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen sind seitens des EuGH keine abschließende Aufzählung der Fallumstände, die in die rechtliche Prüfung und Würdigung einzubeziehen sind. Hiervon ausgehend ist bei einer Gesamtbewertung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles Bösgläubigkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke zu verneinen. Zwar kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung eine Vielzahl unterschiedlicher Schokoladen-Osterhasen von den Wettbewerbern der Markeninhaberin vertrieben wurden, wobei auch unterstellt werden kann, dass sich unter den Markt erhältlichen Varianten auch Schokoladenhasen in sitzender Gestalt und auch mit goldfarbener Verpackung befanden, und der Markeninhaberin dies auch bekannt war. Auf der anderen Seite verfügte die Markeninhaberin aber zum Zeitpunkt der Anmeldung selbst bereits über einen relevanten Besitzstand in Bezug auf die beanspruchte Warenform. Das GfK-Gutachten vom 4. Mai 2006 gab der Markeninhaberin jedenfalls Anlass davon auszugehen, dass diese Warenform von relevanten Verkehrskreisen als Herkunftshinweis auf ihren Betrieb wahrgenommen wird. Wie dargelegt, ergibt sich selbst bei der für die Markeninhaberin ungünstigsten Berechnung immer noch ein Durchsetzungsgrad von 67,3 %, eine Zuordnungsquote, die erheblich über 50 % liegt und mehr als 2/3 aller Befragten ausmacht. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Markeninhaberin sich ohne berechtigten Anlass ein Ausschließlichkeitsrecht verschafft hat, um es zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einzusetzen. Zwar ist auch davon auszugehen, dass die Markeninhaberin die angegriffenen Marke bereits mit der Absicht angemeldet hat, das mit der Eintragung der Marke verbundene Ausschließlichkeitsrecht gegen Wettbewerber einzusetzen, die gleiche oder verwechselbar ähnliche Zeichen, welche bislang dem allgemeinen Formenschatz zuzurechnen waren, verwenden. Dies ist aber letztlich jedem Markenerwerb immanent. Ferner folgt aus der bislang gutgläubigen Benutzung einer Warenform durch Marktteilnehmer, die einer dieser Marktteilnehmer in identischer oder auch nur ähnlicher Gestaltung als Marke anmeldet, nicht ohne weiteres die Bösgläubigkeit des Anmelders. Denn das Markenrecht kennt weder die Neuheit als Schutzvoraussetzung noch ein Vorbenutzungsrecht Dritter in Bezug auf den Gegenstand einer eingetragenen Marke. Benutzt der Anmelder die Warenform, die Gegenstand der Marke ist, selber durch Vertrieb dieser Warenform im Rahmen eines intensiven Marktauftritts und hat er zudem - wie vorliegend die Markeninhaberin - Anlass, davon auszugehen, dass diese konkrete Warenform von einem relevanten Teil des Verkehrs als Hinweis auf seinen Betrieb wahrgenommen wird, so stellt die - weitere - Absicherung dieser Position durch Erwerb eines Schutzrechts eine Maßnahme zur Förderung des eigenen Wettbewerbs dar und kann nicht als unlautere und rechtsmißbräuchliche Handlung angesehen werden. Auch wird der Formenschatz von Schokoladen-Osterhasen durch dieses Ausschließlichkeitsrecht nicht in für die Wettbewerber unzumutbarer Weise eingeschränkt. Geschützt wird die dreidimensionale Marke „Goldhase“ in ihrer konkreten Form und Aufmachung. Dem stehen - wie die Vielzahl von industriell gefertigten und maschinell verpackten, unterschiedlichen Schokoladen-Osterhasen, die auf dem Markt angeboten werden, zeigt (vgl. z. B. die Anlagen zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 14. Februar 2007 im Verfahren vor der Markenabteilung) - eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten bei der Form und der farblichen Aufmachung von Schokoladen-Osterhasen gegenüber, die es den Wettbewerbern ermöglichen, sich bei der Gestaltung ihres Produktes von der hier verfahrensgegenständlichen Warenform abzuheben. Hierbei ist der Senat der Auffassung, dass - ungeachtet des Durchsetzungsgrades der verfahrensgegenständlichen Warenform als Herkunftshinweis auf den Betrieb der Markeninhaberin - bei einer angemessen Bestimmung des Schutzumfangs der angegriffenen Marke die Voraussetzungen für den Abstand anderweitiger Gestaltungen von Schokoladen-Osterhasen nicht zu hoch anzusetzen sind, sondern den Wettbewerbern ein zumutbarer Spielraum für anderweitige  Gestaltungsmöglichkeiten verbleibt. Dann kann auch eine unangemessene Beschränkung des Warenverkehrs nicht angenommen werden. Ebenfalls kann dann nicht davon ausgegangen werden, dass der Markenschutz auch mit Blick auf andere, zeitlich begrenzte Schutzrechte wie z. B. das Geschmacksmuster überdehnt wird. Der für die angegriffene Marke gewährte Markenschutz steht entgegen der Auffassung der Markeninhaberin nicht in Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat mit der Markenrechtsreform, mit der die EG-Markenrechtsrichtlinie umgesetzt wurde und die damit auch Zwecke der Rechtsharmonisierung verfolgte, u. a. die vorher geltende Beschränkung auf zweidimensionale Zeichen bewusst aufgegeben (vgl. Ziff. III. 5. der amtlichen Begründung zum Markenrechtsreformgesetz, Bl. f. PMZ 1994, Sonderheft „Das neue Markengesetz“, S. 47, 50). Wie bereits ausgeführt, ist aber insoweit vom Gesetzgeber kein Vorbenutzungsrecht in Bezug auf bereits bekannte dreidimensionale Formen vorgesehen worden. Dass bereits bekannte Formen dem Markenschutz und dem damit verbundenen Ausschließlichkeitsrecht zugänglich sind und damit Dritte diese nicht mehr benutzen können, hat der Gesetzgeber mithin bewusst in Kauf genommen. 6. Der Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung bedurfte es nicht. Wie ausgeführt, hat der EuGH in seinem Urteil vom 11. Juni 2009 - C-529/07 (GRUR 2009, 763) eingehend zu den Voraussetzungen der Bösgläubigkeit Stellung genommen. Die bisherige Rechtsprechung in Deutschland, insbesondere des BGH, steht damit in Einklang. Der EuGH und die genannte nationale Rechtsprechung haben Kriterien für die Schutzfähigkeit und insbesondere auch die Frage der Bösgläubigkeit aufgestellt, die eine umfassende rechtliche Würdigung auch mit Blick auf den freien Warenverkehr ermöglichen. Es ist daher keine Rechtsfrage offen, die nach Art. 234 EG-V der Vorlage an den EuGH erfordern würde. 7. Es bedurfte auch nicht der Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 MarkenG). Auch wenn es sich hier um ein Verfahren von wirtschaftlich erheblicher Bedeutung für die Beteiligten handeln mag, so war dennoch keine Frage von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung zu entscheiden. Die von der Antragstellerin erhobene Beschwerde warf insbesondere zur Schutzfähigkeit einschließlich der Verkehrsdurchsetzung und der fehlenden Bösgläubigkeit keine Rechtsfrage auf, die nicht anhand der anzuwendenden Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu beantworten war. Insbesondere auch in Bezug auf die nationale Rechtsprechung ist nach der Auffassung des Senats weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung offen, noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich zu erachten. 8. Das Verfahren war auch nicht bis zur Entscheidung des BGH in dem zwischen den Beteiligten anhängigen Rechtsstreit I ZR 57/08 auszusetzen (§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO). Es handelt sich insoweit um einen Verletzungsrechtsstreit, in welchem die Markeninhaberin gegen die Antragstellerin aus der Gemeinschaftsmarke Nr. 1698885 Ansprüche geltend macht, die jedoch mit der angegriffenen Marke nicht identisch ist. Selbst wenn dort Ansprüche aus der angegriffenen Marke geltend gemacht werden würden, wäre die Entscheidung in dem Verletzungsrechtsstreit für die hier verfahrensgegenständliche Frage der Löschung der angegriffenen Marke wegen absoluter Schutzhindernisse im Sinne des § 148 ZPO nicht vorgreiflich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005621&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005622
BPatG
München
28. Senat
20100407
28 W (pat) 36/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "BUFF" – Farbangabe - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 002 086.5 hat der 28. Senat (Marken–Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Bezeichnung BUFF als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 2, 16 und 25 „Farben, Lacke, insbesondere in Sprühdosen und in Schreib- und Zeichengeräten, einschließlich Bitumenlack, Anstrichfarben, Farbstoffe, Firnisse, Grundierfarben, Verdünnungsmittel, Pigmente, Wasserfarben; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in andern Klassen enthalten sind, Schreibwaren, Künstlerbedarfsartikel, nämlich Artikel für Mal-, Schreib- und Zeichenbedarf, insbesondere Schreib-, Mal- und Zeichengeräte einschließlich Blei- und Farbstifte, Kreide, Farbschreiber, Faserschreiber, Pinsel, Marker, Markierstifte, Farbpatronen (soweit in Klasse 16 enthalten) sowie Schreib-, Mal- und Zeichenmaterial einschließlich Blöcke, Hefte, Farbkästen, Kreidehalter, Siegellack, Staffeleien, Tinten, Tuschen, Farbtuben; Bekleidungsstücke, nämlich Jacken, Overalls, Sweater, T-Shirts und Kopfbedeckungen, insbesondere Hüte und Mützen“. Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent– und Markenamts hat die Anmeldung für alle Waren mit Ausnahme von „Verdünnungsmitteln“ wegen § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen, da sie ausschließlich inhaltsbeschreibende Merkmale aufweise und somit einem Freihaltungsbedürfnis unterliege. Die angemeldete Marke bestehe aus dem englischen Wort „buff“ für „lederfarben“ bzw. „gelbbraun, sandfarben“. Zwar besitze die fremdsprachige Bezeichnung, insbesondere in der Graffitiszene, weitere Bedeutungen, doch liege für den Fachverkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren allein die Farbangabe nahe, zumal eine Verwendung in diesem Sinne bei Papier und im Modebereich bereits belegt sei. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er weist darauf hin, dass bei fremdsprachigen Wörtern nicht auf das Sprachverständnis der ausländischen Verkehrskreise abgestellt werden dürfe. Die angemeldete Marke sei mehrdeutig und könne vom Markenschutz nur ausgeschlossen werden, wenn dem Begriff „buff“ in einer wesentlichen Bedeutung die Funktion einer beschreibenden Angabe zukomme, was vorliegend nicht der Fall sei, denn als Farbangabe sie der fremdsprachige Begriff im Inland ungebräuchlich und könne kein Freihaltungsbedürfnis begründen. Der Anmelder beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben. Nachdem kein Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt worden war, hat der Senat vor Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren mit Schreiben vom 18. Februar 2010 auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Beschwerde hingewiesen und eine abschließende Frist zur Stellungnahme gesetzt, die zwischenzeitlich ohne weitere Äußerung des Anmelders abgelaufen ist. II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das zentrale Anliegen des Markenrechts ist es, einen freien Waren– und Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten, wie dies bereits im 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie (MarkenRichtl.) ausdrücklich hervorgehoben wird. Aus diesem Grund sind die absoluten Schutzhindernisse darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums, und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Monopolrechten miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung stets unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden, um so negative Auswirkungen von Markeneintragungen auf den freien Wettbewerb zu vermeiden (EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 26 – SAT.2). Vor diesem Hintergrund kommt es für die Schutzfähigkeitsprüfung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darauf an, ob die angemeldete Bezeichnung zur Merkmalsbeschreibung im Sinne der genannten Vorschrift geeignet ist. Hiervon ist nach den zutreffenden Feststellungen der Markenstelle auch nach Ansicht des Senats auszugehen. Denn die angemeldete Marke besteht ausschließlich aus einer Angabe, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ob einem Zeichen ein beschreibender Charakter zukommt, ist deshalb nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreisen im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla). Der Anmelder stellt vorliegend zwar nicht in Abrede, dass das lexikalisch nachweisbare englische Wort „buff“ im Deutschen u. a. mit der Farbangabe „leder-, sand- oder hautfarben“ übersetzt wird. Er ist jedoch der Auffassung, diese Bedeutung dürfe nicht den weiteren Wiedergabemöglichkeiten vorgezogen werden, die in keinem Zusammenhang mit einer Farbangabe stünden. Dem steht entgegen, dass eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit einer Marke abstrakt gesehen zwar durchaus gegeben sein mag. Sie kann die Eintragungsfähigkeit vorliegend jedoch nicht begründen, da die markenrechtliche Prüfung sich stets an den konkret beanspruchten Waren zu orientieren hat, für die im Umfang der Zurückweisung ein enger beschreibender Sachzusammenhang mit der Farbangabe „sandfarben“ sofort und ohne weiteres auf der Hand liegt. Farbangaben bestimmen nicht nur von Natur aus Eigenschaften von Waren der Klasse 2, sondern eignen sich bei Waren der Klasse 16 wie auch als saisonal wechselnde Modefarben bei Bekleidungsstücken als Angabe über deren Beschaffenheit. Ein Wortzeichen ist bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein wesentliches Merkmal der fraglichen Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. etwa EuGH, GRUR 2004, 146, Rn. 32 – Doublemint). Nur so kann dem Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit von sachbezogenen Angaben Rechnung getragen werden, wobei es kein entscheidungserhebliches Kriterium darstellt, ob es sich bei dem Ausdruck für die beschreibende Angabe um eine wesentliche oder eher nachrangige Bedeutung des fremdsprachigen Wortes handelt. Entgegen der Auffassung des Anmelders hat die Markenstelle für ihre Beurteilung der Schutzfähigkeit zutreffend die Auffassung der inländischen Verkehrskreise herangezogen, zu denen neben den deutschen Verbrauchern auch der im Inland ansässige Handel mit den einschlägigen Waren gehört. Gerade die Relevanz sämtlicher am Vertrieb der Waren beteiligter Gewerbetreibender hat der EuGH (vgl. GRUR 2006, 411, 412, Rd. 24 - Matratzen Concord; GRUR 2004, 682, 683, Rd. 25 Bostongurka) immer wieder betont. Als zum Wortschatz der gängigsten Welthandelssprache Englisch gehörender Ausdruck umfasst das Sprachverständnis des Handels auf den vorliegenden Produktbereichen in jedem Fall auch das Wort „buff“ als übliche Wiedergabe der deutschen Farbangabe „sandfarben“. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus auch die inländischen Verbraucher mit der fremdsprachigen Angabe vertraut sind und wie sie sie verstehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005622&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005703
BPatG
München
9. Senat
20100412
9 W (pat) 33/06
Beschluss
§ 59 Abs 1 S 4 PatG, § 59 Abs 1 S 5 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes" – zur Zulässigkeit des Einspruchs – nach Umfang und Darstellungsweise übersichtliche Druckschrift – keine eigenen Ermittlungen zur sachverständigen Deutung erforderlich – keine Erforderlichkeit der Angabe konkreter Textpassagen
In der Beschwerdesache betreffend das Patent 195 24 422 … hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Pontzen sowie der Richter Dipl.-Ing. Bork, Paetzold und Dipl.-Ing. Reinhardt beschlossen: Der Beschluss der Patentabteilung vom 11. November 2005 wird aufgehoben. Das Patent wird widerrufen.
I. Gegen das am 5. Juli 1995 angemeldete und am 17. Februar 2000 veröffentlichte Patent mit der Bezeichnung "Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes" hat die W… AG am 17. Mai 2000 Einspruch erhoben. Mit Beschluss vom 11. November 2005 hat die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts den Einspruch als unzulässig verworfen. Sie war der Auffassung, die Einspruchsgründe seien nicht ausreichend substantiiert. Insbesondere habe die Einsprechende keinen hinreichend deutlichen Bezug des entgegengehaltenen Standes der Technik zu den Merkmalen des erteilten Patentanspruchs 1 angegeben. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Einsprechende mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Meinung, sie habe die für die Beurteilung des geltend gemachten Widerrufsgrunds der mangelnden erfinderischen Tätigkeit maßgeblichen tatsächlichen Umstände abschließend und ohne weitere Ermittlungen nachvollziehbar dargelegt. Ihr Einspruch sei deshalb ausreichend substantiiert. Im Übrigen beruhe der Gegenstand des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu verweist sie u. a. auf die Druckschrift DE 37 42 561 C1. Die Beschwerdeführerin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Beschwerdegegnerin stellt den Antrag, - die Beschwerde zurückzuweisen, - hilfsweise, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2010, Patentansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 1), - weiter hilfsweise, mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2010, Patentansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 2), - weiter hilfsweise, mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 12. April 2010, Patentansprüche 2 und 3 sowie Beschreibung gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 3). Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung (Hauptantrag) lautet: "1. Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes mit einer die Kraftstoffverbrennung einleitenden und für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützenden Glüheinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass der Brenner bei durch einen Kurzzeitbetrieb bedingten Betriebszuständen, die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebes zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, nur verzögert abschaltbar ist." Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Abweichungen gegenüber Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag unterstrichen): "1. Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeug zu heizgerätes mit einer die Kraftstoffverbrennung einleitenden und für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützenden Glüheinrichtung, dadurch gekennzeichnet, dass der Brenner bei Betriebszuständen, die durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors bedingt sind und die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebes zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, nur verzögert abschaltbar ist." Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 2 lautet bei mit Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 wortgleichem Oberbegriff in seinem kennzeichnenden Teil wie folgt: " dass der Brenner bei Betriebszuständen, die durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors bedingt sind und die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebes zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, gegenüber dem Zeitpunkt des Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors um eine vorbestimmte Weiterbetriebszeit verzögert abgeschaltet wird." Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 fügt Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 bei ansonsten gleichlautenden Merkmalen folgendes kennzeichnendes Merkmal hinzu: " wobei ein Weiterbetrieb des Brenners nicht erfolgt, wenn aufgrund von beim Ausschalten des Kraftfahrzeugmotors am Brenner herrschenden Betriebsdaten bereits von einem vollständigen Verbrennen des Kraftstoffs im Brenner ausgegangen werden kann." Dem jeweiligen Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 schließen sich jeweils die Patentansprüche 2 und 3 der erteilten Fassung an. Die Patentinhaberin hält den Einspruch mangels ausreichender Substantiierung für unzulässig. Die Patentansprüche der erteilten Fassung sowie der Hilfsanträge hält sie für zulässig, ihre Gegenstände für patentfähig. II. Die Beschwerde ist zulässig. Sie hat Erfolg durch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und den Widerruf des Patents. 1. Der Einspruch ist zulässig. Die Einspruchsgründe sind ausreichend substantiiert. Gemäß PatG § 59 (1) 4, 5 sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, bis zum Ablauf der Einspruchsfrist im Einzelnen anzugeben. Ausreichend substantiiert ist eine Einspruchsbegründung, wenn sie die Patentinhaberin und das Patentamt in die Lage versetzt, die Behauptung der Einsprechenden, der Gegenstand der Anmeldung sei nicht patentfähig, anhand der mitgeteilten Umstände zu überprüfen. Sie darf es nicht der Patentinhaberin und dem Patentamt überlassen, diese Umstände selbst zu ermitteln. Sie genügt den gesetzlichen Voraussetzungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung der Patentfähigkeit maßgeblichen tatsächlichen Umstände so vollständig darlegt, dass Patentinhaberin und Patentamt abschließend dazu Stellung nehmen können (BGH X ZB 6/71, "Sortiergerät"). Diese Voraussetzung ist hier nach Überzeugung des Senats erfüllt. Die Einsprechende hat im Einspruchschriftsatz mangelnde erfinderische Tätigkeit u. a. gegenüber dem Stand der Technik nach der DE 37 42 561 C1 geltend gemacht (Seite 1, Absatz "Tatsachen und Beweismittel" i. V. m. Absatz oberhalb davon; Seite 2, vorletzter Absatz). Damit ist ein Widerrufsgrund nach § 21 eindeutig bezeichnet, die Forderung auch nach § 59 (1) 3 erfüllt. Im Hinblick auf das im angefochtenen Beschluss bemängelte Fehlen eines Bezugs dieses Standes der Technik zum streitpatentgemäß beanspruchten Brennertyp (Verdampfungsbrenner) und zur außerdem beanspruchten Art der Startvorrichtung für den Brennvorgang (Glüheinrichtung) ist die oben beschriebene Anforderung an ausreichende Substantiierung ebenfalls erfüllt. Die Einsprechende hat im Zusammenhang mit der DE 37 42 561 C1 auf ein bekanntes "Verfahren zum Abschalten von Standheizungen" hingewiesen, bei dem durch eine "verzögerte Abschaltung des Brennluft- und Heizluftstroms" ein sauberes Verbrennen des Restbrennstoffes erfolge (Einspruchschriftsatz Seite 1, letzter Absatz bis Seite 2, 1. Absatz). Zwar hat sie nicht ausdrücklich den Brennertyp "Verdampfungsbrenner" benannt und auch nicht auf diesbezügliche Fundstellen in der DE 37 42 561 C1 hingewiesen. Eine formale begriffliche "Deckungsgleichheit" sowie eine konkrete Angabe entsprechender Textpassagen muss aber angesichts der nach Umfang und Darstellungsweise sehr übersichtlichen DE 37 42 561 C1 hier auch nicht verlangt werden. Denn die Anwendung des bekannten Verfahrens auf Verdampfungsbrenner ist bereits bei einem kurzen Blick in diese Druckschrift erkennbar. Schon aus den einleitenden Erläuterungen der Beschreibung geht klar hervor, dass mit der dort in Rede stehenden Weiterbildung ein Verfahren gefunden werden soll, das gerade bei Heizgeräten mit einem Verdampfungsbrenner anwendbar ist. Dies ergibt sich zwingend aus dem jeweiligen Hinweis auf ein Verdampfungsvlies (Spalte 1, Zeilen 34 bis 39 i. V. m. Zeilen 44 bis 46 und 64 bis 66; Spalte 2, Zeilen 7 bis 10) und ist darüber hinaus auch im Zusammenhang mit dem dann nachfolgend als aufgefundene Lösung konkret beschriebenen Verfahrensablauf entnehmbar (Spalte 3, Zeilen 11 bis 14). Weiter ergeben sich aus dem Brennertyp "Verdampfungsbrenner" in dem sachkundigen Leser zumutbarer, einfach konsequenter Schlussfolgerung die im Oberbegriff des erteilten Patentanspruchs 1 angegebene Glüheinrichtung (die zudem sogar expressis verbis genannt ist, Spalte 2, Zeilen 7 bis 10) mit ihrer außerdem beanspruchten Funktionsweise. Denn ein Verdampfungsbrenner hat regelmäßig eine Glüheinrichtung, die den Brennvorgang initiiert (Zündung) und bis zu dessen Stabilisierung für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützt. Zu der im Kennzeichen des streitpatentgemäßen Patentanspruchs 1 angegebenen verzögerten Abschaltbarkeit des Brenners bei durch einen Kurzzeitbetrieb verursachten, für einen Neustart ungünstigen Abgaswerten ist im Einspruchschriftsatz angegeben, dass bei dem Verfahren nach der DE 37 42 561 C1 "durch eine verzögerte Abschaltung des Brennluft- und Heizluftstroms ein sauberes Verbrennen des Restbrennstoffes erfolge". Hieraus ist unmittelbar der technische Zusammenhang mit der im erteilten Patentanspruch 1 gekennzeichneten Lösung erkennbar. Denn wenn, wie die Einsprechende in ihrem Einspruchsschriftsatz allgemein angibt, gemäß DE 37 42 561 C1 "durch eine verzögerte Abschaltung des Brennluft- und Heizluftstroms ein sauberes Verbrennen des Restbrennstoffs" vorgesehen ist, so gilt dies für jede Betriebssituation und damit selbstverständlich auch für die streitpatentgemäße Situation der Betriebsunterbrechung nach Kurzzeitbetrieb mit für einen Neustart ungünstigen Abgaswerten. Eines ausdrücklichen Hinweises auf eine Erstreckung des vorbekannten Verfahrens auf die streitpatentgemäß konkret angegebene Situation des bei Kurzzeitbetrieb unvollständigen Brennzustands bedarf es angesichts dessen nicht. Überprüfbar ist die Angabe der Einsprechenden wieder anhand der DE 37 42 561 C1, aus der der behauptete Sachverhalt ohne Weiteres, z. B. anhand der an sich selbsterklärenden Figuren entnehmbar ist. Die zur Überprüfung der von der Einsprechenden behaupteten Sachverhalte notwendigen Textpassagen der DE 37 42 561 C1 fallen dem sachkundigen Leser schnell ins Auge, zu ihrer Kenntnisnahme und sachverständigen Deutung bedarf es - eben aufgrund der zu unterstellenden Sachkunde - nicht einer eigenen "Ermittlung". Vielmehr geht eine solche Betrachtung des hier sehr übersichtlichen Standes der Technik, die zudem durch die besagten Angaben im Einspruchschriftsatz auf die Beachtung des verzögerten Abschaltens zum Zwecke sauberer Verbrennung hingelenkt ist, nicht über das hinaus, was in o. g. Entscheidung "Sortiergerät" als Ermöglichung einer Überprüfung des behaupteten Widerrufsgrunds "anhand der mitgeteilten Umstände" gefordert ist. An der Sachkunde der Patentinhaberin wie auch des Patentamts bestehen seitens des Senats keine Zweifel. Bei dieser Sachlage hält der Senat eine ausreichende Substantiierung des Einspruchsgrundes der mangelnden erfinderischen Tätigkeit anhand der Ausführungen der Einsprechenden schon allein zur DE 37 42 561 C1 für gegeben. Die von der Patentinhaberin zum Beleg mangelnder Substantiierung schriftsätzlich in Bezug genommenen weiteren BGH-Entscheidungen (X ZB 10/87, X ZB 24/86) führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Vielmehr nehmen sie die vorgenannte Entscheidung "Sortiergerät" in Bezug mit dem Hinweis, es werde an den in der Sortiergerät-Entscheidung aufgestellten Grundsätzen - die vorliegend zur Beurteilung der Substantiierung Berücksichtigung gefunden haben - festgehalten. An diesen Entscheidungen wie auch an den von der Patentinhaberin weiter zitierten Entscheidungen des Bundespatentgerichts zeigt sich übrigens, dass eine sachgerechte Beurteilung nur an den jeweiligen konkreten Bedingungen und Umständen des Einzelfalls festgemacht werden kann. Vorliegend mussten diese konkreten Umstände zu dem angegebenen Ergebnis der ausreichenden Substantiierung führen. Die Überprüfung durch den Senat hat auch das Vorliegen der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen Einspruch ergeben. Ein Fehlen derartiger weiterer Voraussetzungen für die Zulässigkeit ist auch nicht geltend gemacht worden. 2. Das Patent betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes. In der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift ist ausgeführt, dass derartige Heizgeräte unter anderem als sogenannte Zuheizgeräte eingesetzt würden. Diese würden in einem Fahrzeug in der Regel das Kühlwasser des Motors aufheizen, welches von der dem Kühlwasserkreislauf des Motors zugeordneten Pumpe auch durch das Zuheizgerät geführt würde. Wegen des Fehlens einer eigenen Wasserpumpe müsse das Zuheizgerät aus Sicherheitsgründen bei Ausschalten des Motors ebenfalls außer Betrieb gesetzt werden. Dadurch lasse es sich in der Praxis teilweise nicht vermeiden, dass mit Ausschalten des Fahrzeugmotors das Zuheizgerät zu einem Zeitpunkt ausgeschaltet werde, zu welchem im Brenner des Geräts noch keine vollständig ausgebildete Verbrennung in Gang gesetzt sei. Werde der Motor in einem solchen Fall erneut gestartet und das Zuheizgerät dabei wieder in Betrieb gesetzt, so komme es wegen der zuvor nicht abgeschlossenen Startphase des Brennbetriebs zu einer Qualm- und Rauchbildung mit ungünstigen Abgaswerten. Das dem Patent zugrundeliegende und mit der Aufgabe formulierte technische Problem besteht daher darin, eine solche Qualm- und Rauchbildung bei dem Brennerabgas ohne besonderen konstruktiven Aufwand sicher zu vermeiden. Dieses Problem soll durch das Verfahren nach Patentanspruch 1 des jeweiligen Antrags gelöst werden. 3. Als Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau an, der bei einem Hersteller von Fahrzeugzusatzheizungen mit der Entwicklung von brennstoffbetriebenen Stand- und Zuheizeinrichtungen befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt. 4. Zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Das zweifellos gewerblich anwendbare Verfahren nach Patentanspruch 1 ist nicht neu. Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben: 1. Verfahren zum Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners, 2. der Kraftstoffverdampfungsbrenner gehört zu einem Fahrzeugheizgerät, 3. der Kraftstoffverdampfungsbrenner weist eine Glüheinrichtung auf, 4. die Glüheinrichtung leitet die Kraftstoffverbrennung ein, 5. die Glüheinrichtung unterstützt die Kraftstoffverbrennung für einen begrenzten Anfangszeitraum, - Oberbegriff - 6. der Brenner ist nur verzögert abschaltbar, 7. bei Betriebszuständen, die bei einer auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Wiederaufnahme des Betriebs zu ungünstigen Abgaswerten führen würden, 8. die Betriebszustände sind durch einen Kurzzeitbetrieb bedingt. - Kennzeichen - Die DE 37 42 561 C1 offenbart ein Verfahren zum Abschalten von mit Brennstoff betriebenen Standheizungen mit einem Brennluftstrom und einem Heizluftstrom (Spalte 1, Zeilen 34 bis 37). Die nach dem vorbekannten Verfahren betriebenen Standheizungen weisen einen Brenner mit einem Verdampfungsvlies und somit einen sogenannten Verdampfungsbrenner auf (Spalte 1, Zeilen 44 bis 46 und 64 bis 66; Spalte 3, Zeilen 11 bis 17) und kommen in Kraftfahrzeugen zum Einsatz (Spalte 1, Zeilen 38, 39). Das vorbekannte Verfahren zum Abschalten von brennstoffbetriebenen Standheizungen betrifft somit den Betrieb eines Kraftstoffverdampfungsbrenners eines Fahrzeugheizgerätes (--> Merkmale 1, 2). Weiter weisen die nach diesem Verfahren betriebenen Standheizungen eine Glüheinrichtung auf (Spalte 2, Zeilen 7 bis 10; --> Merkmal 3). Dass eine solche die Kraftstoffverbrennung einleitet und für einen begrenzten Anfangszeitraum unterstützt, gehört zum regelmäßigen Startverfahren eines Verdampfungsbrenners und wird vom Fachmann als selbstverständliche Maßnahme unwillkürlich mitgelesen (Merkmale 4, 5). Bei einem Ausschalten der Standheizung (vgl. hier wiedergegebene Figur 2 der DE 37 42 561 C1, Zeitpunkt "Aus") wird die Dosierpumpe abgestellt und das Brennluftgebläse für 20 sec mit erhöhter Leistung weiterbetrieben und danach abgeschaltet. Da das Brennluftgebläse wie Brennstoffpumpe und Glüheinrichtung Bestandteil des Brenners ist und den Brennerbetrieb maßgeblich beeinflusst, ist somit der Brennerbetrieb als Ganzes gegenüber dem Abschaltsignal nur verzögert abschaltbar (--> Merkmal 6). Eine Beschränkung dieser Verfahrensweise auf nur bestimmte Betriebszustände ist in der DE 37 42 561 C1 weder angegeben noch angedeutet. Die vorbekannte Verfahrensweise betrifft somit sämtliche Betriebszustände des Brenners und damit auch solche, die durch einen Kurzzeitbetrieb bedingt bei einem auf eine Betriebsunterbrechung folgenden Neustart zu ungünstigen Abgaswerten führen würden (--> Merkmale 7, 8). Der Argumentation der Patentinhaberin, unter verzögerter Abschaltbarkeit des Brenners - wie der erteilte Patentanspruch 1 es verlangt - sei der Weiterbetrieb auch der Dosierpumpe zu verstehen, folgt der Senat nicht. Denn solange auch nur eine der drei typischen Brennerkomponenten Dosierpumpe, Brennluftgebläse und Glüheinrichtung betrieben wird, findet im Brenner eine Zustandsänderung der Brennatmosphäre mit Änderung der Zünd- und Brennbedingungen statt. Wird auch nur eine dieser Komponenten weiterbetrieben, kann deshalb von einer Abschaltung des Brenners nicht die Rede sein. Dafür, dass der erteilte Patentanspruch 1 dessen ungeachtet zu einem Weiterbetrieb aller drei Komponenten, zumindest aber der Dosierpumpe verstanden werden müsse, bietet die Streitpatentschrift zudem auch keine Grundlage. Eine entsprechende Offenbarung liegt nämlich nicht vor. Der Senat ist überdies der Auffassung, dass solches zur Vermeidung ungünstiger Abgaswerte auch nicht zwingend erforderlich ist und vom Fachmann deshalb auch nicht ohne Weiteres unterstellt wird. Denn die DE 37 42 561 C1 zeigt, dass gerade ohne Weiterbetrieb der Brennstoffpumpe weder Brennstoffrückstände noch explosive Gasgemische in der Brennkammer verbleiben und eine Erschwerung eines erneuten Betriebs vermieden ist (Spalte 2, Zeilen 23 bis 27; Spalte 3, Zeilen 24 bis 28). Bei dieser Sachlage ist das mit dem erteilten Patentanspruch 1 beanspruchte Verfahren als aus der DE 37 42 561 C1 bekannt anzusehen. Der erteilte Patentanspruch 1 kann deshalb keinen Bestand haben. 4.1 Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 Das gewerblich anwendbare Verfahren nach diesem Patentanspruch 1 mag neu sein. Es beruht aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich bei ansonsten gleichlautenden Merkmalen vom erteilten Patentanspruch 1 nach Hauptantrag in den Merkmalen 2 und 8 (Abweichung zum erteilten Patentanspruch 1 unterstrichen): 2. der Kraftstoffverdampfungsbrenner gehört zu einem Fahrzeug zu heizgerät, 8. die Betriebszustände sind durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors bedingt. Zwar betrifft das Verfahren nach der DE 37 42 561 C1 ein Standheizgerät, das im regulären Gebrauch hauptsächlich bei ausgeschaltetem Motor betrieben werden mag und demzufolge nicht durch Ausschalten des Fahrzeugmotors abgeschaltet wird. Wegen ihrer weitestgehenden Übereinstimmung hinsichtlich Konstruktion des Brenners und Brennbetrieb sind indes den letzteren betreffende Betriebsweisen für beide Gerätearten gleichermaßen anwendbar. Denn der Unterschied besteht lediglich im Einsatzgebiet des Geräts und nicht in dessen grundsätzlicher Funktion. Deshalb sind die beiden Gerätearten ein und demselben Fachgebiet zuzuordnen, womit dem oben definierten Fachmann die Kenntnis des Standes der Technik nach der DE 37 42 561 C1 auf jeden Fall zu unterstellen ist. Besagte Druckschrift offenbart, den Brenner des Standheizgeräts nach Abschalten für einen begrenzten Zeitraum weiter zu betreiben (s. obenstehende Ausführungen bezüglich des erteilten Patentanspruchs 1). Sie lehrt, dass diese Maßnahme einen Verbleib von Brennstoffrückständen und explosiver Gasgemische im Brenner und eine damit verbundene Erschwerung eines Neustarts verhindert (Spalte 2, Zeilen 12 bis 17 und 23 bis 27), wobei auch bei fehlender Brennstoffzufuhr noch eine Verbrennung stattfinden kann (Spalte 3, Zeilen 11 bis 17 und 24 bis 28). Diese Lehre gehört somit zum präsenten Fachwissen des Fachmanns. Steht dieser vor der Aufgabe, bei einer Wiederaufnahme eines Heizbetriebs eines Zuheizers durch unvollständige Verbrennung in einem vorhergegangenen Brennerbetrieb ausgelöste Qualm- und Rauchentwicklung zu unterbinden, so drängt sich die ihm bekannte Lehre zur Lösung dieser Aufgabe geradezu auf. Denn ohne Weiteres einsehbar ist völlig gleichgültig, ob die unvollständige Verbrennung durch einen Kurzzeitbetrieb wegen Abschalten des Fahrzeugmotors oder anderweitig verursacht ist. Die Maßnahmen zur Beseitigung der unerwünschten Folgen sind jedenfalls stets die gleichen. Um somit eine Qualm- und Rauchbildung bei einem Neustart sicher zu vermeiden (vgl. streitpatentgemäße Aufgabe), brauchte der mit diesem Wissen ausgerüstete Fachmann nur die bekannte Maßnahme des zeitlich begrenzten Weiterbetreibens des Standheizungsbrenners gemäß DE 37 42 561 C1 bei einem mit Ausschalten des Kraftfahrzeugmotors abschaltenden Zuheizgerät anzuwenden, um zu dem Verfahren nach Patentanspruch 1 zu kommen (--> Merkmale 2, 8). Die Wertung der Merkmale 1 und 3 bis 7, die mit denen des Verfahrens nach dem erteilten Patentanspruch 1 übereinstimmen und die - wie oben zu diesem Patentanspruch 1 ausgeführt - aus der DE 37 42 561 C1 bekannt sind, hat hier gleichermaßen Gültigkeit. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholung wird auf die Ausführungen bezüglich des erteilten Patentanspruchs 1 hingewiesen. Bei alledem konnte der von der DE 37 42 561 C1 ausgehende Fachmann ohne erfinderisches Zutun zu dem mit diesem Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahren kommen. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 kann angesichts dessen einer beschränkten Aufrechterhaltung nicht zugrunde gelegt werden. 4.2 Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 Das Verfahren nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Bei ansonsten gleichlautenden Merkmalen unterscheidet sich dieser Patentanspruch 1 vom Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 im Merkmal 6. Dieses lautet hier: 6. der Brenner wird gegenüber dem Zeitpunkt des Ausschaltens des Kraftfahrzeugmotors um eine vorbestimmte Weiterbetriebszeit verzögert abgeschaltet. Wie aus den oben bezüglich des Verfahrens nach Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 gemachten Ausführungen entnehmbar, ist das verzögerte Abschalten des Brenners eines Zuheizgeräts nach Kurzzeitbetrieb wegen Ausschaltens des Fahrzeugmotors dem Fachmann durch die DE 37 42 561 C1 nahegelegt. Dass dabei die Weiterbetriebszeit am Zeitpunkt des Ausschaltens des Fahrzeugmotors gemessen wird, sieht der Senat als selbstverständlich an. Denn das Ausschalten des Fahrzeugmotors leitet grundsätzlich eine vollständige Außerbetriebnahme des gesamten Fahrzeugs ein, erst recht die eines in Betrieb befindlichen Zuheizgeräts, für dessen Heizbetrieb mit Abschalten des Motors jede Notwendigkeit entfällt. Für die "Zeitmessung" des zeitlich begrenzten Weiterbetriebs des Zuheizgeräts zum Zwecke der Brennraumsäuberung von Brennrückständen, welcher Weiterbetrieb die beabsichtigte Abschaltung des Heizgeräts gerade zur Voraussetzung hat, kann deshalb - im Falle einer Motorausschaltung - nur deren Zeitpunkt herangezogen werden. Davon abgesehen ist aber auch durch die DE 37 42 561 C1 die gegenüber der Motorabschaltung des Fahrzeugs vorbestimmte Weiterbetriebszeit nahegelegt. Denn dort ist vorgeschlagen, das Standheizgerät nach dem Signal zum Abschalten desselben um eine vorbestimmte Zeit weiter zu betreiben (Ansprüche 1, 2; Spalte 2, Zeilen 12 bis 14; Figuren 1, 2). Wird das Abschaltsignal durch Ausschalten des Fahrzeugmotors ausgelöst, wie es bei einem Zuheizgerät der Fall ist, so muss sich die Weiterbetriebszeit an dem Zeitpunkt der Motorabschaltung orientieren. Die Auswirkung auf den Brennbetrieb ist dabei dieselbe wie bei dem verzögerten Abschalten nach der DE 37 42 561 C1, denn für diese Auswirkung ist es ohne Belang, ob das Signal zur Abschaltung durch Ausschalten des Motors oder eine gesonderte Einrichtung zum Stillsetzen des Heizgeräts ausgelöst ist. Eine erfinderische Bedeutung kann angesichts dessen der Maßnahme nach dem hier beanspruchten o. g. Merkmal 6 nicht zugeschrieben werden. Zu den Merkmalen 1 bis 5 und 7, 8 wird auf die Ausführungen zu Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 verwiesen, die hier gleichermaßen Gültigkeit haben. Eine beschränkte Aufrechterhaltung des Streitpatents mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 als Hauptanspruch kann damit ebenfalls nicht erfolgen. 4.3 Zum Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 Auch dem Verfahren nach Patentanspruch 1 gemäß diesem Hilfsantrag liegt eine erfinderische Tätigkeit nicht zugrunde. Dieser Patentanspruch 1 weist gegenüber Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 das folgende zusätzliche Merkmal auf: 9. wobei ein Weiterbetrieb des Brenners nicht erfolgt, wenn aufgrund von beim Ausschalten des Kraftfahrzeugmotors am Brenner herrschenden Betriebsdaten bereits von einem vollständigen Verbrennen des Kraftstoffs im Brenner ausgegangen werden kann. Gemäß diesem Merkmal ist die Durchführung des Weiterbetriebs des Zuheizgeräts abhängig von den bei Motorabschaltung aktuellen Betriebsdaten am Brenner. Die Erfassung von Betriebsdaten am Brenner und Verwendung dieser Daten zur Regelung des Heizbetriebs war am Anmeldetag des Streitpatents bereits seit langem üblich. Dies bestätigen alle übrigen entgegengehaltenen Dokumente und ist auch in der Streitpatentschrift zum Ausdruck gebracht (Spalte 1, Zeilen 26 bis 34). Dem Fachmann war demnach die Durchführung von den Betrieb beeinflussenden Steuerungsmaßnahmen abhängig von aktuell vorliegenden Zustandsparametern grundsätzlich geläufig. Dies gilt umso mehr, als vorgegebene Sicherheitsvorschriften eine entsprechende Überwachung ohnehin unumgänglich machen (vgl. DE 37 42 561 C1 Spalte 1, Zeilen 52 bis 57). Davon ausgehend liegt es nach Überzeugung des Senats im Griffbereich des Fachmanns, die verzögerte Abschaltung des Brenners - die für sich als solche durch die DE 37 42 561 C1 nahegelegt ist (vgl. obenstehende Ausführungen zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2) - ebenfalls abhängig vom augenblicklichen Betriebszustand durchzuführen. Denn die Notwendigkeit der beanspruchten verzögerten Abschaltung des Brenners liegt bei entsprechend günstigen Zustandsparametern am Brenner gar nicht vor. Die Durchführung einer solchen Maßnahme macht dann keinerlei Sinn. Hierbei kommt hinzu, dass der Weiterbetrieb des Brenners mit Brennluftgebläse und Glüheinrichtung und möglicherweise sogar - wie die Patentinhaberin meint - mit Dosierpumpe, einer nicht unbeträchtlichen elektrischen Antriebsleistung bedarf, die bei Stillstand des Fahrzeugmotors allein aus der Fahrzeugbatterie zur Verfügung gestellt werden muss. Der Fachmann hat auch deshalb Veranlassung, den bei günstigen Betriebsdaten betriebstechnisch gar nicht erforderlichen und daher überflüssigen Weiterbetrieb zu vermeiden Etwas von erfinderischer Bedeutung sieht der Senat bei dieser Sachlage in der Maßnahme nach o. g. Merkmal 9 nicht. Zu den Merkmalen 1 bis 8, die mit denen des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 übereinstimmen und - wie dargelegt - eine Patentfähigkeit nicht zu begründen vermögen, wird auf die diesbezüglichen obenstehenden Ausführungen verwiesen. Diese gelten hier gleichermaßen. Einer beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents kann somit auch Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 nicht zugrunde gelegt werden. 5. Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 rückbezogenen Unteransprüche (erteilte Patentansprüche 2 und 3) fallen mit dem jeweils in Bezug genommenen Patentanspruch 1. 6. Die Zulässigkeit der Patentansprüche gemäß Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 kann dahinstehen, weil ihre Gegenstände - wie vorstehend gezeigt - nicht patentfähig sind.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005703&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005707
BPatG
München
21. Senat
20100126
21 W (pat) 36/06
Beschluss
§ 5 Abs 2 S 1 PatG vom 16.12.1980, § 2a Abs 1 Nr 2 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers – keine Patentschutzfähigkeit
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2004 026 074.5-54 hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Baumgärtner, Dipl.-Phys. Dr. Morawek und Dipl.-Ing. Veit beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Am 25. Mai 2004 hat das "I…" mit der Adresse R…-Straße in B…, beim Deutschen Patent- und Markenamt ein Patent mit der Bezeichnung "Verfahren zur therapeutischen Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen" angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 22. Dezember 2005. Im Prüfungsverfahren sind zu den in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung genannten Druckschriften D3 RU 2 207 174 C2 (mit Abstract) und D4 RU 2 139 029 C1 (mit Abstract) noch die Druckschriften D1 RU 2 155 082 C2 (mit Abstract); und Derwent World Patent Index, Abstract, DW 200106, Accession No. 2001-048644 und D2 RU 2 065 297 C1 (mit Abstract); und Derwent World Patent Index, Abstract, DW 199716, Accession No. 1997-177498 ermittelt worden. Die Prüfungsstelle für Klasse A 61 N des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 20. März 2006 zurückgewiesen. Der Zurückweisung lagen die am 6. Oktober 2005 eingereichten Patentansprüche 1 bis 8 zugrunde. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, dass es sich bei dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 um ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers handle, welches gemäß § 5 Abs. 2 PatG a. F. vom Patentschutz ausgeschlossen sei. Eine andere Nutzung der Erfindung als zu Therapiezwecken sei in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der I… … GmbH, R…-Straße in B…, die das Patentbegehren auf der Grundlage der mit der Beschwerdebegründung am 4. Juli 2006 eingereichten Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hauptantrag (Antrag I) und Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag (Antrag II) weiterverfolgt. Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag (Antrag I) lautet danach wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt): M1 Verfahren zur Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen, ausgenommen zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers, gekennzeichnet dadurch, M2 dass das diese Zellen und Zellstrukturen enthaltende Gewebe einem schwachen quasielektrostatischen Feld, dessen Frequenzen das "weiße Rauschen" (mit einer Frequenz zwischen 1 Hz und mehreren 100 GHz) darstellt, ausgesetzt wird, M3 welches von einer biologisch aktiven Substanz bzw. einem lebenden Organismus (biologischer Modulator) ausgestrahlt wird und M4 eine Information über diese Substanz bzw. den Organismus enthält. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag (Antrag II) lautet wie folgt (Merkmalsgliederung hinzugefügt): M1’ Vorrichtung zur Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen, gekennzeichnet dadurch, M2’ dass sie ein schwaches quasielektrostatisches Feld bereitstellt, dessen Frequenzen das "weiße Rauschen" (mit einer Frequenz zwischen 1 Hz und mehreren 100 GHz) darstellt, M3’ welches von einer biologisch aktiven Substanz bzw. einem lebenden Organismus (biologischer Modulator) ausgestrahlt wird und M4’ eine Information über diese Substanz bzw. den Organismus enthält. Wegen der jeweiligen Unteransprüche 2 bis 8 gemäß Hauptantrag (Antrag I) bzw. Hilfsantrag (Antrag II) wird auf den Akteninhalt verwiesen. Die Anmelderin, die, wie schriftlich angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, beantragt sinngemäß, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 N des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. März 2006 aufzuheben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß Hauptantrag (Antrag I), hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag (Antrag II), sämtlich eingegangen am 4. Juli 2006, sowie im Übrigen mit den ursprünglichen Unterlagen, zu erteilen. Mit Verfügung vom 14. Januar 2010 hat das juristische Mitglied des Senats die Beschwerdeführerin auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde hingewiesen. Eine Stellungnahme hierzu ist nicht eingegangen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der in den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (Antrag I) aufgenommene Disclaimer ändert nichts daran, dass weiterhin ein Therapieverfahren beansprucht wird. Andernfalls enthielte der Anspruch eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung (§ 38 PatG). Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag (Antrag II) ist nicht mehr neu gegenüber dem aus dem Stand der Technik Bekannten. 1. Die Beschwerde ist zulässig: Nach § 74 Abs. 1 PatG steht die Beschwerde nur den am Verfahren vor dem Patentamt Beteiligten zu. Diese formelle Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Aufgrund der Umstände ist davon auszugehen, dass es sich bei der Bezeichnung der Anmelderin im Anmeldeformular um die Bezeichnung der Vorgesellschaft der jetzigen Beschwerdeführerin gehandelt hat. Die Adresse des I…, der I… … GmbH, die im Rubrum des angefochtenen Beschlusses genannt ist, und der Beschwerdeführerin, der I… … GmbH, ist mit R…-Straße in B…, jeweils identisch. Ausweislich des Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts Charlottenburg ist die I… GmbH mit Gesellschaftsvertrag vom 18. Februar/30. April 2004 gegründet worden, also vor der verfahrensgegenständliche Anmeldung am 25. Mai 2004. Die Vor-GmbH "I… …" ist danach mit Eintragung am 30. Juni 2004 als I… GmbH existent geworden (§ 11 Abs. 1 GmbHG). Die Vor-GmbH und die eingetragene GmbH sind – unabhängig davon, ob die Bezeichnung der Anmelderin ohne den Zusatz I… völlig korrekt ist oder nicht – ein und dieselbe Rechtspersönlichkeit. Die nunmehrige Bezeichnung I… GmbH geht auf eine Firmen- also auf eine Namensänderung vom 14./21. September 2006 zurück, die aber die Identität der Anmelderin unberührt lässt. 2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. 2.1. Nach der Beschreibungseinleitung betrifft die Patentanmeldung ein Verfahren zur therapeutischen Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen und eignet sich für eine Behandlung von Krankheiten die mit einer Funktionsstörung von Systemen, Organen und Gewebszellen beim Menschen verbunden sind (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0001]). Zum Stand der Technik ist in der Offenlegungsschrift angegeben, dass die Therapie durch ein konstantes elektrisches Feld bekannt sei. Dabei werde der Patient in einem konstanten elektrostatischen Feld von 500 bis 5000 kV/m platziert. Nachteilig hieran sei, dass dies eher zu einer Funktionsstörung als zu einer Funktionsnormalisierung führe (vgl. a. a. O., Absätze [0002] und [0003]). Des Weiteren sei aus der RU 2 207 174 C2 ( D3 ) eine Therapie des lebenden Organismus durch die Beeinflussung mit einem Informationsanalog eines primären Behandlungsfaktors in Aerosolform bekannt. Der Begriff "Informationsanalog" bedeute dabei die Übertragung der Eigenschaften eines primären Behandlungsobjektes auf einen Träger. Der primäre Behandlungsfaktor und der Träger würden hierzu in einem Ultraschallfeld platziert. Als Träger werde eine Flüssigkeit benutzt. Nachteilig hieran sei, dass die Ultraschallbeeinflussung nicht die elektromagnetische Resonanzstrahlung aktiviere, die die Information über das Arzneimittel bzw. die biologisch aktive Substanz enthalte, da der Ultraschall auf die Flüssigkeit rein mechanisch wirke. Außerdem gehe die Information auf dem Wege von der Quelle durch den Träger verloren (vgl. a. a. O., Absätze [0004] bis [0006]). Ferner sei aus der RU 2 139 029 C1 ( D4 ) eine Vorrichtung zur Heilung von Krankheiten bekannt, die aus einem Generator mit einem ausgewählten energetischen Feld bestehe, in dessen Zentrum sich ein Container für ein Heilmittel befinde. Durch die Überlagerung der vom Generator erzeugten Strahlung mit der des bestrahlten Heilmittels entstehe eine Kompositionsstrahlung, die zu Therapiezwecken eingesetzt werde. Das zu behandelnde Organ werde dazu in Kontakt mit dem Container gebracht (vgl. a. a. O., Absatz [0007]). Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Patentanmeldung laut Beschreibungseinleitung die Aufgabe zugrunde, eine neue Strahlungstherapie von Funktionsstörungen der Systeme, Organe und Gewebszellen beim Menschen zu entwickeln, und des Weiteren die bekannte Therapie der elektrostatischen Bestrahlung durch Modifizierung der Bestrahlung zu verbessern (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0008]). 2.2. Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag (Antrag I) ist unter Streichung des Wortes "therapeutischen" und unter Aufnahme eines Disclaimers, wonach Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers ausgenommen sein sollen, aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervorgegangen. Die Anmelderin macht in ihrer Beschwerdebegründung vom 28. Juni 2006 geltend, dass das beanspruchte Verfahren nicht ausschließlich zur Behandlung von Krankheiten diene, sondern gleichermaßen für eine Beeinflussung gesunder Zellen und Gewebe geeignet sei, so z. B. für leistungsfördernde Maßnahmen bei Sportlern und zur Belastungsminderung bei Militärangehörigen. Dies werde dadurch belegt, dass in der Beschreibungseinleitung der Patentanmeldung ganz bewusst die Formulierung "Die Erfindung eignet sich für eine Behandlung von Krankheiten …" gewählt worden sei. Aus dieser Formulierung gehe hervor, dass eine Anwendung des Verfahrens die Behandlung von Krankheiten sein könne , daneben aber andere Einsatzbereiche existieren. Dem kann nicht gefolgt werden. Denn, abgesehen davon, dass in den ursprünglichen Unterlagen keine Anwendung des beanspruchten Verfahrens für leistungsfördernde Maßnahmen bei Sportlern und zur Belastungsminderung bei Militärangehörigen genannt ist, fallen auch solche Maßnahmen unter den umfassenden Begriff der Therapie i. S. v. § 5 Abs. 2 S. 1 PatG a. F. und § 2a Abs. 1 Nr. 2 PatG. Therapeutische Verfahren zur Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers sind demnach Verfahren, die dem Schutz oder der Verbesserung des menschlichen oder tierischen Lebens dienen. Sie haben die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit, die Linderung von Leiden, Schmerz oder Beschwerden, die Beeinflussung von Funktionsstörungen oder Funktionsschwächen oder die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit zum Ziel, wobei der Erfolg in der Gegenwart wie in der Zukunft liegen kann (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 2a Rdnr. 75). Der Ausschluss der Patentierbarkeit umfasst sowohl die vorbeugende als auch die heilende Behandlung (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 5 PatG a. F. Rdnr. 29 und 30). Dazu zählt auch die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit von Sportlern bzw. die Minderung von Belastungen bei Militärangehörigen und eine damit einhergehende Verbesserung ihres Lebens durch das beanspruchte Verfahren zur Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen. Auch der Verweis der Anmelderin auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts 21 W (pat) 38/84 vom 27. September 1984 (vgl. BPatG, GRUR 1985, 125 - Haarwachstum) zur Stützung ihrer Meinung, dass der eingeführte Disclaimer zulässig sei, führt im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung. Denn dieser Entscheidung lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Bei dem dort beanspruchten Verfahren zur Stimulierung des Wachstums und der Regenerierung des Haares und dem ebenfalls dort beanspruchten Verfahren zur Entfernung des abgeschiedenen Pigments war die Anwendung auf einem gewerblichen Gebiet, nämlich im Friseur- oder Schönheitssalon, nicht ausgeschlossen. Im Gegensatz dazu kann vorliegend eine alternative Anwendung des beanspruchten Verfahrens im nichttherapeutischen Bereich mangels entsprechender Offenbarung in der Anmeldung nicht berücksichtigt werden. Im Übrigen ist eine Anwendung dieses Verfahrens in anderen Einsatzbereichen als dem der therapeutischen Behandlung nirgends in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Damit enthielte der in den Anspruch 1 aufgenommene Disclaimer eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung (§ 38 PatG), wenn man der Auffassung der Anmelderin folgen könnte (vgl. BPatG, GRUR 2008, 329 - Verfahren zur passiven Gymnastik). So geht aus der Aufgabenstellung der vorliegenden Patentanmeldung (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0008]) hervor, dass das Ziel der Erfindung darin bestehe, eine neue Strahlungstherapie von Funktionsstörungen der Systeme, Organe und Gewebszellen beim Menschen zu entwickeln. Die Aufgabe der Erfindung sei, die bekannte Therapie der elektrostatischen Bestrahlung durch Modifizierung der Bestrahlung zu verbessern (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0008]). Das gestellte Ziel soll durch die Beeinflussung eines zu therapierenden Objektes mittels eines quasielektrostatischen Feldes erreicht werden. Therapieobjekte seien Gewebestrukturen (Zellen, Gewebe, Organe) mit einer von der Norm abweichenden Funktion sowie Gewebestrukturen mit einer "normalen" Funktion, die sich in der Nähe des kranken Gewebes befinden (vgl. a. a. O., Absatz [0010]). Die beanspruchte Art der quasielektrostatischen Beeinflussung von biologischem Gewebe, soll vielfältige Einsatzmöglichkeiten in der Medizin haben (vgl. a. a. O., Absatz [0014]). Als Beispiel ist im Absatz [0017] der Offenlegungsschrift die Wirkung auf humane Bluterythrozyten angegeben. Demnach soll durch das erzeugte quasielektrostatische Feld eine signifikante Aktivierung der Erythrozyten festgestellt worden sein. Auch die ursprünglichen Patentansprüche 1 bis 9 sind ausdrücklich auf ein Verfahren zur therapeutischen Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen gerichtet. 2.3. Die Ansprüche 1 bis 8 nach Hilfsantrag (Antrag II) sind unter Streichung des Wortes "therapeutischen" im ursprünglichen Anspruch 1, unter Wechsel der Bezeichnung "Verfahren" in "Vorrichtung", sowie unter Änderung des Begriffes "Therapieobjekt" in "Objekt", und durch Umformulierung der jeweiligen Verfahrensschritte in Vorrichtungsmerkmale aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 7 und 9 hervorgegangen. Der Kategoriewechsel von Verfahrens- zu Vorrichtungsansprüchen, die den jeweiligen Verfahrensschritten entsprechende Vorrichtungsmerkmale zum Ausführen des Verfahrens aufweisen, ist vorliegend zulässig, da in den Figuren und in der ursprünglichen Beschreibung der Patentanmeldung (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0015] und [0016]) eine solche Vorrichtung offenbart ist. Die im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag (Antrag II) beanspruchte Vorrichtung ist jedoch nicht mehr neu. Der auf eine Vorrichtung zur Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen gerichtete Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag (Antrag II) bedarf allerdings hinsichtlich mehrerer Merkmale einer Auslegung unter Berücksichtigung der Beschreibung, um seinen Gegenstand zu ermitteln und mit dem Stand der Technik vergleichen zu können. Die beanspruchte Vorrichtung soll gemäß Merkmal M2’ dadurch gekennzeichnet sein, dass sie ein schwaches quasielektrostatisches Feld bereitstellt, dessen Frequenzen das "weiße Rauschen" (mit einer Frequenz zwischen 1 Hz und mehreren 100 GHz) darstellt . Ein quasielektrostatisches Feld ändert sich nur so schnell mit der Zeit, dass es in guter Näherung mit den Gleichungen für stationäre Felder beschrieben werden kann. Die Angabe "quasielektrostatisches Feld" im Merkmal M2’ steht daher in Widerspruch zur nachfolgenden Angabe, wonach die Frequenzen dieses Feldes das "weiße Rauschen" darstellen und Werte bis zu 100 GHz aufweisen sollen. Ein elektrisches Feld, dass sich mit einer Frequenz von 100 GHz ändert, ist als ein hochfrequentes und nicht mehr als ein quasistatisches Feld anzusehen. Mit Hilfe der Beschreibung der Patentanmeldung ist daher auszulegen, was unter diesem Merkmal verstanden werden soll. Dort ist als Beispiel für ein Gerät zur Durchführung des in der Patentanmeldung angegebenen Verfahrens ein sogenannter "Statoelektromechanischer Manipulator" beschrieben (vgl. Offenlegungsschrift, Absätze [0015] und [0016]), der durch Reibung zwischen einer Filzoberfläche und einem Dielektrikum einen "elektrostatischen Strom" erzeugen soll, mit dem die betroffenen Körperteile bestrahlt werden. Eine solche Vorrichtung zur Erzeugung von Reibungselektrizität ist auch aus dem Stand der Technik allgemein als ein V…-Generator bekannt, der von dem Physiker V… … ab 1929 - also weit vor dem Anmeldetag der Patentanmeldung - entwickelt wurde und häufig für physikalische Lehrexperimente u. a. auch im Schulunterricht zum Einsatz kommt (vgl. bspw. http://de.wikipedia.org: V… …-Generator). Bei diesem allgemein bekannten Bandgenerator werden auf einem Band elektrische Ladungen durch Reibungselektrizität erzeugt, zu einer Hohlkugel transportiert und auf dieser gesammelt. Auf diese Weise entsteht ein elektrostatisches Feld in der Umgebung der Kugel. Da bei Betrieb des Generators fortlaufend neue Ladungen auf die Hohlkugel transportiert werden, erhöht sich das elektrostatische Feld in der Umgebung der Kugel so lange, bis sich ein Gleichgewicht zwischen zugeführter Ladung und der durch die Luft und über andere Wege abfließenden Ladung einstellt. Die maximale Ladungsmenge die sich auf der Hohlkugel ansammeln kann hängt u. a. auch von Umgebungseinflüssen wie bspw. der Luftfeuchtigkeit ab. Das elektrostatische Feld in der Umgebung der Kugel ist nicht konstant und somit als quasielektrostatisches Feld anzusehen. Das von der beanspruchten Vorrichtung nach Patentanspruch 1 bereitgestellte quasielektrostatische Feld soll gemäß dem Merkmal M2’ schwach sein. Die Stärke des von dem V… …-Generator erzeugten elektrischen Feldes hängt - wie allgemein bekannt - von der angesammelten Ladung und vom Abstand zur Kugel ab und ist, vergleichbar dem Feld einer Punktladung, umgekehrt proportional zur dritten Potenz des Abstandes. Mit diesem Generator kann daher je nach Dimensionierung desselben und je nach gewähltem Abstand ein beliebig schwaches quasielektrostatisches Feld erzeugt werden. Der allgemein bekannte V…-Generator entspricht daher einer Vorrichtung gemäß dem Merkmal M2’ des Patentanspruchs 1. Nach dem Merkmal M3’ des Patentanspruchs 1 soll das quasielektrostatische Feld von einer biologisch aktiven Substanz bzw. einem lebenden Organismus (biologischer Modulator) ausgestrahlt werden . Diese Angabe steht im Widerspruch zum Merkmal M2’ , wonach dieses Feld von einer Vorrichtung bereitgestellt werden soll. Mit Hilfe der Beschreibung der Patentanmeldung ist daher auszulegen, was mit dem Merkmal M3’ gemeint ist. Dort ist in der Beschreibung des Ausführungsbeispiels (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0011]) angegeben, dass das quasielektrostatische Feld in einen biologischen Modulator eindringen und dort Schwingungen von Ladungsträgern erzeugen soll. Die angeregten Ladungsträger sollen dann ihrerseits elektromagnetische Wellen ausstrahlen, die eine für den Aufbau des Modulators charakteristische Frequenz besitzen, und somit gemäß dem Merkmal M4’ eine Information über den biologischen Modulator enthalten. Als Modulator kommt eine "biologisch aktive Substanz" bzw. ein lebender Organismus in Betracht (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0010]). Biologische Substanzen können bspw. Heilkräuterextrakte, menschliche oder tierische Organgewebe sowie Zellsuspensionen sein. Auch das ein Therapieobjekt (bspw. krankes Gewebe) umgebende "gesunde" Eigengewebe eines Patienten kann als Modulator wirken (vgl. Offenlegungsschrift, Absatz [0013]). Die in den Merkmalen M3’ und M4’ gemäß der obigen Auslegung beanspruchten Wirkungen, die eintreten sollen, wenn eine "biologisch aktive Substanz" bzw. ein lebender Organismus einem schwachen quasielektrostatischen Feld ausgesetzt wird, treten bei jedem beliebigen Menschen ein, der sich zufällig in der Nähe einer ein quasielektrostatisches Feld erzeugenden Vorrichtung, bspw. eines V… …-Generators, aufhält. Denn dieser dem quasielektrostatischen Feld des Generators ausgesetzte Mensch (lebender Organismus) wird zwangsläufig das auf ihn einwirkende Feld beeinflussen und verändern und somit im Sinne des Merkmals M3’ "modulieren" und "ausstrahlen". Das durch den lebenden Organismus des Menschen veränderte Feld enthält dann auch zwangsläufig im Sinne des Merkmals M4’ eine Information über diesen Organismus. Das veränderte Feld kann wiederum seinerseits auf Zellen und Zellstrukturen (bspw. eines Organs eines anderen oder desselben Menschen) einwirken und diese beeinflussen. Der bereits weit vor dem Anmeldetag der Patentanmeldung allgemein bekannte V… …-Generator ist folglich eine Vorrichtung zur Beeinflussung von Zellen und Zellstrukturen gemäß den Merkmalen M1’ bis M4’ des Patentanspruchs 1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag (Antrag II) ist daher nicht mehr neu. 2.4. Mit dem nicht gewährbaren Patentanspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die Unteransprüche 2 bis 8 (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 - Schneidhaspel), deren Merkmale im Übrigen ebenfalls keine patentfähige Erfindung begründen können.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005707&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005709
BPatG
München
7. Senat
20100331
7 W (pat) 24/08
Beschluss
§ 79 Abs 2 PatG, § 97 Abs 2 PatG, § 99 Abs 1 PatG, § 522 Abs 1 ZPO, § 524 ZPO
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – kein ausreichender Nachweis der Vollmacht der Verfahrensbevollmächtigten zur Einlegung der Beschwerde – Unzulässigkeit der Beschwerde – Unzulässigkeit der (unselbständigen) Anschlussbeschwerde
In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 002 378 … … hat der 7. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 31. März 2010 durch den Richter Dipl.-Ing. Univ. Harrer als Vorsitzenden sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Ing. Hilber und Dipl.-Ing. Schlenk beschlossen: Die Beschwerde der Einsprechenden und die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin werden als unzulässig verworfen.
I. Die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden haben namens einer Firma "G…" - die nach den Angaben ihrer Verfahrensbevollmächtigten später in "H…" umfirmiert worden sei - gegen das Patent 10 2005 002 378 mit der Bezeichnung "Verfahren zum Herstellen einer Dichtung, insbesondere für ein Kraftfahrzeug, und eine solche Dichtung" Einspruch wegen fehlender Patentfähigkeit nach den §§ 1 bis 5 PatG erhoben und diesen im Einzelnen begründet. Die Patentinhaberin hat im Einspruchsverfahren die Vollmacht der (angeblichen) Einsprechenden gerügt und im Übrigen ihr Patent hilfsweise beschränkt verteidigt. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2007 hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent beschränkt aufrechterhalten. Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden hat es dabei bejaht. Gegen diesen Beschluss, der den Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligten jeweils am 10. März 2008 zugestellt worden ist, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden in deren Namen am 9. April 2008 Beschwerde mit dem Ziel des vollständigen Widerrufs des Streitpatents eingelegt. Nachdem die Patentinhaberin zunächst mit Schriftsatz vom 19. Juni 2008 die Zurückweisung der Beschwerde beantragt hat, hat sie mit weiterem Schriftsatz vom 18. Februar 2009 Anschlussbeschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, weil die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt worden waren. Nachdem der Senat mit Schreiben des juristischen Beisitzers vom 8. Juni 2009 und 30. September 2009 auf die Anforderungen, welche zum Nachweis der Bevollmächtigung eines ausländischen Verfahrensbeteiligten zu stellen sind und denen der bisherige Vortrag der Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden nicht genüge, hingewiesen hatte, haben die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 18. Januar 2010 den Einspruch zurückgenommen. Mit weiterem Schriftsatz vom 17. März 2010 haben sie des Weiteren "zur Klarstellung" erklärt, dass die Rücknahme des Einspruchs auch als Rücknahme der Beschwerde anzusehen sei. Die Patentinhaberin ist der Ansicht, trotz der vorgenannten Erklärungen sei weiterhin "vom Amts wegen" über die Zulässigkeit des Einspruchs zu befinden, da hierdurch das Beschwerdeverfahren nicht erledigt sei; denn die Rücknahme des Einspruchs setze die Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden voraus, an der es aber gerade mangele. Da die Verfahrensbevollmächtigten aber schon bei Einlegung des Einspruchs nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen seien und der Einspruch daher von Anfang an unzulässig gewesen sei, sei der angefochtene Beschluss, damit das Streitpatent ohne jede Beschränkung Bestand habe, aufzuheben und der Einspruch als unzulässig zu verwerfen. Die Patentinhaberin beantragt, 1. den Einspruch als unzulässig zu verwerfen; 2. hilfsweise eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Darüber hinaus regen sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden haben keinen Antrag gestellt und sich im Übrigen dem gerichtlichen Hinweis des juristischen Beisitzers vom 11. März 2010 angeschlossen. In diesem war auf die nachstehenden Gründe bereits hingewiesen worden. II. A. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil eine ordnungsgemäße Vollmacht der Verfahrensbevollmächtigten zur Einlegung der Beschwerde nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Damit fehlt es an einem Nachweis, dass die Beschwerde namens und in Vollmacht der (angeblichen) Einsprechenden erhoben worden ist, was nach allgemeiner Ansicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führt. Näherer Ausführungen zu diesem Mangel bedarf es nicht, weil selbst für den Fall, dass eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung vorgelegen hätte und die Beschwerde somit zulässig gewesen wäre, das Beschwerdeverfahren durch die (dann ebenfalls wirksamen) Erklärungen vom 18. Januar 2010 und 17. März 2010, mit denen die Beschwerde der Einsprechenden  wirksam zurückgenommen worden war, beendet worden ist. Dabei kann es dahinstehen, ob die mit Schriftsatz vom 18. Januar 2010 erklärte Rücknahme des Einspruchs auch als Rücknahme der Beschwerde anzusehen ist (st. Rspr. des Bundespatentgerichts; vgl. auch Schulte/Moufang, 8. Aufl. § 59 Rn. 246 und § 61 Rn. 36), da die Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden jedenfalls mit Schriftsatz vom 17. März 2010 auch ausdrücklich die Rücknahme der Beschwerde erklärt haben. Soweit die Patentinhaberin meint, für eine solche Erklärung "sei kein Raum", ist ihr nicht näher erläuterter Einwand juristisch unverständlich. B. Mit der Unzulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden ist auch die (unselbständige) Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 522 Abs. 1 Satz 2, § 524 Abs. 1, 2 Satz 2 zweiter Halbsatz, Abs. 4 ZPO als unzulässig zu verwerfen; zwar verliert mit der Unzulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden auch die Anschlussbeschwerde der Patentinhaberin schon kraft Gesetzes ihre Wirkung, ohne dass es an sich hierzu eines besonderen Ausspruchs bedürfte; da die Patentinhaberin schon aber ihre Anschlussbeschwerde weiterverfolgt hat, ist diese als unzulässig zu verwerfen (vgl. BGH NJW 2000, 3215). Soweit die Patentinhaberin - was als Weiterverfolgung ihrer hierauf gestützten Anschlussbeschwerde anzusehen ist - geltend gemacht hat, die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs sei unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Beschwerde der Einsprechenden "von Amts wegen" zu prüfen, ist ihre Rechtsansicht erkennbar rechtsirrig. Sie verkennt dabei wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze, die sich schon bei Anwendung einfachster Denkgesetze aufdrängen. Die Frage, ob der Einspruch zulässig war, kann sich für das Bundespatentgericht - auch "von Amts wegen" - nur im Rahmen der Überprüfung der Richtigkeit des patentamtlichen Beschlusses stellen, da nur dieser Gegenstand eines möglichen Verfahrens vor dem Bundespatentgericht sein kann. Ein solches Verfahren wiederum kann nur dann eröffnet sein, wenn das Bundespatentgericht hierfür von einem der Verfahrensbeteiligten ordnungsgemäß angerufen wurde; hierzu sieht das Gesetz aber nur die Möglichkeit der Einlegung einer Beschwerde vor. Dies bedeutet aber - was ungeachtet jeglicher juristischer Argumentation sich einem unbefangenen Betrachter schon rein logisch aufdrängen muss -, dass der patentamtliche Beschluss - und damit auch die von der Patentinhaberin erhobene Frage der Zulässigkeit des Einspruchs - vom Bundespatentgericht nur überprüft werden kann, wenn ein Rechtsmittel (hier dasjenige der Beschwerde) ordnungsgemäß eingelegt wurde; fehlt es aber hieran, ist es dem Gericht schon aus Gründen der Denklogik schlicht verwehrt, den patentamtlichen Beschluss einer Überprüfung zu unterziehen und sich hierbei inzidenter auch mit der Frage der Zulässigkeit des Einspruchs zu befassen. Das Gleiche gilt auch, wenn sich - wie vorliegend - der Beschwerdegegner der Beschwerde des Beschwerdeführers angeschlossen hat; denn wie sich aus § 99 PatG i. V. m. § 524 Abs. 4 ZPO ohne jede Ausnahme zwingend ergibt, teilt die Anschlussbeschwerde ihr Schicksal mit der (Haupt-) Beschwerde; ist diese aber - wie hier - unzulässig, ist dem Bundespatentgericht auch nicht über die Anschlussbeschwerde der Beschwerdegegnerin eine Zuständigkeit zur Überprüfung der Richtigkeit des angefochtenen patentamtlichen Beschlusses (und damit inzidenter auch die Beurteilung der Zulässigkeit des Einspruchs) eröffnet. Offenbar versucht die Patentinhaberin mit ihrer "Argumentation" lediglich ihr eigenes Verschulden zu "korrigieren", das darin liegt, es verabsäumt zu haben,  ihrerseits eine eigenständige Beschwerde gegen den patentamtlichen Beschluss einzulegen. D. Die vorliegende Entscheidung konnte trotz des entsprechenden Hilfsantrages der Patentinhaberin ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 79 Abs. 2 Satz 2 PatG). Dem steht der Hinweis der Patentinhaberin auf die Entscheidung des BGH vom 17. Dezember 2009 (Xa ZB 38/08 - Dichtungsanordnung , abrufbar unter http://juris.bundesgerichtshof.de/cgibin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2009-12&Seite=1&nr=50631&pos=48&anz=282) nicht entgegen, denn diese Entscheidung ist mit der vorliegenden Fallgestaltung ersichtlich nicht vergleichbar; sie befasst sich vielmehr allein mit der Frage, ob § 79 Abs. 2 PatG auch auf das vom Bundespatentgericht erstinstanzlich durchgeführte Einspruchsverfahren (nach § 147 Abs. 3 PatG a. F.) anwendbar ist; hier ist der Senat aber mit dem Streitpatent nicht erstinstanzlich im Rahmen eines Einspruchsverfahren , sondern allein im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens befasst; dass § 79 Abs. 2 PatG aber für das Beschwerdeverfahren , für welches das Gesetz seinen Regelungsinhalt ja ausdrücklich bestimmt hat, weiterhin gilt, ist nicht Gegenstand der vorgenannten Entscheidung; dies kann auch ernstlich nicht in Frage gestellt werden. D. Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 80 Abs. 1 Satz 1 PatG sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. E. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 100 Abs. 2 Nr. 2 PatG). Soweit die Patentinhaberin ihre Anregung auf die verschiedenen Literaturstellen zu der Frage stützt, ob die Rücknahme eines Einspruchs im Verfahren über die Beschwerde der Einsprechenden auch als Beschwerderücknahme anzusehen ist, ist diese Frage vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil diese Frage für die Beurteilung der Zulässigkeit der Beschwerde, über die vorliegend allein zu entschieden worden ist, keine Rolle spielt; ungeachtet dessen wäre sie aber auch ansonsten bedeutungslos, weil selbst bei Zulässigkeit der Beschwerde die Einsprechende mit ihrem Schriftsatz vom 17. März 2010 auf jeden Fall - dann ebenfalls wirksam - die (dann zulässige) Beschwerde ausdrücklich ordnungsgemäß zurückgenommen hätte.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005709&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005713
BPatG
München
27. Senat
20100322
27 W (pat) 146/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren "Mord im Moulin Rouge (Wort-Bildmarke)/MOULIN ROUGE" –unmittelbare Verwechslungsgefahr - zur Kennzeichnungskraft - Gegenstandswert -
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 48 759 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2010 26. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. August 2008 aufgehoben. 2. Die Marke 306 48 759 ist auf den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 110 437 zu löschen. 3. Der Gegenstandswert wird auf 50.000,-- Euro festgesetzt.
I Die am 7. August 2006 angemeldete und am 12. Januar 2007 eingetragene farbige (rot, weiß, schwarz) Wort-/Bildmarke 306 48 759 ist nach einer Teillöschung noch für folgende Dienstleistungen der Klassen 41 und 43 eingetragen: "Produktion von Shows, Dinnershows, Walk-Acts, Unterhaltung, Kartenverkauf; Verpflegung von Gästen in Restaurants und sonstigen Spielorten". Widerspruch erhoben ist aus der am 1. April 1996 angemeldeten und am 5. November 1998 zu Gunsten der Widersprechenden eingetragenen Gemeinschaftswortmarke 110 437 MOULIN ROUGE die für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 14, 18, 25, 32, 33 und 41 geschützt ist, nämlich für "Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel; Toilettemittel (Körperpflege), Pflege- und Schutzmittel für Haut, Haare, Kopfhaut und Körper; Nagelhärtungsmittel; Dusch-, Bräunungs-, Rasiermittel; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren (ausgenommen Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel); Juwelierwaren, Edelsteine, Uhren und sonstige Zeitmeßinstrumente. Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, Häute und Felle, Reise- und Handkoffer, Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke, Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Bekleidungsstücke, einschließlich Stiefel, Halbschuhe und Pantoffeln, Kopfbedeckungen, Strümpfe, Socken, Kittelschürzen, Bodies, Hosenträger, Unterhosen, Mützen, Gürtel (Bekleidung), Morgenmäntel, Hemden, Hemdblusen, Anzüge (Oberbekleidung und Unterbekleidung), Leibwäsche, Dessous (Unterbekleidung), Krawatten, Schals, Pelze, Röcke, Regenmäntel, Mäntel, Hosen, Kleider, Bademäntel, Schürzen, Jacken; Bier, Ale und Porter, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken, Fruchtsäfte; Alkoholische Getränke, Weine, Spirituosen, Liköre, Apfelwein, Cocktails, Rotweine, Weißweine, Schaumweine, Schaumweine französischer Herkunft, nämlich Champagner; Erziehung und Unterhaltung; Einrichtungen für Erziehung und Unterricht; Herausgabe von Büchern, Zeitschriften; Verleih von Büchern (Leihbücherei); Tierdressur; Veranstaltung von Shows; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Filmproduktion; Betrieb einer Künstleragentur; Vermietung von Filmen, Tonaufnahmen, Filmprojektionsgeräten und Zubehör, Theaterdekorationen; Veranstaltung von Bildungs- und Unterhaltungswettbewerben". Der Widerspruch wird auf alle Waren/Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Dienstleistungen der angegriffenen Marke. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 27. August 2008 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Das ist damit begründet, die jeweils beanspruchten Dienstleistungen seien teilweise identisch. Die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft sei nichts ersichtlich. Zwar sei das Varieté in Paris weltbekannt, doch gebe es inzwischen zahlreiche Etablissements dieses Namens, so dass der Begriff nicht mehr automatisch für das Varieté in Paris stehe. Zudem nehme die Inhaberin eine erhöhte Kennzeichnungskraft für sich in Anspruch, gebe aber keinen Hinweis darauf, dass sie die Betreiberin des berühmten Moulin Rouge in Paris sei. Den danach erforderlichen Abstand halte die jüngere Marke in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht aufgrund der Wortbestandteile "Mord im" ein. Der Verbraucher habe keinen Grund, diesen Bestandteil, der mit dem anderen Bestandteil eine Gesamtaussage bilde - im Sinne eines Mordes in einer Örtlichkeit namens Moulin Rouge - wegzulassen oder nicht zu beachten. Zu verneinen sei auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Marken für verwechselbar. Neben der von der Markenstelle bejahten teilweisen Dienstleistungsidentität im Bereich der Klasse 41 bestehe darüber hinaus eine Ähnlichkeit zwischen den zugunsten der jüngeren Marke in der Klasse 43 geschützten Dienstleistungen "Verpflegung von Gästen in Restaurants und sonstigen Spielorten" und den Widerspruchswaren der Klassen 32 und 33 "alkoholische und nichtalkoholische Getränke". Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Hierzu stützt sich die Widersprechende zum einen auf im Amtsverfahren eingereichte umfangreiche Unterlagen, nämlich einen Auszug aus der Internetseite des Versandhauses A…, einen Wikipediaauszug , eine Google-Suchliste und in englischer Sprache abgefasste Zeitungsartikel bzw. Prospekte zu dem Cabaret sowie zum anderen auf weitere im Beschwerdeverfahren eingereichte umfangreiche Unterlagen, nämlich einen Nachweis über die in Deutschland in den Jahren 2006 - 2008 über das Internet getätigten Reservierungen sowie in deutscher Sprache abgefasste Werbungs- und Zeitungsartikel. Dass die Widersprechende Betreiberin des berühmten Moulin Rouge in Paris sei, ergebe sich aus einer in englischer Sprache abgefassten Eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden vom 10. Oktober 2008, aus der hervorgehe, dass es sich bei der Widersprechenden um eine Tochtergesellschaft der Firma B… handle, der Betreiberin des Moulin Rouge in Paris. Die Widersprechende hält die Marken schriftbildlich und klanglich für verwechselbar. Die angegriffene Marke werde von dem gemeinsamen Bestandteil " MOULIN ROUGE " geprägt, der eine erhöhte Kennzeichnungskraft habe. Dagegen sei der Bestandteil "Mord im" beschreibender Natur für die angemeldeten Dienstleistungen. Die angesprochenen Verbraucher würden dem Bestandteil ausschließlich den Hinweis entnehmen, dass unter der Kennzeichnung "Mord im Moulin Rouge" Veranstaltungen wie beispielsweise Dinnershows durchgeführt würden, bei denen den Gästen während des Essens ein gespielter Kriminalfall dargeboten werde. Aufgrund der Bekanntheit der Widerspruchsmarke bestehe schließlich auch die Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle vom 27. August 2008 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss. Zwischen den Dienstleistungen der Klasse 43 und den Waren der Klassen 32 und 33 bestehe kein funktioneller Zusammenhang. Der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke für diese Waren sei gleich null. Von einem gesteigerten Schutzumfang der Widerspruchsmarke könne aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht ausgegangen werden. Wem der Verbraucher die Veranstaltungen des Varietés "Moulin Rouge" zuordne, sei unerheblich, da die Betreiberin des Varietés "B…" nicht identisch mit der Widersprechenden sei. Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat die Markeninhaberin die Aktivlegitimation der Widersprechenden gerügt, da diese nicht die Betreiberin des Varietés in Paris sei. Außerdem trägt sie vor, aus den millionenfachen Treffern in Internetsuchmaschinen für das Suchwort "Moulin Rouge" ergebe sich, dass der Markenschutz für diesen Begriff gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verloren gegangen sei. In schriftbildlicher und klanglicher Hinsicht seien die Marken aufgrund ihrer hinreichend deutlichen Unterschiede nicht zu verwechseln. In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 125b Nr. 1 MarkenG kann entgegen der Auffassung der Markenstelle im Ergebnis nicht verneint werden. 1. Die Widersprechende ist gemäß § 42 Abs. 1 MarkenG als materielle Inhaberin der Widerspruchsmarke widerspruchsberechtigt, wobei § 28 Abs. 1 MarkenG eine Vermutung für den im Register Eingetragenen aufstellt. Einem Bestreiten der Aktivlegitimation des im Register eingetragenen Widersprechenden kann im Widerspruchsverfahren nur nachgegangen werden, wenn der Mangel der materiellen Rechtsinhaberschaft offensichtlich oder aus sonstigen Gründen eine vollständige und abschließende Klärung im Registerverfahren möglich ist (Ströbele/ Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 42 Rn. 15). Das Bestreiten der Aktivlegitimation der Widersprechenden durch die Markeninhaberin ist auch deshalb nicht erfolgreich, weil die Widersprechende durch die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Vertrags- und Firmenunterlagen sowie die Eidesstattliche Versicherung vom 15. März 2010 nachgewiesen hat, dass die im Register eingetragene Widersprechende zu Recht als Inhaberin der Widerspruchsmarke eingetragen ist. Dafür sprechen insbesondere der Markenlizenzvertrag vom 12. März 2003 (Anlage 19) zugunsten der Betreiberin des Varietés in Paris, der Gesellschaft B…, der Markenübertragungsvertrag vom 12. Dezember 2005 auf die S… (Anlage 22) sowie das Protokoll über die Hauptversammlung der vorgenannten Gesellschaft vom 13. Dezember 2005 (Anlage 21), auf der eine Änderung des Firmennamens der vorgenannten Gesellschaft beschlossen wurde, die den Namen der Widersprechenden erhielt. 2. Unbeachtlich ist das Vorbringen der Markeninhaberin, wonach die Widerspruchsmarke zu einer Gattungsbezeichnung geworden sei und daher wegen Verfalls gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schutzunfähig. Zu Recht hat die Widersprechende im Amtsverfahren darauf hingewiesen, dass diese Einrede nicht im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens geltend gemacht werden kann, sondern nur Gegenstand eines Löschungsverfahrens sein kann (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 42 Rn. 46). 3. Die Marken unterliegen entgegen der Auffassung der Markenstelle einer Verwechslungsgefahr. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f. - PICASSO ; BGH GRUR 2007, 321, 322 - COHIBA). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden. a) Die Dienstleistungen der jüngeren Marke "Produktion von Shows, Dinnershows, Walk-Acts, Unterhaltung" sind mit den zugunsten der Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistungen "Veranstaltung von Shows; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Filmproduktion" teilweise identisch und im Übrigen hochgradig ähnlich. Die Dienstleistung "Verpflegung von Gästen in Restaurants und sonstigen Spielorten" ist mit den Widerspruchswaren "alkoholfreie und alkoholische Getränke" durchschnittlich ähnlich (Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 388 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des HABM und des Bundespatentgerichts). Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen der zugunsten der jüngeren Marke geschützten Dienstleistung "Kartenvorverkauf" und der zugunsten der Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistung "Veranstaltung von Shows". b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat aufgrund der im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen für erhöht. Für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft spricht neben der vorgelegten umfangreichen Berichterstattung in deutschen Zeitungen und Zeitschriften insbesondere die als Anlage 11 vorgelegte Bekanntheitsumfrage in Deutschland vom Oktober 2008, wonach von 1.000 Befragten über 14 Jahre 60,5 % das Cabaret Moulin Rouge kannten. Aufgrund dieses hohen Bekanntheitsgrades kann von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden. c) Die angegriffene Marke stimmt mit der Widerspruchsmarke in dem Bestandteil "Moulin Rouge" überein. Bei dieser Ausgangslage kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine (unmittelbare) Verwechslungsgefahr u. a. bejaht werden, wenn der Gesamteindruck der mehrbestandteiligen Marke gerade durch den übereinstimmenden Bestandteil geprägt wird und die übrigen Bestandteile demgegenüber weitgehend in den Hintergrund treten (vgl. zu dieser sog. "Prägetheorie" Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 277 ff.). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich zwar grundsätzlich allein anhand der betreffenden Marke selbst, d. h. ohne Rücksicht auf die Vergleichsmarke (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; GRUR 2000, 895, 896 - EWING; GRUR 2002, 342, 343 - ASTRA/ESTRA-PUREN). Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfährt dieser Grundsatz jedoch eine Einschränkung, wenn der übereinstimmende Bestandteil als isoliertes Zeichen aufgrund seiner tatsächlichen Benutzung im Verkehr für einen Dritten eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt hat. Eine solche Stärkung wirkt sich nicht nur auf die Kennzeichnungskraft der älteren einbestandteiligen Marke aus, sondern bewirkt gleichzeitig, dass dem Zeichen vom Publikum auch dann ein Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnommen wird, wenn es ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil eines anderen, jüngeren Zeichens begegnet (grdl. BGH GRUR 2003, 880, 881 - City Plus; s. ferner BGH GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May; GRUR 2006, 60, 61, Nr. 14 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 862, Nr. 31 - Malteserkreuz). Die Gefahr, dass der Verkehr in einem Bestandteil einer jüngeren Marke einen Herkunftshinweis auf den Inhaber der älteren Marke sieht und es zu Verwechslungen kommt, ist allerdings geringer, wenn sich das jüngere Zeichen als geschlossener Gesamtbegriff darstellt. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hängt somit in Fällen der vorliegenden Art von mehreren - gegenläufigen - Faktoren ab. Je stärker die Kennzeichnungskraft des isolierten älteren Zeichens infolge seiner tatsächlichen Benutzung ist, umso eher ist die Annahme gerechtfertigt, dass es auch in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber aufgefasst wird, also eine kollisionsbegründend-prägende Stellung im jüngeren Gesamtzeichen einnimmt. Umgekehrt ist die Verwechslungsgefahr umso geringer einzustufen, je mehr sich der übereinstimmende Bestandteil in die jüngere Gesamtkombination integriert. Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden. Der Widerspruchsmarke kommt wie ausgeführt im Bereich der Showveranstaltungen aufgrund ihrer hohen Bekanntheit eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu. Hinzu kommt, dass gerade die Wortelemente "Moulin Rouge" in der angegriffenen Marke graphisch hervorgehoben sind, da sie deutlich größer geschrieben sind als die Wortbestandteile "Mord im". Zu berücksichtigen ist auch, dass in einem Theater Kriminalvorführungen stattfinden können, bei denen es um einen gespielten Mord geht. Bei dieser Sachlage liegt es nahe, dass das Publikum in den Bestandteilen "Moulin Rouge" der angegriffenen Marke einen Hinweis auf die Widersprechende sieht und es zu Herkunftsverwechslungen kommt, wenn ihm diese Bezeichnung im Zusammenhang mit den Dienstleistungen der jüngeren Marke begegnet. Eine Differenzierung zwischen den Dienstleistungen der jüngeren Marke erscheint dem Senat nicht möglich, da zwischen allen Dienstleistungen ein enger Zusammenhang besteht und diese heutzutage jeweils anlässlich von Theateraufführungen angeboten werden. 4. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass. 5. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 23 Abs. 2 und 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 und 8 RVG. Danach ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen festzusetzen, wobei nach ständiger Rechtsprechung hierfür das wirtschaftliche Interesse des Inhabers der angegriffenen Marke an der Aufrechterhaltung der Marke maßgeblich ist (vgl. BGH Mitt 2006, 282). In Widerspruchsverfahren beläuft sich bei fehlenden anderweitigen Anhaltspunkten der Regelwert dabei auf 50.000,-- Euro (vgl. BGH GRUR 2006, 704 - Markenwert). Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswerts, welche der Senat vorliegend trotz § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG in voller Besetzung treffen konnte, weil sie mit der Hauptsacheentscheidung verbunden ist, ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005713&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005714
BPatG
München
27. Senat
20100426
27 W (pat) 193/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren "GelTec/GELTEC" – unmittelbare Verwechslungsgefahr - Warenähnlichkeit -
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 06 652 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 26. April 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Kruppa und Richter Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die am 1. Februar 2006 angemeldete und am 6. Juni 2006 u. a. für Feuerlöscher eingetragene Wortmarke GelTec hat der Widersprechende am 4. Oktober 2006 aus seiner am 14. April 2003 angemeldeten Wortmarke 303 19 571 GELTEC die seit 16. September 2004 für Unterrichtsapparate und -instrumente, elektronische Apparate, Mess- und Regeleinrichtungen; Reparatur- und Installationsarbeiten im IT- und Elektrobereich; Schulungen, Seminare, Aus- und Weiterbildungen; technologische Dienstleistungen, Ingenieur-Dienstleistungen; sämtliche vorgenannten Waren und Dienstleistungen nicht im Bereich der Gel- oder Beschichtungstechnik eingetragen ist, Widerspruch eingelegt. Die Markenstelle hat das angegriffene Zeichen mit dem angefochtenen Beschluss vom 5. Mai 2009 wegen des Widerspruchs gelöscht. Dazu ist ausgeführt, die Marken seien klanglich identisch; die Widerspruchsmarke habe eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Es sei auch Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen gegeben. Zu den Feuerlöschern gehörten Messeinrichtungen. Dieser Beschluss wurde dem Inhaber des angegriffenen Zeichens am 12. Mai 2009 zugestellt. Er hat am 4. Juni 2009 Beschwerde eingelegt und im Beschwerdeverfahren das angegriffene Zeichen auf „handbetätigte Feuerlöscher“ beschränkt. Damit sei nach seiner Auffassung keine Warenähnlichkeit mehr gegeben. Er beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 5. Mai 2009 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen. Demgegenüber beantragt der Widersprechende, die Beschwerde zurückzuweisen. Er ist der Auffassung, die Markenwörter seien identisch. Die für seine Marke beanspruchten Temperaturmesseinrichtungen seien auch zu den jetzt noch beanspruchten Feuerlöschern als ergänzende Produkte auf Grund enger Berührungspunkte ähnlich. II 1) Es kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten diese nicht beantragt haben und diese nach Wertung des Senats auch nicht geboten ist. 2) Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Inhabers des angegriffenen Zeichens ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken eine Verwechslungsgefahr im Sinn von § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerksamkeit des beteiligten Publikums, besteht eine Wechselwirkung. So kann etwa ein höherer Grad an Ähnlichkeit der Marken einen geringeren Grad an Ähnlichkeit der Waren ausgleichen und umgekehrt (EuGH GRUR 2005, 1042 - Thomson Life; BGH GRUR 2005, 326 - Il Patrone / Portone). Damit ist vorliegend die Gefahr von Verwechslungen gegeben. a) Bildlich sind die Marken kaum unterschiedlich; außer der Binnengroßschreibung in „ GelTec “ zeigen die Zeichen in Länge und Buchstabenfolge keinerlei Unterschiede, so dass im Schriftbild von fast identischen Marken auszugehen ist. Klanglich sind ohnehin identische Marken gegeben. b) Zu Gunsten des Inhabers des angegriffenen Zeichens kann unterstellt werden, dass die Widerspruchsmarke hinsichtlich Messeinrichtungen leicht unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig ist. Anhaltspunkte für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind nicht ersichtlich. Eine leichte Minderung der Kennzeichnungskraft könnte sich aus dem Umstand ergeben, dass „ Geltec “ für „Gel-Technik“ verwendet wird, wie die Markenstelle dem Widersprechenden bereits bei Eintragung seiner Marke mittels Fundstellenbelegen vorgehalten hat. Messeinrichtungen gehören zum technischen Bereich und Gel spielt dabei z. B. als Trägerstoff eine Rolle. Allerdings gehören die von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren nach Einschränkung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses nicht zum Bereich der Geltechnik. c) Die vom Inhaber des angegriffenen Zeichens bestrittene Warenähnlichkeit ist jedenfalls in einem Grad gegeben, der für die Annahme einer Verwechslungsgefahr noch ausreicht. Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist hinsichtlich der Widerspruchsmarke die Registerlage maßgeblich, wobei - wie auch der Widersprechende selbst seiner Argumentation zutreffend zu Grunde legt - auf die Messeinrichtungen abzustellen ist. Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit sind alle Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere die Art der Waren, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen, weil sie in denselben Verkaufsstätten angeboten werden (BGH GRUR 2003, 428 - Big Bertha). Dabei kann von Warenunähnlichkeit nur ausgegangen werden, wenn trotz (unterstellter) Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2001, 507 - Evian / Revian; GRUR 2004, 594 - Ferrari-Pferd). Dies ist vorliegend nicht gegeben. Sachgesamtheiten und ihre Einzelteile sind zwar nur ausnahmsweise zueinander ähnlich, nämlich dann, wenn Einzelteile innerhalb der Gesamtheit für den Verbraucher besonders wichtig, bestimmend für das Wesen sind oder wenn sie als eigenständige Waren des Herstellers bzw. Händlers angesehen werden. Ähnlichkeit ist aber auch bei einem Verwendungszweck gegeben, zu dem beide Waren einander ergänzend beitragen. Dies gilt hier für die Messeinrichtungen im Verhältnis zu Feuerlöschern, wobei es nicht darauf ankommt, wie letztere betätigt werden. Die Unterlagen aus der Akte der Markenstelle im Widerspruchsverfahren zeigen Manometer als Teile von Feuerlöschapparaten zur Drucküberwachung. Auch erscheint es durchaus sinnvoll, im Zusammenhang mit Feuerbekämpfung Temperaturen zu messen. Insgesamt besteht deshalb ein Ähnlichkeitsgrad der Waren, dass bei dem hohen Grad an Ähnlichkeit der Marken und allenfalls leicht unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke Verwechslungsgefahr besteht. 3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005714&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005715
BPatG
München
29. Senat
20100428
29 W (pat) 4/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "abooffice" – kein Freihaltungsbedürfnis - Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 28 052.7 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. April 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. August 2007 und 7. Mai 2008 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen der Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Versandwerbung, Verteilen von Werbemitteln, Verteilen von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vertrieb von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen für Dritte, Vermittlung von Handelsgeschäften über Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen für Dritte, auch im Rahmen von E-Commerce, Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen, Zusammenstellung von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutschei-ne, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken, Präsentation von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werk-zeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mi-krowellen, Woks, Lampen über Kommunikations-Medien, für den Groß- und Einzelhandel zurückgewiesen worden ist.
I. Das Wortzeichen abooffice ist am 26. April 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Vertrieb von Waren aller Art, insbesondere von Druckerzeugnissen, für Dritte, Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von E-Commerce, Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren, Vermittlung von Verträgen für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen, Vermittlung von Zeitungsabonnements (für Dritte), Versandwerbung, Verteilen von Werbemitteln, Verteilen von Warenproben zu Werbezwecken, Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben), Vorführung von Waren für Werbezwecke, Waren und Dienstleistungspräsentationen, Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken, Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Groß- und Einzelhandel. Durch Beschlüsse vom 14. August 2007 und 7. Mai 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass sich dieses Wortzeichen aus der Kurzform von "Abonnement", nämlich "abo", und dem englischen Wort "office", das in breiten deutschen Verkehrskreisen im Sinne von "Büro" verstanden werde, zusammensetze, so dass die als "Abonnementbüro" bzw. "Abobüro" verstandene Gesamtbezeichnung die beanspruchten Dienstleistungen entweder dahingehend beschreibe, dass diese von einem "Abobüro" erbracht würden oder in einem engen (inhaltlichen) Zusammenhang mit dem Betrieb eines solchen Büros stünden. Eine Interpretation des Begriffs "office" im Sinne des Microsoft-PC-Programmes liege fern, weil es sich bei "Windows Office" um einen Markennamen handele. Ferner bestehe ein Freihaltungsbedürfnis, weil die ähnlich gebildeten Bezeichnungen "Abo-Shop", " AboBüro " und "Abo-Büro" im einschlägigen Dienstleistungssektor bereits umfangreich Verwendung fänden, so dass eine Benutzung der entsprechend gebildeten, angemeldeten Bezeichnung " abooffice " jederzeit in Zukunft auch für einschlägige Dienstleistungen erfolgen könne. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie zunächst sinngemäß beantragt hat, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. August 2007 und 7. Mai 2008 aufzuheben. Nachdem sie vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich der "Vermittlung von Zeitungsabonnements" sowie auf die Ergänzungsbedürftigkeit der angemeldeten Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen um Warenoberbegriffe hingewiesen worden ist, hat sie die Beschwerde hinsichtlich der "Vermittlung von Zeitungsabonnements" und "Vermittlung von Verträgen für Dritte über die Erbringung von Dienstleistungen" zurückgenommen, ihr Dienstleistungsverzeichnis eingeschränkt, um entsprechende Waren präzisiert und wie folgt insgesamt neu gefasst: Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Versandwerbung, Verteilen von Werbemitteln, Verteilen von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vertrieb von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen für Dritte, Vermittlung von Handelsgeschäften über Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen für Dritte, auch im Rahmen von E-Commerce, Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen, Zusammenstellung von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken, Präsentation von Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen über Kommunikations-Medien, für den Groß- und Einzelhandel, so dass sie nunmehr sinngemäß beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. August 2007 und 7. Mai 2008 aufzuheben, soweit die Anmeldung bezüglich der vorgenannten Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung hat sie bis zur Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses vorgetragen, die Bezeichnung " abooffice " enthalte keine unmittelbar dienstleistungsbezogene beschreibende Sachaussage, weil völlig offen sei, was für Dienstleistungen ein solches "Abonnementbüro" anbieten könne und was ein solches Büro sonst ausmache. Der Begriff " abooffice " habe für die beanspruchten Dienstleistungen drei verschiedene, völlig gleichberechtigt nebeneinander stehende Bedeutungen: 1. "organisatorische Einheit, die mit dem Vertrieb bzw. der Verwaltung von Abonnements an und/oder für Dritte befasst" sei, 2. "Computeranwendung, die von dritter Seite bezogene oder selbst vertriebene Abonnements" verwalte und 3. "Bezug einer begrenzten Zahl von Updates oder neuen Officeanwendungen gegen Entgelt". Der Begriff "office", der auch als Hinweis auf Bürosoftware eingesetzt werde, könne nicht allein mit "Microsoft Office for Windows" gleichgesetzt werden, weil es eine Vielzahl weiterer Bürosoftwareprogramme gebe, welche den Zeichenbestandteil "office" im Namen trügen, wie Ability Office, EasyOffice , StarOffice, WordPerfect Office etc.. Diese Mehrdeutigkeit rege zum Nachdenken an. Ferner sei das Zeichen aufgrund der markanten Verbindung einer Abkürzung eines (eingedeutschten) Fremdwortes mit einem ausgeschriebenen englischsprachigen Wort ohne Bindestrich ungewöhnlich gebildet. Die eigenwillige Wortkonstruktion " abooffice " sei weder lexikalisch nachweisbar, noch könne ihre Verwendung festgestellt werden. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis, weil die vom Amt angeführten Vergleichsbeispiele "Abo-Shop", " AboBüro " und "Abo-Büro" sich auf den Bezug einer Zeitschrift bzw. den Erwerb von Konzert- und Theater-Abonnements bezögen und nicht auf die hier angemeldeten Dienstleistungen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im tenorierten Umfang begründet. Der Eintragung des vorliegenden Wortzeichens " abooffice " als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. 1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Das angemeldete Wortzeichen weist in seiner Gesamtheit weder einen für die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den noch beanspruchten Dienstleistungen hergestellt werden kann. Die angemeldete Marke setzt sich sprachüblich aus den Elementen "abo" und "office" zusammen. Der Wortbestandteil "abo" ist die Kurzform von dem ursprünglich aus dem Französischen stammenden Wort "Abonnement" (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]) mit der breiten deutschen Verkehrskreisen bekannten Bedeutung eines für eine längere Zeit vereinbarten und deshalb meist verbilligten Bezugs von Zeitungen, Zeitschriften, Eintrittskarten, Mittagessen oder Ähnlichem (Duden – Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.). Das von dem lateinischen Begriff "officium" abstammende englische Substantiv "office" wird mit "Büro", "Zweig"- oder "Geschäftsstelle" übersetzt (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 604; Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]). Es ist im Deutschen ungeachtet anderer möglicher Übersetzungen vor allem mit der Bedeutung von "Büro" gebräuchlich (vgl. auch BPatG 29 W (pat) 208/01 - TeleOffice). In seiner Gesamtheit bedeutet " abooffice " daher soviel wie "Abobüro" oder "Abonnementbüro". Mit dieser Bedeutung ist die angemeldete Marke dem überwiegenden Teil der maßgeblichen Verkehrskreise auch ohne weiteres verständlich, nämlich als Büro, das sich mit Abonnements befasst. Bei den noch beanspruchten Dienstleistungen "Werbung; Geschäftsführung; Versandwerbung, Verteilen von Werbemitteln, Verteilen von Warenproben zu Werbezwecken; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben)" ist nicht ohne näheres Nachdenken und analysierende Betrachtung ersichtlich, inwieweit " abooffice " eine Merkmalsbeschreibung für Geschäftsführung oder Werbedienstleistungen darstellen könnte. Denn es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, dass Werbedienstleistungen durch das beworbene Produkt charakterisiert werden, weil eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Für die Werbung ist entscheidend, in welchem Medium sie platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird (BGH GRUR a. a. O. 951 Rdnr. 24 – My World). Hinsichtlich der Werbedienstleistungen kommt der Wortzusammensetzung " abooffice " im Verkehr daher nicht die Bedeutung einer thematischen Sachangabe, sondern eines betrieblichen Herkunftshinweises zu. Nachdem die Beschwerdeführerin durch Angabe der Warenoberbegriffe ihre Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen näher konkretisiert hat und diese sich auf "Uhren, Telefonanlagen, Wetterstationen (elektronisch), Digitalkameras, Gutscheine, Navigationsgeräte, HiFi-Anlagen, MP3 Player, Lautsprecher, Webkameras, DVD-Player, digitale Bilderrahmen, Headsets, Stereo Radio Recorder, Personenwaagen, Taschen, Koffer, Heimtrainer, Hochdruckreiniger, Grills, CDs, Spiele (auch elektronisch), Werkzeug, Spielwaren, Gasgrillwagen, Toaster, Entsafter, Joghurtbereiter, Kaffeemaschinen, Mixer, Eismaschinen, Töpfe, Staubsauger, Besteck, Porzellan und Glaswaren, Bügeleisen, Brotbackautomaten, Mikrowellen, Woks, Lampen" beziehen, weisen sie keinerlei Bezug zu einem "Abobüro" bzw. einem "Büro für Abonnements" auf. Die angemeldete Bezeichnung vermittelt dem Verkehr in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen also keine verständliche Sachaussage. Vielmehr regt sie zu Überlegungen an, welchen konkreten Sinn dieser Ausdruck in Alleinstellung für Dienstleistungen, die in keinem Zusammenhang mit einem Abonnementbüro stehen, haben mag, so dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. 2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005715&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005716
BPatG
München
33. Senat
20100413
33 W (pat) 105/08
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "Kapitalunion" - Unterscheidungskraft, keine beschreibende Angabe
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 27 978.9 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am OLG Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: Auf die Beschwerde des Anmelders werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. November 2006 und vom 8. August 2008 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist: Klasse 35: Werbung im Internet für Dritte; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Werbung; Klasse 37: Dienstleistungen betreffend die Vermietung von Bauwerkzeugen oder Baumaterial; mit Dienstleistungen im Bauwesen in Verbindung stehende Dienstleistungen, wie Bauprojektprüfung.
I Am 2. Mai 2003 ist beim Deutschen Patent- und Markenamt die Wortmarke Kapitalunion für Klasse 35: Werbung im Internet für Dritte; Onlinewerbung in einem Computernetzwerk; Werbung; Klasse 37: Dienstleistungen betreffend die Vermietung von Bauwerkzeugen oder Baumaterial; mit Dienstleistungen im Bauwesen in Verbindung stehende Dienstleistungen, wie Bauprojektprüfung sowie für weitere finanz-, versicherungs- und immobilienbezogene Dienstleistungen der Klasse 36 angemeldet worden. Mit Beschlüssen vom 16. November 2006 und 8. August 2008, letztgenannter im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung nach § 37 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG (Erinnerungsprüfer: nur § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle handelt es sich bei dem Wort "Kapitalunion" um eine reine Sachangabe, die sich aus den Angaben "Kapital" (alle Geld- und Sachwerte, die zu einer Produktion verwendet werden, die Gewinn abwirft) und "Union" (Einheit, Vereinigung, Zusammenschluss) zusammensetze. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen weise die Anmeldemarke nach Auffassung der Erstprüferin darauf hin, dass es sich "um einen Begriff aus dem Wirtschaftsleben" handele. Daher sei Kapitalunion für die fraglichen Dienstleistungen beschreibend und freihaltebedürftig. Dem stehe nicht entgegen, dass der Gesamtbegriff "Kapitalunion" im Zusammenhang mit der Europäischen Gemeinschaft aufzufinden sei, wo er als Begriff für den gemeinschaftsweiten Kapitalmarkt verwendet werde. Der Verkehr werde den Begriff nur als beschreibenden Hinweis verstehen. Jedenfalls fehle der Marke nach Auffassung des Erinnerungsprüfers die Unterscheidungskraft, da das Wort "Kapitalunion" die Bedeutung "Kapitalverbund" bzw. "Kapitalzusammenschluss" aufweise und vom Verkehr dahingehend verstanden werde, dass die fraglichen Dienstleistungen im Rahmen eines Kapitalverbundes bzw. von einem Kapitalverbund und damit von den dahinter stehenden Personen angeboten und erbracht würden, oder dass die Dienstleistungen dazu geeignet und bestimmt seien, von einem Kapitalverbund oder im Zusammenhang damit in Anspruch genommen zu werden, oder aber dass sie einen Kapitalverbund zum Gegenstand hätten. Dabei sei es im Kontext der Anmeldung nicht naheliegend, die Anmeldemarke als einen Hinweis auf die Europäische Union zu verstehen. Jedenfalls sei angesichts der Nähe des Zeichens zu den beanspruchten Dienstleistungen trotz einer gewissen begrifflichen Unschärfe davon auszugehen, dass der Verkehr die Anmeldemarke nur als solche, nicht aber als Marke sehen werde. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er sinngemäß beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben. Zur Begründung führt er aus, dass es sich bei dem Wort "Kapitalunion" nicht um eine Sachaussage handele. Das aus einzelnen Wörtern zusammengesetzte Zeichen sei keine allgemeine, alltägliche und sprachgebräuchliche Bezeichnung, die vom Verkehr automatisch und unmittelbar mit den fraglichen Dienstleistungen in Verbindung gebracht werde. Obwohl Kapital ein zum allgemeinen Wortschatz gehöriger Begriff sei und auch im alltäglichen Sprachgebrauch hin und wieder Anwendung finde, verberge sich dahinter eine Bedeutung, die vom normalen Durchschnittsbürger in ihrer Gesamtheit nicht auf Anhieb erfasst werde. Vielmehr beschränke sich die Vorstellung des Durchschnittsverbrauchers auf eine vage Bedeutung in dem Sinne, dass dies etwas mit Geld zu tun habe. Fraglich sei auch, ob das Wort "Union" ohne weiteres vom Verkehr in seinem Bedeutungsgehalt erfasst werden könne, da dieser Begriff vor allem im Rahmen der Staatslehre und im Zusammenhang mit der Kirche von Bedeutung sei. Ebenso bleibe unklar, was die Begriffskombination "Kapitalunion" beschreiben solle. Dafür spreche auch, dass es sich um eine eigene Wortkreation handele, die in dieser Zusammensetzung nicht lexikalisch belegbar sei. Für den Suchbegriff "Kapitalunion" würden bei Google nur 102 Treffer angezeigt. Zudem sei nicht ersichtlich, inwieweit diese Wortzusammensetzung gerade in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen über einen beschreibenden Gehalt verfügen solle. Darüber hinaus sei eine Wort-/Bildmarke " kapitalunion " ohne weiteres für die Dienstleistungsklassen 35 und 36 eingetragen worden. Mit Eingabe vom 7. April 2010 hat der Anmelder erklärt, dass er die Anmeldung für die Dienstleistungen der Klasse 36 zurücknehme und sie lediglich hinsichtlich der Klassen 35 und 37 aufrechterhalte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II Nach der teilweisen Zurücknahme der Anmeldung ist die Beschwerde begründet. Für die verbleibenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 37, für die die Anmeldung noch aufrecht erhalten wird, hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG insoweit nicht entgegen. So sind zunächst keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die für diese Dienstleistungen die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG rechtfertigen können. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die angemeldete Marke ist sprachüblich aus den Wörtern "Kapital" (Geld- und Sachvermögen bzw. allgemein: Geld und Sachwerte) und "Union" (Vereinigung, Verbindung oder Zusammenschluss, vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Aufl.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl.; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl.) zusammengesetzt. Sie erschließt sich daher für den Verkehr ohne weiteres als Vereinigung oder Zusammenschluss von Personen, die einen wesentlichen Bezug zu(m) Kapital aufweisen, sei es dass sie Kapital einbringen, ansammeln oder dieses verwalten, anlegen, schützen usw. In Betracht kommt auch die Bedeutung einer Staatengemeinschaft, in der bestimmte einheitliche Standards in Bezug auf Kapital bzw. den Kapitalverkehr herrschen. So wird verschiedentlich die Europäische Union als Kapitalunion genannt (vgl. z. B. www.zeit-fragen.ch/ARCHIV/ZF_76c/T05.HTM (Auszug aus Schachtschneider: Republikanismus versus Globalismus): "… Es ist geradezu die ökonomische Logik des Binnenmarktes der Europäischen Gemeinschaft, dass er mit einer Kapitalunion verbunden ist, also den Kapitalverkehr nicht durch territoriale Grenzen der Mitgliedstaaten behindert, sondern ein einheitliches und für die Union geltendes Kapitalverkehrsrecht schafft, …"). Die angemeldete Marke mag daher für Dienstleistungen, die einen unmittelbaren Bezug zu Kapital haben, eine im Vordergrund stehende beschreibende Bedeutung aufweisen. Diese sind jedoch nicht mehr Gegenstand der Anmeldung. Für die verbleibenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 37 kann eine solche beschreibende Bedeutung nicht festgestellt werden. Dies gilt zunächst für die Werbedienstleistungen der Klasse 35. Es ist nicht ohne näheres Nachdenken und analysierende Betrachtung ersichtlich, inwieweit das Wort "Kapitalunion" eine Merkmalsbeschreibung für Werbedienstleistungen darstellen könnte. Zum einen entspricht es nicht den Branchengewohnheiten, dass Werbedienstleistungen nach der Art des beworbenen Gegenstandes bezeichnet werden (vgl. BGH GRUR 2009, 949 - My World), zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine Kapitalunion geworben werden könnte, zumal Deutschland längst Mitglied der Europäischen Union als der hierfür einzig in Betracht kommenden Kapitalunion ist. Auch der Umstand, dass Werbedienstleistungen von einem Zusammenschluss oder einer Vereinigung mit Bezug zu Kapital erbracht werden könnten, ist kein naheliegendes verkehrswesentliches Merkmal von Werbedienstleistungen, das mit der Marke beschreibend bezeichnet werden könnte. Auch für die Dienstleistungen der Klasse 37 ist nicht ersichtlich, dass die angemeldete Marke hierfür eine Merkmalsbezeichnung darstellen kann. Für die Vermietung von Bauwerkzeugen oder Baumaterial und die mit Dienstleistungen des Bauwesens in Verbindung stehenden Dienstleistungen, wie Bauprojektprüfung, war die angemeldete Marke nicht als Beschreibung eines Merkmals belegbar. Unter Berücksichtigung der o. g. Bedeutungen, die für den angemeldeten Begriff "Kapitalunion" in Betracht kommen, könnte er in Bezug auf die genannten Dienstleistungen der Klasse 37 allenfalls Nebenaspekte benennen, wie etwa die Eigenschaft des Dienstleisters als Zusammenschluss oder Vereinigung mit Bezug zu Kapital (was mit dem Wort "Kapitalgesellschaft" aber sprachüblicher und treffender ausgedrückt wird) oder die Belegenheit von Immobilien, auf die die verschiedenen Baudienstleistungen gerichtet sind, in einer Kapitalunion bzw. der Kapitalunion der Europäischen Gemeinschaften. Es würde sich hierbei aber um eher selbstverständliche Eigenschaften handeln, von denen nicht erwartet wird, dass sie besonders benannt oder sonst wie herausgestellt werden. Der Verkehr wird daher Überlegungen zum Sinn des angemeldeten Markenworts in Bezug auf die Dienstleistungen anstellen müssen und dabei nicht zu einer eindeutigen, insbesondere beschreibenden Bedeutung gelangen. Damit eignet sich die Marke insoweit nicht als Merkmalsbezeichnung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Nach Auffassung des Senats weist die angemeldete Marke für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Wie oben dargelegt, konnte ihr für die noch verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen kein eindeutiger, im Vordergrund stehender beschreibender Bedeutungsgehalt zugeordnet werden. Es waren auch keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass sie nur als solche und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden wird. Vielmehr regt die Marke mit ihrem auf den Zusammenschluss bzw. eine Vereinigung von Personen mit Bezug auf Kapital bezogenen Sinngehalt für die Dienstleistungen der Klassen 35 und 37 zu Überlegungen an, welchen konkreten Sinn dieser Ausdruck in Alleinstellung für solche Dienstleistungen, die nicht zum engeren Bereich der Finanzen gehören, haben mag. Insofern kann der Anmeldemarke ein gewisser Fantasiegehalt nicht abgesprochen werden, so dass ihr auch nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Der Beschwerde war damit stattzugeben. Im Verfahren vor der Markenstelle dürfte die Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses noch zu klären sein.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005716&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005718
BPatG
München
25. Senat
20100429
25 W (pat) 16/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Chocomels/CHOCMEL (Wort-Bild-Marke)" – unmittelbare klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr - zur rechtserhaltenden Auslandsbenutzung - abweichende Benutzungsform -
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 301 51 292 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2007 aufgehoben. Wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 213 590 wird die Löschung der Marke 301 51 292 angeordnet.
I. Die am 27. August 2001 angemeldete Wortmarke Chocomels ist am 23. November 2001 für "Zuckerwaren, nämlich Bonbons" in das Markenregister unter der Nummer 301 51 292 eingetragen worden. Nach Veröffentlichung der Eintragung am 2. Januar 2002 hat dagegen die Inhaberin der für die Waren der Klassen 5 und 30 "Chocolats au miel combinés avec des médicaments; Cacaos travaillés avec du miel; chocolats au miel en blocs, en plaques, en tablettes, en bâtons, en boules ou en poudre; chocolats au miel fondants, fourrés, au lait et à la crème; chocolats au miel combinés avec des noisettes ou autres fruits quelconques, des liqueurs, des sirops ou des ingrédients quelconques; articles de confiserie au miel et de pâtisserie au miel de tous genres" seit dem 9. Oktober 1958 international registrierten IR-Marke 213 590 am 21. Februar 2002 Widerspruch erhoben. Die Markeninhaberin hat mit Schriftsatz vom 29. August 2002 die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat daraufhin eine eidesstattliche Versicherung vom 25. September 2002 nebst einer Verpackungskopie vorgelegt. Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in einem ersten Beschluss vom 3. Januar 2005 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Widerspruchsmarke werde als Teil einer Mehrfachkennzeichnung in den beiden maßgeblichen Benutzungszeiträumen in markenmäßiger Weise für " chocolat au miel" benutzt. Bei der Bezeichnung " CHOCMEL " handele es sich trotz beschreibender Anklänge um eine Phantasiebezeichnung, nicht aber um eine Sortenbezeichnung. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und vorhandener Warenähnlichkeit bestehe zwischen den Vergleichszeichen eine erhebliche klangliche sowie schriftbildliche Verwechslungsgefahr. Auf die Erinnerung der Markeninhaberin und nach Vorlage einer weiteren eidesstattlichen Versicherung der Widersprechenden zur Benutzung der Widerspruchsmarke vom 18. April 2006 hat die Markenstelle mit Beschluss vom 25. September 2007 den Erstbeschluss aufgehoben und den Widerspruch mangels Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung für den nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG relevanten Zeitraum zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, die sinngemäß beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. September 2007 die Löschung der Marke 301 51 292.2 " Chocomels " anzuordnen. Sie legt eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 23. April 2008 vor, welche Angaben zur Benutzung der Widerspruchsmarke in der Schweiz in den Jahren von 1995 bis 2007 sowie Abbildungen von Verpackungen enthält. Ihrer Auffassung nach sei damit eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für "Milchschokolade mit Mandeln und Honig" glaubhaft gemacht, so dass die angegriffene Marke aus den im Erstbeschluss der Markenstelle genannten Gründen wegen Verwechslungsgefahr zu löschen sei. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sei nach wie vor für beide maßgeblichen Benutzungszeiträume nicht glaubhaft gemacht, insbesondere auch nicht mit der zuletzt vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 23. April 2008 zur Benutzung der Widerspruchsmarke in der Schweiz für ein Schokoladenprodukt. Auf den darin abgebildeten Verpackungen der Schokoladentafeln sowie " Carrées " werde die Bezeichnung " Chocmel " abweichend von der Eintragung bereits in einer den kennzeichnenden Charakter verändernden Form benutzt; zudem  komme ihr als abgewandelte Bezeichnung der beschreibenden Angabe " chocolat du miel" (Schokolade mit Honig) keine kennzeichnende Wirkung zu. Sie werde daher neben den übrigen deutlich erkennbaren Wortbestandteilen " Callier " bzw. "Nestlé" nicht als Marke wahrgenommen. Soweit im Einzelfall " Callier Chocmel " als Kombinationsmarke verstanden werden könne, stelle dies ebenfalls eine den kennzeichnenden Charakter erheblich verändernde und daher nicht mehr von der Eintragung gedeckte Benutzungsform dar. Zudem scheide selbst bei einer unterstellten rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für "Milchschokolade mit Mandeln und Honig" eine Verwechslungsgefahr aus. In Anbetracht einer geschwächten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, bei der es sich um eine nur geringfügig abgewandelte Bezeichnung für Milchschokolade mit Honig" handele, sowie des deutlichen Abstands zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten "Bonbons" reichten die Unterschiede in der Wortmitte sowie am Wortende aus, um Verwechslungen in einem markenrechtlich relevanten Umfang auszuschließen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht nach Auffassung des Senats Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Unter Aufhebung des angefochtenen Erinnerungsbeschlusses war deshalb die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen, §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO ; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr, wobei ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen ausgeglichen werden kann (st. Rspr., vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdn. 32 m. w. Nachw.). Der Senat geht bei seiner Entscheidung zunächst von einer noch durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit aus. Maßgebend ist dabei allein der Wortbestandteil " CHOCMEL ", da es sich sowohl bei der viereckigen Umrahmung mit Hintergrundgrau als auch der normaler Druckschrift entsprechenden Schreibweise von " CHOCMEL " in Versalien mit einem lediglich leicht vergrößerten Anfangsbuchstaben "C" um sehr einfache und gebräuchliche Gestaltungselemente handelt, denen neben dem Wortbestandteil keine kennzeichnende Wirkung beigemessen werden kann. In ihrem danach für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft allein maßgeblichen Wortbestandteil verfügt die Widerspruchsmarke zwar mit "CHOC-" über einen kennzeichnungsschwachen Wortanfang, da der Verkehr darin einen Hinweis auf "Schokolade" und damit die Beschaffenheit der Waren erkennen wird (vgl. dazu PAVIS PROMA BPatG 32 W (pat) 100/05 v. 13. Dezember 2006 - Chocino / Chococino ); jedoch wird der insoweit maßgebliche inländische Verkehr - anders als möglicherweise ein französischsprachiger Verkehr - den Bedeutungsanklang von "MEL" in Richtung "miel" bzw. "Honig" regelmäßig nicht erfassen. Die vorliegend relevanten allgemeinen Verbraucherkreise werden daher in dem Gesamtbegriff " CHOCMEL " ein in der deutschen Sprache nicht vorhandenes Fantasie- und Kunstwort und damit ohne weiteres einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen, wobei der Schutzumfang der Widerspruchsmarke aufgrund des beschreibenden Anklangs am Wortanfang allerdings etwas reduziert ist. Die nach §§ 116 Abs. 1, 43 Abs. 1 MarkenG zulässige und ohne Einschränkung erhobene Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin erstreckt sich auf beide Benutzungszeiträume nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG. Da die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke bereits mehr als 5 Jahre Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beanspruchen konnte, oblag es der Widersprechenden, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke sowohl in den letzten fünf Jahren vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) - dies betrifft den Zeitraum 4. Januar 1997 bis 4. Januar 2002 - als auch in den letzten fünf Jahren vor der vorliegenden Entscheidung über den Widerspruch vom 29. April 2005 bis 29. April 2010 (§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG) glaubhaft zu machen. Dieser Obliegenheit ist sie jedenfalls mit der im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn H… vom 23. April 2008 nach gekommen. Diese belegt in hinreichender Weise eine nach Art und Umfang ernsthafte und damit rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke jedenfalls für die Ware " chocolats au miel en blocs" bzw. "chocolats au miel en tablettes" bzw. "chocolats au miel en blocs combinés avec des noisettes " in der Schweiz in den Jahren 1995 bis einschließlich 2002 und in den Jahren 2005 bis einschließlich 2007, was die Benutzungszeiträume gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG in ausreichender Weise abdeckt. Die Widerspruchsmarke genießt aufgrund der internationalen Registrierung sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz Schutz. Die Benutzung der Widerspruchsmarke in der Schweiz ist aufgrund von Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz betreffend den gegenseitigen Patent, Muster- und Markenschutz vom 13. April 1892 (BlPMZ 1895, 70, 71) einer Inlandsbenutzung gleichgestellt, so dass eine unzureichende Inlandsbenutzung einer in Deutschland geschützten Marke Rechtsnachteile i. S. d. § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG nicht auslöst, soweit eine ausreichende Benutzung in der Schweiz glaubhaft gemacht wird (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26 Rdnr. 144 - 146). Dies ist vorliegend der Fall. Der Umfang der Benutzung mit jeweils … t Schokolade jährlich ist beträchtlich und unter dem Aspekt der rechtserhaltenden Benutzung ausreichend. Der Umstand, dass die Benutzung nicht durch die Widersprechende, sondern durch ein konzernmäßig verbundenes Unternehmen mit Zustimmung der Widersprechenden erfolgt, steht der Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG nicht entgegen. Die tatsächliche Form der Benutzung, die von der eingetragenen Form abweicht, verändert den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke nicht, so dass auch dies einer Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG nicht entgegensteht. Auch wenn die Widerspruchsmarke als Bildmarke eingetragen ist, steht in der eingetragenen Form - wie bereits im Rahmen der Erörterung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgeführt - der Wortbestandteil dominierend im Vordergrund. Entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke verändert daher weder das Weglassen der viereckigen Umrahmung mit Hintergrundgrau noch der Wechsel von der Schreibweise in Versalien zu einer Normalschreibweise mit großem Anfangsbuchstaben und nachfolgender Kleinschreibung den kennzeichnenden Charakter der Widerspruchsmarke. Die abweichende Benutzung einer Bildmarke als Wortmarke steht der Anerkennung einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen, weil es bei dieser Beurteilung auf das Verkehrsverständnis ankommt und nicht auf abstrakte Einteilung der Markenkategorien (siehe dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 26 Rdn. 92). Den Bildbestandteilen kommt auch nicht deshalb eine maßgebliche Rolle zu, weil etwa der Wortbestandteil " CHOCMEL " bzw. " Chocmel " besonders kennzeichnungsschwach wäre. Wie bereits dargelegt, werden die zu berücksichtigenden allgemeinen Verkehrskreise diesem Wortbestandteil in seiner Gesamtheit keine warenbeschreibende Aussage entnehmen. Soweit daher in der benutzten Form die Wortbestandteile " Cailler " bzw. " Cailler " und "Nestle" enthalten sind, wird der Verkehr entgegen der Auffassung der Inhaberin der angegriffenen Marke darin keine bloße Sortenangabe erkennen, vielmehr wirkt der Wortbestandteil " CHOCMEL " bzw. " Chocmel " wie eine branchenübliche Produktkennzeichnung neben einer Dachmarke bzw. einer Dach- und Firmenmarke. Sie ist auf sämtlichen vorgelegten, den Zeitraum von 1998 bis 2007 abdeckenden Produktverpackungen von Schokoladentafeln bzw. " Carrées " neben den darüber bzw. seitlich getrennt angeordneten sowie optisch nach Größe und Schriftzuggestaltung abgesetzten Dach- bzw. Firmenzeichen " Cailler " bzw. " Cailler " und "Nestlé" so deutlich herausgestellt, dass sie vom Verkehr ebenso wie die jeweiligen Firmen- bzw. Dachmarken als selbständiger betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden kann (vgl. dazu BGH GRUR 2007, 592, 593 - bodo Blue Night). Die danach auf Seiten der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG zu berücksichtigenden Waren " chocolats au miel en blocs" bzw. "chocolats au miel en tablettes" bzw. "chocolats au miel en blocs combinés avec des noisettes " weisen eine enge Warenähnlichkeit zu den von der angegriffenen Marke beanspruchten "Zuckerwaren, nämlich Bonbons" auf, zumal die Bonbons der angegriffenen Marke auch Schokolade und Honig enthalten können und demzufolge bei den Vergleichsmarken nicht nur beträchtliche Überschneidungen in Bezug auf die Herstellerbetriebe, Vertriebswege und Verkaufsstätten, sondern auch in Bezug auf die stoffliche Zusammensetzung gegeben sein können. Ausgehend von enger Warenähnlichkeit und einer jedenfalls nicht wesentlich verminderten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist insgesamt deutlicher Markenabstand erforderlich, der nach Auffassung des Senats nicht eingehalten ist. Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 170). Eine Markenähnlichkeit kann dabei im Klang, im (Schrift-)Bild und in begrifflicher Hinsicht bestehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 183). Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393 [Tz. 21] -HEITEC). Auf Seiten der Widerspruchsmarke ist dabei allein der Wortbestandteil " CHOCMEL " zu berücksichtigen, und zwar nicht nur in klanglicher Hinsicht - insoweit gilt der Erfahrungssatz, dass der Verkehr dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zumisst (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 332) -, sondern auch beim schriftbildlichen Vergleich beider Marken, da es sich bei dem Bildelement in Form einer viereckigen Umrahmung mit Hintergrundgrau um eine nicht ins Gewicht fallende graphische Ausgestaltung bzw. Verzierung handelt (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 506, 509 - ATTACHÉ/TISSERAND ; GRUR 2008, 254, 257 - THE HOME STORE ; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 336). Die danach miteinander zu vergleichenden Markenwörter " Chocomels " und " CHOCMEL " werden sowohl in ihrem klanglichen als auch schriftbildlichen Gesamteindruck maßgeblich durch den identischen Wortanfang "Choc/CHOC" und den sich nur durch das Endungs-S auf Seiten der angegriffenen Marke unterscheidenden Wortenden " mels " bzw. "MEL" geprägt. Der zusätzliche Vokal "o" bei der angegriffenen Marke tritt schon aufgrund des übereinstimmend vorhandenen begrifflichen Anklangs von "CHOC" bzw. "Choco" sowohl bei klanglicher als auch visueller Wahrnehmung nicht so prägnant hervor, als dass er die weitgehend übereinstimmende Gesamtstruktur beider Markenwörter im Klang- und Schriftbild wesentlich beeinflussen könnte, zumal Abweichungen in der Wortmitte erfahrungsgemäß ohnehin weniger auffallen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 195). Auch wenn diese Übereinstimmung am Wortanfang wegen ihres beschreibenden Charakters allein noch nicht kollisionsbegründend wirken kann, ist zu berücksichtigen, dass auch kennzeichnungsschwache Elemente den jeweiligen maßgeblichen Gesamteindruck der Markenwörter durchaus mitbestimmen und im Zusammenhang mit weiteren Ähnlichkeiten beider Marken für die Bejahung der Verwechslungsgefahr Bedeutung erlangen können (vgl. BGH, GRUR 2004, 783, 785 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Dies trifft vorliegend zu. Denn die weiteren Wortbestandteile "-mels" und "-MEL" unterscheiden sich ebenfalls nur geringfügig. Das zusätzliche Endungs-S der angegriffenen Marke kommt als typische Pluralform sowohl bei mündlicher Übermittlung bzw. Wiedergabe als auch bei visueller Wahrnehmung nicht ausreichend zum Tragen. Die geringfügigen Abweichungen wirken daher einem weitgehenden Gleichklang bzw. einer weitgehenden visuellen Übereinstimmung und damit einem einen verwechselbar ähnlichen (klanglichen wie schriftbildlichen) Gesamteindruck beider Markenwörter nicht hinreichend entgegen. Insoweit ist noch zu beachten, dass bei einem Vergleich beider Marken eine Verwechslungsgefahr noch dadurch gefördert wird, dass der Verkehr die Marken in aller Regel nicht zeitgleich oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge wahrnimmt und seine Auffassung daher erfahrungsgemäß von einem eher undeutlichen Erinnerungsbild bestimmt wird (vgl. EuGH, MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints). Die Gesamtabwägung von (enger) Warenähnlichkeit, durchschnittlichem, wenngleich etwas reduziertem Schutzumfang der Widerspruchsmarke und erheblicher phonetischer sowie schriftbildlicher Markenähnlichkeit ergibt daher, dass eine Gefahr von Verwechslungen zu bejahen ist. Die Beschwerde hat daher Erfolg Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005718&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005719
BPatG
München
25. Senat
20100507
25 W (pat) 52/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Nimm 2 Fruchtpops/fruitpop" – teilweise Verwechslungsgefahr -
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 33 010 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2010 7. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. August 2007 und vom 30. Mai 2008 aufgehoben, soweit der Widerspruch hinsichtlich der Waren "Zuckerwaren" zurückgewiesen worden ist. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 304 28 989 wird die Löschung der Marke 305 33 010 für diese Waren angeordnet. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke Nimm 2 Fruchtpops ist am 5. August 2005 unter der Nr. 305 33 010 für folgende Waren der Klasse 30 in das Markenregister eingetragen worden: "Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren". Dagegen hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke fruitpop , die für die folgenden Waren der Klassen 29, 32 und 33 "Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" im Markenregister unter der Nr. 304 28 989 eingetragen ist, Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch zwei Beschlüsse vom 7. August 2007 und vom 30. Mai 2008, von denen einer im Erinnerungsverfahren erging, den Widerspruch zurückgewiesen. Nach der Auffassung der Markenstelle könne eine Verwechslungsgefahr im Sinne der §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 MarkenG nicht festgestellt werden. Bei geringer bis durchschnittlicher Warenähnlichkeit wiesen die Marken in ihrer Gesamtheit keine Ähnlichkeit auf. Obwohl das Ende der angegriffenen Marke klanglich mit dem Ende der Widerspruchsmarke übereinstimme, seien die Wortanfänge, Klangfolgen und Wortlängen unterschiedlich. Aufgrund der unterschiedlichen Länge beider Marken liege auch keine schriftbildliche Ähnlichkeit vor. Weiterhin seien die Marken auch begrifflich nicht ähnlich. "Fruchtpops" sei für alle Waren des Verzeichnisses der angegriffenen Marke unmittelbar beschreibend. Aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen könne daher die angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit nicht von diesem Bestandteil geprägt werden. Wegen der eingeschränkten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und mangels einer selbständig kennzeichnenden Stellung der übernommenen Marke in der jüngeren Marke könne auch keine Markenusurpation angenommen werden. Hiergegen wendet sich die von der Widersprechenden am 26. Juni 2008 erhobene Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass in hohem Maße Verwechslungsgefahr bestehe. Die Widerspruchsmarke besitze mindestens normale Kennzeichnungskraft. Insbesondere sei der Wortteil "pop" keine beschreibende Angabe für eine bestimmte Warenart. In Alleinstellung habe dieser Begriff vielmehr in der englischen Sprache die gleiche Bedeutung wie in der deutschen Sprache (Popmusik etc.). Die angegriffene Marke sei von ihrer Bedeutung her als Imperativ aufzufassen; mithin sei hier der Bestandteil "Fruchtpops" das einzig prägende Markenwort. Zumindest sei insoweit von einer selbständig kennzeichnenden Stellung dieses Bestandteils innerhalb der angegriffenen Marke auszugehen. Auch sei eine hinreichende Warenähnlichkeit gegeben. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Mai 2008 aufzuheben und der Anmeldemarke die Eintragung zu versagen. Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie teilt die Erwägungen der Markenstelle. Ferner trägt sie vor, die Bezeichnung " fruitpops " sei auch nach dem Sachvortrag der Beschwerdeführerin kennzeichnungsschwach. Die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Produkte könnten überwiegend mit Zerealien (insoweit sei dem Bestandteil "pop" eine beschreibende Bedeutung zuzuschreiben) hergestellt werden, bei der angegriffenen Marke träfe dies sogar auf alle Produkte zu. Auch für Getränke sei "Pop" beschreibend, weil dieser Begriff in der englischen und amerikanischen Umgangssprache für süße Getränke (= Limo) stehe. Ferner sei der Bestandteil "nimm 2" der angegriffenen Marke kein an die Verbraucher gerichteter Imperativ, sondern weise auf den Betrieb der Beschwerdegegnerin hin. Der Bestandteil "nimm 2" sei eine seit Jahrzehnten durchgesetzte Marke mit überragendem Bekanntheitsgrad, wozu sie auf Vertriebs- und Umsatzzahlen und von ihr getätigte Marketing- und Mediaaufwendungen verweist. Letztlich bestreitet sie die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die verfahrensgegenständlichen Beschlüsse der Markenstelle, auf die Schriftsätze der Beteiligten und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist zwischen den gegenüberstehenden Marken hinsichtlich der Ware "Zuckerwaren" Verwechslungsgefahr gegeben (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Daher war die Löschung der angegriffenen Marke gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG insoweit anzuordnen. Hinsichtlich der weiteren Waren der angegriffenen Marke hat die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Widerspruchsmarke jedoch zutreffend verneint, so dass insoweit der Widerspruch gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden ist. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO ; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich insbesondere nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 –Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). 1. Für die Frage der Warenähnlichkeit ist von der Registerlage auszugehen. Zwar hat die Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke durch die Widersprechende bestritten. Gegen die Widerspruchsmarke ist aber nach deren Eintragung ein Widerspruch erhoben worden. Das betreffende Widerspruchsverfahren ist am 19. April 2006 abgeschlossen worden. Damit beginnt gemäß § 26 Abs. 5 MarkenG die fünfjährige Benutzungsschonfrist des § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht bereits mit der Eintragung der Widerspruchsmarke, sondern erst zu diesem Zeitpunkt. Diese Frist ist daher noch nicht abgelaufen, so dass die Einrede der Nichtbenutzung in Bezug auf die Widerspruchsmarke keine rechtlichen Wirkungen entfalten kann. 2. Eine relevante Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren kann angenommen werden, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer, für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe, so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 49 m. w. N.). Hiervon ausgehend können sich die gegenüberstehenden Marken auf Waren begegnen, die teils in einem engen, im übrigen aber in einem mittleren Ähnlichkeitsbereich stehen. a) Eine hochgradige Ähnlichkeit ist zwischen der Ware "Zuckerwaren" der angegriffenen Marke und den Waren "Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus" zu bejahen. Unter Zuckerwaren fallen zahlreiche unterschiedliche Lebensmittel, die durch den Zusatz von Zucker der üblichen Zuckerarten, aber auch durch Süßstoffe, Zuckeralkohole oder andere süße Zutaten meist einen ausgeprägt süßen Geschmack haben (vgl. http://www.was-wir-essen.de/abisz/zuckerwaren/php ). Sie können gerade auch mit Früchten oder Fruchtzusätzen zubereitet sein. Auch Gelee-Erzeugnisse wie z. B. Gelee-Früchte oder kandierte Früchte oder andere kandierte Pflanzenteile sind den Zuckerwaren zuzuordnen (vgl. http://www.was-wir-essen.de/abisz/zuckerwaren/php ). Von der Zusammensetzung und ihrer Beschaffenheit, aber auch von ihren Vertriebswegen her weisen somit Gallerten (Gelees), Konfitüren und auch Fruchtmus auf der einen und Zuckerwaren auf der anderen Seite weitgehende Überschneidungen auf. Es handelt sich zudem um Lebensmittel, die nicht als Grundnahrungsmittel, sondern entweder als eine reine "Nascherei" oder in Verbindung mit anderen Nahrungsmitteln konsumiert werden. Insgesamt liegt damit für den Verkehr, hier insbesondere die Endverbraucher, die Annahme einer gemeinsamen betrieblichen Herkunft besonders nahe. b) Eine mittlerer Grad an Warenähnlichkeit ist zwischen den vorgenannten Waren der Widerspruchsmarke und der Ware "feine Backwaren" der angegriffenen Marke gegeben. Feine Backwaren werden zwar aus Teigen oder Massen durch Backen, Rösten, Trocknen und ähnliche Verfahren hergestellt, enthalten aber mehr als 10 % Fett und Zucker auf 90 Teile Getreide (vgl. http://www.was-wir-essen.de/abisz/backwaren/php ). Da gerade im Bereich der Feinbackwaren, so z. B. bei Blätterteiggebäck oder Plunder, Konfitüren und Fruchtmus als wichtige, geschmackgebende Bestandteile verwendet werden, weisen diese Waren mit "feinen Backwaren" Überschneidungen auf, die insgesamt die Bejahung einer mittleren Warenähnlichkeit rechtfertigen, auch wenn die Vergleichswaren häufig nicht in denselben Produktionsstätten hergestellt werden. c) Eine vergleichbare, mittlere Ähnlichkeit ist auch zwischen den Waren "Schokolade und Schokoladenwaren" der angegriffenen Marke und den Waren "Milch und Milchprodukte" der Widerspruchsmarke gegeben. Bei Schokoladenwaren ist die Beimengung von Milchprodukten oder Milchpulver insbesondere bei der Herstellung von Milchschokolade und weißer Schokolade üblich und produkttypisch. Umgekehrt ist die Zugabe von Schokolade bei Milch- (Mix-)Getränken eine übliche Zubereitungsart. Diese Waren weisen damit ebenfalls Überschneidungen auf, die sie als jedenfalls ohne weiteres ähnlich erscheinen lassen (vgl. auch BGH GRUR 2007, 1066, Tz. 22 - Kinderzeit). d) Die Waren der angegriffenen Marke weisen zu allen weiteren Waren der Widerspruchsmarke einen insgesamt erheblich weiteren Abstand auf, sofern überhaupt noch eine Warenähnlichkeit gegeben ist. 3. Soweit es um die Waren der Widerspruchsmarke geht, die für die Frage der Warenähnlichkeit und der Verwechslungsgefahr vorliegend relevant sind, nämlich "Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus" und "Milch und Milchprodukte", weist die Widerspruchsmarke eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Insoweit kann jedenfalls nicht von einer verminderten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ausgegangen werden. Der Wortteil "Fruit" gehört zum Grundwortschatz der englischen Sprache; ihm wird vom Verkehr auch in Deutschland ohne weiteres die Bedeutung "Frucht" zugeschrieben. "Pop" hat in der englischen Sprache - auch ohne den Zusatz "soda" - u. a. die Bedeutung "Limonade, Brause" (vgl. Langenscheidt/Collins, Großwörterbuch Englisch, 2008, S. 634 und Pons, Großwörterbuch Englisch, Neubearb. 2007, S. 731). Insoweit kann nicht mehr von einem in Deutschland unbekannten Begriff der englischen Sprache ausgegangen werden. Dies zeigt der bereits verbreitete Begriff "Alkopops", der für limonadenhaltige Getränke mit Alkoholzusatz verwendet wird und in diesem Sinn in Deutschland weit verbreitet ist. Allerdings hat dieser Begriff, der mit "fruchthaltiger Brause" umschrieben werden könnte, nur in Bezug auf einen Teil der Waren der Widerspruchsmarke eine beschreibende Bedeutung, und zwar bei den Waren "Fruchtgetränke und Fruchtsäfte". Diese Waren sind allerdings für die Frage der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht relevant. Hinsichtlich der Waren "Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus" und "Milch und Milchprodukte" weist das Markenwort " fruitpop " hingegen keine relevanten warenbeschreibenden Bezüge auf. Es beschreibt weder die Beschaffenheit noch Eigenschaften dieser Waren. 4. Unter Berücksichtigung der hochgradigen Ähnlichkeit hinsichtlich der Ware "Zuckerwaren" der angegriffenen Marke mit den vorgenannten relevanten Waren der Widerspruchsmarke und der jedenfalls insoweit vorliegenden durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält die angegriffene Marke den gegenüber der Widerspruchsmarke gebotenen Abstand insoweit nicht ein. Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235 Tz. 18 – AIDA / AIDU m. w. N.). Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist zudem der das Kennzeichenrecht beherrschende Grundsatz zugrunde zu legen, dass es auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. BGH AIDA / AIDU a. a. O.). a) Zwar weisen die gegenüberstehenden Marken in ihrer Gesamtheit schon allein aufgrund des Bestandteils "nimm 2" der angegriffenen Marke klanglich und schriftbildlich gravierende Unterschiede auf. Allerdings kann eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gegeben sein, wenn in einer zusammengesetzten jüngeren Marke ein Bestandteil eine selbständig kennzeichnende Stellung hat und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Kreisen der Eindruck erweckt wird, dass die fraglichen Waren und Dienstleistungen aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 ff. - THOMSON LIFE ; BGH GRUR 2008, 905 - PANTOHEXAL ). Dies ist in Bezug auf den Bestandteil "Fruchtpops" der angegriffenen Marke zu bejahen, soweit es um die Ware "Zuckerwaren" geht. b) Der Bestandteil "nimm 2", der sowohl in Alleinstellung, als auch als Bestandteil einer Reihe weiterer Marken registriert ist, ist als Serienzeichen anzusehen. Dieses Zeichen hat - ungeachtet seines Aussagegehalts als bloße Aufforderung mit Mengenangabe - auch eine erhöhte Verkehrsbekanntheit gerade im Segment "Süßwaren". Die Markeninhaberin hat - insoweit von der Widersprechenden nicht bestritten - vorgetragen, dass sie mit der Marke "nimm 2" gekennzeichnete Produkte in der Größenordnung von ca. … Mio. Tonnen und mit einem Umsatz von … Mio. € jährlich vertreibt und hierfür … Mio. €  Marketing- und … Mio. € Mediakosten jährlich aufwendet. Die hohe Präsenz der Marke "nimm 2" im Segment "Süßwaren" ist dem Senat, dessen Mitglieder als Endverbraucher auch Zielgruppe des intensiven Marktauftritts der Markeninhaberin ist, auch bekannt. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass relevanten Teilen des Verkehrs das Zeichen "nimm 2" als Marke oder auch als Stammbestandteil einer Serie von Marken bekannt ist. Für die Annahme einer selbständig kennzeichnenden Stellung und einer daraus resultierenden Verwechslungsgefahr kann es jedoch gerade sprechen, wenn ein mit einer älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042, Tz. 30 ff. - THOMSON LIFE ; BGH GRUR 2008, 258, Tz. 33 - INTERCONNECT/T-INTERCONNECT). Im vorliegenden Fall wird der Verkehr neben dem ihm bekannten oder zumindest als solchen erkennbaren (Stamm-) Bestandteil "nimm 2" in dem weiteren Bestandteil "Fruchtpops" eine eigenständigen Produkthinweis sehen, zumal die Verbindung eines produktbezogenen Zeichens mit dem Stammbestandteil einer Zeichenserie insbesondere auch im Bereich der Nahrungs- und Lebensmittel bei deren Kennzeichnung üblich ist. Insoweit kommt dem Bestandteil "Fruchtpops" innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Diese wirkt vorliegend auch kollisionsbegründend. Zwar ist - anders als bei den relevanten Marken bzw. deren Bestandteilen bei BGH GRUR 2008, 905, 908 [Tz. 37] - Panto ./. Pantohexal - der Bestandteil "Fruchtpops" mit der älteren Marke " fruitpop " nicht vollständig identisch. Eine völlige Identität der Vergleichsmarken bzw. ihrer relevanten Bestandteile ist für eine Kollisionswirkung von Markenbestandteilen aber auch nicht zu fordern, sondern es kann auch eine hochgradige Ähnlichkeit insoweit bereits ausreichen (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 355). Dies ist hier der Fall. Die Vergleichsbezeichnungen "Fruchtpops" und " fruitpop " weisen sowohl klanglich als auch begrifflich starke Übereinstimmungen auf. So ist in klanglicher Hinsicht durch die Vokalfolge "ch" in der angegriffenen Marke eine kaum merkliche Abweichung zur Aussprache der Widerspruchsmarke gegeben, die insbesondere bei schneller Aussprache nahezu verschwimmt. Gleiches gilt auch in Bezug auf das Plural-s am Ende des Bestandteils "Fruchtpops". Da "Fruchtpops" zudem als eine eingedeutschte Version des aus der englischen Sprache abgeleiteten Begriffs " fruitpop " ist, werden ihm die Verkehrskreise auch überwiegend den gleichen, wie oben dargelegten Begriffsgehalt zuordnen. Bei einer derart hochgradigen Ähnlichkeit des insoweit relevanten Bestandteils der jüngeren mit der älteren Marke ist diesem Bestandteil dann auch eine selbständig kollisionsbegründende Stellung zuzumessen. Dann ist auch die Gefahr gegeben, dass der Verkehr angesichts dieser hochgradigen Ähnlichkeit die Vergleichsmarken bzw. ihrer selbständig kennzeichnenden Bestandteile und der hochgradigen Ähnlichkeit der Waren "Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmus" mit der Ware "Zuckerwaren" auf eine identische betriebliche Herkunft schließt. Es ist hierbei auch nicht zu fordern, dass sich die Vergleichsmarken auf identischen Waren begegnen. Eine hochgradige Warenähnlichkeit als ausreichend erachtet werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 358 m. w. N.). Nach alledem war der Beschwerde in Bezug auf die Ware "Zuckerwaren" stattzugeben, so dass insoweit die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben waren und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war. 5. Hinsichtlich der übrigen Waren der angegriffenen Marke, nämlich "Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren" ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den gegenüberstehenden Marken jedoch nicht gegeben. a) Die selbständig kennzeichnende Stellung des Bestandteils "Fruchtpops" der angegriffenen Marke wirkt insoweit nicht kollisionsbegründend, um eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne annehmen zu können. Denn in Bezug auf diese Waren kann nicht von einer hochgradigen Ähnlichkeit zu den Waren der Widerspruchsmarke ausgegangen werden; sondern nach dem oben gesagten nur von einer mittleren Warenähnlichkeit. Anders als bei identischen oder hochgradig ähnlichen Waren ist dies aber für die Annahme einer eine Verwechslungsgefahr begründenden Kollisionslage als nicht (mehr) ausreichend zu erachten (vgl. dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 358 m. w. N.). Denn die eine Verwechslungsgefahr begründende Markenähnlichkeit aufgrund der selbständig kennzeichnenden Stellung eines Markenbestandteils stellt eine Ausnahme vom Prinzip dar, dass die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit gegenüber zu stellen sind. Dann aber ist es auch geboten, nicht jede Warenähnlichkeit bereits als ausreichend zu erachten, sondern eine hochgradige Warenähnlichkeit für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu fordern. Bei der notwendigen Gesamtbetrachtung aller maßgebenden Umstände unter Einbeziehung des insoweit gegebenen Warenabstands - anders als z. B. bei EuGH GRUR 2005, 1042, Tz. 37 - THOMSON LIFE , wo es um identische Waren ging - und unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Widerspruchsmarke und der selbständig kennzeichnende Bestandteil in die angegriffenen Marke - anders als bei EuGH GRUR 2005, 1042, - THOMSON LIFE und BGH GRUR 2008, 905, 908 - Panto ./. Pantohexal - nicht identisch aufgenommen wurde, kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr besteht, soweit es um die Waren "Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren" der angegriffenen Marke geht. b) Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Markenserie liegt in Bezug auf die vorgenannten Waren nicht vor. Der Bestandteil "Fruchtpops" der angegriffenen Marke kann nicht als Teil einer von der Widerspruchsmarke abgeleiteten Markenserie erachtet werden. Insbesondere handelt es sich bei der Widerspruchsmarke um ein Zeichen, das - soweit ersichtlich - nicht in Zusammenhang mit anderen Bestandteilen verwendet wird und seinerseits nicht auf einen Stammbestandteil einer Markenserie hinweist. Nach alledem ist hinsichtlich der weitergehenden Waren der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr gegeben, so dass die Beschwerde insoweit zurückzuweisen war. 6. Zur Auferlegung von Kosten bestand gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005719&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005720
BPatG
München
25. Senat
20100421
25 W (pat) 100/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Azzaro/Azzurro" – unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr -
In der Beschwerdesache … betreffend die international registrierte Marke IR 841 773 hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) am 21. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternichs beschlossen: Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.
I. Die Wortmarke Azzaro ist am 7. Mai 2004 unter der Nr. 841 773 für folgende Waren international registriert worden: "Klasse 29: Herbs; Klasse 30: Coffee and coffee substitute, tea, cocoa, chocolate to drink and/or in powder; coffee-based, tea-based, cocoa-based, chocolate-based drinks; Klasse 32: Fruit drinks; Klasse 33: Alcoholic beverages (except beers) and wines, alcoholic beverages with fruits; alcoholic cocktails, digestive alcohol, liqueur, port wine and other alcohol of the same kind, vodka, gin, sake and other white alcoholic beverages, whisky, rum and other brown alcoholic beverages, anisette, cider, champagne; Klasse 34: Tobacco, ie cigarettes, cigars and pipes, smokers articles, ie matches, lighters, boxes for cigarettes and cigars, cigars and cigarette cases.” Die internationale Registrierung der angegriffenen Marke ist am 24. März 2005 veröffentlicht worden. Gegen die Schutzgewährung dieser Marke für Deutschland hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke Azzurro , die unter der Nr. 396 27 919 für die folgenden Waren der Klassen 32 und 33 "Biere; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" registriert ist, Widerspruch erhoben, wobei sich der Widerspruch nur gegen die Waren der Klasse 32 und 33, für die die angegriffene Marke registriert ist, richtet. Die Markenstelle für Klasse 30 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zunächst mit Erstprüferbeschluss vom 4. September 2007 in Bezug auf alle Waren der angegriffenen Marke zurückgewiesen. Aus Sicht der Markenstelle war die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, weil in den von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsunterlagen keine Aussagen zu in Deutschland erzielten Umsatzzahlen bzw. Absatzmengen erfolgt seien, obwohl ein Vertrieb im deutschsprachigen Ausland nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liege. Außerdem sei die Widerspruchsmarke nach diesen Unterlagen nicht in ihrer eingetragenen Form, sondern mit hochgestelltem "Z" benutzt worden. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 24. Oktober 2008 den Beschluss vom 4. September 2007 teilweise aufgehoben und - unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen - der angegriffenen Marke den Schutz hinsichtlich der oben für die angegriffene Marke aufgeführten Waren der Klassen 32 und 33 verweigert. Die von der Widersprechenden im Erinnerungsverfahren vorgelegten weiteren Benutzungsunterlagen hat der Markeninhaber erst nach Zustellung des Beschlusses vom 24. Oktober 2008 erhalten. Die Markenstelle geht davon aus, dass in dem o. g. Umfang zwischen den gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr gegeben sei. Die Widersprechende habe nunmehr die Benutzung der Widerspruchsmarke für "Weine" sowohl für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG (24. März 2000 - 24. März 2005), als auch nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG (Oktober 2003 - Oktober 2008) glaubhaft gemacht. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau aller eingereichten Unterlagen. Die Benutzung als graphisch gestalteter Schriftzug habe den eigenständigen Aussagegehalt der Widerspruchsmarke und ihren kennzeichnenden Charakter nicht verändert. Die (weitere) eidesstattliche Versicherung eines Vorstandsmitglieds der Widersprechenden vom 11. Januar 2008 erlaube eine Zuordnung des Vertriebs im Inland, der mit durchschnittlich … Mio. Flaschen p.a. auch ausreichend relevant sei. Warenunähnlichkeit bestehe in Bezug auf die Waren der Klassen 29 und 34, in Bezug auf die Waren der Klasse 30 sei von einer erheblichen Warenferne auszugehen, ebenfalls bei "liqueur, vodka gin, sake and other white alcoholic beverages, whisky, rum and other brown alcoholic beverages, anisette”. Im übrigen sei teils mittlere, teils hochgradige, bis zur Warenidentität reichende Ähnlichkeit gegeben. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich, da das italienische Wort " Azzurro " (= blau) in Bezug auf "Weine” kein beschreibender Sachhinweis sei. Klanglich seien beide Zeichen überdurchschnittlich ähnlich (Gleiche Silbenzahl, gleiche Silbengliederung, gleicher Sprech- und Betonungsrhythmus, ähnliche Vokalfolge), so dass kein hinreichend deutlicher Abstand zwischen den Zeichen gegeben sei. Unter Abwägung aller in Betracht kommender Beurteilungsfaktoren sei in Bezug auf die identischen, hochgradig ähnlichen und durchschnittlich ähnlichen Waren Verwechslungsgefahr zu bejahen und im Übrigen zu verneinen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Er ist der Auffassung, dass der Schutzumfang der Widerspruchsmarke fehlerhaft ermittelt worden sei. " Azzurro ” sei als gängiges Wort für "blau" dem deutschen Publikum, d. h. dem Durchschnittsverbraucher wohlbekannt. Dem Verbraucher sei auch bekannt, dass dieses Wort einen Bezug zur Farbe der Aufmachung der Flaschen von italienischem Perlwein und zu blauen Mineralwasserflaschen habe; derart gefärbte Flaschen seien seit Jahren dem Publikum bekannt. Ferner werde das Wort " Azzurro " auch zur Umschreibung von Cocktails benutzt, die aufgrund der Beimischung von Curacao eine blaue Färbung erhielten. Darüber hinaus habe die Markenstelle nicht berücksichtigt, dass " Azzurro " auch eine geographische Herkunftsangabe sei, da auf der Insel Elba insbesondere im Umland der Stadt Azzurro Chianti Weine und auch der Dessertwein "Vin Santo" angebaut werde. Dies habe die Widersprechende auch nicht in Abrede gestellt. Die Widerspruchsmarke habe daher nur einen geringen Schutzumfang, der letztlich auf eine identische Benutzung jüngerer Marken zu reduzieren sei. Die angefochtenen Beschlüsse führten in letzter Konsequenz auch zu einer Marktbehinderung von italienischen Herstellern und Importeuren von Weinen und anderen Getränken. Diese seien gehindert, Sachangeben zur farblichen Gestaltung der Aufmachung von Flaschen zu machen oder werbetypische Inhaltsangaben bei der Beimischung von Curacao zu Perlwein zu machen. Außerdem sei dem Markeninhaber das Recht zur Stellungnahme im Erinnerungsverfahren abgeschnitten worden, da er den Schriftsatz der Widersprechenden vom 18. Januar 2008 mit Benutzungsunterlagen erst nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses erhalten hat. Daher stelle er den Antrag, den "gesamten Akteninhalt" erneut zu prüfen. Ferner hat aus Sicht des Markeninhabers die Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht. Die Widerspruchsmarke sei als Wortmarke durch eine graphische Umgestaltung deutlich verändert worden. Diese hebe sich über typische Werbegrafiken hinaus und wirke optisch nun so dominant, dass das an sich beschreibende Wort " Azzurro " einen neuen Sinngehalt erhalten habe. Es sei durch das Hervorheben des "Z" und den folgenden Anschluss des Bestandteils " URRO " optisch in zwei Worte ("AZ" und " ZURRO ") getrennt worden, was zu einer deutlichen Abwandlung der ursprünglich eingetragenen Marke auch in Bezug auf deren Kennzeichnungskraft führe. Der Markeninhaber beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. Oktober 2008 aufzuheben und von einer Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen abzusehen. Ferner regt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen. Die Widersprechende weist zunächst darauf hin, dass ihr Widerspruch von vorne-herein nicht auf die Waren der Klassen 29, 30 und 34 der angegriffenen Marke gerichtet gewesen sei. Im Umfang des Widerspruchs habe die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr zwischen den gegenüberstehenden Marken aber zu Recht bejaht. Namensrechte des Markeninhabers seien nicht relevant, zumal er nicht dargelegt habe, ob und in welchem Umfang der Familienname "Azzaro" auf dem Getränkesektor in Deutschland eine Rolle spiele. Die Widerspruchsmarke sei rechtserhaltend benutzt worden, ohne dass sich ihr kennzeichnender Charakter geändert habe. Insbesondere liege keine graphische Trennung in zwei Wörter vor. Ferner sei zwischen den mit dem Widerspruch angegriffenen Waren der Klassen 32 und 33 der jüngeren Marke und den Waren, für die die Widerspruchsmarke registriert sei, eine hochgradige Ähnlichkeit bzw. Identität gegeben. Die gegenüberstehenden Marken seien nahezu identisch, jedenfalls klanglich und schriftbildlich hochgradig ähnlich. Es komme deswegen nicht darauf an, ob der Widerspruchsmarke ein verminderter Schutzumfang beizumessen sei. Letzteres sei auch nicht der Fall. Da die Widersprechende jährlich über … Mio. Flaschen des Perlweins " Azzurro " vertreibe und insoweit einen erheblichen Werbeaufwand habe, sei eine möglicherweise bestehende Originalitätsschwäche ausgeglichen. Auch die Tatsache, dass es Prosecco- und Mineralwasserflaschen mit blauer Aufmachung gebe, führe nicht zu einem Sachzusammenhang zwischen der Farbe "blau" und Weinen/Perlweinen. Ferner gebe es kein Weinanbaugebiet namens " Azzurro ". Die vom Markeninhaber genannte Stadt heiße "Porto Azzurro ". In dieser Hafenstadt gebe es keinen Weinanbau. Dieser sei zudem auf Elba stark zurückgegangen und habe Bezeichnungen wie "Elba bianco, Elba ansonica , Elba rosso, Elba aleatico ". "Porto Azzurro " werde hingegen nicht mit einem Weinan-baugebiet in Verbindung gebracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, aber nicht begründet. Die Markenstelle hat in dem angefochtenen Erinnerungsbeschluss im Ergebnis zutreffend angenommen, dass zwischen den gegenüberstehenden Marken Verwechslungsgefahr besteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Sie hat daher gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 43 Abs. 2 Satz 1, 114 Abs. 3 MarkenG der angegriffenen Marke zu Recht den Schutz verweigert. Obwohl die (weiteren) von der Widersprechenden mit Schriftsatz vom 18. Januar 2008 eingereichten Benutzungsunterlagen dem Markeninhaber erst nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses mitgeteilt wurden, besteht gleichwohl kein Anlass, den angefochtenen Beschluss nach § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. 1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO ; GRUR 1998, 387, 389 f. - Sabèl/Puma). Ihre Beurteilung bemisst sich im wesentlichen nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese wesentlichen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. BGH GRUR 2008, 258 – INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH MarkenR 2009, 399 – Augsburger Puppenkiste; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 32). a) Auf die ohne Einschränkung erhobene Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke durch den Markeninhaber oblag es der Widersprechenden, die Benutzung der Widerspruchsmarke zum einen für den Zeitraum nach §§ 107 Abs. 1, 114 Abs. 1, 43 Abs. 1 Satz 1, 26 MarkenG glaubhaft zu machen. Nachdem die internationale Registrierung der angegriffenen Marke am 24. März 2005 veröffentlicht wurde, begann dieser Zeitraum am 24. März 2000 und endete am 24. März 2005. Zum anderen war seitens der Widersprechenden für den Zeitraum von fünf Jahren vor Entscheidung über den Widerspruch, also vor diesem Beschluss, und damit beginnend im April 2005 die Benutzung der Widerspruchsmarke ebenfalls glaubhaft zu machen (§§ 107 Abs. 1, 43 Abs. 1 Satz 2, 26 MarkenG). Für beide Zeiträume hat die Widersprechende die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht, und zwar für die Ware "alkoholische Getränke, nämlich Perlwein". Sie hat zwei eidesstattliche Versicherungen vom 30. März 2006 und vom 11. Januar 2008 vorgelegt, die von einem Mitglied des Vorstands der Widersprechenden abgegeben wurde. Daraus ergibt sich mit einer für die Glaubhaftmachung (§§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, 294 ZPO) ausreichenden Wahrscheinlichkeit, dass die Widersprechende in den Jahren 2000 – 2005 zwischen … und … Flaschen des Produktes " Azzurro ", eines Prosecco Frizzante abgesetzt hat, wobei der Anteil des Absatzes im Ausland zwischen …% und …% lag, und dieses Produkt in den Jahren 2002 – 2006 Werbeaufwendungen in Höhe von … € getätigt hat. Ferner ist durch diese eidesstattlichen Versicherungen glaubhaft gemacht, dass dieses Produkt in einem in Deutschland belegenden Abfüllbetrieb in Flaschen abgefüllt wurde, die mit dem der eidesstattlichen Versicherung vom 30. März 2006 beigefügten Etiketten versehen wurden. Entgegen der Auffassung des Markeninhabers stellt die graphische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke, wie sie sich aus den o. g. Benutzungsunterlagen ergibt, keine deren kennzeichnenden Charakter ändernde Abweichung dar (§ 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG). Es handelt sich hierbei um eine im Rahmen des Werbeüblichen bleibende Gestaltung, durch die keine den optischen oder begrifflichen Aussagegehalt der Widerspruchsmarke ersichtliche Veränderung dieser Marke bewirkt wird. Das Markenwort " Azzurro " dominiert innerhalb dieser graphischen Ausgestaltung. Der Verkehr wird es auch bei dem aufsteigenden Schriftbild mit einem hochgestellten "Z" weiterhin unschwer als solches erkennen. Insbesondere bleibt es auch optisch bei einem Markenwort, das nicht in zwei Bestandteile aufgespaltet wird. Im Schriftbild ergeben sich keine Trennungen oder Lücken; auch nach dem hochgestellten, zweiten "Z" schließt sich der weitere Wortteil " urro " nahtlos an, so dass für den Verkehr kein Anlass besteht, das Wort " Azzurro " in mehrere Teile aufzugliedern. Eine Benutzung für andere Produkte als einen Prosecco Frizzante ist aus den o. g. Benutzungsunterlagen nicht ersichtlich. Im Rahmen der Integrationsfrage (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26, Rdnr. 160 ff., insbes. Rdnr. 165) kann für die Benutzung der Widerspruchsmarke jedenfalls von der Ware "Perlwein" ausgegangen werden. Weitere Waren, für die die Widerspruchsmarke registriert ist, bleiben für die weitere Prüfung indessen außer Betracht. b) Soweit die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht wurde, begegnen sich die gegenüberstehenden Marken in dem Bereich, auf den sich der Widerspruch bezieht, nämlich die Waren der Klassen 32 und 33 der angegriffenen Marke, auf teilweise identischen, teilweise ähnlichen Waren. Zwischen den Waren "alcoholic beverages (except beers) and wines” der angegriffenen Marke und der Ware "Perlwein” der Widerspruchsmarke besteht Identität, da die Ware "Perlwein” in dem weiten Oberbegriff der vorgenannten Waren der angegriffenen Marke aufgeht. Eine zumindest hochgradige Ähnlichkeit liegt auch in Bezug auf die Waren "port wine” und "champagne” der angegriffenen Marke vor, da diese wie Perlwein aus Wein hergestellt werden. Die weiteren Waren der Klasse 33 "alcoholic beverages with fruits; alcoholic cocktails, digestive alcohol, liqueur, and other alcohol of the same kind, vodka, gin, sake and other white alcoholic beverages, whisky, rum and other brown alcoholic beverages, anisette, cider” der angegriffenen Marke sind mit der Ware "Perlwein” zwar nicht als identisch zu erachten. Jedoch liegt - entgegen der Auffassung der Markenstelle - insoweit keine Warenferne, sondern ohne weiteres Warenähnlichkeit vor. Es entspricht einer auf dem Markt für alkoholische Getränke schon länger festzustellenden und auch allgemein bekannten Tendenz, dass Weinbaubetriebe und der Weinvertrieb ihr Angebot auch in Richtung von Spirituosen wie z. B. Wein- und Tresterbränden ausweiten (vgl. PAVIS PROMA 26 W (pat) 120/95 - Deuce). Es wäre allerdings zu eng, diese Tendenz auf alkoholische Getränke, die aus Weintrauben erzeugt werden, zu reduzieren. Anbieter von Weinen haben ihr Angebot auch auf andere Schnäpse und Brände erweitert (siehe z. B. auch der von einem Weinanbau- und Weinhandelsbetrieb vertriebenen Whiskey "Racke Rauchzart”), was ebenfalls allgemein bekannt ist. Daher bestehen hier deutliche Überschneidungen und Gemeinsamkeiten bei den Herstellerbetrieben bzw. Produzenten. Gelangen derartige Spirituosen und Weine zudem auf gleichen Vertriebswegen und in gleichen Vertriebsstätten an die Verbraucher, so ist es mithin nicht angebracht, eine Warenähnlichkeit nur in Bezug auf aus Weintrauben erzeugte Getränke anzunehmen. Dies gilt in einer anderen Richtung auch für die Ware "Cider”, da auch "Apfelwein” in eine Sortimentserweiterung von Weinanbau- und Weinhandelsbetrieben eingeordnet werden kann. Auch bei der Ware "Fruit drinks” der angegriffenen Marke ist Ähnlichkeit mit der Ware "Perlwein” ohne weiteres zu bejahen. Ebenso wie bei der Erweiterung des Sortiments von Weinbaubetrieben und Weinvertriebsunternehmen bei den Spirituosen ist am Markt auch zu beobachten und damit allgemein bekannt, dass nicht-alkoholische Getränke in deren Sortiment verstärkt aufgenommen werden. Dies trifft insbesondere auf Traubensäfte zu, die unter den Oberbegriff der "Fruchtsäfte” zu subsumieren sind. Auch hier sind deutliche Überschneidungen bei den Herstellerbetrieben gegeben, was sich auch in einer entsprechenden Verkehrsauffassung widerspiegelt. c) Bei der Widerspruchsmarke ist von einer normalen Kennzeichnungskraft auszugehen. Der Auffassung des Markeninhabers, dass insoweit eine unterdurchschnittliche, verminderte Kennzeichnungskraft gegeben sei, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Markenwort " Azzurro " als das italienische Wort für den Begriff "Blau" von einzelnen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise, die hier aus den Endverbrauchern bestehen, erkannt wird, da Begriffe der italienischen Sprache vielfach im Zusammenhang mit Getränken Eingang in den deutschen Sprachgebrauch gefunden haben. Ob allerdings dieses Wort, das als solches nichts anderes darstellt als die Bezeichnung einer Farbe, einem relevanten Teil der Verkehrskreise in dieser Bedeutung bekannt ist, kann nicht als gesichert erachtet werden, da es nicht als ein dem deutschen Publikum geläufiger Alltagsbegriff anzusehen ist. Im Übrigen fehlt es jedenfalls hier an einer in Bezug auf die Ware "Perlwein" beschreibenden Angabe. Die Bezeichnung "Blau" ist ungeeignet, die Ware "Perlwein" selbst unmittelbar zu beschreiben. Ferner fehlt es auch ansonsten an relevanten warenbeschreibenden Bezügen. Die Verwendung von Wein bei der Zubereitung von Cocktails oder Mixgetränken, die durch Zugabe von Curacao blau gefärbt werden, stellt einen solchen Bezug nicht her. Für die Ware "Perlwein" ist dies nicht waren-typisch, weil die Färbung ja gerade nicht durch den Perlwein, sondern durch andere Zutaten hergestellt wird. Auch der Vertrieb von Prosecco in blau gefärbten Flaschen genügt  zur Herstellung eines solchen Bezugs nicht, da eine solche, eher ungewöhnliche Farbe der Flasche keine Eigenschaft des Produktes "Perlwein" beschreibt, sondern nur zu dekorativen Zwecken verwendet wird. Schließlich ist - entgegen der Auffassung des Markeninhabers - auch nicht davon auszugehen, dass " Azzurro " als geographischer Herkunftshinweis für Wein dient. Ein Ort oder auch eine Weinlage namens " Azzurro " konnte nicht ermittelt werden. Soweit der Markeninhaber auf den auf Elba gelegenen Hafenort " Azzurro " verweist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der vollständige Name dieses Ortes "Porto Azzurro " lautet. Dieser Ortsname konnte ebenfalls nicht als Herkunftshinweis für Wein oder als Bezeichnung einer Weinlage ermittelt werden. Es sind daher auch mit Blick auf Herkunftshinweise keine beschreibenden Bezüge der Bezeichnung " Azzurro " ersichtlich, die zu einer Schwächung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke führen könnten. d) Die Ähnlichkeit von Wortzeichen ist anhand des klanglichen und des schriftbildlichen Eindrucks sowie des Sinngehalts zu ermitteln, wobei für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht genügen kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2010, 235 Tz. 18 – AIDA / AIDU m. w. N.). Bei der Prüfung der Zeichenähnlichkeit ist zudem der das Kennzeichenrecht beherrschende Grundsatz zugrunde zu legen, dass es auf den Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen ankommt (vgl. BGH AIDA / AIDU a. a. O.). In klanglicher Hinsicht ist mit der Markenstelle unter Berücksichtigung der teilweise vorliegenden Warenidentität und einer ansonsten gegebenen Warenähnlichkeit einerseits und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke andererseits davon auszugehen, dass die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke keinen ausreichenden Abstand einhält. Somit ist bei einer Gesamtbetrachtung Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den gegenüberstehenden Marken gegeben. Klanglich sind beide Marken nahezu identisch. Der einzige Unterschied besteht in der Vokalfolge "a-a-o" der angegriffenen Marke gegenüber der Vokalfolge "a-u-o" der Widerspruchsmarke. Ferner haben die gegenüberstehenden Marken ein im wesentlichen identisches Konsonantengerüst. Hierbei führt das "Doppel-R" in der Widerspruchsmarke gegenüber dem einfachen "r" in der angegriffenen Marke zu keiner merklich anderen Aussprache. Unterschiede sind daher ausschließlich bei den Mittelvokalen "a" und "u" gegeben, die sich klanglich jedoch nicht markant voneinander abheben. Gerade bei einer schnellen Aussprache der Markenwörter ist dieser Unterschied kaum mehr merkbar, so dass er klanglich kaum ins Gewicht fällt. Es ist insgesamt eine hochgradige Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken gegeben, so dass nicht nur im Bereich der Warenidentität sondern auch im Bereich mittlerer bzw. durchschnittlicher Warenähnlichkeit Verwechslungsgefahr zu bejahen ist. Begriffliche Unterschiede, die dieser Verwechslungsgefahr in relevantem Umfang entgegenwirken könnten, sind nicht gegeben. Zwar ist anerkannt, dass auch dann, wenn nur eines der gegenüberstehenden Zeichen einen eindeutigen Begriffsgehalt aufweist, eine Verwechslungsgefahr trotz klanglicher oder schriftbildlicher Ähnlichkeit zu verneinen sein kann (vgl. BGH - AIDA / AIDU ). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Zum einen kann, wie ausgeführt, nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein relevanter Teil des Verkehrs den Begriff " azzurro " eindeutig mit der Farbe "Blau" verbindet, wenn ihm dieser Begriff, dem auf Seiten der angegriffenen Marke ein aus einem Familiennamen ohne Sachbezug gebildetes Zeichen gegenübersteht, im Zusammenhang mit den vorgenannten Waren der Klasse 32 und 33 begegnet. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es sich hier um klanglich, insbesondere hinsichtlich der Aussprache in höchstem Maße ähnliche Marken handelt, die mehrsilbig sind und bei denen der einzige sprachliche Unterschied in der Wortmitte bei rascher Aussprache verschwimmen kann. Da zwischen den gegenüberstehenden Marken bereits aufgrund ihrer hochgradig klanglichen Ähnlichkeit Verwechslungsgefahr zu bejahen ist, kommt es nach den vorgenannten Grundsätzen auf die schriftbildliche Ähnlichkeit nicht mehr an. 2. Die weiteren, von der Widersprechenden im Erinnerungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt mit Schriftsatz vom 18. Januar 2008 eingereichten und entscheidungserheblichen Benutzungsunterlagen sind dem Markeninhaber erst nachträglich, d. h. nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses, übersandt worden. Zwar leidet daher das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt somit an einem Mangel, da dem Markeninhaber das gebotene rechtliche Gehör insoweit nicht gewährt wurde. Dennoch ist kein Anlass gegeben, deswegen den angefochtenen Beschluss gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG aufzuheben und an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen. Im Beschwerdeverfahren konnte sich die Markeninhaberin zur Benutzungslage nach Zustellung des o. g. Schriftsatzes äußern und hat hiervon in ihrer Beschwerdebegründung auch Gebrauch gemacht. Damit ist das rechtliche Gehör insoweit nachträglich gewährt worden, so dass der Verfahrensfehler der Markenstelle geheilt wurde (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 70, Rdnr. 7, m. w. N.). Da die Sache entscheidungsreif ist, wäre im Übrigen eine Zurückverweisung mit dem Gebot der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Prozessökonomie kaum vereinbar und kommt auch deshalb nicht in Betracht. Eine Überprüfung des Akteninhalts im Rahmen der von Amts wegen zu erfolgenden Ermittlung des Sachverhalts hat keine weiteren Verfahrensfehler ergeben. 3. Der Zulassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es nicht (§ 83 Abs. 2 MarkenG). Es war keine Frage von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung zu entscheiden. Die vom Markeninhaber erhobene Beschwerde warf insbesondere zur Frage der Verwechslungsgefahr und der dafür maßgebenden Kriterien keine Rechtsfrage auf, die nicht anhand der anzuwendenden Bestimmungen und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu beantworten war. Ferner wies der vorliegende Fall keine Rechtsfragen auf, aufgrund derer zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Rechtsbeschwerde als erforderlich zu erachten gewesen wäre. 4. Zur Auferlegung von Kosten bestand gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG - § 63 MarkenG betrifft die Kosten des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und ist für die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren nicht einschlägig - kein Anlass. 5. Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen. Einer mündlichen Verhandlung bedurfte es nicht. Von den Beteiligten hat nur die Widersprechende hilfsweise einen entsprechenden Antrag gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Der Senat hat eine mündliche Verhandlung auch nicht für sachdienlich erachtet (§ 69 Nr. 3 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005720&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005721
BPatG
München
26. Senat
20100430
26 W (pat) 67/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren "CLUB/Club 5" – keine schriftbildliche, klangliche oder gedankliche Verwechslungsgefahr - zur Steigerung der Kennzeichnungskraft -
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 302 06 935 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2009 30. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Richter am OLG Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Gegen die Eintragung der für die Waren und Dienstleistungen „Klasse 34: Zigaretten, Tabak, Tabakprodukte; Raucherartikel; Streichhölzer; Klasse 35: Zusammenstellen der vorgenannten Waren (ausgenommen deren Transport) für Dritte, um den Verbrauchern Ansicht und Erwerb dieser Waren zu erleichtern; Marketing, Verkaufsförderung, Vertriebs- und Einkaufsberatung, Marktforschung und Marktanalysen; Unternehmens-, Organisations-, Personal- und betriebswirtschaftliche Beratung; Werbung einschließlich Werbedokumentation; Beratung über die Innendekoration von Geschäftsbauten und Läden für Werbezwecke, Schaufensterdekoration; Vermittlung von Informationen und Know-how auf kaufmännischem und betriebswirtschaftlichem Gebiet, insbesondere für den Einzelhandel; Buchführung, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften, Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren; Verteilen von Waren zu Werbezwecken; Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken; Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-commerce“ bestimmten Wortmarke 302 06 935 Club 5 ist Widerspruch eingelegt worden aus der für die Waren „Tabak; Raucherartikel, nämlich Tabakdosen, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Zigarren- und Zigarettenetuis, Aschenbecher, sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert, Pfeifenständer, Pfeifenreiniger, Zigarrenabschneider, Feuerzeuge, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Zigarettenfilter; Streichhölzer" eingetragenen prioritätsälteren Wortmarke DD 654 149 CLUB. Die Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den sich gegenüberstehenden Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei entgegen der Ansicht der Widersprechenden allenfalls durchschnittlich. Von Haus aus weise der Begriff „Club" nur eine geringe Kennzeichnungskraft auf, weil es seit je her und in verstärktem Maße seit dem Inkrafttreten der Raucherschutzgesetze eine große Anzahl von Raucherclubs, Zigarrenclubs u. ä. gebe, in denen geraucht werden dürfe und in denen Tabakwaren und Raucherartikel zum Einsatz kämen. Insoweit weise die Widerspruchsmarke zumindest einen beschreibenden Anklang auf. Die von der Widersprechenden geltend gemachte Bekanntheit der Widerspruchsmarke für Zigaretten vermöge diese geringe Kennzeichnungskraft allenfalls auf ein durchschnittliches Maß anzuheben, wobei allerdings fraglich sei, ob dies für alle Waren gelten könne. Letztlich könne dies aber dahingestellt bleiben, da auch bei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Bereich aller Waren eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Marken bestehe nicht, weil der Verkehr keine Veranlassung habe, den Bestandteil „5" der angegriffenen Marke zu vernachlässigen. Bei den Markenbestandteilen „Club" und „5" handele es sich um gleichwertige Elemente, die einen einheitlichen Gesamtbegriff bildeten. Der Verkehr sei daran gewöhnt, dass der Begriff „Club" zu dessen individueller Bezeichnung mit anderen Angaben wie z. B. einer Nummer versehen werde. Auch die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken bestehe nicht, weil nicht ersichtlich sei, dass die Widersprechende eine Serie von Marken mit dem Bestandteil „Club" im Verkehr verwendet habe, die ähnlich der jüngeren Marke gebildet seien, und weil sich der Bestandteil „5" von den weiteren Elementen der für die Widersprechende eingetragenen weiteren „CLUB“-Marken, wie „Menthol Fresh“, „Menthol Classic“, „Blue“, „Special", seiner Art nach deutlich unterscheide. Soweit sich die Widersprechende auf im Verkehr verwendete Marken wie „Camel 5“ oder „West 5“ berufe, lägen keine vergleichbaren Sachverhalte vor, weil die Marken „Camel" bzw. „West" von Haus aus nicht kennzeichnungsschwach seien. Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Widerspruchsmarke weise bereits von Haus aus eine normale Kennzeichnungskraft auf, weil der Begriff „CLUB“ weder für Zigaretten noch für Raucherartikel beschreibend sei. Dass aufgrund des strengen Rauchverbotes in Kneipen, Gaststätten und Restaurants eine große Anzahl von Raucherclubs in Deutschland entstanden sei, ändere nichts an den Vertriebsbedingungen für diese Waren. Raucherclubs seien Etablissements, in denen neben dem Essen und Trinken auch geraucht werden dürfe. Sie stünden begrifflich aber nicht für eine bestimmte Vertriebsstätte oder Vertriebsart für „Zigaretten". Die von Haus aus normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durch deren langjährige und umfangreiche Benutzung für „Zigaretten" noch gestärkt worden. Zum Nachweis hierfür hat die Widersprechende in Ergänzung ihrer bereits bei der Markenstelle eingereichten Unterlagen eine Kopie einer eidesstattlichen Erklärung ihres Vice-President Intellectual Property vorgelegt, deren Original sich bei den Akten des patentamtlichen Parallelverfahrens 302 50 638.1/34 befindet. In dieser wird eidesstattlich versichert, dass die Widerspruchsmarke in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2007 in Deutschland für Zigaretten benutzt worden sei und mit ihr Umsätze von jeweils über …USD pro Jahr erzielt worden seien. Damit sei nicht nur die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für Zigaretten, sondern auch deren nachträglich gesteigerte Kennzeichnungskraft glaubhaft gemacht. Hiervon ausgehend bestehe – auch angesichts der Möglichkeit der Verwendung für identische Waren – eine hochgradige Gefahr der Verwechslung der Marken. Die Widerspruchsmarke sei in die angegriffene Marke identisch übernommen worden und stehe zudem am Anfang der angegriffenen Marke, weshalb der Verkehr dort dem Bestandteil „Club“ größere Aufmerksamkeit zuwende als der folgenden Zahl „5“, der zudem die Kennzeichnungskraft fehle, weil der Verkehr zum einen bei Zigaretten und sonstigen Tabakerzeugnissen nicht an Etablissementbezeichnungen wie „Club" in Verbindung mit Zahlenangaben gewöhnt sei und zum anderen auf dem Zigarettenmarkt eine gängige Praxis bestehe, Nachfolgeprodukte oder Sondersorten bestehender Zigarettenmarken durch Hinzufügung von Zahlen als Serie zu kennzeichnen, weshalb der Verkehr auch die angegriffene Marke wegen der bekannten Marke „CLUB" der Widersprechenden zuordnen werde. Außerdem könne die Zahlenangabe „5" bei einer Verwendung für Zigaretten auch beschreibend verstanden werden, weil sie ein Hinweis auf die Anzahl der Zigaretten innerhalb einer Packung (Sondergröße) oder die Menge des Teergehaltes in der Zigarette sein könne. Die Widersprechende beantragt daher, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. Juni 2008 und 19. Juli 2005 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Hilfsweise beantragt sie, ein Gutachten zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke einzuholen. Ferner regt sie hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Die Markeninhaberin beantragt, 1. die Beschwerde zurückzuweisen, 2. den Antrag der Widersprechenden auf Einholung eines Gutachtens als verspätet zurückzuweisen. Ferner beantragt sie für den Fall, dass es auf die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ankommen sollte, Schriftsatznachlass. Sie hält die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle für zutreffend und bestreitet weiterhin im Einzelnen, dass die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist. Darüber hinaus vertritt sie die Ansicht, dass die Widerspruchsmarke auch unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Widersprechenden und der von ihr vorgelegten Glaubhaftmachungsunterlagen nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweise, weil die von den maßgeblichen Waren angesprochenen Verkehrskreise den Begriff „Club“ wegen der in letzter Zeit deutlich gestiegenen Zahl von Raucherclubs in zunehmendem Maße nur als einen Hinweis auf den Ort verstünden, an dem die so gekennzeichneten Waren konsumiert werden könnten oder sollten. Zudem ließen die von der Widersprechenden angegebenen Umsatzzahlen erkennen, dass es sich bei den von der Widersprechenden unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Produkten um solche handele, die im Begriff seien, vom Markt zu verschwinden. Ausgehend von dieser Sachlage bestehe zwischen den beiderseitigen Marken keine Verwechslungsgefahr. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde nicht allein durch das Wort „Club“ geprägt, sondern gleichermaßen durch beide Bestandteile. Die Zahl „5“ weise für Tabakwaren und Raucherartikel keinen beschreibenden Begriffsgehalt auf. Der Verkehr werde deshalb darin auch keinen Hinweis auf die Anzahl der Zigaretten in einer Packung oder den Teergehalt einer Zigarette sehen, zumal da es im Inland nicht üblich sei, durch eine Zahl ohne Beifügung einer Maßeinheit auf die Inhaltsstoffe von Tabakwaren hinzuweisen. II Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Sie erweist sich jedoch als unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die demgegenüber erhobenen Einwände der Widersprechenden verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist eine Marke dann zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2007, 1066, 1067 f. - Kinderzeit; GRUR 2006, 60, 61 - coccodrillo). Hiervon ausgehend ist bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu Gunsten der Widersprechenden zunächst zu berücksichtigen, dass die für die Vergleichsmarken eingetragenen Tabakerzeugnisse der Klasse 34 teilweise identisch (Tabak) und im übrigen hochgradig ähnlich sind. Andererseits ist jedoch die Kennzeichnungskraft des die Widerspruchsmarke bildenden Wortes „Club“ entgegen der Ansicht der Widersprechenden von Haus aus nicht normal, sondern deutlich unterdurchschnittlich. Bereits seit vielen Jahren und Jahrzehnten gab und gibt es, worauf der Senat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, Raucherclubs, in denen sich Raucher u. a. zusammenfinden, um Tabak und Tabakprodukte, wie z. B. Zigarren, Pfeifen- und/oder Schnupftabake, gemeinsam zu konsumieren. Diese Clubs haben vor dem Hintergrund der in allen Bundesländern erlassenen Rauchverbote nichts von ihrer Aktualität verloren. Vielmehr sind auf Grund dieser Rauchverbote die bestehenden oder auch neu gegründeten Raucherclubs erneut verstärkt in den Fokus der hier maßgeblichen Verbraucherkreise, nämlich der Käufer und Konsumenten von Tabak und Tabakerzeugnissen, getreten, da in den vergangenen Jahren in allen Medien über solche Clubs umfangreich berichtet und kontrovers diskutiert worden ist. Vor diesem Hintergrund stellt der Begriff „CLUB“ für die maßgeblichen Verkehrskreise bei einer Verwendung im Zusammenhang mit Tabaken und Tabakprodukten in erster Linie eine Angabe über die Stätte ihres Konsums dar, was seine Kennzeichnungskraft von Haus aus deutlich reduziert. Dass die die Rauchverbote betreffenden Landesgesetze zwischenzeitlich teilweise wieder insoweit geändert worden sind, dass ein Teil der gegründeten Raucherclubs obsolet geworden ist und sich wieder aufgelöst hat, hat das das Wort „Club“ betreffende Verkehrsverständnis nicht maßgeblich verändert, da die Berichterstattung über die von Rauchern zur Umgehung des Rauchverbots gegründeten Clubs noch nicht lange zurückliegt und noch nicht in Vergessenheit geraten ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die umfängliche Berichterstattung zu diesem Thema die Verkehrsauffassung der beteiligten Verkehrskreise auch derzeit noch weiterhin nachhaltig bestimmt. Auch dass das Wort „CLUB“ die Art oder die Beschaffenheit der so gekennzeichneten Tabake und Tabakerzeugnisse nicht näher bezeichnet, steht einer Wertung als kennzeichnungsschwache Bezeichnung nicht entgegen, da auch Begriffe, die die mögliche Bestimmung einer Ware bezeichnen oder sonst im Verkehr zur Bezeichnung eines die Ware betreffenden Sachverhalts - z. B. auch als allgemeine Geschäftsbezeichnung - üblich geworden sind, als beschreibende Angaben freizuhalten sind bzw. über keine oder nur eine geringe Unterscheidungs- und Kennzeichnungskraft verfügen (vgl. insoweit auch: BPatG Mitt. 1976, 147 ff. - Club). Letztlich kann aber zu Gunsten der Widersprechenden für die Prüfung der Verwechslungsgefahr unterstellt werden, dass die ursprüngliche, erhebliche Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke durch eine langjährige und umfangreiche Benutzung der Marke in der ehemaligen DDR und - in der Folgezeit - in den neuen Bundesländern und eine daraus resultierende Bekanntheit in diesem Bereich erheblich gesteigert worden und - ausgehend von der ursprünglichen Kennzeichnungsschwäche - nunmehr auf ein normales Maß angewachsen ist; denn auch bei einer zu Gunsten der Widersprechenden unterstellten normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist die Gefahr von Verwechslungen der beiderseitigen Marken angesichts ihrer nur sehr geringen Ähnlichkeit auch bei einer Verwendung für identische Waren zu verneinen. In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die beiden Marken in jeder Richtung so deutlich voneinander, dass Verwechslungen nicht vorkommen werden. Zwar findet sich die Widerspruchsmarke identisch als erster von zwei Bestandteilen in der angegriffenen Marke wieder. Der weitere Bestandteil „5“ der angegriffenen Marke ist jedoch hiervon so deutlich abgesetzt, dass er in schriftbildlicher Hinsicht nicht übersehen werden kann. Auch in klanglicher Hinsicht tritt die Zahl „5“ als weitere, eigenständige Silbe in Erscheinung und bewirkt durch eine Verdoppelung der Silbenanzahl einen merklichen Unterschied gegenüber der Widerspruchsmarke, der nicht unbemerkt bleiben wird. Da die in der angegriffenen Marke enthaltene Zahl „5“ zudem einen eigenständigen begrifflichen Inhalt aufweist, scheidet auch die Gefahr unmittelbarer begrifflicher Verwechslungen der Marken ersichtlich aus. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Wort „Club“ den Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein prägt oder in dieser Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat. Gegen eine Wertung des Wortes „Club“ als den Gesamteindruck prägender Bestandteil und eine Vernachlässigung des weiteren Markenbestandteils „5“ spricht die Zahl „5“ in Alleinstellung für die nämlichen Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend ist. Insbesondere hat der Verkehr keine Veranlassung, in der bloßen Zahl „5“ eine Angabe über die Menge irgendwelcher, nicht näher bezeichneter Inhaltsstoffe oder über die Anzahl der in der Packung enthaltenen Zigaretten oder anderer Tabakerzeugnisse zu sehen. Für ein solches, von der Widersprechenden angenommenes Verständnis fehlt es für den Durchschnittsverbraucher an ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten, wie z. B. der Angabe einer Maß- oder Mengeneinheit. Gegen ein Verständnis der Zahl „5“ als Angabe über die Stückzahl der in der Packung enthaltenen Zigaretten, Zigarren o. ä. spricht aber auch die Reihenfolge der einzelnen Markenbestandteile; denn um zu beschreiben, dass fünf Stück oder fünf Packungen von Zigaretten oder Zigarren der Marke „CLUB“ angeboten werden sollen, wäre allenfalls die Bezeichnung „5 Club“, nicht jedoch die die angegriffene Marke bildende Bezeichnung „Club 5“ als sprachüblich anzusehen. Angesichts der Reihenfolge der einzelnen Bestandteile in der angegriffenen Marke liegt für die angesprochenen Verkehrskreise vielmehr ein anderes gesamtbegriffliches Verständnis der angegriffenen Marke im Sinne von „fünfter Club“ bzw. „Club Nr. 5“ nahe, zu dessen Begriffsgehalt aber die Zahl „5“ maßgeblich mitbeiträgt, weshalb ausgeschlossen werden kann, dass die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke aufspalten oder die Zahl „5“ bei schriftlichen Wiedergaben oder mündlichen Bestellungen weglassen oder sonst vernachlässigen könnten. Die Tatsache, dass die angegriffene Marke einen Gesamtbegriff im vorstehend dargestellten Sinne bildet, ist zudem geeignet, einer Ähnlichkeit der Vergleichsmarken weiter maßgeblich entgegenzuwirken. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden besteht auch nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden und unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt Herkunftsverwechslungen unterliegen. Insbesondere ist entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht mit Herkunftsverwechslungen auf Grund einer fälschlichen Annahme des Verkehrs, bei der angegriffenen Marke handele es sich um eine weitere Serienmarke der Widersprechenden, zu rechnen. Für das Bestehen einer solchen Gefahr ist es nicht nur erforderlich, dass die Inhaberin der älteren Marke über eine entsprechende Markenserie verfügt, sondern ferner unverzichtbar, dass die der Markenserie angehörenden älteren Marken auf dem Markt präsent sind (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2008, 343 ff., Rn. 64 - BAINBRIDGE ). Die Widersprechende hat diesbezüglich zwar eine Anzahl von Abbildungen von Zigarettenpackungen vorgelegt, auf denen neben der größenmäßig herausgestellten Widerspruchsmarke jeweils Angaben wie „ FRESH“, „MENTHOL“, „BLUE“, „FILTER “, „light“ und „100“ enthalten sind. Es fehlt jedoch an einem substantiierten Vortrag und zudem jeglichen Nachweisen dafür, ob und ggf. welche dieser Verpackungen in welchem Zeitraum und in welchem Umfang in den inländischen Verkehr gebracht worden sind, so dass von einer hinlänglichen Marktpräsenz einer Markenserie mit dem Stammbestandteil „CLUB“ und einem daraus resultierenden Hinweischarakter des Wortes „CLUB“ auf das Unternehmen der Widersprechenden nicht ausgegangen werden kann. Hinzu kommt - ohne dass es hierauf noch entscheidend ankommt -, dass es sich bei den der Widerspruchsmarke nach Angaben der Widersprechenden hinzugefügten Bestandteilen durchweg nur um zur Bezeichnung der Art und Beschaffenheit von Zigaretten dienende übliche Angaben handelt, so dass es bereits fraglich ist, ob der Verkehr darin nicht nur die Benutzung ein und derselben Marke mit beschreibenden, nicht zur Marke gehörenden Zusätzen sehen würde. Von den von der Widersprechenden dargelegten Zusätzen zur Widerspruchsmarke unterscheidet sich die in der angegriffenen Marke enthaltene Zahl „5“ zudem dadurch, dass sie - wie dargelegt - für Tabakwaren ohne erklärende Zusätze keine beschreibende Bedeutung aufweist, so dass der Verkehr auch deshalb - selbst bei zu Gunsten der Widersprechenden unterstellter ausreichender Benutzung der weiteren, von ihr benannten „CLUB“-Marken - darin nicht zwangsläufig eine weitere Marke der Widersprechenden sehen würde. Weitere Umstände, die dem Verkehr - auch unter Berücksichtigung der von Haus aus bestehenden Kennzeichnungsschwäche des Begriffs „Club“ - die Wertung der angegriffenen Marke als eine weitere Marke der Widersprechenden nahelegen könnten, sind aus der Sicht des Senats ebenfalls nicht gegeben. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Widersprechenden keinen Erfolg haben. Auf die Frage, ob die Widerspruchsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist, kommt es angesichts der festgestellten fehlenden Verwechslungsgefahr nicht an, so dass es des nur hilfsweise beantragten Schriftsatznachlasses für die Markeninhaberin nicht bedurfte. Auch für die von der Widersprechenden beantragte Einholung eines Gutachtens zur Bekanntheit der Widerspruchsmarke bestand schon deshalb keine Veranlassung, weil der Senat bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr der Marken zu Gunsten der Widersprechenden eine in Folge langjähriger und umfangreicher Benutzung erzielte Bekanntheit der Marke in den neuen Bundesländern sowie eine daraus resultierende Steigerung der Kennzeichnungskraft von einem von Haus aus nur geringen Maße auf ein durchschnittliches Maß unterstellt hat. Ob der erst in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf Einholung eines Gutachtens zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, wie von der Markeninhaberin beantragt, als verspätet zu bewerten und deshalb gemäß § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 282 Abs. 2, 296 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen wäre, bedarf bei dieser Sachlage ebenfalls keiner Entscheidung durch den Senat. Für die von der Widersprechenden angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass, weil im Rahmen der vorstehend getroffenen Tatsachenentscheidung nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war und die Zulassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG). Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten aus Billigkeitserwägungen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) gibt der Sachverhalt und das Verhalten der Beteiligten keinen Anlass, so dass jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst zu tragen hat (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005721&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005853
BPatG
München
6. Senat
20100413
6 W (pat) 334/05
Beschluss
§ 3 Abs 1 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – "Walze mit Durchbiegungsausgleich" – zur Offenkundigkeit der Vorbenutzung
In der Einspruchssache betreffend das Patent 100 24 851 … … hat der 6. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Guth, Dipl.-Ing. Schneider und Dipl.-Ing. Ganzenmüller beschlossen: Das Patent 100 24 851 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten: Patentansprüche 1 bis 9, sowie Beschreibung Seite 1, jeweils vom 1. April 2010, eingegangen per Fax am selben Tag, übrige Unterlagen wie erteilt.
I. Gegen das am 16. Juni 2005 veröffentlichte Patent 100 24 851 mit der Bezeichnung „Walze mit Durchbiegungsausgleich“ ist mit Schriftsatz der Einsprechenden vom 16. September 2005 Einspruch erhoben worden. Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf Druckschriften, die bereits teilweise im Prüfungsverfahren berücksichtigt worden sind. Außerdem macht sie eine Vorbenutzung geltend, die in den Jahren 1996 bis 1997 erfolgt sein soll und bringt vor, sowohl gegenüber den entgegengehaltenen Schriften als auch gegenüber der, wie behauptet vorbenutzten Walze sei die Mahl- oder Desagglomerationswalze nach Anspruch 1 des Streitpatents nicht patentfähig. Bisher wurden folgende Entgegenhaltungen angezogen: Im Prüfungsverfahren: P1 WO 95 33 932 A1 P2 DE 27 07 907 A1 P3 DE 15 75 639 A P4 DE 42 26 740 A1 P5 DE 10 00 665 B P6 DE 481 365 C P7 US 28 67 414 P8 DE 42 05 167 A1 P9 EP 451 470 A2 P10 EP 482 318 A1 P11 EP 021 297 A1. Im Einspruchsverfahren: D1 WO 95 33 932 A1 = P1 D2 JP 080 39 594 AA D3 JP 600 30 561 AA D4 DE 196 35 845 C1 D5 DE 15 75 639 A = P3 D6 DE 39 20 742 A1. Zur behaupteten offenkundigen Vorbenutzung führt die Einsprechende aus, diese sei durch Lieferung von drei Mahlwalzen in den Jahren 1996/1997 an die Michael H. München GmbH erfolgt. Sie legt hierzu zwei Konstruktionszeichnungen betreffend die Mahlwalzen SDVE-8153 und SDVE-81054 (Anlagen 1 und 2 zum Schriftsatz der Einsprechenden v. 27. Nov. 2009), ein TA-Blatt (Anlage 3), Frachtpapiere (Anlage 4), ein Telefax der Michael H. München GmbH, in dem diese auf eine Streifenbildung bei den Walzen aufmerksam macht (Anlage 5), ein darauf Bezug nehmendes Antwortschreiben der Einsprechenden (Anlage 6), einen Auszug aus dem Walzenbuch über erfolgten Austausch von Walzen (Anlage 7a) sowie ein Foto einer Walze (Anlage 8) vor. Außerdem benennt die Einsprechende den Zeugen N… zum Beweis für ihr Vorbringen. Die Einsprechende ist der Ansicht, die Vorbenutzung sei vor dem Anmeldetag erfolgt, durch den Verkauf und die Lieferung der Walze offenkundig geworden und habe wegen der Übereinstimmung der vorbenutzten Walzen mit der Mahl- und Desagglomerationswalze nach Anspruch 1 der Patentfähigkeit des Gegenstands des Streitpatents an dessen Anmeldetag entgegengestanden. Bezüglich des druckschriftlich aufgefundenen Standes der Technik führt die Einsprechende anhand der WO 95 33 932 A1 (D1) aus, diese zeige eine gattungsgemäße Walze. Sie ist weiter der Auffassung, diese Walze offenbare für einen Fachmann mit Ausnahme der konkreten Winkelangabe für die, die Kanäle bildenden Federstege zudem auch alle Merkmale, welche im Kennzeichen des Anspruchs 1 aufgeführt sind. Sie bezieht sich dabei insbesondere auf die Textpassage auf S. 4, 1. Absatz, in der eine „Spiralkühlung“ mit Kühlmitteleinspeisung am einen und Kühlmittelabfluss am anderen axialen Ende beschrieben ist. Die zusätzlich genannten Entgegenhaltungen 4 bzw. 6 stellten weitere Beispiele von bekannten Walzen-Spiralkühlungen dar, die in Zusammenschau mit der Walze nach der D1 eine streitpatentgemäße Ausführung nahe legten. Die Einsprechende stellt den Antrag, das angegriffene Patent zu widerrufen. Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: gemäß Hauptantrag: - neue Patentansprüche 1 bis 9 - sowie Beschreibung Seite 1, jeweils vom 1. April 2010, eingegangen per Fax am selben Tag, - übrige Unterlagen wie erteilt, hilfsweise, das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: - neue Patentansprüche 1 bis 6 sowie Beschreibung Seiten 1 und 2 gem. Hilfsantrag I, - neue Patentansprüche 1 bis 4 sowie Beschreibung Seiten 1 und 2 gem. Hilfsantrag II, jeweils vom 1. April 2010, eingegangen per Fax am selben Tag, - übrige Unterlagen jeweils wie erteilt. Die Patentinhaberin bestreitet den Umfang des von der Einsprechenden behaupteten Offenbarungsgehalts der Entgegenhaltung 1. Die beiden weiteren genannten Entgegenhaltungen beträfen Kalanderwalzen, die einen anderen Aufbau hätten und sich dadurch von Mahlwalzen nach Anspruch 1 unterscheiden würden. Ein Fachmann würde diese Walzen nicht heranziehen und selbst wenn, so könne er daraus nur die Existenz wendelförmiger Kanäle ersehen. Sie ist der Überzeugung, auch eine Zusammenschau der genannten Entgegenhaltungen könne eine anspruchsgemäße Walze nicht nahelegen. Weiterhin bestreitet die Patentinhaberin die Offenkundigkeit der Vorbenutzung. Sofern die Vorbenutzung überhaupt dem Gegenstand des Streitpatents nahe kommen könne, sei diese jedenfalls nicht offenkundig geworden, da die einzige Abnehmerin der Walzen keine Kenntnis von deren Beschaffenheit erlangt habe und dies auch nicht gekonnt hätte. Die in die Herstellung der Walzen eingebundene Schweizer Firma H. und S. sei nicht als Öffentlichkeit anzusehen. Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (in der von der Einsprechenden vorgenommenen Gliederung): a) Mahl- oder Desagglomerationswalze (10), mit b) einem steifen, zumindest im Wesentlichen zylindrischen Kern (12), und c) einem drehfest mit dem Kern (12) verbundenen rohrförmigen Mantel (20), d) der sich über in Umfangsrichtung voneinander beabstandete und auf dem Kern (12) befestigte Federelemente auf dem Kern (12) abstützt, e) wobei die Federelemente zur Erzielung eines nicht gesteuerten passiven Durchbiegungsausgleichs dazu eingerichtet sind, bezüglich einer Walzenlängsachse (A) in radialer Richtung einen Federweg zu erlauben, der größer ist, als eine zu erwartende Durchbiegung der Walze (10), dadurch gekennzeichnet, dass f) die Federelemente durchgängige, wendelförmige Federstege (18) sind, g) die unter einem Winkel von wenigstens 10 Grad bis etwa 30 Grad zur Walzenlängsachse (A) verlaufen, h) je zwei benachbarte Federstege (18) zwischen sich einen Kanal (22) für Wärmeträgerfluid begrenzen und i) der Mantel (20) kraftschlüssig mit den Federstegen (18) verbunden ist. An diesen Anspruch 1 schließen sich die darauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 an. Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen N…. Wegen des Gegenstands und Inhalts der Vernehmung sowie wegen des Sachverhalts im Übrigen, insbesondere wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche wird auf den Akteninhalt sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 13. April 2010 Bezug genommen. II. 1. Das Bundespatentgericht ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geworden und auch nach der ab 1. Juli 2006 in Kraft getretenen Fassung des § 147 Abs. 3 PatG gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori zuständig geblieben (vgl. hierzu BGH GRUR 2007, 859, 861 f. - Informationsübermittlungsverfahren I; BGH GRUR 2007, 862 f. - Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 2009, 184 f. - Ventilsteuerung). 2. Der Einspruch wurde fristgerecht erhoben und ist mit Gründen versehen. Er ist damit zulässig, was von der Patentinhaberin auch nicht bestritten worden ist. 3. Die erteilten Ansprüche 1 bis 9 sind zulässig, ihre Merkmale sind ursprünglich offenbart. Die Merkmale des Anspruchs 1 sind offenbart in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 5, sowie in der Beschreibung, auf S. 2, 3. Absatz und S. 7, Zeilen 15 bis 17. Die Merkmale der Ansprüche 2 bis 9 sind ursprünglich offenbart in den Ansprüchen 2 bis 4, 6 bis 9 und 11. 4. In den Eingaben der Beteiligten wird mehrmals der hier zuständige Fachmann erwähnt. Dabei handelt es sich nach übereinstimmender Auffassung um einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Allgemeiner Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung bei der Konstruktion von Walzen. 5. Fehlende Neuheit wurde bzgl. des geltenden Patentanspruchs von der Einsprechenden nicht behauptet. Eine Walze mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 ist aus keiner der zum Stand der Technik genannten Schriften mit allen ihren Merkmalen bekannt. Sie ist somit neu, was sich im Einzelnen auch aus den nachstehenden Ausführungen ergibt. 6. Die von der Einsprechenden geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung konnte nicht nachgewiesen werden und ist darum nicht als relevanter Stand der Technik zu berücksichtigen. Es kann hierbei dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand der von der Einsprechenden an die Michael H. München GmbH gelieferten Walzen dem Streitpatent entgegensteht. Jedenfalls fehlt es nach der detaillierten, lückenlosen, folgerichtigen und sicher vorgetragenen Aussage des Zeugen N…, an deren Glaubwürdigkeit aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks des Senats keine Zweifel bestehen, an der Offenkundigkeit der Vorbenutzung. Offenkundigkeit liegt vor, wenn nach der Lebenserfahrung die nicht zu entfernte Möglichkeit eröffnet ist, dass beliebige Dritte und damit auch Sachverständige eine zuverlässige, ausreichende Kenntnis von der neuheitsschädlichen Tatsache erhalten (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 3 Rn. 26, 27, 61; Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 3 Rn. 63, 63a, 65). Dies ist hier nicht gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wurden außer den an die Firma Michael H. München GmbH gelieferten drei Walzen keine anderen Mahlwalzen SDVE-8153 und SDVE-81054 gefertigt. Diese einzige Abnehmerin hatte selbst keine Möglichkeit, von der Beschaffenheit der Walzen im Innern Kenntnis zu erlangen. Der Aufbau der Walzen im Inneren ist ohne deren Demontage und Zerlegung nicht zu erkennen. Der Kundin wurden nie die Konstruktionszeichnungen vorgelegt, aus denen sich deren Beschaffenheit und Aufbau ergibt. Der Zeuge konnte auch nicht bekunden, dass der Kundin der genaue Aufbau der Walzen jemals detailliert dargelegt worden ist. Mitarbeiter der Michael H. München GmbH hatten außerdem keine Gelegenheit, die Beschaffenheit der Walzen im Innern selbst festzustellen, denn die Walzen wurden in Anwesenheit der Kundin nie geöffnet. Die Kundin hatte wegen der dazu erforderlichen Spezialwerkzeuge bzw. weil das Öffnen eine Deformation der Walzen hervorgerufen hätte, auch keine Möglichkeit und keinen Anlass, sich selbst vom Walzeninneren Kenntnis zu verschaffen. Schon deshalb ist die Offenkundigkeit der Walzenbeschaffenheit nicht gegeben. Hinzu kommt, dass es sich nach Aussage des Zeugen um ein Projekt zur Erprobung der Walzen im Echtbetrieb und deren Weiterentwicklung handelte, bei dem die Walzen mehrfach modifiziert wurden. Bei derartigen Projekten bzw. bei einer solchen Zusammenarbeit spricht ein Erfahrungssatz für eine Geheimhaltungsvereinbarung (vgl. Schulte, a. a. O., § 3 Rn. 31, 32; Benkard, a. a. O., § 3 Rn. 68a), die der Zeuge zwar nicht ausdrücklich bestätigen kann, aber durchaus mit Wirkung über das endgültige Verkaufsdatum hinaus für möglich hält. Wenn die Einsprechende demgegenüber geltend macht, nach der Anmeldung ihrer Walze als Patent im Jahr 1995, nach dem endgültigen Verkauf der Walzen an die Michael H. GmbH oder nach Beginn des weltweiten Vertriebs habe für die Einsprechende kein Geheimhaltungsinteresse mehr bestanden, ist dem entgegenzuhalten, dass nach der Zeugenaussage erstens die Möglichkeit bestand, dass eine Geheimhaltungsvereinbarung nachwirkte. Zweitens sind unstreitig keine weiteren Walzen des vorbenutzten Typs mehr hergestellt worden. Es bestand also auch nach dem Erlöschen einer eventuellen Geheimhaltungspflicht aus den gleichen Gründen wie in der Erprobungszeit nicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die allein durch die Firma Michael H. GmbH repräsentierte Öffentlichkeit. Hinsichtlich der weltweit vertriebenen Walzen fehlt es an jeglichem konkreten Vortrag. Auch die Arbeiten an den Walzen bei der Firma H. und S. können eine offenkundige Vorbenutzung nicht begründen, weil es sich um eine Lohnfertigung innerhalb eines gemeinsamen Projekts bzw. Interessengebiets handelte (vgl. dazu Schulte, a. a. O. § 3 Rn. 66; BGH GRUR 99, 976 - Anschraubscharnier; BGH GRUR 1999, 920, 922 - Flächenschleifmaschine) und nach Aussage des Zeugen sicher eine Geheimhaltungsvereinbarung existierte. Somit ist es der Einsprechenden nicht gelungen, die Offenkundigkeit der durch den Verkauf der Walzen erfolgten Vorbenutzung zu beweisen. 7. Unstreitig zwischen allen Beteiligten ist, dass die WO 95 33 932 A1 (D1) den nächstkommenden des hier allein entscheidungserheblichen druckschriftlichen Stands der Technik repräsentiert. Bekannt ist daraus eine a) Mahlwalze 1, mit b) einem steifen, zumindest im Wesentlichen zylindrischen Kern 2, und c) einem drehfest mit dem Kern 2 verbundenen rohrförmigen Mantel 6, d) der sich über in Umfangsrichtung voneinander beabstandete und auf dem Kern 2 befestigte Federelemente 4 auf dem Kern 2 abstützt, e) wobei die Federelemente zur Erzielung eines nicht gesteuerten passiven Durchbiegungsausgleichs dazu eingerichtet sind, bezüglich einer Walzenlängsachse in radialer Richtung einen Federweg zu erlauben, der größer ist, als eine zu erwartende Durchbiegung der Walze 1. Aus den weiteren Angaben der D1, wonach der Mantel durch die elastischen Elemente abgestützt wird (Seite 3, 3. Abs.) in Verbindung mit der Lehre, dass auch die Anordnung unterbrochener Längsrippen eine ausreichende Drehmomentübertragung gestattet (S. 5, 3. Abs.), ist für den Fachmann aus der D1 auch das Merkmal i) der Mantel 6 (ist) kraftschlüssig mit den Federstegen 4 verbunden herleitbar. Dagegen umfasst nach Auffassung des Senats der Begriff „Spiralkühlung“ (vgl. D1, S. 4, 1. Abs.) weder für sich - noch in Verbindung mit Angabe der „rippenartig“ angeordneten Federelemente den von der Einsprechenden unterstellten umfangreichen Offenbarungsgehalt im Sinne der Merkmalsteile f) bis h). Denn explizit sind Federelemente in der D1 in der Figur „ringartig“ angeordnet bzw. alternativ in der Beschreibung (S. 5, 3. Abs.) als „vorzugsweise in Form von unterbrochenen vorgespannten Längsrippen“ offenbart. Wie sich der Fachmann diese Spiralkühlung im Einzelnen vorstellt, muss dahinstehen, denn sie ist bildlich nicht dargestellt. Die Angabe auf S. 4, 1. Abs., wonach die Kühlmitteleinleitung auf der einen Stirnseite (mit dem „kleineren“ Radius) und die Ableitung auf der anderen Stirnseite erfolgen solle, widerspricht jedenfalls dem Verlauf einer „Spirale“ als „schneckenlinienförmiger Verlauf“ und legt auch nicht ein umgangssprachliches Verständnis für „Wendel“ nahe, weil es bei dieser geometrischen Form (Helix) einen „kleineren“ bzw. einen „größeren“ Radius nicht gibt. Die DE 39 20 742 A1 (D6) offenbart eine Kalanderwalze für die Presse einer Papiermaschine, mit einem steifen, zumindest im wesentlichen zylindrischen Kern 2, und einem drehfest mit dem Kern 2 verbundenen rohrförmigen Mantel 4, der sich auf Federelementen 3 abstützt, welche in Umfangsrichtung voneinander beabstandet auf dem Kern 2 befestigt sind. Die einzelnen Federelemente (Profile 9) sind so angeordnet, dass dazwischen jeweils ein Kanal 10 bleibt (Sp. 2, Z. 47 bis 50). Außerdem sollen die Federelemente so angeordnet werden, dass „der Winkel zwischen den Kanälen und der Walzenachse bis zu 45 Grad betragen kann. Die Kanäle können also in Walzenachsenrichtung und schräg dazu verlaufen“ Sp. 3, Z. 32 bis 35). Damit mögen aus dieser Entgegenhaltung für sich zwar bereits die Merkmalsteile hervorgehen f) die Federelemente (sind) wendelförmige Federstege 9, 10, g) die unter einem Winkel von wenigstens 10 Grad bis etwa 30 Grad zur Walzenlängsachse verlaufen, und h) je zwei benachbarte Federstege 9 (begrenzen) zwischen sich einen Kanal 10 für Wärmeträgerfluid. Der Senat folgt hinsichtlich der Relevanz dieser Druckschrift allerdings der Argumentation der Patentinhaberin, wonach ein Fachmann eine solche Kalanderwalze nicht berücksichtigen würde. Denn gemäß der Beschreibungseinleitung im Streitpatent geht der Fachmann von einer Mahlwalze im Stand der Technik aus, wie sie durch die D1 repräsentiert wird (Absatz [0001]). Gleichzeitig will er aufgabengemäß aber mit der Erfindung noch erreichen, eine Walze mit einem nicht gesteuerten, passiven Durchbiegungsausgleich anzugeben, deren Gebrauchseigenschaften verbessert sind (Abs. [0008]), worunter eine gleichmäßigere Abstützung des Walzenmantels zu verstehen ist (Abs. [0009]). Aus diesem Grund wird der Fachmann bei bekannten Walzenbauarten suchen, welche diese Eigenschaften bereits aufweisen, wozu Kalanderwalzen mit ihren Flächenpressungen (vgl. D6, Fig. 2) erkennbar nicht zählen. Aus diesem Grund sah sich der Senat auch nicht in der Lage, der von der Einsprechenden aufgezeigten Argumentation zu folgen, das Merkmal „Durchbiegungsausgleich“ sei bereits aus der D1 bekannt, daher befasse sich der Fachmann nur mehr mit der Teilaufgabe der Strömungsmittelführung in Walzen, für deren Verbesserung er Anregungen aus der D6 erhalte. Diese Sicht, bei der die im Ergebnis benötigten Merkmalsteile rein summatorisch zusammengefügt werden, lässt einen Anreiz vermissen, wodurch ein Fachmann angeregt werden könnte, eine Walzenausbildung mit einer weiteren zusammenzuschauen. Bei der Walze nach der D6 ist es außerdem erforderlich, dass die oberen Schichten sich deformieren (unabhängig von einem evtl. Durchbiegungsausgleich) weil durch diese Verformung der Flüssigkeitstransport innerhalb der Kanäle bewirkt wird. Anregungen zur aufgabengemäßen Lösung kann der Fachmann von einer solchen Walze daher nicht beziehen. Die DE 196 35 845 C1 (D4) beschreibt ebenfalls eine Kalanderwalze mit einem steifen, zumindest im Wesentlichen zylindrischen Kern (Basiskörper 102), auf den formschlüssig Ringscheiben 109 mit Schrägbohrungen 110, die als Kühlmittelkanäle 111 dienen, aufgebracht werden. Durch versetztes Anbringen der Ringscheiben entstehen schraubenförmig verlaufende Kanäle. Die Walze nach der D4 offenbart damit weder Federelemente noch Federstege, die Kanäle bilden. Gleichzeitig ist auch bei einer Walze dieser Bauart nicht erkennbar, weshalb ein mit der streitpatentgemäßen Aufgabe betrauter Fachmann sie überhaupt als Anregung für eine Zusammenschau mit einer Walze gemäß der D1 auswählen würde. Weder ist der Aufbau aus Ringscheiben noch das verwendete Material (Aluminium) geeignet, für sich oder in Zusammenschau mit der D1 Hinweise für eine Lösung i. S. des Anspruchs 1 nach Streitpatent zu geben. Noch ist dafür die von der Einsprechenden zitierte Textstelle (Sp. 2, Z. 12 ff.) geeignet, wonach der schraubenförmige Verlauf den Vorteil habe, dass die Gegenwalze im Pressspalt immer nur einem Abschnitt eines Kühlmittelkanals gegenüberstehe und daher sehr hohe Streckenlasten abgestützt werden könnten, ohne dass der Stützzylinder Verformungen erleide. Denn beides zeigt keine Verbindung zur Aufgabe im Streitpatent auf, eine Walze mit einem nicht gesteuerten, passiven Durchbiegungsausgleich anzugeben. Insoweit ist auch diese Entgegenhaltung nicht geeignet, den Fachmann zu einer streitpatentgemäßen Lösung zu führen. Die übrigen, im Laufe des Prüfungs- und Einspruchsverfahren genannten Druckschriften beschreiben Walzen, welche merkmalsmäßig weiter ab liegen. Diese sind weder für sich noch in Verbindung mit einer Walze nach einer der oben diskutierten Druckschriften in der Lage eine streitpatentgemäße Walze nahezulegen. Sie wurden in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr aufgegriffen. Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher gewährbar. Damit sind auch die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9 gewährbar, da sie zweckmäßige Ausgestaltungen der Mahlwalze nach dem geltenden Anspruch 1 zum Inhalt haben. Bei dieser Sachlage erübrigt sich eine Diskussion der gestellten Hilfsanträge. Nach alledem war das Patent im beantragten Umfang beschränkt aufrecht zu erhalten.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005853&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005855
BPatG
München
10. Senat
20100318
10 W (pat) 23/08
Beschluss
Art 4 Abschn A Abs 3 PVÜ
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – zum Rechtsschutzbedürfnis einer Beschwerde: Patentanmeldung gilt wegen Nichtzahlung der Anmeldegebühr schon zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde als zurückgenommen – Beschluss geht über gesetzliche Rücknahmefiktion hinaus – Rechtsschutzbedürfnis besteht
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2007 020 165.8 wegen Übersetzungserfordernis, § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. März 2010 durch die Richterin Püschel als Vorsitzende, den Richter Eisenrauch und den Richter Lehner beschlossen: Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts- Prüfungsstelle 1.32 - vom 16. Januar 2008 wird aufgehoben.
I Die Anmelderin hat per Telefax am 26. April 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt einen Antrag auf Erteilung eines Patents mit der Bezeichnung  „Kühlwasserkreislauf eines Hydrogenerators“ eingereicht. Dem Antrag waren zwei Seiten Beschreibung und ein Blatt Zeichnungen mit zur Erläuterung in englischer Sprache gehaltenen Begriffen nebst zwei Figuren beigefügt. Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle 1.32 - hat nach vorhergehendem Zwischenbescheid mit Beschluss vom 16. Januar 2008 festgestellt, dass die Anmeldung als nicht erfolgt gelte. Zur Begründung ist ausgeführt, die Patentanmeldung sei teilweise fremdsprachig eingereicht. Da sich das Übersetzungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG auf sämtliche Offenbarungsunterlagen erstrecke, seien hiervon auch die in englischer Sprache gehaltenen Begriffe in den der Beschreibung der Erfindung beigefügten Zeichnungen erfasst. In einem solchen Fall sei zur Vermeidung einer Zurückweisung der Anmeldung innerhalb einer Frist von drei Monaten eine deutsche Übersetzung nachzureichen. Dem sei die Anmelderin nicht nachgekommen. Das Aktenzeichen wurde am 13. Februar 2008 gelöscht. Anmeldegebühren hat die Anmelderin nicht entrichtet. Gegen den Beschluss vom 16. Januar 2008 wendet sich die Anmelderin mit ihrer am 13. März 2008 beim Patentamt eingegangenen Beschwerde, für die sie am selben Tag eine Gebühr von 200,-- € entrichtet hat. Sie stellt die Anträge, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Januar 2008 aufzuheben und die Löschung des Aktenzeichens aus dem Register rückgängig zu machen. Zur Begründung führt sie aus, vom Übersetzungserfordernis des § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG seien die verfahrensgegenständlichen fremdsprachigen Begriffe in den Zeichnungen nicht erfasst. Dies folge bereits daraus, dass § 35 Abs. 2 Satz 1 PatG nicht auf § 34 Abs. 3 Nr. 5 PatG verweise. Nachdem die Vorlage von Zeichnungen nicht zu den Mindesterfordernissen zur Begründung eines Anmeldetages zähle, könnten darin enthaltene Mängel nicht dazu führen, den Anmeldetag nicht zuzuerkennen. Dies gelte im Streitfall umso mehr, als den der Anmeldung beigefügten Zeichnungen lediglich eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung zugrunde liege. Deren Offenbarungsgehalt erschließe sich ausschließlich aus der Beschreibung. Diese enthalte auch keine Verweise auf die Zeichnungen. Eine Übersetzung der Beschriftung der Zeichnungen hat die Anmelderin beim Patentamt nicht eingereicht. II. 1. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere fehlt ihr nicht deshalb, weil die Patentanmeldung - unterstellt, sie ist rechtswirksam - schon zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde wegen Nichtzahlung der Anmeldegebühr als zurückgenommen gilt, das Rechtsschutzbedürfnis. Der patentamtliche Beschluss, wonach die Anmeldung als nicht erfolgt gelte, geht rechtlich über die gesetzliche Rücknahmefiktion hinaus. Eine Anmeldung, die wirksam eingereicht und später zurückgenommen worden ist oder als zurückgenommen gilt, kann ein Prioritätsrecht begründen, eine rechtsunwirksame Anmeldung, der kein Anmeldetag zukommt, dagegen nicht. Voraussetzung für die Entstehung und Inanspruchnahme einer Priorität ist die vorschriftsmäßige Hinterlegung einer ersten Anmeldung, wobei die Erfüllung der Formerfordernisse genügt, die das Erstanmeldeland für die wirksame Begründung des Anmeldetags fordert (vgl. Schulte , PatG, 8. Aufl., § 41 Rn. 13 ff). Das spätere Schicksal der Erstanmeldung ist nach Art. 4 A Abs. 3 PVÜ für das Prioritätsrecht ohne Bedeutung. Die Anmelderin hat daher ein schutzwürdiges Interesse an der Entscheidung, ob der vorliegenden Patentanmeldung ein Anmeldetag zuzuerkennen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 10 W (pat) 24/04). 2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Patentanmeldung ist am 26. April 2007 rechtswirksam eingereicht worden. Die vom Patentamt getroffene Feststellung, dass sie mangels fristgerechter Einreichung einer Übersetzung der Zeichnungsbeschriftungen als nicht erfolgt zu gelten haben, hat keinen Bestand. Ist eine Anmeldung ganz oder teilweise nicht in deutscher Sprache verfasst, so hat ein Anmelder gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG eine deutsche Übersetzung innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Anmeldung nachzureichen. Dies gilt grundsätzlich auch für fremdsprachige Zeichnungsbeschriftungen (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Juni 2009, 10 W (pat) 43/07 - Mobilfunknetzwerk). Im Streitfall ist die Beschreibung der Erfindung in deutscher Sprache gehalten, die beigefügten Zeichnungen weisen allerdings englische Begriffe auf: Die auf der linken Seite der der Textbeschreibung beigefügten Zeichnung abgebildete, mit „Closed water cooling circuit with water-water heat exchanger integrated in the penstock “ überschriebene Figur enthält die englischen Begriffe „Waterflow“, „water-water heat exchanger“, „water turbine spiral case or pelton ring pipes“, „water-oil and water-air heat exchanger“ sowie „inlet valve“, versehen mit dem Zusatz „if any“. Die auf der rechten Seite des Zeichnungsblattes wiedergegebene Figur („Conventional open water cooling circuit“) weist die englischen Bezeichnungen „Water Filter“, „water-oil and water-air heat exchanger“ und „Downstream“ auf. Der Senat hat in der Vergangenheit wiederholt entschieden, dass es - unbeschadet dessen, dass die Amtssprache vor dem Deutschen Patent- und Markenamt grundsätzlich deutsch ist (§ 126 PatG) - unschädlich ist, wenn sich in den Unterlagen einer Patentanmeldung bzw. im übersetzten Text englischsprachige Ausdrücke befinden, sofern diese Ausdrücke auf dem einschlägigen Fachgebiet allgemein anerkannt sind oder wenn sich eine einheitliche deutsche Entsprechung noch nicht herausgebildet hat oder wenn sich dem deutsch sprechenden Fachmann ihre Bedeutung auch ohne Übersetzung - etwa im Zusammenhang mit der Beschreibung - erschließt (zuletzt Beschlüsse vom 4. Dezember 2008 - 10 W (pat) 40/08, vom 16. Juni 2009 - 10 W (pat) 43/07 und vom 3. Dezember 2009 - 10 W (pat) 10/08; vgl. auch Schulte/ Rudloff-Schäffer a. a. O., § 126 Rn. 8 m. w. N.). Dies gilt auch für zur Erläuterung der vermeintlichen Erfindung der Textbeschreibung beigefügte Zeichnungen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. September 2007 - 10 W (pat) 22/07). Jedenfalls der zuletzt genannte Gesichtspunkt trifft auf den vorliegenden Streitfall zu. Dem auf dem technischen Fachgebiet der Kühlwassersysteme tätigen, mit Entwicklungsarbeiten befassten Durchschnittsfachmann - auf den entgegen der Auffassung des Patentamts abzustellen ist, nicht hingegen auf die Englischkenntnisse eines Technikers mit Hauptschulabschluss - wird sich aufgrund seiner Fremdsprachenkenntnisse ohne weiteres unter Berücksichtigung des Offenbarungsgehalts der in deutscher Sprache gehaltenen Textbeschreibung der angemeldeten Erfindung die Bedeutung der vorstehend aufgeführten, in den Zeichnungen enthaltenen englischen Begriffe erschließen. Die Worte „if“ und „any“ im Sinne von „falls vorhanden“ zählen zum Grundwortschatz. Gleiches gilt für „Water Filter“ (Wasserfilter) und „Downstream“ (wörtlich zu übersetzen mit: „flussabwärts, stromabwärts“). Ein Blick in die Beschreibung verrät dem Fachmann auch, dass mit „water-water heat exchanger“ nur der dort erwähnte, den Kern der (vermeintlichen) Erfindung berührende „Wasser/Wasser-Wärmeübertrager“ gemeint sein kann. Der Schritt zur Einordnung des „water-oil and water-air heat exchanger“ als „Wasser-Öl und Wasser-Luft Wärmeübertrager“ ist unter Zugrundelegung dieser Kenntnisse ebenso gering wie die Erkenntnis, dass mit „water turbine spiral case or pelton ring pipes“ die Medien gemeint sind, an die die Verlustwärme abgeführt werden soll und die in der Beschreibung explizit erwähnt werden (z. B. Generatoren, Turbinenlager, Transformatoren). Ebenso erschließt sich dem Fachmann ohne weiteres, dass die Erfindung (bzw. das in der Beschreibung erwähnte bevorzugte Ausführungsbeispiel) auf der linken Seite der Zeichnung dargestellt ist (betitelt als „Closed water cooling circuit with water-water heat exchanger integrated in the penstoc “), wohingegen diese auf der rechten Seite den Stand der Technik wiedergibt „(conventional open water cooling circuit“ als der in der Beschreibung erwähnte „offene Wasser-Kühlkreis“).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005855&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005856
BPatG
München
17. Senat
20100309
17 W (pat) 6/06
Beschluss
§ 1 Abs 3 PatG, § 1 Abs 3 Nr 1 PatG, § 1 Abs 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Schnelle Faltung von Projektionen" – mathematische Methode als solche – keine Patentschutzfähigkeit
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 196 26 775.7-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung ist am 3. Juli 1996 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung „Schnelle Faltung von Projektionen“ eingereicht worden. Die Prüfungsstelle für Klasse G06T hat durch Beschluss vom 12. Oktober 2005 die Anmeldung zurückgewiesen, da das beanspruchte Verfahren nicht auf technischem Gebiet liege und deshalb keine patentfähige Erfindung sei. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Anmelderin beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentanspruch vom 29. November 2005, eingegangen am 30. November 2005, Beschreibung Seiten 1 und 1a vom 18. April 1997, eingegangen am 23. April 1997, Beschreibung Seiten 2 bis 16 vom Anmeldetag, 15 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8, 10 bis 18 vom 12. Mai 1997, eingegangen am 15. Mai 1997, 1 Blatt Zeichnung mit Figur 9 vom 4. Juni 1997, eingegangen am 9. Juni 1997. Sie regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an zur Frage der Technizität. Die Anmelderin vertritt die Auffassung, dass das beanspruchte Verfahren für die Bildrekonstruktion für ein Computertomographiegerät zur Durchführung einer schnellen Faltung auf technischem Gebiet liege; es erfülle keinen der in § 1 Abs. 3 und 4 PatG aufgezählten Ausschlusstatbestände und sei dem Patentschutz prinzipiell zugänglich. Das Verfahren diene der Gewinnung von rekonstruierten Daten aus in einem (zweifellos technischen) Computertomographiegerät gemessen Daten. Dem Verfahren liege auch eine technische Problemstellung zugrunde: Die Berechnung der bei der Rekonstruktion erforderlichen Faltung benötige sehr viel Rechenzeit, die durch das vorgeschlagene Verfahren stark reduziert werde. Zudem würden bei einer gegebenen Hardware die Fehler im rekonstruierten Bild verringert. Das Verfahren berücksichtige Eigenschaften der Messdaten, nämlich dass die einzelnen, mit einem Filterkern zu faltenden Projektionen einander ähnlich sind und am Rand sehr geringe Werte aufweisen; dies erlaube eine Wahl geringer Transformationslängen, ohne dass die entstehenden Überfaltungsfehler zu groß würden. Der Fachmann müsse sich mit den technischen Gegebenheiten eines Computertomographiegeräts auseinandersetzen, nämlich mit der Größe des Messfeldes, der Anzahl der Messkanäle sowie der Anzahl derjenigen Messkanäle, die unter Anforderungen an die Qualität der rekonstruierten Bilder zu einer geringfügig verfälschten Bildinformation im Außenbereich der Bilder beitragen dürfen. Außerdem seien technische Überlegungen erforderlich bei der Wahl des Filterkerns. Deshalb sei anzuerkennen, dass dem Verfahren nach dem Patentanspruch technischer Charakter zukomme. Zu dieser Problematik weist die Anmelderin auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs „Suche fehlerhafter Zeichenketten“ vom 17. 10. 2001 - X ZB 16/00 - sowie des Bundespatentgerichts „Computertomograph“ vom 22. 7. 1986 - 21 W (pat) 84/83 hin. Im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind folgende Druckschriften genannt worden: D1: GONZALEZ , R.C.; WOODS , R.E.: Digital Image Processing. Addison-Wesley, Reading u. a., 1992, S. 100 - 128. D2: VASSILIADIS, K.P. u. a.: Reconstruction of Magnetic Resonance Images Using One-Dimensional Techniques. IEEE Transactions on Medical Imaging, Vol. 12, No. 4, Dec. 1993, S. 758 - 763. Vom Senat wurde zusätzlich die Druckschrift D3: DE 35 09 777 C2 eingeführt. Der geltende Patentanspruch lautet: „Verfahren für die Bildrekonstruktion für ein Computertomographiegerät zur Durchführung einer schnellen Faltung mit der Transformationslänge M unter Zulassung geringer Überfaltungsfehler, wobei jeweils p (oder 2p) von n mit dem Computertomographiegerät gemessenen Projektionen der Länge N mit einem modifizierten Filterkern h ^ (k) unter Verwendung der „Fast Fourier Transform“ (FFT) und der „Inverse Fast Fourier Transform“ ( IFFT ) gleichzeitig in einem Schritt gefaltet werden, umfassend folgende Schritte: a) Zusammenfassung der p Projektionen der Länge N zu einem Vektor und Anfügung von S Nullen hinter jeder der p Projektionen der Länge N zu einem Vektor p  (k) = ∑ i (k-(i-1) (N+S) )     (1) i=1 mit der Transformationslänge M, b) Wahl der Parameter p und S derart, daß die Transformationslänge M = p (N+S) = 2 m (2) zur Durchführung der schnellen Faltung eine Zweierpotenz ist, c) Entwurf des Filterkerns h ^ (k) im Ortsbereich derart, daß er wenigstens im wesentlichen gleich einer Länge N+S ist, und Auffüllen des Filterkerns h ^ (k) mit Nullen auf die Transformationslänge M gemäß h(k) für Ikl < (N+S)/2  h ^ (k) =       (3)  0 sonst d) Zyklische Durchführung der schnellen Faltung mit der Transformationslänge M gemäß y(k) = (k) Ο M h ^ (k) = IFFT { FFT{ (k) } FFT{ h ^ (k) } } (4) mit   k = 0 (1) (M-1) , wobei das Faltungsergebnis einer Projektion i die Form y i (k) = y (k + (i-1) (N+S))     (5) mit   k = 0 (1) (N-1) und i = 1 (1) p aufweist.“ Gemäß Seite 3 Absatz 4 der Anmeldeunterlagen soll der Anmeldung die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren der eingangs genannten Art derart auszubilden, dass der auftretende Fehler im rekonstruierten Bild verringert und die Rechenzeit für die schnelle Faltung verkürzt wird. Zu den Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen. II. Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Sie konnte jedoch keinen Erfolg haben, da der Gegenstand des Patentanspruchs gemäß § 1 PatG dem Patentschutz nicht zugänglich ist. 1. Hintergrund der Anmeldung ist der Bereich der Computertomographie, vgl. S. 1 Abs. 1 und 2 sowie Fig. 3 mit Beschreibung. In einem Computertomographiegerät wird ein Objekt (z. B. ein Patient P) mit Röntgenstrahlen (Strahlungsquelle 3 in Fig. 3) durchleuchtet, mit Hilfe von Detektoren (Detektorarray 5 in Fig. 3) werden unter unterschiedlichen Winkeln Messwerte gemessen, vgl. S. 1 Abs. 2 sowie Fig. 3 mit Beschreibung. Zur Rekonstruktion des Bildes (d. h. der räumlichen Verteilung von physikalischen Schwächungswerten im untersuchten Objekt) werden die ermittelten Projektionen verschiedenen mathematischen Operationen unterzogen, unter Anderem werden sie zur Verbesserung der Bildschärfe mit einem Filterkern gefaltet. Dies entspricht im Wesentlichen einer Hochpassfilterung; auf S. 16 le. Abs. sind verschiedene bekannte Filterkerne namentlich aufgeführt. Die mathematische Faltungsoperation ist zeitkritisch, sie muss schnell durchgeführt werden, damit das berechnete Bild unmittelbar nach der Messung bereitgestellt werden kann. In der Anmeldung geht es um eine Methode zur schnellen Durchführung der mathematischen Faltung. Eine Faltung eines Vektors mit einem Filterkern kann bekanntermaßen mit Hilfe schneller Fouriertransformation, Multiplikation mit der Fouriertransformierten des Filterkerns und Rücktransformation durchgeführt werden, wobei die Transformationslänge auf eine Zweierpotenz M (unter Einfügung von Nullen) aufgerundet wird; dies kann zu hohen Rechenzeiten führen, vgl. die Ausführungen zum Stand der Technik auf S. 1 le. Abs. bis S. 2 Abs. 2. Wird die Zweierpotenz M kleiner gewählt als für eine fehlerfreie Faltung erforderlich, so reduziert sich die Rechenzeit. Jedoch ergeben sich Überfaltungsfehler, die je nach Wahl von M ein nicht tolerierbares Ausmaß annehmen können, vgl. S. 2 le. Abs. und S. 3 Abs. 1 und 3. Die Anmeldung lehrt demgegenüber, die Vektorwerte mehrerer einzelner Projektionen hintereinander in einem Gesamtvektor anzuordnen, der insgesamt die Länge einer Zweierpotenz hat, wobei zwischen je zwei Einzelvektoren eine Anzahl S von Nullen eingefügt werden; dieser Gesamtvektor wird mit dem Filterkern gefaltet. Die Einschränkung der Transformationslänge auf eine Zweierpotenz gilt dann nur für den Gesamtvektor, nicht für die einzelnen Projektionsvektoren, so dass zumindest für bestimmte Längen der Einzelvektoren weniger Rechenoperationen nötig sind als bei einer getrennten Faltung für jeden Einzelvektor, vgl. S. 5 Z. 4 bis 10. Je nach Wahl der Anzahl S von einzufügenden Nullen und der Länge des Filterkerns können sich unterschiedliche Faltungsfehler ergeben, wobei ein relativ kurzer Abstand S zwischen den einzelnen Projektionen im Gesamtvektor durch einen ebenfalls etwas zu kurz gewählten Filterkern teilweise kompensiert werden kann, vgl. S. 5 bis S. 7 Abs. 1 i. V. m. Fig. 2 und 5. Insbesondere entstehen im Fall S ≥ N-1 bei geeignet gewählter Länge des Filterkerns keine Fehler; im Fall S < N-1 entstehen Überfaltungsfehler, da in eine gefaltete Projektion fälschlicherweise Randwerte der Nachbarprojektion eingehen, und zwar umso mehr, je kleiner S ist, vgl. S. 5 Z. 16 bis 36. Der Algorithmus wird auf einem (üblichen) Rechner (8 in Fig. 3) durchgeführt; es ist keine an den Algorithmus angepasste spezielle Rechnerarchitektur ausgewiesen. 2. Als Fachmann sieht der Senat hier einen Mathematiker oder Physiker mit Erfahrung in der Entwicklung von Algorithmen an, wie sie etwa in der Bilddatenverarbeitung eingesetzt werden. Ein solcher Fachmann entnimmt dem Patentanspruch die Modifikation eines an sich bekannten mathematischen Algorithmus zur Faltung mehrerer Vektoren (Projektionen) einer vorgegebenen Länge N mit einem Filterkern. Durch geschickte Zusammenfassung und Anordnung der Eingangsdaten und Operationsschritte sowie geeignete Wahl verschiedener Parameter (Transformationslänge M, Anzahl p der zusammengefassten Vektoren, Anzahl S der einzufügenden Nullen, Länge des Filterkerns) wird die Anzahl der für die Faltung durchzuführenden Rechenschritte reduziert. Den „Entwurf des Filterkerns“ gemäß Merkmal c) interpretiert der Fachmann in der Weise, dass ein Filterkern, dessen grundsätzliche Form in Gestalt einer mathematischen Funktion (im Wesentlichen beliebig) vorgebbar ist, hinsichtlich seiner Dimension in für die Faltung mathematisch sinnvoller Weise an vorgegebene und an gewählte Parameter angepasst wird. Die Faltung soll „unter Zulassung geringer Überfaltungsfehler“ durchgeführt werden. Da der Anspruch jedoch die Transformationslänge M und die Anzahl S der einzufügenden Nullen nicht nach oben beschränkt, umfasst er auch die in den Anmeldeunterlagen auf S. 5 Z. 16 bis 24 angesprochene Parameterwahl ohne Überfaltungsfehler (S ≥ N-1, wobei die Länge des Filterkerns von ungefähr N+S zwischen 2N-1 und 2S+1 liegt). Als dem beanspruchten Verfahren objektiv zugrunde liegende Aufgabe ist die Reduzierung der Anzahl der Rechenschritte und damit der zur Durchführung benötigten Rechenzeit anzusehen; eine Verringerung von Bildfehlern gegenüber bekannten Verfahren, die bei geeigneter Parameterwahl ohne Überfaltungsfehler arbeiten, leistet das Verfahren gemäß dem Patentanspruch nicht. Es erscheint glaubhaft, dass die Berechnung mit dem anmeldungsgemäßen Algorithmus schneller durchgeführt werden kann als mit einem vorbekannten Faltungsalgorithmus. 3. Das Verfahren nach dem Patentanspruch ist jedoch nicht patentfähig, da es als mathematische Methode als solche gemäß § 1 Abs. 3 und 4 PatG vom Patentschutz ausgeschlossen ist. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Verfahren, das sich zur Herbeiführung des angestrebten Erfolges eines Programms bedient, mit dessen Hilfe eine Datenverarbeitungsanlage so gesteuert wird, dass der gewünschte Erfolg erzielt wird, nicht schon wegen des Vorgangs der elektronischen Datenverarbeitung dem Patentschutz zugänglich. Die beanspruchte Lehre muss vielmehr Anweisungen enthalten, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Nichts anderes gilt, wenn in Rede steht, ob eine beanspruchte Lehre als mathematische Methode als solche anzusehen ist, vgl. BGH in GRUR 2005, 143, 144 - Rentabilitätsermittlung, m. w. N.; vgl. auch BGH in GRUR 2009, 479 - „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“, m. w. N. Im Verfahren nach dem Patentanspruch können keine Anweisungen erkannt werden, die der Lösung eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln dienen. Der Patentanspruch schlägt vor, einen mathematischen Algorithmus durch geschickte Zusammenfassung und Anordnung der Eingangsdaten und Operationsschritte sowie geeignete Wahl verschiedener Parameter so zu verändern, dass die Anzahl der durchzuführenden Rechenschritte und damit die Rechenzeit reduziert wird. Der Patentanspruch enthält jedoch keine Anweisungen zur Modifikation von technischen Mitteln oder zur Kompensation von Unzulänglichkeiten, die sich aus der Gestaltung solcher Mittel ergeben. Weder wird ein Computertomographiegerät, welches der dem beanspruchten Verfahren vorgelagerten Datenaufnahme dient, in irgendeiner Weise verändert, noch wird eine zur Durchführung des Verfahrens eingesetzte Vorrichtung (Datenverarbeitungsanlage, Prozessor) modifiziert. In der Optimierung allein eines mathematischen Algorithmus kann keine technische Leistung erkannt werden, vgl. die Entscheidung des Senats vom 18. 1. 2007 - 17 W (pat) 16/04. Der Anspruch lässt zudem eine exakte Berechnung der Faltung ohne Fehler zu und beinhaltet keine Einschränkung, die zu Überfaltungsfehlern führen würde, vgl. das oben unter II.2 Ausgeführte. Insbesondere enthält er keine Anweisungen dahingehend, wie unter Berücksichtigung spezieller, auf technische Gegebenheiten zurückzuführender Eigenschaften der Messdaten Verfahrensparameter zu wählen sind, so dass Fehler zwar auftreten (was den Algorithmus schneller macht), sich jedoch in einem tolerierbaren Rahmen halten, und löst damit auch kein entsprechendes Problem. b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Logikverifikation“ (vgl. BlPMZ 2000, 273), in welcher die Zugänglichkeit zum Patentschutz bejaht wurde für einen Zwischenschritt in einem Prozess, der mit der Herstellung von Chips endete. In diesem Zwischenschritt wurde lediglich von einer bestimmungsgemäß eingesetzten Datenverarbeitungsanlage Gebrauch gemacht, ohne diese in irgendeiner Weise zu verändern. Dem Zwischenschritt wurde technischer Charakter zugestanden, da die ihm zugrunde liegende Lehre geprägt war von auf technischen Überlegungen beruhenden Erkenntnissen und deren Umsetzung. Im vorliegenden Fall beruht dagegen die beanspruchte Lehre lediglich auf mathematischen Überlegungen. Insbesondere ergibt sich die Wahl von Parametern einschließlich der Dimensionierung des Filterkerns lediglich aus mathematischen Überlegungen zur Durchführung der Faltung vorgegebener Eingangsdaten (Projektionen bestimmter Länge N) mit einem in seiner grundsätzlichen mathematischen Form vorgebbaren Filter; darüber hinausgehende Eigenheiten, etwa in Gestalt einer speziellen Anpassung des Filterkerns an physikalisch-technische Gegebenheiten der Datenaufnahme oder des untersuchten Objekts sind dem Anspruch nicht zu entnehmen. Auch sonst war eine Auseinandersetzung mit technischen Sachverhalten wie oben erwähnt nicht erforderlich. c) Die Anmelderin ist der Ansicht, dass das beanspruchte Verfahren nach der Entscheidung „Suche fehlerhafter Zeichenketten“ auf technischem Gebiet liege, da der Bundesgerichtshof dort der Aufarbeitung von Messergebnissen technischen Charakter zugestanden habe. Wie in den Gründen der Entscheidung „Suche fehlerhafter Zeichenketten“ (GRUR 2002, 143-146) unter B.III.1.bb) ausgeführt wird, kann ein Programm patentiert werden, wenn es in technische Abläufe eingebunden ist, etwa dergestalt, dass es Messergebnisse aufarbeitet. Eine Einbindung in einen technischen Ablauf ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unverzichtbarer Bestandteil einer solchen als technisch anzusehenden Lehre. Dies wird besonders deutlich in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Tauchcomputer“ (GRUR 1992, 430, X ZR 43/91 vom 4. Februar 1992), auf welche in der neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“, X ZB 22/07 vom 20. 1. 2009 unter II.2.b) letzter Absatz im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Messergebnissen explizit Bezug genommen wird. Gegenstand der Entscheidung „Tauchcomputer“ war eine Anzeigeeinrichtung für die Parameter eines Tauchgangs. Eine Lehre zum technischen Handeln wurde vom Bundesgerichtshof darin gesehen, „dass mit einem Betrieb von Tiefen- und Zeitmesser, Datenspeicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandlereinrichtung sowie Anzeigemittel nach einer bestimmten Rechenregel (Programm oder Denkschema) ermöglicht wird, mit Hilfe von Messgeräten ermittelte Messgrößen in der Anzeigeeinrichtung automatisch ohne Einschaltung menschlicher Verstandestätigkeit anzuzeigen.“ (vgl. a. a. O., 430). Die Merkmale der Lehre umschrieben eine enge Beziehung der Rechenregel mit (technischen) Mitteln wie Anzeige, Speicher, Auswerte- und Verknüpfungsstufe, Wandler, Tiefen- und Zeitmesser. Im Gegensatz hierzu ist im vorliegenden Fall kein konkreter Bezug auf technische Mittel oder Abläufe erkennbar. In dem beanspruchten Verfahren werden keine speziellen Eigenschaften der Messdaten berücksichtigt, die sich aus dem zur Aufnahme der Projektionsdaten verwendeten (zweifellos technischen) Computertomographiegerät bzw. -verfahren oder aus der physikalischen Struktur des vermessenen Objekts ergeben. Das beanspruchte Verfahren soll im Gegenteil nicht auf die Computertomographie beschränkt, sondern auch auf andere Fälle anwendbar sein, vgl. S. 15 le. Abs. bis S. 16 Abs. 1; angesichts des relativ allgemeinen Patentanspruchs, der die Möglichkeit einer fehlerfreien Faltung von als Vektoren gleicher Länge vorliegenden und ansonsten beliebigen Eingangsdaten mit einem Filter im Wesentlichen beliebiger Form umfasst, sind entgegen dem Vorbringen der Anmelderin sogar Anwendungen außerhalb der Verarbeitung von auf messtechnischem Wege gewonnenen Bilddaten denkbar. Somit ist das beanspruchte Verfahren auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen „Suche fehlerhafter Zeichenketten“, „Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“ und „Tauchcomputer“ einem Patentschutz nicht zugänglich. d) Die Anmelderin weist außerdem auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts „Computertomograph“ vom 22. 7. 1986 - 21 W (pat) 84/83 hin. Gemäß der in ABl EPA 1988, 50 veröffentlichten Zusammenfassung wurde in dieser Entscheidung einem computergestützten Arbeitsverfahren technischer Charakter zugebilligt, bei dem das zur Durchführung benutzte Arbeitsmittel, nämlich ein Computertomograph mit spezieller Auswerteschaltung, im Einzelnen angeführt war, auch wenn das Arbeitsmittel durch das auf einer Berechnungsmethode beruhende allgemeine Prinzip umschrieben wurde. Im vorliegenden Fall ist jedoch keine spezielle Ausbildung eines technischen Mittels, etwa eine spezielle Schaltung erkennbar. Auch aus dieser Entscheidung kann somit nicht auf einen technischen Charakter der vorliegenden Lehre geschlossen werden. Nach alledem kann das Verfahren nach dem Patentanspruch nicht als Erfindung im Sinne des § 1 PatG anerkannt werden. 4. Die Anmelderin hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 2 PatG angeregt. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, über die noch keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegt, wird mit der vorliegenden Anmeldung nicht aufgeworfen. Insbesondere in den oben erwähnten Entscheidungen „Rentabilitätsermittlung“, „Logikverifikation“, „Suche fehlerhafter Zeichenketten“,„Steuerungseinrichtung für Untersuchungsmodalitäten“ und „Tauchcomputer“ hat der Bundesgerichtshof die wesentlichen und auch für den vorliegenden Anmeldungsgegenstand relevanten Kriterien dargelegt, unter denen ein im Wesentlichen mathematisches Verfahren als dem Patentschutz zugängliche Erfindung anerkannt werden kann. Eine vom vorliegenden Beschluss abweichende Rechtsprechung eines anderen Senats des Bundespatentgerichts ist nicht erkennbar. Die Anregung der Anmelderin auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war daher nicht aufzugreifen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005856&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005857
BPatG
München
17. Senat
20100225
17 W (pat) 34/05
Beschluss
§ 1 Abs 3 Nr 3 PatG, § 1 Abs 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlegensteuersysteme" – Verfahren für gedankliche Tätigkeit als solche – keine Erfindung auf dem Gebiet der Technik - Verfahren beansprucht lediglich die Zuordnung und Bereitstellung bereits vorhandener Programmteile zu Darstellungselementen eines Bedien- und Beobachtungsbildes
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 197 48 528.6-53 … hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Fritsch, des Richters Dipl.-Ing. Prasch sowie der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die vorliegende Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme aus Bedien- und Beobachtungsbildern für Anlegensteuersysteme" ist am 3. November 1997 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts mit der Begründung zurückgewiesen, dass die mit dem Anspruch 1 beanspruchte Lehre nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss über die Zurückweisung der Patentanmeldung aufzuheben und ein Patent auf der Grundlage der ursprünglichen, am 3. November 1997 eingereichten Unterlagen zu erteilen. Der geltende Patentanspruch 1 lautet: "Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlagensteuersysteme, a) wobei ein Bedien- und Beobachtungsbild in Einzelkomponenten in Form von Darstellungselementen und Verbindungsgliedern zerlegt wird, b) die einzelnen Darstellungselemente mit den in einer Zuordnungstabelle, bestehend aus Darstellungssymbolen und zugeordneten Programmteilen, hinterlegten Darstellungssymbolen verglichen und c) die den Darstellungselementen entsprechenden Darstellungssymbolen zugeordneten Programmteile für eine Weiterverarbeitung bereitgestellt werden." (Gliederung ergänzt) Der Anmeldung soll die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlagensteuersysteme bereitzustellen, mit welchen Programmteile für Steuerprogramme vereinfacht und weitestgehend automatisiert erstellt werden können (vgl. S. 3, Z. 18 - 23 der Beschreibung). Zur Begründung ihrer Beschwerde führt die Anmelderin an, dass der Gegenstand des Hauptanspruchs auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, ausreichend offenbart und insgesamt patentfähig sei. Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung war der Anmelderin mitgeteilt worden, dass zu erörtern sein wird, ob das beanspruchte Verfahren der Erzeugung von Programmteilen dient oder nur der Zuordnung von Programmteilen zu Informationen, die Darstellungselemente eines Bedien- und Beobachtungsbildes verkörpern sollen, und ob dieses Verfahren auf technischem Gebiet liegt. Die Anmelderin hat Entscheidung nach Lage der Akte beantragt. II. Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents als Verfahren für gedankliche Tätigkeiten nicht als Erfindung auf technischem Gebiet anzusehen ist (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG). In der ursprünglichen Beschreibung wird eingangs erläutert, dass bei dem Entwurf von Anlagen zur industriellen Steuerung zunächst ein Mess- /Steuer- und Regelschema (MSR) erstellt wird, das die Form von Listen, Zeichnungen oder CAD-Daten haben kann. Dieses MSR-Schema wird in ein Bedien- und Beobachtungsbild umgesetzt, das zur Überwachung und/oder Steuerung der Anlage dient. Der Anspruch 1 hat seinem Wortlaut nach ein Verfahren zur Erzeugung von Programmteilen für Steuerprogramme für Anlagensteuersysteme zum Gegenstand. Mit dem ersten Verfahrensschritt (Merkmal a) wird vorgeschlagen, ein Bedien- und Beobachtungsbild in Einzelkomponenten in Form von Darstellungselementen und Verbindungsgliedern zu zerlegen. Anschließend soll den Einzelkomponenten bzw. Darstellungselementen des Bedien- und Beobachtungsbilds ein Programmteil zugeordnet und für eine Weiterverarbeitung bereitgestellt werden. Die Zuordnung wird mit Hilfe einer Zuordnungstabelle vorgenommen, die zu jedem Darstellungselement das zugehörige Programmteil angibt (Merkmale b) und c)). Resultat dieses Verfahrens ist also eine Anzahl von Programmteilen, die den Darstellungselementen im jeweiligen Bedien- und Beobachtungsbild entsprechen. Der Anspruch 1 lehrt sonach, abweichend von seinem Wortlaut, nicht die Erzeugung von Programmteilen, sondern nur die Zuordnung und Bereitstellung bereits vorhandener Programmteile (vgl. hierzu auch S. 4, Z. 7 - 9 der geltenden Beschreibung). Es erscheint jedoch glaubhaft, dass dieses Vorgehen dazu beiträgt, die Erstellung von Anlagensteuerprogrammen insgesamt zu vereinfachen. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist ein Verfahren für eine gedankliche Tätigkeit als solches und daher nicht als Erfindung auf dem Gebiet der Technik anzusehen (vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. Abs. 4 PatG). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Anweisungen des Anspruchs 1 nicht notwendigerweise den Einsatz von technischen Mitteln oder Naturkräften verlangen, sondern sich jedenfalls auch als Anweisung an eine Person, etwa einen Projektierungsingenieur, verstehen lassen, wie dieser vorzugehen habe, um den in einem Bedien- und Beobachtungsbild vorhandenen Darstellungselementen Programmteile zuzuordnen, nämlich mit Hilfe eines Zuordnungsschemas. Dass dieses Zuordnungsschema in einer Zuordnungstabelle niedergelegt ist, ändert nichts daran, dass das Verfahren maßgeblich auf gedanklicher Tätigkeit beruht. Denn nicht nur die Zerlegung des Bedien- und Beobachtungsbilds, sondern auch die Auswertung der Zuordnungstabelle stellen gedankliche Tätigkeiten dar. An dieser Sachlage vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass in der Beschreibung erwähnt wird, dass die Zuordnung der Programmteile zu den Darstellungselementen auch "softwaregesteuert automatisch" durchgeführt werden kann (vgl. S. 5, Z. 15 - 19) oder in einer vorteilhaften Ausgestaltung als Zuordnungstabelle eine Datenbank verwendet wird, was den Einsatz von Datenverarbeitungsmitteln voraussetzen würde. Denn in der Beschreibung erläuterte Ausführungsbeispiele schränken den Sinngehalt von Patentansprüchen nicht ein. Eine Auslegung von Patentansprüchen unterhalb ihres Sinngehalts ist generell nicht zulässig (vgl. BGH in GRUR 2007, 309 Leitsatz 1 - Schussfädentransport -). Da das beanspruchte Verfahren jedenfalls auch allein mit gedanklicher Tätigkeit durchführbar ist, konnte der Anspruch 1 keinen Bestand haben. Dem Antrag der Anmelderin auf Erteilung eines Patents auf der Grundlage der geltenden Unterlagen konnte nicht gefolgt werden. Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005857&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005860
BPatG
München
4. Senat
20100406
4 Ni 70/08
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das deutsche Patent DE 195 43 311 hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richter Dipl.-Ing. agr. Dr. Huber, Voit, Dipl.-Ing. Rippel und die Richterin Dipl.-Ing. Dr. Prasch für Recht erkannt: I. Das deutsche Patent 195 43 311 wird für nichtig erklärt. II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist Rechtsvorgänger der zwischenzeitlich in das Patentregister eingetragenen Inhaberin des deutschen Patents DE 195 43 311 (Streitpatent), der Josef R.  & Söhne GmbH & Co. KG. Das Streitpatent ist am 21. November 1995 angemeldet worden und betrifft eine Tiereinstreu sowie das Verfahren zu deren Herstellung sowie die Verwendung eines Verdickungsmittels zu diesem Zweck und umfasst in der erteilten Fassung 25 Ansprüche, die allesamt angegriffen sind. Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch erfinderisch. Zur Begründung trägt sie vor, eine Tiereinstreu mit den Merkmalen des Anspruchs 1 des Streitpatents sei im Stand der Technik zum Anmeldungszeitpunkt bereits bekannt und die Merkmale des Verfahrensanspruchs (Anspruch 22 in der erteilten Fassung) zumindest nahe gelegt gewesen. Hierzu beruft sie sich auf folgende Druckschriften: NK4 US 5 339 769 NK5 EP 0 585 928 A1 NK6 US 3 921 581 NK7 US 4 949 672 NK8 US 4 278 047 NK9 US 5 359 961. Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent DE 195 43 311 in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Der Beklagte beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Ansprüche 1 bis 21 folgende Fassung erhalten: 1. Tiereinstreu, welche überwiegend aus Wasser festhaltenden Holzpartikeln als natürliches organisches Material besteht und Guar-Mehl als organisches Verdickungsmittel und Klumpen bildenden, das natürliche organische Material unter Bildung eines Gels zusammenhaltenden Bestandteil umfasst, bei der der Gewichtsanteil an Guar-Mehl beim Zusammenmischen der Bestandteile 5 bis 40 % beträgt. 2. Tiereinstreu nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass sie zu mindestens 96 Gewichtsprozent aus natürlich abbaubarem organischem Material besteht. 3. Tiereinstreu nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das natürliche organische Material Cellulose, ein Cellulosederivat oder ein Cellulose enthaltendes Material umfasst. 4. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Holzpartikel eine Größenverteilung aufweisen. 5. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Holzpartikel als Mischung aus mehr körnigen und mehr blättchenförmigen Partikeln vorliegen. 6. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Holzpartikel zerkleinerte Hobelspäne umfassen. 7. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die größte Dimension der Holzpartikel zwischen 0,5 und 5 mm liegt. 8. Tiereinstreu nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die größte Dimension der Holzpartikel zwischen 1 und 2 mm liegt. 9. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Tensid zur Förderung der Benetzbarkeit des organischen Materials mit der ausgeschiedenen Flüssigkeit umfasst. 10. Tiereinstreu nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Tensid in einer Menge von 0,05 bis 1 Gewichtsprozent zugegen ist. 11. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass sie einen alkalischen Bestandteil zur Einstellung eines für die Wirksamkeit des organischen Verdickungsmittels optimalen pH-Wertes enthält. 12. Tiereinstreu nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass sie NaOH oder Na 2 CO 3 enthält. 13. Tiereinstreu nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass außer dem NaOH oder Na 2 CO 3 ein Anteil an pH-Puffersubstanz zur Bildung eines gepufferten alkalischen Bestandteils zugegen ist. 14. Tiereinstreu nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass als pH-Puffersubstanz Borax verwendet ist. 15. Tiereinstreu nach Anspruch 13 oder 14, dadurch gekennzeichnet, dass der gepufferte alkalische Anteil in einer Menge von 0,1 bis 1,5 Gewichtsprozent zugegen ist. 16. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass sie folgende Gewichtszusammensetzung aufweist: 60 - 85 % Holzpartikel 38 - 13 % Guar-Mehl 0,2 - 0,6 % Tensid 0,05 - 0,3 % NaOH 0,3 - 1,2 % pH-Puffersubstanzen. 17. Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass sie als gepresstes Granulat praktisch abriebfrei vorliegt. 18. Tiereinstreu nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, dass die größte Abmessung der Granulatkörner bei mindestens 90 % derselben im Bereich von 2 bis 5 mm und das Verhältnis zwischen der größten und der kleinsten Abmessung unterhalb 5:1 liegen. 19. Verfahren zur Herstellung einer Tiereinstreu nach einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass die Holzpartikel als natürliches organisches Wasser festhaltendes Material mit dem in einer Flüssigkeit dispergierten Guar-Mehl in einem Gewichtsanteil an Guar-Mehl von 5 bis 40 % beim Zusammenmischen der Bestandteile als organisches Verdickungsmittel benetzt oder darin getaucht und anschließend getrocknet werden, dass die entstandene Masse zu kompakten Formlingen trockenverpresst wird, dass die Formlinge durch Schneiden oder Brechen zu einem Granulat zerkleinert werden und dass das zerkleinerte Granulat einer Sichtung zur Ausscheidung zu leichter Partikel unterworfen wird. 20. Die Verwendung von Guar-Mehl als natürliches organisches Verdickungsmittel und Klumpen bildender Bestandteil in einer mindestens überwiegend aus Holzpartikeln als einem natürlichen organischen Wasser festhaltenden Material bestehenden Tierstreu. 21. Die Verwendung nach Anspruch 20, bei der das Guar-Mehl als organisches Verdickungsmittel in einem Mengenanteil von 0,5 bis 100 % der Gesamtmenge der Tiereinstreu zugegen ist.
I. 1. Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich - ungeachtet der nach ihrer Einreichung erfolgten Umschreibung des Streitpatents im Patentregister - weiterhin gegen den früheren Patentinhaber, nachdem die Klägerin einen Beklagtenwechsel selbst nicht erklärt noch einem solchen zugestimmt hat. 2. Die Klage ist auch begründet. Die Gegenstände der Ansprüche 1 und 20 des Streitpatents in der verteidigten Fassung sind gem. § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 PatG durch die Patentschrift US 5 339 769 ( NK4 ) neuheitsschädlich vorweg genommen. Die Gegenstände der übrigen Ansprüche sind dem hier einschlägigen Fachmann, einem Chemie- oder Verfahrensingenieur mit Diplomabschluss, der üblicherweise mit einschlägigen Entwicklungsarbeiten bei der Herstellung einer Tiereinstreu betraut ist (vgl. BGH, Urteil v. 17. November 2009 - X ZR 49/08 - in juris nachweisbar; BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger), auf Grund einer Kombination der genannten Druckschrift mit der Offenlegungsschrift EP 0 585 928 A1 ( NK5 ) i. S. d. § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 4 PatG nahegelegt. II. 1. Das Streitpatent betrifft eine Tiereinstreu, ein Verfahren zu deren Herstellung und die Verwendung eines Verdickungsmittels hierfür (Spalte 1, Zeilen 3 bis 6). Die Tiereinstreu, die in erster Linie für Haustiere, insbesondere Katzen, vorgesehen sein soll, ist gemäß den Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents im Stand der Technik grundsätzlich bekannt, wobei als Trägermaterial in der Streitpatentschrift besonders auf natürliches organisches, anorganisches mineralisches Material oder eine Mischung aus beidem verwiesen wird (Spalte 1, Zeilen 7 bis 33). Zusätzlich seien im Stand der Technik aus der Schrift DE 41 01 243 A1 Mischformen aus Cellulose, deren Derivaten und diese enthaltende Materialien bekannt, denen ein mineralisches Beschwerungsmittel und ein Verdicker oder Bindemittel zugesetzt werde, wobei die Verdicker organischer, synthetischer oder anorganischer Natur sein könnten (Spalte 1, Zeilen 34 bis 40). Daneben würden im Stand der Technik Streumittel der bekannten Art mit mindestens einem kapillarförmigem, kleinkörnigem Stoff - vornehmlich aus dem Mineralsektor - gemischt (Spalte 1, Zeilen 41 bis 57), wobei allen Materialien die Wasser festhaltende Eigenschaft zu eigen sei (Spalte 1, Zeilen 58 bis 61). Die Verdicker und Klumpenbildner aus dem Stand der Technik seien im Zusammenhang mit Tiereinstreu aber nur mit mineralischen Stoffen aufgetreten (Spalte 2, Zeilen 37 bis 39), was den Nachteil habe, dass die mineralischen Bestandteile ohne besondere Einwirkung nicht abgebaut würden (Spalte 2, Zeilen 44 bis 46). 2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Patentschrift als Aufgabe der Erfindung, eine Tiereinstreu zu schaffen, die weitgehend natürlich abbaubar ist und Klumpen bildet (Spalte 2, Zeilen 47 bis 49). 3. Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt der Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung eine Tiereinstreu mit folgenden Merkmalen: 1. Die Tiereinstreu besteht überwiegend aus Wasser festhaltenden Holzpartikeln als natürliches organisches Material. 2. Die Tiereinstreu umfasst Guar-Mehl als organisches Verdickungsmittel und Klumpen bildenden Bestandteil. 2.1 Das Guar-Mehl hält das natürliche organische Material (überwiegend Holzpartikel) unter Bildung eines Gels zusammen. 2.2 Der Gewichtsanteil an Guar-Mehl beträgt beim Zusammenmischen der Bestandteile 5 bis 40 %. Der verteidigte Patentanspruch 19 ist auf ein Verfahren zur Herstellung einer Tiereinstreu (nach einem der Ansprüche 1 bis 18) mit den folgenden Verfahrensschritten gerichtet: I. Die Holzpartikel (als natürliches organisches, Wasser festhaltendes Material) werden mit dem in einer Flüssigkeit dispergierten Guar-Mehl in einem Gewichtsanteil an Guar-Mehl von 5 bis 40 % beim Zusammenmischen der Bestandteile als organisches Verdickungsmittel benetzt. oder I': Die Holzpartikel werden in einer Flüssigkeit mit darin dispergiertem Guar-Mehl in einem Gewichtsanteil an Guar-Mehl von 5 bis 40 % beim Zusammenmischen der Bestandteile als organisches Verdickungsmittel getaucht. II. Die Holzpartikel werden anschließend getrocknet. III. Die entstandene Masse wird zu kompakten Formlingen trockenverpresst. IV. Die Formlinge werden durch Schneiden oder Brechen zu einem Granulat zerkleinert. V. Das zerkleinerte Granulat wird einer Sichtung zur Ausscheidung zu leichter Partikel unterworfen. Der verteidigte nebengeordnete Patentanspruch 20 ist auf die Verwendung von Guar-Mehl in Tiereinstreu gerichtet, wobei das Guar-Mehl als natürliches organisches Verdickungsmittel und Klumpen bildender Bestandteil in einer mindestens überwiegend aus Holzpartikeln als einem natürlichen organischen, Wasser festhaltenden Material bestehenden Tiereinstreu Verwendung finden soll. Zu dem die maßgeblichen Bestandteile der beanspruchten Tiereinstreu beschreibenden Patentanspruch 1 ist festzustellen, dass der durch den Ausdruck "überwiegend" gekennzeichnete Hauptbestandteil dieses Substrats Holzpartikel als natürliches organisches Material darstellt (vgl. Merkmal 1.), d. h., dass der Ausdruck "überwiegend" allein auf den Holzpartikel-Anteil und nicht etwa auf weitere Anteile der Tiereinstreu wie Zeilen B. das Guar-Mehl bezogen ist. Die Merkmalsgruppe 2. des Anspruchs 1 ist auf den weiteren notwendigen Bestandteil der beanspruchten Tiereinstreu, nämlich auf Guar-Mehl gerichtet, dessen Gel-bildende Wirkung (Merkmal 2.1) und dessen Gewichtsanteil an der Gesamtmenge der Tiereinstreu (Merkmal 2.2) beschrieben wird. Zu der in Merkmal 2.1 beschriebenen Wirkung der Gel-Bildung (Verklumpung usw.) ist noch anzumerken, dass diese erst bei Zutritt von Wasser aus Körperflüssigkeiten der Tiere einsetzt (vgl. allgemein Spalte 2, Zeilen 2 bis 22 und auf Guar-Mehl bezogen Spalte 3, Zeilen 8 bis 19). Unter dem Begriff Guar-Mehl versteht das Streitpatent das gemahlene Endosperm der Samen des indischen Guar-Baums, eine Leguminose mit der taxonomischen Bezeichnung Cyamopsis tetragonoloba (vgl. Spalte 2, Zeilen 60 bis 65). Das Herstellungsverfahren der in Anspruch 1 und den folgenden Ansprüchen beschriebenen Tiereinstreu nach dem verteidigten Patentanspruch 19 beginnt mit alternativ anzuwendenden Verfahrensschritten, nämlich entweder der Benetzung der Holzpartikel mit in Flüssigkeit dispergiertem Guar-Mehl (Merkmal I.) oder aber alternativ mit dem Tauchen der Holzpartikel in eine entsprechende Flüssigkeit mit darin dispergiertem Guar-Mehl (Merkmal I'). Nach Trocknung der Holzpartikel (Merkmal II) erfolgt eine Trocken-Verpressung zu kompakten Formlingen (Merkmal III.). Dieser Verfahrensschritt zielt darauf ab, später, d. h. nach weiteren Verfahrensschritten wie Zerkleinerung durch Schneiden oder Brechen (Merkmal IV.) und Ausscheidung zu leichter Partikel durch Sichtung (Merkmal V.) ein praktisch abriebfreies Granulat ohne Staubanteile herzustellen. Hierdurch soll vermieden werden, dass die Tiereinstreu im Fell der Tiere hängen bleibt (vgl. Spalte 4, Zeilen 13 bis 19). III. 1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung ist zwar auf Grund seiner Zweckbestimmung gewerblich anwendbar, er ist jedoch nicht neu. Die Druckschrift US 5 339 769 ( NK4 ) mit der Bezeichnung "Process for Making an Absorbent Composition" betrifft allgemein eine Beschreibung von absorbierenden Materialzusammensetzungen, welche insbesondere als Tiereinstreu Verwendung finden können und ein Verfahren zu deren Herstellung (Spalte 1, Zeilen 7 bis 10). Zwar wird als inerte feste Grundsubstanz für die Materialzusammensetzung der hier offenbarten Tiereinstreu grundsätzlich Lehm angegeben (Spalte 3, Zeilen 52, 53), wobei hierzu vorzugsweise Bentonit-Lehm Verwendung finden soll (Spalte 3, Zeilen 57, 58). Allerdings werden im Rahmen der Offenbarung der NK4 auch weitere Beispiele für den inerten Feststoffanteil der beschriebenen Tiereinstreu gegeben, so dass dieser jedenfalls nicht auf die o. g. Lehm-Arten beschränkt ist. So kann die Tiereinstreu nach der NK4 u. a. auch überwiegend aus einem festen partikulären Substrat bestehen, welches durch Holzpartikel gebildet werden kann (vgl. Spalte 3, Zeilen 46 bis 48; "wood chips, wood shaving, wood flour") und somit auch ein natürliches organisches Material darstellt. Die eingesetzten Holzpartikel haben auch bei der entgegengehaltenen Tiereinstreu die Aufgabe, Wasser festzuhalten und zwar - wie auch beim Streitpatent - in Verbindung mit einem Verdickungsmittel (Klumpen bildendes Mittel) (vgl. Spalte 4, Zeilen 1 bis 6). Die entgegengehaltene Tiereinstreu kann ebenfalls überwiegend aus festem partikulären Substrat bestehen (Spalte 3, Zeilen 65 bis 68), das eben auch aus Holzpartikeln gebildet sein kann (Spalte 3, Zeilen 46 bis 48). Damit gehört Merkmal 1. des verteidigten Patentanspruchs 1 (vgl. Merkmalsgliederung nach Punkt 2.) eindeutig bereits zum Umfang dessen, was die NK4 offenbart. Auch umfasst die Tiereinstreu gemäß der NK4 natürlich vorkommende Polymere wie Zeilen B. Guar-Mehl ("guar gum") (vgl. Spalte 4, Zeilen 1 bis 6 i. V. m. Zeilen 13 bis 15 und Anspruch 4). Eine mit "guar gum" beschriebene Substanz ist bereits Guar-Mehl, wie aus dem schon im Prüfungsverfahren berücksichtigten Lexikon der Hilfsstoffe für Pharmazie etc. 2. Aufl. 1981, Seiten 450 und 451 ersichtlich ist. Damit ist auch Merkmal 2. des geltenden Anspruchs 1 vorbeschrieben, ebenso wie die Funktion, die das Guar-Mehl (bei Nässeinwirkung) erfüllt, nämlich das Zusammenhalten des natürlichen organischen Materials unter Bildung eines Gels (Merkmal 2.1), wie aus der Beschreibung der NK4 , Spalte 4, Zeilen 6 bis 8, ersichtlich ist. Das klumpenbildende Mittel (Bindemittel), welches auch Guar-Mehl sein kann, wird gemäß der Entgegenhaltung in einem sehr weiten Wertebereich von 0,01 bis 20 %, bezogen auf das Trockengewicht des festen partikulären Substrats (Zeilen B. Holzpartikel), beigemischt (vgl. Spalte 5, Zeilen 1 bis 3 und Anspruch 7). Damit erreicht der Bindemittelanteil etwa die Mitte des im Streitpatent angegebenen, ebenfalls weit gefassten Bereichs von 5 bis 40 % (vgl. Merkmal 2.2). Somit ist eine hinreichende Überschneidung der beanspruchten Verhältnisanteile von Guar-Mehl mit den im Stand der Technik offenbarten Verhältnisanteilen gegeben, was dazu führt, dass dies im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung (vgl. BGHZ 95, 295 - Borhaltige Stähle; Benkard/Melullis, PatG, 10. Aufl., § 3 Rdnr. 45 m. w. N.) insoweit als neuheitsschädliche Vorbeschreibung dieses Merkmals (Merkmal 2.2) zu werten ist. Nach alledem sind auch der in Anspruch 1 der NK4 angegebenen allgemeinen Formulierung "porous inert solid subtrate" die hierzu in der Beschreibung beispielhaft benannten Formen von Holzpartikeln "wood chips, wood shaving, wood flour" und "sawdust" (vgl. Spalte 3, Zeilen 46 bis 48) zu subsumieren, wobei nach dem auf Anspruch 1 rückbezogenen Anspruch 4 auch Guar-Mehl als Verklumpungsmittel eingesetzt werden und dessen Anteil nach dem ebenfalls auf Anspruch 1 der Entgegenhaltung rückbezogenen Anspruch 7 0,01 bis 20 % Gewichtsanteil an der Trockensubstanz des Substrats betragen kann. Demnach sind alle Merkmale des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung aus der Druckschrift NK4 bekannt, weshalb ihm die erforderliche Neuheit gegenüber dem Stand der Technik fehlt. 2. Das Verfahren nach Patentanspruch 19 in der verteidigten Fassung ist zwar auf Grund seiner Zweckbestimmung gewerblich anwendbar und mag auch die erforderliche Neuheit gegenüber dem Stand der Technik aufweisen, jedoch beruht es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Durch die Offenbarung der NK4 (US 5 339 769) ist auch ein Verfahren zur Herstellung einer Tiereinstreu bekannt geworden, bei dem Zeilen B. auch Holzpartikel (Spalte 3, Zeilen 46 bis 48) als natürliches organisches, Wasser festhaltendes Material mit dem in einer Flüssigkeit (hier: Wasser) dispergierten Guar-Mehl in einem Gewichtsanteil an Guar-Mehl bis zumindest 20 % beim Zusammenmischen der Bestandteile als organisches Verdickungsmittel benetzt wird (Spalte 4, Zeilen 45 bis 60 der NK4 ). Damit ist ein Verfahren mit dem Verfahrensschritt I. gemäß Merkmalsgliederung durch die NK4 vorbeschrieben. Auch findet sich in der NK4 bereits ein Hinweis auf einen Trocknungsschritt, denn in Spalte 5, Zeilen 9 bis 16 wird die Einstellung des restlichen Feuchtegehalts der Mischung auf einen Wert ab 0,5 % (vgl. Zeile 12) beschrieben. Somit ist auch eine Trocknung i. S. v. Merkmal II. bereits verwirklicht. Die weiteren Verfahrensschritte III. bis V., wie sie im Patentanspruch 19 aufgeführt sind, sind zwar in der NK4 nicht im Einzelnen beschrieben. Allerdings findet sich in der NK4 ein Hinweis auf die Verwendung allgemein bekannter Einrichtungen und Methoden der Granulat-Herstellung, um die in der Entgegenhaltung beschriebenen Substrate bzw. Zusammensetzungen als Granulat bereit zu stellen (Spalte 5, Zeilen 58 bis 65). Demzufolge sind nach der Lehre der NK4 unter anderem auch Mischungen aus Holzpartikeln und in Flüssigkeit dispergiertem Guar-Mehl gemäß Verfahrensschritt I. und anschließender Trocknung (Schritt II.) grundsätzlich für die Weiterverarbeitung zu Granulaten geeignet. Ein geeignetes Verfahren zur Granulatherstellung ist in der EP 0 585 928 A1 ( NK5 ), ebenfalls bezogen auf u. a. Guar-Mehl-haltige Tiereinstreu, kurz beschrieben, nämlich derart, dass das dort verwendete fasrige Material und dessen wasseraufnehmende Komponenten sowie das Bindemittel (u. a. Guar-Mehl, vgl. Seite 3 Zeile 29) gemischt werden und die Mischung dann durch eine Trockenverpressung geformt wird, und, so notwendig, geschnitten und gebrochen zu Pellets oder kleinen Stücken verarbeitet wird (Seite 3, Zeilen 41 bis 44 der NK5 ). Diese Textstelle lässt den o. g. Fachmann durch den Hinweis auf die Trockenverpressung (dry-compression molding) bereits zweifelsfrei erkennen, dass das zu bearbeitende Material zumindest im Bedarfsfall vorher getrocknet werden muss (Verfahrensschritt II.), die entstandene Masse anschließend zu kompakten Formlingen (vgl. molding) trocken verpresst wird (Verfahrensschritt III.) und die Formlinge durch Schneiden oder Brechen zu einem Granulat zerkleinert werden (Verfahrensschritt IV.). Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass durch die NK4 bereits ein Verfahren beschrieben wird, bei dem Holzpartikel mit dem Verdickungsmittel Guar-Mehl benetzt (Schritt I.) und anschließend getrocknet werden (Schritt II.), wobei bereits auf die Möglichkeit der Granulierung eines derartigen Gemisches hingewiesen wird. Somit ist der maßgebliche Fachmann veranlasst, die Granulierung mit dem in NK5 vorgezeichneten, ebenfalls für die Herstellung von Tiereinstreu beschriebenen Verfahren vorzunehmen, welches entsprechend den Schritten II. bis IV. des Patentanspruchs 19 arbeitet. Eine fachmännische Zusammenschau des Standes der Technik nach NK4 und NK5 führt daher zu einem Verfahren, von dem sich das patentgemäße Verfahren lediglich formal durch den letzten Verfahrensschritt V. unterscheidet, wonach das zerkleinerte Granulat einer Sichtung zur Ausscheidung zu leichter Partikel unterworfen wird, denn ein derartiger Verfahrensschritt wird expressis verbis nicht beschrieben. Allerdings wird bereits in der NK4 darauf hingewiesen, dass die Staubentwicklung einer granulierten Tiereinstreu beim Gebrauch stark reduziert sein muss (Spalte 3, Zeilen 12, 13 und 27 bis 29). Eine Staubentwicklung setzt aber immer dann ein, wenn das Granulat zu viele kleine und leichte Partikel enthält. Angesichts dieser Vorgabe stellt es für den eingangs näher bezeichneten Fachmann lediglich eine einfache handwerkliche Maßnahme dar, zu leichte Partikel aus dem Granulat auszuscheiden. Die hierzu geeigneten Verfahren der Sichtung (Zeilen B. Windsichtung) sind dem einschlägigen Fachmann geläufig und werden demgemäß in der Streitpatentschrift auch nicht näher beschrieben oder benannt (vgl. Spalte 4, Zeilen 42 bis 46 der Streitpatentschrift). Eine Sichtung nach Trockenverpressung und -zerkleinerung stellt ferner bereits dann eine selbstverständliche Maßnahme dar, wenn das Endprodukt staubfrei vorliegen soll. Das Verfahren nach Patentanspruch 19 beruht daher gegenüber dem Stand der Technik nach NK4 und NK5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. 3. Die Verwendung von Guar-Mehl gemäß Patentanspruch 20 in der verteidigten Fassung ist zwar auf Grund ihrer Zweckbestimmung gewerblich anwendbar, sie ist jedoch nicht neu. Die Verwendung von Guar-Mehl als natürliches organisches Verdickungsmittel und Klumpen bildender Bestandteil in einer mindestens überwiegend aus Holzpartikeln als einem natürlichen, organischen, Wasser festhaltenden Material bestehenden Tiereinstreu ist durch die NK4 bereits vollumfänglich vorbeschrieben (Spalte 3, Zeilen 46 bis 48 und Spalte 4, Zeilen 1 bis 15). Die beanspruchte Verwendung von Guar-Mehl gemäß Patentanspruch 20 ist daher gegenüber dem Stand der Technik nicht mehr neu. 4. Die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 18 sowie der auf Patentanspruch 20 rückbezogene Patentanspruch 21, jeweils in der verteidigten Fassung enthalten keine Merkmale von eigenständiger patentbegründender Bedeutung. Der Beklagte sieht die Merkmale der verteidigten Patentansprüche 2, 4, 9 und 11 bis 14 als patentbegründend an. Dies trifft jedoch für die dort beschriebenen Merkmale nicht zu, denn das Merkmal des Patentanspruchs 2, wonach die Tiereinstreu zu mindestens 96 Gewichtsprozent aus natürlich abbaubarem organischen Material besteht sowie das Merkmal des Patentanspruchs 4, wonach die Holzpartikel eine Größenverteilung aufweisen, ergeben sich unmittelbar aus dem Stand der Technik nach der NK4 (vgl. Spalte 3, Zeilen 46 bis 48 und Spalte 4, Zeilen 13 bis 15). Das Merkmal des Patentanspruchs 9, wonach die Tiereinstreu ein Tensid zur Förderung der Benetzbarkeit des organischen Materials mit der ausgeschiedenen Flüssigkeit umfasst, ergibt sich aus der NK4 in Verbindung mit der von der Klägerin noch genannten NK8 (US 4 278 047) (vgl. dort Spalte 2, Zeilen 26 bis 31). Die Merkmale der Patentansprüche 11 bis 14 sind auf einen alkalischen Bestandteil in der Tiereinstreu zur Einstellung eines für die Wirksamkeit des organischen Verdickungsmittels optimalen pH-Wertes gerichtet (Anspruch 11) bzw. auf die Benennung derartiger puffender Substanzen (Ansprüche 12 bis 14). Derartige Maßnahmen und Substanzen werden für eine Guar-Mehl enthaltende Tiereinstreu bereits durch die von der Klägerin ebenfalls noch ins Verfahren eingeführten Druckschrift NK9 (US 5 359 961) vorweg genommen bzw. nahe gelegt (Spalte 5, Zeile 64 bis Spalte 6, Zeile 21). Für die Merkmale der verbleibenden Unteransprüche hat der Beklagte keine patentbegründende Bedeutung mehr geltend gemacht. Eine solche kann auch der Senat in diesen Patentansprüchen nicht erkennen. Somit teilen die Unteransprüche in der verteidigten Fassung das Schicksal ihrer jeweiligen tragenden Ansprüche 1 und 20, denen sie nachgeordnet sind. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005860&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005861
BPatG
München
5. Senat
20100311
5 Ni 89/09
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das deutsche Patent 197 22 349 hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2010 durch Richter Gutermuth als Vorsitzenden, Richterin Werner sowie die Richter Dipl.-Ing. Schneider, Dipl.-Ing. Hildebrandt und Dipl.-Ing. Küest für Recht erkannt: I. Das deutsche Patent 197 22 349 wird im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 für nichtig erklärt. II. Die Beklage trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 28. Mai 1997 angemeldeten deutschen Patents, dessen Erteilung am 19. Dezember 2002 veröffentlicht worden ist. Es trägt die Bezeichnung "Untergrundseitig anzuklebendes Profil zum Abschluss von verlegten Keramikplatten oder dergleichen" und umfasst 4 Ansprüche. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet wie folgt: "Untergrundseitig anzuklebendes Winkelprofil zum Abschließen von verlegten Keramikplatten oder dergleichen mit einem ersten mit Durchbrechungen versehenen Schenkel zur Befestigung und einem daran etwa senkrecht angebundenen zweiten Schenkel, an dem zu den benachbarten Keramikplatten gerichtet die sichtbare Fugenbreite zwischen dem zweiten Schenkel und den benachbarten Keramikplatten bestimmende abstandshaltende Mittel angeformt sind, dadurch gekennzeichnet, dass am freien Ende des zweiten Schenkels (23) eine Verbreiterung (26) angeformt ist, die zusammen mit den ebenfalls an dem zweiten Schenkel (23) angeformten Abstand haltenden Mitteln (24) eine zur abzuschließende Keramikplattenseite hin einseitig offene Kammer bildet, wobei die Verbreiterung (26) um die Breite (B) der zu bildenden Fuge kürzer ist als das mit Abstand dazu angeformte abstandshaltende Mittel (24)." Wegen des Wortlauts des auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentanspruchs 2 wird auf die Streitpatentschrift DE 197 22 349 C2 verwiesen. Die Nichtigkeitsklage der Klägerin richtet sich gegen die Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents. Die Klägerin ist der Meinung, dass der Gegenstand der beiden angegriffenen Ansprüche nicht neu sei und sich für den Fachmann jedenfalls in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichen Stand der Technik ergebe. Dazu beruft sich die Klägerin auf folgende Druckschriften: GB 2 203 996 A (Anlage T3) DE 31 21 823 C2 (Anlage T4). Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 197 22 349 im Umfang der Patentansprüche 1 und 2 für nichtig zu erklären. Die Beklagte verteidigt die beiden angegriffenen Patentansprüche 1 und 2 in der erteilten Fassung und beantragt, die Klage abzuweisen. Hinsichtlich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit tritt die Beklagte der Klägerin in allen Punkten entgegen.
Die Klage, mit der der in § 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet. I. Der Gegenstand der beiden angegriffenen Patentansprüche betrifft untergrundseitig anzuklebende Winkelprofile zum Abschließen von verlegten Keramikplatten oder dergleichen. Es ist bekannt, am Boden oder an der Wand verlegte Keramikplatten an ihren freiliegenden Außenkanten mit Hilfe von Abschlußprofilen zu schützen, die gleichzeitig dazu dienen, eine gleichbleibende Fuge zwischen dem Abschlußprofil und der zu schützenden Keramikplatte herzustellen. Für diesen Zweck ist aus der DE 31 21 823 ein Profil mit einem L-förmigen Querschnitt bekannt, bei dem der längere Schenkel der Befestigung des Profils auf dem Untergrund dient und der senkrecht dazu stehende kürzere Schenkel der Abschlußschenkel ist. An seinem freien Ende ist nach innen zur Plattenseite hin gerichtet eine Verbreiterung zur Festlegung der Fugenbreite vorgesehen, unter der eine Kammer gebildet ist. Bei diesen Profilen hat sich sowohl die Befüllung der unter der Verbreiterung gelegenen Kammer mit Fugenmörtel als auch die sichere Herstellung einer einheitlichen Fugenbreite als schwierig erwiesen (Absatz [0002] der Streitpatentschrift). Für die Eckausbildung eines Wandbereiches, an dem senkrecht zueinander Keramikplattenbeläge anzubringen sind, ist im Stand der Technik außerdem ein anderes Abschlußprofil vorgeschlagen worden (GB 2 203 996 A1). Dieses Profil weist beabstandet zwei zueinander senkrechte Befestigungsschenkel auf, die jeweils an beiden Wänden unter den entsprechenden äußeren Keramikplatten unterzubringen sind und mittig vorstehende Stegleisten haben, deren Stärke den Fugenabstand zwischen dem Abschlußschenkel und der jeweils benachbarten Plattenkante bestimmt. Die Einbringung eines solchen Profils ist jedoch schwierig. Der Einbau setzt eine so exakte rechtwinklige Ausrichtung der Untergrundflächen zueinander voraus, dass ein Winkeltoleranzausgleich nicht möglich zu sein scheint. Außerdem fehlt diesen Profilen die Verbreiterung am Ende der Abschlußschenkel, die zu einer Kammerbildung führt und die die Verklammerung des Fugenmörtels und den Schutz der benachbarten Plattenkanten in starkem Maße fördern soll (Absatz [0004] der Streitpatentschrift). Ausgehend von diesem Stand der Technik besteht die Aufgabe der streitpatentgemäßen Weiterbildung gemäß Streitpatentschrift darin, "ein Winkelprofil der eingangs genannten Art vorzuschlagen, welches sich spannungsfrei unter Keramikplatten einbauen läßt und welches eine die Fugenausfüllung sichernde und damit die Plattenkanten schützende und abstützende Funktion erfüllt" (Absatz (0005) der Streitpatentschrift). Diese Aufgabe soll durch ein Winkelprofil gemäß Anspruch 1 gelöst werden, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen: Untergrundseitig anzuklebendes Winkelprofil zum Abschließen von verlegten Keramikplatten oder dergleichen 1. mit einem ersten mit Durchbrechungen (21) versehenen Schenkel (22) zur Befestigung und 2. einem daran etwa senkrecht angebundenen zweiten Schenkel (23), 3. mit an dem zweiten Schenkel (23) angeformten abstandshaltenden Mitteln (24), 3.1 welche zu den benachbarten Keramikplatten (5, 6) gerichtet sind und 3.2 welche die sichtbare Fugenbreite zwischen dem zweiten Schenkel (23) und den benachbarten Keramikplatten (5, 6) bestimmen, sowie 4. mit einer Verbreiterung (26), 4.1 welche am freien Ende des zweiten Schenkels (23) angeformt ist, 4.2 welche zusammen mit den ebenfalls an dem zweiten Schenkel (23) angeformten Abstand haltenden Mitteln (24) eine zur abzuschließende Keramikplattenseite hin einseitig offene Kammer bildet, und 4.3 wobei die Verbreiterung (26) um die Breite (B) der zu bildenden Fuge kürzer ist als das mit Abstand dazu angeformte abstandshaltende Mittel (24). II. 1. Es mag dahinstehen, ob der Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Streitpatents neu ist, er ist zumindest nicht das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ergebe sich für den zuständigen Fachmann, einen Fachhochschulingenieur mit einschlägiger Erfahrung im Bereich des Innenausbaus von Bauwerken, aus einer naheliegenden Zusammenschau der Druckschriften T4 und T3. Nach der übereinstimmenden Ansicht der Beteiligten und auch des Senats kommt die Druckschrift T4 dem Streitgegenstand am nächsten, da das dort erläuterte Profil die meisten Gemeinsamkeiten mit dem Streitgegenstand aufweist. Dies ergibt sich auch aus dem seitens der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Blatt mit verschiedenen Skizzen von Winkelprofilen, welche die unterschiedlichen Entwicklungsstufen aufzeigen, welche letztendlich zum Streitgegenstand geführt haben. Während das Profil nach der T4 demjenigen nach der Entwicklungsstufe 3 entspricht, stellt der Streitgegenstand die Entwicklungsstufe 4 und damit eine Weiterentwicklung des Profils der T4 bzw. der Entwicklungsstufe 3 dar. Aus der T4 ist bekannt ein (vgl. die einzige Figur) Winkelprofil zum Abschließen von verlegten Keramikplatten oder dergleichen (Sp. 1, Z. 45/46) 1. mit einem ersten mit Durchbrechungen 11 versehenen Schenkel 1 zur Befestigung und 2. einem daran etwa senkrecht angebundenen zweiten Schenkel 2, sowie 4. mit einer Verbreiterung 3, 4.1 welche am freien Ende des zweiten Schenkels 2 angeformt ist. Von diesem bekannten Winkelprofil unterscheidet sich das streitgegenständliche Winkelprofil dadurch, dass 3. an dem zweiten Schenkel abstandshaltende Mitteln angeformt sind, 3.1 welche zu den benachbarten Keramikplatten gerichtet sind und 3.2 welche die sichtbare Fugenbreite zwischen dem zweiten Schenkel und den benachbarten Keramikplatten bestimmen, sowie 4.2 dass die Verbreiterung zusammen mit den ebenfalls an dem zweiten Schenkel angeformten Abstand haltenden Mitteln eine zur abzuschließende Keramikplattenseite hin einseitig offene Kammer bildet, und 4.3 wobei die Verbreiterung um die Breite der zu bildenden Fuge kürzer ist als das mit Abstand dazu angeformte abstandshaltende Mittel. Ausgehend vom einem Stand der Technik nach der T4 sieht der Senat die objektive Aufgabe darin, das Winkelprofil derart weiterzuentwickeln, dass eine gleichbleibende Fugenbreite zwischen dem zweiten Schenkel und der Keramikplatte erreicht wird und dass eine ausreichende Sicherung des Fugenmaterials gewährleistet ist. Zur Lösung eben dieser Aufgabe ist aus der T3 bereits ein Winkelprofil zum Abschließen von verlegten Keramikplatten oder dergleichen bekannt, bei dem 3. an dem zweiten Schenkel 3a abstandshaltende Mitteln 9 angeformt sind, 3.1 welche zu den benachbarten Keramikplatten 6 gerichtet sind und 3.2 welche die sichtbare Fugenbreite zwischen dem zweiten Schenkel 3a und den benachbarten Keramikplatten 6 bestimmen. In der T3 wird außerdem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass durch die abstandshaltenden Mittel 9 eine gleichbleibende Fugenbreite zwischen allen Keramikplatten gewährleistet werden kann (vgl. insbes. S. 5, Z. 22 bis S. 6, Z. 4). Wenn der Fachmann nun diese aus der T3 bekannte Ausgestaltung auf ein Winkelprofil nach der T4 überträgt, erhält er ohne weitere Umwege ein Winkelprofil mit sämtlichen im Patentanspruch 1 genannten Merkmalen. Denn das Merkmal 4.2, wonach die Verbreiterung zusammen mit den ebenfalls an dem zweiten Schenkel angeformten Abstand haltenden Mitteln eine zur abzuschließende Keramikplattenseite hin einseitig offene Kammer bildet, und das Merkmal 4.3, wonach die Verbreiterung um die Breite der zu bildenden Fuge kürzer ist als das mit Abstand dazu angeformte abstandshaltende Mittel, ergeben sich zwangsläufig, wenn der zweite Schenkel gemäß T4 mit einem abstandshaltenden Mittel gemäß T3 versehen wird. Die Beklagte tritt dieser Auffassung zwar entgegen und führt aus, der Fachmann würde nicht auf die T3 zurückgreifen, da die T3 mangels entsprechender Hinweise keine Anregungen zu der erfindungsgemäßen Aufgabe, ein Winkelprofil zu schaffen, welches sich spannungsfrei unter Keramikplatten einbauen lässt und welches eine die Fugenausfüllung sichernde und damit die Plattenkanten schützende und abstützende Funktion erfüllt (Abs. [0005] der Streitpatentschrift), liefern könne. Denn dort gehe es ausschließlich um die Schaffung einer gleichbleibende Fugenbreite zwischen allen Keramikplatten. Bei ihrer Argumentation übersieht die Beklagte jedoch, dass die in der Streitpatentschrift genannte Aufgabe bereits vollständig durch das aus der T4 bekannte Winkelprofil gelöst ist. In der T4, welche eine frühere Entwicklungsstufe des streitgegenständlichen Profils und Ausgangspunkt des Streitpatents darstellt, wird als Aufgabe u. a. genannt, ein bekanntes Winkelprofil derart weiterzubilden, dass durch die Einleitung der im Bereich der Anschlussschenkel auftretenden Belastungskräfte keine Beschädigung des Randbereiches der Keramikplatten auftritt (Sp. 2, Z. 21 bis 29). Dies entspricht im Wesentlichen der streitgegenständlichen Aufgabe, da eine Vermeidung vor Beschädigungen im Randbereich immer auch mit einer die Plattenkanten schützenden und abstützenden Funktion einhergeht. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die T4 u. a. eine nach innen gerichtete Verbreiterung 3 am freien Ende am Abschlussschenkel 21 vor (Patentanspruch 1 und die einzige Figur). Als besonderer Vorteil dieser Verbreiterung wird eine bessere Verklammerung des zwischen Abschlussschenkel und Keramikplattenkante eingebrachten Mörtels und eine begünstigte Übertragung der Kräfte auf die Keramikplattenkante gesehen (Sp. 2, Z. 43 bis 52). Infolge dieser Maßnahme traten keine Beschädigungen im Randbereich der Keramikplatten mehr auf (Sp. 2, Z. 55 bis 60). Da somit gemäß den Ausführungen in der T4 die Verbreiterung am freien Ende des Abschlussschenkels sowohl für eine die Fugenausfüllung sichernde als auch eine die Plattenkanten schützende und abstützende Funktion verantwortlich zeichnet, wird zumindest diese dem Streitgegenstand zugrundeliegende Teilaufgabe bereits durch die aus der T4 bekannten Maßnahmen gelöst. Auch die noch verbleibende Teilaufgabe, wonach ein Winkelprofil geschaffen werden soll, welches sich spannungsfrei unter Keramikplatten einbauen lässt, wird durch das Profil nach der T4 gelöst, da sich auch dieses Profil spannungsfrei einbauen lässt, was von der Beklagten im Übrigen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestanden wurde. Da somit die in der Streitpatentschrift genannte Aufgabe bereits vollständig durch den Stand der Technik nach der T4 gelöst ist, kann die objektive Aufgabe nur noch darin gesehen werden, das Winkelprofil derart weiterzuentwickeln, dass eine gleichbleibende Fugenbreite zwischen dem zweiten Schenkel und der Keramikplatte erreicht wird und dass eine ausreichende Sicherung des Fugenmaterials gewährleistet ist. Die entsprechenden Maßnahmen zur Lösung dieser Aufgabe sind dem Fachmann aber - wie bereits ausgeführt - aus der T3 bekannt. Selbst unterstellt, es ginge dem Fachmann - wie aufgabengemäß in der Streitpatentschrift angegeben - im vorliegenden Fall ausschließlich um eine die Fugenausfüllung sichernde und damit die Plattenkanten schützende und abstützende Funktion, welche dadurch erreicht werde, dass an den Schenkel 23 eine aussteifende Rippe 24 angeformt werde, welche zu dem beim Profil nach der Entwicklungsstufe 4 dargestellten Kraft- und Momentenverlauf führen würde (vgl. das in der mündlichen Verhandlung überreichte Blatt mit Skizzen von Winkelprofilen), so würde eben dieser Fachmann auch erkennen, dass die in der T3 an den Schenkel 3a angeformte Rippe 9 zu einem exakt gleichen Kraft- und Momentenverlauf führen würde, da die Rippe 9 in der T3 nach Funktion und Lage der Rippe 24 des Streitpatents entspricht und daher einen gleichen Kraft- und Momentenverlauf generieren wird. Der Patentanspruch 1 ist somit nicht bestandsfähig. 2. Unteransprüche Der einzige angegriffene Unteranspruch fällt notwendigerweise mit dem Patentanspruch 1 (vgl. BGH GRUR 1989, 103 "Verschlussvorrichtung für Gießpfannen" i. V. m. BGH GRUR 1980, 716 "Schlackenbad"), zumal auch weder seitens der Beklagten ein eigenständiger erfinderischer Gehalt für ihn geltend gemacht worden ist, noch für den Senat Anhaltspunkte für diesen ersichtlich sind, zumal seine Merkmale auch aus der T3 bekannt sind (vgl. insbes. Figur 1). III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005861&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005875
BPatG
München
24. Senat
20100330
24 W (pat) 84/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "INNOVA® technics (Wort-Bild-Marke)/Innova" – Dienstleistungsidentität – Prägung durch Markenbestandteil – klangliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 304 04 362 hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Viereck und Eisenrauch beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juli 2008 aufgehoben. 2. Die Löschung der Marke 304 04 362 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 395 52 610 angeordnet.
I. Die Wort-/Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist am 25. Juli 2007 unter der Nummer 304 04 362 für „Dienstleistungen eines Ingenieurs insbesondere für Forschung und Entwicklung von elektrischen, elektronischen und frequenztechnischen Komponenten, Bauteilen und Baugruppen sowie Aggregaten und Anlagen“ in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen und am 24. August 2007 veröffentlicht worden. Gegen die Eintragung der vorgenannten Marke hat die Inhaberin der prioritätsälteren, für die Dienstleistungen „Vermittlung von Erfindungen, Schutzrechten und Lizenzen; Erstellung von Patentrecherchen; technische Forschung und Entwicklung; Werbung“ eingetragenen Wortmarke Nummer 395 52 610 Innova Widerspruch erhoben. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des DPMA hat mit Beschluss vom 30. Juli 2008 eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint und gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass die mit der angegriffenen Marke beanspruchten „Dienstleistungen eines Ingenieurs“ zwar im engeren Ähnlichkeitsbereich der Dienstleistungen der Widerspruchsmarke lägen oder mit diesen sogar teilidentisch seien, da die mit der Widerspruchsmarke geschützten Dienstleistungen „Erstellung von Patentrecherchen“ und „technische Forschung und Entwicklung“ typischerweise auch von Ingenieuren erbracht würden. Dennoch müsse eine Verwechslungsgefahr verneint werden, da das Widerspruchszeichen „Innova“ erkennbar an den beschreibenden Begriff „Innovation“ angelehnt sei und daher nur über eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft verfüge. Das Wort „Innova“ sei zudem ein beliebtes, vielgebrauchtes Markenbildungselement, was eine Internet-Recherche unter Google ® gezeigt habe. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde nicht durch den Bestandteil „ INNOVA “ geprägt, da es sich sowohl bei „ INNOVA “ als auch bei dem Bestandteil „technics“ um gleichermaßen kennzeichnungsschwache Elemente handele. Schließlich gebe auch das Symbol „®“ in seiner konkreten Anbringung keinen Anhalt dafür, dass nur der Bestandteil „ INNNOVA “ geschützt sein solle und im Vordergrund stehe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Auffassung, dass die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr zu Unrecht verneint habe. Dem Bestandteil „ INNOVA “ komme innerhalb der angegriffenen Marke sehr wohl eine den Gesamteindruck der Marke prägende Stellung zu. Der Wortbestandteil „ INNOVA “ sei in Versalien geschrieben und deutlich größer gestaltet als der Bestandteil „technics“. Zusätzlich werde der Bestandteil „ INNOVA “ im Gesamteindruck der angegriffenen Marke noch durch das genau hinter diesem Bestandteil platzierte „®“ betont. Vor diesem Hintergrund könne der Wortbestandteil „technics“ der angegriffenen Marke, der ebenfalls kennzeichnungsschwach sei, eine Verwechslungsgefahr nicht verhindern. Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. Juli 2008 aufzuheben und die Löschung der Marke 304 04 362 anzuordnen. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren weder zur Sache geäußert noch Anträge gestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat auch in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht in klanglicher Hinsicht eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die angegriffene Marke ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zu löschen. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. u. a. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) „Marca/Adidas“; GRUR 2005, 1042, 1044 (Nr. 27) „ THOMSON LIFE “; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) „ PICASSO “; BGH GRUR 2008, 258, 260 (Nr. 20) „INTERCONNECT/T-InterConnect“; GRUR 2009, 484, 486 (Nr. 23) „Metrobus”; GRUR 2010, 235 (Nr. 15) „ AIDA/AIDU “). Der Inhaber der angegriffenen Marke hat die nach § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG mögliche Einrede der mangelnden Benutzung nicht erhoben, weshalb dem Widerspruch gemäß § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG sämtliche Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke im Register eingetragen ist, zugrunde gelegt werden können. Die Markenstelle hat zutreffend festgestellt, dass die Dienstleistungen „Erstellung von Patentrecherchen“ und „technische Forschung und Entwicklung“, die die Widerspruchsmarke beansprucht, typischerweise von Ingenieuren erbracht werden und diese daher ebenfalls unter den Oberbegriff „Dienstleistungen eines Ingenieurs“, für den die angegriffene Marke eingetragen ist, subsumiert werden können. Zu beachten ist ferner, dass das Dienstleitungsverzeichnis der angegriffenen Marke durch den Zusatz „insbesondere für Forschung und Entwicklung von elektrischen, elektronischen und frequenztechnischen Komponenten, Bauteilen und Baugruppen sowie Aggregaten und Anlagen“ keine rechtlich relevante Einschränkung aufweist (Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 32 Rdn. 95). Damit stehen sich vorliegend identische Dienstleistungen gegenüber. Gefolgt werden kann der Markenstelle auch darin, dass das Wort „Innova“ ersichtlich eine Anlehnung an den Begriff „Innovation“ darstellt, der „Einführung von etwas Neuem“, „Erneuerung“ oder schlicht „Neuerung“ bedeuten kann (vgl. DUDEN - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., [CD-ROM] Mannheim 2007). Wegen seines beschreibenden Anklangs handelt es sich beim Wort „Innova“, wie die Markenstelle ebenfalls zutreffend festgestellt hat, um ein durchaus beliebtes, vielgebrauchtes Markenbildungselement, das insbesondere im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen aus dem Bereich der Technik zu Recht als mit einer gewissen Kennzeichnungsschwäche behaftet beurteilt wird (vgl. BPatG PAVIS PROMA, 32 W (pat) 23/00 vom 29.11.2000 - „Clima Innova/ INNOVA “); allerdings kann dem Wort „Innova“ nicht jegliche Kennzeichnungskraft abgesprochen werden (vgl. BPatG PAVIS PROMA, 29 W (pat) 204/00 vom 12.06.2002 - „T INNOVA / INNOVA “). Im vorliegenden Fall wird der Widerspruchsmarke „Innova“ bezogen auf die hier in erster Linie interessierenden Dienstleistungen „Erstellung von Patentrecherchen“ und „technische Forschung und Entwicklung“ immerhin noch eine Kennzeichnungskraft im unteren Bereich des Durchschnitts bescheinigt werden müssen. Der vorliegenden Fall weist jedoch - von der Markenstelle nicht zutreffend gewürdigte - Besonderheiten auf, die im Zusammenhang mit den bereits genannten Faktoren zur Einschätzung führen, dass bei den Vergleichsmarken durchaus noch eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist. Der Bestandteil „ INNOVA “ tritt innerhalb der angegriffenen Marke gegenüber den anderen Bestandteilen durch seine Farbigkeit und größenmäßige Aufmachung deutlich hervor. Weitere Bedeutung für den Gesamteindruck der angegriffenen Marke erhält der Wortbestandteil „ INNOVA “ noch dadurch, dass ausschließlich ihm das auf eine registrierte Marke hinweisende Symbol „®“ - unübersehbar wegen der Art seiner Positionierung und wegen der gleichen farblichen Gestaltung - zugeordnet ist. Der in der angegriffenen Marke enthaltene, zweite Wortbestandteil „technics“ trägt dagegen zum Gesamteindruck dieser Marke wesentlich weniger bei. Er tritt innerhalb der angegriffenen Marke nicht nur wegen seiner unauffälligen, in schwarzen Kleinbuchstaben gehaltenen Gestaltung zurück, sondern auch deshalb, weil er in noch höherem Maße beschreibend ist und damit über noch weniger Kennzeichnungskraft als der Bestandteil „ INNOVA “ verfügt. Damit liegt eine blickfangartige Herausstellung des Bestandteils „ INNOVA “ vor, der auf diese Weise - trotz einer gewissen Kennzeichnungsschwäche - geeignet ist, den Gesamteindruck der angegriffenen Marke zu prägen (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 - „Fläminger“). Dies führt vorliegend zur Feststellung, dass die angegriffene Marke im Bereich identischer Dienstleistungen den notwendigen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr einhält und jedenfalls in klanglicher Hinsicht - was bereits für eine Löschung der angegriffenen Marke ausreicht (vgl. BGH GRUR 2008, 714, 717 (Nr. 37) - „idw“) - die Gefahr von Verwechslungen entstehen lässt. Die angegriffene Marke ist hierbei in vollem Umfang zu löschen, obwohl die Voraussetzungen für eine Gefahr von Verwechslungen möglicherweise nur hinsichtlich eines Teils der unter den Oberbegriff „Dienstleistungen eines Ingenieurs“ fallenden Dienstleistungen, für die die angegriffene Marke Schutz beansprucht, gegeben sind. Das Bundespatentgericht ist nämlich nicht berechtigt, von Amts wegen etwaige Dienstleistungen, die zwar unter den Oberbegriff „Dienstleistungen eines Ingenieurs“ fallen, aber nicht die Gefahr von Verwechslungen begründen, von der Löschung auszunehmen (vgl. BGH GRUR 2005, 326, 327 - „il Padrone/ Il Portone“).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005875&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005876
BPatG
München
25. Senat
20100512
25 W (pat) 506/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Morgenzauber" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 003 019.7 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. November 2009 wird aufgehoben.
I. Die Bezeichnung Morgenzauber ist am 16. Januar 2009 für die Waren "Feinkostsalate enthaltend Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Wurstwaren, Käse, Weich-und/oder Schalentiere (nicht lebend), insbesondere auch gekühlt, einschließlich Mischungen der genannten Waren untereinander und/oder mit frischem, konserviertem, getrocknetem oder gekochtem Gemüse, Pilzen, Nüssen; Pickles; Gemüsezubereitungen; Gemüsekonserven, insbesondere Sauerkonserven und Sauergurken; tischfertige Zubereitungen und Fertiggerichte aus Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Wurstwaren, Käse, Gemüse, Pilzen und Nüssen; Gemüse- und Kartoffelsalate; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Gemüse; Letscho ; Tomatenpaprika; Tomatenmark; Fleisch-, Fisch-, Gemüsekonserven; in Essig und/oder Öl eingelegtes Gemüse; Meerrettich (konserviert) und Zubereitungen hieraus, soweit in Klasse 29 enthalten; Fruchtzubereitungen insbesondere für die Verwendung in der Milchindustrie und der Speiseeisherstellung; Marmeladen und Konfitüren als Brotaufstrich, Fruchtaufstrich, Fruchtzubereitungen als geschmacksgebender oder dekorativer Zusatz zu Speiseeis, Desserts, Sahne, Milchgetränken und Cocktails mit Ausnahme von Teegetränken; Gewürze; Würzmittel; Senf; Senferzeugnisse, inklusive senfhaltige Brotaufstriche und Senfsaucen; Mayonnaisen, damit hergestellte Zubereitungen; Essig; Essigzubereitungen; Essiggetränke, im Wesentlichen bestehend aus Essig; Remouladen; Meerrettichgewürz; Worcestersaucen; Getreide- und Nudelsalate; Ketchup und daraus hergestellte Zubereitungen; Salatdressings; Salatsaucen; Salatcreme; Saucen (Würzmittel), insbesondere Feinkostsaucen; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken mit Ausnahme von Teegetränken" zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden. Dabei hat die Anmelderin unter Bezug auf die österreichische Marke 249 052, für die auch die Priorität der Anmeldung vom 29. September 2008 in Anspruch genommen wird, hilfsweise "Telle-quelle-Schutz" in Anspruch genommen. Die Anmeldung ist durch Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 vom 17. November 2009 zurückgewiesen worden, da es sich bei der angemeldeten Marke in Bezug auf die angemeldeten Produkte um eine freihaltebedürftige und damit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossene Sachangabe handele. Die aus den Begriffen "Morgen" und "Zauber" gebildete Wortkombination erschöpfe sich in Bezug auf die beanspruchten Lebensmittel in der beschreibenden Aussage, dass diese Bestandteil eines Frühstücks aufgrund ihrer Qualität zu einem zauberhaften Morgen verhelfen könnten. Der Verkehr werde daher in der angemeldeten Bezeichnung nur eine rein werbemäßige Anpreisung sehen, der es zudem auch an der erforderlichen Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangele. Soweit die Anmelderin sich auf ihrer Ansicht nach vergleichbare Eintragungen berufe, könnten diese bereits aus Rechtsgründen keinen Anspruch auf Eintragung begründen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle Klasse 30 vom 17. November 2009 die angemeldete Bezeichnung für alle beanspruchten Waren einzutragen, hilfsweise nach Art. 6 quinquies Abschnitt B Nr. 2 PVÜ. Weder die einzelnen Begriffe "Morgen" und "Zauber" noch die aus diesen Begriffen gebildete Wortneuschöpfung "Morgenzauber" seien geeignet, Merkmale und Eigenschaften der beanspruchten Waren zu beschreiben. Ein Verständnis i. S. von "zauberhaftem Morgen", wie es die Markenstelle angenommen habe, komme für den Verkehr allenfalls nach entsprechenden Überlegungen und gedanklichen Zwischenschriften in Betracht, da "Zauber" nicht ohne weiteres mit "zauberhaft" gleichgesetzt werden könne. Aber auch in dieser Bedeutung vermittele die angemeldete Bezeichnung allenfalls vage Assoziationen im Hinblick auf den Morgen als den Beginn des Tages sowie an Magie, enthalte jedoch keinen konkreten beschreibenden Aussagegehalt in Bezug auf die beanspruchten Waren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache bereits im Hauptantrag Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der Bezeichnung "Morgenzauber" in Bezug auf die beanspruchten Waren keine Schutzhindernisse im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Dies ist entgegen der Auffassung der Anmelderin zwar nicht bereits deshalb der Fall, weil die beiden Begriffe "Morgen" und "Zauber", aus denen die angemeldete Wortkombination zusammengesetzt ist, für sich genommen mehrere Bedeutungen aufweisen. Denn unabhängig davon, dass in rechtlicher Hinsicht eine Mehrdeutigkeit nicht schutzbegründend wirkt, wenn jedenfalls eine der möglichen Bedeutungen beschreibender Natur ist (EuGH, GRUR 2004, 146 [Tz. 33] - DOUBLEMINT, GRUR 2004, 222 - BIOMILD; BGH, GRUR 2008, 397 [Tz. 15] - SPA II), wird der Verkehr in Zusammenhang mit den hier maßgeblichen Waren "Morgen" naheliegend als Bezeichnung der Tageszeit und "Zauber" im übertragenen Sinne von "auf gleichsam magische Weise anziehende Ausstrahlung, Wirkung; Faszination, Reiz" verstehen (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 1961). Im Werbesprachgebrauch wird das Wort "Zauber" vielfach und für die unterschiedlichsten Erzeugnisse verwendet, um diese als solche oder hinsichtlich bestimmter Merkmale bzw. Eigenschaften anpreisend als einen Zauber, d. h. etwas Bezauberndes, etwas mit großem, nur schwer erklärbarem Reiz oder Ausstrahlung zu bezeichnen. Ebenso kann der Begriff "Morgen" in Zusammenhang mit Produkten aus dem hier maßgeblichen Lebensmittelbereich insbesondere in geeigneten Wortkombinationen in beschreibender Weise zum Ausdruck bringen, dass diese z. B. als Bestandteil/Zutat eines Frühstücks für einen Verzehr am Morgen geeignet und/oder bestimmt sein können. Auch wenn damit die Wortbestandteile der angemeldeten Marke "Morgen" und "Zauber" jeweils für sich betrachtet und insbesondere in geeigneten Wortkombinationen nicht unbedingt als Hinweis auf die Herkunft der von der Zurückweisung umfassten Waren aus einem bestimmten Unternehmen verstanden werden, ergibt sich daraus aber nicht zwangsläufig eine Schutzunfähigkeit der angemeldeten Gesamtbezeichnung "Morgenzauber". Der Umstand, dass jeder Bestandteil einer aus mehreren Begriffen zusammengesetzten Bezeichnung für sich betrachtet nicht unterscheidungskräftig ist, schließt nämlich nicht aus, dass deren Kombination unterscheidungskräftig sein kann. Dabei ist eine unterscheidungskräftige Marke dann anzunehmen, wenn ein merklicher Unterschied zwischen dem Gesamtgebilde und der bloßen Summe der Bestandteile besteht, was bei Wortkombinationen sprachliche oder begriffliche Besonderheiten voraussetzt, welche die gewählte Verbindung als ungewöhnlich und über die bloße Summenwirkung der Einzelworte hinausgehend erscheinen lässt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 [Tz. 98 - 100] - Postkantoor; GRUR 2004, 680, [Tz. 39 - 41] - BIOMILD; GRUR 2006, 229, 231 [Tz. 34 - 37] - BioID). Ein derartiger Fall ist nach Überzeugung des Senats vorliegend gegeben. Durch die Verknüpfung der beiden Begriffe "Morgen" und "Zauber" entsteht eine aufeinander bezogene gesamtbegriffliche Einheit, welche in ihrer Gesamtheit entgegen der Auffassung der Anmelderin von den vorliegend relevanten allgemeinen Verbraucherkreisen zwar ohne weiteres entweder in der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung "zauberhafter Morgen" oder auch - weitgehend gleichbedeutend - i. S. von "morgendlicher Zauber (Ausstrahlung/ Reiz)" bzw. "Ausstrahlung/Reiz des Morgens" verstanden wird. Mit diesem Bedeutungs- und Sinngehalt bezeichnet die Wortkombination "Morgenzauber" jedoch weder unmittelbar Merkmale der einschlägigen Waren noch lässt sie bestimmte Eigenschaften der so bezeichneten Waren hinreichend konkret erkennen. Die Wortfolge kann zwar werbemäßig anpreisend in dem Sinne gedeutet werden, dass die jeweiligen Waren zu einem "zauberhaften Morgen" verhelfen sollen bzw. einen "morgendlichen Zauber" i. S. einer angenehmen, entspannten Atmosphäre verbreiten. Insoweit bedarf es jedoch weiterer Überlegungen und gedanklicher Zwischenschritte, in welcher Art und Weise die betreffenden Waren dazu beitragen können, ob z. B. als Bestandteil/Zutat eines Frühstücks oder auch aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit und/oder Qualität. Solche analysierenden und interpretatorischen Überlegungen erscheinen vorliegend schon deshalb in größerem Umfang erforderlich, als eine Vielzahl der beanspruchten Waren ihrer Art und Beschaffenheit nicht speziell für ein Frühstück bestimmt sind bzw. sich dafür anbieten. Anders als Begriffskombinationen wie z. B. die vergleichbar gebildete Wortkombination "Frühstücks-Zauber" für zur Zubereitung eines Frühstücks geeignete und/oder bestimmte Waren oder auch "Weihnachts-Zauber" für bestimmte "weihnachtstypische" Produkte (vgl. dazu BPatG 25 W (pat) 72/09 v. 29. Oktober 2009, veröffentlicht in PAVIS PROMA) vermittelt "Morgenzauber" einen sachbezogenen Aussagegehalt im hier maßgeblichen Warenbereich jedenfalls nicht ohne weitere gedankliche Ergänzungen, interpretatorische Zwischenschritte oder eine gewisse analysierende Betrachtung, die aber bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht zum Maßstab gemacht werden kann. Die Wortkombination "Morgenzauber" erschöpft sich somit nicht in der Aneinanderreihung schutzunfähiger Bestandteile zu einer das subjektive Empfinden des jeweiligen Verbrauchers ansprechenden werbeüblichen Anpreisung, sondern vermittelt gerade durch die Kombination der aufeinander bezogenen Bestandteile "Morgen" und "Zauber" sowie die Interpretationsbedürftigkeit der Gesamtaussage in Bezug auf die Waren einen noch hinreichend phantasievollen Gesamteindruck. Die Wortkombination "Morgenzauber" eignet sich daher weder als Angabe zur Beschaffenheit bzw. zum Bestimmungs- und Verwendungszweck der betreffenden Waren im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch weist sie insoweit einen derart hinreichend engen beschreibenden Bezug auf, wie ihn der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung als Voraussetzung für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fordert. Der angemeldeten Wortkombination kann daher im Gesamteindruck eine - durch die Werbewirkung nicht ausgeschlossene - Identifizierungsfunktion und damit eine Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nicht abgesprochen werden, mag ihr Schutzumfang aufgrund ihrer beschreibenden Anklänge in verschiedene Richtungen auch deutlich reduziert sein. Die Beschwerde hat daher Erfolg.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005876&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005882
BPatG
München
30. Senat
20100218
30 W (pat) 12/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "auto contract" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 010 894.0 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Februar 2010 durch die Richterin Winter als Vorsitzende, die Richterin Hartlieb und den Richter Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden ist die Bezeichnung auto contract. Das Waren-Dienstleistungsverzeichnis lautet: „Elektronische Datenträger mit juristischen Informationen, Software, insbesondere individuell programmierte Software und Standardsoftware Recherche, Nachforschung über Vermögensverhältnisse für Inkassogeschäfte; Inkassogeschäfte Bereitstellung des Zugriffs auf juristische Informationsangebote zum Abruf aus dem Internet, Bereitstellen des Zugriffs auf elektronische Zeitungen, Zeitschriften, juristische Dokumenten mit juristischem Inhalt im Internet; Übermittlung von Forderungsdaten für Inkassoaufträge über das Internet Entwicklung und Programmierung von Software und Standardsoftware, insbesondere Individualprogrammierung, Softwarepflege, -wartung und Homepageprogrammierung Juristische Dienstleistungen, nämlich Rechtsberatung und -vertretung“. Die Markenstelle für Klasse 45 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet: Die Marke sei ein beschreibender Hinweis auf Verträge, die unter Verwendung entsprechender Programme selbst erstellt werden könnten. Nachdem eine Stellungnahme der Anmelderin nicht einging, erfolgte die Zurückweisung der Anmeldung aus den Gründen des Beanstandungsbescheids. Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich um einen neuen, sprachregelwidrigen Gesamtbegriff handele, der nicht beschreibend sei. Sie weist auf die Eintragung einer Marke „auto-contract“ hin. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 45 aufzuheben. Der Senat hat durch Zwischenbescheid darauf hingewiesen, dass das Wort „auto“ sowohl im Englischen wie auch im Deutschen als Kurzform für das Wort „Automobil“ verwendet wird und dieser Bereich in großem Umfang Gegenstand juristischer Dienstleistungen, insbesondere auch im Internet sei, ebenso wie der Themenbereich „Vertrag“ (contract). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Die angemeldete Wortmarke ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen; ihr fehlt hinsichtlich der beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft i. S. d. genannten Vorschrift. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2006, 229, 230 [Nr. 27 ff.] - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 [Nr. 18] - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 710 [Nr. 12] - VISAGE; GRUR 2009, 411 [Nr. 8] - STREETBALL; GRUR 2009, 778, 779 [Nr. 11] - Willkommen im Leben; GRUR 2009, 952 [Nr. 9] - DeutschlandCard). Keine Unterscheidungskraft kommt zunächst Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2009, 952, 953 [Nr. 10] - DeutschlandCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu der betreffenden Ware oder Dienstleistung hergestellt wird (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 411 [Nr. 9] - STREETBALL). Ein solcher enger beschreibender Bezug kann sich insbesondere daraus ergeben, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen in engem sachlichen Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen stehen, für die die zur Beurteilung stehende Bezeichnung einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2009, 949, 951 [Nr. 20] - My World). Die Eignung, Produkte ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt schließlich auch solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 [Nr. 10] - DeutschlandCard). Nach diesen Grundsätzen muss der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben. Die angemeldete Marke setzt sich aus den Wortbestandteilen „auto“ und „contract" zusammen. „Auto“ ist in erster Linie als Kurzform des Wortes „Automobil, Kraftfahrzeug“ (wörtlich: „selbstbeweglich“) im Gebrauch; daneben wird „auto“ in Wortzusammensetzungen wie etwa „Autobiografie“, „Autodidakt", „Autofokus“, „Automat“, „automatisch", „Autopilot" oder eben auch „Automobil“ entsprechend seiner aus dem Griechischen stammenden Bedeutung „selbst, eigen" zur Bezeichnung für Eigenschaften verwendet, die auf ein selbsttätiges, selbstständiges bzw. eigenes Tätigwerden hinweisen (vgl. Duden, Fremdwörterbuch, 8. Aufl. S. 109 ff.; Langenscheidts Muret-Sanders, Großwörterbuch Englisch S. 97, 98; BPatG 33 W (pat) 101/06 - AUTOMEDIATHEK, veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts unter http://www.bpatg.de). Das englische Wort „contract“ bedeutet im Deutschen „Abkommen, Vertrag“, ebenso als Fremdwort der deutschen Sprache in der Schreibweise „Kontrakt“ (vgl. Duden a. a. O. S. 561; Langenscheidt a. a. O. S. 258). In der Gesamtheit kann die angemeldete Bezeichnung damit als Hinweis auf einen Vertrag sowohl mit inhaltlichem Schwerpunkt im Bereich des Automobilwesens, als auch im Sinn eines anhand von Mustervordrucken automatisch (selbst) zu erstellenden Vertrages verstanden werden. Darauf, dass im Bereich der Gestaltung, Erstellung und Überwachung sowie Abwicklung von Verträgen juristische Dienstleistungen in Verbindung mit Informationstechnologie eine wesentliche Rolle spielen, ist die Anmelderin mit dem Beanstandungsbescheid sowie durch Zwischenbescheid des Senats hingewiesen worden; beispielhaft wird hierzu auf das der Anmelderin von der Markenstelle übersandte Angebot der Firma o. software AG hingewiesen, die unter anderem eine spezielle Software für Vertragsmanagement anbietet (vgl. http://www.otris.de/cms/Vertragsmanagement_LCM_otris.html;jsessionid=01FFB9B04DBFCC91D2E4B7FF5A77F6D8). Die Bezeichnung auto contract kann damit nach Art oder Bestimmung auf die hier maßgeblichen Waren und Dienstleistungen bezogen sein. Deshalb ist die Schlussfolgerung der Markenstelle nicht zu beanstanden, der angemeldeten Bezeichnung werde für Waren und Dienstleistungen auf dem hier maßgeblichen Sektor kein Hinweis auf eine individuelle betriebliche Herkunft entnommen. Die Anmelderin kann aus der Eintragung anderer Marken keinen Anspruch auf Eintragung der vorliegenden Anmeldung herleiten. Der Senat hat diese Ausführungen berücksichtigt, sieht sich aber nicht veranlasst, in gleichem Sinn zu entscheiden und die Eintragungshindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG unberücksichtigt zu lassen. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (EuGH GRUR 2004, 674 Nr. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 Nr. 63 - Henkel; GRUR 2009, 667 Nr. 19 - Schwabenpost u. a.; MarkenR 2009, 478, 484 Nr. 57 - American Clothing; BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge; GRUR 2008, 1093, 1095 Nr. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333, 335 ff. - Papaya; BPatG 24 W (pat) 142/05 - VOLKSFLAT, veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts unter http://www.bpatg.de).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005882&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005883
BPatG
München
33. Senat
20100427
33 W (pat) 26/10
Beschluss
§ 39 MarkenG, § 48 MarkenG, § 82 MarkenG, § 50 Abs 1 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren - "skyline Haustechnik Vertriebs GmbH (Wort-Bildmarke)" - zur Frage der Rechts- und Beteiligtenfähigkeit nach Auflösung einer GmbH - unzulässige Erweiterung des Dienstleistungsverzeichnisses
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 398 10 063.2 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 27. April 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Am 24. Februar 1998 meldeten die Verfahrensbevollmächtigen der Markeninhaberin unter Vorlage einer von dieser ausgestellten Vollmacht die verfahrensgegenständliche Wortbildmarke an. Das zugehörige Dienstleistungsverzeichnis wurde nach einer Beanstandung durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) mit Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten vom 26. Mai 1998 korrigiert, indem diese im Namen der Markeninhaberin auf die ursprünglich beantragten Dienstleistungen der Klasse 42 verzichteten und diejenigen der Klasse 37 durch den Zusatz „…vorgenannte Dienstleistungen, soweit in Klasse 37 enthalten“ konkretisierten. Daraufhin ist die Marke am 9. Juli 1998 eingetragen worden, wobei im Register folgende Angaben enthalten sind: (510) Waren- und Dienstleistungsverzeichnis: Reparaturwesen, soweit in Klasse 37 enthalten; Installationsarbeiten; Wartungsarbeiten (511) Klassen: 37, 42. Die Markeninhaberin ist ausweislich des Handelsregisterauszugs in Folge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 21. Mai 2001 (Aktenzeichen: 361 IN 25/01) mangels Masse aufgelöst worden. Zum Liquidator wurde der frühere Geschäftsführer, Herr Michael B., bestimmt. Am 13. Februar 2008 wurde die Schutzdauer der Marke verlängert. Mit Antrag vom 18. April 2008 hat die Markeninhaberin sodann eine „ergänzende detaillierte“ Eintragung folgender Waren und Dienstleistungen begehrt: Klasse 42: Computer Solar-Ladegerät für Notebook im Deckel des Desktop/Display mit Photovoltaikfolie und Laderegler Klasse 37: Dienstleistung Technologische Aufbereitung, Speicherung und Verbrauch von Energie. Zu dem Einwand des DPMA, dass mit dem Antrag eine unzulässige Erweiterung begehrt werde, hat die Markeninhaberin die Ansicht vertreten, dass es sich bei den von ihr begehrten Änderungen um Präzisierungen handele, die keine Waren, sondern eine „Idee zur technologischen Konfektionierung“ seien. Die „technologische Konfektionierung“ von Waren sei in der Klasse 42 möglich. Dieser Sachverhalt sei ihren Verfahrensbevollmächtigten auch bekannt gewesen. Mit Beschluss vom 3. Dezember 2009 hat die Markenabteilung 3.1 den Antrag der Markeninhaberin zurückgewiesen und dies damit begründet, dass es sich um eine unzulässige nachträgliche Erweiterung des Waren- bzw. Dienstleistungsverzeichnisses handele. Es komme daher nicht darauf an, dass die im Antrag der Markeninhaberin zu Klasse 42 und Klasse 37 aufgeführten Begriffe keine in diesen Klassen zulässigen Dienstleistungsbegriffe darstellen würden. Die Aufführung der Klasse 42 im Register ohne zugehörige Dienstleistung habe insoweit keine Auswirkungen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie ist der Ansicht, die Klasse 42 sei „im Bereich der innovativen Entwicklung der Datenverarbeitung zum Vertrieb (e-Commerce) und im Aufbau von energiesparenden Anlagen im Haushalt als Skyline-Marke“ eingetragen. Es handele sich nicht um eine Erweiterung, sondern um eine innovative Idee zu den Klassen 37 und 42. Insoweit weist die Markeninhaberin erneut darauf hin, dass dies den damaligen Verfahrensbevollmächtigten auch bekannt gewesen sei. II. Die Beschwerde ist erfolglos. 1. Die Beschwerde ist zulässig. Die aufgelöste GmbH kann als eingetragene Markeninhaberin Beteiligte dieses Verfahrens sein (§§ 7 Nr. 2, 82 Abs. 1 MarkenG, § 50 Abs. 1 ZPO, §§ 13, 69 Abs. 1, 60 Abs. 1 Nr. 5 GmbHG) und wird gem. §§ 66, 60 Abs. 1 Nr. 5, 70 GmbHG i. V. m. § 82 Abs. 1 MarkenG, § 51 Abs. 1 ZPO durch ihren Liquidator vertreten. Eine GmbH als Markeninhaberin verliert ihre Rechts- und Beteiligtenfähigkeit nicht zwingend durch ihre Auflösung, sondern kann durch den Liquidator oder ggf. durch den ehemaligen Geschäftsführer noch weiter wirksam vertreten werden (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 7 Rd. 3, § 32 Rd. 101; vgl. BPatGE 41, 160 (162); BPatGE 44, 113 (116)). 2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die von der Markeninhaberin beantragte Änderung des Verzeichnisses auf eine unzulässige, nachträgliche Erweiterung des Waren- bzw. Dienstleistungsverzeichnisses gerichtet ist. a) Im Markenrecht gilt der Grundsatz, dass das angemeldete bzw. eingetragene Waren- und Dienstleistungsverzeichnis nach Vergabe eines Anmeldetags grundsätzlich nicht erweiternd verändert werden kann. Eine Erweiterung des in der Anmeldung enthaltenen Verzeichnisses der Waren- oder Dienstleistungen würde eine unzulässige Änderung der Anmeldung darstellen, denn das Verzeichnis ist gemäß § 32 Abs. 1, 2 Nr. 3 MarkenG mit der Anmeldung einzureichen und damit untrennbarer Bestandteil der angemeldeten Marke. Das eingetragene Verzeichnis bestimmt insoweit den Produktbezug und damit auch den Schutzbereich der eingetragenen Marke (Fezer, MarkenR, 4. Aufl. § 32 Rd. 46). Daher erlaubt § 39 Abs. 1 MarkenG dem Anmelder vor der Eintragung nur eine Einschränkung des in der Anmeldung enthaltenen Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen. Nach der Eintragung kann das Verzeichnis nur noch im Wege der teilweisen Löschung der Eintragung aufgrund eines Teilverzichts nach § 48 Abs. 1 MarkenG eingeschränkt, nicht aber erweitert werden (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 39 Rd. 2, 3, § 48 Rd. 5). Eine nachträgliche Erweiterung des angemeldeten bzw. eingetragenen Verzeichnisses würde nämlich dazu führen, dass der Inhaber einer Marke, für die mit dem Anmeldetag bereits ein bestimmter Zeitrang begründet worden ist, diesen Zeitrang nachträglich auch noch für die ergänzten Waren und/oder Dienstleistungen beanspruchen würde, wodurch der Schutzumfang der Marke unter Beibehaltung des (älteren) Zeitrangs jederzeit und unbegrenzt ausgeweitet werden könnte. Es liegt auf der Hand, dass dies dem aus § 6 MarkenG folgenden Zeitrangprinzip widersprechen würde. Darüber hinaus würde das Widerspruchsrecht Dritter in unzulässiger Weise unterlaufen, denn die nachträgliche Änderung könnte die Rechte von Inhabern einer Marke mit älterem Zeitrang beeinträchtigen. Gleichwohl wäre deren Widerspruch gem. § 42 MarkenG nach Ablauf der Widerspruchsfrist, die gem. § 42 Abs. 1 MarkenG drei Monate nach dem Tag der Veröffentlichung der Eintragung der Marke endet, unzulässig. Die Bestimmungen des Markengesetzes im Anmelde- und Eintragungsverfahren sind insoweit als ein zusammenhängendes und aufeinander abgestimmtes System zu verstehen, dessen innere Ausgewogenheit weder durch die Zulassung einer nachträglichen Änderung des Markenzeichens selbst (vgl. näher zu dem Grundsatz der Unveränderlichkeit der Marke: BGH GRUR 1958, 185 (186) - Wyeth; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 32 Rd. 22 ff. m. w. N.) noch durch eine nachträgliche Erweiterung des zugehörigen Verzeichnisses gestört werden darf. b) Die von der Markeninhaberin begehrte „ergänzende detaillierte Eintragung“ würde eine solche unzulässige nachträgliche Erweiterung des Verzeichnisses darstellen. Die begehrten Produkte: Computer Solar-Ladegerät für Notebook im Deckel des Desktop/Display mit Photovoltaikfolie und Laderegler (zu Klasse 42) sowie Technologische Aufbereitung, Speicherung und Verbrauch von Energie (zu Klasse 37) sind ursprünglich nicht angemeldet worden. aa) Die Angabe der Klasse 42 in den Registerdaten ohne die Benennung konkreter Dienstleistungen vermag insoweit schon deshalb keine Rechte zu begründen, weil die isolierte Klassenangabe nicht Bestandteil des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der eingetragenen Marke ist und zudem nicht geeignet ist, den Schutzbereich der Marke hinreichend zu präzisieren. Die bloße Angabe von Klassenziffern liefert nämlich keine aus sich heraus verständliche, zuverlässige und ausreichend eingrenzbare Information über die erfassten Waren und Dienstleistungen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 32 Rd. 80; BPatG GRUR 2008, 435 (436 f.) - BPShop ; a. A. Fezer, MarkenR, 4. Aufl.; § 32 Rd. 41). Eine Konkretisierung der zugehörigen Produkte allein anhand von Klassenziffern würde schließlich der Publizitätsfunktion des Markenregisters widersprechen, weil der Schutzgegenstand der eingetragenen Marke dann nur unter Zuhilfenahme der historischen Fassung der Klasseneinteilung bzw. Nizzaer Klassifikation ermittelt werden könnte, die zum Tag der Eintragung gültig war. Der Umfang registrierter Rechte soll sich indes zweifelsfrei aus dem Register selbst ergeben, weil es insbesondere Wirtschaftsteilnehmern möglich sein muss, ohne zusätzliche Recherche, allein durch den Registerinhalt in Erfahrung zu bringen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst haben (EuGH GRUR 2003, 145 (Rd. 49 - 52) - Sieckmann; BPatG GRUR 2008, 435 (436 f.) - BPShop ). Zudem ist die Bestimmtheit des Markenschutzes auch im Hinblick auf die Herkunftsfunktion (dazu: EuGH GRUR 2001, 1148 (1149 Rd. 22 f.) - Bravo; EuGH GRUR 2004, 943 (Rd. 23) - SAT.2) von Bedeutung (BPatG GRUR 2008, 435 (436 f.) - BPShop ). Nur soweit ein Zeichen eine solche Herkunftsfunktion zu erfüllen vermag, darf es der freien Verwendbarkeit entzogen und Gegenstand eines Monopolrechts werden. Dieser Funktion kann eine Marke indes nur entsprechen, wenn Inhalt und Grenzen des Ausschließlichkeitsrechts für die Allgemeinheit und andere Wirtschaftsteilnehmer eindeutig und ohne aufwendige Recherche erkennbar sind. Die Angabe der Klassennummern ist daher lediglich eine Folge des eingereichten Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, dessen wörtliche Begriffe die Grundlage für die Klassifizierung durch das Patentamt sind. Neben einer leichteren Orientierung bei längeren Verzeichnissen dient die Klassifizierung vor allem der Feststellung der Anzahl der gebührenpflichtigen Klassen, nach der sich die Höhe der Anmelde- und Verlängerungsgebühren bestimmt (vgl. Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG - Gebührenverzeichnis Nr. 331 300, 331 400, 332 300). Aus der Angabe der Klassenziffer 42 im Register, die - trotz des im Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten vom 26. Mai 1998 (Bl. 7 der patentamtlichen Verfahrensakte) erklärten ausdrücklichen Verzichts - bei der späteren Eintragung noch mit in die Registerrubrik „511 Klassen“ übernommen und bisher nicht entfernt worden ist, lässt sich daher - ungeachtet der hier nicht relevanten Frage, ob die Dienstleistungen überhaupt der Klasse 42 zuzuordnen wären - nicht herleiten, dass die nachträglich beantragten Dienstleistungen mit der Klasse 42 angemeldet wurden und daher keine Erweiterungen darstellen würden. bb) Zudem scheitert der Ergänzungsantrag der Markeninhaberin aber auch daran, dass es sich bei den in ihrem Antrag zu der Klasse 42 aufgelisteten Produkten (Computer, Solar-Ladegerät für Notebook im Deckel des Desktop/ Display mit Photovoltaikfolie und Laderegler) um Waren handelt, die naturgemäß nicht von den allein in Klasse 42 aufgeführten Dienstleistungen erfasst werden. cc) Auch hinsichtlich der weiteren in dem Ergänzungsantrag zur Klasse 37 begehrten Dienstleistungen (technologische Aufbereitung, Speicherung und Verbrauch von Energie) handelt es sich um den Versuch, eine erweiternde Änderung des Verzeichnisses herbeizuführen, die über den allein zulässigen Verzicht auf einzelne Produkte des Verzeichnisses gem. § 48 MarkenG hinausgeht. Die Dienstleistungsangaben „technologische Aufbereitung, Speicherung und Verbrauch von Energie“ stellen gegenüber den eingetragenen Dienstleistungsbegriffen „Reparaturwesen, soweit in Klasse 37 enthalten; Installationsarbeiten; Wartungsarbeiten“ andere Dienstleistungen dar. Denn selbst wenn die technologische Aufbereitung, Speicherung und der Verbrauch von Energie auch bestimmte Reparatur-, Installations- und Wartungsarbeiten an Energie aufbereitenden, speichernden oder verbrauchenden Einrichtungen beinhalten kann, so umfassen die neu beantragten Dienstleistungen doch wesentlich mehr, weil sie auf die komplette Aufbereitung, Speicherung und den Verbrauch von Energie gerichtet sind, sich also nicht in bloßen Reparatur-, Installations- und Wartungsarbeiten erschöpfen. 3. Soweit die Markeninhaberin andeutet, dass die von ihr bevollmächtigten Rechtsanwälte die Marke bzw. das zugehörige Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen fehlerhaft angemeldet haben sollen, wäre ihr dieses Verhalten aufgrund der von ihr erteilten Vollmacht zuzurechnen und hätte keinen Einfluss auf die - kraft der erteilten Vollmacht ordnungsgemäß vorgenommene - Markeneintragung, ihren Inhalt oder Umfang. Ein etwaiges Fehlverhalten der Verfahrensbevollmächtigten würde daher allenfalls das vertragliche Innenverhältnis zwischen der Markeninhaberin und ihren Verfahrensbevollmächtigten betreffen. Auch die von der Markeninhaberin angedeuteten angeblichen Fehler anderer Justizbehörden in Zusammenhang mit der Auflösung der Markeninhaberin hätten keinen Einfluss auf den Inhalt und Schutzumfang der eingetragenen Marke.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005883&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005886
BPatG
München
27. Senat
20100413
27 W (pat) 13/10
Beschluss
§ 27 Abs 3 MarkenG, Art 103 Abs 1 GG, § 28 Abs 3 DPMAV 2004, § 28 Abs 6 DPMAV 2004, § 64 MarkenV, § 578 Abs 1 ZPO
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Hugyfot" - Rückgängigmachung der Umschreibung einer Marke – kein ausreichender Nachweis der Rechtsnachfolge – Verfahrensfehler der Versagung des rechtlichen Gehörs – bei einer gerichtlichen Entscheidung wäre ein Wiederaufnahmeverfahren gerechtfertigt – Rückgängigmachung der Umschreibung scheitert nicht daran, dass ein Rollenstand geschaffen wird, der der wahren Rechtsinhaberschaft nicht entspricht
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 302 25 827.2 hier: Umschreibung der Marke hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht, des Richters Schwarz und des Richters Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I H… hat am 24. Mai 2002 die Wortmarke 302 25 827 Hugyfot angemeldet. Am 16. Juli 2002 wurde die Marke für ihn eingetragen. Zum 1. Januar 2003 hat Frau T… ihren Geschäftsbetrieb mit den in diesem Vertrag aufgeführten Wirtschaftsgütern (§ 1 des Vertrags) an die Antragsgegnerin verkauft. Im Einzelnen sind dies … 3 c) sämtliche gewerblichen Schutzrechte …, die sich aus diesem Vertrag als Bestandteil beigefügten Anlage 1 ergeben. Anlage 1, die mit „Schutzrechte, geistiges Eigentum“ überschrieben ist, nennt eine Zeichenformel für das Bestimmen und Positionieren eines Domeglases. Seite 6/1 (D54) nennt ein Logo Hugyfot mit Krone, Name und Schriftzug Hugyfot , das Hugyfot -Taucherlogo sowie Geschmacksmuster und technische Schutzrechte. Mit Schreiben vom 1. April 2008 wurde die Umschreibung der Marke auf die Antragsgegnerin beantragt. Die Marke ist mit Verfügung vom 27. Mai 2008 auf die Antragsgegnerin umgeschrieben worden (veröffentlicht am 27. Juni 2008); eine Anhörung des damals noch lebenden Markeninhabers ist nicht erfolgt. Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 haben die im Markenregister benannten Bevollmächtigten „auf die nachrichtliche Mitteilung einer Umschreibung im Markenregister vom 27. Mai 2008 sowie auf die Übermittlung eines Umschreibeantrags vom 1. April 2008“ beantragt, die Umschreibung umgehend rückgängig zu machen. Den Umschreibeantrag habe weder der Markeninhaber noch seine Ehefrau noch ein Anwalt der ihn vertretenden Kanzlei unterzeichnet. Dazu erwiderte die Antragsgegnerin, die Eheleute H1… hätten ihr im Jahr 2002 das Unternehmen Hugyfot mit allen Kennzeichenrechten verkauft. Als die Umschreibung der Marken erfolgen sollte, habe der Geschäftsführer der Antragsgegnerin dem Markeninhaber das Formular zugesendet, das dieser unterschrieben zurückgegeben habe. Zweifel an der Unterschrift seien nicht angezeigt gewesen. Dem hielt die Antragstellerin entgegen, sie sei Erbin des am 1. Juli 2008 verstorbenen Markeninhabers. Die streitgegenständliche Marke habe der Vertrag zum Unternehmensübergang zum 1. Januar 2003 explizit nicht umfasst. Darüber sei am 3. August 2007 gesprochen worden. Am 7. August habe die Antragsgegnerin mitgeteilt, die Bevollmächtigten des Markeninhabers sollten keinen Kontakt zu diesem suchen und den Vorgang auf Halt setzen. Die Markenstelle hat mit Beschluss vom 21. September 2009 dem Antrag auf Rückgängigmachung stattgegeben sowie den Antrag auf Umschreibung auf T… zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Umschreibung sei fehlerhaft gewesen, denn es hätten keine Nachweise für den Rechtsübergang von dem eingetragenen Inhaber auf die Antragsgegnerin vorgelegen. Dies hätte bei Anhörung des Markeninhabers festgestellt werden können. Eine Anhörung wäre auch erforderlich gewesen, weil die Unterschrift in der Rubrik „Markeninhaber“ unleserlich und undatiert gewesen sei (§ 28 Abs. 6 DPMAV). Eine Vermutung zu Gunsten der Antragsgegnerin im Sinn des § 27 Abs. 2 MarkenG habe nicht vorgelegen. Ob Frau T… die Marke für sich beanspruchen könne, sei nicht erwiesen und müsse zivilrechtlich geklärt werden. Das handschriftliche Testament reiche als Nachweis der Rechtsnachfolge nicht aus. Der Beschluss wurde der Antragsgegnerin am 7. Oktober 2009 zugestellt. Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 30. Oktober 2009 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, für den Antrag auf Rückgängigmachung der Umschreibung habe die Kanzlei W… keine Vollmacht gehabt. T… habe nach zutreffender Ansicht der Markenabteilung kein Recht auf Überschreibung der Marke an sie selbst belegt. Damit könne sie auch die Rückgängigmachung der Umschreibung nicht beantragen. Das Verfahren sollte ausgesetzt werden, bis die Erbfrage geklärt sei. II Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die Umschreibung der Marke auf die Antragstellerin ist zu Recht rückgängig gemacht worden. 1. Das konnten die im Markenregister eingetragenen Vertreter am 17. Juni 2008 schon deshalb beantragen, weil der ursprüngliche Markeninhaber H… zu diesem Zeitpunkt noch lebte. 2. Weder das Markengesetz noch die Markenverordnung enthalten eine ausdrückliche Regelung darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen eine einmal erfolgte Eintragung rückgängig gemacht werden kann. Lediglich für den Fall der Eintragung von offenbaren Unrichtigkeiten geben die Vorschriften der § 39 Abs. 2 bzw. § 45 Abs. 1 MarkenG eine Korrekturmöglichkeit. Zur Behebung von Divergenzen kommt grundsätzlich nur eine Umschreibungsbewilligungsklage vor den Zivilgerichten in Betracht. Ob daneben eine Registereintragung auch im Verwaltungsverfahren abänderbar ist - weil sie formell oder materiell unrichtig ist - richtet sich demnach nach den allgemeinen Vorschriften und Grundsätzen über die Abänderung von behördlichen Verfügungen. Die Umschreibung einer Marke verschafft dem Rechtsnachfolger zumindest insoweit eine formale Rechtsposition, als er - solange das Gegenteil nicht feststeht - als vermuteter Inhaber dieser Marke seine Rechte aus diesem vermögenswerten Recht in Anspruch nehmen und auch gerichtlich durchsetzen kann (vgl. § 28 MarkenG). Diese einmal erlangte günstige Rechtsposition (der widerlegbaren Legitimation) kann ihm nicht ohne weiteres und mit ex tunc Wirkung entzogen werden. Zum einen ist nämlich das Vertrauen des Empfängers einer behördlichen Verfügung auf deren Richtigkeit im gewissen Umfang schützenswert, zum anderen ist wegen der Öffentlichkeit des Markenregisters bereits ein Rechtsschein gesetzt worden, dessen Änderung sachlicher Gründe bedarf. Demzufolge hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Marpin“ (GRUR 1969, 43 zu § 8 WZG) hohe Anforderungen an die Rückgängigmachung einer vorgenommenen Umschreibung gestellt. Die Rückgängigmachung eines solchen begünstigenden Verwaltungsakts sei weder wegen des bloßen Wandels der Rechtsauffassung, noch wegen ihrer inhaltlichen Unrichtigkeit möglich. Wenn jedoch Gründe vorlägen, die sogar das Wiederaufnahmeverfahren einer gerichtlichen Entscheidung rechtfertigten, könne abgeändert werden. Ebenso gebe die Versagung des rechtlichen Gehörs beim Erlass des Verwaltungsakts ausreichend Grund für dessen Rücknahme, sofern der zu Unrecht nicht Gehörte dies rügt. Eine einheitliche Entscheidung aller denkbaren Fälle sei nicht möglich, es müssten jeweils die Besonderheiten des Einzelfalls berücksichtigt werden. Im patentamtlichen Verfahren ist damit eine Rückumschreibung nur möglich, wenn die Umschreibung auf einem schweren Verfahrensmangel beruht (BGH GRUR 1969, 43, 45 - Marpin; BPatGE 46, 92). Die Entscheidung hat unter Abwägung des Vertrauens des Begünstigten und des allgemeinen Rechtsscheins einerseits und der Schwere des Verstoßes andererseits zu erfolgen. 3. Unter Anwendung dieser Grundsätze können die im patentamtlichen Beschluss angeführten Gründe - der Rechtsübergang sei nicht ausreichend belegt gewesen - eine Rückgängigmachung der Umschreibung rechtfertigen, denn die Verfügung ist mit dem schwerwiegenden Verfahrensfehler der Versagung des rechtlichen Gehörs behaftet (vgl. hierzu auch BPatG vom 23.1.2001, 33 W (pat) 80/99). Eine Rückgängigmachung der Umschreibung war somit nach der zitierten BGH-Entscheidung „Marpin“ angezeigt, weil Gründe vorliegen, die bei einer gerichtlichen Entscheidung ein Wiederaufnahmeverfahren rechtfertigen würden. Ein solcher Grund liegt gemäß § 578 Abs. 1, § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nämlich dann vor, wenn eine Partei in dem Verfahren nicht vertreten war. Auf die Erbfrage kommt es dabei nicht an, so dass das Verfahren nicht auszusetzen ist. Die Voraussetzungen unter denen eine Umschreibung der Marke auf einen neuen Inhaber erfolgen kann, sind in § 27 Abs. 3 MarkenG, § 31 Abs. 1, 2, 8, §§ 64 ff. MarkenV geregelt. Danach erfolgt die Umschreibung auf Antrag eines Beteiligten, wenn der Rechtsübergang nachgewiesen ist. Hierfür ausreichend aber auch notwendig sind Unterlagen „aus denen sich die Rechtsnachfolge ergibt, wie zum Beispiel ein Übertragungsvertrag oder eine Erklärung über die Übertragung, wenn die entsprechenden Unterlagen vom eingetragenen Inhaber .. und vom Rechtsnachfolger ... unterschrieben sind“ (§ 31 Abs. 3 Nr. 2b MarkenV). Solche hat die Antragsgegnerin bis heute nicht vorgelegt. Der Vertrag vom 1. Januar 2003 betrifft die streitgegenständliche Marke nicht und die Vertragspartnerin T… war über sie auch nicht verfügungsberechtigt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hätte den Antrag auf Umschreibung wegen der unleserlichen, nicht erläuterten und nicht datierten Unterschrift überprüfen müssen. Da es dazu den zur Bewilligung der Umschreibung Berechtigten am Verfahren hätte beteiligen und anhören müssen, war die Umschreibung wegen eines erheblichen Verfahrensfehlers rückgängig zu machen. Die Rückgängigmachung der Umschreibung scheitert auch nicht daran, dass damit ein Rollenstand geschaffen wird, der der wahren Rechtsinhaberschaft nicht entspricht, denn mit den Grundsätzen von Treu und Glauben ist es jedenfalls nicht vereinbar, der Antragsgegnerin zu einer formalen Rechtsposition zu verhelfen, auf die sie mangels gültigen Umschreibeantrags formal keinen Anspruch hat und die materiell ungeklärt ist. Die Beschwerde war demnach ohne Erfolg. Eine Entscheidung über die Kosten ist gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG nicht veranlasst.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005886&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005887
BPatG
München
27. Senat
20100503
27 W (pat) 227/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Nordwestkurve Frankfurt" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 48 275.8 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 3. Mai 2010 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Anmeldung der Wortmarke Nordwestkurve Frankfurt für folgende Waren und Dienstleistungen „Webstoffe und Textilwaren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, insbesondere Stoffe, Fahnen, Heimtextilien, Standarten, Webstoffe und Textilwaren (Hand- und Badetücher), Wimpel (nicht aus Papier), vorgenannte Waren soweit in Klasse 24 enthalten; Vorführung von Waren für Werbezwecke, Waren- und Dienstleistungspräsentationen; Werbung durch Werbeschriften, Werbung im Internet für Dritte, Werbung; Einzelhandelsdienstleistungen in den Produktbereichen der Klasse 24, alle vorgenannten Einzelhandelsdienstleistungen auch über eine Internetplattform; Internetdienste, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf Daten und Informationen im Internet“ hat die Markenstelle mit Beschluss vom 20. Dezember 2007 und die dagegen eingelegte Erinnerung mit Beschluss vom 7. Juli 2009 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, bei dem angemeldeten Zeichen handle es sich im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen um keinen Unternehmenshinweis. „Nordwestkurve Frankfurt“ sei für den überwiegenden Teil der Verbraucher ein ohne weiteres verständlicher Hinweis auf die Fankurve des Fußballstadions in Frankfurt am Main. Darüber hinaus werde „Nordwestkurve Frankfurt“ in breiten Bevölkerungskreisen als Synonym für Fußballfans (und deren Kultur) verstanden, die sich bevorzugt in der Nordwestkurve aufhielten. Vor diesem Hintergrund sei im Hinblick auf die beanspruchten Waren der Klasse 25 ein beschreibender Hinweis auf deren Art und Bestimmungszweck, nämlich der Verwendung als Fanartikel gegeben. Ferner könne das angemeldete Zeichen als Hinweis darauf verstanden werden, dass die entsprechenden Waren, wie z. B. Fahnen, in der Nordwestkurve des Fußballstadions verkauft würden. Dass - wie der Anmelder vortrage - tatsächlich ein Verkauf nur über das Internet erfolge, sei dem angemeldeten Zeichen nicht zu entnehmen. An der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Verbraucher „Nordwestkurve Frankfurt“ als beschreibende Angabe in dem vorgenannten Sinn verstehe, ändere auch das Vorbringen des Anmelders, es handle sich um den Namen eines Vereins, nichts. Die Verbraucher seien daran gewöhnt, dass sich einige Fans vorzugsweise in bestimmten Kurven der jeweiligen Fußballstadien aufhielten. Dies sei z. B. in Kaiserslautern die Westkurve, bei Bayern München die Südkurve und in Frankfurt eben die Nordwestkurve. Der überwiegende Teil der Verbraucher werde das angemeldete Zeichen daher im Sinn einer Ortsangabe bzw. als Hinweis auf die entsprechende Fankultur verstehen. Dieses Verständnis stehe derart im Vordergrund, dass der Durchschnittsverbraucher nicht auf die Idee komme, die Bezeichnung könne oder solle die Herkunft einer damit versehenen Ware aus einem bestimmten Unternehmen identifizieren. Das gelte auch für die vorliegend beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 38. Das angemeldete Zeichen diene hier vor allem als Gegenstands- und Bestimmungsangabe. So differenziere der angesprochene Verbraucher nicht klar zwischen Werbemittlung und Gegenstand der Werbung. Er werde deshalb z. B. annehmen, die Vorführung von Waren unter der Bezeichnung „Nordwestkurve Frankfurt“ weise beschreibend darauf hin, dass mit der Dienstleistung entsprechende Fanartikel beworben würden. Ebenso werde der überwiegende Teil der Verbraucher die mit „Nordwestkurve Frankfurt“ gekennzeichneten „Internetdienste, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf Daten und Informationen im Internet“ als dahingehend beschreibend sehen, dass man mit Hilfe des angebotenen Internetdienstes nähere Informationen zu Eintracht Frankfurt oder Fanartikeln erhalten könne. Der Erinnerungsbeschluss ist dem Anmelder am 10. Juli 2009 zugestellt worden. Er hat am 24. Juli 2009 Beschwerde eingelegt. Er ist der Auffassung, der Nachweis bei Wikipedia belege die Kommunikationsfunktion des angemeldeten Zeichens und damit dessen Unterscheidungskraft. Nach der L’Oréal -Entscheidung des europäischen Gerichtshofs (MarkenR 2009, 369) sei für die Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht allein die Herkunftsfunktion von Bedeutung; der EuGH nenne explizit weitere Markenfunktionen, wie Qualitätsfunktion sowie eine Kommunikations-, Investitions- und Werbefunktion . Generalanwalt M… spreche zutreffend von der in einer Marke „gespeicherten Information“ über die die Marke infolge der Verkaufsförderung oder die Werbung des Markeninhabers verfüge, z. B. Botschaften über immaterielle Eigenschaften, die das Image des Produkts und des Unternehmens allgemein oder speziell formten (Schlussantrag Nr. 54 in der Rechtssache C - 487/07 - L’Oréal ). Diese Funktion kämen der Marke z. B. kraft eines gewissen Besitzstands, den sich der Markeninhaber erarbeitet haben müsse, ohne eine Bekanntheit im Rechtssinn zu fordern, zu. Der Erstprüfer habe bei seiner Prüfung eine Wikipedia-Seite beigefügt, aus der sich ergebe, dass die Fans durch Fahnen, Banner etc. ihrer „Kurve“ Eigenart verliehen und zudem ihr Revier kennzeichneten. Im Lauf der Zeit würden Fankurven und Tribünen so zum Markenzeichen eines Stadions oder sogar eines ganzen Vereins. Erwähnung finde unter anderem die „Nordwestkurve“ . Auch wenn Wikipedia keine rechtliche Bewertung vornehme, werde hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass mit der Bezeichnung „Nordwestkurve“ die Kommunikationsfunktion im vorbeschriebenen Sinn zum Ausdruck komme. „Nordwestkurve Frankfurt“ beschreibe für Waren der Klasse 24 und 25 nicht eine Örtlichkeit, sondern sei eine Bezeichnung für ein Produkt bzw. Dienstleistungen im Hinblick auf die Kommunikationsfunktion. „Nordwestkurve Frankfurt“ sein kein Synonym für die Frankfurter Fußballfans (und deren Kultur). Das ergebe sich schon aus der Tatsache, dass es weitere Fangruppen gebe, wie z. B. die „Ultras Frankfurt“ . Außerdem gebe es nicht nur Frankfurter Fußballfans , die sich mit der „Nordwestkurve“ identifizierten und sich darin aufhielten. Aus diesem Grund liege auch kein beschreibender Hinweis auf Art und Bestimmungszweck, wie Verwendung als Fanartikel für Anhänger von „Eintracht Frankfurt“ , vor. Für „Eintracht Frankfurt e. V.“ sei eine Vielzahl von Marken eingetragen. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass das angemeldete Zeichen als Hinweis darauf verstanden werden könnte, dass die entsprechenden Waren in der Nordwestkurve eines Fußballstadions verkauft würden. Ebenso wenig könne der Auffassung gefolgt werden, dass der überwiegende Teil der Verbraucher das angemeldete Zeichen im Sinn einer Ortsangabe bzw. als Hinweis auf die entsprechende Fankultur verstehe. Würde es sich um eine Ortsangabe im Sinn einer geographischen Herkunftsangabe handeln, müsste der angesprochene Verbraucher der abwegigen Auffassung sein, dass die Waren dort hergestellt bzw. die Dienstleistungen dort erbracht würden. Dass sich nur dort eine entsprechende Fankultur bilde bzw. gebildet habe, sei ebenso wenig nachzuvollziehen. Die auf eine „Kurve“ bezogene „Fankultur“ vollziehe sich nicht in dieser Örtlichkeit. So gebe es viele Fans in ganz Deutschland, die einen Kult bzw. eine Kultur mit einem bestimmten Verein pflegten, ohne sich dort aufzuhalten oder präsent zu sein. Der Hinweis auf die Entscheidung des BGH zu „Fußball WM 2006“ überzeuge nicht. Bei dieser Bezeichnung handle es sich um eine Eventmarke. „WM 2006“ sei außerdem als EU-Marke eingetragen. Im Übrigen sei „Fußball WM 2006“ durchaus eintragungsfähig für Merchandising -Artikel (siehe Fezer, MarkenR, 4. Auflage, § 8 Rn. 417). Bestimmungsangaben seien ohnehin nur solche Marken, die exakt den Bestimmungszweck beschrieben. Die Annahme, dass die Marke für Dienstleistungen Internetdienste als beschreibender Hinweis darauf zu sehen sei, dass man mit Hilfe des angebotenen Internetdiensts nähere Informationen zu „Eintracht Frankfurt oder auch Fanartikeln“ erhalten könne, gehe schon deswegen fehl, weil sich die Internetdienste nicht mit „Eintracht Frankfurt“ befassten. Die Markenstelle hätte bei der Prüfung einer Markenanmeldung frühere Eintragungen berücksichtigen müssen. Würde man der Auffassung der Prüfer folgen, hätten z. B. auch nicht die Marken EU 002764900 „Vancouver 2010“ , die Marke DE 30550602 „Fankurven“ und DE 302008046571 „Cannstatter Kurve“ eingetragen werden dürfen. Vergleichbares gelte für die Marken „Stadion an der alten Forsterei“, „Volksparkstadion“, „Eintracht Stadion“, „Eintracht Frankfurt Fußball“, „Deutscher Fußballclub“, „Hessischer Fußball - Verband“, „Bittburger Gastfreundschaft für die Fußball Weltmeisterschaft“, „Fußball Berlin 2006“, „Fußball Dortmund 2006“, „Fußball Frankfurt 2006“, „Fußball Hamburg 2006“, „Fußball München 2006“ . Auch auf die Marken „Löwenarena“, „Rhein Neckararena“, „Mannheimarena“, „MSV Arena“ sowie „Sachsenarena“ sei in diesem Zusammenhang hinzuweisen. II. 1) Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Anmelder diese nicht beantragt hat und sie nach Wertung des Senats auch nicht geboten ist. 2) Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke steht für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls das Schutzhindernis aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, gibt es insbesondere in Fußballstadien Tribünenbereiche, die als „Kurve“ bezeichnet und nach ihrer Lage mit Himmelsrichtungen spezifiziert sind. Viele Fans halten sich bevorzugt in einer bestimmten Kurve auf, wo sie Gleichgesinnten begegnen. Die Vereine achten auch darauf, dass sich in den einzelnen Bereichen stets nur Fans einer Richtung befinden. In diesen Fanblocks wird die Zugehörigkeit u. a. durch Fahnen, T-Shirts, Schals, Kappen und Stofftransparente zum Ausdruck gebracht. Für Stoffe und Textilwaren ist „Nordwestkurve Frankfurt“ daher kein unterscheidungskräftiger Hinweis auf den Hersteller, sondern auf die Vorliebe des Trägers. Einzelhandelsdienstleistungen in realen Geschäften wie in virtuellen Internetshops beziehen sich häufig allein auf Fanartikel einer Ausrichtung, so dass „Nordwestkurve Frankfurt“ auch in diesem Zusammenhang nicht unterscheidungskräftig ist, sondern die Produktpalette und die angesprochenen Kreise angibt. Präsentationen erfolgen oft an Orten, deren Image den präsentierten Angeboten zu Gute kommen soll. Tribünenbereiche bestehen auch nicht nur aus Sitzreihen, sondern ebenso aus dazugehörigen Räumen, in denen Veranstaltungen aller Art durchgeführt werden können. Dabei ist es durchaus denkbar, dass der Vermieter solcher Räume eine einprägsame, im Volksmund gebräuchliche Bezeichnung, wie eben „Nordwestkurve“, verwendet, die das Image der Örtlichkeit wiedergibt. Dass in Stadienbereichen Werbung stattfindet und der Werbende durchaus einen bestimmten Bereich, wie eine bestimmte Fankurve, bevorzugt, erscheint naheliegend, da er sich dadurch z. B. eine höhere Präsenz bei Fernsehübertragungen versprechen kann. Auch im Internet kann der lokale Bezug noch deutlich werden. Ob bzw. inwieweit einer Registrierung der als Marke angemeldeten Wortfolge auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann offen bleiben. 3) Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass. 4) Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sieht der Senat keine Veranlassung. Es ist weder ersichtlich noch vom Anmelder aufgezeigt, dass der vorliegende Fall eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwirft. Die Entscheidung des Senats erschöpft sich vielmehr in der einzelfallbezogenen Anwendung höchstrichterlich geklärter Beurteilungsgrundsätze.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005887&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005888
BPatG
München
28. Senat
20100505
28 W (pat) 119/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "HAPPY CHARMS" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 75 376 hier: Löschungsverfahren hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde sowie der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 306 75 376 HAPPY CHARMS die am 11. Dezember 2006 angemeldet und am 20. März 2007 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 14, 18 und 25 „Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren; Schmuckwaren; Ringe, Ohrringe, Ohrclips, Broschen, Colliers, Halsbänder, Anhänger, Ketten, Armbänder; Edelsteine, Perlen; Uhren und Zeitmessinstrumente, insbesondere Kleinuhren, Armbanduhren, Uhrteile, Zifferblätter, Uhrgehäuse, Uhrwerke, Uhrwerkteile; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teile und Bestandteile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 25 enthalten“ in das Markenregister eingetragen wurde. Die Beschwerdegegnerin hat die Löschung der Marke beantragt und zur Begründung vorgetragen, der Marke hätten bereits zum Eintragungszeitpunkt absolute Schutzhindernisse entgegengestanden, die auch aktuell noch gegeben seien. Das Markenwort „ CHARMS “ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als sachbeschreibender Begriff mit der Bedeutung „Anhänger, Talisman, Amulett“ verstanden und auch der vorangestellte Bestandteil „ HAPPY “ erschöpfe sich in einer werbeüblichen Sachaussage. Deshalb weise die angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit keine Unterscheidungskraft auf, sondern beinhalte lediglich einen als werbemäßige Anpreisung gestalteten Hinweis auf die Art und angebliche Wirkung der beanspruchten Waren. Aufgrund ihres beschreibenden Bedeutungsgehalts bestehe an der Wortfolge „ HAPPY CHARMS “ zudem ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen und zur Begründung vorgetragen, es fehle an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die behaupteten Schutzhindernisse bereits zum Eintragungszeitpunkt vorgelegen hätten. Die Antragstellerin habe weder einen unmittelbar erfassbaren beschreibenden Begriffsinhalt der angegriffenen Marke in ihrer Gesamtheit dargelegt, noch einen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren aufzeigen können. Auf die Bedeutung der einzelnen Bestandteile der Marke komme es aber in markenrechtlicher Hinsicht nicht an. Mangels eines sachbezogenen Begriffsinhalts könnten der Marke keine Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Zudem habe auch das Deutsche Patent- und Markenamt immer wieder vergleichbare Marken eingetragen, ebenso wie Patent- und Markenämter anderer Länder. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 28. August 2009 die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, – ausgenommen von der Löschungsanordnung wurden lediglich die Waren „Häute und Felle“. Im Hinblick auf die gelöschten Waren sei der Begriff „ HAPPY CHARMS “ geeignet, die Art oder Zweckbestimmung der beanspruchten Waren zu beschreiben, indem er schlagwortartig darauf hinweise, dass es sich dabei um „fröhliche Anhänger“, also Anhänger mit einem positiven Assoziationsgehalt handle. Die gelöschten Waren könnten entweder selbst solche Anhänger sein oder Waren, an denen derartige Anhänger angebracht werden können. Die angegriffene Marke bezeichne damit die Art, die Beschaffenheit und die Bestimmung der beanspruchten Waren, weshalb ihr bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe. Auf das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG komme es bei dieser Sachlage nicht mehr an. Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Markenabteilung habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass bereits eine geringe Unterscheidungskraft ausreichend sei, um die Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke zu bejahen. Dieses Maß an Unterscheidungskraft weise die Marke in jedem Fall auf, da bei dem von der Markenabteilung herangezogenen Bedeutungsgehalt „fröhliche Charms, fröhliche Anhänger“ keine beschreibende Aussage im Vordergrund stehe. Dies gelte ganz besonders für die beanspruchten Waren der Klassen 18 und 25. Vielmehr handle es sich bei der angegriffenen Marke um eine mehrdeutige Bezeichnung, was nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung für ihre Schutzfähigkeit spreche. Ein Freihaltungsbedürfnis an der angegriffenen Bezeichnung scheide ebenfalls aus. Die Entscheidung der Markenabteilung leide auch insoweit an einem Begründungsmangel, als die darin getroffenen Feststellungen mit keinerlei Belegen untermauert worden wären. Für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde regt die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts, vom 28. August 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin, beantragt sinngemäß die Beschwerde zurückzuweisen. Die Markenabteilung habe völlig zu Recht und mit überzeugender Begründung die teilweise Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Aufgrund ihres eindeutig produktbezogenen Bedeutungsgehalts sei sie für sämtliche nun noch verfahrensgegenständlichen Waren als schutzunfähig zu werten. Dies gelte auch hinsichtlich der fraglichen Waren der Klassen 18 und 25. Insoweit sei auch der lexikalisch belegbare Begriffsgehalt „Talisman“ des englischen Wortes „ CHARM “ zu berücksichtigen, worauf die Antragstellerin bereits im patentamtlichen Verfahren hingewiesen und entsprechende lexikalische Auszüge vorgelegt habe. Auch die Markeninhaberin selbst verwende den Begriff „ CHARMS “ in einem beschreibenden Sinne, etwa auf ihrer Homepage, wo sie Charms u a. als Glücksbringer bewerbe. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Marke „ HAPPY CHARMS “ ist zu Recht im Umfang der verfahrensgegenständlichen Waren gelöscht worden, denn sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch aktuell standen bzw. stehen ihr die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG soll die Entstehung von markenrechtlichen Monopolen an beschreibenden Zeichen oder Angaben verhindern und damit dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung tragen. Der Tatbestand ist dabei nicht etwa auf ein von vorneherein festgelegtes Spektrum von Produktmerkmalen beschränkt, sondern erfasst sämtliche im Verkehr relevanten Merkmale der jeweils einschlägigen Waren, was bereits durch die Formulierung „...zur Bezeichnung sonstiger Merkmale“ verdeutlicht wird. Dies gilt grundsätzlich auch für Marken, die aus fremdsprachigen Wörtern bestehen. In diesen Fällen ist ein Freihaltebedürfnis allerdings nur dann anzunehmen, wenn die beschreibende Bedeutung der Marke von den inländischen Verkehrskreisen ohne Weiteres erkannt wird, oder wenn die Mitbewerber das Markenwort für den Import/Export bzw. für den inländischen Absatz zur ungehinderten beschreibenden Verwendung benötigen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 26 – Matratzen Concord/Hukla). Wie die Markeninhaberin zutreffend geltend gemacht hat, ist die Wortfolge „ HAPPY CHARMS “ als feststehender Begriff lexikalisch nicht nachweisbar. Die Zurückweisung einer Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt jedoch weder voraus, dass die angemeldete Marke lexikalisch belegt werden kann, noch dass sie bereits für die einschlägigen Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet wird. Vielmehr kommt es lediglich darauf an, ob ein Zeichen oder Angabe zur Beschreibung relevanter Produktmerkmale „dienen kann“ – oder nicht. Ein Wortzeichen ist daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Produkte oder Leistungen bezeichnen kann (vgl. zu dem entsprechenden Ausschlusstatbestand des Artikel 7 Abs. 1 Buchst. c GMV EuGH MarkenR 2008, 160, 162, Rdn. 35 – Hairtransfer ; sowie zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 2008, 900, Rdn. 12 – SPA II, m. w. N.). Dem inländischen Publikum ist das aus dem Englischen stammende, inzwischen längst auch in die deutsche Umgangs- und Werbesprache eingegangene Markenwort „ HAPPY “ (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]) in seinem Bedeutungsgehalt „glücklich, fröhlich“ ohne Weiteres verständlich. Mit diesem auch im Inland geradezu inflationär verwendeten Werbebegriff sollen emotionale Erwartungen und Befindlichkeiten der beteiligten Verkehrskreise angesprochen und den beworbenen Produkten ein positives Image vermittelt werden. Das Ziel ist es dabei, die Verbraucher zum Kauf der entsprechenden Waren zu animieren bzw. zumindest ihre Aufmerksamkeit zu erregen (vgl. BGH GRUR 1976, 587 – Happy). Das weitere Markenwort „ CHARMS “ ist den angesprochenen Verkehrskreisen als Sachbezeichnung für eine bestimmte Schmuck- bzw. Anhängerart geläufig und darüber hinaus auch in seinem Sinngehalt von „Talisman“ verständlich (vgl. hierzu die beiden bereits im patentamtlichen Verfahren von der Antragstellerin eingereichten lexikalischen Nachweise aus PONS, Wörterbuch für Schule und Studium ENGLISCH – DEUTSCH , 2001 – charm; sowie PONS COLLINS, DEUTSCH/ENGLISCH, ENGLISCH/DEUTSCH , 1991 – charm). Dies gilt umso mehr, als zusätzlich zu den hier angesprochenen Endverbraucherkreisen auch der mit den fraglichen Waren befasste Handel zu berücksichtigen ist, der über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügt (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 ff, Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 – Chiemsee). Mit den sich somit ergebenden Begriffsgehalten „fröhliche Charms, fröhliche Anhänger“ bzw. „fröhliche Talismane“ kann die angegriffene Marke zur beschreibenden Bezeichnung relevanter Merkmale dienen, nämlich der Art, der Beschaffenheit bzw. der Zweckbestimmung der verfahrensgegenständlichen Produkte. So kann es sich bei den verfahrensgegenständlichen Waren der Klasse 14 um derartige Charms handeln, wie etwa bei den für die Marke registrierten Juwelierwaren, Schmuckwaren, Anhänger und Armbänder, oder um solche Waren, die zur Herstellung von Charms bestimmt sind, wie bspw. Edelmetalle und deren Legierungen, Edelsteine, Perlen sowie Leder und Lederimitationen. Andere Produkte können mit Charms kombiniert bzw. ausgestattet sein, wie z. B. Ohrringe, Ohrclips, Broschen oder Halsbänder. Zur Veranschaulichung für das breite Spektrum an Waren, für die Charms als Accessoires in Betracht kommt, kann beispielhaft auf das Sortiment der Markeninhaberin selbst hingewiesen werden, das etwa Charms auch als Schmuckutensilien umfasst, die an Handys angebracht werden können (vgl. hierzu unter http://www.thomassabo.com/de/charmclub/menu_cc.html). Im Zusammenhang mit weiteren Waren der angegriffenen Marke wird dagegen ihre Bedeutung „fröhliche Talismane“ im Vordergrund stehen, die ebenfalls als produktbezogene Sachangabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu werten ist. So können die fraglichen Waren schlicht in diesem Sinne beworben werden und dabei auch mit „glückbringenden“ Motiven versehen sein. Auch hier ist die Bandbreite von Produkten, für die ein solcher Modetrend in Betracht kommen kann, äußerst weit zu ziehen und kann z. B. Sattlerwaren, Reisekoffer, Regenschirme oder Spazierstöcke ebenso umfassen wie Bekleidungsstücke oder Kopfbedeckungen. Dass sich die Vorstellungen der angesprochenen Verbraucher über Glück häufig unterscheiden werden, ist insoweit irrelevant, da der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch Produktmerkmale erfasst, die individuell unterschiedliche Assoziationen oder Wertungen auslösen bzw. wissenschaftlich nicht belegbar sind. Maßgeblich ist vielmehr nur, ob es sich bei den fraglichen Merkmalen um Produkteigenschaften handelt, die für den angesprochenen Verkehr wesentlich sind, was im vorliegenden Fall zu bejahen ist. Auch der BGH hat in seiner Rechtsprechung ausdrücklich hervorgehoben, dass es für die Zurückweisung einer beschreibenden Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erforderlich ist, dass die fragliche Sachaussage feste begriffliche Konturen besitzt oder sich bereits eine einhellige Auffassung zu ihrem Bedeutungsgehalt gebildet hat (vgl. BGH GRUR 2008, 900 – SPA II). Die Aussage „ HAPPY CHARMS “ hebt somit im Hinblick auf sämtliche verfahrensgegenständlichen Waren in völlig werbeüblicher Weise eine (wenn auch lediglich behauptete) relevante Eigenschaft der verfahrensgegenständlichen Produkte hervor, zumal nicht zuletzt auf den im vorliegenden Fall einschlägigen Warengebieten vergleichbare subjektive Elemente bei der Kaufentscheidung eine erhebliche Rolle spielen. Aus diesem Grund steht der angemeldeten Marke ein schutzwürdiges Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen, so dass sie bereits wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu löschen ist. Für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. v. der genannten Norm ist es dabei keineswegs erforderlich, dass sich eine beschreibende Verwendung der angegriffenen Marke bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung belegen lässt, da der Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG – wie bereits dargelegt – keinen Nachweis einer neuheitsschädlichen Vorbenutzung voraussetzt (vgl. hierzu EuGH GRUR 2004, 674, Rdn. 57 – Postkantoor). Der Eignung zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht auch nicht entgegen, dass die angegriffene Marke unterschiedliche Bedeutungen aufweist, da jeder der fraglichen Begriffsgehalte warenbeschreibender Natur ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rdn. 32 – Doublemint; BGH GRUR 2008, 900, Rdn. 15 – SPA II; BGH GRUR 2006, 760, Rdn. 14 – LOTTO). Somit ist davon auszugehen, dass die angegriffene Marke sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch noch aktuell von den angesprochenen Verkehrskreisen für die verfahrensgegenständlichen Waren nur als beschreibender, werbeüblicher Sachhinweis in dem oben dargestellten Sinne verstanden wurde bzw. wird, so dass bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllt ist. Darüber hinaus fehlt(e) der angegriffenen Marke jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass merkmalsbeschreibenden Angaben i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG in aller Regel auch die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 ff., Rdn. 19 – BIOMILD; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; sowie Hacker, Markenrecht, 2007, Rdn. 127 m. w. N.). Unterscheidungskraft i. S. v. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 62 – Libertel). Auch wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung die „Multifunktionalität“ von Marken durchaus anerkennt, ist die Herkunftsfunktion von Marken nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ; EuGH GRUR 2006, 229, 230; Rdn. 27 ff. – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE ; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt deshalb nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE ; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist diese Voraussetzung – wie im vorliegenden Fall – nicht gegeben, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel). Die bereits angesprochene Mehrdeutigkeit der angegriffenen Marke vermittelt ihr im Übrigen auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft, da jede der dargestellten Bedeutungen warenbeschreibender Natur ist (vgl. hierzu EuGH, GRUR 2004, 146, Rdn. 32 – Doublemint). Auch der BGH hat diesen Grundsatz in seiner – von der Markeninhaberin zitierten – „My World“-Entscheidung nicht etwa in Frage gestellt, sondern lediglich ausgeführt, die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage könne „einen Anhalt“ für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2009, 949, Rdn. 12 – My World). Im vorliegenden Fall ist die Sachlage aber derart eindeutig, dass diese Anhaltswirkung als entkräftet bzw. widerlegt anzusehen ist. Der Eintragung der angegriffenen Marke stand daher bereits zum Eintragungszeitpunkt die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen, die auch aktuell noch fortbestehen. Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen bzw. die Eintragung der angegriffenen Marke in anderen Ländern. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung. Die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde kam ebenfalls nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Weder ist eine konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) – und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht benannt – noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Vielmehr ging es im vorliegenden Verfahren um die Klärung rein tatsächlicher Fragen sowie um die Subsumtion des Sachverhalts unter die absoluten Schutzhindernisse der § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG, deren Beurteilung auf tatrichterlichem Gebiet liegt. Die vorliegende Entscheidung ist dabei in jeder Hinsicht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesgerichtshofs ergangen. Ebenso wenig kam eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr in Betracht, weil es selbst bei Annahme einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin an der erforderlichen Kausalität zwischen Verfahrensfehler und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung fehlen würde.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005888&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005889
BPatG
München
28. Senat
20100512
28 W (pat) 503/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Premium PLUS+ (Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 051 991.9 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 29 und 30 „Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen und Fetten, auch unter Beigabe von Vitaminen; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Ballaststoffen oder Kohlehydraten, auch unter Beigabe von Vitaminen;“. Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke stelle in ihrem Wortbestandteil einen glatt beschreibenden Hinweis dar, mit dem auf die Qualität bzw. Beschaffenheit der beanspruchten Waren hingewiesen werde. Der angemeldeten Marke fehle in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, zumal sich ihre grafische Ausgestaltung völlig im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungsvarianten halte. Bei dieser Sachlage bedürfe es keiner Feststellungen dazu, ob die Anmeldung auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückzuweisen sei. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Markenstelle habe bei ihrer Entscheidung zur Frage der Unterscheidungskraft allein auf den Gesichtspunkt abgestellt, ob die Marke eine Herkunftsfunktion erfüllen könne, was nach dem Markengesetz aber nicht entscheidend sei. Vielmehr komme es insoweit ausschließlich auf die Identifizierungsfunktion der Marke an, die sich vorliegend aus der konkreten Wort- Bildkombination des angemeldeten Zeichens ergebe. Nicht zuletzt wegen der Wiederholung des Wortbestandteils „Plus“ durch das Zeichenelement „+“ werde eine unterscheidungskräftige Wirkung erreicht, die dem Verkehr unüblich erscheine. Zudem müsse im Hinblick auf die notwendige Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab angelegt werden, so dass bereits ein Minimum an Unterscheidungskraft die Schutzfähigkeit der Marke begründe. Aufgrund der vorhandenen, eigentümlichen und prägnanten Bildmerkmale liege dieses Minimum an Unterscheidungskraft bei der angemeldeten Marke aber auf jeden Fall vor. Die angesprochenen Verkehrskreise würden unter der Bezeichnung „Premium Plus +“ keine Mengen- oder Qualitätsangaben verstehen, da diese im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln ungeeignet und unüblich sei. Vielmehr würden die Verbraucher den fraglichen Begriff als allgemein werbende Bezeichnung mit Wiedererkennungswert verstehen. Angesichts der Gestaltungshöhe der Anmeldemarke könnten ihr keine absoluten Schutzhindernisse entgegen gehalten werden. Dies gelte gerade auch unter Berücksichtigung verschiedener Voreintragungen von vergleichbaren Marken. Zur Vorbereitung einer Entscheidung hat der Senat die Anmelderin mit gerichtlichem Zwischenbescheid auf die Spruchpraxis der neueren Rechtsprechung zu Werbewörtern wie „Premium“ und Plus“ sowie zur Verwendung von Pluszeichen hingewiesen und die rechtlichen Grundsätze zur schutzbegründenden Wirkung grafischer Markengestaltungen dargestellt. Die Anmelderin hat sich hierzu nicht geäußert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht und mit überzeugender Begründung zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Soweit die anwaltlich vertretene Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung sinngemäß geltend gemacht hat, bei der Prüfung der Unterscheidungskraft dürfe nach den Vorgaben des Markengesetzes nicht entscheidend darauf abgestellt werden, ob das angemeldete Zeichen eine Herkunftsfunktion erfüllen könne, unterliegt sie einem grundlegendem Rechtsirrtum. Denn auch wenn die höchstrichterliche Rechtsprechung die „Multifunktionalität“ von Marken durchaus anerkennt, ist die Herkunftsfunktion von Marken nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ; EuGH GRUR 2006, 229, 230; Rdn. 27 ff. – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE ; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Kann eine Marke diese Herkunftsfunktion nicht erfüllen, widerspricht es dem durch § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geschützten Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR Int 2004, 631, 634, Rdn. 48 – Dreidimensionale Tablettenform I; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 – Libertel; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Rdn. 18 – STREETBALL ). Für die Ausübung der Herkunftsfunktion ist es eine unabdingbare Voraussetzung, dass ein Zeichen die hierfür erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 – Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 – VISAGE ; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Ist dies nicht der Fall, ist die fragliche Markenanmeldung zurückzuweisen. Auf diese Weise sollen negative Auswirkungen von Markeneintragungen auf den freien Wettbewerb verhindert und das angestrebte Maß an Chancengleichheit für die Mitbewerber gewährleistet werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Rdn. 26 – SAT.2). Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres erfasst werden kann, sind nicht unterscheidungskräftig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Darüber hinaus ist die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen oder Angaben abzusprechen, die zwar nicht unmittelbar konkrete Produktmerkmale der fraglichen Waren oder Dienstleistungen benennen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Produkten oder Leistungen hergestellt wird (EuGH GRUR RR 2008, 47, Rdn. 32 – map&guide ; BGH GRUR 2009, 411, Rdn. 9 – STREETBALL ; BGH GRUR 1998, 465, 468 – BONUS ). Bei der Prüfung, ob eine angemeldete Marke die notwendige Unterscheidungskraft aufweist, ist immer auf ihren Gesamteindruck abzustellen, wobei es allerdings bei Kombinationsmarken, wie dem vorliegenden Wort-Bildzeichen, zweckmäßig und zulässig ist, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 – Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 – SAT.2). Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen. Bei dem Wortbestandteil „Premium Plus“ handelt es sich um eine völlig sprachüblich gebildete Warenanpreisung, mit der auf eine außergewöhnliche Qualität der fraglichen Produkte hingewiesen werden soll (in diesem Sinne bereits HABM, R 0515/06-2 – PREMIUM PLUS). Beide Markenwörter zählen zum elementaren Grundwortschatz der Marketing- und Werbesprache und sind den angesprochenen Endverbrauchern in diesem Sinne seit langem bekannt. Sowohl das Markenwort „Premium“ als auch der Begriff „Plus“ werden dabei in der Werbung und Produktbeschreibung auf den unterschiedlichsten Warengebieten intensiv als Werbeversprechen i. S. v. Produkte von „besonderer, bester Qualität" bzw. auf einen wie auch immer gearteten besonderen Überschuss oder Vorteil verwendet (vgl. Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM] – Stichworte: „Premium“ und „Plus“). Nach ständiger Rechtsprechung fehlt ihnen aufgrund ihres beschreibenden Aussagegehalts jegliche markenrechtliche Unterscheidungskraft (vgl. hierzu die zahlreichen Rechtsprechungsnachweise in PAVIS zu den Stichworten „Premium“ und „Plus“). Und auch in ihrer Kombination ist die Wortfolge „Premium Plus“ lediglich als ein für das Publikum ohne weiteres verständliches, betriebsneutrales Werteversprechen zu werten. Das darüber hinaus vorhandene Pluszeichen  trägt ebenfalls nichts zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens bei, da es sich lediglich in einer werbeüblichen Wiederholung des Bedeutungsgehaltes „Plus“ erschöpft. Eine derartige Vorgehensweise ist dem inländischen Verkehr seit langem als Mittel der Intensivierung einer Werbebotschaft geläufig, mit der eine bestimmte Aussage verstärkt bzw. besonders betont werden soll. Der Markentext des angemeldeten Bildzeichens erschöpft sich somit insgesamt in einer werbeüblichen Aneinanderreihung mehrerer produktbeschreibender Bestandteile, mit der eine herausgehobene Qualität der beanspruchten Produkte hervorgehoben werden soll. Die angesprochenen Endabnehmerkreise werden die fragliche Wortkombination daher ohne weitere Überlegungen als entsprechenden Werbehinweis und nicht etwa als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne des Markenrechts auffassen. Entgegen der Ansicht der Anmelderin vermittelt auch die grafische Gestaltung der Marke keinen schutzfähigen Gesamteindruck. Insoweit ist zunächst der markenrechtliche Grundsatz zu berücksichtigen, dass sich der Wortbestandteil eines Zeichens gegenüber seiner grafischen Gestaltung für die angesprochenen Verbraucher umso nachdrücklicher in den Vordergrund drängt, je unmittelbarer die durch ihn vermittelte Sachaussage hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK ; BPatG GRUR 1996, 410, 411 – Color COLLECTION; BPatGE 38, 239, 243 ff. – Jean's). Angesichts des eindeutigen und unmissverständlichen Produktbezugs der Wortbestandteile der verfahrensgegenständlichen Marke wäre deshalb im vorliegenden Fall eine prägnante grafische Gestaltung erforderlich, um von dem beschreibenden Aussagegehalt ihrer Wortelemente wegzuführen und das Zeichen zu einem unterscheidungskräftigen, betrieblichen Herkunftshinweis zu machen (vgl. hierzu Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdn. 127). Die gewählte Bildgestaltung ist jedoch als völlig gebräuchliche Werbegrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit vielen Jahren vertraut ist. Die beiden verwendeten, in goldener Farbe wiedergegebene Schrifttypen und die unterschiedliche Größengestaltung der einzelnen Markenwörter sowie das vorhandene Pluszeichen entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination dem allgemein bekannten Werbestandard. Nicht zuletzt wegen der Fülle an Informationen in den Medien werden Sachaussagen und Werbebotschaften erfahrungsgemäß von den Konsumenten immer weniger wahrgenommen. Das Werbedesign hat deshalb für den Bereich der visuellen Kommunikation einfache grafische Mittel entwickelt, mit denen Kurztexte ohne besonderen Aufwand bildlich gegliedert und optisch hervorstechend gestaltet werden können. Bei den aufgeführten, in der angemeldeten Marke verwendeten Grafikelementen handelt es sich um solche grundlegenden Hervorhebungsmittel, mit denen der durch die Wortbestandteile verkörperte Bedeutungsgehalt für den Verkehr leicht wahrnehmbar „aufbereitet“ werden soll. Den markenrechtlichen Anforderungen an eine Bildgestaltung, die den produktbeschreibenden Charakter der Wortbestandteile quasi aufhebt und dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft vermittelt, genügen derart einfache Gestaltungselemente jedoch nicht. Der angemeldeten Wort-Bildmarke kann somit nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zugesprochen werden, um die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen zu können. Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg auf die Voreintragung vermeintlich vergleichbarer Marken. Voreintragungen haben generell keinerlei Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse im konkreten Einzelfall. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) anhand einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing). Dies gilt sogar selbst für den Extremfall, dass die identische Marke für denselben Anmelder bereits einmal für schutzfähig erachtet und eingetragen wurde, wie dies der BGH klargestellt hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL ). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Nachdem das Bundespatentgericht über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung verhandelt (§ 69 MarkenG) und im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung auch weder vom Beschwerdeführer beantragt wurde noch nach Wertung des Senats sachdienlich gewesen wäre, konnte diese Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005889&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005890
BPatG
München
29. Senat
20100427
29 W (pat) 6/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Just for me!" – sloganartige Wortfolge - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
Parallelverfahren: 29 W (pat) 17/10
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 63 746.8 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. April 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Januar 2008 und 26. Mai 2008 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen Klasse 35: Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; sowie Klasse 41: Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen zurückgewiesen worden ist.
I. Die Wortfolge Just for me! ist am 28. September 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 28: Geräte für Körperübungen, Kraft- und Trainingsgeräte, Gymnastik-Geräte, Fitnessgeräte, Bodybuilding-Geräte, Hanteln; Klasse 35: Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; Klasse 41: Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios, Dienstleistungen eines Fitnessstudios, Gymnastik- und Turnunterricht, Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen, Vermietung von Sportausrüstungen. Durch Beschlüsse vom 28. Januar 2008 und 26. Mai 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass die angemeldete Wortfolge, welche aus allgemein geläufigen Wörtern des englischen Grundwortschatzes in grammatikalisch korrekter Anordnung bestehe, von den angesprochenen Verkehrskreisen (auch) im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen des Sportsektors nur als anpreisende Werbeaussage verstanden werde. Dieser Werbeslogan allgemeiner Art reihe sich in die üblichen Bezeichnungsgewohnheiten der Werbebranche ein und erwecke nicht den Eindruck einer ungewöhnlichen Zusammenstellung, die eine herkunftshinweisende Funktion ermöglichen könnte. Es handele sich um eine reine Sachbezeichnung. Die Anmelderin könne auch nicht aus den von ihr genannten, angeblich vergleichbaren Voreintragungen einen Eintragungsanspruch herleiten. Eine einzige ausländische Voreintragung – hier bei der britischen Markenbehörde, dem UK Intellektual Property Office, – könne schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil das DPMA bereits dreimal entsprechende Wortmarkenanmeldungen mit dem Markentext "Just for me" zurückgewiesen habe. Von ihr sei dieser Slogan nur als Wort-/Bildzeichen eingetragen worden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nachdem sie vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich der Warenklasse 28 und der in Klasse 41 angemeldeten "Dienstleistungen eines Fitnessstudios; Gymnastik- und Turnunterricht sowie Vermietung von Sportausrüstungen" hingewiesen worden ist, beantragt sie nunmehr, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Januar 2008 und 26. Mai 2008 aufzuheben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen Klasse 35: Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; sowie Klasse 41: Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung hat sie bis zum vorgenannten Hinweis des Senats vorgetragen, bei der angemeldeten Marke handele es sich um ein Kennzeichen zur Bezeichnung eines Software-basierten, individuellen Trainingskonzepts für Fitnessstudios, Therapieeinrichtungen etc., mit dem sich individuelle Trainingspläne erstellen und in einer Datenbank hinterlegen ließen. Die verfahrensgegenständliche Wortfolge sei aufgrund ihrer Originalität und Mehrdeutigkeit schutzfähig. Denn sie könne ein Produkt oder eine Dienstleistung meinen, die jeweils auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche einer Person anpassbar bzw. abstimmbar seien oder sich ausschließlich an eine bestimmte Zielgruppe richteten. Ihr Aussagegehalt bleibe unbestimmt und rege zum Nachdenken an. Im üblichen Sprachgebrauch würden weder die angemeldeten Waren und Dienstleistungen des Sportsektors mit der Wortfolge bezeichnet noch deren wesentliche Merkmale wiedergegeben, so dass es an einem Sachbezug fehle. Sowohl das Patent- und Markenamt der USA, dem United States Patent and Trademark Office, als auch das UK Intellectual Property Office hätten die Wortfolge "Just for me!" als eintragungsfähig angesehen, so dass entgegen der Ansicht des DPMA nicht nur eine einzige ausländische Voreintragung vorliege. Das Patent- und Markenamt der USA habe die Wortfolge "Just for me" sogar siebenmal für die unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsklassen eingetragen. Wenn dieser Wortfolge nicht einmal in den englischsprachigen Ländern die Unterscheidungskraft angesprochen werde, könne sie erst recht nicht im deutschen Sprachraum verneint werden. Soweit das DPMA entsprechende Wortmarkenanmeldungen dreimal zurückgewiesen habe, seien völlig andere Waren, nämlich der Nahrungsmittel- und Körperpflegebereich, betroffen gewesen. Die verfahrensgegenständliche Wortfolge sei auch nicht freihaltebedürftig, weil sie von den beteiligten Verkehrskreisen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht benutzt werde, so dass ein unmittelbarer Produktbezug fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im beantragten und tenorierten Umfang begründet. Der Eintragung der vorliegenden Wortfolge "Just for me!" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die noch beanspruchten Dienstleistungen kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. 1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen (hier: einer sloganartigen Wortfolge) auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind (EuGH GRUR 2010, 228, 231 Rdnr. 36 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Rdnr. 32 u. 36, 1030 Rdnr. 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; BGH a. a. O. Rdnr. 12 - My World; BGH GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 12 - Willkommen im Leben). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH a. a. O. – My World u. Willkommen im Leben). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 – Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – My World). Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die Wortfolge "Just for me!" für die tenorierten Dienstleistungen; sie ist aufgrund ihrer Kürze prägnant, einfach gehalten und eingängig. Ohne ergänzende Zusätze ist sie in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen entgegen der Ansicht der Markenstelle mehrdeutig und regt zum Nachdenken an, ohne dass ein beschreibender Begriffsinhalt für die in Rede stehenden Dienstleistungen erkennbar ist. Die von den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden die grammatikalisch korrekt gebildete, englischsprachige Wortfolge mühelos im Sinne von "Nur für mich!" verstehen, weil der englische Grundwortschatz in der deutschen Bevölkerung weit verbreitet ist. Unter Zugrundelegung dieser Bedeutung weist die angemeldete Wortfolge die erforderliche Eigenart auf, um vom Verkehr als Unternehmenshinweis für die noch beanspruchten Dienstleistungen aufgefasst zu werden. Denn ihr Aussagegehalt bleibt auch in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen des Sportsektors mehrdeutig und ohne jeden beschreibenden Charakter. Die Bedeutung "Nur für mich!" kann auf die Profitabilität ausschließlich zugunsten der Erbringer, auf die Exklusivität der Adressaten, die individuelle Anpassung der fraglichen Dienstleistungen oder deren Erbringung in privater Atmosphäre hinweisen. Gleichzeitig richten sich aber zum einen sämtliche noch beanspruchten Dienstleistungen an eine breite Öffentlichkeit, so dass ein unauflösbarer Widerspruch zu den vorgenannten Bedeutungen entsteht. Zum anderen hat jedes (Dienstleistungs-)Unternehmen ein Gewinninteresse, so dass auch der Bedeutung der Profitabilität zugunsten der Dienstleistungserbringer kein sinnvoller Aussagegehalt beigemessen werden kann. Keiner der möglichen Bedeutungen kann daher eine Sachaussage entnommen werden. In Bezug auf die von der Beschwerdeführerin in Klasse 35 beanspruchten Werbedienstleistungen, nämlich "Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen", erschließt sich der Bedeutungsgehalt der angemeldeten Wortfolge, wie bereits dargelegt, nicht eindeutig. Insbesondere gibt sie weder die Art des Mediums noch die Branche an, auf welche die Werbedienstleistungen bezogen sind (BGH a. a. O. Rdnr. 24 – My World). Die sloganartige Bezeichnung eignet sich auch nicht als beschreibender Hinweis auf den Gegenstand der ferner noch beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41, nämlich "Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen", so dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. 2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen kann bei der angemeldeten Wortfolge auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. 3. Diese Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zu den drei ablehnenden Entscheidungen des DPMA hinsichtlich der drei Wortmarken "Just for me" (39849815.6) und " JUST FOR ME " (30364350.1 u. 30117254.4), weil diese nur für Waren im Nahrungsmittel- (Klassen 29 u. 30) und Körperpflegebereich (Klasse 3) angemeldet wurden. Die wortgetreu in die deutsche Sprache übersetzte Wortmarke "Nur für MICH " (30514553.3), welche vom DPMA ebenfalls nicht eingetragen wurde, bezog sich auf andere Dienstleistungen, nämlich Finanz-, Telekommunikations- und Forschungsdienstleistungen sowie Dienstleistungen der Computerbranche (Klassen 36, 38 und 42).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005890&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005891
BPatG
München
29. Senat
20100427
29 W (pat) 17/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Nur für mich!" – sloganartige Wortfolge - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
Parallelverfahren: 29 W (pat) 6/10
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 63 634.8 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. April 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2008 und 11. Juli 2008 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen Klasse 35: Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; sowie Klasse 41: Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen zurückgewiesen worden ist.
I. Die Wortfolge Nur für mich! ist am 28. September 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 28: Geräte für Körperübungen, Kraft- und Trainingsgeräte, Gymnastik-Geräte, Fitnessgeräte, Bodybuilding-Geräte, Hanteln; Klasse 35: Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; Klasse 41: Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios, Dienstleistungen eines Fitnessstudios, Gymnastik- und Turnunterricht, Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen, Vermietung von Sportausrüstungen. Durch Beschlüsse vom 18. Februar 2008 und 11. Juli 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen, welches aus der grammatikalisch korrekten und im allgemeinen Sprachgebrauch üblichen Wortfolge "Nur für mich" bestehe und sich typischerweise in der Werbesprache finde, von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen des Sportsektors als anpreisende Werbeaussage in dem Sinne verstanden werde, dass die Produkte oder die angebotenen Leistungen den individuellen Bedürfnissen des Kunden angepasst seien. Für die beanspruchten Waren sei die Wortfolge unmittelbar beschreibend, weil die erfassten Sportgeräte gerade im Hinblick auf die Möglichkeit, ein individuelles, auf den eigenen Körper abgestimmtes Training zu ermöglichen, beworben würden. Gleiches gelte für die angemeldeten Dienstleistungen, welche eine den individuellen Bedürfnissen des Kunden angepasste Trainingsmöglichkeit ermöglichten oder sich auf entsprechende sportliche Aktivitäten und Sport- oder Trainingsausrüstungen bezögen. Zwischen den allgemeinen und speziellen angemeldeten Werbedienstleistungen und den dort gebotenen Informationen bzw. Leistungen bestehe ein enger beschreibender Zusammenhang, weil der Verkehr das Zeichen als thematischen Hinweis auf das individuelle Angebot an den Verbraucher im vorgenannten Sinne erfasse. Dieser Werbeslogan allgemeiner Art reihe sich in die üblichen Bezeichnungsgewohnheiten der Werbebranche ein und erwecke nicht den Eindruck einer ungewöhnlichen Zusammenstellung, die eine herkunftshinweisende Funktion ermöglichen könnte. Die Anmelderin könne auch nicht aus den von ihr genannten, angeblich vergleichbaren Voreintragungen einen Eintragungsanspruch herleiten. Das DPMA habe bereits dreimal dem angemeldeten Zeichen sinngemäß entsprechende Wortmarkenanmeldungen mit dem Markentext "Just for me" rechtskräftig zurückgewiesen. Auch die beinahe identische Wortmarke "Nur für MICH " (30514553.3) sei nicht eingetragen worden. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nachdem sie vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich der Warenklasse 28 und der in Klasse 41 angemeldeten "Dienstleistungen eines Fitnessstudios; Gymnastik- und Turnunterricht sowie Vermietung von Sportausrüstungen" hingewiesen worden ist, beantragt sie nunmehr, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2008 und 11. Juli 2008 aufzuheben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistungen Klasse 35: Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen; sowie Klasse 41: Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen zurückgewiesen worden ist. Zur Begründung hat sie bis zum vorgenannten Hinweis des Senats vorgetragen, bei der angemeldeten Marke handele es sich um ein Kennzeichen zur Bezeichnung eines Software-basierten, individuellen Trainingskonzepts für Fitnessstudios, Therapieeinrichtungen etc., mit dem sich individuelle Trainingspläne erstellen und in einer Datenbank hinterlegen ließen. Die verfahrensgegenständliche Wortfolge sei aufgrund ihrer Originalität und Mehrdeutigkeit schutzfähig. Denn sie könne ein Produkt oder eine Dienstleistung meinen, die jeweils auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche einer Person anpassbar bzw. abstimmbar seien oder sich ausschließlich an eine bestimmte Zielgruppe richteten. Ihr Aussagegehalt bleibe unbestimmt und rege zum Nachdenken an. Im üblichen Sprachgebrauch würden weder die angemeldeten Waren und Dienstleistungen des Sportsektors mit der Wortfolge bezeichnet noch deren wesentliche Merkmale wiedergegeben, so dass es an einem Sachbezug fehle. Ausweislich der Internetrecherche unter www.google.de und www.slogans.de sei die verfahrensgegenständliche Wortfolge ausschließlich als integrierter Satzbestandteil gebräuchlich oder durch sinngebende Vor- oder Nachsätze ergänzt; alleinstehend sei sie nachweisbar nicht werbeüblich. Als Indiz für die Eintragungsfähigkeit des angemeldeten Zeichens sei zu bewerten, dass das wortgetreu in die englische Sprache übersetzte Zeichen "Just for me!" sowohl von der britischen Markenbehörde, dem UK Intellectual Property Office, als auch vom Patent- und Markenamt der USA, dem United States Patent and Trademark Office, mehrfach als eintragungsfähig für die unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsklassen beurteilt worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im beantragten und tenorierten Umfang begründet. Der Eintragung der vorliegenden Wortfolge "Nur für mich!" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die noch beanspruchten Dienstleistungen kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. 1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen (hier: einer sloganartigen Wortfolge) auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind (EuGH GRUR 2010, 228, 231 Rdnr. 36 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Rdnr. 32 u. 36, 1030 Rdnr. 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; BGH a. a. O. Rdnr. 12 - My World; BGH GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 12 - Willkommen im Leben). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH a. a. O. – My World u. Willkommen im Leben). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 – Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – My World). Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die Wortfolge "Nur für mich!"für die tenorierten Dienstleistungen; sie ist aufgrund ihrer Kürze prägnant, einfach gehalten und eingängig. Ohne ergänzende Zusätze ist sie in Bezug auf die noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen entgegen der Ansicht der Markenstelle mehrdeutig und regt zum Nachdenken an, ohne dass ein beschreibender Begriffsinhalt für die in Rede stehenden Dienstleistungen erkennbar ist. Die grammatikalisch korrekt gebildete, aus allgemein bekannten deutschen Wörtern bestehende Wortfolge "Nur für mich!" ist für die von den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen angesprochenen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich. Dennoch weist sie die erforderliche Eigenart auf, um vom Verkehr als Unternehmenshinweis für die noch beanspruchten Dienstleistungen aufgefasst zu werden. Denn ihr Aussagegehalt bleibt auch in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen des Sportsektors mehrdeutig und ohne jeden beschreibenden Charakter. Die Wortfolge "Nur für mich!" kann auf die Profitabilität ausschließlich zugunsten der Erbringer, auf die Exklusivität der Adressaten, die individuelle Anpassung der fraglichen Dienstleistungen oder deren Erbringung in privater Atmosphäre hinweisen. Gleichzeitig richten sich aber zum einen sämtliche noch beanspruchten Dienstleistungen an eine breite Öffentlichkeit, so dass ein unauflösbarer Widerspruch zu den vorgenannten Bedeutungen entsteht. Zum anderen hat jedes (Dienstleistungs-)Unternehmen ein Gewinninteresse, so dass auch der Bedeutung der Profitabilität zugunsten der Dienstleistungserbringer kein sinnvoller Aussagegehalt beigemessen werden kann. Keiner der möglichen Bedeutungen kann daher eine Sachaussage entnommen werden. Für die unterscheidungskräftige Eigenart der Wortfolge spricht auch das Ergebnis der vom DPMA durchgeführten Internetrecherche unter www.google.de und www.slogans.de , wonach diese ausschließlich als integrierter Satzbestandteil gebräuchlich ist oder durch sinngebende Vor- oder Nachsätze ergänzt wird. In Alleinstellung ist sie nicht nachweisbar. In Bezug auf die von der Beschwerdeführerin in Klasse 35 beanspruchten Werbedienstleistungen, nämlich "Werbung, Werbung für medizinische Geräte für Körperübungen und Krankengymnastik, Physiotherapie und Rehabilitation; Werbung für Kraft- und Trainingsgeräte, Fitnessgeräte sowie Bodybuilding-Geräte; Werbung für Dienstleistungen eines Fitnessstudios, insbesondere Trainingskonzepte; Werbung für Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen", erschließt sich der Bedeutungsgehalt der angemeldeten Wortfolge, wie bereits dargelegt, nicht eindeutig. Insbesondere gibt sie weder die Art des Mediums noch die Branche an, auf welche die Werbedienstleistungen bezogen sind (BGH a. a. O. Rdnr. 24 – My World). Die sloganartige Bezeichnung eignet sich auch nicht als beschreibender Hinweis auf den Gegenstand der ferner noch beanspruchten Dienstleistungen in Klasse 41, nämlich "Betrieb von Sportanlagen/Fitnessstudios; Organisation und Durchführung von sportlichen Veranstaltungen", so dass ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. 2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der jetzt noch beanspruchten Dienstleistungen kann bei der angemeldeten Wortfolge auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. 3. Diese Entscheidung steht auch nicht im Widerspruch zu den drei ablehnenden Entscheidungen des DPMA hinsichtlich der drei wortgetreu in die englische Sprache übersetzten Wortmarken "Just for me" (39849815.6) und " JUST FOR ME " (30364350.1 u. 30117254.4), weil diese nur für Waren im Nahrungsmittel- (Klassen 29 u. 30) und Körperpflegebereich (Klasse 3) angemeldet wurden. Die beinahe identische Wortmarke "Nur für MICH " (30514553.3), welche vom DPMA ebenfalls nicht eingetragen wurde, bezog sich auf andere Dienstleistungen, nämlich Finanz-, Telekommunikations- und Forschungsdienstleistungen sowie Dienstleistungen der Computerbranche (Klassen 36, 38 und 42).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005891&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005892
BPatG
München
29. Senat
20100428
29 W (pat) 18/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 S 1 MarkenG, § 43 Abs 1 S 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "ADVIS/ADVISA" – Zurückweisung der Beschwerde aufgrund nicht hinreichender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 305 13 563 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen das für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9: Computerprogramme und Software; Computer; Programmträger und Speicher von Datenverarbeitungsanlagen; Klasse 35: Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen, insbesondere Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung, Vertriebsberatung; Unternehmensberatung und diesbezügliche Betreuung beim Aufbau von Vertriebsstrukturen; organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung von Unternehmen; Personalmanagementberatung; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Verkaufsförderung für Dritte; Dateienverwaltung mittels Computer; Zusammenstellung, Systematisierung und Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Klasse 41: Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Veranstaltung und Durchführung von Schulungen, Seminaren und Workshops, insbesondere zu Vertriebsangelegenheiten; Weiterbildungsseminare zur Optimierung der Vertriebsstrategien; Desktop-Publishing; Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen in elektronischer Form, auch im Internet; Erziehung und Unterricht, auch auf Akademien; am 8. März 2005 angemeldete und am 10. Juni 2005 unter der Nummer 305 13 563 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragene Wortzeichen ADVIS dessen Eintragung am 15. Juli 2005 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der älteren, am 6. März 1998 für die Dienstleistungen "Steuerberatung, betriebswirtschaftliche Beratung, Steuerrechtsberatung, Rechtsberatung, Unternehmensberatung, Schulung, Training, Durchführung und Veranstaltung von Seminaren" unter der Nummer 397 49 547 eingetragenen Wortmarke ADVISA Widerspruch erhoben. In ihrem Schriftsatz vom 17. Januar 2006 (Bl. 17 ff., 22 VA) hat die Inhaberin der angegriffenen Marke "für den Fall, dass amtsseitig" der von ihr "vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden sollte" die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke "nach § 43 Abs. 1 MarkenG" erhoben. Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschluss vom 23. Juni 2008 eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Selbst bei unterstellter Benutzung der Widerspruchsmarke, einer Begegnung der Vergleichsmarken im identischen Dienstleistungsbereich und einer noch durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte das jüngere Zeichen den deutlich einzuhaltenden Abstand ein. Auch wenn die Widerspruchsmarke - ebenso wie die jüngere Marke - für den angesprochenen Wirtschaftsverkehr erkennbar als an den Ausdruck "to advise" (= beraten, betreuen) angelehnt erscheine, sei die Abwandlung " ADVISA " als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet. Allerdings müsse die Widerspruchsmarke Annäherungen von Drittzeichen an die beschreibende Angabe "advise" aus Rechtsgründen hinnehmen, weil dieser Begriff von Mitbewerbern zur Bezeichnung ihres Produktportfolios benötigt werde. Die in den eidesstattlichen Versicherungen geltend gemachten Umsätze und Marktanteile - mehr als … Steuerberatungsgesellschaften - seien für die Annahme einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft nicht ausreichend. Der angesprochene Verkehr bringe die Marke " ADVISA " auch nicht mit dem Unternehmen der Markeninhaberin in Verbindung. Bei der zu erwartenden englischen Aussprache von "Ad-vis" [ əd'vаız ] gegenüber "Ad-vi-sa" seien die leicht erfassbaren Wortelemente in klanglicher Hinsicht gut zu unterscheiden. Trotz der übereinstimmenden und regelmäßig stärker beachteten Wortanfänge der beiden Marken sei nicht mit einer klanglichen Verwechslung zu rechnen, weil der zusätzliche Vokal "A" am Wortende des älteren Zeichens zusammen mit dem vorangestellten Konsonant "S" eine eigene Silbe bilde, was wegen der Abweichung in der Wortstruktur und -gliederung von der nur zweisilbigen, deutlich kürzeren jüngeren Marke zu einem wahrnehmbaren Kontrast im phonetischen Eindruck führe. Hinzu komme, dass die Endung "SA" keine typische Endung für die Abwandlung einer Marke im überschneidenden Produktbereich darstelle und der Vokal "A" wegen seines dunklen Klangbildes einen gewissen Kontrast zu dem vorangestellten hellen Vokal "I" bilde. In schriftbildlicher Hinsicht sei angesichts der Kürze der Wortzeichen nicht zu befürchten, dass die Kontur des zusätzlichen Buchstabens "A" der Widerspruchsmarke übersehen werde. Wegen der Anlehnung an die tätigkeitsbeschreibende Angabe "advise" (beraten, betreuen) falle die Übereinstimmung der Marken im Bestandteil " ADVIS " auch aus Rechtsgründen nicht ganz so stark ins Gewicht. Für die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne fehlten besondere Umstände. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie sinngemäß beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juni 2008 die Löschung der Marke " ADVIS " anzuordnen. Sie vertritt die Ansicht, dass der wegen der Identität und hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen einzuhaltende weite Markenabstand von der jüngeren Marke nicht eingehalten werde. Entgegen der Ansicht der Markenstelle sei das Zeichen " ADVISA " nicht beschreibend, sondern ein Fantasiebegriff, der lexikalisch nicht nachweisbar sei. Ferner sei nicht die englische, sondern die deutsche Aussprache des Zeichens maßgeblich. Trotz des unterschiedlichen Klangbildes aufgrund des zusätzlichen Vokals "A" bestehe eine klangliche Verwechslungsgefahr, weil der Verkehr im Allgemeinen Unterschieden am Wortende eine geringere Bedeutung beimesse und es schnell zu "Verhörfehlern" kommen könne. Zur Glaubhaftmachung der ernsthaften Benutzung ihrer Marke nehme sie auf ihre Ausführungen im Verfahren vor dem DPMA und die dort vorgelegten Unterlagen sowie ergänzend auf die mit der Beschwerdebegründung als Anlagen 8 bis 13 und mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2008 (Bl. 21 ff. GA) eingereichten Benutzungsnachweise Bezug. Auch bei identischer Unternehmensbezeichnung liege eine Markenbenutzung vor, wenn - wie hier - durch den Rechtsformzusatz "Steuerberatungsgesellschaft mbH ..." zu ihrem Zeichen " ADVISA " der Geschäftsgegenstand "Steuerberatung" kenntlich gemacht werde. Die der Beschwerdebegründung beigefügten Unterlagen belegten aber auch die Benutzung der Widerspruchsmarke ohne angehängten Rechtsformzusatz. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bisher weder einen Antrag gestellt noch auf die Beschwerdebegründung erwidert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. An der mündlichen Verhandlung hat keine der Parteien teilgenommen, so dass nach Aktenlage zu entscheiden war. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache mangels hinreichender Glaubhaftmachung der Benutzung keinen Erfolg. 1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Zwar hat sie in ihrem Schriftsatz vom 17. Januar 2006 (Bl. 22 VA) nur "für den Fall, dass amtsseitig" der von ihr "vertretenen Auffassung nicht gefolgt werden sollte", also nur vorsorglich , die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke "nach § 43 Abs. 1 MarkenG" erhoben, aber eine solche Einrede wird bei Gericht als unbedingt erhoben behandelt (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 43 Rdnr. 15; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43 Rdnr. 23; Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Band I, Markenverfahrensrecht, 1. Teil, 2. Kap., Rdnr. 556). 2. Da die Inhaberin der angegriffenen Marke bei Erhebung der Einrede auf § 43 Abs. 1 MarkenG insgesamt Bezug genommen hat, ohne dessen Satz 1 oder Satz 2 präzise zu zitieren, ist in ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass die Einrede beide Zeiträume umfassen soll (BGH GRUR 1998, 938 - DRAGON ; Ingerl/Rohnke a. a. O. § 43 Rdnr. 12; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 43 Rdnr. 19; Fezer/Grabrucker a. a. O. Rdnr. 560). 3. Das Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke war gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG auch zulässig, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit der Eintragung am 6. März 1998 zu laufen begonnen hat, vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke am 15. Juli 2005 endete. Da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Nichtbenutzungseinrede ohne Beschränkung erhoben hat, oblag es der Widersprechenden glaubhaft zu machen, dass ihre Marke gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke sowie gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. 4. Die Widersprechende hat jedoch die Benutzung ihrer Marke nicht hinreichend glaubhaft gemacht. a) Der Umstand, dass die bisher eingereichten Unterlagen nur einen Benutzungszeitraum von 2003/2004 bis 2007/2008 abdecken, obwohl sich der 10-jährige Gesamtzeitraum von 15. Juli 2000 bis April 2010 erstreckt, steht einer hinreichenden Glaubhaftmachung nicht entgegen, weil die Benutzung nicht während des jeweiligen gesamten Fünfjahreszeitraumes erfolgt sein muss. Ohne dass es auf eine absolute zeitliche Festlegung ankommt, ist vielmehr entscheidend, ob in Berücksichtigung sämtlicher, für eine wirtschaftliche Verwendung der Marke in der einschlägigen Branche maßgeblicher Tatsachen und Umstände von einer ernsthaften Benutzung und nicht nur von bloßen Scheinhandlungen auszugehen ist (EuGH GRUR 2008, 343, 346 Rdnr. 72 - Il Ponte Finanzaria Spa/HABM; Ingerl/Rhonke a. a. O. § 26 Rdnr. 161; Ströbele/Hacker a. a. O. § 26 Rdnr. 51). Es ist deshalb unerheblich, dass die eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Inhaberin der Widerspruchsmarke vom 7. Juni 2006 (Anlage 7, Bl. 211 f. VA) sowie die gleichlautende eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der früheren Markeninhaberin und nunmehrigen Lizenznehmerin, der A… …GmbH … in B…, vom 8. Juni 2006 (Anlage 6, Bl. 209 VA), welche mit Zustimmung der Markeninhaberin Unterlizenzen im Rahmen von Kooperationsverträgen an ca. … weitere Steuerberatungskanzleien im ganzen Bundesgebiet erteilt hat, nur pauschal eine Benutzung der Widerspruchsmarke seit dem 15. Juli 2000 behaupten, und zum weiteren Beleg für den unabgedeckten Zeitraum vom 15. Juli 2000 bis einschließlich 2002 für jedes Jahr nur eine einzige Gebührenrechnung (Anlage 5, Bl. 196 - 200 VA) vorgelegt worden ist. b) Auch der Umstand, dass die Marke " ADVISA " auf den vorgelegten Visitenkarten, dem Briefpapier, den Gebührenrechnungen (Anlagen 8 - 13) und Broschüren der Lizenznehmerinnen (Anlagen 8 - 11) - dort nur teilweise - überwiegend in der Form benutzt worden ist, dass dem grafisch und farblich hervorgehobenen Zeichen " ADVISA " die konkrete Dienstleistung "Steuerberatungs" sowie der Rechtsformzusatz " gesellschaft mbH" hinzugefügt wurde, spricht nicht gegen eine markenmäßige Benutzung. An einer rechtserhaltenden Benutzung fehlt es nur, wenn das Zeichen ausschließlich als Unternehmenskennzeichen und nicht zugleich zumindest auch als Marke für das konkret vertriebene Produkt benutzt worden ist. Entscheidend ist dabei, ob der angesprochene Verkehr aufgrund der ihm objektiv entgegentretenden Umstände die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung im Sinne eines Herkunftshinweises ansieht (BGH GRUR 2008, 616, 617 Rdnr. 11 - AKZENTA). Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Danach liegt eine rechtserhaltende Benutzung dann vor, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dasselbe Zeichen ansieht und den hinzugefügten oder weggelassenen Bestandteilen keine eigene maßgebliche kennzeichnende Wirkung beimisst (BGH a. a. O. Rdnr. 12 m. w. N. - AKZENTA). Bei einer Dienstleistungsmarke erfordert die Beurteilung der Frage, ob sie rechtserhaltend benutzt worden ist, eine besondere Betrachtung, weil bei ihr anders als bei einer Warenmarke eine körperliche Verbindung zwischen der Marke und dem Produkt nicht möglich ist. Als Benutzungshandlungen im Sinne des § 26 MarkenG kommen bei ihr daher grundsätzlich nur die Anbringung der Marke am Geschäftslokal sowie eine Benutzung auf Gegenständen in Betracht, die bei der Erbringung der Dienstleistung zum Einsatz gelangen, wie insbesondere auf der Berufskleidung, auf Geschäftsbriefen und -papieren, Prospekten, Preislisten, Rechnungen, Ankündigungen und Werbedrucksachen. Voraussetzung ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Benutzung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht; er muss erkennen können, dass mit der Verwendung der Bezeichnung nicht nur der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird, die aus ihm stammt. Des Weiteren muss sich die Benutzung auf eine bestimmte Dienstleistung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Verkehr ersehen kann, auf welche konkrete Dienstleistung sich der Kennzeichengebrauch bezieht (BGH a. a. O. Rdnr. 13 m. w. N. - AKZENTA). Zudem stimmt bei Dienstleistungsmarken die Marke in vielen Fällen mit der Firma überein; daher gehen die firmenmäßige Benutzung und die markenmäßige Benutzung bei ihnen häufiger ineinander über als bei Warenmarken (BGH a. a. O. 618 Rdnr. 13 m. w. N. - AKZENTA). Bei Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall nach den Umständen davon auszugehen, dass der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dasselbe Zeichen ansieht und den hinzugefügten Bestandteilen keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung beimisst. In der bereits beschriebenen Verwendung des Firmenbestandteils " ADVISA " im Zusammenhang mit der konkret bezeichneten Dienstleistung der Lizenzunternehmen in ihrer Geschäftskorrespondenz, auf Briefbögen, Visitenkarten, Gebührenrechnungen und teilweise auch in Broschüren wird der Verkehr nicht allein die Benennung des jeweiligen gleichnamigen Geschäftsbetriebs der Lizenznehmer sehen, sondern zugleich auch die bestimmte Leistung, die aus diesen Geschäftsbetrieben stammt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr bei Dienstleistungen daran gewöhnt ist, dass diese häufiger als Waren mit dem Unternehmensnamen gekennzeichnet werden. Soweit der Unternehmensname oder ein unterscheidungskräftiger Bestandteil in Zusammenhang mit einer konkret bezeichneten Dienstleistung steht, wird der Verkehr die Verwendung daher zugleich regelmäßig als Hinweis auf die von dem Unternehmen erbrachte Dienstleistung verstehen. Dem steht die Anfügung eines Rechtsformzusatzes grundsätzlich nicht entgegen (BGH a. a. O. Rdnr. 16 m. w. N. - AKZENTA). c) Allerdings sind sämtliche vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Geschäftsführer der (Unter-)Lizenznehmerinnen mängelbehaftet. In ihnen sind weder Angaben zum Zeitraum der Geschäftsführung des oder der Unterzeichnenden enthalten, noch sind die Umsatzzahlen - soweit überhaupt angegeben - hinreichend detailliert. Die Angaben zu den Umsatzzahlen müssen entweder in Geldbeträgen oder in Auftragszahlen konkret auf die jeweiligen Dienstleistungen bezogen und in die jeweiligen für die Benutzung rechtserheblichen Zeiträume aufgeteilt sein. Pauschalierungen dürfen nicht vorgenommen werden. Unzureichend sind daher die beiden vorgenannten, gleichlautenden eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers der Inhaberin der Widerspruchsmarke (Anlage 7, Bl. 211 f. VA) und des Geschäftsführers der A… GmbH … in B… (Anlage 6, Bl. 209 VA), in denen nur pauschal angegeben wird "die beiden ältesten Unterlizenznehmerinnen, die Steuerberatungskanzleien in Kassel (seit 1981) und in Frankfurt (seit 1992), erzielten unter der Marke " ADVISA " mit den für sie geschützten Dienstleistungen in den letzten Jahren Umsätze von teilweise über … EUR". Hier fehlen sowohl konkrete Zahlen für die einzelnen Jahre als auch eine Aufteilung der Zahlen auf die Art der erbrachten Dienstleistungen. Diese Beanstandungen gelten auch für die anderen, erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von Geschäftsführern anderer Lizenznehmerinnen, nämlich der A… … mbH  in B…, A1… und G… (Anlagen 8 u. 9; Bl. 24 GA). Zunächst fehlen Angaben zum Zeitraum der Geschäftsführung. Ferner wird, bezogen auf einen Zeitraum von 2003/2004 bis 2007/2008, nur eine durchschnittliche jährliche Umsatzzahl sowie ein jährlicher Durchschnittsbetrag für Werbeaufwendungen angegeben, ohne nach der Art der erbrachten Dienstleistung zu differenzieren. Die Umsatzzahlen hätten jedoch auf die vier Dienstleistungsbereiche: - Steuerberatung, - betriebswirtschaftliche Beratung und Unternehmensberatung, - Rechts- und Steuerrechtsberatung sowie - Schulung, Training sowie Durchführung und Veranstaltung von Seminaren aufgeteilt sowie für jedes Jahr konkret angegeben werden müssen. Soweit den eidesstattlichen Versicherungen jeweils ein Konvolut von Gebührenrechnungen beigefügt ist (für die Jahre 2003 bis 2008, Anlagen 9, 10 - 12; für die Jahre 2004 bis 2008, Anlage 13; für die Jahre 2003 bis 2007, Anlage 8) handelt es sich ausdrücklich jeweils nur um einen Auszug von Mandantenrechnungen, abgesehen davon, dass es nicht die Aufgabe des Gerichts ist, die Umsatzzahlen anhand vorgelegter Gebührenrechnungen selbst zu ermitteln. Hinsichtlich der Lizenznehmerin A… mbH in P… sind zwar Kopien einer Visitenkarte, von Briefpapier und Gebührenrechnungen (Anlage 13) vorgelegt worden, aber es fehlt eine diesbezügliche eidesstattliche Versicherung sowie konkrete Angaben zu den Umsatzzahlen. Das Gleiche gilt für die Lizenznehmerin A… … mbH in F… (Anlage 12) sowie für die Lizenznehmerin A2… mbH, von der zusätzlich noch eine Originalbroschüre und eine betriebswirtschaftliche "Musterauswertung" vorgelegt wurden (Anlage 11). Hinzu kommt, dass sich sämtliche Gebührenrechnungen fast ausschließlich auf den Dienstleistungsbereich der Steuerberatung (Erstellung von Einkommensteuererklärungen, Gewinnermittlung, Lohnbuchhaltung etc.) beziehen, so dass eine Benutzung der Widerspruchsmarke für die übrigen eingetragenen Dienstleistungen nicht nachgewiesen worden ist. d) Obwohl die Beschwerdeführerin mit der Terminsladung auf die unzureichende Glaubhaftmachung hingewiesen worden ist, hat sie ihren Vortrag nicht ergänzt.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005892&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005914
BPatG
München
8. Senat
20100420
8 W (pat) 43/05
Beschluss
§ 99 Abs 1 PatG, § 308 ZPO
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "An einen Schlepper ansetzbares Heckmähwerk" – Unbestimmtheit bzw. Unwirksamkeit des Hilfsantrags, ein Streitpatent beschränkt im Umfang aller schutzfähigen Patentansprüche aufrecht zu erhalten - Fülle von Kombinationsmöglichkeiten
In der Beschwerdesache betreffend das Patent 195 34 695 … … hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Dehne, der Richter Kruppa und Dipl.-Ing. Rippel sowie der Richterin Dipl.-Ing. Dr. Prasch beschlossen: Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
I. Auf die am 19. September 1995 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das Patent 195 34 695 mit der Bezeichnung „An einem Schlepper ansetzbares Heckmähwerk“ mit Beschluss vom 4. August 1998 erteilt und die Erteilung am 24. Dezember 1998 veröffentlicht worden. Auf zwei Einsprüche hat die Patentabteilung 23 des Patentamts das Patent mit Beschluss vom 2. August 2005 widerrufen, weil sowohl der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag als auch der Gegenstand des am 15. November 2002 eingegangenen Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Die Patentabteilung hat zur Begründung auf die folgenden Druckschriften verwiesen EP 0 337 909 B1 (A22) FR 15 36 949 (A16) US 33 23 294 (A20) und ausgeführt, dass der Fachmann bei einer gattungsgemäßen Mähwerksanordnung nach der EP 0 337 909 B1 ohne weiteres feststellen konnte, dass die dort dargestellte Transportstellung des Mähwerkes durch Hochschwenken bis zur Senkrecht-Lage bezüglich der Lage des Schwerpunktes einerseits und der Transportbreite und Transporthöhe andererseits ein Problem bereite und, falls ihm der entscheidende Schritt zur Lösung dieses Problems nicht schon bereits in Anwendung des ihm üblicherweise zur Verfügung stehenden Grundwissens an die Hand gegeben war, er den entscheidungserheblichen Hinweis aus dem Stand der Technik nach der FR 15 36 949 und nach der US 33 23 294 erhalte, der die Anwendung des patentgemäß genutzten Lösungsprinzips bereits bei Heckmähwerken eindeutig erkennen lasse. Die übrigen Angaben über die Größe des Schwenkwinkels ergäben sich bei Anwendung dieses Lösungsprinzips zwangsweise und könnten daher auch nichts zur Stützung der zur Aufrechterhaltung des Patents erforderlichen Erfindungseigenschaft beitragen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 1. Oktober 2005 eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin. Sie hat in der Eingabe vom 30. November 2005, eingegangen am 13. Dezember 2005, zur Beschwerdebegründung ausgeführt, dass nach ihrer Auffassung der Gegenstand des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit beruhe, weil der angefochtene Beschluss das Lösungsprinzip aus dem Streitpatent retrospektiv in den Stand der Technik hinein projiziere. Die FR 15 36 949 sei zur Herleitung dieses Lösungsprinzips nicht geeignet, weil sie sich in einem geringfügigen Weiterschwenken des Mähbalkens in der Transportstellung über die Senkrechte hinaus erschöpfe. Auch liege der Schwerpunkt immer noch außerhalb der Schlepperräder und nicht nahe der Schwerachse des Schleppers und eine diagonale Lage des Mähbalkens sei auch nicht erkennbar, wenn man die Figur 2 heranziehe. Gegen ein Naheliegen des Lösungsprinzips durch den Stand der Technik nach der US 33 23 294 spreche insbesondere der Zeitfaktor, da diese Druckschrift aus dem Jahr 1967 stamme und man sich erst viel später - in den 90er Jahren - mit anderen Lösungen zur Unterbringung des Mähbalkens in der Transportstellung befasst habe, wie die Lösung nach der EP 0 337 909 B1 und anderen in der Streitpatentschrift genannten Druckschriften. Zum anderen könne der US 33 23 294 das Lösungsprinzip des Streitpatents nicht entnommen werden, weil sie einen relativ kurzen Mähbalken zeige, der auch bei einem Schwenkwinkel von 180º immer noch innerhalb der Umrisse des Schleppers liege, und zudem der Schwerpunkt des Mähbalkens in der Nähe des relativ schweren Triebkopfs und damit der Niederführung des Antriebs liege, wodurch sich der Schwerpunkt im Gegensatz zum Anspruch 1 des Streitpatents immer noch außerhalb der Spurbreite des Schleppers befinde. Demnach lasse sich der im Anspruch 1 des Streitpatents angegebene Verschwenkwinkelbereich von 120º - 150º der US-Druckschrift nicht als Lösungsprinzip entnehmen. Von der - wie angekündigt - zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Beschwerdeführerin und Patentinhaberin liegt der schriftsätzliche Antrag vom 30. März 2010 vor, 1. Den Beschluss des DPMA vom 02.08.2005 aufzuheben und das Streitpatent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten. 2. Hilfsweise das Streitpatent beschränkt im Umfang aller schutzfähigen Patentansprüche aufrecht zu erhalten, wobei die abhängigen Ansprüche dabei zu nebengeordneten Ansprüchen werden (vgl. Nichtigkeitsverfahren). 3. Höchsthilfsweise das Streitpatent beschränkt im Umfang der Kombination der Merkmale des Patentanspruchs 1 und des ersten schutzfähigen abhängigen Patentanspruchs aufrecht zu erhalten, wobei die anderen abhängigen Patentansprüche unter entsprechender Umnummerierung als abhängige Patentansprüche beibehalten werden. Die Beschwerdegegner und Einsprechenden zu 1. und zu 2. stellen den Antrag, die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen. Die Beschwerdegegner und Einsprechenden zu 1. und zu 2. haben zum Hauptantrag übereinstimmend vorgetragen, dass der Gegenstand des erteilten Patents nach ihrer Auffassung weiterhin nicht patentfähig, insbesondere nicht neu und nicht erfinderisch sei. Der Överum - Prospekt nach Anlage A6 nehme bereits alle Merkmale des Anspruchs 1 neuheitsschädlich vorweg, aber auch allgemeine Erwägungen führten den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur FH der Landmaschinentechnik mit mehrjährigen Erfahrungen insbesondere auf dem Gebiet der Mähtechnik und Konstruktion von Mähmaschinen, von der in der EP 0 337 909 B1 (A22) oder dem Prospekt der Mörtl Schleppergerätebau GmbH (Anlage A25) beschriebenen senkrechten Transportstellung des Heckmähwerks zu einem weiteren Verschwenken des Heckmähwerks um einen Winkel von insgesamt etwa 120° bis 150°, wenn er die für den Straßentransport zulässige Transportbreite von 3 m und Transporthöhe von 4 m nicht überschreiten wolle, wobei durch das Verschwenken der Schwerpunkt des Mähaggregates automatisch in einem Bereich zwischen den Rädern des Schleppers und nahe an der Lagerachse durch den Schwerpunkt des Schleppers verlagert werde. Eine solche Transportlage eines Heckmähwerks sei aber auch schon durch die US 33 23 294 (A20) bekannt geworden, dessen Verschwenkwinkel zwischen dem beanspruchten Winkelbereich von etwa 120° bis 150° liege. Deshalb sind die Einsprechenden der Auffassung, dass sich alternativ alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 aus einer Kombination der Druckschriften EP 0 337 909 B1 (A22) und der US 33 23 294 (A20) ergeben, wobei die Verschwenkung des Mähwerks über die senkrechte Transportlage hinaus zugleich eine Verlagerung des Schwerpunkts des Mähwerks zwischen die Räder und in Richtung Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers bedinge und eine Führung des Schwerpunkts nahe an die Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers zu einer Verschwenkung in einem Winkelbereich von etwa 120° bis 150° führe, je nach Länge des eingesetzten Mähbalkens. Daher könne die Schaffung eines Heckmähwerks nach den erteilten Anspruch 1 des Streitpatents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, weil die Lösung für den Fachmann aus dem Stand der Technik nach der US 33 23 294 (A20) ersichtlich sei, wenn er größere Mähwerke wegen der maximal zulässigen Transporthöhe von 4 m und wegen der zunehmenden Roll- und Gierbewegungen des Schleppers nicht mehr in senkrechter Lage (EP 0 337 909 B1 (A22)) auf der Straße transportieren könne. Die Einsprechenden haben zu den von der Patentinhaberin vorgelegten Hilfsanträgen 1 und 2 vorgetragen, dass diese Anträge unbestimmt und daher unzulässig seien, weil diese den Verfahrensbeteiligten eine Vielzahl von möglichen Kombinationen anbieten und völlig offen lassen, was die Patentinhaberin unter Schutz gestellt haben wolle. Der gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung verteidigte Patentanspruch 1 lautet: „An einem Schlepper (1) ansetzbares Heckmähwerk (5), mit einem Tragrahmen (6), einem daran um eine etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (10) schwenkbaren Schwenkarm (9), einem sich im Wesentlichen quer zur Fahrtrichtung erstreckenden Mähaggregat (12), das um eine weitere etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (11) an dem Schwenkarm (9) schwenkbar ist und auf dem angetriebene Mähorgane (16) nebeneinander angeordnet sind, wobei zwischen dem Tragrahmen (6) und dem Mähaggregat (12) ein hydraulisch betätigbarer Hauptzylinder (22) zum Verschwenken des Mähaggregates (12) in einer etwa vertikalen und etwa senkrecht zur Fahrtrichtung sich erstreckenden Ebene vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet , dass das Mähgerät (12) aus der Arbeitsstellung in eine Transportstellung um etwa 120° bis 150° verschwenkbar ist, und dass der Schwerpunkt (21) des Mähaggregates (12) in der Transportstellung in einem Bereich zwischen den Rädern (3) des Schleppers (1) und nahe an der Längsachse (4) durch den Schwerpunkt des Schleppers (1) liegt.“ Wegen der gemäß Hauptantrag in der erteilten Fassung rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift und dem Sachverhalt im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin ist nicht begründet. 1. Der Patentgegenstand gemäß dem erteilten Anspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht patentfähig. 1.1 Das Streitpatent bezieht sich nach dem erteilten Patentanspruch 1 auf ein an einem Schlepper ansetzbares Heckmähwerk. Wie aus der Beschreibungseinleitung ersichtlich ist, bezeichnet es das Streitpatent als nachteilig, wenn an einen Schlepper ansetzbare Heckmähwerke zum Straßentransport in ihrer Breite dadurch verringert werden, dass die seitlichen Mähaggregate um etwa horizontal in Arbeitsrichtung liegende Achsen aus einer etwa horizontalen Arbeitsstellung in eine etwa vertikale Transportstellung hochgeschwenkt werden, weil sich dann der Schwerpunkt des Mähaggregates außerhalb der Laufräder des Schleppers und damit außerhalb der Spur befinde, so dass das Gewicht des Mähaggregats in der Transportstellung ein Moment um die Längsachse des Schleppers ausübe, was die Fahrbewegungen des Schleppers im Sinne einer Roll- und/oder Gierbewegung negativ beeinflusse (Sp. 1, Z. 25 - 46). Je breiter der Mähbalken sei, desto größer sei dieser Nachteil. Zudem könnten bei dieser senkrechten Transportstellung aber auch, da sich bei einer Arbeitsbreite von 3 Meter z. B. eine Transporthöhe von 3,5 Meter ergebe, niedrige Toreinfahrten nicht ohne weiteres durchfahren werden (Sp. 1, Z. 48 - 54). Von Nachteil sei aber auch ein horizontales Verschwenken der seitlichen Mähaggregate um eine im Wesentlichen lotrechte Achse, da dadurch entweder die Arbeitsbreite des Mähwerks auf die in Deutschland beschränkte Transportbreite von 3 m begrenzt sei oder der Mähbalken zur Verbreiterung schräg nach hinten ausladend angeordnet sei, was zu einer ungünstigen Gewichtsentlastung der Vorderräder des Schleppers führe, so dass die Lenkung beeinträchtigt sei (Sp. 2, Z. 37 - Sp. 3, Z. 2). Hieraus ergibt sich die Aufgabenstellung des Streitpatents, ein Heckmähwerk der eingangs genannten Art bereitzustellen, dessen Schwerpunkt in der Transportstellung in dem Bereich zwischen den Rädern des Schleppers angeordnet ist, mit dem auch solche Mähbalken kombiniert werden können, die für eine größere Arbeitsbreite als 3 m konzipiert sind, bei denen die zulässige Transportbreite von 3 m nicht überschritten wird und bei denen in der Transportstellung auch eine geringe Transporthöhe von unter 4 m, vorzugsweise unter 3 m, eingehalten wird (vgl. Sp. 3, Z. 3 bis 12). Der erteilte Patentanspruch 1 (Hauptantrag) schlägt demgemäß ein an einem Schlepper ansetzbares Heckmähwerk mit den folgenden Merkmalen vor: 1. Einem Tragrahmen (6), 1.1 An dem Tragrahmen ist ein um eine etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (10) schwenkbarer Schwenkarm (9) angeordnet. 2. Einem sich im Wesentlichen quer zur Fahrtrichtung erstreckenden Mähaggregat (12), 2.1 Auf dem Mähaggregat sind angetriebene Mähorgane (16) nebeneinander angeordnet. 2.2 Das Mähaggregat ist um eine weitere etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (11) an dem Schwenkarm (9) schwenkbar. 2.3 Zwischen dem Tragrahmen (6) und dem Mähaggregat (12) ist ein hydraulisch betätigbarer Hauptzylinder (22) zum Verschwenken des Mähaggregates (12) in einer etwa vertikalen und etwa senkrecht zur Fahrtrichtung sich erstreckenden Ebene vorgesehen. 2.3.1 Das Mähaggregat (12) ist aus der Arbeitsstellung in eine Transportstellung um etwa 120º bis 150º verschwenkbar. 2.3.2 Der Schwerpunkt (21) des Mähaggregates (12) liegt in der Transportstellung in einem Bereich zwischen den Rädern (3) des Schleppers (1) und nahe an der Längsachse (4) durch den Schwerpunkt des Schleppers (1). Die Merkmale 1 und 1.1 beschreiben zunächst die Tragkonstruktion, mit der das Mähwerk (5) am Heck eines Schlepper (1) ansetzbar ist, nämlich einen Tragrahmen (6) (Merkmal 1), der der Verbindung mit einer Dreipunktaufhängung eines Schleppers dient, und einem Schwenkarm (9), der an dem Tragrahmen um eine etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (10) schwenkbar angeordnet ist. Dadurch ist der Schwenkarm (9) in einer vertikalen Ebene, die senkrecht zu der Achse und damit auch senkrecht zu der Längsachse (4) des Schleppers ist, angeordnet, wobei die Schwenkbarkeit gemäß Streitpatentschrift auf einen relativ kleinen Winkel beschränkt sei (Sp. 6, Z. 44 - 51). Die Merkmalsgruppe 2 befasst sich mit dem Mähaggregat (12), das ebenfalls mit dem Schwenkarm (9) verbunden ist und auf dem angetriebene Mähorgane (16) nebeneinander angeordnet sind (Merkmale 2 und 2.1). Als Mähorgane können gemäß Streitpatentschrift insbesondere Mähteller, aber auch Mähtrommeln dienen (Sp. 1, Z. 19 - 22), wobei zu dem Mähaggregat (12) nicht nur die Mähorgane (16) (vgl. Merkmal 2.1), sondern auch ein rahmenartiges Teil (13), ein Mähbalken (14), an dem die Mähorgane (16) angeordnet sind, ein Übersetzungsgetriebe (15) sowie ansonsten noch ein Schwadblech (17) und Verkleidungen (18) gehören können (Sp. 6, Z. 56 - 64). Die Merkmale 2.2 und 2.3 kennzeichnen die Voraussetzungen zur Vorbereitung des Mähwerks für den Straßentransport, indem sie für das Mähaggregat (12) eine schwenkbare Anordnung an dem Schwenkarm (9) und zwar um eine weitere etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (11) beschreiben und außerdem die Anordnung eines hydraulisch betätigbaren Hauptzylinders (22) zwischen dem Tragrahmen (6) und dem Mähaggregat (12) zum Verschwenken des Mähaggregates (12) in einer etwa vertikalen und etwa senkrecht zur Fahrtrichtung sich erstreckenden Ebene angeben, um das Mähaggregat aus der Arbeitsstellung in eine Transportstellung verbringen zu können - gemäß dem Pfeil (19) in Figur 1 in eine Richtung nach oben. Die weitere Achse (11) befindet sich nach den Ausführungen der Streitpatentschrift an dem anderen auskragenden Ende des Schwenkarms (9) und bildet hierdurch ein Gelenk für die Anlenkung des Mähaggregates (Sp. 6, Z. 51 - 56; Fig. 1). Demnach sind die beiden Bauteile Tragrahmen (Merkmal 1.) und Mähaggregat (Merkmal 2.) über den Schwenkarm (9) gelenkig miteinander verbunden und zwar in der Weise, dass der Tragrahmen (6) um eine etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (10) und das Mähaggregat (12) um eine weitere etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (11) an dem Schwenkarm schwenkbar angeordnet sind (Merkmale 1.1 und 2.2). Wichtig sei es auch gemäß Streitpatentschrift, dass das Mähaggregat (12) über seinen Rahmenteil (13) (vgl. Fig. 1) um die Achse (11) in einer vertikalen Ebene senkrecht zur Längsachse des Schleppers an dem Schwenkarm (9) verschwenkbar ist (Sp. 6, Z. 64 - 68; Fig. 1). Durch den Hauptzylinder schließlich seien der Tragarm, der Schwenkarm und ein Teil des Mähaggregats in einem Gelenkviereck zueinander angeordnet und verbunden (Sp. 4, Z. 12 - 14). Die Verschwenkung des die Breite und Höhe des Schleppers überragenden Mähaggregates aus der Arbeitsstellung in eine Transportstellung um etwa einen Winkel von 120º bis 150º ist in Merkmal 2.3.1 näher beschrieben. Durch eine derartige Verschwenkung des Mähaggregates von der Arbeitsstellung in die Transportstellung um einen Verschwenkwinkel, der wesentlich größer ist als ein Verschwenkwinkel von 90º, soll erreicht werden, dass sich das Mähaggregat nicht in einer seitlich vertikal hochgeklappten Stellung neben dem Schlepper, sondern in einer schrägen bzw. diagonal hochgeklappten Stellung hinter dem Heck des Schleppers befindet. Durch eine Verschwenkung in dem Winkelbereich von 120º bis 150º soll sichergestellt werden, dass das eingeschwenkte Mähaggregat in Transportstellung trotz der zusätzlichen Arbeitsbreite von über 3 Metern nicht die zulässige Transportbreite von 3 Metern für den Straßenverkehr überschreitet. Das Mähaggregat soll auch bei einer Arbeitsbreite von 4 Metern die zulässige Transportbreite für den Straßenverkehr nicht überschreiten, weil die Verschwenkung des Mähaggregates um eine horizontale Achse (11) des Schwenkarms in einem Winkelbereich von 120º bis 150º zu einer schrägen Transportlage führt, bei der die tatsächliche Arbeitsbreite des Mähaggregates weder in der Breite noch in der Höhe zum Tragen kommt. Zudem wird der Schwerpunkt (21) des Mähaggregates (12) durch die Verschwenkung um einen Winkelbereich von 120º bis 150º von seitlich der Räder des Schleppers in einen Bereich zwischen den Rädern verlegt, denn gegenüber einer senkrechten Transportstellung von 90º wird das Mähaggregat um 30º - 60º mehr zur Mitte des Schleppers hin eingeschwenkt. Der Bereich, wo der Schwerpunkt (21) des Mähaggregates (12) zwischen den Rädern liegen soll, ist in Merkmal 2.3.2 näher beschrieben. Durch eine derartige Festlegung des Schwerpunkts (21) des Mähaggregates (12) nahe an der Längsachse (4) durch den Schwerpunkt des Schleppers (1) wird sichergestellt, dass es im Straßenverkehr durch das Gewicht des Mähwerks zu keinem Moment um die Längsachse des Schleppers und folglich gegenüber dem Stand der Technik mit seitlicher Hochstellung des Mähaggregates in einem Winkel von 90º zu keiner Roll- und/oder Gierbewegung und damit negativen Beeinflussung der Fahrbewegungen des Schleppers kommen kann (Sp. 1, Z. 38 - 46). Die Streitpatentschrift führt zu dieser schrägen Mähaggregatanordnung noch aus, dass sich das Mähwerk dadurch für große Arbeitsbreiten von 3 m und darüber problemlos konzipieren lasse, da sich relativ niedrige Transportbreiten - auch unter 3 m - ergäben und zudem die Transporthöhe gering gehalten werden könne (Sp. 3, Z. 43 - 49). Es ergebe sich kein Mehraufwand für die Drehlager und der ohnehin erforderliche Hauptzylinder werde nun zusätzlich in einem 90º überschreitenden Verschwenkbereich genutzt, so dass der Hauptzylinder allenfalls einen etwas größeren Hub bekommen müsse (Sp. 3, Z. 50 - 55). Der als einfach wirkende Zugzylindereinheit ausgebildete Hauptzylinder (22) ist gemäß dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 und 2 der Streitpatentschrift zwischen der Tragsäule (8) des Tragrahmens (6) und dem rahmenartigen Teil (13) des Mähaggregates (12) gelenkig angelenkt und hydraulisch über ein Schaltventil aus der Fahrerkabine des Schleppers schaltbar (Sp. 7, Z. 35 - 41). Etwa parallel zu dem Hauptzylinder (22) könne auch eine Gewichtsentlastung in Form einer oder mehreren Federn vorgesehen sein oder zusätzlich zu dem Hauptzylinder (22) ein Hilfszylinder (24) (Sp. 7, Z. 41 - 54). Zur Fixierung der Transportstellung als Endstellung könnten zudem Anschläge (33, 34) am Schwenkarm (9) und am Rahmenteil (13) des Mähaggregats vorgesehen sein, wie die Streitpatentschrift in Spalte 8, Zeilen 57 - 63, erläutert, woraus sich eine feste Fixierung des Mähaggregates in einer bestimmten Transportstellung und demnach bestimmten Winkel ergebe. 1.2 Es kann dahingestellt bleiben, ob das zweifellos gewerblich anwendbare Heckmähwerk nach dem erteilten Patentanspruch 1 neu ist, da es dem Fachmann, einem Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus oder der Landtechnik mit zumindest Fachhochschulausbildung und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Landtechnik, insbesondere der Entwicklung und Konstruktion von Mähmaschinen, durch den aufgezeigten Stand der Technik nahe gelegt ist und daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Aus der in der Streitpatentschrift zum Stand der Technik genannten Druckschrift EP 0 337 909 B1 (A22) ist ein an einem Schlepper ansetzbares Heckmähwerk mit einem in eine vertikale Transportstellung verschwenkbaren Mähaggregat beschrieben (vgl. Streitpatentschrift Sp. 1, Z. 67 - Sp. 2, Z. 18). Bei diesem Heckmähwerk ist zum Ansetzen bzw. Aufhängen des Mähwerks an den Schlepper (7) ein Tragrahmen (8) vorgesehen, an dem ein um eine etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (10) schwenkbarer Schwenkarm (9) angeordnet ist, so dass die Merkmale 1. und 1.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents gemäß Merkmalsgliederung nach Punkt 1.1 in der Druckschrift beschrieben sind (A22, Sp. 4, Z. 50 - Sp. 5, Z. 3; Fig. 1). An dem Schwenkarm (9) ist außerdem ein um eine weitere etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (5) sich im Wesentlichen quer zur Fahrtrichtung erstreckendes Mähaggregat (1) schwenkbar angeordnet, auf dem angetriebene Mähorgane (2 bzw. 19) nebeneinander angeordnet sind, wobei zwischen dem Tragrahmen (8) und dem Mähaggregat (1) ein hydraulisch betätigbarer Hubzylinder (27) zum Verschwenken des Mähaggregates (1) in einer etwa vertikalen und etwa senkrecht zur Fahrtrichtung sich erstreckenden Ebene vorgesehen ist, so dass bei dem Heckmähwerk nach der Druckschrift A22 die Merkmale 2., 2.1, 2.2 und 2.3 des Anspruchs 1 des Streitpatents ebenfalls ersichtlich sind (Sp. 4, Z. 44 - 49; Sp. 6, Z. 31 - 33; Fig. 1), wie auch von der Patentinhaberin nicht bestritten worden ist. Als Transportstellung ist bei dem Heckmähwerk nach der Druckschrift A22 eine vertikale Position (position vertical) des Mähaggregats (1) vorgesehen (Sp. 11, Z. 29 - 39), so dass dieses Mähaggregat (1) aus der Arbeitsstellung in eine Transportstellung um etwa 90º verschwenkbar ist. Demnach verbleibt das Mähaggregat auch während des Transports in einer Stellung seitlich zum Schlepper und außerhalb der Räder des Schleppers (7), wie insbesondere aus der Figur 5 ersichtlich ist. Dadurch aber verbleibt der Schwerpunkt des Mähaggregats (1) mit dem Mähbalken, den Mähorganen und den weiteren Elementen des Mähaggregates auch in der Transportstellung in einem Bereich seitlich des Schleppers außerhalb der Räder des Schleppers (7). Demzufolge ist bei dem Heckmähwerk nach der Druckschrift A22 weder eine Verschwenkung des Mähaggregats aus der Arbeitsstellung in eine Transportstellung um etwa 120º bis 150º noch eine Verlagerung des Schwerpunkts des Mähaggregates in der Transportstellung in einen Bereich zwischen den Rädern des Schleppers und nahe an der Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers vorgesehen, so dass sich der Gegenstand des Streitpatents in den Merkmalen 2.3.1 und 2.3.2 von dem in der Druckschrift A22 vorgestellten Heckmähwerk unterscheidet, wie auch von den Einsprechenden 1 und 2 nicht bestritten worden ist. Bei dem vorbekannten Heckmähwerk ist für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich, dass die vertikale Transportstellung des Mähaggregats bei zunehmenden Arbeitsbreiten von Mähaggregaten mehrere Nachteile hat, wenn die Arbeitsbreiten der Mähaggregate zunehmen. Zum einen können dann niedrige Toreinfahrten nicht mehr durchfahren werden und bei Arbeitsbreiten von mehr als 4 Metern wird sogar die maximal zulässige Transporthöhe von 4 m überschritten. Zum anderen aber macht sich bei zunehmenden Arbeitsbreiten auch die seitliche Schwerpunktslage des Mähaggregats neben dem Schlepper immer mehr bemerkbar, weil dadurch der Schwerpunkt des Mähaggregates mit großem Abstand zur Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers liegt und ein Kippmoment auf diesen ausübt, so dass es bei zunehmenden Arbeitsbreiten während der Straßenfahrt leicht zu Roll- und Gierbewegungen des Schleppers kommen kann. Daher lag es für den Fachmann nahe, vor dem Hintergrund der Forderung nach zunehmenden Arbeitsbreiten, nach Verbesserungen hinsichtlich des Transports der Mähaggregate zu suchen, insbesondere nach einer geringeren Transporthöhe und zugleich einer günstigeren Schwerpunktslage des Mähaggregats näher am Schwerpunkt des Schleppers, um ein stabileres Fahrverhalten des Schleppers zu erhalten. Da dabei aber weder die zulässige Transportbreite von 3 m noch die zulässige Transporthöhe von 4 Metern überschritten werden soll, lag es für den Fachmann nahe, bei seiner Suche nach Verbesserungen auch diese Grenzmaße zu berücksichtigen (vgl. Aufgabe des Streitpatents, Sp. 3, Z. 3 - 12). Deshalb hatte der Fachmann Veranlassung, bei seiner Suche nach Lösungen für einen sicheren Straßentransport von Mähwerken auch die bereits im Jahr 1967 veröffentlichte einschlägige US 33 23 294 (A20) in Betracht zu ziehen, die bereits ein Heckmähwerk beschreibt, bei dem die vertikale Transportstellung des Mähaggregats vermieden ist. Die US-Druckschrift A20 zeigt ein grundsätzlich ähnlich wie im Streitpatent aufgebautes Heckmähwerk mit einem Tragrahmen (frame 10) (Merkmal 1), einem daran um eine etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (horizontal pivot member 14) schwenkbaren Schwenkarm (drag bar 12) (Merkmal 1.1) sowie einem sich quer zur Fahrtrichtung erstreckenden Mähaggregat (cutter bar 15) (Merkmal 2), auf dem angetriebene Mähorgane nebeneinander angeordnet sind (Merkmal 2.1). Das Mähaggregat ist bei diesem Heckmähwerk ebenfalls um eine weitere etwa horizontal in Fahrtrichtung liegende Achse (horizontal pivot member 18) an dem Schwenkarm (12) schwenkbar angeordnet (Merkmal 2.2), um es aus einer seitlich sich erstreckenden horizontalen Arbeitsposition in eine nach oben einwärts geneigte Transportstellung zu verschwenken, wie in Spalte 2, Zeilen 1 - 22, beschrieben ist (Fig. 1). Nicht vorgesehen ist dort jedoch ein hydraulisch betätigbarer Hauptzylinder nach dem Merkmal 2.3 des Anspruchs 1 des Streitpatents, da dort die Verschwenkung manuell erfolgt, wie sich aus den in der Beschreibung, Spalte 3, Zeilen 6 ff., der US-Druckschrift A20 genannten Textstellen ergibt, wonach zum Transport des Mähwerks von einem Feld zu einem anderen Feld das Mähaggregat (15) per Hand (manually) im Gegenuhrzeigersinn um die Drehachse (pivot member 18) in eine „over-center“ Transportposition verschwenkt wird, wie an den mit durchgehenden Linien gezeichneten Mähbalken in der Figur 1 ersichtlich ist. In dieser Transportposition stützt sich der Mähbalken an einen an dem Schwenkarm (12) befestigten Halterungspfosten (gag post 22) ab und ist dort mittels eines J-förmigen Halterungsteil (40) gesichert (Sp. 3, Z. 22 - 29; Fig. 1 u. 2), damit verhindert werden kann, dass der Mähbalken (15) während des Transports wieder in die Arbeitsposition zurückschwenkt (vgl. Sp. 3, Z. 55 - 62). Demnach zielt die US-Druckschrift A20 wie die Streitpatentschrift darauf ab, eine stabile Transportposition für den Mähbalken durch eine Verschwenkung des Mähbalkens in eine aufwärts und einwärts geneigte Stellung zu schaffen, so wie sie in der Figur gezeigt ist (Sp. 2, Z. 20 -  22). Demnach lässt die US-Druckschrift A20 eine Weiterverschwenkung des Mähaggregats über die Senkrechte hinaus, d. h. über einen Verschwenkwinkel von 90º hinaus, als Transportstellung bei einem Heckmähwerk erkennen. Wie aus der Figur 1 ersichtlich ist, wird durch diese Weiterverschwenkung das Mähaggregat in eine diagonale Lage hinter dem Schlepper verbracht, so dass die tatsächliche Arbeitsbreite beim Transport des Mähaggregats weder in der Höhe noch in der Breite zum Tragen kommt und folglich die Transporthöhe wesentlich geringer ist als in der vertikalen Stellung. Durch die Weiterverschwenkung des Mähaggregats über die Senkrechte hinaus ist für den Fachmann auch ersichtlich, dass sich dabei der Schwerpunkt des Mähaggregats zwangsläufig in Richtung der Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers in einen Bereich verschiebt, der zwischen den Rädern des Schleppers liegt. Daher vermag die US-Druckschrift A20 dem Fachmann entgegen dem schriftsätzlichen Einwand der Pateninhaberin bereits das Lösungsprinzip des Streitpatents aufzuzeigen, auch wenn die Figur 1 dieser Druckschrift nur einen relativ kurzen Mähbalken zeigt, dessen Schwerpunkt durch den relativ schweren Triebkopf in der Nähe der Niederführung des Antriebs liegt. Eine Weiterverschwenkung des Mähaggregats über die Senkrechte hinaus führt nämlich auf jeden Fall zu einer Reduzierung der Transporthöhe und einer Verschiebung des Schwerpunkts in Richtung Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers, unabhängig von der Breite des Mähaggregats. Daher bot sich für den Fachmann diese Weiterverschwenkung des Mähaggregates als Lösung an, wenn er bei Heckmähwerken nach Möglichkeiten zur Reduzierung der Transporthöhe und einer stabileren Schwerpunktslage des Mähaggregates am Schlepper beim Straßentransport des Heckmähwerks suchte (vgl. Aufgabe des Streitpatents, Sp. 3, Z. 3 - 12). Die Anwendung dieser aus der US-Druckschrift A20 bekannten Maßnahme bei dem Heckmähwerk aus dem Stand der Technik nach der Druckschrift A22 bot sich für den Fachmann vor allem dann an, wenn eine vertikale Transportstellung gar nicht mehr möglich war. Von der Verwirklichung einer solchen Weiterverschwenkung bei der Druckschrift A22 konnte ihn auch die erforderliche Anpassung des Heckmähwerks, insbesondere des dort mittels eines Hauptzylinders hydraulisch betätigten Verschwenkmechanismus, nicht abhalten. Zum einen ist nicht erkennbar, dass in einer solchen konstruktiven Anpassung für den Fachmann unüberwindbare technische Schwierigkeiten bestanden hätten, die ihn an einer solchen Anpassung gehindert hätten, und zum anderen führt bereits die Streitpatentschrift selbst aus, dass sich bei einer Weiterverschwenkung in den patentgemäßen Bereich kein Mehraufwand für die Drehlager ergebe und der ohnehin erforderliche Hauptzylinder nun zusätzlich in einem 90º überschreitenden Verschwenkbereich genutzt werde, so dass der Hauptzylinder allenfalls einen etwas größeren Hub bekommen müsse (Streitpatentschrift, Sp. 3, Z. 50 - 55). Aber auch den notwendigen Verschwenkbereich für breitere Mähaggregate konnte der Fachmann selbst auffinden, da mit dem Heckmähwerk auch solche Mähbalken transportiert werden sollen, die nach Aufgabe des Streitpatents für eine größere Arbeitsbreite von mehr als 3 Metern konzipiert sind, bei denen die zulässige Transportbreite von 3 Metern nicht überschritten und eine geringe Transporthöhe von unter 4 Metern eingehalten werden soll (vgl. Aufgabe des Streitpatents Sp. 3, Z. 8 - 12). Daraus ergibt sich für die Verschwenkung des Mähaggregats aus der Arbeitsstellung in die Transportstellung zwangsläufig je nach Arbeitsbreite ein bestimmter Winkelbereich, in dem das Mähaggregat verschwenkbar ist, um diese Randbedingungen zu erfüllen und demnach ein Verschwenkbereich im Sinne der Merkmalsgruppe 2.3.1 des Anspruchs 1 des Streitpatents. Der Verschwenkbereich ist in der US-Druckschrift A20 zwar nicht näher beschrieben, jedoch sieht diese in der Figur 1 bereits einen Verschwenkwinkel von 135º vor, der in der Mitte des vorgesehenen Verschwenkbereichs von 120º bis 150º liegt. Daher war es dem Fachmann aufgrund fachlicher Überlegungen ohne weiteres möglich, einen solchen Winkelbereich auszuwählen, mittels dem eine Anpassung des Verschwenkwinkels an unterschiedliche Arbeitsbreiten des Mähaggregates von über 3 Metern vorgenommen werden kann. Zudem ist für den Fachmann aus der US-Druckschrift A20, insbesondere der Figur 1, ersichtlich, dass sich der Schwerpunkt des Mähaggregates bei einer solchen Weiterverschwenkung von seitlich neben den Rädern des Schleppers in einen Bereich zwischen den Rädern verschiebt, denn gegenüber einer senkrechten Transportstellung von 90º ist das Mähaggregat dort um ca. 45º mehr zur Mitte des Schleppers hin eingeschwenkt. Schließlich führt ihn sein insbesondere angesichts zunehmend höheren Straßengeschwindigkeiten ständiges Bestreben, die Fahreigenschaften eines Schleppers zu verbessern, zwangsläufig zu dem Merkmal 2.3.2 und letzten Merkmal des Anspruchs 1 insgesamt, denn zur Vermeidung von Roll- und/oder Gierbewegungen des Schleppers (Streitpatentschrift Sp. 1, Z. 38 - 46), legt er den Schwerpunkt des Mähaggregates nahe an die Längsachse des Schleppers durch dessen Schwerpunkt, um Kippmomente an dieser Stelle zu vermeiden. Erkennbare konstruktive Hindernisse gegen eine solche Schwerpunktsverlagerung bestanden ebenfalls nicht. Diese Schwerpunktslage nahe an der Längsachse durch den Schwerpunkt des Schleppers aber führt den Fachmann beim Transport von Mähbalken von mehr als 3 Metern unter den gestellten Rahmenbedingungen einer zulässigen Transportbreite von 3 Metern und einer Transporthöhe von unter 4 Metern zwangsläufig in den beanspruchten Verschwenkbereich von 120º bis 150º (Merkmal 2.3.1 des Anspruchs 1). Damit erschließt sich dem Fachmann die Lehre nach Anspruch 1 des Streitpatents in naheliegender Weise aus einer zusammenschauenden Betrachtung der Druckschriften A22 und A20, nämlich der Anwendung des aus der US-Druckschrift A20 bekannten Prinzips der Weiterverschwenkung des Mähaggregats bei einem gattungsgemäßen Heckmähwerk nach der Druckschrift A22 in Verbindung mit naheliegenden und sich zwangsläufig bei zunehmenden Arbeitsbreiten von Mähaggregaten ergebenden fachlichen Überlegungen. Hierfür war keine erfinderische Tätigkeit erforderlich. Der Anspruch 1 nach Hauptantrag hat somit wegen fehlender Patentfähigkeit seines Gegenstandes keinen Bestand. Die untergeordneten Patentansprüche 2 bis 10 fallen im Rahmen der Antragsbindung des Hauptantrags mit diesem Hauptanspruch. Somit konnte das Streitpatent im Umfang der erteilten Patentansprüche gemäß Hauptantrag keinen Bestand haben. 2. Den Hilfsanträgen 1 und 2 fehlt die erforderliche Bestimmtheit und sind daher unwirksam. 2.1 Gemäß dem Hilfsantrag 1 beantragt die Patentinhaberin hilfsweise, das Streitpatent beschränkt im Umfang aller schutzfähigen Patentansprüche aufrecht zu erhalten, wobei die abhängigen Ansprüche dabei zu nebengeordneten Ansprüchen werden (vgl. Nichtigkeitsverfahren). Die Patentinhaberin stellt demnach einen Antrag, der sich nicht auf eine konkret ausformulierte Anspruchsfassung als möglichen Schutzumfang für das Streitpatent richtet, sondern auf den Umfang aller schutzfähigen Patentansprüche als Schutzumfang richtet. Gemäß dem Hilfsantrag 1 ist weiterhin vorgesehen, dass die abhängigen Ansprüche dabei zu nebengeordneten Ansprüchen werden. Durch diese Verfahrenserklärung enthält der Hilfsantrag eine Fülle von Kombinationsmöglichkeiten, die aus den mehrfachen Rückbezügen der Unteransprüche resultieren, so dass eine Vielzahl an nebengeordneten eigenständigen Ansprüchen möglich sind, wie beispielhaft an den Ansprüchen 4 und 10 ersichtlich ist. Eine solche Verfahrenserklärung ist unbestimmt, da sie nicht erkennen lässt, welchen Gegenstand, d. h. im vorliegenden Fall welche konkrete Ausgestaltung eines Heckmähwerks, die Beschwerdeführerin als Antragstellerin und Patentinhaberin konkret unter Schutz gestellt haben will (Schulte 8. Auflage, Einl. Rdn. 57). Sie macht vielmehr den Inhalt des Hilfsantrags von der Bedingung abhängig, dass die Ansprüche schutzfähig sind. Dadurch aber überlässt sie es dem Senat, die Schutzfähigkeit „aller Ansprüche“ zu prüfen (wobei unklar ist, welche Ansprüche mit dem Ausdruck „alle Ansprüche“ angesprochen sind), und von den sich daraus ergebenden schutzfähigen Ansprüchen einen Patentgegenstand mit allen Merkmalen dieser schutzfähigen Ansprüche auszuwählen und zu formulieren. Bei der Vielzahl an Merkmalen spricht jedoch aus Gründen der Verfahrensökonomie vieles dafür, dass es allein Sache der Patentinhaberin ist, den erteilten Anspruch 1 in einer vor ihr konkret formulierten eingeschränkten Fassung zu verteidigen, wenn sie den Widerruf des Streitpatents vermeiden will. Es besteht in einer derartigen Situation nämlich grundsätzlich kein Anlass für den Senat, von Amts wegen in eine nähere Prüfung darüber einzutreten, ob in der Fülle der möglichen Anspruchskombinationen eine Lehre enthalten ist, mit der das Patent Bestand haben könnte (BGH X ZR 131/02 v. 12.12.2006 Schussfädentransport ). Der Mangel der Unbestimmtheit des Hilfsantrags 1 konnte aufgrund der allgemeinen Formulierung und der Fülle von Kombinationsmöglichkeiten aber auch nicht durch Auslegung beseitigt werden. Damit ist der Hilfsantrag 1 unwirksam, da ihm die erforderliche Bestimmtheit fehlt (Schulte 8. Auflage, Einl. Rdn. 57). Da die Patentinhaberin - wie angekündigt - nicht zu der mündlichen Verhandlung erschienen ist, hat sie sich zudem der Gelegenheit des Erhalts eines Hinweises vom Senat auf die mangelhafte unbestimmte Antragslage und der Möglichkeit der Vorlage eines entsprechend eingeschränkten Hilfsantrags entzogen. 2.2 Gemäß dem weiteren Hilfsantrag 2 beantragt die Patentinhaberin höchsthilfsweise, das Streitpatent beschränkt im Umfang der Kombination der Merkmale des Patentanspruchs 1 und des ersten schutzfähigen abhängigen Patentanspruchs aufrecht zu erhalten, wobei die anderen abhängigen Patentansprüche unter entsprechender Umnummerierung als abhängige Patentansprüche beibehalten werden sollen. Demnach enthält auch der Hilfsantrag 2 eine unbestimmte Verfahrenserklärung, da er an die Bedingung des ersten schutzfähigen abhängigen Patentanspruchs geknüpft ist, der schutzfähig ist, diesen aber nicht konkret bezeichnet hat, so dass unklar ist, mit welchem abhängigen Anspruch der Patentinhaber den erteilten Patentanspruch 1 kombiniert haben möchte. Damit aber ist auch der Inhalt der Verfahrenserklärung nach Hilfsantrag 2 mehrdeutig, ein Mangel, der sich ebenfalls nicht durch Auslegung beheben lässt, da viele Kombinationsmöglichkeiten in den erteilten Unteransprüchen enthalten sind. Weil im Interesse der Rechtssicherheit jedoch nicht offen bleiben kann, was Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist oder werden soll, ist auch die Verfahrenserklärung nach dem Hilfsantrag 2 nicht wirksam (Schulte 8. Auflage, Einl. Rdn. 57). Da die Patentinhaberin nicht zu der mündlichen Verhandlung erschienen ist, konnte sie auch zu diesem unbestimmten Antrag nicht Stellung nehmen und einen bestimmten Antrag stellen. Der Hilfsantrag 2 ist daher ebenfalls unwirksam. Die Beschwerde der Patentinhaberin war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005914&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005915
BPatG
München
8. Senat
20100413
8 W (pat) 325/06
Beschluss
§ 59 Abs 1 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren - "Verfahren zur Sanierung von PVC Bauteilen, insbesondere Fenster- oder Türprofilen" – Einsprechende nicht explizit genannt - Identität anhand amtlich verfügbarer Unterlagen eindeutig bestimmbar – Einspruch stützt sich zur Substantiierung auf allgemeines Fachwissen – Durchführung eines expliziten Vergleichs der Merkmale eines erteilten Patentanspruchs mit diesem Fachwissen - Zulässigkeit des Einspruchs
In der Einspruchssache … gegen das Patent 101 41 852 hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Dehne, des Richters Dipl.-Ing. agr. Dr. Huber, der Richterin Kirschneck und des Richters k.A. Dipl.-Ing. Dr. Dorfschmidt beschlossen: Das Patent 101 41 852 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten: Ansprüche 1 und 2, sowie Beschreibung, Absätze 1 bis 17, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift.
I. Das Patent 101 41 852 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Sanierung von PVC Bauteilen, insbesondere Fenster- oder Türprofilen“ ist am 27. August 2001 unter Inanspruchnahme einer inneren Priorität 200 14 750.1 vom 25. August 2000 angemeldet worden. Die Patenterteilung ist am 1. Dezember 2005 veröffentlicht worden. Am 1. März 2006 hat die Firma S… GmbH in K…, Einspruch erhoben. Zur Stützung ihres Einspruchsvorbringens verweist sie dabei zunächst auf folgende Druckschriften: D1: Internetausdruck zur Vorlesung „Verfahrenstechnik“, Prof. Häberlein (FH Frankfurt), von der Webseite www.fbc.fh-frankfurt.de/mhwww/KUT/Inhaltsverz_kut.htm, 2 Seiten D2: Protokoll bzw. Unterlagen zu einer am 29. Februar 2000 durchgeführten Reparatur D3: Protokoll bzw. Unterlagen zu einer am 4. April 2000 durchgeführten Reparatur D4: Protokoll bzw. Unterlagen zu einer am 9. Mai 2000 durchgeführten Reparatur D5: Rundschreiben des Patentinhabers an Versicherungen vom 30. Juni 2005 D6: Beschluss einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 26. Juli 2005 beantragt von der Einsprechenden. Die Einsprechende hat in ihrer Einspruchsbegründung mit Eingang am 1. März 2006 ausgeführt, dass die Gegenstände des Streitpatents nach den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 2 nicht patentfähig seien. Bereits aufgrund des allgemeinen Fachwissens sei der „Memory-Effekt“ bei PVC sowie die daraus ableitbare mögliche Rückverformung des Kunststoffes dem Durchschnittsfachmann bekannt gewesen, so dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 2 nicht mehr neu sei. Darüber hinaus hat die Einsprechende Protokolle bzw. Unterlagen von entsprechend durchgeführten Reparaturen vorgelegt (D2 bis D4), die eine offenkundige Vorbenutzung dokumentieren würden. Hierzu werden Zeugenbeweise angeboten. Gegenüber dieser offenkundigen Vorbenutzung seien sowohl der Gegenstand des Patentanspruchs 2 als auch der des Patentanspruchs 1 nicht patentfähig. In der mündlichen Verhandlung hat die Einsprechende ein weiteres Dokument D7: Friedhelm Schneider, Albert Jaumann; „Reparatur von Tür- und Fensterprofilen aus Holz und Kunststoff nach Einbruchsschäden“, schadenprisma 4/94, Seiten 67 und 68, vorgelegt. Sie sieht demgegenüber zumindest den Gegenstand des Patentanspruchs 2 als nicht patentfähig an. Die Einsprechende beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Demgegenüber beantragt der Patentinhaber, den Einspruch als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise das angegriffene Patent im Umfang der in der mündlichen Verhandlung überreichten Ansprüche 1 und 2 sowie der Beschreibung Absätze 1 bis 17, überreicht in der mündlichen Verhandlung, und der Zeichnung, Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten. Der Patentinhaber ist dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten entgegengetreten und sieht den Einspruch bereits grundsätzlich als unzulässig an, da die Identität des Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist nicht endgültig geklärt gewesen sei. Hierzu hat er auf Schulte PatG, 8. Auflage, § 59 Randnummer 85 sowie auf eine Entscheidung des 21. Senates des Bundespatentgerichts (GRUR 2009, S. 609 - 612) verwiesen. Darüber hinaus sieht der Patentinhaber den Einspruch aus einem weiteren Grunde als unzulässig an, da dieser im Hinblick auf seine Begründung nicht ausreichend substantiiert sei. In sachlicher Hinsicht sieht der Patentinhaber den Beweis der offenkundigen Vorbenutzung als nicht erbracht an. Im Übrigen sei auch der Gegenstand des in der mündlichen Verhandlung neu vorgelegten und hilfsweise verteidigten Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik und dem Fachwissen sowohl neu als auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Der geltende Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag lautet: „Verfahren zur Sanierung von durch einen Gewaltbruch oder eine andere plastische Verformung beschädigten PVC Bauteilen, insbesondere Fenster- oder Türprofilen, bei denen eine Schadenstelle und ein aus dieser Schadenstelle stammendes Bruchstück vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Schadenstelle (A) und ihre Umgebung und das Bruchstück gleichmäßig auf eine Temperatur zwischen 80ºC und 150ºC 2 bis 3 Minuten lang erwärmt werden, wobei die Rückverformung des Kunststoffes stattfindet, und dass die Schadenstelle und das Bruchstück abgekühlt, und nach Abkühlung, vorzugsweise bei Raumtemperatur zusammengesetzt werden, und dass die Kontaktflächen von Bruchstück und Bereich „A“ zunächst angeraut und dann mit Kleber benetzt und die Teile zusammengesetzt werden, und dass die verbliebenen kleineren Spalte und die Klebstellenbereiche mit Epoxidharzmasse ausgespachtelt, geglättet und mit einem witterungsstabilen Lack überlackiert werden“. Aufgabe des vorliegenden Streitpatents ist es (Abs. [0004]), ein Verfahren zur Sanierung von PVC-Profilen anzugeben, dass es ermöglicht, bei kleineren Beschädigungen den vollständigen Austausch des Profils und das Ersetzen durch ein neues Bauteil zu umgehen. Hinsichtlich des Patentanspruchs 2 sowie weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen. Der Senat hat ferner noch die beiden Dokumente D8: Karlheinz Biederbick: „Kunststoffe - kurz und bündig“, 4. Auflage, 1977, Vogel-Verlag, Würzburg, Seiten 189 bis 191 D9: Gottfried W. Ehrenstein: „Polymer-Werkstoffe“, 1. Auflage 1978, Hanser, München, Wien, Seiten 22 und 23 in das Verfahren eingeführt. Im Prüfungsverfahren war noch das Dokument D10: DE 36 34 932 A1 herangezogen worden. II. Über den Einspruch, der nach dem 1. Januar 2002 und vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, hat der zuständige Technische Beschwerdesenat gemäß § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F. zu entscheiden, da die mit der Einlegung des Einspruchs begründete Entscheidungsbefugnis durch die spätere Aufhebung der Vorschrift nicht entfallen ist (vgl. BGH GRUR 2007, 859, 861, 862 und 863 - Informationsübermittlungsverfahren I und II; bestätigt durch BGH GRUR 2009, 184 f. - Ventilsteuerung). Der Einspruch ist form- und fristgerecht eingelegt sowie auch im Übrigen gemäß § 59 Abs. 1 PatG zulässig. In der Sache führt er insoweit zum Erfolg, als das angegriffene Patent beschränkt aufrecht erhalten wird (§ 61 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 147 Abs. 3 Nr. 1 PatG a. F.). 1. Der Zulässigkeit des Einspruchs steht dabei nicht entgegen, dass in der am letzten Tag der Einspruchsfrist eingegangenen Einspruchsschrift vom 1. März 2006 die Einsprechende nicht explizit genannt und darin nur allgemein formuliert ist, dass gegen das Deutsche Patent 101 41 852 … Einspruch eingelegt wird. Zwar muss die Identität des Einsprechenden feststehen, damit für das Amt bzw. das Gericht und den Gegner klar ist, wer Verfahrensbeteiligter ist. Hierfür braucht in dem Einspruch aber nicht notwendig Name und Anschrift des Einsprechenden angegeben zu sein, vielmehr genügt nach der Rechtsprechung, dass die Person des Einsprechenden aus den amtlich verfügbaren Unterlagen innerhalb der Einspruchsfrist eindeutig bestimmt werden kann (vgl. u. a. BGH GRUR 1988, 809 - Geschoß; GRUR 1990, 108 f. - Meßkopf, Schulte, PatG, 8. Aufl., § 59 Rdn. 85 m. w. N.). Dies ist hier in Bezug auf die Einsprechende S… GmbH in K…, der Fall. So gibt es in den innerhalb der Einspruchsfrist eingereichten Unterlagen neben mehreren indirekten Hinweisen auf die Person der Einsprechenden, insbesondere die Verbindung der angebotenen Zeugen der offenkundigen Vorbenutzung, Herrn M… und Herrn B…, zu der ausführenden Firma „S… GmbH“ (Seite 4 der Einspruchsbegründung, sowie die entsprechenden Reparaturaufträge D2 und D3), diesbezüglich einen klaren und eindeutigen Hinweis auf Seite 6, vorletzter Absatz, der Einspruchsschrift. Dort ist ausgeführt, dass „die Einsprechende … eine mittlerweile rechtskräftige … Einstweilige Verfügung vom 26.7.2005 erwirkt“ hat. In dem gleichzeitig mit der Einspruchsschrift als Anlage E6 (= D6) eingereichten Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 26.7.2005 über diese Einstweilige Verfügung ist im Rubrum die S… GmbH in D… Straße in K…, als Antragstellerin aufgeführt. Mithin bestehen, anders als in der vom Patentinhaber herangezogenen Entscheidung des 21. Senats des Bundespatentgerichts (GRUR 2009, 609) vorliegend keine Zweifel an der Identität der Einsprechenden, welche sich innerhalb der Einspruchsfrist eindeutig und zweifelsfrei feststellen ließ. 2. Der Einspruch ist ferner auf einen der in § 21 PatG genannten Gründen gestützt und es sind die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Einspruchsfrist ausreichend substantiiert angegeben (§ 59 Abs. 1 Satz 3 bis 5 PatG). Die Einsprechende nennt im Hinblick auf den druckschriftlichen Stand der Technik („schriftliche Beschreibung“ gemäß PatG § 3 Abs. 1) lediglich ein Dokument (D1), das zudem noch aus dem Internet als „Ausdruck … kürzlich angefertigt“ wurde (Einspruchsbegründung S. 2 Mitte). Die Einsprechende sieht dabei dieses Dokument nicht ausdrücklich als vorveröffentlicht an, sondern will mit diesem lediglich ausdrücken, dass der Inhalt des Verfahrens, speziell die Kenntnis der thermischen Zustandsbereiche der Kunststoffe aus einer Vorlesung „Verfahrenstechnik“ an einer Fachhochschule zum allgemeinen Kenntnisstand eines hier angesprochenen Fachmanns gehört. Im Schriftsatz der Einspruchsbegründung wird hierzu eine Merkmalsanalyse des erteilten Patentanspruchs 2 vorgenommen und ein expliziter Vergleich der dort aufgeführten Merkmale 2 bis 7 im Vergleich zum geltend gemachten allgemeinen Fachwissen durchgeführt (Seite 2 bis 4). Auch auf das Merkmal 1 (Verfahren zur Sanierung von durch einen Gewaltbruch oder eine andere plastische Verformung beschädigten PVC-Bauteilen) wird zu Beginn der Ausführungen (nach der Merkmalsanalyse) kurz eingegangen und zudem noch im Rahmen der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung („Reparaturen von PVC-Fenstern“, Beschreibung zu Anlage D3, Seite 4 Mitte) ausdrücklich behandelt. Somit sind alle Merkmale zumindest gegenüber einem unterstellten allgemeinen Fachwissen inhaltlich ausdrücklich behandelt. Darüber hinaus wird eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht. Diese wird mit drei Protokollen mit Datum vor dem Prioritätszeitpunkt hinsichtlich Reparaturen von Kunststofffenstern („KS-Fenster“) belegt. Zudem werden Zeugenbeweise durch vier Zeugen angeboten, die das jeweils angewandte Reparaturverfahren gemäß den Schritten nach Patentanspruch 2 belegen sollen. Damit ist der Einspruch hinsichtlich der Argumentation der fehlenden erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem fachmännischen Wissen eines hier angesprochenen Fachmanns in Verbindung mit der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung als zulässig anzusehen, denn er ist damit ausreichend substantiiert und mit Gründen versehen, zumindest hinsichtlich des Gegenstands des Patentanspruchs 2. Die substantiierte Begründung gegenüber nur einem unabhängigen Patentanspruch ist dabei ausreichend, wie der BGH in seiner Entscheidung Automatisches Fahrzeuggetriebe (GRUR 2003, 695) begründet hat. 3. Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag für den Fall des für zulässig erachteten Einspruchs lautet in gegliederter Form: 1.1 Verfahren zur Sanierung von durch einen Gewaltbruch oder eine andere plastische Verformung beschädigten PVC-Bauteilen, insbesondere Fenster- oder Türprofilen. 1.2 Bei den beschädigten PVC-Bauteilen sind eine Schadenstelle und ein aus dieser Schadenstelle stammendes Bruchstück vorhanden. 1.3 Die Schadenstelle (A) und ihre Umgebung und das Bruchstück werden gleichmäßig auf eine Temperatur zwischen 80ºC und 150ºC erwärmt. 1.4 Die Erwärmung dauert 2 bis 3 Minuten lang. 1.5 Dabei findet die Rückverformung des Kunststoffes statt. 1.6 Anschließend werden Schadenstelle und Bruchstück abgekühlt, vorzugsweise auf Raumtemperatur. 1.7 Die Kontaktflächen von Bruchstück und Bereich „A“ werden zunächst aufgeraut, die Kontaktflächen mit Kleber benetzt und die Teile zusammengesetzt. 1.8 Die verbliebenen kleineren Spalte und die Klebstellenbereiche werden mit Epoxidharzmasse ausgespachtelt, geglättet und mit einem witterungsstabilen Lack überlackiert. Beim vorliegenden Streitpatentgegenstand handelt es sich um ein Reparaturverfahren, bei dem ein geschädigtes, plastisch verformtes Bauteil, insbesondere ein Fenster- oder Türprofil, mit einem Bruchstück wieder repariert wird. Hierzu wird als Kern der Erfindung beansprucht, dass die Schadenstelle und das Bruchstück erwärmt werden, damit eine Rückverformung des plastisch verformten PVC-Materials stattfinden kann. Diese Rückverformungseigenschaft bei Kunststoffen wird auch als „Memory-Effekt“ (Rückerinnerungsvermögen) bezeichnet und rührt von der Verstreckung der Moleküle her, die aufgrund der plastischen Verformung dem Kunststoff aufgezwungen wurde. Durch Erwärmung in den thermoelastischen bzw. entropieelastischen Bereich „erinnern“ sich die amorphen (ungeordneten) oder teilkristallinen Molekülketten an ihre ursprüngliche Lage und nehmen somit zumindest teilweise, in Abhängigkeit vom Grad der Verstreckung, ihre Ausgangsgestalt wieder ein. Die Erwärmung des PVC-Bauteils im Bereich der Schadenstelle erfolgt dabei auf eine Temperatur zwischen 80 und 150ºC, dies über 2 bis 3 Minuten lang, so dass sich durch Rückverformung die ursprüngliche Form des Bauteils zumindest teilweise wieder einstellt (Merkmale 1.3 bis 1.5). Nach dem Abkühlen der Schadenstelle sowie des Bruchstücks, wobei hierunter wohl lediglich ein passives „abkühlen lassen“ zu verstehen ist (Merkmal 1.6), wird die Bruch- bzw. die Kontaktfläche des Bereichs „A“ des Bauteils sowie des abgebrochenen Bruchstücks aufgeraut, die Kontaktflächen mit Kleber benetzt und die Teile zusammengesetzt (Merkmal 1.7). Abschließend werden verbleibende Fehlstellen mit Epoxidharzmasse ausgespachtelt, geglättet und die Bearbeitungsstelle mit einem witterungsstabilen Lack überlackiert (Merkmal 1.8). 4. Die geltenden Patentansprüche 1 und 2 sind in den ursprünglichen und erteilten Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart und daher zulässig. Der geltende Gegenstand des Patentanspruchs 1 setzt sich aus den Merkmalen der ursprünglichen Patentansprüche 1, 3 und 5 zusammen. Die verallgemeinerte Beschreibung des Verklebens und das Beseitigen der Reparaturspuren wurde fallen gelassen, stattdessen wurden die Merkmale 1.7 und 1.8 aus der Beschreibung (Seite 3 der Beschreibung der ursprünglich eingereichten Unterlagen, unterster Absatz, Mitte) aufgenommen. Die ursprünglichen Patentansprüche 3 und 5 waren dabei auf den Patentanspruch 1 rückbezogen. Das im erteilten Patentanspruch 1 hinzugefügte Wort „andere“ (in „… oder eine andere plastische Verformung …“) erweitert den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber seiner ursprünglichen Fassung nicht. Gegenüber der erteilten Fassung ergeben sich die Merkmale 1.7 und 1.8 des Patentanspruchs 1 ebenfalls aus der Beschreibung, denn sie sind der Patentschrift in Absatz [0017] (Ende Seite 2, Anfang Seite 3) zu entnehmen. Das kennzeichnende Merkmal des abhängigen Patentanspruchs 2 entspricht dem des Patentanspruchs 4 der am Anmeldetag eingereichten Unterlagen und dem des Patentanspruchs 3 der erteilten Fassung. 5. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in der beschränkt verteidigten Fassung eine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes §§ 1 bis 5 dar. 5.1 Die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung des Gegenstands des Patentanspruchs 1 kann nicht als bewiesen angesehen werden. Zur Klärung der von der Einsprechenden behaupteten offenkundigen Benutzung vor dem Anmeldetag ist in der mündlichen Verhandlung am 13. April 2010 ein Beweisbeschluss ergangen (vgl. Protokoll vom 13. April 2010, Seite 2). Hierzu sind zwei der von der Einsprechenden angebotenen Zeugen vernommen worden, um die im Rahmen der Einspruchsbegründung vorgelegten, dokumentierten Fensterreparaturen (D2 bis D4) gegebenenfalls bezeugen und darüber hinaus auch Aussagen zu dem gegenüber dem erteilten Patentgegenstand geänderten Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 machen zu können. Als erster Zeuge hat Herr B… Ausführungen zu den von ihm durchgeführten Verfahren von Schadensreparaturen an Kunststofffenstern gemacht (Protokoll Seite 3 ff.), die er als Monteur seit 1999 bei Kunden ausgeführt hat. Der Zeuge erinnert sich konkret an eine entsprechende Reparatur am 4. Mai 2000 bei der er bei einem Herrn T… in Oberhausen ein Kunststofffenster an einer Küche zum Innenhof bearbeitet habe. Er habe die dort angebrachten Einbruchsspuren, die vermutlich von einem Schraubenzieher verursacht worden seien, zunächst einer Wärmebehandlung mittels Heißluftgebläse für eine Dauer von ca. zwei Minuten unterzogen. Nach der Wärmebehandlung sei dann die Schadensstelle mit einem Harz verfüllt und geschliffen sowie poliert worden. Er habe anschließend keine Lackschicht auf die Schadensstelle aufgetragen, dies sei jedoch von anderen Mitarbeitern möglicherweise gemacht worden. Im Hinblick auf eine entsprechende Fensterreparatur mit Bruchstücken äußerte der Zeuge, dass er sich nicht erinnere, eine derartige Reparatur selbst ausgeführt zu haben. Dem Wiedereinsetzen von Bruchstücken aus der Schadensstelle sei man reserviert gegenüber gestanden, da unter Umständen die erforderliche Qualität und Stabilität nicht habe garantiert werden können. Der Zeuge B… hat seine Aussagen in einer ruhigen und sachlichen Art gemacht. Zu Zweifeln an seiner Glaubwürdigkeit besteht nach Überzeugung des Senats kein Anlass, zumal Herr B… inzwischen nicht mehr bei der Firma S… GmbH beschäftigt und demnach unabhängig von der Einsprechenden ist. Auch die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen sind nicht in Zweifel zu ziehen, lediglich das Datum der Reparatur bei dem Kunden T… wurde mit 4. Mai 2000 angegeben, während im Reparaturprotokoll das Datum 9. Mai 2000 steht. Die Erinnerung an eine mit fast zehn Jahren derart weit zurückliegende, alltäglich durchgeführte Dienstleistung, kann im Übrigen ohne schriftlichen Datumsbezug (Bezug zu schriftlichen Unterlagen) bereits grundsätzlich nicht erwartet werden. Insofern kann als Zeitpunkt für die hier bezeugte Reparaturleistung das im Dokument D4 festgehaltene Datum gelten. Im Hinblick auf die Verarbeitung von Bruchstücken nach dem Verfahren gemäß Patentanspruch 1 konnte eine offenkundige Vorbenutzung nicht bewiesen werden. Das strittige Verfahren wurde durch den Zeugen selbst nie angewandt, grundsätzlich wurde im Unternehmen davon eher abgeraten und ein konkret geschildeter Reparaturauftrag konnte zudem durch den Zeugen Behnke nicht beschrieben werden. Als zweiter Zeuge ist Herr H… befragt worden, der seit 1990 bei der Firma S… GmbH als Abteilungsleiter für Aus- und Weiterbildung beschäftigt ist. Der Zeuge hat zur Sache ausgeführt (Protokoll Seite 6 ff.), wonach im Jahr 2000 ca. 30 bis 35 Mitarbeiter bundesweit im Unternehmen mit der Reparatur von Kunststofffenstern tätig gewesen seien. Diese Mitarbeiter seien angewiesen worden, bei den entsprechenden Schadensstellen eine Wärmebehandlung durchzuführen, wobei der Rückverformungseffekt des Kunststoffs ausgenutzt werden sollte. Die Temperatur habe dabei zwischen 80 und 150 Grad liegen sollen, die Dauer der Wärmebehandlung habe etwa zwei bis drei Minuten betragen. Auch seien Einbruchsschäden an Kunststofffenstern repariert worden, bei denen herausgebrochene Bruchstücke wieder eingesetzt worden seien. Die Bruchstücke seien, wenn erforderlich, ebenso einer Wärmebehandlung unterzogen worden. Anschließend seien die Klebstellen vorab durch Aufrauen vorbereitet und die Teile anschließend verklebt worden. Zum Abschluss der Arbeiten seien noch bestehende Unebenheiten mit einer Epoxidharzspachtelmasse verfüllt und anschließend geglättet worden. Auf Befragen des Patentinhabers hat der Zeuge H… erklärt, er sei zwar zum Teil bei Reparaturarbeiten anwesend gewesen, selbst habe er jedoch derartige Arbeiten nicht durchgeführt. Er könne sich an die Namen von zwei Monteuren erinnern, die mit Bruchstückreparaturen beauftragt worden seien, und zwar Herr J… und Herr L… An das Datum könne er sich nicht mehr genau erinnern, es liege aber ungefähr vor dem Jahr 2000 (Protokoll, Seite 8, Mitte). Ferner hat der Zeuge H… auf Befragen des Patentinhabers im Hinblick auf die letzte Seite des Dokuments D3 ausgeführt, dass in der dortigen Anlage zum Reparaturauftrag eine Checkliste dargestellt sei, in der unter Punkt 5 der Kunde darauf hingewiesen  worden sei, dass bei Rissen oder Brüchen im Tür- oder Fensterrahmen eine Reparatur aus statischen Gründen nicht empfohlen werde. Dieser Hinweis sei jedoch lediglich aus Gründen der Gewährleistung und/oder der Qualität in Bezug auf die Reparaturmaßnahme erfolgt. Die Zeugenaussage des Herrn H… reicht vorliegend für einen Beweis der Offenkundigkeit des Verfahrens nach dem geltenden Patentanspruch 1 gemäß den hierfür grundsätzlich gestellten Anforderungen nicht aus. Die zur eindeutigen Klärung der Vorbenutzung relevanten Fragen was, wann wo, wie, durch wen in öffentlicher Weise geschehen ist, sind in keinem einzigen konkreten Fall zusammenhängend nachgewiesen worden. Der Zeuge H… hat zwar zwei Monteure benannt, die diese Reparatur ausgeführt hätten. Doch der Verweis auf den Zeitpunkt der jeweils ausgeführten Reparatur (er könne sich nicht mehr genau daran erinnern, es liege aber ungefähr vor dem Jahr 2000) genügt der Anforderung nach dem Beweiskriterium „wann“ eindeutig nicht. Auch hat der Zeuge keinen konkreten Ort benannt, an dem eine Reparatur der benannten Monteure durchgeführt worden wäre. Da, wie der Zeuge H… ausgeführt hat, in der üblicherweise bei den Reparaturaufträgen verwendeten Checkliste dem Kunden grundsätzlich bei aufgetretenen Brüchen oder Rissen von einer Reparatur abgeraten wurde (letzte Seite des Dokuments D3, Punkt 5) und dieser Punkt vom Monteur in der Checkliste „abzuhaken“ war, bedarf es insbesondere im vorliegenden Fall eines eindeutig bewiesenen Sachverhalts, dass eine Reparatur entsprechend dem Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 auch wirklich durch die Einsprechende offenkundig vor dem gültigen Prioritätszeitpunkt 25. August 2000 stattgefunden hat. Dieser Beweis konnte vorliegend nicht erbracht werden. Auch der Zeuge H… hat während seiner Aussage einen ruhigen besonnenen Eindruck gemacht. Den vom Patentinhaber in der mündlichen Verhandlung geäußerten Bedenken, dass die Aussage des Zeugen in Teilen möglicherweise nicht der Wahrheit entspreche, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr sieht der Senat keinen Anhalt, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln, und hat ihn daher in der mündlichen Verhandlung trotz des entsprechenden Antrags des Patentinhabers auch unbeeidigt gelassen. Demnach kann zumindest das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 nicht als offenkundig vorbenutzt angesehen werden. 5.2 Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1, das ohne jeden Zweifel gewerblich anwendbar ist, ist auch gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik neu. Keine der genannten veröffentlichten Druckschriften zeigt ein Verfahren zum Sanieren bzw. Reparieren von durch einen Gewaltbruch oder eine andere plastische Verformung beschädigten PVC-Bauteilen, bei dem ein aus der Schadenstelle stammendes Bruchstück und die Schadenstelle selbst einer Temperaturbehandlung unterzogen werden, damit bei beiden eine Rückverformung des Kunststoffes stattfindet. Die Neuheit des Verfahrens des geltenden Patentanspruchs 1 wurde im Übrigen von der Einsprechenden gegenüber den druckschriftlichen Unterlagen nicht in Frage gestellt. 5.3 Das Verfahren nach dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Als nächstkommender druckschriftlicher Stand der Technik ist zweifellos die erst in der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden ins Verfahren eingeführte Druckschrift D7 (Friedhelm Schneider, Albert Jaumann: „Reparatur von Tür- und Fensterprofilen aus Holz und Kunststoff nach Einbruchschäden“, schadenprisma 4/94, Seiten 67 und 68) anzusehen, wobei der zunächst als Zeuge aufgebotene J… von der Einsprechenden Co-Autor ist. Dort ist die Reparatur von Tür- und Fensterprofilen aus Kunststoff beschrieben (Merkmal 1.1), wobei die Verfahrensparameter Temperatur und Zeit (Merkmale 1.3 und 1.4) nicht angesprochen sind. Ein aus dem PVC-Profil stammendes Bruchstück wird ebenfalls nicht adäquat mit einer Wärmebehandlung versehen und auch alle weiteren Verfahrensschritte umfassen nicht die Behandlung eines Bruchstückes. Eine Reparatur mit einem Bruchstück aus der Schadenstelle wird einem Fachmann, der hier als Kunststofftechniker angesehen wird, oder der als Fachmann für Fensterbau einen entsprechenden Kunststofftechniker heranzieht, durch die D7 nicht nahegelegt. Ihm wird im Gegenteil sogar davon abgeraten, denn hierzu heißt es auf Seite 68, linke Spalte: „Ist ein Profil jedoch gebrochen, empfehlen wir keine Reparatur in der hier beschriebenen Form.“ Insofern führt dieser Beschreibungsteil von der Lösung gemäß Streitpatent sogar weg. Die noch durch den Senat in das Verfahren eingeführten Dokumente D8 (Karlheinz Biederbick: „Kunststoffe - kurz und bündig“, 4. Auflage, 1977, Vogel-Verlag, Würzburg, Seiten 189 bis 191) und D9 (Gottfried W. Ehrenstein: „Polymer-Werkstoffe“, 1. Auflage 1978, Hanser, München, Wien, Seiten 22 und 23) beschreiben als grundlegende Fachbücher über Kunststoffe die kunststofftechnologischen Hintergründe der Thermorückfederung („Memory-Effekt“, D8) sowie den für die Thermorückfederung relevanten entropieelastischen Bereich bei PVC (D9). Sie dokumentieren lediglich das Fachwissen des hier angesprochenen Fachmannes, der als Kunststofftechniker diese Materialeigenschaften kennt. Hinweise und Anregungen für die Reparatur von PVC-Bauteilen, insbesondere mit ausgebrochenen Bruchstücken, sind diesen Fachbüchern nicht zu entnehmen. Alle weiteren Dokumente sind im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit des vorliegenden Erfindungsgegenstandes unerheblich. Die im Prüfungsverfahren herangezogene Druckschrift D10 (DE 36 34 932 A1) betriff eine völlig andere Art der Sanierung beschädigter oder blindgewordener PVC-Türen und liegt fern ab. Der entgegengehaltene druckschriftliche Stand der Technik konnte somit weder für sich genommen noch in Verbindung mit dem, was offenkundig vor dem Anmeldetag benutzt wurde, dem Fachmann das Verfahren nach Patentanspruch 1 nahelegen. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch zusätzliche einfache fachübliche Erwägungen auffindbar, sondern es waren darüber hinaus gehende Gedanken und Überlegungen notwendig, zu denen es einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist somit patentfähig. 6. Mit dem Hauptanspruch hat auch der abhängig formulierte Patentanspruch 2 Bestand, da er eine Ausgestaltung zum Inhalt hat, die über eine selbstverständliche Maßnahme hinaus geht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005915&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005920
BPatG
München
3. Senat
20100519
3 Ni 15/08 (EU)
Urteil
Art 56 EuPatÜbk, Art 138 Abs 1 Buchst a EuPatÜbk, Art II § 6 Abs 1 Nr 1 IntPatÜbkG
nachgehend BGH, 27. August 2013, Az: X ZR 83/10, Beschluss
DEU
Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Medikamente enthaltend Salmeterol und Fluticason (europäisches Patent) und ergänzendes Schutzzertifikat für das Arzneimittel Salmeterolxinafoat mit Fluticason-17-propionat" – zur Frage der Formulierung der Aufgabe und des Bestehens eines Vorurteils
In der Patentnichtigkeitssache … … betreffend das europäische Patent 0 416 951 (DE 690 05 951) und das ergänzende Schutzzertifikat DE 199 75 040 hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. Februar 2010 unter Mitwirkung des Richters Engels als Vorsitzenden, der Richterin Dr. Proksch-Ledig, des Richters Dr. Gerster sowie der Richterinnen Prietzel-Funk und Dr. Münzberg für Recht erkannt: 1. Das europäische Patent 0 416 951 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Das ergänzende Schutzzertifikat DE 199 75 040 wird für nichtig erklärt. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 7. September 1990 beim Europäischen Patentamt angemeldeten, die Priorität der britischen Patentanmeldungen 8920392 vom 8. September 1989 und 8923644 vom 20. Oktober 1989 in Anspruch nehmenden und mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 416 951 B1 (Streitpatent), dessen Erteilung am 12. Januar 1994 veröffentlicht worden ist und das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 690 05 951 T2 geführt wird. Das Streitpatent betrifft "Medikamente enthaltend Salmeterol und Fluticason" und umfasst in der in englischer Sprache erteilten Fassung 6 Patentansprüche, die folgendermaßen lauten: 1. Compositions containing salmeterol and/or a physiologically acceptable salt thereof and fluticasone propionate for simultaneous administration by inhalation in the treatment of respiratory disorders. 2. Compositions as claimed in claim 1 wherein salmeterol is present as its 1-hydroxy-2-naphthoate salt. 3. Compositions as claimed in claim 1 or claim 2 presented in the form of a metered dose inhaler or a metered dry powder composition. 4. Compositions as claimed in any of claims 1 to 3 in dosage unit form containing 25 - 100 µg salmeterol, optionally in the form of a physiologically acceptable salt thereof and 25 - 500 µg of fluticasone propionate per dosage unit. 5. The use of salmeterol and/or a physiologically acceptable salt thereof and fluticasone propionate in the manufacture of pharmaceutical compositions for simultaneous administration of salmeterol and fluticasone propionate by inhalation in the treatment of respiratory disorders. 6. The use of salmeterol and/or a physiologically acceptable salt thereof and fluticasone propionate according to claim 5 in the manufacture of pharmaceutical compositions for administration on a twice daily basis. Auf der Grundlage dieses Streitpatentes wurde der Beklagten vom Deutschen Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 13. Februar 2006 das ergänzende Schutzzertifikat DE 199 75 040 für das Arzneimittel Salmeterolxinafoat mit Fluticason-17-propionat mit einer Laufzeit vom 8. September 2010 bis zum 7. September 2013 erteilt. Mit den vorliegenden Klagen machen die Klägerinnen die Nichtigkeit des Streitpatentes gestützt auf den Klagegrund der fehlenden Patentfähigkeit wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit geltend. Die Klägerinnen zu 1) und zu 4) stützen ihre Klagen darüber hinaus auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Ausführbarkeit. Die Klägerinnen zu 1), zu 2) und zu 4) machen ferner die Nichtigkeit des Schutzzertifikates DE 199 75 040 wegen fehlender Patentfähigkeit des Streitpatentes geltend. Zur Begründung ihres Vorbringens stützen sich die Klägerinnen auf folgende Dokumente, die seitens des Senates fortlaufend neu nummeriert worden sind: D1 EP 0 416 951 B1 D3 DE 690 05 951 T2 D6 SCRIP No. 1436 Aug. 4 th 1989, Seiten 12 bis 14 D8 Barnes, P. J. in "Directions for new anti-asthma drugs" Hrgs. O’Donnell S. R., Persson C. G., 1988 Birkhäuser Verlag Basel, S. 293 bis 313 D9 SCRIP No 1411 May 12 th 1989, S. 6 und 7 D10 Bauer, K. et al., Euro. Res. J. 1988, 1 (Suppl 2): 201S D11 Ruffin, R. E. in "Mechanisms in Asthma: Pharmacology, Physiology, and Management", 1988 Alan R. Liss, Inc., S. 427 bis 435 D13 Martindale – The Extra Pharmacopoeia, 29. Aufl., 1989, "Beclomethason" D14 GB 2 088 877 A D20 ABPI Data Sheet Compendium 1988-89, Datapharm Publications Limited 12 Whitehall, London SW 1A 2DY, S. 52/53 - "VENTIDE® INHALER" D25 GB 2 140 800 A D27 Dal Negro, R.W. et. al., Clinical Trials J. 1983, 20, S. 366 bis 372 D39 gsk – GlaxoSmithKline-GalxoWellcome- cascan Datenblatt Viani® - Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels – November 2006 D40 SCRIP No. 1184 March 4th 1987 S. 8 bis 10 D46 Handbook of Pharmaceutical Excipients, 1986, S. 153 bis 162. Die Klägerinnen zu 1), zu 2) bis 4) beantragen sinngemäß, das europäische Patent EP 0 416 951 B mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Klägerinnen zu 1) und 2) beantragen außerdem, das deutsche ergänzende Schutzzertifikat DE 199 75 040 für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klagen abzuweisen, hilfsweise, das Patent im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 7 aufrechtzuerhalten. Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 6 gemäß 1. Hilfsantrag. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 haben folgenden Wortlaut: "1. Mittel in Form eines Kombinationspräparates, enthaltend Salmeterol und/oder ein physiologisch verträgliches Salz davon und Fluticasonpropionat zur gleichzeitigen Verabreichung durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen. 5. Verwendung von Salmeterol und/oder einem physiologisch verträglichen Salz davon und Fluticasonpropionat bei der Herstellung von Arzneimitteln als Kombinationspräparate, die in einem abgemessene Mengen dosierenden Inhalator oder in Form eines vordosierten trockenen Pulvermittels vorliegen, zur gleichzeitigen Verabreichung von Salmeterol und Fluticasonpropionat durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen." Weiter hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 5 gemäß 2. Hilfsantrag. Gegenüber dem 1. Hilfsantrag wird das beanspruchte Mittel gemäß Patentanspruch 1 zusätzlich durch das Merkmal "wobei das Mittel in einem abgemessene Mengen dosierenden Inhalator oder in Form eines vordosierten trockenen Pulvermittels vorliegt" charakterisiert. Weiter hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß 3. Hilfsantrag. Gegenüber dem 2. Hilfsantrag ist das beanspruchte Mittel zusätzlich zur zweimal täglichen Verabreichung vorgesehen. Weiter hilfsweise verfolgt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß 4. Hilfsantrag. Gegenüber dem 3. Hilfsantrag werden das Mittel gemäß Patentanspruch 1 und dessen Verwendung gemäß Patentanspruch 3 weiter durch das Merkmal "dass jede Betätigung des Inhalators oder jede abgemessene Dosis 25 bis 100 µg Salmeterol, gegebenenfalls in Form eines physiologisch verträglichen Salzes davon, und 25 bis 500 µg Fluticasonpropionat, liefert" gekennzeichnet. Weiter hilfsweise verfolgt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß 5. Hilfsantrag. Gegenüber dem 4. Hilfsantrag werden das Mittel gemäß Patentanspruch 1 und dessen Verwendung gemäß Patentanspruch 3 nunmehr "in Form eines vordosierten trockenen Pulvermittels" verteidigt. Weiter hilfsweise verfolgt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß 6. Hilfsantrag. Gegenüber dem 5. Hilfsantrag erhält das mit diesem Hilfsantrag angegebene Mittel zusätzlich Lactose. Weiter hilfsweise verfolgt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß 7. Hilfsantrag. Mit diesem werden das Mittel gemäß Patentanspruch 1 und dessen Verwendung gemäß Patentanspruch 3 auf die "Behandlung von Asthma" beschränkt. Sie tritt dem Vorbringen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent im verteidigten Umfang für patentfähig. Zur Stütze ihres Vorbringens verweist sie auf folgende Dokumente: HE1 British Thoracic Society: "Guidelines for management of asthma in adults: I - chronic persistent asthma" und "Guide-lines for management of asthma in adults: II - acute severe asthma" Br. Med. J. 1990, 301, S. 651 bis 653, 797 bis 800 HE2 MedReport 2004, 28 (42), S. 1 bis 3 und 12 HE3 "The chemistry of carboxylic acids and esters", Ed: Patai, S., 1969 Interscience-Publishers, John Wiley&Sons Ltd. London, S. 726 und 730 HE4 Erklärung Prof. M. Klibanov vom 29. Oktober 2008 nebst Übersetzung HE5 Erklärung Prof. S. G. Davis vom 5. November 2008 nebst Übersetzung HE6 Erklärung Prof. R. S. Langer, undatiert, mit Anlagen A bis F – nebst Übersetzung HE7 Erklärung Prof. M. Ch. Davis vom 5. November 2008 mit Anlagen MD-1 bis MD-4 – nebst Übersetzung HE8 Usmani, O. S. et. al., Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2005, 172, S. 704 bis 712 HE9 Pace, E. et. al., J. Allergy Clin. Immunol. 2004, 114, S. 1216 bis 1223 HE10 Reddy, S. et. al., Proc. Am. Thorac. Soc. 2006, A848 HE11 Swenson, C. et. al., J. Allergy Clin. Immunol. 2003, S126 Abstracts - 227 HE12 Aggarwal, S. K. et. al., Poster presented at ATS Int. Seatle, 16-21 May 2003 HE13 Orsida, B. E. et. al., Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2001, 164, S. 117 bis 121 HE14 Hague, R. A. et. al., Proc. Am. Thorac. Soc. 2006, A848 HE15 Sarir, H. et. al., Europ. J. Pharmacol. 2001, 571, S. 55 bis 61 HE16 Calverley, P. M. A. et. al., N. Engl. J. Med. 2007, 356, S. 775 bis 789 HE17 Celli, B. R. et. al., Am. J. Respir. Crit. Care Med. 2008, 178, S. 332 bis 338 HE18 Chapman, K. R. et. al., Can. Respir. J. 1999, 6, S. 45 bis 51 HE19 Zetterström, O. et. al., Eur. Respir. J. 2001, 18, S. 262 bis 268 HE20 Drug and Therapeutics Bulletin 1986, 24, S. 15 bis 16 HE21 Maesen, F. P. V. et. al., JDR Journal for Drugtherapy and Research 1984, 9, S. 100 bis 104 HE22 McDonald, C. et. al., Curr. Med. Res. Opin. 1988, 11, S. 116 bis 122 HE23 Hambleton, G. et. al., Curr. Med. Res. Opin. 1987, 10, S. 548 bis 554 HE24 Jeppsson, A.-B. et. al., Pulm. Pharmacol. 1989, 2, S. 81 bis 85 HE25 Lindsay, D. A. in: "Mechanisms in Asthma: Pharmacology, Physiology, and Management", 1988 Alan R. Liss, Inc, S. 421 bis 425 HE26 Liste: "Beta agonists publicly at the priority date of EP 0 416 951" HE27 Liste: "Corticosteroids publicly at the priority date of EP 0 416 951" HE28 Sears, M. R. et. al., The Lancet 1990, 336, S. 1391 bis 1396 HE29 Twentyman, O. P. et. al., Resp. Med. 1992, 86, S. 471 bis 476 HE30 Page, C. and Costello, J., Resp. Med. 1992, 86, S. 477 bis 479 HE31 Erklärung M. Johnson, PhD, vom 12. November 2008 nebst Übersetzung HE32 Cote, C. G. et. al., CHEST, October 29, 2008 HE33 Internet-Ausdruck: "Lung function testing – FEV1 – forced expiratory volume in 1 second, FEV1%VC" und "Lung function testing –MMEF, FEF25-75%", jeweils zwei Seiten, http://www.spirxpert.com/indices 7 bzw. 11.htm - undatiert HE34 Virchow Jr., J.-Ch., Allergologie 1995, 18, S.167 bis 178 HE35 Angus, R. et. al., J. Clin. Pract. 2005, 59, S. 156 bis 162 HE36 O’Connor, R. D. et. al., Ann. Allergy Asthma Immunol. 2005, 95, S. 535 bis 540 HE37 Eidesstattliche Versicherung M. Johnson vom 4. Januar 2010 nebst Übersetzung mit Annex MJ(2)-1: Grove A. and Lipworth, B. J., The Lancet 1995, 346, S. 201 bis 206 HE37a Kotaniomi, J. et. al., Abstract: "Salbutamol controlled release tablets and individually titrated slow release Theophylline in the Management of chronic obstructive airways disease (COAD) – ohne Quellenangabe HE38 Stellungnahme Prof. A. P. Greening vom 28. Januar 2010 nebst Übersetzung und 2 Annexes HE39 Stellungnahme Prof. R. Wettengel vom 26. Januar 2010 nebst Anlagen 1 bis 7 HE40 Crane, J. et. al., The Lancet 1989, S. 917 bis 922 HE41 Mitchell, E., Thorax 1989, 44, S. 81 bis 83, nebst Datenblatt HE42 Stellungnahme Prof. K. H. Dötz vom 6. Februar 2010 nebst Anlagen 1 bis 21 HE43 Stellungnahme Prof. K. H. Dötz vom 25. Januar 2010 nebst Anlagen 1 bis 15 HE44 Stellungnahme Prof. K. H. Dötz vom 11. Februar 2010 nebst Anlagen 1 bis 10 HE45 Stellungnahme Prof. K. H. Bauer vom 21. Januar 2010 nebst Anlagen 1 bis 5 HE46 Stellungnahme Prof. P. York vom 13. Oktober 2009 nebst Übersetzung HE47a Stellungnahme Prof. R. Buhl vom 5. Februar 2010 nebst Anlagen 1 bis 4 HE47b Stellungnahme Prof. R. Buhl vom 8. Februar 2010 HE48 Information des Unternehmens AstraZeneca "Therapieoptionen bei Asthma bronchiale" HE49 Information des Unternehmens Novartis "Foradil® beim Asthma bronchiale" 1999 HE50 Patel, K. R., Clinical Therapeutics 1985, 7, S. 452 bis 467 HE51 Agũero, R. und Dal-RE, R., Clin. Trials J. 1988, 25,S. 109 HE52 Svensson, L.-A. in: New anti-asthma drugs",1988, Birkhäuser Verlag Basel, S. 271 bis 276 HE53 Sandstrõm, T. et. al., Respiration 1988, 53, S.31 bis 36 HE54 Pedersen, B. K. et. al., Eur. J. Clin. Pharmac. 1985, 29, S. 425 bis 427 HE55 Rampulla, C. et. al., Respiration 1985, 47, S. 299 HE56 Robuschi, M. et. al., Current Therapeutic Research 1988, 43, 1 Seite (Abstract) HE57 Crowe, M. J. et. al., Br. J. Clin. Pharmac. 1985, 19, S. 787 (Abstract) HE58 Siegel, S. C. et. al., J. Allergy Clin. Immunol. 1985, 75, S. 698 bis 705 HE59 Baughman, R. P. et. al., CHEST1988, 93, S. 285 bis 288 HE60 Misra, N. P. et. al., Journal Int. Med. Res. 1981, 9, S. 261 (Abstract) HE61 Guleria, J. S. et. al., Annals of Allergy 1979, 43, S. 123 bis 125 HE62 Anderson, G. and Wilkins, E., Thorax 1977, 32, S. 717 bis 719 HE63 Pasotti, C. et. al., Int. J. Clin. Pharmac. Biopharm. 1979, 17, S. 176 bis 180 HE64 Murai, T. et. al., Arzneim.-Forsch./Drug Res. 1984, 34(II), S. 1633 HE65 Moore, P. F. et. al., J. Pharmacol. Exp. Ther. 1978, 207, S. 410 bis 418 HE66 Beumer, H. M., Int. J. Clin. Pharmac. Biopharm. 1979, 17, S. 237 bis 239 HE67a Màndi, A. et. al., Arzneim.Forsch./Drug Res. 1977, 27 (I), S. 64 bis 66 HE67b Tabori, D. et. al., Arzneim.Forsch./Drug Res. 1977, 27 (I), S. 55 bis 60 HE68 Nelson, H. S. et. al., J. Allergy Clin. Immunol 2003, 112, S. 29 bis 36 HE69 Rosenhall, L. et. al., Respiratory Medicine 2003, 97, S. 702 bis 708 HE70 Ausführungen "Zum irischen Urteil" HE71 Morris, H.G., NER Allergy Proc. 1987, 8, S. 85 bis 94 HE72 Devlin, R. G. et. al, J. Toxicol.-Cut. & Ocular Toxicol. 1986, 5, S. 35 (Abstract) HE73a EP 0 057 401 A1 HE73b The Merck Index, 2001, S.1114 HE73c M. Jakob in: "Asthma XXs pocket", 2. Aufl., 2009, Börm Bruckmeier Verlag GmbH Grünwald, S. 72, 73 HE74 Littenberg, B. und Gluck, E. H., The New England Journal of Medicine 1986, 314, S. 150 bis 152 HE75 Ng, S. H. et. al., Postgraduate Medical Journal, 1977, 53, S. 315 HE76 Bernstein, I. L. et. al., CHEST 1982, 81, S. 20 bis 26 HE77 Falliers, C. J. et. al., Journal of Asthma 1982, 19, S. 241 bis 247 HE78 Sherman, B. et. al., J. Allergy clin. Immunol.1982, 69, S. 208 bis 212 HE79a Slavin, R. G. et. al., J. Allergy clin. Immunol, 1980, 66, S. 379 bis 385 HE79b Dry, J. et. al., J. Int. Med. Res. 1985, 13, S. 289 bis 293 HE80 Smith, M. J. und Hodson, M. E., The Lancet, Feb. 5 1985, S. 265 bis 268 HE81a Field, H. V. et. al., Arch. Dis. Child. 1982, 57, S. 864 bis 866 HE81b Johannson, S.Å. et. al., Eur. J. Clin. Pharmacol. 1982, 22, S. 523 bis 529 HE82 "Asthma drugs could kill, say specialists" Sunday Times vom 12. Oktober 1986 HE83 Taylor, D. R. et. al., Thorax 1998, 53, S. 744 HE84 Stellungnahme Prof. C. Vogelmeier vom 17. Februar 2010 HE85 Stellungnahme Dr. J. Kaminski vom 16. Februar 2010 HE86 Rodrigo, G. und Rodrigo C., Am. J. Respir. Crit. Care Med. 1998, 157, S. 698 bis 703 HE87 Hauck, R. W., Pneumologie, 2003, 57 S. 674 bis 676 HE88 Page, C. P., "Developments in Asthma – A View of Current Research" 1987, PJB Publications Ltd., S. 18 bis 19 HE89 Page, C. P., The Lancet, 1991, 337, S. 717 bis 720 HE90 Shenfield, G. M., Current Therapeutics, December 1986, S. 15 bis 29 HE91 Eidesstattliche Versicherung S. J. Thorley vom 30. November 2009 HE92 Internet-Ausdrucke zu: Scrip Nr. 1408, 3. Mai 1989, S. 21 und CA 93:571825. Mit Beschlüssen vom 29. Januar 2009, 27. Mai 2009 und 9. Dezember 2009 wurden die Nichtigkeitsklagen 3 Ni 15/08 (EU), 3 Ni 69/08 (EU), 3 Ni 3/09 (EU) und 3 Ni 24/09 (EU) unter dem führenden Aktenzeichen 3 Ni 15/08 (EU) miteinander verbunden. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien, des Wortlauts der weiteren Patentansprüche sowie der eingereichten Dokumente wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23. Februar 2010 und den Akteninhalt verwiesen.
Die gegen das Streitpatent EP 0 416 951 (DE 690 05 951) und das ergänzende Schutzzertifikat DE 199 75 040 gerichteten Klagen erweisen sich als begründet. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents in der nach Hauptantrag und den verteidigten Hilfsanträgen 1 bis 7 verteidigten Fassung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit a i. V. m. Art. 54, 56 EPÜ). I. 1. Das Streitpatent (Grundpatent) betrifft pharmazeutische Zusammensetzungen, enthaltend Salmeterol und/oder ein physiologisches Salz davon und Fluticasonpropionat und dessen Verwendung zur gleichzeitigen Verabreichung durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen, insbesondere von Asthma (vgl. DE 690 05 951 T2 (D3) Beschreibung S. 1 Abs. 1 i. V. m. Patentansprüchen 1 und 5). Bei Asthma handelt es sich - wie auch einleitend in der Streitpatentschrift ausgeführt wird - um eine anfallsweise, rezidivierende Obstruktion der Atemwege. Verursacht wird diese durch eine reversible Bronchialverengung, die wiederum bedingt ist durch Entzündungsprozesse und eine Hyperreaktivität der Atemwege. Ausgelöst werden kann diese Erkrankung durch allergische Reaktionen, aber auch durch verschiedene andere Mechanismen, wie Infektionen oder chemisch-physikalische Inhalationsreize. Zwischen diesen verschiedenen Asthmaformen sind die Übergänge sehr häufig fließend, d. h. es treten häufig Mischformen auf. Während Asthma zunächst meist vollständig reversibel ist, trifft dies im weiteren Verlauf nur noch partiell zu. Die Regel sind chronische Krankheitsverläufe mit Übergang in ein sogenanntes Dauerasthma, weshalb in diesen Fällen eine Dauerbehandlung erforderlich wird. Nachdem aber der sodann chronische Krankheitsverlauf sowohl von entzündlichen Prozessen als auch von Bronchospasmen bestimmt wird, müssen bei Patienten in diesem Krankheitsstadium - wie ebenfalls im Zusammenhang mit der Darlegung des allgemeinen Standes der Technik in der Streitpatentschrift weiter ausgeführt wird - beide den Verlauf des Asthmas bestimmenden Komponenten behandelt werden. Zum Prioritätszeitpunkt wurden dabei zur Behandlung der Entzündungen Corticosteroide, wie beispielsweise Beclomethasondipropionat, eingesetzt. Zur akuten Behandlung der Bronchospasmen wurden Bronchodilatoren gegeben, von denen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Wirkstoff Salbutamol, ein stark selektiver ß 2 -Adrenozeptorstimulator, als erfolgreich und wirksam bekannt war (vgl. dazu z. B. auch HE25 S. 421 Abs. 1 bis S. 422 Abs. 2). Die Verabreichung beider Wirkstoff erfolgt der Streitpatentschrift zufolge üblicherweise durch Inhalation. Diese Medikation ist jedoch, wie im Stand der Technik beschrieben wird und von allen Parteien wiederholt vorgetragen worden ist, mit dem Problem verbunden, dass die Patienten zwar den Bronchodilator nehmen, nicht aber regelmäßig, so wie verschrieben, das zur Prophylaxe vorgesehene Corticosteroid. Während der Bronchodilator nämlich zu einer umgehenden Besserung der Symptomatik führt, tritt die Wirkung der Corticosteroide verzögert auf, weshalb ein Erfolg für den Patienten in diesem Fall nicht unmittelbar ersichtlich ist. Da diese Wirkstoffklasse darüber hinaus von Patienten als mit einem hohen Nebenwirkungspotential verbunden angesehen wird, wird die Einnahme von Corticosteroiden vielfach abgelehnt. Dieses Verhalten führt in der in Rede stehenden Patientengruppe jedoch dazu, dass die Krankheit - von den Patienten unbemerkt - weiter fortschreitet (vgl. DE 690 05 951 T2 (D3), Beschreibung S. 1 Abs. 2 bis S. 2 Abs. 1 sowie HE38 S. 2 Gliederungspunkte 6. bis 8., S. 3 Gliederungspunkte 11. und 12., HE82 und HE88 S. 18/19 übergreifender Absatz). Der Streitpatentschrift weiter zufolge war zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits auch eine Zusammensetzung zur Kombinationstherapie von Asthma in Form des auf dem Markt befindlichen Präparats Ventide® bekannt. Sie umfasste die gleichzeitige Verwendung von Salbutamol als Bronchodilator und von Beclomethasonpropionat als prophylaktisch zu verabreichendes antiinflammatorisches Corticosteroid. Diese Kombinationstherapie ist aufgrund der kurzen Wirkungsdauer von vier bis sechs Stunden von Salbutamol jedoch mit einer Reihe von Nachteilen verbunden. Für die Patienten ist dieses Präparat insbesondere unmittelbar mit dem Nachteil verbunden, dass der Bronchodilator aufgrund seiner Wirkungsdauer nicht über den gesamten Zeitraum der Nacht wirksam ist und bei Asthmatikern daher zu gestörtem Schlaf führt. Die Fachwelt diskutierte dieses Präparat darüber hinaus aber auch kontrovers, weil die kurze Wirkungsdauer des Salbutamols dazu führt, dass auch das Corticosteroid in diesen kurzen Zeitabständen, und damit zu häufig, verabreicht wird (vgl. D3 Beschreibung S. 1 Abs. 2 bis S. 2 Abs. 1 sowie HE25 S. 424 Abs. 2). 2. Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das objektive technische Problem, ein verbessertes Kombinationspräparat zur Behandlung von Asthma bereitzustellen. 3. Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß dem in der englischen Originalsprache erteiltem Patentanspruch 1 eine Zusammensetzung vorgeschlagen, die 1. die Wirkstoffe a) Salmeterol und/oder ein physiologisch verträgliches Salz davon und b) Fluticasonpropionat enthält 2. zur gleichzeitigen Verabreichung 3. durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen. Gelöst wird diese Aufgabe im weiteren gemäß Patentanspruch 5 durch die Verwendung der Zusammensetzungen gemäß Patentanspruch 1 bei der Herstellung von Arzneimitteln zur gleichzeitigen Verabreichung durch Inhalieren bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen. 4. Der zuständige Fachmann ist ein pharmazeutischer Chemiker, der über ein abgeschlossenes Pharmaziestudium verfügt, typischerweise auf diesem Fachgebiet promoviert hat und mehrere Jahre Berufserfahrung in der Entwicklung von Arzneimitteln auf dem Gebiet der respiratorischen Erkrankungen hat. Dieser Fachmann ist eingebunden in ein Team bestehend aus Spezialisten auf dem Gebiet der Entwicklung neuer Präparate auf diesem Fachgebiet, dem jedenfalls ein Galeniker mit Erfahrung bei der Entwicklung von Formulierungen von Arzneimitteln mit der in Rede stehenden Indikation sowie einem Mediziner mit Erfahrung bei der Behandlung respiratorischer Erkrankungen angehören (vgl. BGH GRUR 2007, 404, 406 [26] - Carvedilol II; GRUR 2010, 123, 125 [27] - Escitalopram). II. Die Patentansprüche 1 bis 6 in der erteilten Fassung gemäß Hauptantrag erweisen sich mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig. 1. Es kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, inwiefern der beanspruchte Gegenstand tatsächlich unvollständig offenbart ist im Sinne einer mangelnden Ausführbarkeit, weil im Streitpatent als einzige respiratorische Erkrankung Asthma angegeben ist und weder die Ansprüche noch die Beschreibung die dort angegebene allgemeine medizinische Indikation "respiratorische Erkrankungen" definieren. Die Lehre des Streitpatentes ist auch neu, nachdem keine der im Verfahren genannten Entgegenhaltungen eine Zusammensetzung mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Wirkstoffen beschreibt. Mangelnde Neuheit ist auch von den Klägerinnen nicht geltend gemacht worden. 2. Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag fällt jedoch deshalb gemäß Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ i. V. m. Art. 56 EPÜ der Nichtigkeit anheim, weil die Bereitstellung der beanspruchten Zusammensetzung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. 2.1. Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der beanspruchten technischen Lehre ist von der dem Streitpatent objektiv zugrunde liegenden Aufgabe auszugehen, ein verbessertes Kombinationspräparat zur Behandlung von Asthma bereitzustellen. a) Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur richtet sich die Formulierung der Aufgabe allein nach dem tatsächlich, d. h. objektiv, Erfundenen. Die Aufgabe muss daher auf das Ergebnis der Erfindung abgestellt sein, weshalb Ausgangspunkt das gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich Geleistete ist. Ferner kann sie nur an solchen Problemen orientiert werden, die durch die Erfindung tatsächlich gelöst werden (vgl. BGH GRUR 1967, 194 - Hohlwalze, BGH GRUR 1981, 186, 188 - Spinnturbine II, BGH GRUR 1991, 811 - Falzmaschine, BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger, BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilungen sowie BGH GRUR 2009, 382, 387 [51] - Olanzapin Schulte, PatG 8. Aufl. § 1 Rdn. 62, 63 und 65, Busse PatG 6. Aufl. § 1 Rdn. 88, 92 bis 94, Benkard PatG 10. Aufl. § 1 Rdn. 55a, 56, § 34 Rdn. 18 bis 20). Die Leistung des vorliegend Erfundenen besteht darin, dass mit der streitpatentgemäßen Kombination der Wirkstoffe Salmeterol und Fluticasonproprionat ein Präparat bereitgestellt wird, das eine beträchtlich größere Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der bronchodilatorischen Wirkung aufweist, als sie bei aus dem Stand der Technik bekannten Kombinationen beobachtet wird, und das eine Festlegung eines zweimal-täglichen Dosierungsplanes (bis in diem - b. i. d.) mit durchweg wesentlichen Vorteilen, insbesondere bei der Behandlung von nächtlichem Asthma, erlaubt, aber wenig Anlass zu - im Zuge der Gabe von Corticosteroiden oft befürchteten - systemischen Nebenwirkungen gibt (vgl. D3 S. 2/3 Brückenabsatz). b) Von einer allumfassenden Aufgabe, wie sie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung formuliert hat, nämlich die Bereitstellung eines neuen Asthmamittels, kann nicht ausgegangen werden. Der Senat kann sich nicht der im Zusammenhang damit vorgetragenen Auffassung der Beklagten anschließen, die Entscheidung zu Gunsten eines Kombinationspräparates sei bereits Teil der Lösung. Ausgangspunkt ist vorliegend die Behandlung von Asthma, einer Krankheit, die, wie in der Patentschrift angegeben, von zwei "Komponenten" bestimmt wird, nämlich der Verkrampfung der Bronchialmuskulatur und einer Entzündung der Atemwege. Dies hat zur Folge, dass die Therapie - gemäß Stand der Technik und auch der Streitpatentschrift folgend - ab einem bestimmten Stadium der Erkrankung die Behandlung beider Komponenten einschließt, wozu gegenüber den beiden Komponenten jeweils wirksame, unterschiedliche Arzneistoffe in Kombination eingesetzt werden (vgl. z. B. HE25 S. 421 Abs. 1 und 2 sowie D3 S. 2 Z. 1 bis 5). Die Bereitstellung eines neuen Asthmamittels im Sinne der Entwicklung und damit der aufwändigen Synthese eines neuen Wirkstoffes, der die Eigenschaft aufweisen müsste, gegenüber beiden die Krankheit bestimmenden Komponenten gleichermaßen wirksam zu sein, wird in der Streitpatentschrift nicht erwähnt und steht damit auch nicht in deren Fokus. Dies trifft gleichermaßen auf das Argument der Beklagten zu, die Formulierung der Aufgabe habe allumfassend zu erfolgen, weil ein weiterer vom Fachmann in Erwägung zu ziehender Weg das Ergreifen galenischer Maßnahmen sei. Auch in diesem Fall wäre es jedoch weiterhin erforderlich, eine Kombination unterschiedlicher Wirkstoffe, zu verabreichen, um beide die Krankheit bestimmenden Komponenten zu behandeln. Dieser von der Beklagten vorgebrachte Aspekt ändert also nichts daran, dass die Entscheidung zur Verbesserung eines Kombinationspräparats nicht Teil der Problemlösung, sondern dem Problem selbst als Vorgabe zuzurechnen ist (vgl. BGH GRUR 2010, 44 - Dreinahtschlauchfolienbeutel). c) Der Senat vermag auch nicht dem Einwand der Beklagten zu folgen, zum Prioritätstag habe ein Vorurteil gegenüber der Verwendung von Kombinationspräparaten bei der Behandlung von Asthma im Hinblick auf eine damit verbundene fixe Kombination der beiden Wirkstoffe bestanden, weshalb die im Streitpatent angegebene Aufgabe falsch formuliert sei und es bei dem dem Streitpatent zugrunde liegenden Problem vielmehr grundsätzlich darum gehe, die Therapiemöglichkeit bei respiratorischen Erkrankungen, insbesondere Asthma, zu verbessern. Unabhängig davon, dass die Frage eines Vorurteils nicht geeignet ist, das objektiv zu lösende technische Problem - die Aufgabe - anders zu bestimmen, sondern als Hilfskriterium (Beweisanzeichen) für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit lediglich Anlass gibt, bekannte Lösungen kritisch darauf zu überprüfen, ob sie vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachwissens hinreichende Anhaltspunkte für ein Naheliegen bieten (vgl. BGH GRUR 2010, 44 - Dreinahtschlauchfolienbeutel), liegt ein derartiges Vorurteil auch in tatsächlicher Hinsicht nicht vor. Zum Einen spricht nach geltender Rechtsprechung bereits die Nichterwähnung in der Beschreibung des Streitpatentes gegen das Vorliegen eines Vorurteils (vgl. BGH GRUR 1967, 25 - Spritzgußmaschine III). Auch vorliegend finden sich im Streitpatent keinerlei Angabe dahingehend, die Fachwelt habe solche Kombinationen als problematisch angesehen bzw. grundsätzlich abgelehnt. Vielmehr werden diese Kombinationen dort als verbesserungswürdig geschildert. Zum Anderen liegt ein Vorurteil, d. h. eine allgemein eingewurzelte technische Fehlvorstellung, nur dann vor, wenn es in der einschlägigen Fachwelt tatsächlich und allgemein, z. B. dargelegt in Standardwerken oder Lehrbüchern, besteht (vgl. dazu auch Schulte PatG 8. Aufl. § 4 Rdn. 127, 128 sowie Hesse GRUR 1982, 514 bis 519). Die Ablehnung einzelner Fachleute genügt dagegen ebenso wenig, dessen Vorliegen zu begründen (vgl. EPA T 62/82, EPA T 410/87 sowie EPA T 500/88), wie Bedenken der Fachwelt, die nicht so schwerwiegend sind, dass sie allgemein von Überlegungen in Richtung auf die Lehre abhalten (vgl. BGH GRUR 1984, 580 - Chlortoluon). Diese Situation ist vorliegend gegeben. Eine einhellig ablehnende Haltung der Fachwelt ist aus den im Verfahren genannten Dokumenten nämlich nicht ableitbar. Vielmehr ist der Nutzen der Verabreichung von fixen Kombinationen, die neben einem Bronchodilator ein Corticosteroid enthalten, von der Fachwelt zum maßgeblichen Zeitpunkt lediglich kontrovers diskutiert worden (vgl. z. B. HE20 S. 15/16 "VENTIDE – A USEFULL COMBINATION?" sowie HE25 S. 423/424 übergreifender Absatz und S. 424 Abs. 5 bis S. 425 Abs. 3). Nichtsdestotrotz stellten fixe Kombinationen aus einem Bronchidilator und einem Corticosteroid zum Prioritätszeitpunkt gemäß den wissenschaftlichen Veröffentlichungen von P. J. Barnes in "Directions for new anti-asthma drugs" (D8) und von R. E. Ruffin in "Mechanisms in Asthma: Pharmacology, Physiology and Management" (D11), beide im Jahr 1988 erschienen, sowie der Anmerkung in "Martindale - The Extra Pharmacopoeia", 1989 (D13) eine für die Fachwelt durchaus in Betracht zu ziehende Darreichungsform dieser Wirkstoffe dar. Dieses trifft insbesondere für jenes Patientenkollektiv zu, das regelmäßig beide Wirkstoffe nehmen sollte, aber die Corticosteroid-Einnahme nicht zuverlässig handhabt (vgl. D8 S. 308/309 "Conclusions"; D11 S. 427 Abs. 1 und 2, S. 428/429 übergreifender Absatz bis S. 429 vorl. Absatz und S. 430 "Conclusion" sowie D13 re. Sp. le. Abs.). Auch den von der Beklagten in diesem Zusammenhang im Wesentlichen diskutierten wissenschaftlichen Beiträgen HE20 bis 23, HE25 und HE90 lässt sich eine übereinstimmend ablehnende Haltung der Fachwelt nicht entnehmen. In den Dokumenten HE20, HE21 und HE22 wird die Wirkung vergleichbar der getrennten Gabe gesehen, wobei als Vorteil der fixen Kombination die bessere Compliance, d. h. die größere Bereitschaft der Patienten, der ärztlichen Verordnung zu folgen, beschrieben wird (vgl. HE20 S. 15/16 übergreifender Absatz, S. 16 "Conclusions" und HE21 S. 100 re. Sp. Abs. 2, S. 103 "Discussion"). Den wissenschaftlichen Veröffentlichungen HE22 und HE23 ist eine eindeutig ablehnende Haltung gegenüber der Verabreichung von fixen Kombinationen gleichfalls nicht zu entnehmen. Im Dokument HE22 wird diese Applikationsform im Ergebnis als Alternative zur getrennten Verabreichung der Wirkstoffe gesehen (vgl. S. 116 "Summary" i. V. m. S. 120 Tabellen IV. und V. sowie S. 121 le. Abs.), gemäß den Schlussfolgerungen der Autoren des Artikels HE23, in dem die darin beschriebene Datenerhebung im Übrigen von den Autoren selbst nicht als vollständig angesehen wird, wird jedenfalls von einer vergleichbaren Kontrolle der Symptome bei Anwendung beider Verabreichungsformen berichtet (vgl. 548 "Summary", S. 553/554 "Discussion"). Auch der Beitrag von D. A. Lindsay aus dem Jahr 1988 (HE25) kann den Einwand der Beklagten hinsichtlich einer einheitlich ablehnenden Haltung der Fachwelt gegenüber fixen Kombinationen nicht stützen. So vertritt der Autor selbst zwar die Auffassung, dass die Kombination von Wirkstoffen unterschiedlicher Wirkmechanismen für eine optimale Therapie von Asthmatikern zwar erforderlich ist, aufgrund der fehlenden Flexibilität der Medikation fixe Kombinationen aber abzulehnen seien (vgl. S. 424 Abs. 5 bis S. 425 Abs. 3). In diesem Artikel wird andererseits aber auch ausgeführt, dass andere Wissenschaftler eine Vereinfachung der Therapie durch die Gabe fester Kombinationen sehen (vgl. S. 423/424 übergreifender Absatz). Der von der Beklagten als weiterer Beleg für das Bestehen eines Vorurteil in der Fachwelt zitierte Artikel von G. M. Shenfield in "Current Therapeutics, 12/1986" (HE90) betrifft eine kritische Wertung von Wirkstoffkombinationen. Im Zusammenhang mit Bronchodilator-Kombinationen führt der Autor darin aus, dass eine Anzahl solcher Produkte, die einen ß-Agonisten zusammen mit einem Anticholinergikum oder Corticosteroid enthalten, von der pharmazeutischen Industrie hergestellt werde und diese Zubereitungen sowohl von Patienten wie auch von Ärzten als attraktiv angenommen würden. Er selbst dagegen erachte solche Zusammensetzungen als weniger erwünscht, weil sie eine Erziehung der Patienten zwischen Prophylaxe und symptomatischer Behandlung zu unterscheiden, verhindere. So kommt er schlussendlich zu dem Ergebnis, dass solche Produkte zwar vordergründig Vorteile aufwiesen, für die allgemeine Verwendung aber nicht zu empfehlen seien (vgl. S. 28 li./re. Sp. "Bronchodilator Aerosol Combinations"). Somit werden auch in diesem Beitrag lediglich Bedenken eines Einzelnen dargelegt, während jedoch eine einhellig ablehnende Haltung der Fachwelt daraus nicht ersichtlich ist. Vielmehr wird sogar darauf verwiesen, dass viele Ärzte solche Kombinationen alleine schon wegen der Verringerung der Anzahl der zu handhabenden Inhalatoren schätzen. Zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage können die von der Beklagten vor gelegten Gutachten HE38 und HE39 bzw. die Darlegungen des Herrn Gutachters Prof. Wettengel in der mündlichen Verhandlung führen. Diese belegen gleichfalls lediglich jeweils die Bedenken eines einzelnen Fachmannes bzw. seine jeweils daraus resultierende persönliche ablehnende Haltung gegenüber dem Arzneimittel Ventide®, nicht jedoch eine grundsätzlich ablehnende Haltung der gesamten Fachwelt gegenüber einem einen Bronchodilator und einen entzündungshemmenden Wirkstoff enthaltenden Arzneimittel. So wird im Gutachten von Prof. A. P. Greening (HE38) unter Absatz 10 ausgeführt, dass dieses Medikament zum maßgeblichen Zeitpunkt keine Behandlungsform in vorderster Front bei der Asthmatherapie gewesen sei. Daraus aber ist kein grundsätzliches Vorurteil der Fachwelt ableitbar. Gestützt wird diese Sichtweise durch die Tatsache, dass zu dieser Zeit in Großbritannien, wie die Klägerinnen unwidersprochen von der Beklagten vorgetragen haben, jährlich ca. … Packungen des Arzneimittels Ventide® verkauft worden sind, weshalb selbst dieses Arzneimittel zum Prioritätstag von der Fachwelt augenscheinlich nicht einhellig als unbrauchbar beurteilt worden ist. Im Dokument HE39 führt der Gutachter Prof. Dr. R. Wettengel lediglich aus, dass die Einstellung der Fachwelt gegenüber Kombinationspräparaten zum Prioritätstag generell kritisch gewesen sei und deren Anwendung als nicht wünschenswert galt. Auch für ihn selbst, stellt die individuelle Behandlung ein wichtiges Prinzip bei der Behandlung von Asthma dar, wie aus dem vorgelegten Gutachten ersichtlich ist und er in der mündlichen Verhandlung vortrug (vgl. S. 5 Abs. 3 und S. 7/8 "Der Stufenplan" und S. 8 Abs. 3 und 4). Pauschalmedikationen entsprechend einer Kombinationstherapie dagegen steht er weiterhin kritisch gegenüber, wie sich aus seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung gibt, wonach diese auch leider heute noch durchgeführt werde. Damit aber wird hier zwar eine persönliche Ablehnung einer Medikation unter Verwendung von Wirkstoffkombinationen dargelegt, das Gutachten HE39 sowie der Vortrag des Herrn Gutachters ist aber - insbesondere auch in einer Zusammenschau mit den vorstehend bereits zitierten Dokumenten - nicht dazu geeignet, eine grundsätzlich ablehnende Haltung der gesamten Fachwelt zu belegen. Die weiteren im Verfahren von der Beklagten genannten, in der mündlichen Verhandlung nicht diskutierten und zum Teil nachveröffentlichten Dokumente können ein zum Prioritätstag bestehendes Vorurteil gegenüber der Verabreichung einer fixen Wirkstoffkombination aus den in Rede stehenden Arzneistoffen nach Auffassung des Senates ebenfalls nicht begründen. 2.2. Geltender Rechtsprechung folgend, ist bei der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit zunächst zu klären, was die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger) und ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Dabei besteht bei der Wahl des Ausgangspunktes jedoch kein Vorrang eines "nächstkommenden Standes der Technik" (BGH GRUR 2009, 382, 387 [51] - Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger; BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung). Vielmehr bedarf es bei der Auswahl des Ausgangspunktes der Rechtfertigung, die in der Regel in dem Bemühen des Fachmannes liegt, für einen bestimmten Zweck eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik zur Verfügung stellt. Auch bedarf es, um die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen, dafür über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe (BGH GRUR 2009, 746 Ls. - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Diese Voraussetzungen für die Auswahl des als Ausgangspunkt maßgeblichen Standes der Technik werden von dem Übersichtsartikel D8 des Autors P. J. Barnes in "Directions for new anti-asthma drugs" aus dem Jahr 1988 erfüllt. Dieser betrifft zukunftsweisende Entwicklungen in der Wirkstofftherapie von Asthma und gibt einen umfassenden Überblick über jene Wirkstoffklassen, die von den auf diesem Gebiet forschenden Fachleuten als potentielle Kandidaten zum maßgeblichen Zeitpunkt ins Auge gefasst wurden. Gleichzeitig enthält dieser Beitrag auch eine jeweilige Bewertung der einzeln besprochenen Wirkstoffklassen bzw. -kandidaten hinsichtlich ihrer arzneilichen Wirksamkeit und der damit gegebenenfalls verbundenen potentiellen Verwendbarkeit bei der Behandlung von Asthma. Dabei kommt der Autor im Zusammenhang mit der Mehrzahl der darin vorgestellten Wirkstoffe aus der Gruppe der Bronchodilatoren und aus der Gruppe der entzündungshemmenden Substanzen zu dem Schluss, dass diese entweder wegen zu starker Nebenwirkungen oder einer zu wenig stark ausgeprägten spezifischen Wirkung weniger geeignet seien, Untersuchungen erst noch erfolgen müssten, weil die Synthese von geeigneten Wirkstoffen von als aussichtsreich erachteten Wirkstoffklassen noch nicht erfolgt sei, oder die neu entwickelten Wirkstoff-Kandidaten noch nicht ausreichend hinsichtlich ihrer Wirkungen untersucht seien. Als von klinischer Relevanz werden dort nur einige wenige Wirkstoffe beschrieben (vgl. S. 294 Abs. 1 und 2, S. 296 Abs. 1 le. Satz, S. 297 Abs. 3 le. Satz und Abs. 5 2. Satz, S. 298 Abs. 4 1. Satz, S. 299 Abs. 1 und Abs. 2 le. Satz, S. 300 Abs. 2 1. Satz und Abs. 3 le. Satz, S. 302 Abs. 2 bis 5 jeweils le. Satz, S. 303 Abs. 3, S. 304 Abs. 1 1. Satz, Abs. 2 2. und 3. Satz, Abs. 3, S. 305 Abs. 1 bis 3 jeweils le. Satz, S. 306 Abs. 1 le. Satz, S. 307/308 übergreifender Satz). Schließlich sind es lediglich zwei Wirkstoffklassen, die in diesem Artikel als sehr wirksam bzw. jeweils als die effektivste Wirkstoffgruppe benannt werden. Dabei handelt es sich zum Einen bei den Bronchodilatoren um die ß 2 -Adrenorezeptoragonisten und zum Anderen bei den entzündungshemmenden Substanzen um die Corticosteroide (vgl. S. 293 "Summary" sowie S. 308/309 "Conclusions"). Im Zusammenhang mit der spezifischen Beschreibung der ß 2 -Adrenozeptoragonisten wird in diesem Übersichtsartikel sodann weiter ausgeführt, dass diese Substanzklasse deshalb allen anderen Brochodilatoren überlegen sei, weil in humanen Luftwegen nur ß 2 -Adrenozeptoren vorhanden seien und mit der inhalativen Abgabe dieser Wirkstoffe eine hohe ß-Selektivität erreicht werde. Als besonderer Fortschritt werden sodann die Neuentwicklungen Formoterol und Salmeterol beschrieben, weil sie eine lang anhaltende Wirkungsdauer aufwiesen und mit ihnen die Möglichkeit bestehe, nächtliche Asthmaanfälle wirkungsvoll zu verhüten (vgl. S. 294/295 "ß-Adrenoceptor agonists"). Hinsichtlich der in diesem Artikel als sehr effektive Entzündungshemmer beschriebenen Corticosteroide wird ausgeführt, dass insbesondere Steroide mit hoher topischer Potenz, wie z. B. Budenosid und Beclomethason, inhalativ verabreicht sehr wirkungsvoll seien. Gleichzeitig führt der Verfasser aus, dass Weiterentwicklungen von der Suche nach inhalativ verabreichbaren Steroiden bestimmt sein werden, die eine noch höhere topische Potenz ohne die mit Steroiden verbundenen systemischen Nebenwirkungen aufwiesen (vgl. S. 303 Abs. 1). Abschließend weist der Autor explizit darauf hin, dass eine Kombinationstherapie aus zu inhalierenden Steroiden und ß-Adrenozeptor-Agonisten erforderlich sei und die Bereitstellung eines Kombinationsinhalators eine vernünftige Entwicklung darstelle. Solche Formulierungen würden die Compliance für die zu inhalierenden Steroide verbessern (vgl. S. 308/309 "Conclusions"). Gleichzeitig war dem Fachmann aus dem Abstract D10 zum Prioritätstag auch bekannt, dass in Gestalt von inhalierbarem Fluticasonpropionat ein neues Corticosteroid zur Behandlung von schwerem Asthma bereitstand. Dieses Abstract basiert auf einer großen internationalen Studie, an der – wie aus der Autorenangabe zu ersehen ist – acht Kliniken beteiligt waren. Fluticasonpropionat wird darin als ein neues Corticosteroid mit einer größeren topischen Aktivität, als sie Beclomethason aufweise, und minimalen systemischen Nebenwirkungen beschrieben, wobei sogar die Mehrzahl der im Zusammenhang mit der oralen Gabe beobachteten Nebenwirkungen in keiner Beziehung zur inhalativen Behandlung zu stehen schienen. In Anbetracht dieser Sachlage bedurfte es keines erfinderischen Zutuns, um zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe zu kommen, eine Zusammensetzung vorzuschlagen, die Salmeterol und/oder ein physiologisches Salz davon und Fluticasonpropionat zur Inhalation enthält. So stellen nicht nur Wirkstoffkombinationen bei der Behandlung von Asthma auch gemäß Dokument D8 eine wünschenswerte und sinnvolle Abgabeform dar, insbesondere zur Verbesserung der Compliance. Dieses Dokument vermittelt dem Fachmann in diesem Zusammenhang darüber hinaus die Lehre, welche Wirkstoffgruppe aus der großen Anzahl der dort beschriebenen Möglichkeiten jeweils für die beiden Wirkstoffkomponenten in Betracht zu ziehen sind. Explizit genannt werden dafür nämlich nur die Bronchodilatoren und die Corticosteroide. Dieser Artikel offenbart dem Fachmann zudem, welche zu diesen Wirkstoffgruppen zu zählenden Einzelverbindungen besonders geeignet sind bzw. welche Eigenschaften solche Einzelverbindungen aufweisen sollten. So wird dort zum Einen in Verbindung mit den Bronchodilatoren expressis verbis auf die neu entwickelten Wirkstoffe Formoterol und Salmeterol hingewiesen, weil sie - für den Fall der inhalativen Verabreichung - unter den Bronchodilatoren die wirksamsten seien. Zum Anderen wird im Zusammenhang mit der zweiten Wirkstoffkomponente der genannten Kombination, den - gleichfalls bevorzugt inhalativ zu verabreichenden - Corticosteroiden, ausgeführt, dass, obwohl die bekannten Corticosteroide unter den Entzündungshemmern die wirksamsten Substanzen darstellten, die Fachwelt diese Wirkstoffe nichtsdestotrotz hinsichtlich topischer Potenz und systemischer Nebenwirkungen als weiterhin verbesserungswürdig erachte. Die im Dokument D8 gemachten Vorschläge weiterverfolgend bzw. aufgreifend, musste der Fachmann sodann nur noch unter den zwei in dieser Druckschrift als Bronchodilator gleichermaßen geeignet genannten Wirkstoffen "Formoterol" und "Salmeterol" einen Wirkstoff auswählen. Wenn seine Wahl dabei auf den Wirkstoff Salmeterol fiel, weil sich dieser zur Erfüllung seine Zielsetzungen besonders eignete, so beruhte dieses nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Dabei handelte es sich nämlich lediglich um das Ergebnis einer Wahl zwischen zwei nahegelegten Alternativen, die der Fachmann stets zunächst ausprobieren wird, bevor er weitere Überlegungen anstellt bzw. andere Wirkstoffe in Erwägung zieht. Solche Versuche aber sind seiner Routinetätigkeit zuzuordnen (vgl. BGH GRUR 1992 375, 376, 377 3. und 5. - Tablettensprengmittel; BGH GRUR 2008, 56 Abs. [25] - Injizierbarer Mikroschaum m. w. N). Im Weiteren für die zweite Komponente in der im Übersichtsartikel D8 vorgeschlagenen Wirkstoffkombination, dem Corticosteroid, das neu entwickelte Fluticasonpropionat in Erwägung zu ziehen, bedurfte gleichfalls keine Überlegungen erfinderischer Art. Nachdem dieser Wirkstoff – wie aus dem Abstract D10 zu ersehen ist – genau die im Übersichtsartikel D8 gemachten Vorgaben für eine Weiterentwicklung der als Entzündungshemmer in der Asthmatherapie eingesetzten Corticosteroide erfüllt, lag es auf der Hand, diesen Arzneistoff als geeignete Komponente in einer Kombination mit einem Bronchodilator in Betracht zu ziehen, zumal solche Kombinationen für eine regelmäßige Anwendung auf Dauer vorgesehen sind. Nachdem ferner beide Wirkstoffe ihre größte Wirksamkeit laut Stand der Technik dann entfalten, wenn sie inhalativ verabreicht werden, diese Verabreichungsform so auch im Dokument D8 für eine entsprechende Kombination als sinnvoll beschrieben wird, kann ferner auch die Maßnahme, die im strittigen Patentanspruch 1 genannte Zusammensetzung zur inhalativen Gabe bereitzustellen, keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Diese beiden Wirkstoffe als zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe geeignet anzusehen, hatte der Fachmann im Übrigen eine umso größere Veranlassung, weil ihm – wie aus dem auf die Streitpatentinhaberin zurückgehenden Dokument SCRIP No 1184 aus dem Jahr 1987 (D40) ersichtlich ist - überdies bekannt war, dass Salmeterol und Fluticasonpropionat explizit als - im Falle des Salmeterol sogar idealer - Ersatz des zum maßgeblichen Zeitpunkt üblicherweise verwendeten ß 2 -Adrenozeptor-Agonisten Salbutamol und des Corticosteroids Beclomethason entwickelt worden waren, und beide Wirkstoffe - laut diesem Bericht sowie dem ebenfalls auf die Streitpatentinhaberin zurückgehenden Bericht in SCRIP No 1411 vom 12. Mai 1989 (D9) über Salmeterol, in dem auch Fluticasonpropionat unter "…full development compounds" für die Indikation Asthma mittels Inhalation aufgeführt wird - bereits in der Phase der klinischen Untersuchungen waren (vgl. D40 S. 9 li./re. Sp. "...salmeterol and fluticasone" sowie D9 S. 6 li. Sp. Tabelle und re. Sp. "...salmeterol"). Damit war für ihn mit diesen Publikationen um so mehr eine realistische Erwartung verbunden, mit der in Rede stehenden Wirkstoff-Kombination zu einem nützlichen Ergebnis zu kommen. Die Beklagte hat im Zusammenhang mit diesen Publikationen zwar eingewendet, deren Inhalt habe keinen sachlichen Aussagewert, weil es sich bei diesen lediglich um Verlautbarungen handele, die im Zusammenhang mit der Geschäftspolitik eines Unternehmens zu sehen seien, kann sich der Senat nicht anschließen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG umfasst der Stand der Technik alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitraum der Anmeldung maßgeblichen Tag u. a. durch schriftliche Beschreibung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind. Dabei fallen unter die Definition "schriftliche Beschreibungen" alle Erzeugnisse der Druckerpresse, wobei der Ort der Veröffentlichung ohne Belang ist (vgl. Schulte PatG. 8. Aufl. § 3 Rdn. 20, Benkard 10. Aufl. § 3 Rdn. 24). Die mit dieser Wirkstoffkombination aus Salmeterol und Fluticasonpropionat erzielten verbesserten Wirkungen, wie eine längere Wirkungsdauer des Bronchodilators, geringere systemische Nebenwirkungen durch das Corticosteroid und eine bessere Compliance, waren für den Fachmann angesichts des vorliegenden Standes der Technik sodann von vornherein zu erwarten gewesen. Wird doch im Dokument D8 beschrieben, dass Salmeterol über eine längere Wirkungsdauer verfügt als das bis dahin üblicherweise verwendete Salbutamol und im Abstract D10, dass Fluticasonpropionat wirksamer ist und geringere systemische Nebenwirkungen aufweist, als das üblicherweise verwendete Beclomethason. So war mit der Gabe beider Wirkstoffe für den Fachmann nicht nur vorhersehbar, dass aufgrund der längeren Wirkungsdauer von Salmeterol das Auftreten nächtlicher Asthmaanfälle vermieden werden kann. Mit der Gabe von Fluticasonpropionat war auch vorhersehbar, dass weniger systemische Nebenwirkungen auftreten werden, zumal dieses Corticosteroid sich wirksamer als das üblicherweise verwendete Beclomethason erwiesen hatte. Damit ist aber im Allgemeinen zur Erzielung einer vergleichbaren Wirkung - und dieses ist dem Wissen des Fachmannes zuzuordnen - auch eine Reduzierung der erforderlichen Dosis verbunden. Bedingt durch die längere Wirkungsdauer des Salmeterols konnte der Fachmann darüber hinaus im Übrigen noch mit einer weiteren Verringerung der mit der Gabe des Corticosteroids verbundenen Nebenwirkungen rechnen. Mit der nur noch zweimal täglich erforderlichen Applikation des Mittels wird nämlich zudem die – wie die Beklagte vorgetragen hat - von der Fachwelt in Verbindung mit solchen Kombinationen allgemein gesehene Gefahr einer Überdosierung vermieden. Durch die mit diesen Wirkstoffen ermöglichte Reduzierung der Anzahl der erforderlichen regelmäßigen Applikationen zur Sicherstellung einer für den Patienten bestmöglichen Behandlung seiner Asthmaerkrankung in Verbindung mit der Verringerung der im Zusammenhang mit Corticosteroiden befürchteten systemischen Nebenwirkungen konnte der Fachmann schließlich von vornherein davon ausgehen, dass dieses zu einer verbesserten Compliance beiträgt. Die Bereitstellung solcher fixen Wirkstoffkombinationen führt dabei nicht – wie die Beklagte vorgetragen hat – zu eine Einschränkung der Therapiefreiheit, weshalb der Fachmann auch aus diesem Grunde solche Formulierungen von vornherein ablehne. Nach Auffassung des Senates stellt die Zusammensetzung gemäß geltendem Patentanspruch 1 lediglich eine weitere, vom Fachmann ebenfalls in Betracht gezogene Möglichkeit der Medikation dar. Dieses trifft umso mehr zu, als im Stand der Technik – wie vorstehend dargelegt – regelmäßig darauf hingewiesen wird, dass mit Rücksicht auf die Compliance der zur Behandlung von Asthmapatienten erforderlichen Corticosteroide fixe Kombinationen mit ß 2 -Adrenozeptoragonisten erwünscht seien (vgl. insbesondere D13 S. 882 re. Sp. le. Abs., D8 S. 308/309 "Conclusions"; D11 S. 427 Abs. 1 und 2, S. 428/429 übergreifender Absatz bis S. 429 vorl. Absatz und S. 430 "Conclusion"). Die zur Verfügungstellung solcher Formulierungen hindert den Fachmann, selbst wenn er ein Gegner dieser Applikationsart ist, zudem nicht, die Wirkstoffe weiterhin getrennt und flexibel zu verabreichen, da sie als solche ebenfalls im Handel sind und der Arzt in der Therapie frei bleibt. Der von der Beklagten unter Hinweis auf eine große Anzahl von Publikationen vorgetragene weitere Einwand, der Fachmann habe, um zu der strittigen Zusammensetzung zu kommen, unter einer unüberschaubar großen Zahl von Wirkstoffen erst die geeigneten Komponenten auffinden müssen, wobei er sich bei seiner Auswahl am Gesamtprofil aller Kandidaten orientiere, kann zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führen. Wie bereits im Zusammenhang mit dem Übersichtsartikel D8 dargelegt, waren der Fachwelt zum Prioritätstag zwar eine Vielzahl unterschiedlicher Wirkstoffgruppen bekannt, die zur Behandlung von Asthma als gegebenenfalls geeignet in Betracht gezogen werden konnten. Gleichzeitig waren von diesen jedoch auch jene Fakten bekannt, die bereits anhand des druckschriftlichen Standes der Technik gegen deren Verwendung sprachen. Im Endergebnis hatten sich dabei unter diesen als die vorteilhafteste und ein großes Interesse auf sich ziehende Wirkstoffgruppe jene der ß 2 -Adrenozeptoragonisten und unter diesen wiederum die beiden Wirkstoffe Formoterol und Salmeterol herauskristallisiert. Das große Interesse der Fachwelt an dieser Wirkstoffgruppe erweist sich im Übrigen auch anhand der vielen Publikationen, die die Beklagte selbst zur Wirkstoffgruppe der ß 2 -Adrenozeptoragonisten eingereicht hat. So wird z. B. auch im Gutachten HE39 darauf hingewiesen, dass ß 2 -Adrenozeptoragonisten zum maßgeblichen Zeitpunkt als wesentliche Therapeutika zur Behandlung von Asthma angesehen wurden. Wie aus diesem Gutachten ebenfalls zu ersehen ist, trifft dieses im Übrigen auch auf deren kombinierte Gabe mit der Wirkstoffgruppe der Corticosteroide zu (vgl. S. 4/5 übergreifender Abs. S. 7 Z. 1 bis 3, S. 7/8 übergreifender Absatz). Damit stand der Fachmann nicht orientierungslos einer unübersehbaren Anzahl unterschiedlichster, stets gleichermaßen in Frage kommender Wirkstoffe gegenüber. Vielmehr werden ihm mit den Dokumenten D8 und D10 bereits die Hinweise vermittelt, welche Wirkstoffe die Kriterien für eine verbesserte Asthmatherapie weitestgehend erfüllen, weshalb er sich zunächst auch diesen Wirkstoffen zuwenden wird. Er wird umso mehr dazu veranlasst sein, als diese Wirkstoffe nicht nur einer in der Praxis bereits erprobten Wirkstoffgruppe angehören, sondern als erfolgversprechende Weiterentwicklungen bereits selbst in der klinischen Phase sind und augenscheinlich als Mittel der Wahl erachtet werden. Diese Anregungen wird er, bevor er sich anderen Lösungsmöglichkeiten und damit gegebenenfalls neuen Wegen mit ungewissem Ausgang zuwendet, vorliegend realistischerweise insbesondere auch deshalb zuvörderst aufgreifen, weil ihm die Anwendung von Kombinationen der in Rede stehenden Wirkstoffgruppen, d. h. von ß 2 -Adrenozeptoragonisten und Corticosteroiden - sei es in freier, d. h. flexibler, oder in fixer Form -, in der Praxis bereits bekannt ist und er zudem bestrebt sein wird, beginnend mit den ihm – wie anhand der Dokumente D9 und D40 zu ersehen ist - bereits zur Verfügung stehenden und unmittelbar bekannten Wirkstoffen Salmeterol und Fluticason die bestmögliche Lösung aufzufinden, bevor er sich - bei Misserfolgen - danach alternativen Wirkstoffen anderer Arbeitsgruppen - auf die die Beklagte unter Vorlage einer Reihe von Dokumenten verwiesen hat – zuwendet. Dieses trifft auch im Hinblick auf den Einwand der Beklagten zu, für den Fachmann sei bei einer Auswahl das Gesamtprofil eines Wirkstoffes maßgeblich. Abgesehen davon, dass es sich dabei um ein Erfordernis für eine arzneimittelrechtliche Zulassung handelt und sich erst im Zusammenhang mit den dazu erforderlichen Untersuchungen und klinischen Versuchen ergibt, stehen dem Fachmann solche Daten von allen für sein Einsatzgebiet nur denkbar möglichen Wirkstoffen, die üblicherweise von anderen Forschungsgruppen erhoben wurden, nicht ohne Weiteres zur Verfügung. Der mit der Erhebung solcher Daten verbundene Aufwand dürfte von vornherein alleine schon aus rein wirtschaftlichen Überlegungen nicht als gerechtfertigt angesehen werden. Geltender Rechtsprechung folgend, vermag im Übrigen das Vorhandensein anderer Lösungsalternativen alleine eine erfinderische Tätigkeit auch dann nicht zu begründen, wenn diese aus Sicht aller oder eines Teils der Fachleute näher liegend oder vorteilhafter erscheint. Aus einer relativen Einordnung in diesem Sinn lässt sich nämlich die für die Beantwortung der Frage der Patentfähigkeit ausschlaggebende Frage, ob die Entwicklung der beanstandeten Lehre Können und Fähigkeit des Durchschnittsfachmannes im Prioritätszeitpunkt überstiegen, nichts gewinnen (vgl. GRUR 1996, 857, 860 III. 2. b) – "Rauchgasklappe"). Auch das Argument, es habe ein Vorurteil der Fachwelt bestanden, ß 2 -Adrenozeptoragonisten für eine Dauerbehandlung in Kombination mit einem Corticosteroid in Betracht zu ziehen, kann den Senat nicht überzeugen. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang genannten Publikationen, in denen von der Möglichkeit einer erhöhten Mortalität im Zusammenhang mit der Gabe von ß 2 -Adrenozeptoragonisten berichtet wird, sind nicht dazu geeignet, dieses Argument zu stützen. Der Artikel HE40 von Crane, J. et. al in "The Lancet, 29. April 1989" betrifft ausschließlich Fenoterol, einen im Vergleich zu Salbutamol mit stärkeren Nebenwirkungen verbundenen, weniger selektiven ß 2 -Adrenozeptoragonisten. Die schweren Nebenwirkungen werden als Grund für die in Verbindung mit Fenoterol beobachtete erhöhte Mortalität gesehen (vgl. S. 918 li. Sp. Abs. 4 sowie S. 921 re. Sp. Abs. 3 und 4). Dieser Artikel vermittelt dem Fachmann jedoch nicht die Lehre, die dortigen Aussagen seien so auch auf selektivere ß 2 -Adrenozeptoragonisten wie Salbutamol bzw. Weiterentwicklungen dieses Wirkstoffes übertragbar. Die Beiträge HE41 von B. A. Mitchell in "Thorax" aus dem Jahr 1989 und HE82 in der "Sunday Times" vom 12. Oktober 1986 beschäftigen sich mit den Folgen einer Monotherapie mit ß 2 -Adrenozeptoragonisten. Die im Zusammenhang damit berichtete Mortalität wird dort auf eine Überschätzung und falsche Handhabung dieses Wirkstoffes sowie die Behandlung nur einer der die Krankheit bestimmenden Komponenten zurückgeführt (vgl. HE41: S. 82 li. Sp. Abs. 3 sowie HE82: li. Sp. Abs. 4 bis 2. mi. Sp. Abs. 2). Dieses führt aber nicht dazu, dass die Autoren von der Verwendung von ß 2 -Adrenozeptoragonisten abraten. Vielmehr plädieren sie dafür, diesen Wirkstoff für den Fall, er werde regelmäßig gegeben, nicht in hohen Dosen zu verabreichen bzw. zusätzlich Corticosteroide zu geben (vgl. HE41 S. 83 li./re. Sp. übergreifender Absatz und HE82 2. mi./re. Sp. übergreifender Absatz). Ein zum maßgeblichen Zeitpunkt bestehendes Vorurteil hinsichtlich der Verwendung von ß 2 -Adrenozeptoragonisten bei Asthmatikern in Kombination mit Corticosteroiden ist daraus nicht ableitbar. Dem Einwand der Beklagten widerspricht im Übrigen auch das zum maßgeblichen Zeitpunkt erkennbare Bestreben der Fachwelt - wie es z. B. anhand der Dokumente D40, HE50 bis HE59, HE64 ersichtlich ist - die Wirkstoffklasse der ß 2 -Adrenozeptoragonisten durch die Entwicklung neuer Wirkstoffkandidaten weiter zu entwickeln. Die Beklagte weist im Rahmen ihres Vortrages ferner darauf hin, der Fachmann habe eine Zusammensetzung gemäß strittigem Patentanspruch 1 auch deshalb nicht ohne Weiteres in Erwägung gezogen, weil Salmeterol einen gegenüber Salbutamol verzögerten Wirkungseintritt habe, im Bedarfsfall somit nicht sofort erkennbar wirke. Dieses Argument kann jedoch nicht greifen, weil es sich bei der strittigen Zusammensetzung nicht um eine Wirkstoff-Kombination für den Akutfall handelt, sondern um eine Zusammensetzung zur Herstellung eines zur Symptomkontrolle vorgesehenen regelmäßig einzunehmenden Arzneimittels, worauf die Beklagte in der mündlichen Verhandlung selbst hingewiesen hat. Auch das Salbutamol-enthaltende Präparat Ventide® war nicht für den Akutfall vorgesehen, vielmehr wurde dafür die Verwendung eines zusätzlichen separaten, nur Salbutamol enthaltenden Inhalators anempfohlen (vgl. D20 S. 52 li. Sp. vorletzter Absatz i. V. m. S. 53 li. Sp. "Ventolin® Inhaler"). Entsprechend wird - wie aus D39, dem "Datenblatt Viani®" zu ersehen ist - auch i. V. m. mit der strittigen Wirkstoffkombination angegeben, dass eine ausreichende Dosierung eines Beta 2 -Agonisten verschrieben werden sollte, wenn der Patient diesen außerhalb des empfohlenen Behandlungsschema benötige (vgl. 4.2. "Dosierung", 2. Sp. Abs. 4). Gleichfalls kann sich der Senat dem Argument der Beklagten nicht anschließen, der Fachmann habe die Kombination der Substanzen Salmeterol und Fluticasonpropionat wegen der zu erwartenden chemischen Inkompatibilität von vornherein ausgeschlossen. Im Zusammenhang mit den Wirkstoffen selbst, wird von einer zu befürchtenden chemischen Instabilität aufgrund der Reaktivität der Substituenten – der Thioestergruppe des Fluticasonpropionats und der nukleophilen Gruppen des Salmeterols - im Stand der Technik nichts berichtet. Vielmehr wird in den insbesondere diese Wirkstoffe selbst betreffenden Dokumenten sogar eine Zubereitung mit dem üblicherweise Wasser enthaltenden Zucker Lactose (vgl. dazu D46 S. 155 re. Sp. "Moisture content") beschrieben, ohne dass gleichzeitig auf die Notwendigkeit von besonderen Maßnahmen zur Unterbindung unerwünschter Nebenreaktionen hingewiesen wird (D14 Patentansprüche 1 und 14 i. V. m. S. 24 Z. 18 bis 21 sowie S. 26 "Example (D)" und D25 Patentansprüche 1, 9 und 10 i. V. m. Beschreibung S. 4 Z. 21 bis 26 und 35 bis 62 sowie S. 33 Z. 44 bis 56). Damit aber konnte der Fachmann zwar theoretisch unerwünschte Nebenreaktionen aus dem Vorliegen der Substituenten nicht ausschließen, konkrete Hinweise dafür lagen aber nicht vor. Geltender Rechtsprechung folgend wird der mit der praktischen Entwicklung von Arzneimitteln betraute Fachmann jedoch nicht umfangreiche theoretische Betrachtungen anstellen, wie sie z. B. in den Gutachten HE4 bis HE7 und HE42 bis HE44 dargelegt sind, sondern die chemische Stabilität solcher Substanzen experimentell überprüfen (vgl. BGH GRUR 2010 123, 127 [40] - Escitalopram). Der Einwand der Streitpatentinhaberin, dem Fachmann hätten auch andere Wege der Verabreichung der Wirkstoffe als durch Inhalation zur Verfügung gestanden, kann ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führen. Bereits in den britischen Patentschriften D14 und D25, die beide Wirkstoffe als neue Stoffe beschreiben, werden diese insbesondere dann, wenn es um die Behandlung von Asthma geht, zur Inhalation vorgeschlagen (vgl. D14 S. 24 Z. 53 bis 61 und D25 S. 3 Z. 9/10 i. V. m. S. 4 Z. 29). Auch im Weiteren dem Senat vorliegenden Stand der Technik werden die in Rede stehenden Wirkstoffe in erster Linie inhalativ verabreicht. Auf diese Weise nämlich kann der Arzneistoff direkt auf dem kürzesten Weg zu seinem Wirkungsort transportiert werden, was zu einer Reduzierung der systemischen Nebenwirkungen beiträgt (vgl. z. B. D8 S. 295 Abs. 1, vorletzter Satz und Abs. 2, S. 303 Abs. 1, S. 308 Abs. 2 und 3, D9 S. 6 li. Sp. Tabelle und 4. Abs. von unten, D10 le. Abs, HE41 S. 83 li./re. Sp. übergreifender Absatz oder HE82). Damit stellt die Verabreichung der in Rede stehenden Wirkstoffe in der Asthmatherapie durch Inhalation einen vielfach begangenen Weg dar. Die entsprechende Formulierung des beanspruchten Mittels ergab sich daher für den Fachmann in nahe liegender Weise. Nachdem somit bereits die Kombination der Wirkstoffe für den Fachmann nahe liegend war, kann - wie in der BGH-Entscheidung "Kosmetisches Sonnenschutzmittel" (vgl. BGH GRUR 2003, 317 Ls.) ausgeführt - der von der Beklagten geltend gemachte synergistische Effekt nichts zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit beitragen. Abgesehen davon konnte der Fachmann sogar davon ausgehen, dass ein synergistischer Effekt zusätzlich auftreten könnte, nachdem bereits im Stand der Technik auf die Möglichkeit eines entsprechenden Zusammenwirkens von ß 2 -Agonist und Corticosteroiden hingewiesen wird (vgl. D27 S. 366 Abs. 2 und S. 371 Abs. 3 und 4). Der Gegenstand des geltenden Patentanspruches 1 ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht bestandsfähig. 3. Ein bestandsfähiger Rest kann vom Senat auch nicht im Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruches 5 sowie den Gegenständen der jeweils nachgeordneten erteilten Patentansprüche 2 und 4 sowie 6 sehen. Sie teilen daher das Schicksal des Patentanspruches 1 und fallen ebenso der Nichtigkeit anheim. Der nebengeordnete Patentanspruch 5 betrifft die Verwendung von Salmeterol und/oder einem physiologisch verträglichen Salz davon und Fluticasonpropionat zur Herstellung eines Arzneimittels, somit keinen anderen Sachverhalt, als er mit dem erteilten Patentanspruch 1 vorliegt, weshalb die zum Patentanspruch 1 dargelegten Gründe hier ebenfalls vollumfänglich gelten. Dieses trifft auch auf die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 und 6 zu, die lediglich bevorzugte Ausführungsformen der im Patentanspruch 1 genannten Zusammensetzung bzw. im Patentanspruch 5 angegebenen Verwendung betreffen. Das im rückbezogenen Patentanspruch 2 genannte Salz stellt nämlich ebenso eine bereits bekannte Ausführungsform dar (vgl. D25 Beschreibung S. 3 Z. 48/49 i. V. m. S. 2 Z. 58/59), wie die nachfolgend im Zusammenhang mit der Diskussion der Hilfsanträge 1 bis 7 erörterten im Patentanspruch 3 genannten Darreichungsformen, die im Patentanspruch 4 angegebenen Dosismengen bzw. die im rückbezogenen Patentanspruch 6 angegebene zweimal tägliche Verabreichung von Salmeterol. III. Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 7 erweisen sich aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit gleichfalls als nicht bestandsfähig. 1. Die Patentansprüche 1 bis 6 gemäß 1. Hilfsantrag entsprechen den erteilten Patentansprüchen 1 bis 6, mit der Ausnahme, dass statt einer Zusammensetzung nunmehr ein Mittel beansprucht wird und es sich dabei um ein Kombinationspräparat handelt. Der Gegenstand wird damit gegenüber den erteilten Unterlagen nicht erweitert (vgl. Streitpatentschrift D1 S. 2 Z. 51 bis 54). Auch der Kategoriewechsel ist zulässig, weil mit dem Mittelanspruch eine Einschränkung gegenüber dem erteilten Stoffanspruch, der trotz der Zweckangaben absoluten Schutz gewährt, erfolgt (vgl. Schulte PatG 8. Aufl. § 1 202, 203, 215, 217, 218, 221, 274, Busse PatG 6. Aufl. § 1 Rdn. 124, 139, 140, 141 und Benkard PatG 10. Aufl. § 1 Rdn. 5, 7, 20, 39 und 76, § 14 Rdn. 39, 44, 45). Damit mag der beanspruchte Gegenstand beschränkt worden sein. Nachdem die Bereitstellung eines Kombinationspräparates für den Fachmann aber – wie vorstehend unter II. 2. 1. a) bis c) dargelegt – insbesondere für ein spezielles Patientenkollektiv eine in Betracht zu ziehende Alternative zur getrennten Gabe von Salmeterol und/oder seiner physiologisch verträglichen Salze und Fluticasonpropionat darstellt, treffen die zu den entsprechenden erteilten Patentansprüchen jeweils dargelegten Gründe hier ebenso zu. 2. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Hilfsanträge 2 bis 5, deren jeweilige Patentansprüche 1 und die mit den Patentansprüchen 4 bzw. 3 beanspruchte Verwendung des Mittels durch die Aufnahme von in den erteilten Patentansprüchen 3, 4 und 6 angegebenen Merkmalen weiter beschränkt worden sind. Bei diesen Merkmalen handelt es sich um Maßnahmen zur Formulierung des beanspruchten Mittels sowie einer Dosierungsempfehlung. Salmeterol bzw. Fluticasonpropionat in einem abgemessene Mengen dosierenden Inhalator oder in Form eines vordosierten Pulvermittels zu verabreichen, war dem Fachmann aus dem Stand der Technik für beide Wirkstoffe zum maßgeblichen Zeitpunkt aber bereits bekannt, ebenso die Abgabemengen, bei denen er mit einer Wirkung dieser Arzneistoffe rechnen konnte (vgl. D14 S. 24 Z. 22 bis 28, Z. 37 bis 49, Z. 53 bis 61 sowie S. 25 Z. 40 bis S. 26 Z. 13; D25 S. 4 Z. 27 bis 39 sowie S. 4 Z. 63 bis S. 5 Z. 3 und S. 32 Z. 41 bis 57 sowie S. 33 Z. 44 bis 55; D9 S. 6 re. Sp. Abs. 5 1. Satz). Diesen jeweiligen Vorgaben sodann zu folgen, stellt eine rein handwerkliche Tätigkeit dar und kann keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Dieses trifft ebenso auf die Maßgabe der zweimal täglichen Verabreichung zu. Dabei mag es dahingestellt bleiben, inwiefern es sich hierbei nicht nur sogar lediglich um einen Teil der Aufgabe handelt bzw. dieses Merkmal eine Dosisempfehlung darstellt, und von daher überhaupt zulässig ist (vgl. BGH GRUR 1985, 31 Ls. - Acrylfasern; BGH GRUR 2007 404, 405 [16], [17] – Carvedilol II). Wie aus dem Bericht D9, S. 6 re. Sp. vorl. Abs. ersichtlich, handelt es sich bei Salmeterol um einen Wirkstoff, dessen Wirkungsdauer sich in Versuchen über einen Zeitraum von 20 Stunden erstreckte. Präparate, die diesen Wirkstoff enthalten, sodann mit entsprechenden Zeitintervallen, während denen eine konstante Wirksamkeit gewährleistet ist, einzusetzen, liegt auf der Hand. Da sich mit der Aufnahme dieser Merkmale somit kein anderer Sachverhalt ergibt, gelten die im Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit des Patentgegenstandes gemäß Hauptantrag genannten Nichtigkeitsgründe daher entsprechend. Auch der Verweis der Streitpatentinhaberin auf die im jeweiligen Patentanspruch 1 des 4. und 5. Hilfsantrages angegebenen geringen Dosismengen, die streitpatentgemäß nur noch erforderlich sind, um die gewünschte Wirkung zu erzielen, kann zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit nichts beitragen. Zum Einen bewegen sich die in diesen Patentansprüchen angegebenen Bereiche in den für die in Rede stehenden Wirkstoffen empfohlenen Dosierungsbereichen. Zum Anderen geben die Druckschriften D14 und D25 dem Fachmann bereits den Hinweis, dass im Falle der Inhalation verglichen mit oralen oder parenteralen Applikationen, die zu verabreichende Dosierung mit weit geringeren Mengen erfolgen kann (vgl. D14 S. 24 Z. 48/49 sowie Z. 53 bis 61 und D25 S. 4 Z. 63 bis S. 5 Z. 3). Davon ausgehend brauchte der Fachmann nur noch in Dosisfindungsstudien, die seiner Routinetätigkeit zuzurechnen sind, die für ihn optimale Dosierung zu ermitteln. 3. Die jeweiligen Patentansprüche 1 und 3 des 6. und 7. Hilfsantrages unterscheiden sich von den vorausgehenden Hilfsanträgen darüber hinaus dadurch, dass das dort angegebene Mittel zusätzlich die in der Beschreibung des Streitpatentes als Hilfsstoff genannte Lactose enthält (vgl. Streitpatentschrift D1 S. 3 Z. 13 bis 15) und gemäß Hilfsantrag 7 nur noch auf die Behandlung von – auf S. 2 Z. 3 bis 40 der Streitpatentschrift D1 als Beispiel für eine respiratorische Erkrankung beschriebenem – Asthma gerichtet ist. Bei Lactose handelt es sich, wie wiederum aus den Dokumenten D14 und D25 zu ersehen ist, um einen üblichen Formulierungs-Hilfsstoff, insbesondere auch bei der Herstellung von zur Inhalation vorgesehenen Pulver-Zubereitungen. Ebenso ist aus diesen Druckschriften sowie im Übrigen auch dem weiteren Stand der Technik bekannt, die in Rede stehenden Wirkstoffe insbesondere zur Behandlung der respiratorischen Erkrankung Asthma einzusetzen (vgl. D14 S. 24 Z. 40 bis 42 sowie S. 26 "Example (D)" und D25 S. 3 Z. 9/10, S. 4 Z. 35 bis 37, S. 30 Z. 14 bis 33 sowie S. 33 Z. 44 bis 55 sowie auch D8 S. 295 Abs. 2, D10 und D9 S. 6 li. Sp. Tabelle). Damit aber ergibt sich auch für die Patentansprüche 1 bis 3 der Hilfsanträge 6 und 7 keine andere Bewertung, weshalb diese ebenfalls eine erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen vermögen. IV. Damit erweist sich auch das von den Klägerinnen zu 1), zu 2) und zu 4) ebenfalls angegriffene Schutzzertifikat DE 199 75 040 als nicht bestandsfähig, weil das Grundpatent, wie im Urteilstenor angegeben, nichtig zu erklären ist. Die Nichtigkeit des ergänzenden Schutzzertifikates folgt daher gemäß Art. 15 Abs. 1 c) VO (EWG) Nr. 1768/92 (AMVO) aus der Nichtigkeit des Grundpatentes. V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005920&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005928
BPatG
München
14. Senat
20100430
14 W (pat) 30/06
Beschluss
§ 34 Abs 4 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - "Verwendung hydrothermaler Gesteinsablagerungen zur Verbesserung der Lichtquanten" – zur Ausführbarkeit einer Erfindung – aufwändige Versuche und Vervollständigung der beanspruchten technischen Lehre erforderlich – Erfindung nicht ausführbar
In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 195 41 735.6-41 … hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2010 unter Mitwirkung der Richterin Dr. Proksch-Ledig als Vorsitzende, der Richter Harrer und Dr. Gerster sowie der Richterin Dr. Schuster beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Mit Beschluss vom 30. Mai 2006 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Verwendung hydrothermaler Gesteinsablagerungen zur Verbesserung der Lichtquanten - Resonanzeffekte des Körpers durch molekulardisperse Verteilung, insbesondere zur Gesundheitsvorsorge“ zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im Wesentlichen damit begründet, dass die Gegenstände der seinerzeit geltenden Ansprüche über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgingen und damit nicht den Anforderungen des § 38 Patentgesetz genügten, da insbesondere der Begriff „Reibverschweißen“ aus den ursprünglichen Unterlagen nicht ableitbar sei. Außerdem sei in den ursprünglichen Unterlagen kein konkreter Weg zum Ausführen der beanspruchten Erfindung im Einzelnen angegeben. Es sei nämlich weder zu entnehmen, welche hydrothermalen Ablagerungen mit welchen Nano-Edelmineralen und weiteren Stoffen mit welchem Hochenergiemahlverfahren in welchem Verhältnis zu einer Suspension verarbeitet werden sollen, um für einen bestimmten Verwendungszweck eingesetzt zu werden, noch sind die angestrebten Wirkungen auf Mensch oder Tier erläutert. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren mit dem Patentanspruch 1 vom 29. Juni 2006, den Patentansprüchen 2 bis 3 vom 9. November 2005 und den Patentansprüchen 4 bis 32 vom 3. Oktober 2005 sowie der Beschreibung vom 3. Oktober 2005 weiterverfolgt. Der geltende Anspruch 1 lautet: „Die Verwendung einer Zusammensetzung, die hergestellt wird durch Suspendieren hydrothermaler Ablagerungen aus Thermal-, Sole-, Fango-, Schwefel-, Heil-, Meer-, See-, Fluss-, Quell- und Mineralwasservorkommen und Mahlen mittels eines Hochenergiemahlverfahrens unter Verwendung von Nanokristallen, Nanomineralen, Nanoelementen und Nanoedelmineralen mit Wasser, Ölen, Säuren, oder anderen Flüssigkeiten, pflanzlichen, mineralischen und tierischen Stoffen gemischt, zur Herstellung von neuartigen Stoffverbindungen für Gesundheitsvorsorge-, Kur-, Naturheil-, Lebens-, Nahrungsergänzungs-, Gesundheitspflege-, kosmetische-, pharmazeutische Mittel und Getränke dadurch gekennzeichnet, dass in einem ersten Verfahrensschritt a) hydrothermale Ablagerungen, dabei handelt es sich um auskristallisierte Mineralsteine, Mineralsalze, Minerale, Spurenelemente aus: Calcit, Arragonit, Dolomit, Marmor, Zinkblende, Smithsonit, Wurzit, Manganit, Hausmannit, Neptunit, Hornblende, Calaverit, Stephanit, Hessit, Krennerit, Chalkosin, Bornit, Linneit, Magnetkies, Carrolit, Ilmenit, Ullmannit, Markasit, Klinozoisit, Pyrophylit, Nakrit, Ankerit, Rhodochrosit, Kutnahorit, Epistilbit, Heulandit, Flusspat, Basnäsit, Creedit, Synchisit, Tunisit, Chabasit, Graphit, Kohle , Vulkangestein, Zeolith, Apophylit, Sellait, Karpholith, Brookit, Kalifeldspat, Plagioklas, Aöbit, Vesuvian, Elbait, Dravit, Schörl, Buergerit, Tsilaisit, Uvit, Liddicoatit, Siderit, Sprudelstein, Hydrokarbonat, Calciumcarbonat, Sulfat, freie Kohlensäure, gelöster Sauerstoff, Metakieselsäure, Metaborsäure, Titansäure, Bernsteinsäure, Benzoesäure, Schwefel, Sole, Spuren von Eisen, Chrom, Titan, Aluminium, Gold, Silber, Platin, Selen, Molybdän, Ammonium, Calcium, Lithium, Natrium, Chlorit, Jodid, Fluor, Brom, Natrium, Thermalsalze, Kalium, Magnesium, Kobalt, Zink, Meersalze, Meerschaum, Weinstein, die mit: Nanomineralen, Nanokristallen, Nanoelementen und Nanoedelmineralen mittels eines Hochenergiemahlverfahrens pulverisiert werden und in einem zweiten Verfahrensschritt b) dem Mahlgut Flüssigkeiten wie Wasser, Thermal-, Heil-, Sole-, Schwefel-, Meer-, See-, Fluss-, Quell- und Mineralwasservorkommen, Öle, Säuren, Fette, Lösungsmittel, oder andere Flüssigkeiten, sowie die bei der Herstellung entstehenden Lösungen, Säuren, Salze, frei werdenden Gase, pflanzliche und tierische Stoffe zugegeben werden und in einem dritten Verfahrensschritt c) dieses Gemisch suspendiert wird“. Die Ansprüche 2 bis 32 sind auf Weiterbildungen der Verwendung nach Anspruch 1 gerichtet. Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin im Wesentlichen vorgetragen, dass der neue Anspruch 1 das Merkmal „Reibverschweißen“ nicht enthalte und daher aus den ursprünglichen Unterlagen ableitbar sei. Auch sei der Gegenstand des Anspruchs 1 gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik erfinderisch, da keine der Entgegenhaltungen Produkte lehre, die mittels Hochenergiemahlen nanokristallin hergestellt würden. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent zu erteilen mit folgenden Unterlagen: Patentanspruch 1 vom 29. Juni 2006, Patentansprüche 2 bis 3 vom 9. November 2005 und Patentansprüchen 4 bis 32 vom 3. Oktober 2005 sowie Beschreibung vom 3. Oktober 2005. Sie ist nach ordnungsgemäßer Ladung bei Aufruf zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der Patentansprüche 2 bis 32, wird auf den Akteninhalt verwiesen. II Die Beschwerde ist zulässig (§ 73 PatG); sie kann aber nicht zum Erfolg führen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die nunmehr geltende Fassung der Ansprüche 1 bis 32 aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen ableitbar ist, denn die beanspruchte Verwendung nach dem geltenden Anspruch 1 ist jedenfalls in der Anmeldung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 34 (4) PatG). Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 betrifft die Verwendung einer Zusammensetzung, die hergestellt wird durch Suspendieren hydrothermaler Ablagerungen und Mahlen mittels eines Hochenergiemahlverfahrens unter Verwendung von Nanokristallen, Nanomineralen, Nanoelementen und Nanoedelmineralen mit Wasser, Ölen, Säuren oder anderen Flüssigkeiten gemischt mit pflanzlichen, mineralischen und tierischen Stoffen zur Herstellung von neuartigen Stoffverbindungen für Gesundheitsvorsorge-, Kur-, Natur-, Lebens- Nahrungsergänzungs-, Gesundheitspflege-, kosmetische-, pharmazeutische Mittel und Getränke. Eine Erfindung ist ausführbar, wenn ein Fachmann anhand der Angaben in der Anmeldung unter Einsatz seines Fachwissens in der Lage ist, die offenbarte technische Lehre praktisch zu verwirklichen. Dies setzt voraus, dass die Erfindung brauchbar ist, d. h. dass das technische Ergebnis oder die angestrebte technische Wirkung überhaupt erzielbar ist, dass sie wiederholbar ist, also nicht nur zufällig realisiert werden kann, dass sie in ausreichendem Maße vom Fachmann in die Tat umgesetzt werden kann, dass sie im gesamten beanspruchten Bereich verwirklicht werden kann, dass sie mit zumutbarem Aufwand durch den Fachmann verwirklicht werden kann und dass diese Voraussetzungen zum Prioritätszeitpunkt gegeben sind (Schulte PatG 8. Aufl. § 34 Rdn. 361). Wie auch im angegriffenen Beschluss ausgeführt, ist in den ursprünglichen Unterlagen aber kein konkreter Weg beschrieben, wie der Fachmann, ein Pharmazeut, pharmazeutisch technischer Chemiker, Lebensmittelchemiker, Ernährungswissenschaftler oder Kosmetikchemiker, die in den Unterlagen als „erfindungsgemäße Zusammensetzung“ genannte Zusammensetzung in die Hände bekommt, die den im geltenden Anspruch 1 angegebenen Verwendungen zugeführt werden soll. Den ursprünglichen Unterlagen kann der Fachmann nämlich lediglich entnehmen, dass mit einem Hochenergiemahlverfahren die Zusammensetzung gelöst bzw. suspendiert wird, dass hydrothermale Ablagerungen in Kombination mit Nanomineralen, Spurenelementen und organischen Stoffen mittels eines Hochenergie-Mahlverfahrens verschiedener Flüssigkeiten bei niedrigen Temperaturen suspendiert werden, und dass durch das Hochenergie-Mahlverfahren der hydrothermalen Gesteinsablagerungen mit Thermal-, Meerwasser usw., Säften etc. bis zu einer Korngröße im Nanometerbereich Diffundierungen von schwer oder nicht zu verbindenden Stoffen stattfinden würden (DE 195 41 735 A1, Anspruch 8, Sp. 3 Z. 42 bis 52, Sp. 5 Z. 20 bis 32 und 54 bis 61). In sämtlichen Beispielen wird dabei von der „erfindungsgemäßen Zusammensetzung“ ausgegangen, die dann mit weiteren Zusätzen zu verschiedensten Erzeugnissen verarbeitet wird. Ein konkreter Herstellungsweg bzw. ein konkretes Beispiel für auch nur eine „erfindungsgemäße Zusammensetzung“ wird jedoch nicht beschrieben. Es werden lediglich Beispiele angegeben, wie aus der nicht näher definierten „erfindungsgemäßen Zusammensetzung“ Produkte für verschiedene Verwendungszwecke hergestellt werden können. Ob aber diese Produkte auch die angestrebten Wirkungen aufweisen, ist nicht beschrieben und konnte im Verlauf des Prüfungsverfahrens, wie im angegriffenen Beschluss zutreffend dargelegt, auch nicht nachgewiesen werden. Es besteht daher eine vollständige Ungewissheit über die konkrete Ausführung der „erfindungsgemäßen Zusammensetzung“ und die der Lehre nach für die einzelnen Verwendungen daran gekoppelte Wirkungsweise bzw. Heilwirkung. Es sind deshalb auch nicht nur einzelne orientierende Versuche erforderlich, um unter der Vielzahl möglicher Ausgangsstoffe und möglicher Mengenverhältnisse mittels irgendeines Hochenergiemahlverfahrens Zusammensetzungen bereitzustellen, und daran die beabsichtigten Wirkungen, insbesondere Heilwirkungen, der daraus hergestellten Erzeugnisse festzustellen und einen etwaigen Wirkungsgrad zu erproben. Es bedarf vielmehr erst aufwändiger Versuche und einer Vervollständigung der beanspruchten technischen Lehre, um aus der Vielzahl der unbestimmten Möglichkeiten eine ausführbare und fertige Lehre zu machen. Es fehlt für die maßgebliche Frage der Ausführbarkeit der Erfindung neben der Herstellbarkeit der Zusammensetzungen also auch daran, dass die Realisierung der besonderen Verwendungszwecke für den Fachmann nicht hinreichend offenbart ist (vgl. BPatG GRUR 2006, 1015, 1017, 3. - Neurodermitis-Behandlungsgerät). Es ist damit also kein Weg zum Ausführen der Erfindung eindeutig aufgezeigt, was erforderlich wäre, damit ein Fachmann zu deren Nacharbeitung ohne erfinderisches Zutun in der Lage wäre. Eine nicht deutlich und vollständige, insbesondere auch nicht fertige technische Lehre ist aber nicht ausführbar (Busse PatG 6. Aufl. § 34 Rdn. 278 und 308 m. w. Nachw.) Die Anmeldung erfüllt daher die Patentierungsvoraussetzungen gemäß § 34 (4) PatG nicht, da der Fachmann anhand der Angaben in der Anmeldung unter Einsatz seines Fachwissens nicht in der Lage ist, die offenbarte technische Lehre auszuführen. Der Patentanspruch 1 ist daher nicht gewährbar. Die Ansprüche 2 bis 32 teilen das Schicksal des Anspruchs 1 (vgl. BGH „Elektrisches Speicherheizgerät“ GRUR 1997, 120).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005928&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005933
BPatG
München
25. Senat
20100429
25 W (pat) 194/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Berry Cassis" – Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 60 545.0 hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: 1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. November 2008 und vom 16. Juni 2009 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Waren "Popcorn, Puffmais" zurückgewiesen worden ist. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung Berry Cassis ist als Wortmarke für eine Vielzahl von Waren der Klasse 30 angemeldet worden. Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 7. November 2008 die Anmeldung zunächst in vollem Umfang zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 16. Juni 2009 den vorgenannten Beschluss teilweise aufgehoben und im Übrigen die Erinnerung zurückgewiesen, soweit die Anmeldung im Erstbeschluss in Bezug auf die folgenden Waren zurückgewiesen worden war: "Tee, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Saucen (Würzmittel); Aromastoffe (pflanzliche), für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Backaromen, ausgenommen ätherische Öle; Aromen (pflanzliche), ausgenommen ätherische Öle; Biskuits; Bonbons; Brioches (Gebäck); Butterkeks; Cornflakes; Custard (Vanillesauce); Eiscreme; Speiseeispulver; Eistee; Erdnusskonfekt; Essenzen für Nahrungszwecke, ausgenommen ätherische Essenzen und Öle; Fondants (Konfekt); Fruchtgummi; Geleefrüchte (Süßwaren); Getränke auf der Basis von Tee; Getreideflocken; Grütze für Nahrungszwecke; Nahrungsmittel auf der Grundlage von Hafer; Haferflocken; Hafergrütze; Joghurteis (Speiseeis); Kakaoerzeugnisse; Kakaogetränke; Karamellen; Kaugummi, nicht für medizinische Zwecke; Kekse; Kleingebäck; Konfekt; Zuckerwaren; Kräcker (Gebäck); Kräutertees, nicht medizinische; Kuchen; Kuchenmischungen (pulverförmig); Kuchenteig; Kuchenverzierungen (essbar); Lakritze (Süßwaren); Lebkuchen; Maisflocken (Cornflakes); Maronen (Gebäck); Malzbiskuits; Mandelkonfekt; Marzipan; Mehlspeisen; Milchkakao; Milchschokolade (Getränk); Müsli; Pasteten (Backwaren); Pasteten (mit Teigmantel); Pastillen (Süßwaren); Petit Fours (Gebäck); Pfannkuchen (Crêpes); Pfefferkuchen; Pfefferminz für Konfekt; Pfefferminzbonbons; Popcorn; Pudding; Puffmais; Quiches; Reiskuchen; Roheis (natürlich oder künstlich gefroren); Saucen (Würzen); Schaumgummi (Süßwaren); Schokolade; Schokoladegetränke; Sorbets (Speiseeis); Teigwaren; Torten; Traubenzucker für Nahrungszwecke; Waffeln; Weingummi; Würzmittel; Würzzubereitungen für Nahrungsmittel; Zuckermandeln; Zuckerwaren als Christbaumschmuck; Zuckerwaren; Zwieback". Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke jedenfalls in Bezug auf die vorgenannten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Bei einer aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Bezeichnung sei es unumgänglich, zunächst den Bedeutungsgehalt der einzelnen Wörter zu ermitteln, bevor in einem zweiten Schritt zu prüfen sei, ob sich auch in der Gesamtheit eine beschreibende Gesamtaussage ergebe oder ob sie vom Sprachgebrauch auf dem betreffenden Gebiet in einer Weise abweiche, die dem Verkehr Anlass gebe, die angemeldete Marke als Hinweis zur Unterscheidung der Waren eines Unternehmens von denen anderer aufzufassen. Letzteres sei jedoch in Bezug auf die angemeldete Marke nicht zu bejahen. Der Markenbestandteil "Berry" gehöre zum Grundwortschatz der englischen Sprache und werde mit "Beere" übersetzt. Das weitere Markenelement "Cassis" sei als ursprünglich französischsprachiges Wort in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen und bezeichne die "schwarze Johannisbeere" bzw. einen aus der schwarzen Johannisbeere hergestellten Likör. Auch wenn die wortwörtliche Übersetzung der Gesamtbezeichnung "Beere schwarze Johannisbeere" laute, würden die maßgeblichen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung ohne weiteres als "Beere Cassis" bzw. " Cassisbeere " verstehen. Sie seien daran gewöhnt, dass in der Werbesprache häufig nicht darauf geachtet werde, ob eine deutsch- oder fremdsprachige Wortfolge grammatikalisch und sprachlich korrekt gebildet worden sei. Unerheblich sei, ob es sich um eine sprachliche Neuschöpfung der Anmelderin handele. Die angemeldete Bezeichnung erschöpfe sich in Bezug auf die vorgenannten Waren in einer bloßen Kombination von beschreibenden Angaben, zumal sich in der Alltagssprache die Bezeichnung " Cassisbeere " als Synonym zur "schwarzen Johannisbeere" eingebürgert habe. Von einer ungewöhnlichen Zweisprachenkombination könne nicht ausgegangen werden. Auch die Großschreibung des Bestandteils "Berry" könne nicht zur Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke führen. Denn hinsichtlich der vorgenannten Waren enthalte die angemeldete Marke lediglich einen deutlichen und unmissverständlichen, beschreibenden Aussagegehalt. Es handele sich um eine Beschaffenheitsangabe, da die Bezeichnung "Berry Cassis" beschreibend darauf hinweise, dass die so gekennzeichneten Waren mit Cassisbeeren zubereitet sein oder diese enthalten könnten oder die entsprechende Geschmacksrichtung aufweisen könnten. Nur im Hinblick auf die übrigen beanspruchten Waren könne die angemeldete Marke als Herkunftshinweis dienen. Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde. Aus Sicht der Anmelderin weist die angemeldete Marke auch in dem Umfang, in welchem sie im Erinnerungsbeschluss der Markenstelle zurückgewiesen wurde, Unterscheidungskraft auf. Im Segment der Süßwaren, insbesondere bei Fruchtbonbons und Fruchtgummi sei es branchenübliche Praxis, sprechende Marken zu kreieren. Auch wenn die angemeldete Marke nahe an einer beschreibenden Geschmacksangabe sei, handle es sich in ihrer Gesamtheit um eine sprachregelwidrig gebildete Kombination eines Wortes aus der englischen mit einem Wort aus der französischen Sprache. Es seien mehrere gedankliche Schritte erforderlich, um den Sinngehalt einer Geschmacksangabe zu erschließen. Der Verkehr habe kein Problem, mit der angemeldeten Bezeichnung die betriebliche Herkunft der so gekennzeichneten Waren zu identifizieren. Eine zu zergliedernde Betrachtungsweise, wie dies die Markenstelle auf verschiedenen Sprachebenen angestellt habe, sei nicht angebracht. Da die angemeldete Marke somit ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufweise, sei sie schutzfähig. Zudem sei zu berücksichtigen, dass bei Marken, die an beschreibende Angaben heranreichten, im Konflikt- oder Kollisionsfall sachgerechte Lösungen durch eine angemessene, ggf. enge Bemessung des Schutzbereichs möglich seien. Die Anmelderin macht zudem darauf aufmerksam, dass aus ihrer Sicht bei der Schutzerstreckung von IR-Marken auf Deutschland vergleichsweise großzügige Maßstäbe bei der Schutzfähigkeit Anwendung fänden, was von Markenverwertungsunternehmen verstärkt ausgenutzt werde. Um eigene Produkte abzusichern zu können, sie in dem hier maßgebenden Warensegment kein zu rigider Maßstab bei nationalen Markenanmeldungen angezeigt, zumal Schutzentziehungsverfahren aufgrund ihrer Dauer den praktischen Bedürfnissen bei relativ kurzlebigen Produkten nicht gerecht würden. Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. November 2008 und vom 16. Juni 2009 aufzuheben, soweit die Anmeldung im Umfang des Erinnerungsbeschlusses vom 16. Juni 2009 zurückgewiesen wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2010 und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen. II. Die Beschwerde ist zulässig, aber im Wesentlichen nicht begründet. Lediglich in Bezug auf einen geringen Teil der streitgegenständlichen Waren, nämlich bei "Popcorn, Puffmais" weist die angemeldete Marke entgegen der Auffassung der Markenstelle hinreichende Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Insoweit ist auch kein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ersichtlich. Hinsichtlich der weiteren streitgegenständlichen Waren ist aber das Vorliegen der notwendigen Unterscheidungskraft zu verneinen, so dass die Markenstelle die Anmeldung insoweit zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 und 5 MarkenG). Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 [Tz. 30, 31] - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 [Tz. 17] - FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850 [Tz. 19] - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 [Tz. 86] - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar nicht unmittelbar beschreiben, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006 a. a. O.). Dabei ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann, wobei es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen ankommt (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 [Tz. 24] - SAT.2; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 83 m. w. N.). Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 [Tz. 60] - Libertel). Dementsprechend hat der EuGH mehrfach eine strenge und vollständige, nicht auf ein Mindestmaß beschränkte Prüfung von absoluten Schutzhindernissen angemahnt, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2003, 606 [Tz. 59] - Libertel; GRUR 2004, 674 [Tz. 45] - Postkantoor; GRUR 2004, 1027 [Tz. 45] - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ). Auch der BGH klargestellt, dass nicht nur eine summarische Prüfung erfolgen darf; vielmehr sind die Gesichtspunkte umfassend zu würdigen, wobei im Rahmen der strengen und umfassenden Prüfung zu berücksichtigen ist, dass auch eine geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2009, 949 [Tz. 11] - My World). Soweit die Anmelderin darauf verweist, dass bei der Schutzerstreckung von IR-Marken hinsichtlich der Schutzfähigkeit "großzügigere" Maßstäbe zum Tragen kämen, so führt dies - selbst wenn man davon ausgeht, dass dies tatsächlich der Fall sein sollte - in Bezug auf die vorliegende Anmeldung zu keiner anderen Sichtweise beim Prüfungsmaßstab. Das Allgemeininteresse an der Vermeidung ungerechtfertigter Rechtsmonopole ist bei der Schutzerstreckung von IR-Marken auf Deutschland in gleicher Weise maßgebend wie bei der Prüfung nationaler Anmeldungen, zumal selbst die Inanspruchnahme des Telle-quelle-Schutzes nach Art. 6 quinquies PVÜ bei der Frage der Unterscheidungskraft zu keinem abweichenden Prüfungsmaßstab führt (vgl. Art. 6 quinquies B. 2. PVÜ). Ein einheitlicher und konsequenter Prüfungsmaßstab in der oben dargelegten Weise ist im Übrigen eher geeignet, den von der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung am 29. April 2010 vorgetragenen Missbräuchen von Markenrechten durch sog. "Markentrolle" entgegenzuwirken. Hiervon ausgehend weist die angemeldete Marke in Bezug auf die meisten beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft auf. Die Bedeutung von "Berry Cassis" als " Cassisbeere " oder "Beere Cassis", wobei "Cassis" für "schwarze Johannisbeere" steht, ist von der Markenstelle zutreffend abgeleitet und belegt worden. Zuzustimmen ist auch der Auffassung, dass die Endverbraucher als angesprochene Verkehrskreise diese Bedeutung ohne weiteres erkennen werden. Der Begriff "Berry" wird manchmal neben oder statt dem deutschsprachigen Begriff "Beere" verwendet. Außerdem ist die Bedeutung des englischen Begriffs "berry" entgegen der Auffassung der Anmelderin ohne weiteres verständlich, vor allem aufgrund der im Bereich der Getränke, aber auch auf den hier einschlägigen Warengebieten gebräuchlichen englischsprachigen (Frucht-)Bezeichnungen bzw. Geschmacks( richtungs )angaben wie "strawberry" (Erdbeere), "raspberry" (Himbeere), "blueberry" (Blaubeere) oder auch "cranberry" (Preiselbeere), die im inländischen Sprachgebrauch zunehmend statt der deutschen Begriffe verwendet werden Das Verständnis des Bedeutungsgehalts von "berry" wird zudem dadurch erleichtert, dass er in der Lautfolge "b – e – r" erhebliche klangliche Annäherungen an das Wort "Beere" aufweist. Die französischsprachige Bezeichnung "Cassis" für die "schwarze Johannisbeere" ist weitgehend geläufig, nicht zuletzt auch deshalb, weil es in Rezepten üblich ist, die schwarze Johannisbeere mit "Cassis" zu bezeichnen, etwa bei Nachspeisen, Eissorten oder bei Hinweisen auf die Zubereitungen von Getränken wie "Kir" (Sekt mit Cassis) oder "Kir-Royal" (Champagner mit Cassis). Der Umstand, dass die beiden Markenwörter ursprünglich aus unterschiedlichen Sprachen stammen, führt nicht zur Schutzfähigkeit, zumal beide Begriffe im inländischen Sprachgebrauch verwendet und verstanden werden. In diesem Zusammenhang darf die Verständnisfähigkeit des Verkehrs nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8, Rdnr. 84), da auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, der daran gewöhnt ist, in der Werbung ständig mit neuen und sogar nicht immer grammatikalisch korrekten Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm lediglich sachbezogene Informationen in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Außerdem hat der EuGH in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt betont, dass die bloße Aneinanderreihung von schutzunfähigen Bestandteilen im Allgemeinen selbst beschreibend bleibt, selbst wenn es sich um eine auf den Anmelder zurückzuführende begriffliche Neuschöpfung handeln sollte. (EuGH GRUR 2004, 680 [Tz. 39] - Biomild). Die Bejahung der Schutzfähigkeit kommt in solchen Fällen grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn aufgrund einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe der Bestandteile besteht (EuGH GRUR 2004, 680 [Tz. 41] - Biomild). Auch wenn die angemeldete Bezeichnung bei direkter, wortwörtlicher Übersetzung "Beere schwarze Johannisbeere" lautet, weist sie auch unter diesen Aspekten keine hinreichend ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Es handelt sich insoweit um eine Tautologie, die aber in ihrem Aussagegehalt nicht über die Summe ihrer - beschreibenden - Bestandteile hinausgeht. Die angemeldete Bezeichnung ist daher weder vage noch unbestimmt. Sie erschöpft sich vielmehr in einer sprach- und werbeüblichen Aneinanderreihung zweier beschreibender Begriffe zu einer aus sich heraus verständlichen und sofort erfassbaren schlagwortartigen Sachaussage, die weite Teile des angesprochenen Verkehrs ohne weiteres als Angabe auffassen werden, dass die gekennzeichneten Waren mit "schwarzen Johannisbeeren" zubereitet sind oder den entsprechenden Geschmack haben. Dafür sprechen auch die von der Markenstelle ermittelten Beispiele für die Verwendung des Wortes " Cassisbeere " als Synonym für "schwarze Johannisbeere". Die angemeldete Wortfolge weist in Bezug auf die alle streitgegenständlichen Waren mit Ausnahme von "Popcorn, Puffmais" zumindest einen engen beschreibenden Bezug auf. Denn insoweit handelt es sich um Waren, die entweder mit Cassisbeere n zubereitet werden oder Cassisgeschmack oder -aroma haben können oder bei denen nach Art und Beschaffenheit Cassisbeere n als Zutat in Betracht kommen. Dies steht jedenfalls insoweit der Bejahung der Unterscheidungskraft entgegen. Eine andere Beurteilung ist nur bei den Waren "Puffmais, Popcorn" angezeigt. Bei diesen Waren wird zwar zwischen salzigen und süßen, d. h. gezuckerten Geschmacksrichtungen unterschieden. Die Zugabe von Früchten insbesondere von Beeren oder die Zubereitung mit dem Geschmack oder dem Aroma von Beeren ist hier aber ungewöhnlich, so dass der Verkehr insoweit nicht ohne weiteres von einer beschreibenden Angabe ausgehen wird. Es handelt sich bei der angemeldeten Marke mithin nicht um eine Angabe, mit der die Art, die Beschaffenheit oder sonstige Eigenschaften und Merkmale dieser Waren bezeichnet werden oder als eine entsprechende Bezeichnung dienen kann. Daher ist in Bezug auf "Popcorn, Puffmais" weder die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu verneinen, noch ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG festzustellen. Nach alledem war der Beschwerde nur in geringem Umfang erfolgreich und im Übrigen zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005933&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005934
BPatG
München
26. Senat
20100512
26 W (pat) 99/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Habt Ihr kein Zuhause?" – Werbeslogan - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 30 401.9 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Januar 2009 aufgehoben.
I Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der Wortmarke 307 30 401 Habt Ihr kein Zuhause? für die Waren und Dienstleistungen „Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art, insbesondere Tonbänder, Kassetten, CDs, Schallplatten, DAT-Bänder, Videobänder, Disketten, CD-ROMs, sämtliche vorstehende Waren in bespielter und unbespielter Form; Computerprogramme und Software; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Werbung, Marketing, Marktforschung, Marktanalyse, Meinungsforschung; Bannerexchange , nämlich Vermietung von Werbeflächen im Internet; E-Commerce-Dienstleistungen, nämlich Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme; Erstellen und Herausgabe von Statistiken; Aufstellen von Kosten-Preis-Analysen; betriebswirtschaftliche Beratung; Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken, insbesondere von Presseartikeln, Profilen und Informationen zu Immobilien; Versicherungswesen; Finanzwesen; Immobilienwesen; Ausgabe von Gutscheinen und Wertmarken; Telekommunikation, insbesondere datenverarbeitungsgestützte elektronische Informations- und Kommunikationsdienste für offene und geschlossene Benutzerkreise; Bildschirmtextdienst; Dienstleistungen von Presseagenturen; E-Mail-Datendienste; Bereitstellen von Informationen im Internet; Sammeln und Liefern von Nachrichten im Internet; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; Onlinedienste, nämlich Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art; Pagingdienste; Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Teletextservice; Übermittlung von Nachrichten, auch elektronisch; WAP-Messaging, nämlich Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internetadressen; Errichten und Betreiben eines Newstickers in Form eines Onlinelaufbandes mit aktuellen Nachrichten und Informationen; Betreiben einer digitalisierten Medienplattform für den Austausch von Nachrichten und Informationen aller Art, auch unter Umwandlungen von Formaten in Sprache oder andere Ausgabemedien; Bereitstellung einer E-Commerce-Plattform im Internet, Bereitstellung einer Hotline; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Veranstaltung von Onlinespielen und deren Verbreitung im Internet; Bereitstellung von Inhalten aus Printobjekten, nämlich Sammeln und Liefern von Artikeln, Anzeigen, Fotos und sonstigen Informationsmitteln; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen sowie von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen sowie Sprachdaten, die über Datennetze abrufbar sind; WAP-basierende Trainingsangebote; Entwicklung, Gestaltung und Produktion von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Teletext-, Internetprogrammen oder -sendungen, insbesondere von interaktiven Programmen oder Sendungen; Bereitstellung von Computerprogrammen in Datennetzen; Betrieb von Suchmaschinen für das Internet; Datenspeicherung und Datenverarbeitung für Dritte; Design von Software; Sammeln, Speichern und zur Verfügung stellen von Software, Daten, Bildern, Audio- und/oder Videoinformationen; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; digitale Bildbearbeitung, digitale Datenaufbereitung und digitale Datenverarbeitung; Entwicklungs- und Recherchedienste bezüglich Presseinformationen und Nachrichten; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Erstellung und Bereitstellung multimedialer Datenbanken (Bild, Film, Text mittels Intranet und Internet), digitale Datenlieferung von Printobjekten am Erscheinungstag sowie Vergabe der Lizenz zur Speicherung für die Archivierung von Presseinformationen, insbesondere Artikeln und Anzeigen; Erstellen und Zusammenstellen von Daten, Texten, Bildern und Grafiken für Dritte; Durchführung von Recherchen in internen und externen Datenbanken und konventionellen Archiven; Bereitstellen eines Zugangs zu internen multimedialen Datenbanken mittels Internet für Recherchen; Vermittlung und Vergabe von Zugangsberechtigungen für Benutzer zu unterschiedlichen Kommunikationsnetzen; Verwaltung und Verwertung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten für andere; Vermittlung, Verwertung und Verwaltung von Fernsehübertragungsrechten, insbesondere von Rechten für die Übertragung von Veranstaltungen im Fernsehen, wie zum Beispiel von Sportveranstaltungen; Vermittlung, Verwertung und Verwaltung von Rechten an Presse-, Rundfunk-, Fernseh- und Filmbeiträgen zur Verwendung auf Ton- und Bildträgern; Vermittlung, Verwertung und Verwaltung von Rechten an Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträgen“ zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung sei nicht hinreichend unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Bei dem Prüfzeichen „ Habt Ihr kein Zuhause?“ handele es sich um einen Werbeslogan, in dem in negativ formulierter Weise danach gefragt werde, ob jemand eine Unterkunft, eine Wohnung oder ein Haus habe. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klasse 36, die eine enge Verbindung zu Immobilien aufwiesen, werde die verfahrensgegenständliche Wortfolge lediglich als beschreibende Angabe aufgefasst. In Bezug auf die für die Klassen 9, 16, 41 und 42 angemeldeten Waren und Dienstleistungen des Medienbereichs eigne sich das Zeichen als inhaltsbeschreibender Werktitel. Darüber hinaus fehle der angemeldeten Bezeichnung unabhängig von den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft, weil sie als scherzhaft-ironische Frage in der Alltagssprache gebräuchlich sei und vom angesprochenen Verkehr nur als solche und nicht als herkunftshinweisendes Unterscheidungsmittel verstanden werde. Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach sei die Wortfolge „Habt Ihr kein Zuhause?“ phantasievoll, originell und mehrdeutig. Der Verkehr verwende diesen Ausspruch umgangssprachlich, um gegenüber einem Dritten seine Missbilligung für dessen Verhalten auszusprechen oder ihn zum Verlassen eines Ortes aufzufordern. Es bedürfe mehrerer gedanklicher Zwischenschritte, um einen Zusammenhang zwischen der negativ besetzten Frage „Habt Ihr kein Zuhause?“ und dem angemeldeten Waren- und Dienstleistungsverzeichnis herzustellen. Die Marke „Habt Ihr kein Zuhause?“ weise aus sich heraus keinen produkt- oder dienstleistungsbeschreibenden Charakter auf. Auch der Umstand, dass sich die Anmelderin als einziger Marktteilnehmer auf dem Immobiliensektor dieses Slogans bediene, belege die für eine Eintragung hinreichende Unterscheidungskraft des Prüfzeichens. Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Januar 2009 aufzuheben. II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Januar 2009. Der Eintragung der Marke „Habt Ihr kein Zuhause?“ im Umfang ihrer Anmeldung steht keines der Schutzhindernisse der § 8 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 MarkenG entgegen. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 809 - Philips ; GRUR 2003, 604, 607 - Libertel ). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, soweit diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO ). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 500, 504 - Postkantoor ; GRUR Int. 2004, 631, 633 - Dreidimensionale Tablettenform I ). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch ; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ). Werbeslogans wie das Anmeldezeichen „Habt Ihr kein Zuhause?“ sind hierbei wie andere Wortmarken zu behandeln, unterliegen also keinen strengeren Schutzvoraussetzungen und müssen insbesondere keine zusätzliche Originalität aufweisen (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 - DAS PRINZIP DER BEQEMLICHKEIT ; BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier ; GRUR 2000, 323 - Partner with the Best ; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns ; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft ). Der anpreisende Sinn einer Wortmarke schließt nicht aus, dass sie geeignet ist, gegenüber den Verbrauchern die Herkunft der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einem Werbeslogan gewöhnlich keinen  Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren und Dienstleistungen sieht (vgl. EuGH a. a. O. - „ DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT “). Für die Feststellung der Unterscheidungskraft ist deshalb unabdingbar, dass die fragliche Wortfolge in erster Linie die Herkunftsfunktion erfüllt, die gegenüber einer möglichen Werbewirkung aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise stets im Vordergrund stehen muss. Eine solche Marke kann daher von den angesprochenen Verkehrskreisen gleichzeitig als Werbeslogan und als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Daraus ergibt sich, dass, sofern diese Verkehrskreise die Marke als Herkunftshinweis wahrnehmen, es für ihre Unterscheidungskraft unerheblich ist, dass sie gleichzeitig oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 ff., - Vorsprung durch Technik ). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der Prüfmarke die für eine Eintragung erforderliche hinreichende Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Die Wortfolge „Habt Ihr keine Zuhause?“ ist vieldeutig interpretierbar und lässt einen Zusammenhang zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht ohne weiteres Nachdenken erkennen. Das verfahrensgegenständliche Zeichen hat in mehreren Bedeutungen Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. So steht „Habt Ihr kein Zuhause?“ nicht nur im Wortsinne für die Frage, ob die angesprochene Mehrheit von Personen über eine Unterkunft verfüge. Der Spruch wird in der Umgangssprache verwendet und bringt in ironischer oder scherzhafter Weise zum Ausdruck, dass die Anwesenheit einer Person an einem Ort unerwünscht sei oder deren Verhalten missbilligt werde. Der angesprochene Verkehr wird der Frage „Habt Ihr kein Zuhause?“ auch keinen unmittelbar beschreibenden Hinweis auf die für Klasse 36 angemeldeten Dienstleistungen aus dem Bereich der Immobilien- oder Finanzwirtschaft entnehmen. Mit dem Begriff „Zuhause“ verbindet der angesprochene Verkehr nicht nur das Heim des Adressaten, sondern auch dessen Lebensmittelpunkt, sei es im räumlichen Sinne als Wohnort, sei es im übertragenen Sinne als ein Gefühl der Geborgenheit. Diese Mehrdeutigkeit des Begriffs“ Zuhause“ führt dazu, dass der Verbraucher erst einen Denkprozess anstrengen muss, um aus dem Begriff „Zuhause“ bzw. aus dem Gesamtzeichen „Habt Ihr kein Zuhause?“ auf eine Sachaussage in Bezug auf eine Immobilie schließen zu können. Ebenso wenig vermutet der angesprochene Durchschnittsverbraucher in der beim Adressaten verschiedene Assoziationen hervorrufenden Kennzeichnung „Habt Ihr kein Zuhause?“ einen inhaltsbeschreibenden Zusammenhang zu den angemeldeten Dienstleistungen aus dem Medienbereich. Das Anmeldezeichen setzt sich demzufolge nicht nur aus einer gewöhnlichen Werbeaussage zusammen, sondern löst einen das Eintragungshindernis mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG überwindenden Denkprozess aus und erfordert jedenfalls ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand (vgl. EuGH a. a. O. - Vorsprung durch Technik ; Ströbele /Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 144). Der Eintragung des Anmeldezeichens steht auch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Bei der Wortfolge „Habt Ihr kein Zuhause?“ handelt es sich nicht um eine beschreibende Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen, wie z. B. ihrer Art, Beschaffenheit oder Bestimmung, dienen kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Mitbewerber der Anmelderin auf die Verwendung einer Marke mit einer mit dem Prüfzeichen übereinstimmenden Wortfolge angewiesen wären. Ein Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Kennzeichnung besteht daher nicht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005934&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005935
BPatG
München
26. Senat
20100324
26 W (pat) 130/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 107 MarkenG, § 113 MarkenG, Art 5 Abs 1 S 2 MAbk Madrid, Art 6quinquies Abschn B Nr 2 PVÜ
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "FUNNY (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die IR-Marke 890 184 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 24. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann sowie die Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die IR-Marke 890 184 FUNNY beansprucht Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die Waren „3 Produits de nettoyage; produits de lavage; savons. 16 Papier, carton et produits en ces matières; matières plastiques pour l’emballage; tous les produits susmentionnés non compris dans d’autres classes. 20 Récipients d’emballage en matières plastiques; produits en matières plastiques non compris dans d’autres classes. 21 Distributeurs de papier hygiénique; plats en papier; gobelets en papier et en matières plastiques; boîtes en métal pour la distribution de serviettes en papier; torchons (chiffons) de nettoyage; distributeurs de savon; instruments de nettoyage actionnés manuellement.“ Die Markenstelle für Klasse 21 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke den Schutz mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, vollumfänglich gemäß §§ 107, 113, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 MMA, Art. 6 quinquies B Nr. 2 PVÜ verweigert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die um Schutz nachsuchende Marke bestehe aus dem englisch-sprachigen Begriff „ FUNNY “, der u. a. die Bedeutungen „lustig“ und „witzig“ habe und in Deutschland auch hauptsächlich in diesem Sinne verstanden werde, weil er als Anglizismus auf vielen Gebieten und in vielen Branchen bereits zur Beschreibung von etwas Lustigem oder Spaßigem verwendet werde. Auf deutschen Internetseiten fänden sich beispielsweise bereits Begriffe wie „Funny-Videoclips“, „Funny Movies“, „Funny Games“ oder „Funny Voice“. Die weiteren Bedeutungen, die das Wort „ FUNNY “ in der englischen Sprache habe, wie z. B. „merkwürdig“, „seltsam“ oder „verdächtig“, seien dem deutschen Verkehr weitgehend unbekannt und deshalb zu vernachlässigen. Der Einwand der Markeninhaberin, die Bezeichnung „ FUNNY “ sei bereits wegen ihrer Mehrdeutigkeit schutzfähig, gehe schon deshalb fehl. Im Übrigen erachte es der Bundesgerichtshof für eine Schutzversagung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG als ausreichend, wenn die angesprochenen inländischen Verkehrskreise der Marke bei mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Charakter entnehmen könnten (BGH GRUR 2005, 257, 258 – (Bürogebäude). In Bezug auf die beanspruchten Waren habe das Wort „ FUNNY “ einen konkret beschreibenden Charakter. Viele Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens würden in der Werbung mit dem Attribut „lustig“ oder eben „ FUNNY “ versehen. So gebe es u. a. ein feuchtes Toilettenpapier für Kinder „ kandoo - Funny Berry und eine Seife „Funny Swirl“ sowie eine Vielzahl von Gegenständen, darunter auch Seifenspender und WC-Papierrollenhalter, die sich durch ein lustiges Design und/oder eine witzige Verpackung auszeichneten. Da die um Schutz nachsuchende IR-Marke zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren dienen könne, sei ihr überdies gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG der Schutz zu verweigern. Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Sie weist darauf hin, dass die Schweizer Basismarke, die der um Schutz nachsuchenden IR-Marke zugrunde liege, im Jahre 2006 vom Schweizerischen Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum für alle Waren eingetragen worden sei. Auch in vielen anderen europäischen Vertragsstaaten des MMA bzw. des Protokolls zum MMA, u. a. auch in Österreich, sei die Wortmarke „ FUNNY “ in vollem Umfang eingetragen worden. Auch wenn diese Eintragungen keinen Anspruch auf Schutzbewilligung in Deutschland begründeten, sprächen sie doch gegen ein Freihaltungsbedürfnis und für die Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke. Auch das Deutsche Patent- und Markenamt habe die Wortmarke „ FUNNY “ bereits wiederholt für eine große Zahl unterschiedlichster Waren eingetragen, u. a. in den Jahren 2003 und 2007. Auch diese eingetragenen Marken könnten zwar keine Bindungswirkung entfalten, seien jedoch bei der Prüfung der um Schutz nachsuchenden Marke angemessen zu berücksichtigen. Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 IR vom 12. September 2007 und 16. April 2009 aufzuheben. II Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Der um Schutz nachsuchenden IR-Marke fehlt - wie die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen zutreffend festgestellt hat - für die Waren, für die sie Schutz beansprucht, in der Bundesrepublik Deutschland die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Zudem ist die schutzsuchende Marke beschreibend und daher freihaltungsbedürftig (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.) Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist nur dort Raum, wo eine Angabe geeignet ist, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 - BRAVO). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die die angemeldeten Waren und Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR Int. 2004, 61, 633 - Dreidimensionale Tablettenform). Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT). Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen fehlt der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren entgegen der Ansicht der Markeninhaberin die Eignung, diese Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu kennzeichnen und zu unterscheiden und damit die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Das Wort „ FUNNY “ , aus dem die Marke besteht, zählt zum englischen Grundwortschatz und wird schon deshalb, nicht zuletzt aber auch wegen des geradezu inflationären Gebrauchs des Substantivs „FUN“ in der deutschen Werbung, vom inländischen Verkehr ohne weiteres i. S. v. „spaßig, witzig, lustig“ verstanden. Die übrigen theoretisch möglichen Bedeutungen von „funny“, nämlich „merkwürdig“, „seltsam“ oder verdächtig“, stellen dagegen dem deutschen Verkehr eher unbekannte Nebenbedeutungen dar, sodass auf sie schon deshalb nicht entscheidend abgestellt werden kann. Ob eine Mehrdeutigkeit eines Wortes vorliegt, ist im übrigen nicht abstrakt-lexikalisch zu beurteilen, sondern an Hand des Wissens und des Verständnisses des inländischen Verkehrs. Bei dieser erforderlichen markenrechtlichen Sichtweise kann sich der Kreis lexikalisch möglicher Begriffsgehalte auf einen im Vordergrund stehenden Sinngehalt reduzieren (BGH GRUR 2003, 882, 883 - Lichtenstein). So liegt der Fall auch hier, da dem inländischen Verkehr ganz überwiegend nur bzw. vor allem die Grundbedeutungen des englischen Begriffs „ FUNNY “ bekannt sind. Im übrigen hat schon die Markenstelle insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass es für eine Schutzversagung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung des BGH bereits ausreicht, wenn einem Wort bei mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibendem Charakter entnommen werden kann (BGH a. a. O - Bürogebäude). In der für den deutschen Verkehr im Vordergrund stehenden Bedeutung „witzig, spaßig, lustig“ stellt „ FUNNY “ für alle beanspruchten Waren eine beschreibende Sachaussage dar. Zu Recht hat die Markenstelle insoweit darauf hingewiesen, dass es - auch über den Bereich der hier beanspruchten Waren hinaus - im Handel eine Vielzahl von Artikeln im Angebot gibt, die sich dadurch auszeichnen bzw. auszeichnen sollen, dass sie ein besonders witziges/lustiges Design oder z. B. witzige Zusatzfunktionen aufweisen. Dementsprechend werden sie im Internet auch z. B. mit dem Begriff „witzig“ , aber - wie ebenfalls von der Markenstelle ausgeführt und nachgewiesen worden ist - auch mit dem englischen Begriff „ FUNNY “ beworben. Bei den im Verzeichnis der schutzsuchenden IR-Marke aufgeführten Waren handelt es sich durchweg um solche, die eine witzige Gestaltung aufweisen können. Die Wasch- und Reinigungsmittel der Klasse 3, bei denen es sich im Allgemeinen um Flüssigkeiten handelt, können in witzigen/lustigen Plastikbehältnissen angeboten werden. Feste Seifen werden bereits in witzigen Farben und Formen angeboten. Bei den in den Klassen 16 und 20 des Warenverzeichnisses aufgeführten Waren handelt es sich um Verpackungsmaterialien. Bei Verpackungen jeglicher Art spielt der Umstand, dass sie witzig verpackt sind, eine wesentliche, verkaufsfördernde Rolle. Bei den im Warenverzeichnis in Klasse 21 aufgeführten Waren handelt es sich um Pappteller, Hygienepapiere und Papierhalter und -spender sowie um Seifenspender. Pappteller und Hygienepapiere werden häufig mit Motiven bedruckt, wobei lustige Motive bei den angesprochenen Verkehrskreisen sehr beliebt sind. Auf dem inländischen Markt erhältlich sind auch Toilettenpapiere, die mit Witzen oder witzigen Motiven bedruckt sind. Auch Seifenspender und Toilettenpapierhalter gibt es bereits in Ausformungen, mit Motiven und Zusatzfunktionen, wie z. B. eingebauten Radios, die als „witzig“ und „lustig“ angepriesen werden. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund stellen nicht nur die deutschen Begriffe „witzig“ und „lustig“, sondern ebenso der gleichbedeutende, dem inländischen Verkehr ohne weiteres verständliche  englische Begriff „ FUNNY “ eine Angabe dar, die zudem zur Bezeichnung einer Eigenschaft der beanspruchten Waren dienen kann (§ 8 Abs  2 Nr. 2 MarkenG). Angesichts dieses auch für den inländischen Verkehr ohne weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsgehalts der angemeldeten Marke fehlt dieser die Fähigkeit, die Waren ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden. Soweit sich die Markeninhaberin demgegenüber auf Voreintragungen der Wortmarke „ FUNNY “ im In- und Ausland beruft, vermag dies eine abweichende, für die Markeninhaberin günstigere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass eine Marke in einem ersten Mitgliedstaat für bestimmte Waren und Dienstleistungen eingetragen worden ist, keinen Einfluss auf die Frage hat, ob die gleiche oder eine ähnliche Marke in einem weiteren Mitgliedstaat unter eines der absoluten Schutzhindernisse fällt (EuGH MarkenR 2009, 667, 668, Nr. 14 - Bild.T-Online.de u. ZVS). Diese Grundsätze müssen auch Anwendung finden, wenn die Anmeldung einer Marke in einem Mitgliedstaat darauf gestützt wird, dass eine ähnliche oder identische Marke dort bereits eingetragen ist (EuGH a. a. O - Nr. 16). Die für die Eintragung zuständige nationale Behörde muss zwar im Rahmen der Prüfung einer solchen Anmeldung, soweit sie in dieser Richtung über Informationen verfügt, die zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht, doch sie ist keinesfalls an diese Entscheidungen gebunden (EuGH a. a. O., Nr. 18). Hiervon ausgehend stellen die von der Markeninhaberin angeführten Eintragungen des Wortes „ FUNNY “ durch das Deutsche Patent- und Markenamt in den Jahren 2003 und 2007 auch kein Indiz für die Schutzfähigkeit der vorliegend um Schutz nachsuchenden Marke dar, weil die Eintragung für andere Waren erfolgt ist als für die hier beanspruchten. Bei den Waren, für die die Marke 302 46 840 eingetragen worden ist, handelt es sich um Fahrradzubehör, bei dem bereits die notwendige Funktionsfähigkeit ein witziges Design häufig nicht zulässt. Jedenfalls ist auf diesem Gebiet eine witzige/lustige Gestaltung und eine Werben mit entsprechenden Eigenschaften bisher nicht feststellbar gewesen. Gleiches gilt für die Sanitärkeramikartikel, für die die Marke 306 35 868 eingetragen worden ist. Auch die ausländischen Voreintragungen bzw. Schutzbewilligungen stellen - abgesehen von der generell fehlenden Bindungswirkung - kein Indiz für die Schutzfähigkeit der Bezeichnung „ FUNNY “ im Inland dar, weil hierfür allein die Markt- und Sprachgepflogenheiten im Inland maßgeblich sind, die sich - was das Angebot lustiger/witziger Gestaltungsformen und das Verständnis des Begriffs „ FUNNY “ angeht - von dem Angebot und dem Sprachverständnis in den übrigen MMA-Mitgliedstaaten erheblich unterscheiden können. Eine Schutzbewilligung für die verfahrensgegenständliche IR-Marke in Staaten des englischen Sprachraums hat die Markeninhaberin im Übrigen auch weder dargelegt noch nachgewiesen. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Markeninhaberin keinen Erfolg haben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005935&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005936
BPatG
München
26. Senat
20100210
26 W (pat) 54/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Magnetstreifenkarte (dreidimensionale Marke)" – keine Unterscheidungskraft – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 23 130.5 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren und Dienstleistungen "9 Computerhardware, -software und -programme; Computerhardware und -software zur Vereinfachung des elektronischen Zahlungsverkehrs; Computerhardware und Verschlüsselungssoftware, insbesondere Software für Kodierungsschlüssel, digitale Zertifikate und digitale Unterschriften; Software für sichere Datenspeicherung, sicheren Datenabruf und zur Übertragung vertraulicher Kundeninformationen zur Verwendung durch Einzelpersonen, Banken und Finanzinstitutionen; Magnetkarten und Karten mit integrierten Schaltkreisen ("Smartcards"); elektronisch lesbare Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten; Kartenlesegeräte; Computersoftware zur Ermöglichung der Interaktion von Smartcards mit Terminals und Lesegeräten; Telekommunikationsausrüstungen; elektronische Kassen und Computersoftware für die Übertragung, Anzeige und Speicherung von Transaktions-, Identifikations- und Finanzinformationen zur Verwendung im Finanzdienstleistungs- und Bankgewerbe und im Bereich der Telekommunikation; Funkfrequenzerkennungsgeräte (Transponder); elektronische Prüfgeräte zur Überprüfung der Echtheit von Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten; 16  Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen- und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke; gedruckte Veröffentlichungen, Druckschriften, Broschüren, Zeitungen, Zeitschriften und Magazine, Druckereierzeugnisse, alle in Bezug auf das Bankwesen, Kreditkarten und Debitkarten; 36 Versicherungsdienstleistungen; Finanzdienstleistungen; Dienstleistungen von Banken und Kreditkartenunternehmen, insbesondere Ausgabe von Kreditkarten, Debitkarten, Zahlungsabbuchungskarten und Guthabenkarten; Finanzdienstleistungen zur Durchführung des Devisentransfers und des elektronischen Zahlungsverkehrs, zur Aufladung von Telefonkarten über Bankautomaten, zur Durchführung und Abrechnung von Barauszahlungen sowie Erteilung von Genehmigungen für Transaktionen für Abrechnungen; Finanzdienstleistungen zur Durchführung und Abrechnung von bargeldlosen Zahlungen mittels Debitkarten- und Kreditkarten über Funkfrequenzerkennungsgeräte (Transpondern); Reiseversicherungen, Scheckprüfung; Ausgabe- und Einlösungsdienstleistungen in Bezug auf Reiseschecks; Ausgabe von Gutscheinen, nämlich von Reisegutscheinen; Finanzdienstleistungen zur Unterstützung von Einzelhandelsdienstleistungen, die über mobile Telekommunikationsmedien bereitgestellt werden, einschließlich Zahlungsverkehr über drahtlose Geräte; Finanzdienstleistungen zur Unterstützung von Einzelhandelsdienstleistungen, online, über Netze oder andere elektronische Medien unter Verwendung von elektronisch digitalisierten Informationen; Dienstleistungen in Bezug auf den Währungsumtausch, nämlich das Absichern des Umtausch von Währungen, einschließlich elektronischen Zahlungsverfahren über Computernetzwerke auf die über Smartcards zugegriffen werden kann; Online-Banking, insbesondere mittels Nutzung von Webseiten für Rechnungszahlungen; Finanzdienstleistungen per Telefon und über ein weltweites Computernetz oder das Internet; Finanzdienstleistungen über ein weltweites Computernetz oder das Internet; 38 Telekommunikationsdienste; Telekommunikation auf Internet-Basis; elektronische Übermittlung von Daten für Kommunikationszwecke; Bereitstellung von Zahlungsmöglichkeiten zu Online-Informationen über das Internet oder ein anderes Netz; elektronische Datenübertragung über ein globales Netz zur Datenverarbeitung, einschließlich Internet; Dienstleistungen zur Übertragung von Informationen aus einer Computerdatenbank oder aus dem Internet im Bereich der Telekommunikation; Übertragung von Daten durch die Verwendung elektronischer Bildverarbeitung über Telefonverbindungen; E-Mail-Dienste, elektronische Nachrichtenübermittlung; Übertragung und Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen; Bereitstellung des Zugriffs für Mehrfachnutzer auf ein sicheres computergestütztes Informationsnetz zur Übertragung und Verbreitung einer Palette von Informationen auf dem Gebiet Finanzdienstleistungen; Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerdatenbanken." (deutsche Übersetzung) bestimmte, als Gemeinschaftsmarke beim HABM angemeldete und nachträglich in eine nationale Marke umgewandelte dreidimensionale Marke 307 23 130.5, die in der Anmeldung wie folgt abgebildet ist mit Beschluss eines Prüfers des höheren Dienstes vom 20. August 2008 teilweise für die Waren und Dienstleistungen "Computerhardware, -software und -programme; Computerhardware und -software zur Vereinfachung des elektronischen Zahlungsverkehrs; Computerhardware und Verschlüsselungssoftware, insbesondere Software für Kodierungsschlüssel, digitale Zertifikate und digitale Unterschriften; Software für sichere Datenspeicherung, sicheren Datenabruf und zur Übertragung vertraulicher Kundeninformationen zur Verwendung durch Einzelpersonen, Banken und Finanzinstitutionen; Magnetkarten und Karten mit integrierten Schaltkreisen ("Smartcards"); elektronisch lesbare Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten; Kartenlesegeräte; Computersoftware zur Ermöglichung der Interaktion von Smartcards mit Terminals und Lesegeräten; Telekommunikationsausrüstungen; elektronische Kassen und Computersoftware für die Übertragung, Anzeige und Speicherung von Transaktions-, Identifikations- und Finanzinformationen zur Verwendung im Finanzdienstleistungs- und Bankgewerbe und im Bereich der Telekommunikation; Funkfrequenzerkennungsgeräte (Transponder); elektronische Prüfgeräte zur Überprüfung der Echtheit von Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten; Druckereierzeugnisse; gedruckte Veröffentlichungen, Druckschriften, Broschüren, Zeitungen, Zeitschriften und Magazine, Druckereierzeugnisse, alle in Bezug auf das Bankwesen, Kreditkarten und Debitkarten; Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Buchbindeartikel; Fotografien; Versicherungsdienstleistungen; Finanzdienstleistungen; Dienstleistungen von Banken und Kreditkartenunternehmen, insbesondere Ausgabe von Kreditkarten, Debitkarten, Zahlungsabbuchungskarten und Guthabenkarten; Finanzdienstleistungen zur Durchführung des Devisentransfers und des elektronischen Zahlungsverkehrs, zur Aufladung von Telefonkarten über Bankautomaten, zur Durchführung und Abrechnung von Barauszahlungen sowie Erteilung von Genehmigungen für Transaktionen für Abrechnungen; Finanzdienstleistungen zur Durchführung und Abrechnung von bargeldlosen Zahlungen mittels Debitkarten- und Kreditkarten über Funkfrequenzerkennungsgeräte (Transpondern); Reiseversicherungen, Scheckprüfung; Ausgabe- und Einlösungsdienstleistungen in Bezug auf Reiseschecks; Ausgabe von Gutscheinen, nämlich von Reisegutscheinen; Finanzdienstleistungen zur Unterstützung von Einzelhandelsdienstleistungen, die über mobile Telekommunikationsmedien bereitgestellt werden, einschließlich Zahlungsverkehr über drahtlose Geräte; Finanzdienstleistungen zur Unterstützung von Einzelhandelsdienstleistungen, online, über Netz oder andere elektronische Medien unter Verwendung von elektronisch digitalisierten Informationen; Dienstleistungen in Bezug auf den Währungsumtausch, nämlich das Absichern des Umtausch von Währungen, einschließlich elektronischen Zahlungsverfahren über Computernetzwerke auf die über Smartcards zugegriffen werden kann; Online-Banking, insbesondere mittels Nutzung von Webseiten für Rechnungszahlungen; Finanzdienstleistungen per Telefon und über ein weltweites Computernetz oder das Internet; Finanzdienstleistungen über ein weltweites Computernetz oder das Internet; Telekommunikationsdienste; Telekommunikation auf Internet-Basis; elektronische Übermittlung von Daten für Kommunikationszwecke; Bereitstellung von Zahlungsmöglichkeiten zu Online-Informationen über das Internet oder ein anderes Netz; elektronische Datenübertragung über ein globales Netz zur Datenverarbeitung, einschließlich Internet; Dienstleistungen zur Übertragung von Informationen aus einer Computerdatenbank oder aus dem Internet im Bereich der Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs für Mehrfachnutzer auf ein sicheres computergestütztes Informationsnetz zur Übertragung und Verbreitung einer Palette von Informationen auf dem Gebiet Finanzdienstleistungen; Vermietung von Zugriffszeiten auf Computerdatenbanken; elektronische Nachrichtenübermittlung; Übertragung von Daten durch die Verwendung elektronischer Bildverarbeitung über Telefonverbindungen; Übertragung und Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen" zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für diese Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, eine Marke weise dann Unterscheidungskraft auf, wenn sie es ermögliche, die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt sei, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen nach ihrer Herkunft zu unterscheiden. Bei der Beurteilung dreidimensionaler Marken, die aus der Form der Ware bestehen, seien zwar keine strengeren Kriterien anzuwenden als bei anderen Markenkategorien. Je mehr sich eine angemeldete Gestaltung jedoch der Form annähere, in der die betreffende Ware am Wahrscheinlichsten in Erscheinung trete, um so eher sei zu erwarten, dass dieser Form die Unterscheidungskraft fehle. Nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweiche, besitze Unterscheidungskraft. Dass die angemeldete Gestaltung eine Variante der üblichen Formen darstelle, reiche für die Annahme ihrer Unterscheidungskraft dagegen nicht aus. Maßgeblich seien die besonderen Verhältnisse auf dem jeweiligen Warengebiet, weil der Vergleich der tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen einen Schluss darauf zulasse, ob der Verkehr in der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen sehe. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze weise die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft auf. Bei ihr handele es sich um einen maschinenlesbaren Datenträger in Kartenform mit einem Magnetstreifen. Für die beanspruchten Waren „Magnetkarten und Karten mit integrierten Schaltkreisen („Smartcards“); elektronisch lesbare Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten“ stelle sie lediglich eine Abbildung dieser Waren dar. Bei den übrigen Waren und Dienstleistungen, für die die Zurückweisung der Anmeldung erfolgt sei, handele es sich um funktionell notwendige Gegenstände und Leistungen, die für die Inbetriebnahme der Karten erforderlich seien bzw. die in engem Zusammenhang mit der Abwicklung von Kartenzahlungen stünden oder bei einer Bezahlung per Karte zum Einsatz kämen. So könnten die versagten Waren der Klasse 16 Karten der angemeldeten Art sein bzw. solche zum Inhalt oder Gegenstand haben. Versicherungsschutz und Mietwagenbuchungen könnten – auch online - über eine Karte der angemeldeten Art getätigt werden bzw. bei einer Kartenzahlung mit eingeschlossen sein. Bei Telekommunikationsdienstleistungen könnten ebenfalls maschinenlesbare Datenträger in Kartenform mit Magnetstreifen zum Einsatz kommen. Auch bei Teleshoppingangeboten in Rundfunk- und Fernsehsendungen sei es üblich, Zahlungen mittels Kreditkarten abzuwickeln. Die angemeldete dreidimensionale Marke weise auch keine gestalterische Besonderheit auf, die ihre Unterscheidungskraft begründen könne. Die starke Abrundung einer Kartenecke sei nicht geeignet, als betriebliche Herkunftskennzeichnung zu wirken. Weitere wesentliche Formelemente seien nicht ersichtlich. Die angemeldete Marke stelle somit lediglich eine Variante der üblichen Kartenformen dar und weiche nicht genügend von der branchenüblichen Grundform entsprechender Karten ab. Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, der Eintragung der angemeldeten dreidimensionalen Marke stehe weder das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch sonst ein Schutzhindernis entgegen. Eine Vielzahl der Waren und Dienstleistungen, für die die Anmeldung zurückgewiesen worden sei, weise keinen oder jedenfalls keinen hinreichend engen Bezug zu Geld- oder Kreditkarten auf. Es fehle insoweit teilweise an einer Begründung dafür, weshalb die angemeldete Marke für diese Waren und Dienstleistungen nicht schutzfähig sein solle. In diesem Zusammenhang verweist die Anmelderin auf die vom BGH in der Entscheidung zur Markenanmeldung „ BERLIN CARD “ (GRUR 2005, 417) aufgestellten Grundsätze, wonach es eines engen beschreibenden Bezugs zu den einzelnen angemeldeten Waren und Dienstleistungen bedürfe, um die Unterscheidungskraft verneinen zu können. Vor diesem Hintergrund könne es nicht ausreichen, dass die betreffenden Waren und Dienstleistungen lediglich in irgendeinem Zusammenhang mit dem Einsatz einer Kreditkarte oder sonstiger Zahlkarten stünden oder dass es sich, wie z. B. bei Versicherungsdienstleistungen, um Zusatzleistungen handele, die bei einem Karteneinsatz zusammen mit der Hauptleistung angeboten würden. Auch bei der Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen fehle es an einem hinreichend engen beschreibenden Bezug, weil es sich bei einer Kreditkarte nicht um ein spezifisch auf Zahlungsvorgänge im Rahmen des Teleshopping ausgerichtetes Zahlungsmittel handele und die Kunden zudem die Wahl zwischen einer Kartenzahlung und anderen Zahlungsmöglichkeiten hätten. Auch die Dienstleistung „Telekommunikation“ sei nicht zwingend an den Einsatz maschinenlesbarer Datenträger in Kartenform gebunden. Aber auch soweit die Eintragung der angemeldeten Marke für Servicekarten und Finanzdienstleistungen begehrt werde, sei die erforderliche Unterscheidungskraft gegeben. Die angemeldete Marke stelle nicht nur eine Variante der branchenüblichen Form von Kredit- und Zahlungskarten dar, sondern weiche erheblich davon ab. Die physischen Merkmale von Plastikidentifikationskarten, wozu auch Kreditkarten zählten, seien insbesondere in Bezug auf deren Abmessungen und den Radius der Eckenrundung international normiert. Bei Karten im Format einer Kredit- oder Zahlungskarte gehe der Normgeber von einer einheitlichen Gestaltung aller vier Ecken aus. Eine hiervon abweichende Abschrägung der unteren rechten Kartenecke sei nur für die in Mobiltelefonen verwendeten sog. SIM-Karten vorgesehen. Die als Marke angemeldete Kartenform weise selbst bei oberflächlicher Betrachtungsweise eine stärker gerundete Ecke und damit eine erhebliche Abweichung von der Normvorgabe auf, die sogar zu teilweisen Funktionseinschränkungen führe. Zudem sei für die Beurteilung der Unterscheidungskraft auch auf die besonderen Verhältnisse auf dem jeweiligen Warengebiet abzustellen. Insoweit sei festzustellen, dass sowohl bei Kreditkarten als auch bei den sonstigen Kunden-, Rabatt- und Servicekarten ausschließlich rechteckige Karten mit gleichmäßig gerundeten Ecken verwendet würden. Alle bisher verwendeten Karten unterschieden sich nur durch die Art ihrer Bedruckung, seien aber in ihrer Form vollkommen identisch. Damit unterscheide sich die angemeldete Kartenform wesentlich von allen übrigen verwendeten Karten und sei geeignet, die versagten Waren und Dienstleistungen ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle im Umfang der Versagung aufzuheben. Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an. II Die zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet. Der angemeldeten drei-dimensionalen Marke fehlt für die Waren und Dienstleistungen, für die die Markenstelle die Eintragung versagt hat, die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zutreffend hat die Markenstelle in dem von der Anmelderin mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss im rechtlichen Ausgangspunkt festgestellt, dass eine Marke (nur) dann Unterscheidungskraft im Sinne der vorgenannten Bestimmung aufweist, wenn sie die Eignung besitzt, die von der Markenanmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden sowie deren Ursprungsidentität zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 806, Nr. 35 – Philips; GRUR 2006, 233, 235, Nr. 45 – Standbeutel). Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken sind dabei keine strengeren rechtlichen Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Marken. Unbeschadet dieser rechtlichen Gleichstellung bestehen jedoch wesentliche tatsächliche Unterschiede zwischen Warenformmarken und den sonstigen Markenformen, die bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft zu berücksichtigen sind. Ein wesentlicher Unterschied ist insoweit darin zu sehen, dass der Verkehr – also der Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen – Marken, die aus der Form einer Ware bestehen, erfahrungsgemäß tatsächlich nicht in gleicher Weise auffasst wie Wort- bzw. Bildmarken, weil der Durchschnittsverbraucher aus der Form der Ware gewöhnlich nicht auf die betriebliche Herkunft der Waren schließt, sondern sie zunächst nur als funktionelle oder ästhetische Gestaltung versteht (EuGH a. a. O., Nr. 28 – Standbeutel; BGH GRUR 2008, 505, 508, Nr. 25 – TUC-Salzcracker). Dementsprechend begründet ein bloßes Abweichen von der Norm oder der Branchenüblichkeit noch nicht die Unterscheidungskraft einer Warenformmarke. Vielmehr erfüllt eine solche Marke die erforderliche Herkunftsfunktion nur dann, wenn sie von Norm und Branchenüblichkeit erheblich abweicht (EuGH a. a. O., Nr. 31 – Standbeutel; GRUR Int. 2008, 43, 45, Nr. 37 – rot-weiße rechteckige Tablette mit blauem ovalem Kern) und der Verkehr die gewählte Form nicht nur ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Design zu schaffen (EuGH GRUR Int. 2005, 135, 139, Nr. 68 – Maglite; BGH GRUR 2008, 71, 73, Nr. 24 – Fronthaube). Ausgehend von diesen rechtlichen Grundsätzen kommt der angemeldeten dreidimensionalen Marke auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens für die versagten Waren und Dienstleistungen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft zu. Wie die zur Darstellung der beanspruchten dreidimensionalen Marke eingereichten allseitigen Abbildungen zeigen, besteht die angemeldete Marke aus einer Karte in rechteckiger Grundform mit abgerundeten Ecken, die auf einer Seite in ihrem oberen Bereich einen Streifen an einer Stelle und in einer Form aufweist, wie er bei Magnetstreifen üblich ist . Dies sowie die Tatsache, dass die Karte die für Kreditkarten oder sonstige Karten mit Bezahlfunktion üblichen Abmessungen aufweist (sog. Scheckkartenformat), lässt den Schluss zu, dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine Kredit- bzw. eine sonstige für Zahlungszwecke bestimmte Karte handelt, wie sie auch im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmeldung in den Klassen 9 und 16 explizit aufgeführt sind. Auch die Anmelderin stellt dies nicht in Abrede. In Bezug auf die von der Markenstelle versagten Waren der Klasse 9 „Magnetkarten und Karten mit integrierten Schaltkreisen („Smartcards“); elektronisch lesbare Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten“ sowie in Bezug auf die weiterhin versagten Waren der Klasse 16 „Kreditkarten und Debitkarten“ handelt es sich damit bei der angemeldeten Marke um eine Abbildung der Ware selbst. Gleiches gilt in Bezug auf die in der Klasse 16 aufgeführten Waren „Druckereierzeugnisse“ bzw. „Druckereierzeugnisse, alle in Bezug auf das Bankwesen“, da unter diese weiten Oberbegriffe auch Kredit- und Debitkarten fallen, die farblich und textlich unterschiedlich bedruckt werden. In Bezug auf die vorstehend genannten Waren würde der Verkehr nach den Grundsätzen der zuvor dargestellten Rechtsprechung in der angemeldeten Marke nur dann einen Hinweis auf deren Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen sehen, wenn festgestellt werden könnte, dass die Form der Marke – und somit der Ware selbst – erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und der Verkehr die gewählte Form nicht nur ganz allgemein dem Bemühen zuschreibt, ein ästhetisch ansprechendes Design zu schaffen. Die angemeldete dreidimensionale Marke weicht jedoch nicht so deutlich von der üblichen Kartenform ab, dass der Verkehr von Haus aus darin ein Merkmal zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft der fraglichen Waren sehen wird. Die als Marke beanspruchte Kartenform stimmt nämlich mit der bei solchen Karten gebräuchlichen Grundform in den Abmessungen (Länge, Breite, Dicke) vollständig überein und weist weiterhin an der üblichen Stelle und in der üblichen Größe sowie Form einen Magnetstreifen auf, der sie sofort und ohne weitere gedankliche Analyse als Bezahlkarte kenntlich macht. Das einzige Merkmal, das die angemeldete Kartenform von anderen Karten mit Bezahlfunktion unterscheidet, ist die Formgebung der - in Vorderansicht - rechten unteren Ecke, die gerundeter ist als die übrigen Ecken. Diese von der üblichen Formgebung solcher Karten abweichende Formgebung wird der Verkehr angesichts der ansonsten gängigen Ausgestaltung der Karte nur als den Versuch einer neuartigen, ansprechenden Kartengestaltung sehen. Maßgeblich für die Beurteilung der Verkehrsauffassung zur Unterscheidungskraft einer Formmarke ist nämlich stets der Gesamteindruck, den eine Marke vermittelt. Deshalb kann aus dem Umstand, dass sich eine Marke durch eines ihrer Merkmale von den üblichen Formen abhebt, noch nicht ohne weiteres auf deren Unterscheidungskraft geschlossen werden (EuGH GRUR Int. 2006, 842, 844, Nr. 31 – Form eines Bonbons II). Eine Wertung der angemeldeten Marke durch die beteiligten Verkehrskreise als Versuch einer neuartigen ästhetischen Kartengestaltung ohne Hinweisfunktion auf ein einzelnes Unternehmen liegt auch deshalb nahe, weil es dem Verkehr bekannt ist, dass sich die zur Unterscheidung eines Kartenanbieters von anderen Anbietern notwendigen Angaben üblicherweise in Form von dort aufgedruckten Wort- und/oder Bildelementen auf der Kartenvorderseite finden und nicht in der Kartenform zu suchen sind, die regelmäßig bestimmten technischen Anforderungen genügen muss. Dass die von der Anmelderin als Marke begehrte Kartenform möglicherweise die Einsatzmöglichkeiten der Karte eher einschränkt als erweitert, ist dem Nutzer solcher Karten hingegen im Allgemeinen nicht bekannt und kann schon deshalb für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Kartenform nicht entscheidend sein. Angesichts der zuvor dargestellten Umstände steht auch unter Berücksichtigung des bei Bezahlkarten weitgehend einheitlichen Formenschatzes nicht zu erwarten, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher in der angemeldeten Kartenform einen Hinweis auf die Herkunft solcher Karten aus einem bestimmten Unternehmen sehen wird. Auch für die übrigen Waren und Dienstleistungen, für die die Markenstelle die Eintragung der angemeldeten Marke versagt hat, fehlt dieser die Unterscheidungskraft. Für diese weiteren Waren und Dienstleistungen stellt die angemeldete Marke zwar nicht deren naturgetreue Wiedergabe dar. Die Unterscheidungskraft kann aber außer Warendarstellungen auch sonstigen sachbezogenen Abbildungen fehlen, die vom Verkehr aus anderen Gründen lediglich als Hinweis auf die einschlägigen Waren selbst und nicht auf deren betriebliche Herkunft verstanden werden. Dies gilt z. B. für Darstellungen, die lediglich mittelbar auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen hinweisen, z. B. auf deren Bestimmung. Soweit das Bild nur aus der Darstellung eines Gegenstands besteht, auf den sich eine Ware oder Dienstleistung unmittelbar bezieht, fehlt ihm i. d. R. jegliche Unterscheidungskraft, wobei es unerheblich ist, ob dieser Gegenstand besonders auffällig oder originell ausgestaltet ist (BGH GRUR 2005, 257, 258 – Bürogebäude). Dies gilt in gleicher Weise auch für dreidimensionale Warenformen, da diese einerseits und zweidimensionale Abbildungen von Waren im Rechtssinne nicht unterschiedlich behandelt werden können (EuGH GRUR 2006, 1022, 1023, Nr. 29 – Wicklerform). Vor diesem rechtlichen Hintergrund lässt die Zurückweisung der angemeldeten Marke durch die Markenstelle auch für die übrigen Waren und Dienstleistungen keine Rechtsfehler erkennen. Für die versagte Computerhardware und –software und die sonstigen Telekommunikations- und Prüfausrüstungen und –geräte der Klasse 9 bringt die für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres als Magnetstreifenkarte erkennbare angemeldete Marke nur zum Ausdruck, dass so bezeichnete Programme und Geräte dazu geeignet und bestimmt sind, Magnetstreifenkarten und darauf gespeicherte Daten zu verarbeiten. Im Hinblick auf Druckerzeugnisse der Klasse 16 stellt die angemeldete Marke einen Hinweis auf deren Thematik dar, beispielsweise in Form von Nutzungsanleitungen für den Karteneinsatz. Im Zusammenhang mit sämtlichen beanspruchten Finanzdienstleistungen wird der Verkehr die angemeldete Marke nur als Hinweis darauf verstehen, dass diese mittels des Einsatzes einer Magnetstreifenkarte in Anspruch genommen werden können. Gleiches gilt auch für die beanspruchten Versicherungsdienstleistungen, die – nicht nur als Nebenleistungen – z. B. über Versichertenkarten in Anspruch genommen werden können und für deren Abrechnung ebenfalls zunehmend Magnetstreifenkarten vonnöten sind, sowie für die versagten Telekommunikationsdienstleistungen, für deren Nutzung ebenfalls Magnetstreifenkarten, z. B. als Zugangsberechtigungskarten oder als Bezahlkarten in öffentlichen Fernsprechgeräten, zum Einsatz kommen. Auch für den Rundfunk- und Fernsehbereich fehlt es entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht an dem geforderten engen sachlichen Bezug der angemeldeten Marke zu den dort erbrachten Dienstleistungen, da auch auf diesem Wege erbrachte Leistungen und angebotene Waren durch Einsatz einer Magnetstreifenkarte bestellt und bezahlt werden können. Dass bei solchen Angeboten auch eine Bezahlung auf andere Weise eröffnet ist, schließt den erforderlichen engen sachlichen Bezug der angemeldeten Marke zu diesen Dienstleistungen nicht aus, da auch in diesem Fall die Darstellung oder das Zeigen einer Magnetstreifenkarte für den normal informierten Verbraucher nur einen Sachhinweis darauf darstellt, dass der Kauf einer Ware oder die Inanspruchnahme eiern Dienstleistung mittels einer Kreditkarte oder einer sonstigen Zahlkarte erfolgen kann. Bei dieser Sachlage hat die Markenstelle der angemeldeten Marke die Eintragung zu Recht für die im Zurückweisungsbeschluss im Einzelnen aufgeführten Waren und Dienstleistungen teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht überdies – ohne dass es darauf angesichts des vorstehend festgestellten Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch entscheidend ankäme – jedenfalls für die Waren der Klasse 9 „Magnetkarten und Karten mit integrierten Schaltkreisen („Smartcards“); elektronisch lesbare Abbuchungskarten, Bankkarten, Kreditkarten, Debitkarten und Zahlkarten“ sowie die Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse alle in Bezug auf das Bankwesen, Kreditkarten und Debitkarten“ auch das – von der Markenstelle im Beanstandungsbescheid angeführte, jedoch letztlich dahingestellt gelassene - Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Soweit sich eine dreidimensionale Marke darin erschöpft, die Form der beanspruchten Ware wiederzugeben, beschreibt sie unmittelbar die Eigenschaften dieser Ware, nämlich deren äußere Gestaltung (BGH GRUR 2006, 679, 682, Nr. 21 – Porsche Boxster; GRUR 2008, 71, 74, Nr. 28 – Fronthaube). Dabei ist das Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber an der beanspruchten Warenform um so höher zu bewerten, je beschränkter die Möglichkeiten einer Variierung der Produktgestaltung sind (BGH GRUR 2004, 329, 331 – Käse in Blütenform; GRUR 2004, 502, 504 f. – Gabelstapler). Hiervon ausgehend beschreibt die angemeldete Marke die äußere Form und Gestaltung der vorstehend im Einzelnen aufgeführten Waren, bei denen es sich durchweg um Magnetstreifenkarten handelt bzw. handeln kann. Das Freihaltungsbedürfnis an der als Marke beanspruchten Form ist dabei als überdurchschnittlich hoch zu bewerten, weil es angesichts der Normierung der Größe, der Dicke und der Grundform von Magnetstreifenkarten kaum Möglichkeiten für eine Variierung der Gestaltung dieses Produkts gibt, ohne dass dadurch die praktische Verwendbarkeit solcher Karten eingeschränkt wird. Bei dieser Sachlage ist der angemeldeten Marke die Eintragung für die zuvor aufgeführten Karten auch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu versagen. Für die von der Anmelderin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Raum, da nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf Grund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden war und auch nicht von der Rechtsprechung anderer Senate oder Gerichte abgewichen worden ist. Bei dieser Sachlage ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005936&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005937
BPatG
München
26. Senat
20100331
26 W (pat) 76/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar" – geografische Herkunftsangabe – Bestimmungsangabe - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 39 206.6 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 31. März 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker sowie des Richters am OLG Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Für die Waren und Dienstleistungen "Klasse 04: Brennstoffe, insbesondere gasförmige Brennstoffe, insbesondere Erdgas Klasse 09: Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, Mess-, Erfassungs- und Überwachungsgeräte (soweit in Klasse 09 enthalten), insbesondere Strom- und Gaszähler, Geräte und daraus bestehende Systeme zur automatischen und/oder drahtlosen Erfassung von Energieverbrauch einschließlich Empfängereinheiten; Strom- und Gasausrüstungen (Teile) für Fernmesssteuergeräte, soweit in Klasse 09 enthalten Klasse 35: Organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung beim Kauf und Verkauf von Mess-, Erfassungs- und Überwachungsgeräten, insbesondere Strom- und Gaszähler, Geräte und daraus bestehende Systeme zur automatischen und/oder drahtlosen Erfassung von Energieverbrauch einschließlich von Empfängereinheiten; Ablese- und Abrechnungsdienste für den mit derartigen Geräten gemessenen Verbrauch; Betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung von Energieverteilern bei Netznutzungsfragen im Strom- und Gasbereich; Organisatorische und betriebswirtschaftliche Betriebsführung von Energieerzeugungs- und Energieverteilungsanlagen; Energiedatenmanagement, nämlich Bereitstellung und Auswertung von Daten hinsichtlich der Energieverbräuche Klasse 37: Bau, Wartung und Instandhaltung von Energieerzeugungs- und Energieverteilungsanlagen, insbesondere von Anlagen des Strom- und Gasnetzes, Installation von Netzanschlüssen zur Strom- und Gasversorgung (soweit in Klasse 37 enthalten); Dienstleistungen eines Bauträgers, nämlich technische Vorbereitung von Bauvorhaben, Baulanderschließung (Bauarbeiten); Errichtung, Wartung und Instandhaltung von Strom- und Gasleitungen Klasse 39: Transport, Lieferung und Verteilung von elektrischer Energie und Gas sowie Versorgung mit Energie durch Anlieferung, insbesondere mit Strom und Brennstoffen, insbesondere mit gasförmigen Brennstoffen, insbesondere mit Erdgas; Speicherung dieser Brennstoffe, insbesondere in unterirdischen Kavernen und Porenspeichern Klasse 40: Erzeugung von Energie, insbesondere von Strom und Gas Klasse 42: Technische Beratung von Kunden in Fragen zur Energieverteilung und des Energieanschlusses; Entwicklung von Energiekonzepten in technischer Hinsicht; technische Beratung, Planung und technische Überwachung von Energieerzeugungs- und Energieverteilungsanlagen; Technische Beratung von Energieweiterverteilern in Fragen zur Netznutzung im Strom- und Gasbereich; Energiemanagement, nämlich Durchführung von Beratungen auf dem Gebiet der Energieeinsparung; technische Beratung hinsichtlich des Einsatzes energiesparender Technik; Regelung und Steuerung von Strom- und Gasverteilungsnetzen; Contracting von Energieversorgungsanlagen" ist die Wortmarke 307 39 206 Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar zur Eintragung angemeldet worden. In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 39 die Anmeldung wegen eines der Eintragung entgegenstehenden Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, "Verteilnetzbetreiber" beschreibe lediglich die Tätigkeit der Anmelderin. Der Bestandteil "VNB" stelle sich für den angesprochenen Verkehr als Abkürzung des vorangestellten Begriffs "Verteilnetzbetreiber" dar. "Rhein-Main-Neckar" sei eine glatt beschreibende geografische Angabe. Die angemeldete Marke weise sowohl in ihren Einzelbestandteilen, als auch in ihrer Gesamtheit lediglich auf die Art und die Bestimmung der solchermaßen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie den Ort ihrer Erbringung hin. Der Verbraucher verbinde mit dem verfahrensgegenständlichen Zeichen das Produkt- und Dienstleistungsangebot eines Verteilnetzbetreibers im Raum Rhein-Main-Neckar. An der freien Verwendbarkeit dieser Wortfolge bestehe ein der Anmeldung entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit und der Mitbewerber der Anmelderin. Ob der Eintragung auch das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegenstehe, könne dahinstehen. Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Ihrer Auffassung nach habe die Markenstelle verkannt, dass der Verkehr Marken in ihrer Gesamtheit zur Kenntnis nehme und nicht in ihre Einzelteile aufspalte. Bei der Marke handle es sich um eine sprachliche Neuschöpfung, die lexikalisch nicht nachweisbar sei und vom Verkehr auch nicht in nennenswerter Weise verwendet werde. Dies zeige etwa die geringe Trefferzahl im Online-Suchdienst google beim Aufruf des Begriffs "Verteilnetzbetreiber". Auch begründe bereits die Abkürzung "VNB" für sich genommen die Eintragungsfähigkeit des Prüfzeichens. Aus der Sicht des Verkehrs stehe nämlich "VNB" nicht für "Verteilnetzbetreiber", sondern werde im Internet als Abkürzung für diverse Bezeichnungen unterschiedlichster Art verwendet. "VNB" sei mehrdeutig interpretierbar und stelle sich weder als Oberbegriff für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der Anmelderin dar, noch diene "VNB" der Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Überdies sei auf die Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts in vergleichbaren Fällen hinzuweisen. Da "Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar" kein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache sei und durch die schutzfähige Buchstabenkombination "VNB" einen fantasievollen Überschuss aufweise, sei die Anmeldemarke auch hinreichend unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle vom 30. Januar 2008 und vom 17. November 2008 aufzuheben. II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Die Feststellung des Deutschen Patent- und Markenamts, das angemeldete Zeichen "Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar" sei freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, ist frei von Rechtsfehlern. Die hiergegen von der Anmelderin vorgebrachten Einwände verhelfen ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg. Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Zeichen und Angaben ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen, wie z. B. ihrer Art, Beschaffenheit oder Bestimmung, dienen können. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, die in Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der EU Markenrechtsrichtlinie ergangen ist, verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, unmittelbar warenbeschreibende Angaben für alle zur freien, von Zeichenrechten Dritter ungehinderten Verfügung zu halten. Die Monopolisierung einer solchen Angabe zu Gunsten eines einzigen Unternehmens ist deshalb nicht zulässig (EuGH GRUR 1999, 723, 725 - Chiemsee). Die angemeldete Wortfolge "Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar" ist eine Angabe, die im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann. Der Begriff "Verteilnetzbetreiber" ist ein beschreibender Hinweis auf das Tätigkeitsfeld des Zeichenverwenders im Sinne eines mit der Weiterleitung und Verteilung von Energie (z. B. Strom, Gas) befassten Waren- und Dienstleistungspakets. "VNB" stellt sich für den Durchschnittsverbraucher erkennbar als Abkürzung der vorstehenden Bezeichnung "Verteilnetzbetreiber" dar. Dies ergibt sich zum einen aus dem sich offensichtlich auf "Verteilnetzbetreiber" beziehenden Klammerzusatz "(VNB)", zum anderen unter Einbeziehung der für das Prüfzeichen beanspruchten Waren und Dienstleistungen ( HABM PAVIS PROMA R0327/04-2 - CERTIFIED SENIOR ADVISOR (CSA). Ohne Erfolg beruft sich die Anmelderin darauf, dass die Abkürzung "VNB" für sich genommen bereits eintragungsfähig wäre. Zwar mag es zutreffen, dass das Kürzel "VNB" bei isolierter Betrachtungsweise verschiedene Bedeutungen erlangen kann. Allerdings ist eine Angabe vom Schutz bereits dann ausgeschlossen, wenn sie jedenfalls mit einer Bedeutung zur Beschreibung der beanspruchten Waren/Dienstleistungen dienen kann, unabhängig davon, ob ihr noch andere Bedeutungen zukommen (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD; GRUR 2004, 674, 678 - POSTKANTOOR; GRUR 2004, 146, 147 f. - DOUBLEMINT; dieser Grundsatz gilt auch für Abkürzungen, vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 8 Rn. 265 m. w. N.). Demnach kann von der schutzbegründenden Ungenauigkeit einer Abkürzung nur dann ausgegangen werden, wenn eine derartige begriffliche Ungenauigkeit erreicht ist, dass die fragliche Angabe zur konkreten Beschreibung der betreffenden Waren/Dienstleistungen nicht mehr geeignet erscheint (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O.). Vorliegend ist eine isolierte Betrachtungsweise der Abkürzung "VNB" zur Beurteilung der Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens "Verteilnetzbetreiber (VNB) Rhein-Main-Neckar" nicht angezeigt, da die Hinzufügung der Sachangabe "Verteilnetzbetreiber" und der Klammerzusatz dazu führen, dass die Buchstabenfolge "VNB" als beschreibende Angabe erkennbar wird (vgl. BGH GRUR 2008, 719, 722 - idw Informationsdienst Wissenschaft; BPatGE 50, 155, 163/164 - TRM Tenant Relocation Management; Ströbele/Hacker a. a. O, § 8 Rn. 264). Beim weiteren Zeichenbestandteil "Rhein-Main-Donau" handelt es sich, was die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung nicht angreift, um eine geografische Herkunfts- bzw. Bestimmungsangabe. "Rhein-Main-Donau" beschreibt demnach unmittelbar als Hinweis auf einen der bedeutendsten Wirtschaftsräume im Zentrum Europas insbesondere den Ort der Erbringung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Die Kombination der nach Vorstehendem für sich genommen schutzunfähigen Wortbestandteile "Verteilnetzbetreiber (VNB)" und "Rhein-Main-Neckar" führt zu keinem über die Zusammenfügung der beschreibenden Einzelelemente hinausgehenden Gesamteindruck (vgl. EuGH a. a. O. - POSTKANTOOR, S. 678; EuGH a. a. O. - BIOMILD, S. 681; EuGH GRUR 2006, 229, 231 - BioID; Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 342), sondern verstärkt diesen sogar noch und ist daher nicht geeignet, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu überwinden. Die Anmelderin kann sich auch nicht darauf berufen, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine sprachliche Neuschöpfung handle, die lexikalisch nicht nachweisbar sei. Dieser Umstand ist für sich genommen nicht ausreichend, um die Eintragungsfähigkeit der Prüfmarke zu begründen. Der Verkehr ist nämlich daran gewöhnt, im Geschäftsleben ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene Informationen lediglich in einprägsamer Form übermittelt werden sollen. Auch bisher noch nicht gebräuchliche, gleichwohl verständliche Bezeichnungen eignen sich zur Verwendung als beschreibende Angabe (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O., § 8 Rn. 117). Der von der Anmelderin angeführte Hinweis auf ähnlich gelagerte Voreintragungen von "Energiemarken" mit geografischen Zusätzen vermag nach der Rechtsprechung (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 203 - Schwabenpost; BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 142/05; 25 W (pat) 65/08; 27 W (pat) 220/09) eine anderweitige Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Die Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit einer angemeldeten Marke hat anhand der harmonisierten Normen des Markenrechts ohne Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zu erfolgen. Aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG kann daher im markenrechtlichen Verfahren im Hinblick auf vorhergehende Eintragungen oder Zurückweisungen kein Anspruch auf Eintragung oder auf Löschung abgeleitet werden (vgl. EuGH a. a. O. - Schwabenpost).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005937&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005938
BPatG
München
26. Senat
20100421
26 W (pat) 78/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "königsteiner riesenfass" – historische Bedeutung - beschreibender Hinweis - geografische Herkunftsangabe - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 06 365.8 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 21. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 33, 35, 41 und 43 ist die Wortmarke 307 06 365 königsteiner riesenfass angemeldet worden. In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse; Photographien; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine; Betrieb von Museen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen". Zur Begründung ist ausgeführt, einer Eintragung stehe ein Freihaltungsbedürfnis der Allgemeinheit und der Mitbewerber des Anmelders im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Der Begriff " königsteiner riesenfass " bezeichne ein historisches Baukunstwerk, namentlich ein übergroßes Weinfass, das von 1727 bis 1818 in der Festung Königstein im östlichen Umland von Dresden errichtet war. Vor diesem Hintergrund stelle sich " königsteiner riesenfass " in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klassen 16 und 41 als beschreibende Themen- oder Inhaltsangabe dar. Dies gelte zwar nicht für Schreibwaren und Künstlerbedarfsartikel. Der Verkehr verbinde mit einem auf solchen Waren angebrachten Aufdruck " königsteiner riesenfass " allerdings keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern sehe diese Produkte als typische Merchandisingartikel an, die zu Werbezwecken im Zusammenhang mit Veranstaltungen rund um das " königsteiner riesenfass " angeboten würden. In Bezug auf "Weine" stelle sich " königsteiner riesenfass " als Herkunftsangabe dar, die dem angesprochenen Verkehr vermittle, dass der so bezeichnete Wein aus einem Fass aus der Region um Königstein stamme. Da eine derartige wirtschaftliche Betätigung sämtlichen Winzern der Region offen stehe, müsse die hierfür glatt beschreibende Angabe " königsteiner riesenfass " frei verfügbar bleiben. Schließlich sei nicht nur das historische Kunstwerk selbst, sondern auch dessen Bezeichnung Teil des der Allgemeinheit zustehenden und freizuhaltenden kulturellen Erbes. Hiergegen wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Seiner Ansicht nach könne der nicht zur Alltagssprache zählende Begriff " königsteiner riesenfass " nicht auf den Bedeutungsgehalt eines historischen Bauwerks reduziert werden. Vielmehr sei die Bezeichnung " königsteiner riesenfass " mehrdeutig und bestehe nicht ausschließlich aus einer beschreibenden Angabe. Die lediglich abstrakte Eignung zur Eigenschaftsangabe rechtfertige nicht die Zurückweisung einer Markenanmeldung aufgrund eines der Eintragung entgegenstehenden Freihaltungsbedürfnisses. Außerdem weise die Bezeichnung " königsteiner riesenfass " keinen Sachbezug zu den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen auf. " königsteiner riesenfass " sei auch hinreichend unterscheidungskräftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, zumal an die Beurteilung dieses Schutzhindernisses ein großzügiger Maßstab anzulegen sei. Der Anmelder beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Dezember 2008 und vom 7. April 2008 dahingehend abzuändern, dass die Eintragung der Marke 307 06 365 " königsteiner riesenfass " auch für folgende Waren und Dienstleistungen angeordnet wird: "Druckereierzeugnisse; Photographien; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Weine; Betrieb von Museen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle oder Unterrichtszwecke; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen". II Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist unbegründet. Die Feststellung des Deutschen Patent- und Markenamts, im Umfang der Versagung des Eintragungsantrags sei das angemeldete Zeichen " königsteiner riesenfass " freihaltebedürftig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, ist frei von Rechtsfehlern. Die hiergegen vom Anmelder vorgebrachten Einwände verhelfen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Beschwerde des Anmelders richtet sich gegen die Beschlüsse der Markenstelle vom 12. Dezember 2008 und vom 7. April 2008 im Umfang der Zurückweisung des Eintragungsantrags. Soweit im Tenor des Erstbeschlusses vom 7. April 2008 die "Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen" nicht aufgeführt sind, beruht dies auf einer offenbaren Unrichtigkeit im Sinne von § 80 Abs. 1 MarkenG. Den nachfolgenden Beschlussgründen ist zu entnehmen, dass sich die Zurückweisung des Eintragungsantrags auch auf diese Dienstleistungen beziehen sollte. Der Erinnerungsbeschluss der Markenstelle vom 12. Dezember 2008 geht zutreffend insoweit von einer Zurückweisung aus; die Beschwerde des Anmelders erstreckt sich auch auf die Versagung des Eintragungsantrags in Richtung auf die beantragten Dienstleistungen der Klasse 43. Nach der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Zeichen und Angaben ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen, wie z. B. ihrer Art, Beschaffenheit, Bestimmung oder ihrer geografischen Herkunft, dienen können. Die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, die in Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der EU Markenrechtsrichtlinie ergangen ist, verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, unmittelbar warenbeschreibende Angaben für alle zur freien, von Zeichenrechten Dritter ungehinderten Verfügung zu halten. Die Monopolisierung einer solchen Angabe zu Gunsten eines einzigen Unternehmens ist deshalb nicht zulässig (EuGH GRUR 1999, 723, 725 - Chiemsee). Die angemeldete Wortfolge " königsteiner riesenfass " ist eine Angabe, die im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen kann. Das Prüfzeichen setzt sich in sprachüblich gebildeter Weise aus den Begriffen " königsteiner " und " riesenfass " zusammen. " königsteiner " ist die Genitivform des Substantivs " königstein ". Wie die Markenstelle nachgewiesen hat, bezeichnet der Begriff " königstein " im Sinne einer geografischen Herkunftsangabe mehrere in Deutschland gelegene Städte bzw. Ortschaften, unter anderem eine Stadt in der Sächsischen Schweiz im Umland von Dresden, einen dieser Stadt benachbarten Berg im Elbsandsteingebirge und eine auf diesem Berg gelegene Festung (Festung Königstein). Der Begriff " riesenfass " stellt sich als eine aus sich heraus verständliche Wortkombination in der beschreibenden Bedeutung "Fass von ungewöhnlicher Größe" dar. Als zusammengesetzter Begriff steht " königsteiner riesenfass " für das gleichnamige historische Bauwerk (in der Form eines überdimensional gestalteten Weinfasses mit einem 2.380 hl umfassenden Volumen), das in der Zeit von 1722 bis 1725 nach einem Entwurf des Barock-Baumeisters Matthäus Daniel Pöppelmann in der im Jahr 1622 gebauten Magdalenenburg (heutige Festung Königstein) in der sächsischen Schweiz errichtet wurde und im Jahr 1818 wegen Baufälligkeit abgebrochen werden musste (nachgewiesen im Internetlexikon wikipedia unter www.wikipedia.de und im Online-Suchdienst google unter www.google.de beim Aufruf von " königsteiner riesenfass "). In dieser (historischen) Bedeutung ist die Anmeldung " königsteiner riesenfass " im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet, im Umfang der zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41 als rein beschreibender Hinweis auf die Art und Beschaffenheit sowie die geografische Herkunft der solchermaßen bezeichneten Waren und Dienstleistungen zu dienen. So kommt in Betracht, Druckereierzeugnisse sowie Lehr- und Unterrichtsmittel - mit entsprechendem Fotomaterial -, die sich mit der Historie des Bauwerks " königsteiner riesenfass " befassen, in entsprechender Weise zu kennzeichnen. Soweit auf Schreibwaren bzw. Künstlerbedarfartikeln entsprechende Kennzeichnungen angebracht werden, wird der Verkehr darin nach Art von Merchandisingartikeln oder Werbematerialien eine Verbindung zu im Zusammenhang mit dem " königsteiner riesenfass " stehenden kulturellen Veranstaltungen oder Lehrveranstaltungen, gegebenenfalls auch im Rahmen eines Museumsbetriebes, vermuten. Zu den Waren der Klasse 33 besteht ein unmittelbarer sachbeschreibender Bezug, namentlich zu "Weine", die bekanntlich - jedenfalls in früherer Zeit - in Fässern gelagert wurden bzw. werden. Ohne Erfolg weist der Anmelder auf eine aus seiner Sicht gegebene Mehrdeutigkeit des Begriffs " königsteiner riesenfass ". Eine solche stünde der Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht entgegen und führte nicht zur Eintragungsfähigkeit in beantragtem Umfang. Dass eine Marke neben der beschreibenden Bedeutung noch andere Bedeutungen aufweisen und insoweit mehrdeutig sein kann, beseitigt für sich gesehen noch nicht das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, 147 f. DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD). Von einer schutzbegründenden Unbestimmtheit kann vielmehr nur ausgegangen werden, wenn eine derartige begriffliche Ungenauigkeit erreicht ist, die ausschließt, dass die fragliche Angabe in Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren/Dienstleistungen noch zu einer konkret beschreibenden Bezeichnung dienen kann (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Aufgrund des konkreten - und nicht nur, wie der Anmelder meint, lediglich abstrakten - Bezugs der zurückgewiesenen Waren/Dienstleistungen zu dem Begriff " königsteiner riesenfass " ist eine solche schutzbegründende Ungenauigkeit im Streitfall allerdings nicht gegeben.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005938&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005939
BPatG
München
26. Senat
20100428
26 W (pat) 81/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Paramedic-Ambulanz" – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 305 34 121.9 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann, des Richters Reker sowie des Richters am OLG Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I Für die Dienstleistungen „Kranken-Transporte und -Rückholung; Rettungsdienst-Ausbildung“ ist die Wortmarke 305 34 121 Paramedic-Ambulanz angemeldet worden. In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, das Prüfzeichen setze sich aus den Bestandteilen „Paramedic“ und „Ambulanz“ zusammen. Der ursprünglich englische Begriff „Paramedic“ werde in der Bedeutung „Sanitäter“ oder „Rettungsassistent“ im deutschen Sprachgebrauch verwendet. Der angesprochene Verkehr verbinde mit „ Parademic -Ambulanz“ einen beschreibenden, in schlagwortartiger Form gehaltenen Hinweis darauf, dass unter dieser Bezeichnung Dienstleistungen eines Sanitäters oder Rettungsassistenten in oder von einer Ambulanz aus erbracht würden bzw. eine solche Ambulanz zum Gegenstand hätten. Eine hinreichende Unterscheidungskraft verleihe dem Prüfzeichen auch nicht die Kombination eines deutschen Wortes („Ambulanz“) mit einem fremdsprachigen Begriff („ Parademic “), da der Verkehr an mehrsprachige Wortkombinationen mit lediglich beschreibendem Aussagegehalt gewöhnt sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Ihrer Auffassung nach sei die Erinnerungsentscheidung bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft, da die Markenstelle für Klasse 44 über ihre Erinnerung entschieden habe. In sachlich rechtlicher Hinsicht habe die Markenstelle außer Acht gelassen, dass Krankentransporte nicht nur durch ausgebildete Sanitäter oder Rettungsassistenten, sondern bisweilen auch durch Taxifahrer durchgeführt würden und die angemeldeten Ausbildungsdienstleistungen nicht in einer Ambulanz, sondern in Schulungsräumen erfolgten. Aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs sei der Begriff „ Parademic -Ambulanz“ demgemäß nicht ohne weiteres verständlich und unmittelbar beschreibender Natur, sondern mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Die Existenz mehrerer Voreintragungen mit dem Wortbestandteil „ Parademic “ indiziere zudem die Eintragungsfähigkeit der Prüfmarke. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. Dezember 2008 und vom 20. Juni 2006 aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke in beantragtem Umfang anzuordnen. II Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Ohne Erfolg rügt die Anmelderin, dass mit der Markenstelle für Klasse 44 - nach Beschränkung ihres Dienstleistungsverzeichnisses - eine funktionell unzuständige Stelle über ihre Erinnerung entschieden habe. Insoweit ist auf den Berichtigungsbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Januar 2009 zu verweisen, wonach die Markenstelle für Klasse 39 entschieden hat. In sachlich-rechtlicher Hinsicht steht einer Eintragung der angemeldeten Marke „Paramedic-Ambulanz“ das Schutzhindernis der Freihaltebedürftigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Nach der genannten Vorschrift ist eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Angaben besteht, die zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können. So liegt der Fall hier. Im Ausgangspunkt zutreffend hat die Markenstelle ausgeführt, dass sich die verfahrensgegenständliche Markenanmeldung aus den Bestandteilen „Paramedic“ und „Ambulanz“ zusammensetze, wobei der englische Begriff „Paramedic“ zu übersetzen sei mit „Sanitäter“ oder „medizinisch-technischer Assistent“ (vgl. Collins , Globalwörterbuch Englisch, Band 1, S. 928) und „Ambulanz“ für „ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsstation; Kranken-, Rettungswagen; Sanitäts-, Behandlungsraum für erste Hilfe“ stehe ( Duden , Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., S. 130). In seiner Zusammensetzung ist der Begriff „Paramedic-Ambulanz“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG objektiv geeignet, zur Beschreibung der beanspruchten Dienstleistungen zu dienen. Der Verkehr wird in der entsprechenden Bezeichnung von Dienstleistungen einen Hinweis auf die Durchführung von Krankentransporten durch hierfür ausgebildete Rettungskräfte und das hierauf gerichtete Ausbildungsangebot in eigens hierfür vorgesehenen Schulungsräumen erkennen. Dass Krankentransporte auch durch Taxifahrer durchgeführt werden können, ist demgegenüber für die Eignung des Prüfzeichens zur Beschreibung wesentlicher Eigenschaften der gekennzeichneten Dienstleistungen ebenso ohne Belang wie die Örtlichkeit der mit „Paramedic-Ambulanz“ gekennzeichneten Schulungsräume. Ohne Erfolg hält die Anmelderin dem entgegen, dass sich „Paramedic-Ambulanz“ aus einer Kombination mehrsprachiger Bestandteile zusammensetze, deren Bedeutung dem Verehr nicht ohne weiteres verständlich sei. Hat - wie hier - die fragliche Angabe in der entsprechenden Fremdsprache eine beschreibende Bedeutung, so ist ein Freihaltungsbedürfnis grundsätzlich zwar nur gegeben, wenn diese Bedeutung in inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkennbar ist (EuGH MarkenR 2006, 157, 159 - Matratzen Concord ). Nur dann ist nämlich die Bezeichnung in der Regel geeignet, im Inland als Sachbeschreibung dienen zu können. Dies kann - nachdem von einer häufigen Verwendung des Begriffs „Paramedic“ im allgemeinen Sprachgebrauch in der Bevölkerung nicht auszugehen ist und die von der Markenstelle vorgelegten und allgemein zugänglichen Nachweise diese Annahme auch nicht rechtfertigen - trotz allgemein zu beobachtender Zunahme von Fremdsprachenkenntnissen der englischen Sprache jedenfalls nicht für den Durchschnittsverbraucher gelten. Allerdings ist die Feststellung eines Freihaltebedürfnisses nicht allein davon abhängig zu machen, dass das Wort in seiner beschreibenden Bedeutung vom inländischen Endabnehmer verstanden wird. Für das Verständnis des angesprochenen Verkehrs eines in der Sprache eines EU-Staates gehaltenen Markenwortes ist nämlich nicht nur auf die Kenntnis des normalen Durchschnittsverbrauchers abzustellen, sondern auch - gegebenenfalls allein - der am Handel beteiligten Fachkreise (vgl. EuGH a. a. O. - Matratzen Concord , S. 158/159; BPatG PAVIS PROMA 24 W (pat) 110/05 - BAGNO ; HK-MarkenR, § 8 Rn. 37; Ströbele MarkenR 2006, 433, 435). Diese vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze zum Verkehrsverständnis einer in einer EU-Sprache erfolgten Markenanmeldung finden auch auf den hiesigen Fall Anwendung. Da kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass das Fachpublikum „Paramedic-Ambulanz“ in seiner vorstehend aufgeführten beschreibenden Bedeutung erkennt, steht einer Eintragung der Prüfmarke das Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Es muss den - auch ausländischen - Mitbewerbern der Anmelderin frei stehen, für das Prüfzeichen angemeldete Dienstleistungen unter der Bezeichnung „Paramedic Ambulanz“ als Hinweis auf Dienste von Sanitätern oder Rettungsassistenten im Rahmen ambulanter Maßnahmen unter Einbeziehung hierfür erforderlicher Schulungsmaßnahmen im Inland anbieten zu können. Der von der Anmelderin angeführte Hinweis auf Voreintragungen mit dem Wortbestandteil „Paramedic“ vermag nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 203 - Schwabenpost; so auch PAVIS PROMA BPatG 24 W (pat) 142/05; BPatG 25 W (pat) 65/08; BPatG 27 W (pat) 220/09) eine anderweitige Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Die Entscheidung über die Eintragungsfähigkeit einer angemeldeten Marke hat anhand der harmonisierten Normen des Markenrechts ohne Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zu erfolgen. Aus dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG kann daher im markenrechtlichen Verfahren im Hinblick auf vorhergehende Eintragungen oder Zurückweisungen kein Anspruch auf Eintragung oder auf Löschung abgeleitet werden (vgl. EuGH a. a. O. - Schwabenpost ). Ob mit der Markenstelle auch von mangelnder Unterscheidungskraft des Zeichens „Paramedic-Ambulanz“ auszugehen wäre (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung mehr.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005939&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005940
BPatG
München
27. Senat
20100201
27 W (pat) 66/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "PLUS LOTTO" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … … … betreffend die Marke 306 78 490.4 (hier: Löschungsverfahren S 233/07) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Albrecht sowie der Richter Schwarz und Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die am 27. Dezember 2006 angemeldete Wortmarke PLUS LOTTO ist am 27. März 2007 unter der Nr. 306 78 490 für die Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten" in das Markenregister eingetragen worden. Mit am 28. Juni 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz haben die Antragstellerinnen die Löschung dieser Marke beantragt, da sie entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Vom Publikum werde die aus zwei schutzunfähigen Bestandteilen bestehende Marke im Sinne von "besseres Lotto" bzw. "mehr Lotto" verstanden. Die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin hat dem ihr am 24. Juli 2007 zugestellten Löschungsantrag mit am 11. September 2007 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Schriftsatz widersprochen. Sie hält die Marke in ihrer Gesamtheit für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Der begriffliche Inhalt der sprachunüblichen und lexikalisch nicht nachweisbaren Wortfolge sei unbestimmt und undefinierbar. Die Markeninhaberin beruft sich auf eine Vielzahl von Marken, bei denen die Begriffe "PLUS" und "LOTTO" jeweils mit anderen Markenwörtern kombiniert seien. Etwaige Behinderungen von Mitbewerbern würden durch § 23 MarkenG ausgeschlossen. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 1. August 2008 die teilweise Löschung der Marke 306 78 490 für die Dienstleistungen "Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten" angeordnet und den Löschungsantrag im übrigen zurückgewiesen. Im Zusammenhang mit den vorgenannten Dienstleistungen fehle der Marke jegliche Unterscheidungskraft. In der Gesamtheit stehe "PLUS LOTTO" für den Hinweis auf ein vorteilhaftes Lotto, welches den angesprochenen Verkehrskreisen ein "Mehr" an verbesserten bzw. zusätzlichen Eigenschaften üblicher Lotterieangebote verspreche. Die angemeldete Bezeichnung sei aus der reinen Dienstleistungsangabe "LOTTO" und dem Mode- und Werbeschlagwort "PLUS" zusammengesetzt. Dabei handle es ich bei "LOTTO" um eine allgemein bekannte Beschreibung eines Glücksspiels (BGH GRUR 2006, 760 - Lotto). Bei dem weiteren Wortelement "PLUS" handle es sich um eine zentrale Werbeaussage, die sich in dem Verständnis auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften erschöpfe. Sowohl die Markenstellen des Deutschen Patent- und Markenamts als auch verschiedene Senate des Bundespatentgerichts hätten wiederholt festgestellt, dass das Wort "PLUS" auf einer Vielzahl von Waren- und Dienstleistungsgebieten beschreibend verwendet werde, um auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften, auf einen Vorteil oder Vorzug hinzuweisen. Dabei erfolge der Gebrauch von "PLUS" weniger in adverbialer Form - also mit der Notwendigkeit das jeweilige Plus zu konkretisieren -, sondern weit häufiger sei die Verwendung in substantivischer Form und ohne eine konkrete Aussage, welche genaue Waren-/Dienstleistungseigenschaft nun verbessert sei oder einen Mehrwert darstelle. Dies erlaube dem Verbraucher, in allen angebotenen Waren- und Dienstleistungseigenschaften ein "Mehr" gegenüber denen der Konkurrenzangebote zu erblicken (BPatG 28 W (pat) 217/03 - CorrectPlus ; 28 W (pat) 296/03 - PLUS; 30 W (pat) 140/97 - PLUS; 33 W (pat) 141/04 - One System Plus/Plus). In seiner Lottoentscheidung habe der BGH bestätigt, dass die Veranstaltung von sportlichen Wettbewerben und sonstigen kulturellen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Lotterien und deren Durchführung stehen könne. Entsprechendes gelte für die Dienstleistung "Unterhaltung", welche als Oberbegriff auch die Veranstaltung von Lotterien und Wetten etc. umfasse. Dementsprechend weise die angegriffene Bezeichnung auch insoweit nur auf die Art dieser Dienstleistung und die vorteilhaften Eigenschaften für den angesprochenen Verkehr hin. Eine andere Beurteilung sei für die Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung" angezeigt. Hierbei handle es sich nicht um solche Dienstleistungen, die naheliegend bzw. sinnvollerweise mit "vorteilhaftes "Lotto" beschrieben oder angepriesen würden, um Inhalt, Gegenstand oder thematische Ausrüstung des Betätigungsfeldes zu bezeichnen. Vielmehr handle es sich bei Lotterieangeboten um Glücksspiele, die zwar ein bestimmtes Regelwerk besäßen, bestimmte Spielsysteme ermöglichten und bestimmte mathematische Wahrscheinlichkeiten berücksichtigten, im Allgemeinen jedoch keine speziellen Schulungs- oder Erziehungsmaßnahmen erforderlich machten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung vom 1. August 2008 aufzuheben, soweit die Löschung der Marke 306 78 490 angeordnet worden ist, und den Löschungsantrag insoweit zurückzuweisen. Die angegriffene Bezeichnung sei in ihrer Gesamtheit unterscheidungskräftig. Die Kombination der Markenwörter "PLUS LOTTO" sei keine direkt erkennbare, inhaltlich klare Werbeaussage, sondern in ihrer Gesamtheit eine sprachlich eher ungewöhnliche Wortzusammensetzung. Sie wirke auch nicht lediglich beschreibend. Die Wortfolge ergebe keine sinnvolle eindeutige und mittelbar verständliche Gesamtaussage hinsichtlich der beanspruchten Dienstleitungen oder des Kundenkreises. Die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin stützt ihr Eintragungsbegehren auf zahlreiche eingetragene Marken mit den Bestandteilen "PLUS“ und "LOTTO". Die Antragstellerinnen haben beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigen den angegriffenen Amtsbeschluss. Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertreten sie weiterhin die Auffassung, die Marke sei in ihrer Gesamtheit freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig. Die sprachüblich gebildete Bezeichnung "PLUS LOTTO" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen ohne weiteres als qualitätsmäßige Anpreisung sowie als Sachinformation über die Beschaffenheit des Dienstleistungsangebots, nämlich die besonders guten Gewinnchancen, aufgefasst werden. "PLUS LOTTO" werde von einer Firma P… bereits weltweit verwendet, wie sich aus einem vorgelegten Internetausdruck ergebe. In der mündlichen Verhandlung, an der die Markeninhaberin, wie zuvor angekündigt, nicht teilgenommen hat, haben die Antragstellerinnen ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet. Nach diesen Vorschriften ist eine eingetragene Marke auf Antrag wieder zu löschen, wenn ihr zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft fehlte und dieses Schutzhindernis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. EuGH GRUR Int. 2005, 1012 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Neuheit eines Zeichens oder einer Wortkombination begründet für sich gesehen noch keine hinreichende Unterscheidungskraft. Für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist daher kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis erforderlich, dass die Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird (EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Rn. 39 ff. - DAS PRINZIP DDR BEQUEMLICHKEIT ; GRUR Int. 2005, 1012, 1015 - BioID). Vielmehr ist einer Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn sie einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit einer Bezeichnung können zwar die für eine Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft begründen. Ob eine schutzbegründende Bedeutungsvielfalt vorliegt, ist allerdings nicht abstrakt lexikalisch zu beurteilen, sondern muss im Zusammenhang mit den jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gesehen werden. Das kann zur Folge haben, dass sich die lexikalisch in Betracht kommenden Begriffsinhalte auf einen im Vordergrund stehenden Sinngehalt reduzieren. Nach diesen Grundsätzen kommt der Bezeichnung "PLUS LOTTO" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu. Die Prüfung der Schutzfähigkeit einer Marke, wie der vorliegend angegriffenen, verlangt - insoweit im Ansatz in Übereinstimmung mit der Auffassung der Markeninhaberin - eine Berücksichtigung der Gesamtwirkung, mithin sämtlicher Wortbestandteile in ihrer Beziehung zueinander. Dem steht aber nicht entgegen, dass zunächst der Bedeutungsgehalt der (einzelnen) Wortelemente untersucht und erst danach - sofern diesen eine beschreibende Bedeutung zu entnehmen ist - der Frage nachgegangen wird, ob sich in der Gesamtwirkung ein kennzeichnungskräftiger "Überschuss" ergibt, der über die Zusammenfassung nicht unterscheidungskräftiger Einzelmerkmale hinaus geht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rn. 120, 124, 131 m. w. Nachw.). Diesen methodischen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Prüfung der Unterscheidungskraft der verfahrensgegenständlichen Marke genügt der Beschluss der Markenabteilung - entgegen der Ansicht der Markeninhaberin - in ausreichendem Maße. Bezüglich der allein beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten entbehrt die angemeldete Bezeichnung in ihrer Gesamtheit jeglicher Unterscheidungskraft. Wie der BGH in der von der Markenabteilung zitierten Lotto-Entscheidung (BGH GRUR 2006, 760) festgestellt hat, handelt es sich bei "LOTTO" um die allgemein bekannte Beschreibung eines Glücksspiels, das für sich betrachtet als reine Dienstleistungsangabe für die vorgenannten Dienstleistungen nicht schutzfähig ist. Das vorangestellte Wort "PLUS" versteht der Verkehr ohne weiteres als Werbeversprechen im Sinne eines Hinweises auf zusätzliche, verbesserte Eigenschaften, so dass auch dieses Wort für sich betrachtet nicht schutzfähig ist. In der Gesamtheit gilt nichts anderes, da der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck über die bloße Zusammenfügung der beschreibenden Elemente nicht hinaus geht, sondern sich in deren bloßer Summenwirkung erschöpft. Daran vermag die Voranstellung des Wortes "PLUS" nichts zu ändern. Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Markeninhaberin vergleichbare Marken kann sie keinen Anspruch auf Beibehaltung ihrer Marke ableiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung oder die Löschung zu befinden haben, denn schon die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 - Henkel). Entsprechendes gilt erst recht, wenn es um die Entscheidung über die Löschung einer Marke geht. Auch der Hinweis der Markeninhaberin im Amtsverfahren auf die Vorschrift des § 23 MarkenG vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist abschließend geklärt, dass diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Auslegung und Anwendung der absoluten Schutzhindernisse hat (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee; GRUR 2004, 946, 947 - Nichols). Gründe für eine Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG sind nicht ersichtlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005940&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005941
BPatG
München
27. Senat
20100413
27 W (pat) 94/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "PINOCCHIO (Wort-Bild-Marke)/Pinocchio" – zur rechtserhaltenden Benutzung – keine Änderung des kennzeichnenden Charakters einer Wortmarke durch Hinzufügung von Bildelementen, wenn die wörtliche Aussage nur bildlich illustriert wird – zur Kennzeichnungskraft - Warenidentität – unmittelbare Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 300 49 368 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: 1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 6. März 2008 wird teilweise aufgehoben, soweit hierin die Löschung der Marke 300 49 368 für die Waren „Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Schuhwaren; Kopfbedeckungen“ angeordnet worden ist. Insoweit wird die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Markeninhaberin zurückgewiesen.
I. Die am 3. Juli 2000 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 5, 9, 14, 16, 18, 11, 24, 25, 28 - 30, 32 und 41 angemeldete Wort-/Bildmarke Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist am 30. November 2000 unter der Nr. 300 49 368 in das Markenregister eingetragen und am 4. Januar 2001 veröffentlicht worden. Hiergegen ist Widerspruch erhoben worden aus der am 5. März 1974 für die Waren „Ober- und Unterbekleidungsstücke, insbesondere gewirkte und gestrickte“ eingetragene Wortmarke 915 691 Pinocchio. Der Widerspruch richtet sich gegen alle Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke. Mit am 10. September 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz hat die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Rechtsvorgängerin der Widersprechenden hat daraufhin mit Schriftsatz vom 25. März 2002 diverse Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt, u. a. eine Eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers vom 22. März 2002, in der Umsatzzahlen für die Zeit von 1997 bis 2000 genannt werden. Eingereicht wurden außerdem als Verwendungsbeispiele mehrere farblich gestaltete Einnähetiketten und Offertkarten , auf denen der Wortbestandteil „Pinocchio“ entweder farblich gestaltet in Alleinstellung oder in Kombination mit unterschiedlichen - ebenfalls farblich gestalteten - Kinderfiguren und weiteren Wortbestandteilen abgebildet ist. Die Rechtsvorgängerin der Markeninhaberin hat die Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten. Die vorgelegten Etiketten und Offertkarten seien nicht geeignet, eine markenmäßige Verwendung der Widerspruchsmarke zu belegen. Der Wortbestandteil „Pinocchio“ werde nur in Verbindung mit verschiedenen unterschiedlich gestalteten farblichen Bildelementen verwendet und sei daher nicht markenmäßig verwendet. Mit Erstbeschluss vom 9. September 2004 hat die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Nach Auffassung der Erstprüferin scheitere eine Verwechslungsgefahr an dem Bildbestandteil der jüngeren Marke, der diese mitpräge. Aufgrund der fehlenden Verwechslungsgefahr käme es auf die Benutzungslage der Widerspruchsmarke nicht an. Auf die Erinnerung der Rechtsvorgängerin der Widersprechenden hat die Markenstelle den Erstbeschluss mit Beschluss vom 6. März 2008 teilweise aufgehoben und die angegriffene Marke teilweise für die Waren „Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ gelöscht und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Soweit die Waren ähnlich seien, was bei den vorgenannten Waren der Fall sei, bestehe eine Verwechslungsgefahr. Die Widersprechende habe die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke hinreichend glaubhaft gemacht. Die hinzugefügten Bildelemente veränderten den kennzeichnenden Charakter der Wortmarke nicht. Die Verwendung für Kinderbekleidung falle unter die geschützten „Ober- und Unterbekleidungstücke“. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. März 2008 in dem Umfang, soweit die Eintragung der Waren versagt worden ist, aufzuheben. Eine Verwechslungsgefahr scheitere an der Unähnlichkeit der Waren. Die Widerspruchsmarke sei als weltweit bekannte Kinderbuchfigur allenfalls schwach kennzeichnungskräftig. Eine Verwechslungsgefahr sei aufgrund der graphischen Bildbestandteile der angegriffenen Marke auszuschließen. Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie hat im Beschwerdeverfahren zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung eine weitere ergänzende Eidesstattliche Versicherung vom 8. Januar 2009 vorgelegt, wonach die Rechtsvorgängerin der Widersprechenden im Jahr 2006 6.400 Jogginganzüge an eine Firma N… und im Jahr 2008 5.000 Jacken an eine Firma S… GmbH verkauft habe. Vorgelegt wurden außerdem die Rechnung zu dem letztgenannten Verkauf und eine Farbkopie der verkauften Kinderjacke (Blatt 85 d. A.), auf der ein mehrfarbiges Etikett mit der Abbildung einer Kinderfigur und darunter dem Wortbestandteil „Pinocchio“ erkennbar ist. Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie halte die Nichtbenutzungseinrede aufrecht. Eine rechtserhaltende Benutzung belege die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Abbildung nicht, da es sich dabei wegen des Bildbestandteils nicht um die Widerspruchsmarke handle. Eine Verwechslungsgefahr scheitere an dem Bildbestandteil der angegriffenen Marke. Die Widersprechende hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, der Widerspruch werde auf die Waren „Bekleidungsstücke“ im Warenverzeichnis der jüngeren Marke beschränkt. Unter Hinweis auf die Vorschrift des § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG vertritt sie die Auffassung, die Widerspruchsmarke werde rechtserhaltend benutzt. Zwischen den Marken bestehe eine klangliche Verwechslungsgefahr. Die klangliche Identität werde durch den Bildbestandteil der jüngeren Marke nicht neutralisiert, da das Bild auf das Wort Bezug nehme. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Marken - in Übereinstimmung mit der Markenstelle im Erinnerungsbeschluss - hinsichtlich der allein noch beschwerdegegenständlichen Waren „Bekleidungsstücke“, für welche die angegriffene Marke gelöscht wurde, der Gefahr einer Verwechslung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegen. 1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens waren zunächst nur die von der Markenstelle gelöschten Waren „Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“. Bezüglich der übrigen Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke ist der Widerspruch im Beschluss der Markenstelle vom 6. März 2008 zurückgewiesen worden, ohne dass die Widersprechende ihrerseits Beschwerde eingelegt hätte. Für diese Waren und Dienstleistungen steht die Marke 300 49 368 somit außer Streit. Nachdem die Widersprechende in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie beschränke den Widerspruch auf die Waren „Bekleidungsstücke“ im Warenverzeichnis der jüngeren Marke, sind die weiteren von der Markenstelle gelöschten Waren ebenfalls nicht mehr Streitgegenstand. 2. Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der Widerspruchsmarke zulässigerweise bestritten, nachdem die fünfjährige Benutzungsschonfrist der Widerspruchsmarke, die mit deren Eintragung im März 1974 zu laufen begonnen hatte, im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens im Jahr 2001 abgelaufen war (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Damit sind zugleich die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erfüllt (vgl. BGH GRUR 1999, 54 - HOLTKAMP). Es obliegt der Widersprechenden daher, eine Benutzung gemäß § 26 MarkenG sowohl für die fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens (Januar 1996 bis Januar 2001) glaubhaft zu machen als auch für die letzten fünf Jahre vor diesem Beschluss (April 2005 bis April 2010). Beides ist ihr in Bezug auf „Oberbekleidungsstücke“ gelungen. a) Für den ersten Zeitraum von Januar 1996 bis Januar 2001 hat die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke durch die im Amtsverfahren vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht. Ausweislich der Eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers der Rechtsvorgängerin der Widersprechenden vom 22. März 2002 hat die Widersprechende in den Jahren von 1997 bis 2000 jeweils zwischen 30.000 und 60.000 Kinderbekleidungsstücke verkauft. Die in der Eidesstattlichen Versicherung genannten Kinderanoraks fallen unter den Oberbegriff „Oberbekleidungsstücke“, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist. Auch die in den Anlagen zur Eidesstattlichen Versicherung ersichtliche Verwendungsform hält der Senat für ausreichend, da die Wortmarke u. a. in Alleinstellung - wenn auch farbig - als Etikett verwendet wurde, wie der Anlage 1 des Schriftsatzes vom 25. März 2002 zu entnehmen ist. Allein durch die farbige Ausgestaltung des Wortes „Pinocchio“ wird der kennzeichnende Charakter der Marke nicht so verändert, dass eine gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG rechtserhaltende Benutzung fehlen würde. b) Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen hält der Senat eine rechtserhaltende Benutzung auch für den zweiten maßgeblichen Zeitraum von April 2005 bis April 2010 für ausreichend glaubhaft gemacht. Die Widersprechende hat in der ergänzenden Eidesstattlichen Versicherung vom 8. Januar 2009 ausreichende Umsatzzahlen für die Jahre 2006 und 2008 und damit zumindest für einen Teil des insoweit maßgeblichen Zeitraums genannt. Danach wurden 2006 beispielsweise 6.400 Teile von Jogginganzügen verkauft und 2008 ausweislich einer beigefügten Rechnung 5.000 Jacken. Gegen die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung spricht nicht, dass der Wortbestandteil „Pinocchio“ auf dem vorgelegten Verwendungsbeispiel nicht in Alleinstellung, sondern in der nachfolgend gezeigten besonderen graphischen Ausgestaltung unter einer mehrfarbigen Kinderfigur auf dem Etikett einer Kinderjacke abgebildet ist. Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen Durch die auf dem Verwendungsbeispiel erkennbaren Bildelemente wird der kennzeichnende Charakter der Marke gemäß § 26 Abs. 3 MarkenG nicht verändert. Die Hinzufügung von Bildelementen verändern den kennzeichnenden Charakter einer eingetragenen Wortmarke dann nicht, wenn dadurch die wörtliche Aussage lediglich zusätzlich bildlich illustriert wird (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 26 Rn. 103). Dies ist nach der Auffassung des Senats hier der Fall, da der Verkehr die über dem Wortbestandteil abgebildete Kinderfigur unschwer als die bekannte Kinderfigur „Pinocchio“ erkennen wird. Gegen die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung spricht auch nicht die BAINBRIDGE-Entscheidung (EuGH WRP 2007, 1322). In jenem Verfahren ging es um den Widerspruch aus insgesamt elf älteren Widerspruchsmarken, von denen für fünf die Benutzung bestritten worden war. In seiner Entscheidung ist der EuGH von dem Grundsatz ausgegangen, dass bei der Geltendmachung von Rechten aus mehreren Marken die Benutzung einer in dieser Form eingetragenen Marke nicht gleichzeitig als abgewandelte Benutzungsform einer anderen Marke anerkannt werden darf. Damit können mehrere verschiedene Marken grundsätzlich nicht durch ein und dieselbe Verwendung rechtserhaltend benutzt und verteidigt werden (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 136). Abweichend von dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren geht es hier nur um den Widerspruch aus einer Marke, deren (abgewandelte) Benutzungsform jedoch nicht als Marke eingetragen ist. 3. Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, dass zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke „Pinocchio“ eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f. - PICASSO ; BGH GRUR 2006, 859, 860 - Malteserkreuz). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden. a) Die allein beschwerdegegenständlichen „Bekleidungsstücke“ der jüngeren Marke sind mit den „Oberbekleidungsstücken“ der Widerspruchsmarke identisch. b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hält der Senat in Bezug auf „Oberbekleidungsstücke“ für durchschnittlich. Ein beschreibender Begriffsinhalt ist der Bezeichnung „Pinocchio“ in Bezug auf diese Waren nicht zu entnehmen. Dem steht auch nicht entgegen, dass es im Bereich der Kinderbekleidung verbreitet sein mag, diese mit Kinderfiguren zu benennen. Die Widerspruchsmarke ist nämlich nicht für Kinderbekleidung, sondern für den Oberbegriff „Oberbekleidungsstücke“ geschützt. c) Den danach erforderlichen weiten Abstand halten die Marken in klanglicher und begrifflicher Hinsicht wegen des übereinstimmenden Bestandteils „Pinocchio“ nicht ein. Dem steht entgegen der Auffassung der Markeninhaberin der Bildbestandteil der jüngeren Marke nicht entgegen. Im Rahmen der Prüfung, ob die Gefahr von Verwechslungen besteht, sind bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken die fraglichen Marken jeweils in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 18 f. - THOMSON LIFE ; BGH GRUR 2006, 60, 62, Nr. 17 - coccodrillo). Beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen ist nach ständiger Rechtsprechung davon auszugehen, dass der Verkehr bei der klanglichen Wiedergabe in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zumisst (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 332 m. w. N.), im vorliegenden Fall also dem mit der Widerspruchsmarke identischen Wortbestandteil „Pinocchio“. Da dieser Bestandteil in Bezug auf die hier in Rede stehenden Waren durchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweist, besteht keine Veranlassung, von dem Grundsatz „Wort vor Bild“ abzugehen. Die Markenstelle hat demnach zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke bezüglich der Waren „Bekleidungsstücke“ angeordnet. 4. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005941&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005942
BPatG
München
27. Senat
20100413
27 W (pat) 108/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "TOMATIS-Institut" – keine Unterscheidungskraft
Parallelverfahren: 27 W (pat) 109/09
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 399 46 470 (hier: Löschungsverfahren S 240/06) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen die am 4. August 1999 angemeldete und am 4. April 2001 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 41 und 42, nämlich für "Lehr- und Unterrichtsapparate und -instrumente, audiovisuelle Lehr- und Unterrichtsmittel, Radio- und Fernsehgeräte, Geräte zur Aufzeichnung (Übertragung) und Wiedergabe von Ton und Bild; Phonokoffer, Plattenspieler, Sprechmaschinen, Schallplatten, Filme, Tonstreifen und -bänder, Diapositive; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) soweit in Klasse 16 enthalten, Unterrichtsmethoden, Organisation von Kursen, Unterrichtung von Sprachen, Lehr- und Unterrichtsleistungen jeder Materie und mit allen Mitteln, einschließlich solcher durch Inanspruchnahme des Radios, des Fernsehens, des Films, von Tonbandaufzeichnungen sowie durch Korrespondenz, Nutzung von Schulen und Lehrinstituten, Ausgabe von Büchern und Zeitschriften; Erziehungs- und Rehabilitationsdienstleistungen, Dienstleistungen in der Entwicklung der Zurückgabe von Geistesfähigkeiten, Laboratorien zur Integration der Sprache; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Gesundheitspflege und der Psychotherapie" eingetragene Wortmarke 399 46 470 TOMATIS-Institut hat die Antragstellerin am 21. September 2006 einen Antrag auf Löschung wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG gestellt. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 16. Oktober 2008 die Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft und einem Freihaltungsbedürfnis angeordnet. Bei der Angabe "TOMATIS-Institut" handle es sich um eine Bezeichnung für Institute, in denen die Tomatis-Methode, eine von dem Arzt Dr. Alfred Tomatis entwickelte Hörtherapie, Verwendung finde. Wie die Antragstellerin durch Belege, z. B. den Beitrag aus der Zeitschrift "Kinderkrankenschwester" aus dem Jahr 2000, der Publikation von Schiedeck "Die Auswirkungen des Tomatis-Gehörtrainings", ebenfalls aus dem Jahr 2000, dem "Forum Logopädie" von 2001, der Zeitschrift "Musik-, Tanz- und Kunsttherapie" von 1996, " pädiatrie hautnah" von 2000, "HNO-Mitteilungen von 1996" nachgewiesen habe, arbeiteten inzwischen zahlreiche Praxen und Institutionen nach dieser Methode. Diese sei also zum Zeitpunkt der Eintragung 2001 bereits ein Fachbegriff gewesen. Wie häufig bei Lehrmethoden und Therapien würden diese zwar ursprünglich auf eine bestimmte Person zurückgeführt, wie Freud, Feldenkrais, Tanztherapie nach Laban, Bewegungstherapie nach Dore Jacobs, Urschreitherapie nach Janov usw., jedoch arbeiteten heute nicht mehr nur die Schüler dieser Person oder ein bestimmtes von dem Urheber gegründetes Institut nach deren Lehren, sondern zahlreiche Praxen u. ä., die sich diese Erkenntnisse ebenfalls erworben hätten und nach den entwickelten Prinzipien handelten. Auch Rudolf St.  und Maria M.  hätten pädagogische Prinzipien entwickelt, die heute von zahlreichen Schulen und nicht nur von einer Institution fortgeführt würden. Diese Begriffe hätten sich von den ursprünglichen Personen gewissermaßen verselbständigt und wiesen nur noch abstrakt auf eine bestimmte Therapie oder Lehrmethode hin. Sie würden nicht mit einer bestimmten Person oder Institution in Verbindung gebracht werden. Alle hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen könnten in einem TOMATIS-Institut Verwendung finden oder der Durchführung einer Hörtherapie nach der Tomatis-Methode dienen, z. B. Lehr- und Unterrichtsapparate, Bücher und Zeitschriften zu dem Thema u. ä. Maßgeblich sei allein die Sicht der angesprochenen Fachkreise aus Medizin oder Psychologie, bzw. Patienten und Laien, die sich für Therapieformen interessierten. Darauf, ob die Markeninhaberin die Rechte zur Führung des Namens erworben habe, komme es nicht an, da dies dem Publikum in der Regel nicht bekannt sein werde. Es würde sich lediglich darüber informieren, welche Praxis oder welches Institut Hörtherapien nach Tomatis anbiete, aber nicht, ob dies die Markeninhaberin sei. Der Begriff müsse auch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung finden, da es sich um eine spezielle Therapie handle und nur Personenkreise, die sich mit entsprechenden Methoden beschäftigten, angesprochen seien, aber keine breiten Verkehrskreise. Dass ein Nachweis in einem allgemeinen Lexikon fehle, führe noch nicht zur Schutzfähigkeit des Begriffs, da Fachkreise sowie interessierte und informierte Laien, auf die es hier ankomme, den Begriff kennen würden. Der Begriff "Tomatis-Institut" sei daher für die hier in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen glatt beschreibend für eine bestimmte Heilmethode, nach der diese Institute arbeiteten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie hält die Marke für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Die Marken habe sie im Jahr 2001 erworben und benutze sie seitdem als Bezeichnung für Einrichtungen, in denen die von Dr. Tomatis entwickelte Therapieform zur Anwendung komme. Bei den "Tomatis-Instituten" handle es sich um Institute, die zur Anwendung der "Tomatis-Methode" berechtigt und durch einen Lizenzvertrag mit der Markeninhaberin verbunden seien. Die "Tomatis-Methode" unterscheide sich deutlich von den Hörtherapien der Mitbewerber, denn anders als bei den Therapieformen der Mitbewerber bedürfe es für das Praktizieren der "Tomatis-Methode" einer speziellen Ausbildung. Entgegen der Ansicht der Markenstelle habe sich der Begriff "Tomatis-Institut" nicht völlig verselbständigt mit der Folge, dass er rein beschreibend benutzt werde. Vielmehr werde er in besonderem Umfang für die Therapiemethode des Dr. Tomatis, die nunmehr von der Markeninhaberin ausgeübt werde, verwendet. Der Gebrauch des Namens "Tomatis" diene im Internet dem Zweck, über die Person des Dr. Tomatis, seine Arbeiten oder seine Biografie zu informieren, nicht aber als beschreibender Begriff der Therapieform. Für die Schutzfähigkeit der Marke spreche auch, dass "TOMATIS" in den USA eingetragen worden sei. Die Marke "TOMATIS-Institut" habe keinerlei eigentliche Bedeutung. Es handle sich um eine Bezeichnung, die im Handelsverkehr nicht zur Bezeichnung typischer Merkmale der betreffenden Produkte und Dienstleistungen verwendet werde. Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Oktober 2008 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Marke sei nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig. Der Begriff "TOMATIS-Institut" werde rein beschreibend verwendet, nämlich als Hinweis auf ein Institut, das die Tomatis-Methode, eine von Dr. Tomatis entwickelte Hörtherapie, praktiziere. Die Antragstellerin verweist hierzu auf im Amtsverfahren vorgelegte Verwendungsbeispiele und umfangreiche weitere Internetauszüge. Entgegen der Darstellung der Markeninhaberin handle es sich bei den Tomatis-Instituten auch nicht ausnahmslos um Lizenznehmer der Markeninhaberin. Die Tomatis-Institute Hamburg, Bad Rothenfelde und Eutin seien keine Lizenznehmer. In der mündlichen Verhandlung, an der die Markeninhaberin nicht teilgenommen hat, hat die Antragstellerin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. EuGH GRUR 2005, 1012 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Neuheit eines Zeichens oder einer Wortkombination begründet für sich gesehen noch keine hinreichende Unterscheidungskraft. Für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist daher kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis dafür erforderlich, dass die Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird (EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Rdn. 39 ff. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; GRUR Int. 2005, 1012, 1015 - BioID). Vielmehr ist einer Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn sie einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass der Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Nach diesen Grundsätzen kommt der Bezeichnung "TOMATIS-Institut" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu. Die streitgegenständliche Marke setzt sich zusammen aus dem Nachnamen des 2001 verstorbenen HNO-Arztes Alfred Tomatis, der eine nach ihm benannte Hörtherapie entwickelt hat, und dem bekannten Begriff "Institut", als den man eine Stätte bezeichnet, in der wissenschaftliche Leistungen erbracht werden. Personennamen unterliegen in gleicher Weise wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse. Insbesondere ist für eine Eintragung als Marke und den Verbleib im Markenregister erforderlich, dass dem Namen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt (BPatG GRUR 2006, 591, 592 - GEORG-SIMON-OHM; Beschluss vom 23. Mai 2007, 29 W (pat) 35/06 - Ringelnatz ). Dabei gelten für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus einem Personennamen bestehen, dieselben Kriterien wie für alle anderen Kategorien von Marken (EuGH GRUR 2004, 946, 947, Nr. 25 Nicols ). Die von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hier angesprochenen Fachkreise, dies sind Mediziner und Fachpersonal sowie Patienten, die an Hörtherapie interessiert sind, werden die Marke in dem von der Markenabteilung aufgezeigten Sinn verstehen. Dafür sprechen insbesondere die von der Antragstellerin im Amts- und Beschwerdeverfahren vorgelegten zahlreichen Unterlagen, die belegen, dass es sich bei der nach Tomatis benannten Hörtherapie um eine auf diesem Fachgebiet bekannte Therapie handelt. Den vorgelegten Unterlagen ist ebenfalls zu entnehmen, dass es zahlreiche Anbieter gibt, die eine Ausbildung auf diesem Sachgebiet anbieten. So existieren in unterschiedlichen Städten in Deutschland bereits zahlreiche Tomatis-Institute. Die Markeninhaberin hat im Übrigen im Beschwerdeverfahren selbst eingeräumt, sie benutze die Marke seit 2001 (dem Jahr der Eintragung) als Bezeichnung für Einrichtungen, in denen die von Dr. Tomatis entwickelte Therapieform zur Anwendung komme. Hieraus ergibt sich eine beschreibende Bedeutung der Marke für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos einen Bezug zu der Hörtherapie von Tomatis haben können. Unerheblich ist der Vortrag der Markeninhaberin, sie habe die Tomatis-Marken mittelbar von Dr. Tomatis erworben und nur sie biete eine originale und besonders qualifizierte Ausbildung für die Tomatis-Therapie an. Ob ein Name rechtmäßig benutzt wird, spielt für die Unterscheidungskraft keine Rolle. Es kommt nur darauf an, ob die angesprochenen Verkehrskreise in dem Namen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betroffenen Waren/Dienstleistungen sehen oder nicht. Diesen Verkehrskreisen sind in der Regel weder die für eine Benutzungsberechtigung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse bekannt, noch deren zutreffende rechtliche Bewertung möglich. Ob ein als Marke angemeldeter Name geeignet ist, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen zu garantieren, kann somit nicht von einer bestehenden oder fehlenden Berechtigung des Markenanmelders zur Benutzung des Namens abhängen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 149). Die Unterscheidungskraft des Namens einer bekannten Persönlichkeit kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Verwendung des Namens durch Dritte regelmäßig entgeltlich im Rahmen eines Lizenzverhältnisses erfolgt. Wenn die beteiligten Verkehrskreise in der Verwendung eines Namens keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren/Dienstleistungen, sondern lediglich auf die bekannte Persönlichkeit selbst sehen, wird diese Verkehrsauffassung nicht davon beeinflusst, ob und inwieweit der Namensträger für die Einwilligung zur geschäftlichen Benutzung seines Namens tatsächlich eine finanzielle Gegenleistung erhält oder nicht, was dem Publikum in der Regel ohnehin nicht bekannt ist (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 150). Die Anmelderin kann sich zur Begründung der Unterscheidungskraft auch nicht erfolgreich auf die Eintragung der Marke TOMATIS in den USA stützen. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge; BlPMZ 1998, 248 - Today; BPatG GRUR 2007, 333, 335 - Papaya; BlPMZ 2008, 29 - Topline). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2006, 229, Nr. 47 - BioID). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in das Register einzelner Staaten können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter. Diese Beurteilung gilt erst recht für das - was Deutschland betrifft - von Verfassungs wegen ausschließlich an Recht und Gesetz gebundene (Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 97 Abs. 1 GGG) und funktional verselbständigte Bundespatentgericht. Nach alledem war der Beschwerde der Markeninhaberin der Erfolg zu versagen. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005942&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005943
BPatG
München
27. Senat
20100413
27 W (pat) 128/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Connectors Unlimited" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 305 20 916.7 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. November 2008 wird aufgehoben, soweit hierin der Marke der Schutz teilweise versagt worden ist.
I. Die am 11. April 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 37 und 42, nämlich für "Steckverbindungen wie Stecker, Buchse, Dosen, Einbaustecker, Einbaudosen, Einbaubuchsen, Verteiler; Sensoren, Aktuatoren, Kabel sowie deren Bestandteile und Zubehör; Verpackungen, Etiketten, Verpackungsformen, Verpackungseinheiten, Verpackungsmaterialien, Umverpackungen, Transportbehälter für die vorstehend genannten Waren; Reparatur- und Installationsarbeiten der in Klasse 9 genannten Waren; Entwurf und Entwicklung der vorstehend genannten Waren; Designing hinsichtlich geometrischer Gestaltung und Erscheinungsbild wie Material, Farbe und Oberfläche der vorstehend genannten Waren; Konfektionierung wie Abmantelung, Abisolierung und Stufenschnitt in verschiedenen Längen, Kabelschuhe, Aderendhülsen und Verzinnung der vorstehend genannten Waren" angemeldete Wortmarke Connectors Unlimited ist von der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts mit Erstbeschluss vom 15. Januar 2008 vollständig wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden. Bei der Bezeichnung "Connectors Unlimited" handle es sich um einen unmittelbar beschreibenden Hinweis auf Verbindungselemente, die unbegrenzt einsetz- bzw. verwendbar und für jeden Einsatzbereich geeignet seien. Bei den in Klasse 9 aufgeführten Waren handle es sich um entsprechende Verbindungselemente, ihre Teile, ihr Zubehör und der hiermit im Zusammenhang stehenden Produkte. Für die Klassen 37 und 42 sage die angemeldete Marke lediglich aus, dass diese Dienstleistungen an den genannten Waren erbracht würden, dazu bestimmt und geeignet seien und deren technischer Entwicklung und Gestaltung dienen könnten. Eine seitens der Anmelderin angeführte begriffliche Unklarheit des Wortes "Unlimited" sei nicht ersichtlich. Dem Verbraucher sei dieser Begriff in der vorgenannten Bedeutung bekannt. Dies gelte umso mehr, als er bereits verwendet werde. Unternehmen bewürben ihre Produkte und Dienstleistungen mit dieser schlagwortartigen Sachaussage, um auf deren unbegrenzte (Verwendungs- oder Einsatz-)Möglichkeiten hinzuweisen, wie sich aus einem dem Beschluss beigefügten Internetausdruck ergebe. Nach einer im Erinnerungsverfahren vorgenommenen Klärung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses hat die Markenstelle den Erstbeschluss mit Erinnerungsbeschluss vom 20. November 2008 teilweise bezüglich der Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 37, 40 und 42 aufgehoben. Im Übrigen ist die Erinnerung bezüglich der Waren der Klasse 9 "Steckerverbindungen wie Stecker, Buchse, Dosen, Einbaustecker, Einbaudosen, Einbaubuchsen, Verteiler (soweit in Klasse 9 enthalten); Sensoren, Aktuatoren, Kabel sowie deren Bestandteile und Zubehör (soweit in Klasse 9 enthalten); Verpackungen, Verpackungsformen, Verpackungseinheiten, Verpackungsmaterialien, Umverpackungen, Transportbehälter, jeweils angepasst für die vorstehend genannten Waren" zurückgewiesen worden. In Bezug auf die weiterhin zurückgewiesenen Waren fehle es der Bezeichnung "Connectors Unlimited" an jeglicher Unterscheidungskraft. Insoweit handle es sich um eine ausschließlich sachbezogene Angabe, insbesondere auch als werbemäßige Anpreisung wirkende Bezeichnung. Es könne ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die hier angesprochenen deutschen Verkehrskreise den sich danach ergebenden Begriffsinhalt des Anmeldezeichens im Sinne von "Konnektoren unbegrenzt" sofort und ohne weiteres erfassten und dementsprechend in dem Anmeldezeichen den ausschließlich werbemäßig anpreisenden Hinweis darauf erblicken würden, dass es sich, wenn nicht bei den entsprechend gekennzeichneten Waren, um solche Konnektoren in einer unbegrenzten Varianz und Vielfalt selbst handle, so jedenfalls um solche Waren, die mit solchen Konnektoren ausgestattet seien, solche Konnektoren enthielten oder sonst in einer besonders engen Verbindung mit den entsprechenden Konnektoren in unbegrenzter Vielfalt stünden. Gegen diesen Beschluss richtet sich die schriftsätzlich nicht begründete Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 20. November 2008 aufzuheben, soweit hierin der Marke der Schutz teilweise versagt worden ist. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin die Auffassung vertreten, die angemeldete Bezeichnung sei unterscheidungskräftig. Die Kombination der beiden englischsprachigen Begriffe sei ungewöhnlich. Es sei nicht ersichtlich, dass die Marke "Connection Unlimited", die übersetzt "Verbindungselemente unbegrenzt" bedeute, einen hinreichend engen beschreibenden Bezug aufweise. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hat hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren auch Erfolg, weil insoweit weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einer Eintragung entgegensteht. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer (vgl. EuGH GRUR 2003, 514, 517, Nr. 40 - Linde, Winward u. Rado; BGH GRUR 2003, 105 - Cityservice). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort bzw. eine Wortfolge der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, dass (die), etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche(s) und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH, a. a. O., - Cityservice). Das ist hier nicht der Fall. Die angemeldete Wortfolge "Connectors Unlimited" besteht aus zwei englischsprachigen Wörtern, die ins Deutsche übersetzt "Verbindungselemente unbegrenzt" heißen. Zwar wäre der Begriff "Connectors" in Alleinstellung in Bezug auf die allein beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 9 als Bestimmungsangabe bzw. als Hinweis auf die Art der Waren nicht als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet. Die gilt aber nicht bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (vgl. BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ) für die Kombination mit "Unlimited". Einen ausschließlich produktbeschreibenden oder lediglich anpreisenden Charakter hat die Bezeichnung nicht, da nicht eindeutig feststellbar ist, welche Bedeutung dem Bestandteil "Unlimited" in der Verbindung mit dem Begriff "Connectors" zukommt. Die Wortkombination bleibt in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren in ihrer Gesamtheit vage und unscharf. Dass der Verbraucher der Bezeichnung in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren entweder den beschreibenden Hinweis auf Verbindungselemente entnimmt, die unbegrenzt einsetz- bzw. verwendbar und für jeden Einsatzbereich geeignet sind (so der Erstbeschluss), oder den ausschließlich werbemäßigen anpreisenden Hinweis, dass es sich um Konnektoren in einer unbegrenzten Varianz und Vielfalt handelt (so der Zweitbeschluss), erscheint dem Senat nicht zwingend. Der unklare Begriff "Unlimited" ist nicht gleichzusetzen mit dem glatt beschreibenden Begriff "multifunktional". Einen den Markenschutz ausschließenden Hinweis auf eine Verwendungs- oder Einsatzmöglichkeit der Waren vermag der Senat der Marke nicht zu entnehmen. Belege dafür hat auch die Markenstelle nicht ermittelt. Der dem Erstbeschluss beigefügte Internetbeleg bezieht sich nur auf das Wort "Unlimited" und nicht auf eine "Connectors Unlimited" entsprechende Kombination. Einer Registrierung steht auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen, da "Connectors Unlimited" aus den genannten Gründen keine beschreibende Bedeutung hat. Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005943&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005944
BPatG
München
27. Senat
20100413
27 W (pat) 109/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "TOMATIS-Methode" – keine Unterscheidungskraft
Parallelverfahren: 27 W (pat) 108/09
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 399 46 474 (hier: Löschungsverfahren S 241/06) hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Gegen die am 4. August 1999 angemeldete und am 4. April 2001 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 41 und 42, nämlich für "Lehr- und Unterrichtsapparate und -instrumente, audiovisuelle Lehr- und Unterrichtsmittel, Radio- und Fernsehgeräte, Geräte zur Aufzeichnung (Übertragung) und Wiedergabe von Ton und Bild; Phonokoffer, Plattenspieler, Sprechmaschinen, Schallplatten, Filme, Tonstreifen und -bänder, Diapositive; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) soweit in Klasse 16 enthalten, Unterrichtsmethoden, Organisation von Kursen, Unterrichtung von Sprachen, Lehr- und Unterrichtsleistungen jeder Materie und mit allen Mitteln, einschließlich solcher durch Inanspruchnahme des Radios, des Fernsehens, des Films, von Tonbandaufzeichnungen sowie durch Korrespondenz, Nutzung von Schulen und Lehrinstituten, Ausgabe von Büchern und Zeitschriften; Erziehungs- und Rehabilitationsdienstleistungen, Dienstleistungen in der Entwicklung der Zurückgabe von Geistesfähigkeiten, Laboratorien zur Integration der Sprache; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Gesundheitspflege und der Psychotherapie" eingetragene Wortmarke 399 46 474 TOMATIS-Methode hat die Antragstellerin am 21. September 2006 einen Antrag auf Löschung wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 MarkenG gestellt. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 21. Oktober 2008 die Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines Freihaltungsbedürfnisses angeordnet. Bei der "Tomatis-Methode " handle es sich um eine von dem Arzt Dr. Alfred Tomatis entwickelte Hörtherapie. Wie die Antragstellerin durch Belege, z. B. den Beitrag aus der Zeitschrift "Kinderkrankenschwester" aus dem Jahr 2000, der Publikation von Schiedeck "Die Auswirkungen des Tomatis-Gehörtrainings", ebenfalls aus dem Jahr 2000, dem "Forum Logopädie" von 2001, der Zeitschrift "Musik-, Tanz- und Kunsttherapie" von 1996, " pädiatrie hautnah" von 2000, "HNO-Mitteilungen von 1996" nachgewiesen habe, arbeiteten inzwischen zahlreiche Praxen und Institutionen nach dieser Methode. Diese sei also zum Zeitpunkt der Eintragung 2001 bereits ein Fachbegriff gewesen. Wie häufig bei Lehrmethoden und Therapien würden diese zwar ursprünglich auf eine bestimmte Person zurückgeführt, wie Freud, Feldenkrais, Tanztherapie nach Laban, Bewegungstherapie nach Dore Jacobs, Urschreitherapie nach Janov usw., jedoch arbeiteten heute nicht mehr nur die Schüler dieser Person oder ein bestimmtes von dem Urheber gegründetes Institut nach deren Lehren, sondern zahlreiche Praxen u. ä., die sich diese Erkenntnisse ebenfalls erworben hätten und nach den entwickelten Prinzipien handelten. Auch Rudolf Steiner und Maria Montessori hätten pädagogische Prinzipien entwickelt, die heute von zahlreichen Schulen und nicht nur von einer Institution fortgeführt würden. Diese Begriffe hätten sich von den ursprünglichen Personen gewissermaßen verselbständigt und wiesen nur noch abstrakt auf eine bestimmte Therapie oder Lehrmethode hin. Sie würden nicht mit einer bestimmten Person oder Institution in Verbindung gebracht werden. Alle hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen könnten in einem Tomatis-Institut Verwendung finden oder der Durchführung einer Hörtherapie nach der Tomatis-Methode dienen, z. B. Lehr- und Unterrichtsapparate, Bücher und Zeitschriften zu dem Thema u. ä. Maßgeblich sei allein die Sicht der angesprochenen Fachkreise aus Medizin oder Psychologie bzw. Patienten und Laien, die sich für Therapieformen interessierten. Darauf, ob die Markeninhaberin die Rechte zur Führung des Namens erworben habe, komme es nicht an, da dies dem Publikum in der Regel nicht bekannt sein werde. Es würde sich lediglich darüber informieren, welche Praxis oder welches Institut Hörtherapien nach Tomatis anbiete, aber nicht, ob dies die Markeninhaberin sei. Der Begriff müsse auch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung finden, da es sich um eine spezielle Therapie handle und nur Personenkreise, die sich mit entsprechenden Methoden beschäftigten, angesprochen seien, aber keine breiten Verkehrskreise. Dass ein Nachweis in einem allgemeinen Lexikon fehle, führe noch nicht zur Schutzfähigkeit des Begriffs, da Fachkreise sowie interessierte und informierte Laien, auf die es hier ankomme, den Begriff kennen würden. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie hält die Marke für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Die Marken habe sie im Jahr 2001 erworben und benutze sie seitdem als Bezeichnung für die von Dr. Tomatis entwickelte Therapie. Die "Tomatis-Methode" unterscheide sich deutlich von den Hörtherapien der Mitbewerber, denn anders als bei den Therapieformen der Mitbewerber bedürfe es für das Praktizieren der "Tomatis-Methode" einer speziellen Ausbildung. Entgegen der Ansicht der Markenstelle habe sich der Begriff "Tomatis-Methode " nicht völlig verselbständigt mit der Folge, dass er rein beschreibend benutzt werde. Vielmehr werde er in besonderem Umfang für die Therapiemethode des Dr. Tomatis, die nunmehr von der Markeninhaberin ausgeübt werde, verwendet. Der Gebrauch des Namens "Tomatis" diene im Internet dem Zweck, über die Person des Dr. Tomatis, seine Arbeiten oder seine Biografie zu informieren, nicht aber als beschreibender Begriff der Therapieform. Für die Schutzfähigkeit der Marke spreche auch, dass "TOMATIS" in den USA eingetragen worden sei. Die Marke "TOMATIS-Methode" habe keinerlei eigentliche Bedeutung. Es handle es sich um eine Bezeichnung, die im Handelsverkehr nicht zur Bezeichnung typischer Merkmale der betreffenden Produkte und Dienstleistungen verwendet werde. Die Markeninhaberin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Oktober 2008 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Marke sei nicht unterscheidungskräftig und freihaltungsbedürftig. Der Begriff "TOMATIS-Methode " werde rein beschreibend verwendet, nämlich als Hinweis auf die von Dr. Tomatis entwickelte Klangtherapie. Die Antragstellerin verweist hierzu auf im Amtsverfahren vorgelegte Verwendungsbeispiele und umfangreiche weitere Internetauszüge. Entgegen der Darstellung der Markeninhaberin handle es sich bei den Tomatis-Instituten auch nicht ausnahmslos um Lizenznehmer der Markeninhaberin. Die Tomatis-Institute Hamburg, Bad Rothenfelde und Eutin seien keine Lizenznehmer. In der mündlichen Verhandlung, an der die Markeninhaberin nicht teilgenommen hat, hat die Antragstellerin ihren Standpunkt aufrechterhalten und vertieft. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die Löschung der angegriffenen Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG angeordnet. Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr. EuGH GRUR 2005, 1012 - BioID; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Die Neuheit eines Zeichens oder einer Wortkombination begründet für sich gesehen noch keine hinreichende Unterscheidungskraft. Für die Annahme des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist daher kein lexikalischer oder sonstiger Nachweis dafür erforderlich, dass die Angabe bereits bekannt ist oder verwendet wird (EuGH GRUR 2004, 1027, 1029, Rdn. 39 ff. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; GRUR Int. 2005, 1012, 1015 - BioID). Vielmehr ist einer Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn sie einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass der Verbraucher sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Nach diesen Grundsätzen kommt der Bezeichnung "TOMATIS-Methode" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu. Die streitgegenständliche Marke setzt sich zusammen aus dem Nachnamen des 2001 verstorbenen HNO-Arztes Alfred Tomatis, der eine nach ihm benannte Hörtherapie entwickelt hat, und dem bekannten Begriff "Methode", als den man den Weg oder Gang einer Untersuchung bezeichnet (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl., Mannheim 2006). Personennamen unterliegen in gleicher Weise wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse. Insbesondere ist für eine Eintragung als Marke und den Verbleib im Markenregister erforderlich, dass dem Namen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt (BPatG GRUR 2006, 591, 592 - GEORG-SIMON-OHM; Beschluss vom 23. Mai 2007, 29 W (pat) 35/06 - Ringelnatz ). Dabei gelten für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Marken, die aus einem Personennamen bestehen, dieselben Kriterien wie für alle anderen Kategorien von Marken (EuGH GRUR 2004, 946, 947, Nr. 25 Nicols ). Die von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hier angesprochenen Fachkreise, dies sind Mediziner und Fachpersonal sowie Patienten, die an einer Hörtherapie interessiert sind, werden die Marke in dem von der Markenabteilung aufgezeigten Sinn verstehen. Dafür sprechen insbesondere die von der Antragstellerin im Amts- und Beschwerdeverfahren vorgelegten zahlreichen Unterlagen, die belegen, dass es sich bei der nach Tomatis benannten Hörtherapie um eine auf diesem Fachgebiet bekannte Therapie handelt. Den vorgelegten Unterlagen ist ebenfalls zu entnehmen, dass es zahlreiche Anbieter gibt, die eine Ausbildung auf diesem Sachgebiet anbieten. So existieren in unterschiedlichen Städten in Deutschland bereits zahlreiche Tomatis-Institute. Die Markeninhaberin hat im Übrigen im Beschwerdeverfahren selbst eingeräumt, sie benutze die Marke seit 2001 (dem Jahr der Eintragung) als Bezeichnung für Einrichtungen, in denen die von Dr. Tomatis entwickelte Therapieform zur Anwendung komme. Hieraus ergibt sich eine beschreibende Bedeutung der Marke für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos einen Bezug zu der Hörtherapie von Tomatis haben können. Unerheblich ist der Vortrag der Markeninhaberin, sie habe die Tomatis-Marken mittelbar von Dr. Tomatis erworben und nur sie biete eine originale und besonders qualifizierte Ausbildung für die Tomatis-Therapie an. Ob ein Name rechtmäßig benutzt wird, spielt für die Unterscheidungskraft keine Rolle. Es kommt nur darauf an, ob die angesprochenen Verkehrskreise in dem Namen einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betroffenen Waren/Dienstleistungen sehen oder nicht. Diesen Verkehrskreisen sind in der Regel weder die für eine Benutzungsberechtigung maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse bekannt, noch deren zutreffende rechtliche Bewertung möglich. Ob ein als Marke angemeldeter Name geeignet ist, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen zu garantieren, kann somit nicht von einer bestehenden oder fehlenden Berechtigung des Markenanmelders zur Benutzung des Namens abhängen (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 149). Die Unterscheidungskraft des Namens einer bekannten Persönlichkeit kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Verwendung des Namens durch Dritte regelmäßig entgeltlich im Rahmen eines Lizenzverhältnisses erfolgt. Wenn die beteiligten Verkehrskreise in der Verwendung eines Namens keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren/Dienstleistungen, sondern lediglich auf die bekannte Persönlichkeit selbst sehen, wird diese Verkehrsauffassung nicht davon beeinflusst, ob und inwieweit der Namensträger für die Einwilligung zur geschäftlichen Benutzung seines Namens tatsächlich eine finanzielle Gegenleistung erhält oder nicht, was dem Publikum in der Regel ohnehin nicht bekannt ist (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 150). Die Anmelderin kann sich zur Begründung der Unterscheidungskraft auch nicht erfolgreich auf die Eintragung der Marke TOMATIS in den USA stützen. Die deutsche Rechtsprechung geht von jeher davon aus, dass Voreintragungen - selbst identischer Marken - weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen führen, welche über die Eintragung zu befinden haben (vgl. z. B. BGH GRUR 1997, 527, 529 - Autofelge; BlPMZ 1998, 248 - Today; BPatG GRUR 2007, 333, 335 - Papaya; BlPMZ 2008, 29 - Topline). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts abweichendes, wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. z. B. GRUR 2004, 428, Nr. 63 - Henkel; GRUR 2004, 674, Nr. 43, 44 - Postkantoor; GRUR 2006, 229, Nr. 47 - BioID GRUR 2009, 667, 668 [Rz. 15 ff.] - Bild.T-Online.de und ZVS). Eintragungen von Marken in das Gemeinschaftsmarkenregister oder in das Register einzelner Staaten können zwar Beachtung finden, führen aber nicht zu einer rechtlichen Bindung der nationalen Markenämter. Diese Beurteilung gilt erst recht für das - was Deutschland betrifft - von Verfassungs wegen ausschließlich an Recht und Gesetz gebundene (Art. 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 97 Abs. 1 GG) und funktional verselbständigte Bundespatentgericht. Nach alledem war der Beschwerde der Markeninhaberin der Erfolg zu versagen. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005944&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005945
BPatG
München
28. Senat
20100407
28 W (pat) 56/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 107 MarkenG, § 113 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "JET SET (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die international registrierte Marke 914 544 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Markeninhaberin hat für die als Kennzeichnung für die Waren der Klasse 14 „Watches“ international registrierte Marke JET SET Schutz in der Bundesrepublik Deutschland beantragt. Die Markenstelle für Klasse 14 IR hat der IR-Marke den Schutz mit der Begründung verweigert, ihr fehle für die beanspruchten Waren die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Bei „JET SET“ handele es sich um eine im Deutschen gebräuchliche Bezeichnung für eine wohlhabende, internationale Gesellschaftsschicht, die im Zusammenhang mit Uhren vom Verkehr als Hinweis auf einen exklusiven Abnehmerkreis der Waren oder als Werbeaussage und somit rein sachbezogen aufgefasst werde. Ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen werde in dieser Bezeichnung dagegen nicht gesehen. Gegen die Schutzverweigerung hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor, es handele sich nicht um eine in der deutschen Sprache gebräuchliche Bezeichnung. Die Schutzversagung sei lediglich mit zwei lexikalischen Fundstellen belegt, die an gleicher Stelle jeweils weitere Begriffe enthielten, bei denen ernste Zweifel bestünden, ob die beteiligten Verkehrskreise diese Begriffe kennen würden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, inwiefern dem Begriff die notwendige Unterscheidungskraft fehle. II. Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist nicht begründet. Die Markenstelle hat der IR-Marke zu Recht den Schutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. §§ 107, 113 MarkenG verweigert. Unterscheidungskraft i. S. v § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie dadurch für die angesprochenen Verbraucher von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidbar macht (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen. Ergeben die in der Schutzfähigkeitsprüfung zu treffenden Feststellungen nicht den Nachweis, dass ein angemeldetes Zeichen die konkrete Eignung zur Herkunftsfunktion aufweist, widerspricht ihre Eintragung der in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG normierten Zielsetzung, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigen Monopolen zu schützen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei dem Begriff „Jet Set“ um eine im Deutschen gängige Bezeichnung für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe, die finanziell gut abgesichert es sich leisten kann, in der Welt „herumzujetten“, um immer dort zu sein, wo sich die Reichen und Schönen der Welt treffen. Das „Jet Set“ füllt bekanntermaßen je nach Jahreszeit nicht nur die einschlägigen Urlaubsstrände in aller Welt oder die gerade angesagten Skipisten, sondern speist in erster Linie die zahlreichen bunten Blätter und Lifestyle- Magazine, die mit aufregenden Berichten über das ständig zwischen den schönsten Plätzen der Welt wechselnde Leben der Stars aus Film, Business und Adel ihre Seiten füllen. Vor diesem Hintergrund weist „JET SET“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Uhren daher lediglich darauf hin, dass diese besonders für Mitglieder des Jet Sets geeignet und bestimmt sind, etwa weil sie mehrere Zeitzonen gleichzeitig anzeigen können. Zurecht hat die Markenstelle auch ausgeführt, dass der Begriff „Jet Set“ als werbeübliche Aussage dient, um das exklusive Flair, das mit dieser gesellschaftlichen Gruppe verbunden wird, auf die so gekennzeichnete Ware zu übertragen und so die Kaufentscheidung der Verbraucher positiv zu beeinflussen. In jedem Fall erschöpft sich die schutzsuchende Marke aber in einer rein sachbezogenen Aussage, so dass es ausgeschlossen ist, dass der Verkehr hierin einen im Vordergrund stehenden betriebskennzeichnenden Hinweis erkennt. Soweit die Markeninhaberin meint, den beteiligten Verkehrskreisen sei die Bedeutung des Begriffs „Jet Set“ nicht bekannt, kann dies nicht überzeugen. Sie stellt damit nicht in Abrede, dass der beanspruchte Begriff in den genannten Lexika enthalten ist, ebenso wenig wie im Fall des „DUDEN Deutsches Universalwörterbuch“ dessen Eignung als allgemein zugängliches Wörterbuch. Dass es in Nachschlagewerken Begriffe und Wörter gibt, deren Bedeutung sich nicht sofort und für jedermann erschließt, liegt in der Natur der Sache und spricht daher nicht gegen die Eignung eines Sprachlexikons als Nachweis von Sprachüblichkeit und Gebräuchlichkeit eines bestimmten Ausdrucks im jeweiligen Sprachraum. Die Feststellungen der Markenstelle in den angefochtenen Beschlüssen sind aus Rechtsgründen daher nicht zu beanstanden. Was die Geläufigkeit der Bezeichnung im deutschen Sprachraum angeht, werden sie im Übrigen durch die Entscheidung des Österreichischen Patentamts gestützt, das der Marke ebenfalls mangels Unterscheidungskraft den Schutz verweigert hat, da „JET SET“ vom Verkehr als bloßer Hinweis auf den Abnehmerkreis der Waren aufgefasst werde (vgl. http://www. wipo.int/romarin/detail). Ebenso begründet der Hinweis der Markeninhaberin auf die Voreintragung der als Bildmarke (!) registrierten CTM-Marke oder der identischen IR-Marke kein anderes Prüfungsergebnis. Sowohl der EuGH als auch der BGH haben immer wieder bestätigt, dass Voreintragungen generell keine Bindungswirkung zukommen kann, sondern stattdessen ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Eintragungshindernisse zu entscheiden ist (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201, 202, Rdn. 13-19 – Schwabenpost; EuGH MarkenR 2004, 116, 122 f., Rdn. 63 – Henkel; BGH GRUR 2004, 506, 507 – Stabtaschenlampen II; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). Dies gilt sogar selbst für den Fall, dass ein identisches Zeichen für denselben Anmelder schon einmal eingetragen wurde, wie dies der BGH hervorgehoben hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL ). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, ist lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls mit einzubeziehen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen mit einbezogen, ohne dass sich hieraus schutzbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Der schutzsuchenden IR-Marke fehlt daher die Eignung, die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren zu gewährleisten, zu erfüllen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Ob der Eintragung der Marke auch ein schutzwürdiges Allgemeininteresse i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann bei dieser Sachlage unerörtert bleiben. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von der Anmelderin nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005945&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005946
BPatG
München
28. Senat
20100505
28 W (pat) 82/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Mon Bijou" – keine Unterscheidungskraft – unzulässige Beschränkung des Warenverzeichnisses - Merkmal der Waren wird vom Schutz ausgenommen - Art der Ware bleibt unberührt
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 076 640.9 hat der 28. Senat (Marken–Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 5. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortmarke Mon Bijou als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 12: „Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser, insbesondere Boote, Schwimmplattformen, Hausboote, Tretboote, Schwimmstege, Floße, Schwimmkörper/Pontons, Pontonboote; Teile und Bestandteile sowie Zubehör für die oben genannten Waren, soweit in dieser Klasse enthalten, insbesondere Paddel für Boote, Ruderbänke, Propeller für Boote, Lenkvorrichtungen für Boote, Reifen für Boote, maßgeschneiderte Abdeckungen für Boote, Sonnenschutz für Boote, Bootshaken, Bootsmasten, Bullaugen, Hupen und Signalhörner für Boote“. Die Markenstelle für Klasse 12 des Deutschen Patent– und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Sie hat zur Begründung ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe aus zwei zum französischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern in der Bedeutung „mein Schmuckstück, mein Juwel“. Die Wortkombination werde im Deutschen auch im übertragenen Sinn verwendet, um Personen oder Sachen zu bezeichnen, die für jemanden besonders wertvoll oder wichtig seien. Sie eigne sich daher als werbende Qualitätsanpreisung, wobei nach den Recherchen der Markenstelle gerade Fahrzeuge, Boote und Flugzeuge häufig eine besondere Wertschätzung durch ihre Eigentümer erfahren und daher oft als Schmuckstück oder Juwel bezeichnet würden. Preisintensivere Fahrzeuge oder besonders schön gestaltetes Zubehör könnten wegen ihres materiellen Wertes ohnehin entsprechende Wertgegenstände darstellen. Die Bezeichnung „Mon Bijou“ erschöpfe sich daher in einem Qualitätsversprechen des Inhalts, dass die so gekennzeichneten Waren für jeden Eigentümer sein ganz besonderes, persönliches Juwel oder Schmuckstück darstellten. Somit stehe die Werbefunktion deutlich im Vordergrund. Als Herkunftshinweis eigne sich das angemeldete Zeichen jedoch nicht, so dass die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) zurückzuweisen sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Zur Begründung trägt er vor, die angemeldete Marke sei in ihrer deutschen Übersetzung „Mein Juwel“, „mein Schmuckstück“ oder „mein Kleinod“ für die beanspruchten Waren schon deshalb nicht beschreibend, weil es sich bei Booten und Schwimmplattformen eben nicht um Juwelen und Schmuckstücke handele. Vom inländischen Verkehr werde die fremdsprachige Bezeichnung „Mon Bijou“ nicht als typische Werbeaussage verstanden, sondern als Marke aufgefasst. Gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren wirke diese ungewöhnlich und damit individualisierend auf den Geschäftsbetrieb des Anmelders, so dass das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht gegeben sei. Es bestehe auch kein Freihaltebedürfnis, da die angemeldete Bezeichnung für die beanspruchten Waren derzeit weder beschreibend verwendet oder jedenfalls benötigt werde. Auch künftig sei dies nicht zu erwarten. Auf den Hinweis des Senats, dass mit einem Erfolg der Beschwerde nach Aktenlage derzeit nicht gerechnet werden könne, hat der Anmelder erwidert, die Bezeichnung „Bijou“ werde im deutschen Sprachgebrauch ausschließlich mit Juwelierwaren assoziiert und daher nicht mit Booten und erst recht nicht mit den darüber hinaus beanspruchten Waren, wie Zubehör und Teile, in Verbindung gebracht. Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Rein vorsorglich beschränkt er das Warenverzeichnis am Ende durch Aufnahme des folgenden Zusatzes: „sämtliche vorgenannten Waren soweit sie nicht aus Edelmetallen hergestellt sind.“ II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende, konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. BGH GRUR 2009, 949, Rn. 10 - My World). Diese Herkunftsfunktion von Marken ist nach st. Rspr. als ihre Hauptfunktion anzusehen. Vermag ein angemeldetes Zeichen diese Herkunftsfunktion nicht zu erfüllen, widerspricht es dem Allgemeininteresse, dieses Zeichen durch die Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Rn. 59 – EUROHYPO). Ob eine Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist stets im Hinblick auf die mit ihr beanspruchten Waren und Dienstleistungen und aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen. Zu Recht hat die Markenstelle dabei auf die Oberbegriffe der Warenklasse 12 abgestellt, denn hierfür hat der Anmelder Markenschutz beantragt. Durch die beispielhafte Aufzählung von Einzelwaren nach dem Wort „insbesondere“ wird der Schutz nicht etwa auf diese Waren, deren Teile und Zubehör beschränkt. Unter die Oberbegriffe der Klasse 12 fallen hochwertige Wirtschaftsgüter, die wie Kraftfahrzeuge oder Boote gemeinhin als höherpreisig bis hin zur Luxusklasse gelten und als Liebhaberstücke (Oldtimer) gehandelt werden. Mit dem Erwerb und Besitz von Fahrzeugen der Klasse 12 verbindet der Verkehr generell bestimmte Vorstellungen hinsichtlich sozialem Prestige, gesellschaftlichem Status und exklusiver Individualität. Dies gilt insbesondere für Besitzer von Segel- oder Motorbooten, die aufgrund der bekannt hohen Kosten für Liegeplatz und Unterhalt, diesem kostspieligem Hobby schon von Haus aus eine besondere Wertschätzung entgegen bringen (müssen), die ohne Weiteres rein materiell den Wert eines teuren Schmuckstücks bei weitem übersteigen kann. Vor diesem speziellen Warenhintergrund ist die angemeldete Bezeichnung zu beurteilen, wobei berücksichtigt werden muss, dass zu den beteiligten Verkehrskreisen neben solventen Abnehmern auch die mit Herstellung und Handel von Fahrzeugen befassten Unternehmen gehören (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rn. 24, 26, 32 - Matratzen Concord/Hukla). Für diese Verkehrskreise können zumindest Grundkenntnisse der Welthandelssprache Französisch vorausgesetzt werden, so dass die auch vom Anmelder nicht in Zweifel gezogene Wiedergabe der angemeldeten Bezeichnung „Mon Bijou“ im Deutschen mit „mein Schmuckstück, Juwel“ ohne Weiteres erfolgt. Ebenso liegt es auf der Hand, dass neben der Bezeichnung einer Juwelierware als „Juwel“ bzw. „Schmuckstück“ im deutschen Sprachgebrauch auch eine Verwendung dieses Ausdrucks im übertragenen Sinn für wertvolle Gegenstände generell stattfindet und als sprachüblich angesehen wird. Im Zusammenhang mit diesem seit langem im Deutschen geläufigen Sprachgebrauch hatte der Senat auf die bereits im Jahr 1993 ergangene Entscheidung „Bijou“ des 26. Senats hingewiesen. Schon nach den damaligen Feststellungen des BPatG handelt es sich nach der Verkehrsauffassung bei „Bijou“ um einen warenbeschreibenden Begriff, mit dem auf die Verwendung besonders wertvoller Rohstoffe oder die kostbare Ausführung von Wertgegenständen mit langer Lebensdauer hingewiesen werden soll. Das belegen darüber hinaus die von der Markenstelle angeführten Lexikaauszüge und die von ihr im angefochtenen Beschluss zitierten Beispiele aus Werbeanzeigen oder journalistischen Beiträgen, wo mit Bezeichnungen wie „Schmuckstück, Juwel“ die besondere Wertschätzung gerade auch einschlägiger Waren wie Autos oder Boote zum Ausdruck gebracht wird. Soweit vorliegend mit der glatten Qualitätsberühmung („Bijou“) ein personifizierter Einschlag („Mon“) verbunden wird, bringt dies lediglich die besondere persönliche Wertschätzung und Verbundenheit mit dem beworbenen Gegenstand in werbemäßiger Übertreibung zum Ausdruck, die die Ware auch für den potentiellen Erwerber attraktiv machen soll. Jedenfalls kann aus der Verbindung der Einzelwörter für die angemeldete Wortfolge nichts Schutzbegründendes abgeleitet werden, denn die Werbefunktion der beschreibenden Aussage steht eindeutig im Vordergrund. Kann aber ein Zeichen nicht die vorrangige betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen, greift der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, denn die Vergabe kennzeichenrechtlicher Monopole kommt im Interesse der Allgemeinheit vorliegend nicht in Betracht. Die vom Anmelder rein vorsorglich vorgenommene Beschränkung des Warenverzeichnisses könnte das Schutzhindernis bereits deshalb nicht ausräumen, weil durch den Ausnahmevermerk „.. nicht aus Edelmetallen hergestellt“ der warenanpreisende Charakter der Wortfolge nicht beseitigt würde. Jedenfalls ist die Beschränkung aus Gründen der Rechtssicherheit als unzulässig anzusehen, da nicht die Ware selbst beschränkt wird, sondern willkürlich lediglich ein Merkmal der Waren vom Schutz ausgenommen wird. Diese Reduzierung lässt die Art der Ware jedoch unberührt und ergibt daher nicht nur keinen rechtlich relevanten Unterschied zwischen der ursprünglich beanspruchten und der „beschränkten“ Ware, sondern ist auch für die Allgemeinheit regelmäßig nicht nachvollziehbar. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005946&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005947
BPatG
München
28. Senat
20100519
28 W (pat) 103/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "dentalline orthodontic products (Wort-Bild-Marke)" – werbeübliche Aneinanderreihung mehrerer sachbezogener Bestandteile - werbeübliche grafische Ausgestaltung - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 80 864.5 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 19. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bildmarke als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 5 und 10 „Dentalprodukte, soweit in Klasse 5 enthalten; Arzneimittel für zahnärztliche Zwecke; zahnärztliche Apparate und Instrumente für Dentalzwecke“. Die Markenstelle für Klasse 10 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Angabe „ dentalline “ stelle einen glatt beschreibenden Hinweis dar, mit dem auf die Art und Zweckbestimmung der beanspruchten Dentalprodukte hingewiesen werde. In diesem Sinne werde die Wortfolge „Dental Line“ auch bereits im Verkehr verwendet. Der angemeldeten Marke fehle in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, zumal sich ihre grafische Ausgestaltung völlig im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungsvarianten halte. Bei dieser Sachlage bedürfe es keiner Feststellungen dazu, ob die Anmeldung auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückzuweisen sei. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, der angemeldeten Wort-Bildmarke könnten keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden, zumal im Hinblick auf die notwendige Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab angelegt werden müsse und bereits ein Minimum an Unterscheidungskraft ausreichend sei. Dass die angemeldete Marke das notwendige Maß an Unterscheidungskraft aufweise ergebe sich bereits aus ihrer grafischen Gestaltung, die hinreichend eigentümliche und prägnante Merkmale aufweise. Angesichts der vielfältigen Möglichkeiten an unterschiedlichen bildlichen Gestaltungsmöglichkeiten, scheide auch ein schutzwürdiges Freihaltungsinteresse der hier gewählten grafischen Variante aus. Im Übrigen sei eine vergleichbare Wort-Bildmarke aktuell vom Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden. Vor diesem Hintergrund müsse auch die angemeldete Marke zur Eintragung zugelassen werden. Zur Vorbereitung einer Entscheidung hat der Senat der Anmelderin Fundstellen zur Sprachüblichkeit des Wortbestandteils „ dentalline “ übermittelt und mit den rechtlichen Grundsätzen zur schutzbegründenden Wirkung grafischer Markengestaltungen konfrontiert. Die Anmelderin hat sich hierzu nicht geäußert, sondern sinngemäß eine Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG). Die absoluten Schutzhindernisse sind darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, und dabei vor allem auch die Interessen der Mitbewerber am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung zu entsprechen, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden. Das im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigende Allgemeininteresse besteht darin, ungerechtfertigte Markeneintragungen zu vermeiden. Mit diesem Ausschlusstatbestand soll sichergestellt werden, dass nur solche Zeichen der ungehinderten Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden, die tatsächlich die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen können (EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - EUROHYPO; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 – SAT.2; EuGH GRUR Int. 2004, 631, 634, Rdn. 48 - Dreidimensionale Tablettenform I; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - Libertel; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen (vgl. EuGH MarkenR 2006, 19, 22, Rdn. 45 – Standbeutel; EuGH GRUR Int. 2005, 135, Rdn. 19 – Maglite; BGH GRUR 2009, 411, Rdn. 18 – STREETBALL ). Obwohl Marken daneben auch noch weitere rechtlich geschützte Funktionen ausüben, ist die Herkunftsfunktion nach ständiger Rechtsprechung als ihre Hauptfunktion anzusehen (vgl. EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 – L’Oréal ; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 27 – BioID; BGH GRUR 2008, 710, Rdn. 12 - VISAGE ). Die Eintragung einer Marke kommt somit nur dann in Betracht, wenn ein Zeichen die notwendige Unterscheidungskraft aufweist, um diese Herkunftsfunktion erfüllen zu können (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f., Rdn. 51 - Arsenal Football Club; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO; BGH MarkenR 2006, 395, 397, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006, m. w. N.). Auf diese Weise sollen negative Auswirkungen von Markeneintragungen auf den freien Wettbewerb verhindert und das angestrebte Maß an Chancengleichheit für die Mitbewerber gewährleistet werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Rdn. 26 – SAT.2). Keine Unterscheidungskraft besitzen Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres erfasst werden kann (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Darüber hinaus ist die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Zeichen oder Angaben abzusprechen, die zwar nicht unmittelbar konkrete Produktmerkmale der fraglichen Waren oder Dienstleistungen benennen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Produkten oder Leistungen hergestellt wird (EuGH GRUR RR 2008, 47, Rdn. 32 – map&guide ; BGH GRUR 2009, 411, Rdn. 9 – STREETBALL ; BGH GRUR 1998, 465, 468 – BONUS ). Bei der Prüfung, ob eine angemeldete Marke die erforderliche Unterscheidungskraft aufweist, ist immer auf ihren Gesamteindruck abzustellen, wobei es allerdings bei Kombinationsmarken, wie dem vorliegenden Wort-Bildzeichen, zweckmäßig und zulässig ist, zunächst ihre einzelnen Bestandteile zu bewerten. Auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen ist dann in einem weiteren Prüfungsschritt die Marke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 - Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 – BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 - SAT.2). Bei dem Wortbestandteil „ dentalline “ handelt es sich um eine sprachüblich gebildete Wortverbindung, deren Bestandteil „dental“ als Kurzwort mit dem Bedeutungsgehalt „die Zähne betreffend“ allgemein bekannt und lexikalisch nachweisbar ist (vgl. hierzu etwa unter Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]). Der weitere Wortteil „line“ ist sowohl im Englischen wie auch in der inländischen Fach- und Werbesprache i. S. v. „Produktlinie, Sortimentslinie, Produktreihe“ allgemein bekannt. Üblicherweise wird dieses Wortbildungselement mit einer weiteren, vorangestellten Sachangabe kombiniert, um entsprechende Produkthinweise zu vermitteln (vgl. hierzu etwa die Entscheidung des erkennenden Senats BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 137/01 – dental excellence). Zu den im vorliegenden Fall maßgeblichen Verkehrskreisen gehören wegen der Art der beanspruchten Waren vornehmlich Fachpublikum wie Zahnärzte oder Dentaltechniker. Diese Verkehrskreise werden die fragliche Wortkombination ohne weiteres Nachdenken als sprachüblich gebildeten Hinweis auf eine dentale Produktlinie bzw. ein entsprechendes Produktsortiment auffassen. Dass der Wortbestandteil „ dentalline “ in jeder Hinsicht den üblichen Bezeichnungsgewohnheiten auf dem hier einschlägigen Produktsektor entspricht, veranschaulichen zwei - lediglich beispielhaft ausgewählte – Fundstellen, die der Anmelderin mit dem gerichtlichen Zwischenbescheid vom 1. März 2010 übermittelt wurden. So fasst etwa die Firma G… ihr Sortiment an Dentalprodukten unter dem Begriff „ Dental Linie “ zusammen (vgl. unter http://www.aha-dental.de/index.php?id=38) und die Techniker Krankenkasse ordnet in einer Internetveröffentlichung ihre unterschiedlichen Tarife für zahnmedizinische Leistungen unter dem Oberbegriff „ Produktlinie Dental “ ein (vgl. unter http://www.tk-online.de/tk/wahltarife-und-zusatzversicherung/zahnersatz/produktlinie-dental/139160). In beiden Belegen werden die genannten Formulierungen dabei ersichtlich nicht in kennzeichnender Weise, sondern beschreibend verwendet. Der weitere Markenbestandteil „orthodontic products“ trägt aufgrund seines für das angesprochene Publikum ohne weiteres erkennbaren, beschreibenden Bedeutungsgehalts „kieferorthopädische Produkte“ ebenfalls nichts zur Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens bei. Vielmehr werden die angesprochenen Verbraucher die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens insgesamt lediglich als werbeübliche Aneinanderreihung mehrerer sachbezogener Bestandteile ansehen, mit der auf die fachspezifische Ausrichtung einer dentalen Produktlinie hingewiesen werden soll. Entgegen der Ansicht der Anmelderin bewirkt auch die grafische Gestaltung der Marke keinen schutzfähigen Gesamteindruck. Insoweit ist zunächst der markenrechtliche Grundsatz zu berücksichtigen, dass sich der Wortbestandteil eines Zeichens gegenüber seiner grafischen Gestaltung für die angesprochenen Verbraucher umso nachdrücklicher in den Vordergrund drängt, je unmittelbarer die durch ihn vermittelte Sachaussage hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK ; BPatG GRUR 1996, 410, 411 – Color COLLECTION; BPatGE 38, 239, 243 ff. - Jean's). Angesichts des eindeutigen Warenbezugs der Wortbestandteile der verfahrensgegenständlichen Marke wäre deshalb im vorliegenden Fall eine prägnante grafische Gestaltung erforderlich, um von dem beschreibenden Aussagegehalt ihrer Wortelemente wegzuführen und das Zeichen zu einem unterscheidungskräftigen, betrieblichen Herkunftshinweis zu machen (vgl. hierzu Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rdn. 127). Die gewählte Bildgestaltung ist jedoch als völlig werbeübliche Gebrauchsgrafik zu werten, wie sie den Verbrauchern seit langem vertraut ist. Der konkrete, in zwei unterschiedlichen Farben wiedergegebene Schrifttyp und die grammatikalisch inkorrekte Kleinschreibung der einzelnen Wörter sowie das in Grün gehaltene Dreieck entsprechen sowohl für sich genommen als auch in ihrer Kombination dem allgemein bekannten Werbestandard. Aufgrund der Fülle an Informationen in den Medien werden Sachaussagen und Werbebotschaften erfahrungsgemäß von den Konsumenten immer weniger wahrgenommen. Das Werbedesign hat deshalb für den Bereich der visuellen Kommunikation einfache grafische Mittel entwickelt, mit denen Kurztexte ohne besonderen Aufwand bildlich gegliedert und optisch hervorstechend gestaltet werden können. Bei den aufgeführten, in der angemeldeten Marke verwendeten Grafikelementen handelt es sich um solche grundlegenden Stilmittel, mit denen der durch die Wortbestandteile verkörperte Bedeutungsgehalt für den Verkehr leicht wahrnehmbar gestaltet werden soll. Dies mag im vorliegenden Fall durchaus gelungen sein - den markenrechtlichen Anforderungen an eine Bildgestaltung, die den produktbeschreibenden Charakter der Wortbestandteile quasi „aufhebt“ und dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft vermittelt, genügen derart einfache Gestaltungselemente jedoch nicht. Das Zeichen verfügt somit nicht über die Eignung, die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen zu können. Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg auf die aktuelle Voreintragung einer ihrer Ansicht nach vergleichbaren Wort-Bildmarke mit dem Wortbestandteil „ dentalline “, für eine Reihe unterschiedlicher Produkte wie z. B. „Haarwässer, Hautpflegemittel, Waschmittel, Sonnenschutzmittel, Babykost; Pflaster, Fungizide; Herbizide, Arzneimittel für die Behandlung von Harninkontinenz, Herzerkrankungen, künstliche Gliedmaßen und Augen“. Voreintragungen haben generell keinerlei Bindungswirkung für die Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse im konkreten Einzelfall. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) anhand einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing). Dies gilt sogar selbst für den Extremfall, dass die identische Marke für denselben Anmelder bereits einmal für schutzfähig erachtet und eingetragen wurde, wie dies der BGH klargestellt hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL ). Der Umstand, dass Voreintragungen - zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführte Voreintragung berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Das Unverständnis der Anmelderin über diese „Ungleichbehandlung“ ist zwar nachzuvollziehen - die Eintragung der fraglichen, im Übrigen für Dentalprodukte sicherlich löschungsreifen Marke, kann aber nahe liegender Weise nicht die Schutzfähigkeit des hier verfahrensgegenständlichen Zeichens bewirken. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005947&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005948
BPatG
München
28. Senat
20100512
28 W (pat) 531/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "SCHINKENBEIßER" – Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 073 224.8 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Bezeichnung SCHINKENBEIßER ist zur Eintragung als Marke für die nachfolgenden Waren der Klasse 29 „Schinkenmettwurst roh und/oder luftgetrocknet und/oder geräuchert“ angemeldet worden. Die Anmeldung wurde von der Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts wegen bestehender Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Markenwort „ SCHINKENBEIßER “ erschöpfe sich in einem sprachüblich gebildeten, beschreibenden Sachhinweis für eine spezielle Wurstsorte. Zu diesen Feststellungen hatte die Markenstelle der Anmelderin zuvor mit dem Beanstandungsbescheid vom 28. Januar 2010 verschiedene Nachweise übermittelt. Die Anmelderin hat daraufhin, ohne zur Sache Stellung zu nehmen, beantragt, noch vor Ablauf der ihr in dem Beanstandungsbescheid gesetzten Frist über die Eintragung der Marke zu entscheiden. Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das angemeldete Markenwort beinhalte für die hier beanspruchten Waren keinerlei beschreibende Aussage. Vielmehr sei der Begriff „ SCHINKENBEIßER “ in der deutschen Sprache unbekannt und stelle eine sprachunübliche, neue Wortschöpfung dar. Der angemeldeten Marke könnten daher keine absoluten Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, vom 11. Februar 2010 aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, da die angemeldete Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren zur Beschreibung wesentlicher Produktmerkmale geeignet ist und ihr somit bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht. Nach der Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Beschreibung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Dieser Ausschlusstatbestand soll die Entstehung von markenrechtlichen Monopolen an beschreibenden Zeichen oder Angaben verhindern und damit dem Allgemeininteresse an der ungehinderten Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung tragen. Dies gilt gleichermaßen für Begriffe, die bereits lexikalisch belegbar sind, wie auch für neue Wortschöpfungen, deren beschreibender Aussagegehalt so eindeutig und unmissverständlich hervortritt, dass sie zur Beschreibung von relevanten Produkteigenschaften dienen können (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; sowie Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 335 m. w. N.). Die Zurückweisung einer Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt somit weder voraus, dass die angemeldete Marke lexikalisch belegt werden kann, noch dass sie bereits für die einschlägigen Waren oder Dienstleistungen beschreibend verwendet wird. Lässt sich allerdings eine beschreibende Verwendung der fraglichen Angabe bereits nachweisen, spricht dies eindeutig für ein schutzwürdiges Interesse der Wettbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit. Ob einem Zeichen ein beschreibender Charakter zukommt, ist nach dem Verständnis der angesprochenen Verbraucher und unter Berücksichtigung der jeweils einschlägigen Branchengegebenheiten zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei diesen Verkehrskreisen um Endverbraucher und damit um normal informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher. Der hier maßgebliche Warenbereich ist der Produktsektor „Wurstwaren“. Die angemeldete Marke setzt sich aus der produktbezogenen Gattungsbezeichnung „ SCHINKEN “ und dem für Wurstwaren gebräuchlichen Wortbildungselement „BEIßER“ zusammen, das als Hinweis für Wurstsorten Verwendung findet, die man aufgrund ihrer länglichen Form unkompliziert aus der Hand essen kann. Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke kommt es entscheidend darauf an, ob die Wortkombination in ihrer Gesamtheit zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen kann oder ob sich aus der Kombination der beiden sachbezogenen Einzelbestandteile aufgrund vorhandener semantischer oder syntaktischer Besonderheiten ein Aussagegehalt ergibt, der in Bezug auf die einschlägigen Produkte keine beschreibende Bedeutung aufweist (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 – BIOMILD). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. So sind dem Publikum auf dem hier einschlägigen Produktbereich bereits vergleichbar gebildete Gattungsbezeichnungen für Wurstsorten bekannt, wie beispielsweise „ Bierbeißer “ (vgl. hierzu auch OLG-Düsseldorf, GRUR RR 2009, 100 - Bierbeißer ) oder „ Pfefferbeißer “ (vgl. hierzu Ternes/Täufel/Tunger/Zobel, Lebensmittellexikon, 4. Aufl. 2005, S. 1390; sowie Preuß, Deutsches Lebensmittelbuch, Leitsätze 2008, S. 149). Der Begriff „ SCHINKENBEIßER “ weicht somit in keiner Hinsicht von den üblichen Bezeichnungsgewohnheiten des einschlägigen Produktsektors ab, sondern entspricht völlig dem hier Üblichen und Bekannten. Im Übrigen hat die Markenstelle der Anmelderin bereits mit dem Beanstandungsbescheid vom 28. Januar 2010 verschiedene Nachweise dazu übermittelt, dass neben vergleichbar gebildeten Gattungsbezeichnungen auch der Begriff „ SCHINKENBEIßER “ selbst bereits für Wurstprodukte verwendet wird. Die Anmelderin hat sich mit diesen Belegen allerdings zu keinem Zeitpunkt auseinandergesetzt. Die angemeldete Marke stellt sich damit in ihrer Gesamtheit schlicht als bereits gebräuchliche Sachbezeichnung für eine bestimmte Wurstsorte dar. In diesem Sinne wird das Markenwort im Übrigen auch von der Anmelderin selbst als beschreibender Sachbegriff verwendet. So wirbt sie auf ihrer Homepage: „ … finden Sie in den Kaufland-Filialen im Süd-Westen und Norden von Deutschland Wiener, Bockwurst, Fleischwurst, Fleischkäse fein/grob und Schinkenbeißer in der Frischetheke “ (vgl. unter http://www.kaufland.de/Home/02_Sortiment/008_Purland/003_ Aus_dem_Sortiment/004_Wurst_aus_der_Frischtheke/index.jsp). Damit ist vorliegend eine Sachlage gegeben, die sich wesentlich von der Entscheidung des Senats aus dem Jahr 2001 unterscheidet (vgl. BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 279/00 - Schinkenbeisser ), als entsprechende Anhaltspunkte und Belege zur Schutzunfähigkeit der fraglichen Bezeichnung weder ermittelt werden konnten noch von der damaligen Löschungsantragstellerin vorgetragen worden waren. Als sprachübliche Aneinanderreihung zweier beschreibender Wortelemente, aus der sich eine ebenfalls beschreibende Gesamtbezeichnung ergibt, steht der Eintragung der Marke somit ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Ob ihr zudem jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), kann bei dieser Sach- und Rechtslage dahingestellt bleiben. Die Beschwerde war deshalb zurückzuweisen. Nachdem das Bundespatentgericht über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung verhandelt (§ 69 MarkenG) und im vorliegenden Fall eine mündliche Verhandlung auch weder vom Beschwerdeführer beantragt wurde noch nach Wertung des Senats sachdienlich gewesen wäre, konnte diese Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005948&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005949
BPatG
München
29. Senat
20100428
29 W (pat) 13/10
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "MÖBEL MIX Alles, nur nicht teuer! (Wort-Bild-Marke)/MÖBELIX" – zur Kennzeichnungskraft – zur Waren- und Dienstleistungsidentität und –ähnlichkeit – teilweise klangliche und begriffliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 305 02 376 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2010 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, den Richter Dr. Kortbein und die Richterin Kortge beschlossen: Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 28. März 2007 und 3. Juli 2008 werden in Bezug auf Klasse 20: Möbel, Matratzen, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Klasse 35: Werbung aufgehoben. Insoweit wird das DPMA angewiesen, die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
I. Gegen die für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 20: Möbel, Matratzen, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten, insbesondere Vermittlung von wirtschaftlichem Know-How (Franchising) und Zusammenstellung von Waren zu Verkaufs- und Repräsentationszwecken; am 14. Januar 2005 angemeldete und am 1. Juni 2005 unter der Nummer 305 02 376 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragene farbige Wort-/Bildzeichen (rot, weiß, schwarz) dessen Eintragung am 1. Juli 2005 veröffentlicht wurde, hat die Inhaberin der älteren, am 23. April 1999 für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 6: Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten; Klasse 11: Beleuchtungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungsgeräte sowie sanitäre Anlagen; Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Klasse 19: Baumaterialien (nicht aus Metall); transportable Bauten (nicht aus Metall); Klasse 20: Möbel, Spiegel, Rahmen; Waren, soweit in Klasse 20 enthalten, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildplatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen; Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert); rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken; Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Klasse 26: Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder; künstliche Blumen; Klasse 27: Teppiche, Fußmatten, Matten, Linoleum und andere Bodenbeläge; Tapeten (ausgenommen aus textilem Material); Klasse 28: Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck; Klasse 35: Werbung für Dritte; unter der Nummer 399 06 024.3 eingetragenen Wortmarke MÖBELIX Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschlüssen vom 28. März 2007 und 3. Juli 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr zwischen beiden Marken verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Nach der maßgeblichen Registerlage bestehe zwischen den Waren der Klassen 20 und 21 sowie der Werbedienstleistungen der Klasse 35 teilweise Identität. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Widerspruchsmarke " MÖBELIX " tatsächlich eine erhöhte Kennzeichnungskraft zugemessen werden könne, weil sich die beiden Marken in ihrer Gesamtheit, selbst wenn eine solche unterstellt würde, nicht verwechselbar nahe kämen. Eine unmittelbare bildliche Verwechslungsgefahr scheide schon aufgrund der grafischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke aus. Eine unmittelbare klangliche Verwechslungsgefahr sei zu verneinen, weil die angegriffene Marke von ihrem Wortbestandteil " MÖBEL MIX" nicht selbständig kollisionsbegründend geprägt werde. Die Kennzeichnungskraft dieser beiden Wortbestandteile sei als schwach anzusehen, weil diese lediglich beschreibend auf eine vielfältige, bunte Mischung von Möbeln hinwiesen, zumal ausweislich einer Internetrecherche entsprechende Verbindungen mit "Mix" geläufig seien, wie z. B. "Marketing Mix", "Katalog Mix", "Fettzellen Mix", "Sport Mix" und "Party Mix". Aufgrund der Schutzunfähigkeit dieses Wortbestandteils erfahre die angegriffene Marke ihre Eintragbarkeit erst aus der grafischen Ausgestaltung. Dieser Beurteilung stünden die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen von Drittmarken mit dem Bestandteil "MIX" nicht entgegen, weil den konkreten Bezeichnungen in Bezug auf die jeweiligen Waren und Dienstleistungen kein unmittelbar beschreibender Sachhinweis entnommen werden könne. Auch gedanklich könnten die Vergleichsmarken nicht miteinander in Verbindung gebracht werden, weil die Widerspruchsmarke in der angegriffenen Marke nicht wesensgleich enthalten sei. Denn " MÖBELIX " bilde keinen eigenständigen Wortstamm. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des DPMA vom 28. März 2007 und 3. Juli 2008 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Sie macht weiterhin eine erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Marke " MÖBELIX " geltend. Diese werde seit Jahren mit einem erheblichen finanziellen Aufwand intensiv in TV-, Radio-, Internet- und Printmedien beworben und genieße daher einen hohen Bekanntheitsgrad. Sie befinde sich auf allen Geschäftspapieren, Preisauszeichnungen und Werbeschildern von insgesamt … Möbelhaus-Filialen in Deutschland (Filialliste nebst Fotos, Anlage 1, Bl. 78 - 84 VA). Sie werde in durchschnittlich drei Prospekten (z. B. Prospekt Mai 2006 C, Anlage 3, Bl. 87 - 94 VA) im Monat mit einer Auflage von drei bis fünf Millionen Stück verwendet, welche überwiegend als Zeitungsbeilage verteilt würden (Liste der Zeitungstitel, Anlage 2, Bl. 85 u. 86 VA). Daneben bestehe die Möglichkeit zum Download des jeweils aktuellen Prospekts von ihrer Website unter www.moebelix.de . Außerdem werbe sie regelmäßig für ihre Marke mittels Zeitungsanzeigen (Auflistung der Zeitungsinserate, Anlage 4, Bl. 95 f. VA) sowie mit TV- und Hörfunkspots in Bayern (Sender: ARD Regional Bayern im Ersten und TV München) und Baden-Württemberg (Sender: ARD Regional Das Erste im Südwesten). Die Schaltung der Hörfunk-Spots erfolge sowohl in Bayern als auch in Baden-Württemberg über alle wesentlichen öffentlich-rechtlichen und privaten Hörfunksender. Auch die TV-Spots seien teilweise über ihre Website abrufbar. Für Prospekt-, TV- und Hörfunkwerbung habe sie netto im Jahr 2004… €, im Jahr2005… € und im Jahr 2006 ca. … € aufgewandt. Für die intensive Bewerbung ihrer Marke in Österreich habe sie 2004, 2005 und 2006 insgesamt … € aus gegeben. Die TV- und Hörfunkwerbung in Österreich entfalte ihre Wirkung auch in den grenznahen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg, weil deren Bewohner die Möglichkeit hätten, in einer Reihe ihrer grenznahen Filialen in Österreich einzukaufen (Standortkarte, Anlage 5, Bl. 97 f. VA). Ferner werde für grenznahe österreichische Standorte auch mit Zeitungsbeilagen in deutschen Medien geworben. Zwar könne der genaue Bekanntheitsgrad der Marke für Deutschland derzeit nicht mit einer Prozentzahl angegeben werden, weil er mit demoskopischen Mitteln noch nicht ermittelt worden sei. Aufgrund der dargelegten intensiven Verwendung in den entsprechenden TV-, Radio-, Internet- und Printmedien entspreche es jedoch der Lebenserfahrung, dass sich der eingesetzte Werbeaufwand in einer entsprechend hohen Bekanntheit der Marke niedergeschlagen habe. Aufgrund der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen sei aber auch bei Annahme einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ein großer Abstand erforderlich, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, welcher von der jüngeren Marke nicht eingehalten werde. Da der Wortbestandteil " MÖBEL MIX" zumindest bei mündlicher Übermittlung die einzige Möglichkeit darstelle, die Marke zu benennen, bleibe den angesprochenen Verkehrskreisen keine andere Möglichkeit, als ihn als betrieblichen Herkunftshinweis aufzufassen. Es stelle eine inakzeptable Umgehung des Schutzes kennzeichnungsstarker Wortmarken dar, wenn sich Wettbewerber mit beschreibenden Angaben an kennzeichnungsstarke Marken anlehnten, diese schutzunfähigen Bestandteile mit Hilfe eines Bildbestandteils oder einer sonstigen graphischen Ausgestaltung zur Eintragung in das Markenregister brächten, um sich dann im Kollisionsfall darauf zu berufen, dass der Wortbestandteil als Sachhinweis den Gesamteindruck der Marke nicht (mit)präge. Wegen des prägenden Charakters des Wortbestandteils der angegriffenen Marke seien sich die zu vergleichenden Zeichen, welche sich lediglich in der Wortmitte durch den zusätzlichen Binnen-Konsonanten "M" unterschieden, der leicht verschluckt oder überhört werden könne, in klanglicher Hinsicht hochgradig ähnlich. Den ohnehin bereits optisch in den Hintergrund gestellten, werbenden Claim "Alles, nur nicht teuer!" würden die angesprochenen Verbrauchergruppen nicht in die Benennung der Marke einbeziehen. Abgesehen davon, dass sich der Begriff "Möbel Mix" zur Beschreibung wesentlicher Produktmerkmale bei Möbeln nicht eigne, seien die von der Markenstelle zitierten Begriffe "Party Mix", "Sport-Mix" und "Marketing Mix" sowie 27 weitere Zeichen mit dem Wortbestandteil "Mix" oder "mix" als Marken eingetragen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 6 und 7 ihrer Erinnerungsbegründung vom 21. Juni 2007 (Bl. 75 f. VA) Bezug genommen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bisher weder einen Antrag gestellt noch auf die Beschwerdebegründung erwidert noch an der mündlichen Verhandlung teilgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist überwiegend, nämlich im tenorierten Umfang, begründet, weil insoweit zwischen beiden Marken die Gefahr von Verwechslungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. In Bezug auf die für die angegriffene Marke in Klasse 21 eingetragenen Waren "Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne" und in Klasse 35 geschützten Dienstleistungen "Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten, insbesondere Vermittlung von wirtschaftlichem Know-How (Franchising) und Zusammenstellung von Waren zu Verkaufs- und Repräsentationszwecken" ist wegen deren nur mittlerer bis entfernter Ähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX ); MarkenR 2005, 519 Rdnr. 12 - coccodrillo; MarkenR 2006, 402, 404 - Malteserkreuz; MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO ; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; EUGH GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO ). aa) Es ist zumindest von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke auszugehen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann der Widerspruchsmarke keine gesteigerte Kennzeichnungskraft beigemessen werden, weil ein hoher Bekanntheitsgrad in ganz Deutschland nicht hinreichend dargelegt worden ist. Gesteigerte Kennzeichnungskraft entsteht nicht schon durch besondere Eigenart und Einprägsamkeit des Markenzeichens, welche hier bei dem fantasievollen und an die berühmte französische Komikserie "Asterix und Obelix" (von G… und U…) und die darin übliche Endung der Namen aller gallischen Männer auf -ix angelehnten Begriff " Möbelix " gegeben sein dürfte. Für die Annahme einer erworbenen erhöhten Kennzeichnungskraft durch eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit bedarf es hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, Umsatz, Werbeaufwand inklusive Investitionsumfang zur Förderung der Marke sowie zu demoskopischen Befragungen (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 904 - SIERRA ANTIGUO ). Eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke ist nur für die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg hinreichend dargetan und belegt worden. Insoweit hat die Beschwerdeführerin allerdings umfassend vorgetragen und belegt, dass sich die Marke auf allen Geschäftspapieren, Preisauszeichnungen und Werbeschildern von insgesamt … Möbelhaus-Filialen in Bayern und Baden-Württemberg (Filialliste nebst Fotos, Anlage 1, Bl. 78 - 84 VA) befinde und dass sie für die Bewerbung in TV-, Radio-, Internet- und Printmedien netto im Jahr 2004… €, im Jahr 2005… € und im Jahr 2006 ca. … € aufgewandt habe. Ferner hat sie dargelegt, dass sie für die intensive Bewerbung ihrer Marke in Österreich 2004, 2005 und 2006 insgesamt … € ausgegeben habe, und vorgetragen, dass die TV- und Hörfunkwerbung in Österreich sowie die Werbung für grenznahe österreichische Standorte mit Zeitungsbeilagen in deutschen Medien ihre Wirkung auch in den grenznahen Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg entfalteten, weil deren Bewohner die Möglichkeit hätten, in einer Reihe ihrer grenznahen Filialen in Österreich einzukaufen (Standortkarte, Anlage 5, Bl. 97 f. VA). Allerdings fehlt es an einer ausreichenden Darlegung des Bekanntheitsgrads der Marke für ganz Deutschland. Zwar entspricht es der Lebenserfahrung, dass sich der eingesetzte Werbeaufwand in einer entsprechend hohen Bekanntheit der Marke niederschlägt, aber dies kann nur für die (grenznahen) Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg angenommen werden, während für die anderen 14 Bundesländer jegliche Angaben fehlen. Da es dort aber auch keine " Möbelix "-Filialen gibt, dürfte der Bekanntheitsgrad dort gering oder gleich Null sein. Jedenfalls kann nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin nur von einer regional begrenzten hohen Bekanntheit ausgegangen werden, was für die Annahme einer deutschlandweiten überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft nicht ausreicht. bb) Ausgehend von der Registerlage werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teils identischer, teils hochgradig ähnlicher, teils mittelgradig ähnlicher sowie teils entfernt ähnlicher Waren und Dienstleistungen verwendet. Eine Ähnlichkeit von beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen ist dabei grundsätzlich anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlichen Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN, GRUR 2004, 601 - d-c-fix/CD-FIX, EuGH MarkenR 2009, 47, 53 Rdnr. 65 - Edition Albert René). aaa) Bis auf die "Matratzen", welche allerdings eine hochgradige Ähnlichkeit zu den übrigen Waren der Widerspruchsmarke in Klasse 20 aufweisen, und die "Kämme und Schwämme; Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Stahlspäne" sind die von der angegriffenen Marke geschützten Waren der Klassen 20 und 21 in denjenigen der Widerspruchsmarke vollständig enthalten, so dass insoweit Identität besteht. Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit besteht auch zwischen der von der angegriffenen Marke in Klasse 35 geschützten Dienstleistung "Werbung" und der in derselben Klasse für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistung "Werbung für Dritte". bbb) Eine mittlere bis entfernte Ähnlichkeit besteht zwischen den übrigen der für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen und denjenigen der Widerspruchsmarke. (1) "Kämme" weisen zu den in Klasse 20 enthaltenen Widerspruchswaren aus "Horn", "Elfenbein", "Fischbein", "Schildplatt" und "deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoff", eine zumindest entfernte Ähnlichkeit auf, weil aus diesen Materialien u. a. auch Kämme bestehen (vgl. auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 14. Aufl., S. 153 f.). Das Gleiche gilt für "Schwämme", die aus Kunststoff sowie "Bürsten (mit Ausnahme von Pinseln); Bürstenmachermaterial" und "Putzzeug", die aus Holz und/oder Kunststoff hergestellt werden. Denn die Widerspruchswaren in Klasse 20 enthalten u. a. neben Kunststoff auch "Holz" als Warenmaterial. (2) Zwischen den von der angegriffenen Marke geschützten "Stahlspänen" und den Widerspruchswaren der Klasse 6 "Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten" besteht eine geringe Ähnlichkeit, weil Stahlspäne zum einen ein Abfallprodukt beim Herstellungsprozess der Widerspruchswaren darstellen und zum anderen bei der Metallbearbeitung zum Reinigen, Entrosten, Schleifen und Polieren benutzt werden. (3) Zwischen den Dienstleistungen "Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung" im Verzeichnis der angegriffenen Marke ist eine mittlere Ähnlichkeit zu der Dienstleistung "Werbung für Dritte" der Widerspruchsmarke gegeben (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O. S. 392; BPatG 33 W (pat) 336/01 u. 158/03). Diese Dienstleistungen weisen Berührungspunkte hinsichtlich ihres Verwendungszwecks und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung auf. Denn zum klassischen Aufgabenbereich einer Unternehmensverwaltung und Geschäftsführung gehört auch die Konzeption und Ausgestaltung der Werbung des Unternehmens, so dass sie beiderseits auf die direkte Förderung der Unternehmenstätigkeit ausgerichtet sind. Die beiderseitigen Dienstleistungen ergänzen sich, da eine Führung und Verwaltung von Unternehmen ohne die dazu erforderlichen Werbetätigkeiten kaum denkbar erscheint. (4) Da "Büroarbeiten" zur Durchführung der vorgenannten Dienstleistungen unabdingbar sind, besteht zwischen dieser für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistung und der für die Widersprechende geschützten Dienstleistung "Werbung für Dritte" zumindest eine entfernte Ähnlichkeit. (5) Dies gilt auch in Bezug auf die für die angegriffene Marke eingetragene Dienstleistung "Vermittlung von wirtschaftlichem Know-How (Franchising) und Zusammenstellung von Waren zu Verkaufs- und Repräsentationszwecken" im Verhältnis zur Widerspruchsdienstleistung "Werbung für Dritte". Denn diese Dienstleistungen weisen bei der Vermarktung und dem Absatz von Waren zumindest Berührungspunkte insoweit auf, als Werbung aufgrund vermittelter wirtschaftlicher Kenntnisse und durch Präsentation von Waren besonders effektiv gestaltet werden kann. Die Vermittlung wirtschaftlichen Know-Hows sowie die Zusammenstellung von Waren zu Verkaufs- und Repräsentationszwecken stehen daher in einem, wenn auch entfernten Beziehungsverhältnis zu Werbedienstleistungen für Dritte. cc) Soweit zwischen den für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen und denjenigen der Widerspruchsmarke Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit besteht, hält die angegriffene Marke den zur Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein. aaa) Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, in (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC ). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen (BGH GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). bbb) In ihrer Gesamtheit unterscheidet sich die angegriffene Wort-/Bildmarke aufgrund ihrer besonderen grafischen Ausgestaltung und zusätzlicher Wortbestandteile von der Wortmarke " MÖBELIX " deutlich, so dass zumindest eine Verwechslungsgefahr in (schrift-)bildlicher Hinsicht zu verneinen ist. ccc) Allerdings kommt eine Verwechslungsgefahr in klanglicher Hinsicht dann in Betracht, wenn der in der angegriffenen Marke enthaltene Wortbestandteil " MÖBEL MIX" eine kollisionsbegründende Stellung einnimmt, indem er eine die Gesamtmarke prägende Funktion aufweist, und demzufolge die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2004, 865 - Mustang; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 279 ff. m. w. N.). In diesem Rahmen ist bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr zunächst davon auszugehen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in einer Marke in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (BGH GRUR 2008, 903, 905 Rdnr. 25 - SIERRA ANTIGUO ; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 332 m. w. N.), so dass vorliegend grafische Unterschiede der Marken unberücksichtigt bleiben können. Auch der Wortfolge in der Widerspruchsmarke "Alles, nur nicht teuer!" ist als anpreisendem Werbeslogan die mitprägende Wirkung abzusprechen. In ihren verbleibenden Wortbestandteilen " MÖBEL MIX" und " MÖBELIX " unterscheiden sich die beiden Vergleichsmarken nicht hinreichend deutlich. Denn sie stimmen in den Wortanfängen und Wortenden, in Silbenzahl, Silbengliederung sowie im Betonungs- und Sprechrhythmus vollständig überein. Der einzige Unterschied besteht in dem zusätzlichen Binnen-Konsonanten "M" in der Wortmitte, der leicht verschluckt oder überhört werden kann und daher kein ausreichendes Gegengewicht darstellt, um dem Durchschnittsverbraucher ein sicheres Auseinanderhalten der Markenwörter in klanglicher Hinsicht zu ermöglichen. Selbst wenn es sich bei dem Gesamtbegriff " MÖBEL MIX" um einen schutzunfähigen Wortbestandteil handeln sollte, weil ihm in Bezug auf die eingetragenen Waren der beschreibende Aussagegehalt einer "Mischung von Möbeln" zukommt, ist von dem Grundsatz, dass schutzunfähige Bestandteile eine Marke in ihrem Gesamteindruck nicht prägen können, eine Ausnahme zu machen, wenn diese beschreibende Angabe selbst kennzeichenmäßig (wie eine Marke) verwendet wird und zumindest von rechtlich beachtlichen Teilen der in Betracht kommenden Verkehrskreise als Warenkennzeichnung und nicht nur als bloße warenbeschreibende Angabe aufgefasst wird (BGH GRUR 1998, 930 ff. - Fläminger). Dies ist hier der Fall. Denn die angegriffene Marke wird sowohl optisch durch die blickfangartige Herausstellung im Mittelpunkt des Gesamtzeichens, so dass der am unteren Rand platzierte Werbeslogan in wesentlich kleinerer Schrift und die am rechten Rand positionierte und als Verzierung wirkende Darstellung des Oberkörpers eines Schotten vollständig in den Hintergrund treten, als auch klanglich von den beiden Wortbestandteilen " MÖBEL MIX" beherrscht. Die Prägung des Gesamteindrucks erfolgt damit durch das hervortretende Wortelement " MÖBEL MIX", weil er durch die größenmäßige Betonung und Herausstellung charakteristisch für das Gesamtzeichen ist. Hinzu kommt, dass "MIX" in diesem Zusammenhang nicht nur ( Möbel -)Mischung bedeuten, sondern auch den Namen des Inhabers eines Möbelunternehmens angeben kann, so dass der beschreibende Charakter dieser Bezeichnung deutlich abgeschwächt wird. ddd) Diese klangliche Ähnlichkeit der Vergleichsmarken wird durch deren Bedeutungsunterschiede, "Möbelmischung" oder "Möbel des Inhabers eines Möbelunternehmens mit dem Namen Mix" auf der einen und " Möbelix " als Wortneuschöpfung in Anlehnung an die Namensbildung bei "Asterix und Obelix" auf der anderen Seite, nicht neutralisiert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs impliziert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr, dass die begrifflichen Unterschiede zwischen zwei Zeichen die zwischen ihnen bestehenden klanglichen und visuellen Ähnlichkeiten neutralisieren können, wenn zumindest eines der Zeichen eine eindeutige und bestimmte Bedeutung hat, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise sie ohne Weiteres erfassen können (EuGH GRUR Int. 2009, 397, 402 Rdnr. 98 - OBELIX / MOBILIX; GRUR 2006, 237, 238 Rdnr. 20 - PICASSO ). Allerdings wird dafür ein besonders ausgeprägter und offenkundiger Bedeutungsunterschied verlangt, wie es z. B. bei dem Wortzeichen PICASSO , das den Verkehrskreisen als Name des berühmten Malers "Pablo Picasso" besonders gut bekannt ist, der Fall ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 23 - PICARO/PICASSO ). Vorliegend werden die maßgeblichen Verkehrskreise, wenn sie den Begriff " MÖBELIX " lesen oder hören, immer auch an "Möbel" denken, so dass zu " MÖBEL MIX" als Möbelmischung oder "Möbel des Inhabers eines Möbelunternehmens mit dem Namen Mix" begrifflich kein großer Unterschied erkennbar ist. Die Marke " MÖBELIX " hat bei den angesprochenen Verkehrskreisen keine mit "Picasso" oder "Asterix und Obelix" vergleichbare Bekanntheit. Die Marken weisen daher in Bezug auf die identischen und hochgradig ähnlichen Waren und Dienstleistungen sowohl in klanglicher als auch in begrifflicher Hinsicht eine verwechslungsbegründende Markenähnlichkeit auf. dd) Soweit nur mittlere bzw. entfernte Ähnlichkeit zwischen den für die angegriffene Marke eingetragenen Waren und Dienstleistungen und denjenigen der Widerspruchsmarke gegeben ist, kann eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden. Hier käme eine rechtserhebliche Verwechslungsgefahr trotz der hochgradigen klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit der Marken nur in Betracht, wenn die Widerspruchsmarke über eine hohe Bekanntheit und einen entsprechend großen Schutzumfang verfügte. Wie aber bereits dargelegt, kann der Widerspruchsmarke aufgrund ihres regional begrenzten Wirkungskreises nicht der hohe Grad an Bekanntheit und Kennzeichnungskraft beigemessen werden, der trotz einer ausgeprägten Ähnlichkeit der Marken für die Annahme einer Verwechslungsgefahr im Bereich der mittleren und geringen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen erforderlich wäre.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005949&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005950
BPatG
München
29. Senat
20100512
29 W (pat) 22/09
Beschluss
§ 28 Abs 2 S 1 MarkenG, § 28 Abs 3 S 2 MarkenG, § 46 MarkenG, § 70 Abs 3 Nr 1 MarkenG, § 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG, § 33 Abs 2 MarkenV, § 36 Abs 7 MarkenV
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "EASTSIDE® D STREETWEAR (Wort-Bild-Marke)/BFC D BFC DYNAMO (Wort-Bild-Marke)" – keine vollumfängliche Entscheidung im Beschluss der Markenstelle: Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung - Teilübertragung einer Widerspruchsmarke: Fortsetzung des Widerspruchsverfahrens mit Teileintragungen – ursprüngliche Anträge gelten für abgetrennte Eintragung weiter – im Beschluss ist die übertragene Marke als weitere Widerspruchsmarke gesondert abzuhandeln - zur Geltendmachung des durch die Eintragung der abgetrennten Marke begründeten Rechts durch den Rechtsnachfolger – Befugnis, sich am Verfahren zu beteiligen - Verfügungen und Beschlüsse des DPMA wurden Rechtsnachfolger nicht zugestellt – wesentlicher Verfahrensmangel
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 304 33 262 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Erinnerung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I. Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke 304 33 262 eingetragen für Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke; Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Klasse 40: Materialbearbeitung; ist am 7. Februar 2005 Widerspruch erhoben worden aus der der Beschwerdegegnerin zu 1.) gehörenden Wort-/Bildmarke 397 12 926 damals eingetragen für Metallschilder; Waren aus Papier, Pappe soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Spielkarten; Regenschirme, Rucksäcke, Taschen; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Bett- und Tischwäsche; Handtücher; Seiflappen; Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen. Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 7. Mai 2007 unter Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen die teilweise Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke für nachfolgende Waren angeordnet: Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke; Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen. Am 29. Mai 2007 ist ein Antrag gemäß § 27 Abs. 1 und 4 i. V. m. § 46 Abs. 1 MarkenG auf Eintragung des teilweisen Rechtsübergangs der Widerspruchsmarke auf Herrn Th… für die Waren "Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen (vgl. Bl. 45 ff. der Widerspruchsakte 397 12 926.2). Die abgetrennte Widerspruchsmarke hat die Registernummer 306 68 028 erhalten. Mit Schreiben vom 19. Juni 2007, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am gleichen Tag, hat der Beschwerdeführer Erinnerung gegen den Beschluss vom 7. Mai 2007 eingelegt (vgl. Bl. 96 VA). Am 31. Mai 2008 hat Herr Rechtsanwalt O… angezeigt, "dass ich durch die Widerspruchsführerin, der R… GmbH, beauftragt bin, das Widerspruchsverfahren zu übernehmen" (vgl. Bl. 236 VA). Mit Schreiben vom 10. Juni 2008 haben die vormaligen Vertreter die Vertretung der Widerspruchsführerin niedergelegt (vgl. Bl. 238 VA). Mit Beschluss vom 3. Februar 2009 ist die Erinnerung zurückgewiesen worden. In diesem ist ausgeführt, dass gegen die Marke 304 33 262 Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke 397 12 926 erhoben worden und diese für folgende Waren eingetragen sei: Metallschilder; Waren aus Papier, Pappe soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Spielkarten; Regenschirme, Rucksäcke, Taschen; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Bett- und Tischwäsche; Handtücher; Seiflappen. Der teilweise Rechtsübergang wurde in dem Beschluss vom 3. Februar 2009 nicht behandelt, so dass er keine Ausführungen zu der abgetrennten Marke 306 68 028 enthält. Er ist dem Beschwerdeführer und Herrn Rechtsanwalt O…, letztgenanntem unter Bezugnahme auf den "Widerspruch aufgrund der Wort/Bildmarke 397 12 926 - BFC DYNAMO ", zugestellt worden (vgl. Bl. 241 VA). Gegen den Beschluss vom 3. Februar 2009 richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers, mit der er sinngemäß die Aufhebung der Anordnung der teilweisen Löschung der Eintragung der Marke 304 33 262 beantragt. Auf Grund des am 13. Mai 2009 eingegangenen Antrags auf Rechtsübergang ist die abgetrennte Widerspruchsmarke auf die jetzige Inhaberin, die Beschwerdegegnerin zu 2.), umgeschrieben worden. In der mündlichen Verhandlung am 28. September 2009 hat Herr Rechtsanwalt O… erklärt, dass er sowohl die Beschwerdegegnerin zu 1.) als auch die Beschwerdegegnerin zu 2.) vertrete. Er beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Parteien wurden mit Schreiben vom 22. Januar 2010 vom Senat darauf hingewiesen, dass wegen fehlender Berücksichtigung der abgetrennten Marke 306 68 028 in dem Beschluss vom 3. Februar 2009 und wegen Nichtbeteiligung des damaligen Inhabers der abgetrennten Widerspruchsmarke eine Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt in Betracht komme. Sie haben daraufhin geltend gemacht, dass mit einer Zurückverweisung die Verzögerung des Verfahrens und zusätzliche Kosten verbunden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2009 Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde führt zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt. 1. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat im Beschluss vom 3. Februar 2009 in der Sache noch nicht selbst vollumfänglich entschieden, so dass der Beschluss aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 70 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG). Die Teilübertragung der Widerspruchsmarke 397 12 926 führt dazu, dass das Widerspruchsverfahren mit den beiden aus der ursprünglichen Widerspruchsmarke hervorgegangenen Teileintragungen fortgesetzt wird (vgl. BPatGE 46, 185, 189 f. - KYRA). Dem entspricht die Regelung des § 33 Abs. 2 i. V. m. § 36 Abs. 7 MarkenV, nach der in Bezug auf die ursprüngliche Eintragung gestellte Anträge für die abgetrennte Eintragung weiter gelten. Dies hat zur Folge, dass Widerspruch auch aus der übertragenen Marke 306 68 028 als eingelegt gilt und er bei der Entscheidung entsprechend zu berücksichtigen ist. Da der Antrag auf Eintragung der Teilübertragung bereits vor Erlass des Beschlusses vom 3. Februar 2009 eingegangen ist, hätte die übertragene Marke 306 68 028 als weitere Widerspruchsmarke in ihm gesondert abgehandelt werden müssen. Dies ist vorliegend jedoch nicht geschehen, da sich der Beschluss vom 3. Februar 2009 allein auf die Widerspruchsmarke 397 12 926 beschränkt. Insofern hat das Deutsche Patent- und Markenamt in dem Beschluss vom 3. Februar 2009 nicht über alle Widersprüche entschieden. 2. Darüber hinaus ist der zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses vom 3. Februar 2009 eingetragene Inhaber der abgetrennten Widerspruchsmarke nicht beteiligt worden, so dass das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt auch an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Antrags auf Eintragung des Rechtsübergangs kann der Rechtsnachfolger das durch die Eintragung der abgetrennten Marke begründete Recht geltend machen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Er hat damit die Befugnis, sich am Verfahren zu beteiligen. Demzufolge hätten bereits ab dem 29. Mai 2007 die Verfügungen und Beschlüsse des Patentamts gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 MarkenG auch dem damaligen Inhaber der abgetrennten Widerspruchsmarke 306 68 028 zugestellt werden müssen. Dem ist nicht entsprochen worden, da der Beschluss vom 3. Februar 2009 lediglich dem Vertreter der Inhaberin der Widerspruchsmarke 397 12 926 zugestellt worden ist. Es fehlen Vollmachten oder sonstige Erklärungen, die darauf schließen lassen, dass Herr Rechtsanwalt O… auch als Vertreter von Herrn Th…, dem damaligen Inhaber der abgetrennten Widerspruchsmarke, aufgetreten ist. Zudem hat Herr Rechtsanwalt O… am 31. Mai 2008 selbst mitgeteilt, dass er von der "R… GmbH" beauftragt worden sei, das Widerspruchsverfahren zu übernehmen. Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um die abkürzende Bezeichnung der Beschwerdegegnerin zu 1.) handelt. Herr Th… wird demgegenüber nicht als Mandant erwähnt. Auch das Deutsche Patent- und Markenamt hat Herrn Rechtsanwalt O… im Übrigen nicht als Vertreter von Herrn Th… angesehen, da der Erinnerungsbeschluss mit einem Begleitschreiben Herrn Rechtsanwalt O… zugestellt worden ist, in dem lediglich auf den "Widerspruch aufgrund der Wort-/Bildmarke 397 12 926 - BFC DYNAMO " Bezug genommen worden ist. Da das Verfahren an zwei verschiedenen wesentlichen Mängeln leidet, war auch unter Berücksichtigung des von den Parteien geltend gemachten Gebots der Prozessökonomie die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005950&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005951
BPatG
München
30. Senat
20100515
30 W (pat) 4/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "ULTIMATE" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 15 790.3 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Vogel von Falckenstein sowie der Richterin Winter und des Richters Paetzold beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung als Wortmarke in das Markenregister ist ULTIMATE für die Waren der Klasse 9 „Elektrische Instrumente, Apparate und Geräte in Klasse 9, nämlich wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, Apparate und Instrumente für die Leitung, die Schaltung, Umwandlung, Speicherung, die Regulierung oder die Steuerung von elektrischem Strom; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; digitale, optische und magnetische Datenträger, Schallplatten, Tonwiedergabegeräte, Equalizer, Leistungsverstärker, Lautsprecher, Empfangsgeräte, Verstärker, Vorverstärker, Tuner, Abspielgeräte, nämlich Turntables, CD- und Audio Kassettenabspielgeräte, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Verkaufsautomaten, Registrierkassen, Feuerlöschgeräte, Telefone, Telefonzubehör, Stecker, Steckerzubehör, Adapter, Kupplungen, Wandplatten, Verbinder, Wählschalter, Leitungskabel, Tonkabel, Telefonlautsprecher, Telefonantennen und Telefonadapter“. Die Anmeldung war ursprünglich als Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt in Alicante eingereicht und dort unter der Nummer 003546207 geführt worden. Laut Bescheid des Harmonisierungsamtes vom 6. Februar 2007 hat das Amt den Antrag auf Umwandlung einer Gemeinschaftsmarke genehmigt; das Deutsche Patent- und Markenamt hat am 31. Januar 2008 die Weiterbehandlung des Umwandlungsantrages als Markenanmeldung verfügt (§ 125 d Abs. 2 MarkenG). Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch zwei Beschlüsse vom 20. Mai 2008 und 14. Oktober 2008 (letzterer stammt von einem Prüfer des höheren Dienstes) wegen fehlender Unterscheidungskraft und als freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe zurückgewiesen mit der Begründung, das englischsprachige Wort werde von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von „das allerbeste, das endgültig nicht mehr zu Übertreffende“ verstanden und damit als lediglich anpreisende Angabe über Eigenschaften der so gekennzeichneten Waren. In einer solchen Sachangabe erblicke der Verkehr keinen betrieblichen Herkunftshinweis, so dass der Marke die Eintragungshindernisse mangelnder Unterscheidungskraft und einer lediglich beschreibenden Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehe. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die in der mündlichen Verhandlung zur Begründung ausführte, dass der fremdsprachlichen Angabe lediglich eine unscharfe Bedeutung ohne präzise Zuordnung zu einem Sinngehalt zukomme. Dementsprechend bestehe auch für die Allgemeinheit kein Bedürfnis an der freien Verwendung des Wortes. Darüber hinaus könne der Marke auch nicht die erforderliche geringe Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die Anmelderin beantragt, den Amtsbeschluss vom 14. Oktober 2008 aufzuheben und die Eintragung der Marke zu verfügen. Der Senat hat dem Vertreter der Anmelderin einen Auszug aus dem „Handwörterbuch PONS Englisch-Deutsch“ in Kopie ausgehändigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet. Nach Ansicht des Senats unterliegt die angemeldete Marke hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren sowohl dem Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als auch dem einer freihaltungsbedürftigen beschreibenden Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Zu solchen Angaben gehören insbesondere Wörter, die im Verkehr unter anderem zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sind alle absoluten Schutzhindernisse im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihnen jeweils zugrunde liegt (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 (Nr. 25 - 27) - Chiemsee, GRUR 2004, 674, 677 (Nr. 68) - Postkantoor). Diesen Auslegungsgrundsatz wendet der EuGH sowohl auf die Beurteilung der Unterscheidungskraft als auch auf die des Freihaltungsbedürfnisses an (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 608 (Nr. 60) - Libertel und GRUR 2003, 514, 519 (Nr. 74) - Linde, Winward u. Rado). Das Allgemeininteresse im Zusammenhang mit Unterscheidungskraft und Freihaltungsbedürfnis liegt in dem Schutz vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen, ein Interesse, das im Fall der beschreibenden Angaben des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erst durch tatsächlich eingetretene Behinderungen berührt wird, sondern schon durch eine bloße potenzielle Beeinträchtigung (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG: „… dienen können, …“). Ungerechtfertigte Monopole müssen im Interesse der Rechtssicherheit möglichst frühzeitig, effektiv und ökonomisch durch die dafür zuständigen Behörden und Gerichte verhindert werden. Dazu hat der EuGH ausdrücklich hervorgehoben, dass „die Prüfung anlässlich des Antrages auf Eintragung einer Marke nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden darf. Diese Prüfung muss streng und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden“ (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 (Nr. 57 - 59) - Libertel und GRUR 2004, 674, 680 (Rn. 23 - 125) - Postkantoor). Wie von der Markenabteilung bereits ausführlich und zutreffend erläutert, handelt es sich bei dem angemeldeten Markenwort um einen Begriff, den der von den beanspruchten Waren angesprochene Verkehr ohne weiteres und zwanglos im Sinne von „besonders gut, hervorragend, das allerbeste“ verstanden wird, was angesichts dieser allgemein anpreisenden Bedeutung nicht nur das Eintragungshindernis einer für alle beanspruchten Waren freihaltebedürftigen beschreibenden Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, sondern auch jenes der mangelnden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfüllt. Der Anmelderin ist zwar zuzugestehen, dass das angemeldete Markenwort verschiedene Bedeutungen hat. Ob eine schutzbegründende Bedeutungsvielfalt vorliegt, ist allerdings nicht abstrakt - lexikalisch zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - Bücher für eine bessere Welt). Deshalb reicht dies allein nicht für die Annahme einer originellen Marke aus, die weder freihaltungsbedürftig ist noch der Unterscheidungskraft ermangelt. Vielmehr handelt es sich um ein einfaches Wort der englischen Sprache, das - wie sich unter anderem aus der der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung überreichten Fundstelle ergibt (vgl. PONS Wörterbuch Englisch/Deutsch 1. Aufl. 2004, S. 993 li. Sp.) - im Deutschen die Bedeutung von „bester, optimal, vollendet, unvergleichlich“ hat, dessen anpreisender Inhalt sich jedenfalls im Kontext der beanspruchten Waren - auch wegen der Nähe zum nahezu identischen deutschen Wort „ultimativ“ - ohne weiteres Nachdenken erschließt. In diesem Sinne hat das Bundespatentgericht bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1996 entschieden (Az. 27 W (pat) 165/95 vom 17. Dezember 1996) mit der Begründung, dass angesichts der mittlerweile weit verbreiteten Englischkenntnisse in maßgeblichen deutschen Publikumskreisen dem Wort „ultimate“ ganz überwiegend der Hinweis auf Spitzenqualität (bezüglich der jeweiligen Erzeugnisse) entnommen werde; zur negativen Bewertung der Unterscheidungskraft von „ultimate“ trage auch der Umstand bei, dass sich das dem englischsprachigen Markenwort in seinem semantischen Gehalt jedenfalls weitgehend entsprechende deutsche Wort großer Beliebtheit erfreue, und zwar sowohl in alltäglichen Sprachzusammenhängen als auch in der Werbung für unterschiedliche Produkte. Gleichermaßen hat auch die zweite Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes die Marke als nicht unterscheidungskräftig zurückgewiesen mit der Begründung, es handele sich bei dem Markenwort um einen üblichen Begriff wie die Wörter „best, excellent, super, top“, die im Bewusstsein des relevanten Publikums in erster Linie die Vorstellung vermittelten, dass die beanspruchten Waren die besten auf dem Markt seien, auf dem neuesten technischen Stand oder von höchster Qualität (AZ.: R 76/2006-2 vom 25. April 2006, Rz. 15 - 18). Das Markenwort erschöpft sich somit ausschließlich in einer Bezeichnung, die in sprachüblicher Weise auf die Qualität der Produkte hinweist; der Verkehr wird dies ohne weitere Überlegungen erkennen und die angemeldete Marke nur in diesem Sinne und damit als beschreibenden Sachhinweis, nicht aber als betriebliches Herkunftszeichen im Sinne des Markenrechts verstehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005951&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005952
BPatG
München
30. Senat
20100325
30 W (pat) 56/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "pur natur! (Wort-Bild-Marke)/PUR-R" – Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit - keine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch Markenbestandteile – keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer Serienmarke
In der Beschwerdesache … … betreffend die Marke 307 13 610 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. März 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I. Gegen die für die Waren und Dienstleistungen „Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Druckereierzeugnisse; Bilder; Bücher; Gemälde; Plakate; Veröffentlichungen (Schriften); Zeichnungen; Zeitschriften; Zeitungen Coaching; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Dienste von Unterhaltungskünstlern; Dienstleistungen eines Fitnessstudios; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Erziehung und Unterricht; Fernkurse; Fernunterricht; Herausgabe von Verlags- und Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), auch im Internet; Organisation und Veranstaltungen von Konferenzen, Kongressen und Symposien; Unterhaltung; Betrieb von Gesundheits-Klubs; Veranstaltung und Durchführung von Kursen, Seminaren und Workshops Dienstleistungen eines Arztes; Dienstleistungen eines Psychologen; Dienstleistungen eines Zahnarztes; Dienstleistungen eines Erholungsheimes; Dienstleistungen eines Heilpraktikers; Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen; Ernährungsberatung; ambulante Pflegedienstleistungen; Beratungen in der Pharmazie; Dienstleistungen eines Apothekers; Dienstleistungen eines Chiropraktikers; Dienstleistungen eines Physiotherapeuten, insbesondere in den Bereichen Osteopathie, Body Mind Centery , Vojta, Bobath und Brügger; Durchführung von Akupunktur- und Akupressurbehandlungen; Dienstleistungen eines Optikers; Durchführung von Massagen; Gesundheits- und Schönheitspflege; Dienstleistungen eines psychotherapeutischen Heilpraktikers; Gesundheitsberatung; Aromatherapie-Dienste; Dienstleistungen eines Sprachheiltherapeuten (Logopäden); Erbringung nichtärztlicher Gesundheitsdienstleistungen, insbesondere in den Bereichen Ergotherapie, Energiearbeit, Körperarbeit, Reiki, Yoga und Meditation; Dienstleistungen eines Arztes oder Heilpraktikers in den Bereichen der traditionellen chinesischen Medizin oder der ayurvedischen Heilmethode Dienstleistungen eines Hellsehers; Dienstleistungen eines Geistheilers; Dienstleistungen eines Schamanen, soweit in Klasse 45 enthalten; Dienstleistungen eines Tarotkartenlegers; Dienstleistungen eines Astrologen, nämlich Erstellen von Horoskopen; esoterische Lebensberatung“ am 2. August 2007 unter 307 13 610 registrierte Wort/Bildmarke ist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 305 03 891, PUR-R , die seit dem 19. Juli 2005 eingetragen ist für die Dienstleistungen „Medizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen“. Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen, da selbst bei identischen Dienstleistungen und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke der Abstand der Vergleichsmarken ausreichend sei. Der Gesamteindruck sei klanglich, im Bild und im Bedeutungsgehalt unterschiedlich. Der zusätzliche Wortbestandteil „ natur “ der angegriffenen Marke werde weder weggelassen noch unterdrückt. Auch begrifflich bestehe keine Verwechslungsgefahr, die angegriffene Marke treffe eine in sich geschlossene mit einem erfassbaren Sinngehalt versehene Gesamtaussage, während der Widerspruchsmarke ein solcher Sinngehalt nicht zu entnehmen sei. Die Vergleichsmarken würden auch nicht durch den gemeinsamen Bestandteil „pur“ geprägt. „pur natur “ stelle erkennbar einen Gesamtbegriff dar im Sinne von „rein, vollständig aus der Natur, naturbelassen“, eine Verkürzung nur auf den Bestandteil „pur“ sei nicht nahe liegend. Es bestünden auch keine Anhaltspunkte, dass durch den gemeinsamen Wortanfang die Marken gedanklich in Verbindung gebracht würden. Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt. Sie hat im Wesentlichen ausgeführt, dass beide Vergleichsmarken vom Wortbestandteil „pur“ geprägt würden. Dies gelte für die angegriffene Marke schon deshalb, weil der Wortbestandteil „ natur !“ für die beanspruchten Waren rein beschreibend sei und daher völlig zurücktrete. Zur Argumentation der Markenstelle, es handle sich bei „pur natur “ um eine mit einem erfassbaren Sinngehalt versehen Gesamtaussage „rein/vollständig aus der Natur“ führt die Widersprechende aus, das Waren/Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke differenziere nicht zwischen solchen Waren und Dienstleistungen, die auf künstlichem Wege oder solchen, die aus der Natur entstanden seien. Hinsichtlich der Widerspruchsmarke fehle dem zweiten Bestandteil „R“ ein eigener Sinngehalt, deshalb und wegen der deutlichen Abgrenzung durch den Bindestrich werde der Verkehr sich nur an dem Bestandteil „Pur“ orientieren. Es könne beim Verkehr der Eindruck entstehen, es handle sich bei mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Produkten um natürliche oder naturbelassene Produkte einer Marke „PUR“. Die Widersprechende beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Februar 2009 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen. Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Der Markeninhaber bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen der Markenstelle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2008, 906 - Pantohexal). 1. Bei seiner Entscheidung hat der Senat mangels anderer Anhaltspunkte eine normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zugrunde gelegt. Ausgehend von der Registerlage können die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teils identischer teils ähnlicher Dienstleistungen verwendet werden. 2. Der unter diesen Umständen gebotene sehr deutliche Markenabstand wird von der angegriffenen Marke eingehalten. Die vorhandenen Unterschiede reichen nach Auffassung des Senats aus, um Verwechslungen der Marken mit hinreichender Sicherheit ausschließen zu können. a) Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht. Demzufolge kann auch ein Bestandteil, der einer beschreibenden Angabe entnommen ist, zum Gesamteindruck beitragen. Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen als auf die Unterschiede abzustellen (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). b) In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich beide Marken aufgrund der grafischen Ausgestaltung und des zusätzlichen Bildelements in Form eines mittig auf einer durchbrochenen Linie angeordneten stilisierten Blütenkelches sowie des Ausrufezeichens auf Seiten der angegriffenen Marke deutlich, da die Widerspruchsmarke entsprechende Elemente nicht enthält. Bei Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr ist davon auszugehen, dass der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildbestandteilen in einer Marke in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung beimisst (vgl. BGH GRUR 2008, 903, 905 (Nr. 25) - SIERRA ANTIGUO ; Ströbele/Hacker MarkenG 9. Aufl., § 9 Rdn. 296 m. w. N.). In ihren Wortbestandteilen „pur natur “ und „PUR-R“ unterscheiden sich die beiden Vergleichsmarken hinsichtlich ihres zweiten Elements - durch das Wort " natur " in der angegriffenen Marke gegenüber dem durch Bindestrich angefügten Einzelbuchstaben „R“ in der Widerspruchsmarke - in Buchstaben-, Silben- und Vokalanzahl deutlich, so dass insoweit sowohl klangliche als auch schriftbildliche Verwechslungsgefahr ausscheiden. 3. Somit kommt Verwechslungsgefahr nur dann in Betracht, wenn der in der Widerspruchsmarke sowie in der angegriffenen Marke identische Wortbestandteil „pur“ sowohl die angegriffene Marke wie auch die Widerspruchsmarke allein kollisionsbegründend prägt, indem er jeweils eine selbständig kennzeichnende Funktion aufweist, und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT ; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; Ströbele/Hacker, a. a. O. § 9 Rdn. 279 ff. m. w. N.). Bei der Frage der Prägung des Gesamteindrucks durch Bestandteile ist kein Unterschied zwischen der älteren und der jüngeren Marke zu machen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 289). a) Bei der Beurteilung der prägenden Bedeutung eines Markenteils in der angegriffenen Marke stellt sich zunächst die Frage, ob für den Verkehr überhaupt Veranlassung besteht, sich nur an einem einzelnen Markenbestandteil zu orientieren. Das muss aber insbesondere bei Marken verneint werden, die sich als einheitliche Gesamtbegriffe darstellen (vgl. BGH GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling; EuG GRUR Int. 2005, 940, 942 (Nr. 47) - Biker Miles). Dabei wird die Vorstellung eines Gesamtbegriffes gefördert durch die sprachliche Ausgestaltung der Kombinationsmarke, die eine begriffliche Verbindung zwischen den aufeinanderfolgenden Zeichenteilen herstellt (vgl. BGH a. a. O. Kleiner Feigling; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 270, 271 m. w. N.). Die angegriffene Marke stellt in ihrem Wortbestandteil eine derartige gesamtbegriffliche Einheit dar. Sie setzt sich aus den Elementen „pur“ und „ natur “ zusammen und ist durch das nachgestellte Ausrufezeichen als plakativer Ausruf im Sinne eines geschlossenen, schlagwortartigen Werbeslogans - reine Natur! - gebildet, der Qualität und ein Wertversprechen suggerieren soll. Die Einzelelemente sind in ihrem Sinn erkennbar aufeinanderbezogen; das in der Funktion eines Adjektivs vorangestellte Wort „pur“ konkretisiert das nachfolgende Wort „ natur “ näher. Der Verkehr wird diese werbliche Anpreisung als eine gesamtbegriffliche Einheit sehen und ist nicht geneigt, auf den Bestandteil „pur“ zu verkürzen, da er damit der Bezeichnung die besondere Eigenart nehmen würde. Der über dem Wortbestandteil angeordnete Bildbestandteil unterstreicht diese gesamtbegriffliche Einheit noch dadurch, dass die übergreifende - nur durch das mittig angeordnete emblemartige Blumensymbol unterbrochene - Linie wie eine Verbindung der beiden Wortbestandteile wirkt. Der Verkehr wird daher die Einzelelemente der angegriffenen Marke als zusammengehörig erkennen und ist schon daher nicht veranlasst, „pur“ als allein prägenden Bestandteil wahrzunehmen oder dem Wort eine selbständig kennzeichnende Stellung beizumessen (vgl. BGH WRP 2006, 277 - Malteserkreuz). 4. Es besteht ebenfalls nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können. Die Annahme einer solchen mittelbaren Verwechslungsgefahr setzt voraus, dass die beteiligten Verkehrskreise zwar die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen und insoweit keinen unmittelbaren Verwechslungen unterliegen. Sie werten gleichwohl einen in beiden Marken identisch oder zumindest wesensgleich enthaltenen Bestandteil als Stammzeichen des Inhabers der älteren Marke, messen diesem Stammbestandteil also für sich schon die maßgebliche Herkunftsfunktion bei und sehen deshalb die übrigen abweichenden Markenteile nur noch als Kennzeichen für bestimmte Waren aus dem Geschäftsbetrieb des Inhabers der älteren Marke an (vgl. BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeiChem; GRUR 2002, 542, 544 - BIG; GRUR 2002, 544, 547 - BANK 24). In solchen Ausnahmefällen sprechen die zu vergleichenden (abweichenden) Markenteile gegen eine mittelbare Verwechslungsgefahr, wenn sie sich mit dem gemeinsamen Bestandteil zu eigenen, in sich geschlossenen Gesamtbegriffen verbinden, die von der Vorstellung wegführen, es handele sich um Serienmarken eines Unternehmens (vgl. BGH GRUR 1998, 932, 934 - MEISTERBRAND ; a. a. O. - POLYFLAM/MONOFLAM). Anhaltspunkte dafür, dass aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005952&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005953
BPatG
München
27. Senat
20100426
27 W (pat) 146/09
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Freudenhaus ST. PAULI ® (Wort-Bild-Marke)/FREUDENHAUS" – Warenidentität und -ähnlichkeit - keine schriftbildliche und klangliche Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 37 821 hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Lehner und Richter Kruppa beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Widersprechende hat gegen die am 15. September 2006 veröffentlichte Eintragung der am 16. Juni 2006 für die Waren "Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarpflegemittel; Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit platinierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten, Juwelierwaren, Schmuckwaren; Webstoffe und Textilwaren, nämlich Badewäsche (ausgenommen Bekleidungsstücke), Bauwollstoffe, Bettdecken, Kissen- und Möbelbezüge, Gardinen, einschließlich Tüll, Handtücher, Haushaltswäsche, Indiennes, Möbelstoffe, Portieren einschließlich Wandbekleidungen sowie Vorhänge, Rollos aus textilem Material, Ramiestoffe, Reisedecken, Stepp- und Tagesdecken für Betten, Tapeten, Tischdecken- und -läufer einschließlich Platzdeckchen; Bekleidungsstücke, Dessous und Unterbekleidung, Freizeitmoden für Damen und Herren, T-Shirts, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" angemeldeten farbigen (rot, schwarz) Wort-/Bildmarke 306 37 821 Widerspruch eingelegt aus ihrer am 2. Juni 2003 für die Waren und Dienstleistungen "Wasch- und Bleichmittel, Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwasser; Zahnputzmittel; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Damen-, Herren- und Kinderoberbekleidung; Damen-, Herren- und Kinderunterwäsche, Miederwaren; Schuhe; Werbung" eingetragenen Wortmarke 303 15 786 FREUDENHAUS Der Widerspruch wird auf alle Waren-/Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt und richtet sich gegen alle Waren der angegriffenen Marke. Der Inhaber des angegriffenen Zeichens hat im Amtsverfahren mit Schriftsatz vom 9. März 2007 sinngemäß die Nichtbenutzungseinrede gegen die Widerspruchsmarke erhoben. Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 9. Januar 2009 wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. In ihrer Gesamtheit kämen sich die jüngere Marke, die zudem graphisch ausgestaltet sei und die Widerspruchsmarke, die eine reine Wortmarke sei, nicht verwechselbar nahe. Es sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich die Vergleichsmarken bei der Gegenüberstellung der beiderseitigen Wortbestandteile verwechselbar nahe kämen. Die jüngere Marke "Freudenhaus ST. PAULI " werde vom angesprochenen Publikum als ein in sich geschlossener Gesamtbegriff aufgefasst. "St. Pauli" sei ein - zumindest in Deutschland - als Vergnügungsviertel spezieller Art in der Hansestadt Hamburg, bekannt. Der Hamburger Stadtteil "St. Pauli" sei gerade für die Vielzahl von Freudenhäusern bekannt und berühmt. Insoweit drängten sich die Worte "Freudenhaus ST. PAULI ", selbst wenn es sich bei "St. Pauli" um eine geographische Ortsangabe handle, als geschlossene Bezeichnung auf, weshalb mit der Benennung der jüngeren Marke nur in ihrer Gesamtheit, nicht aber nur als "Freudenhaus" gerechnet werden könne und müsse. "Freudenhaus ST. PAULI " einerseits und " FREUDENHAUS " in Alleinstellung andererseits würden aber wegen des zusätzlichen Bestandteils "ST. PAULI " in der jüngeren Marke nicht verwechselt werden. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Marken für verwechselbar, da die jüngere Marke von dem gemeinsamen Bestandteil "Freudenhaus" geprägt werde, dem eine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme. Der weitere Bestandteil "ST. PAULI " sei als geographische Angabe nicht unterscheidungskräftig. Die Widersprechende beantragt, den Beschluss der Markenstelle vom 9. Januar 2009 aufzuheben und die angegriffene Marke 306 37 821 zu löschen. Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er hält die Marken für nicht verwechselbar und verteidigt den Beschluss der Markenstelle. Eine Verwechslungsgefahr scheitere an dem Bestandteil "ST. PAULI ", der mit dem weiteren Bestandteil "Freudenhaus" einen geschlossenen Gesamtbegriff bilde. Bezüglich der Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit trägt der Markeninhaber vor, die Widersprechende nutze ihre Marke nur im originären Bereich der Werbeagentur, nicht aber in den Warenbereichen, für die sie eine Ähnlichkeit behaupte. An der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten entsprechend vorheriger Ankündigung nicht teilgenommen. II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die einander gegenüberstehenden Marken unterliegen auch nach der Auffassung des Senats keiner Gefahr der Verwechslung gemäß §§ 42 Abs. 2, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. 1. Die im Amtsverfahren vom Markeninhaber mit Schriftsatz vom 9. März 2007 erhobene Nichtbenutzungseinrede gegen die Widerspruchsmarke ist unzulässig, da sich die am 2. Juni 2003 eingetragene Widerspruchsmarke damals noch in der fünfjährigen sog. Benutzungsschonfrist befand. Der Vortrag des Markeninhabers in seiner Beschwerdeerwiderung vom 15. September 2009, die Widersprechende nutze ihre Marke nur im originären Bereich der Werbeagentur, nicht aber in den Warenbereichen, für die sie eine Ähnlichkeit behaupte, stellt keine wirksame Nichtbenutzungseinrede dar, da es insoweit an einer eindeutigen Erklärung fehlt. Der Wille, die Benutzung der Widerspruchsmarke im Rahmen des Benutzungszwangs zu bestreiten, muss eindeutig erklärt werden. Allgemeine Ausführungen zur Benutzung der Widerspruchsmarke in ersichtlich anderem Zusammenhang können nicht als Einrede der Nichtbenutzung gewertet werden, wobei die Möglichkeiten für weitere Rückfragen der Behörden und Gerichte angesichts der Verhandlungsmaxime sehr begrenzt sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 43 Rn. 23). Die Ausführungen des Markeninhabers zur Benutzung der Widerspruchsmarke sind hier ersichtlich nur im Zusammenhang mit der Erörterung der Warenähnlichkeit erfolgt. 2. Zwischen den Marken besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß § 42 Abs. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von den Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus sind die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung einzubeziehen. Dabei besteht eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (vgl. EuGH GRUR 2006, 237, 238, Nr. 18 f. - PICASSO ; BGH GRUR 2007, 321, 322 - Cohiba). Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. a) Die Waren der angegriffenen Marke sind im Bereich der Klassen 3 und 25 mit den Waren der Widerspruchsmarke identisch und im Übrigen ähnlich. b) Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. c) Den danach erforderlichen weiten Abstand halten die Marken ein. In schriftbildlicher Hinsicht scheitert eine Verwechslungsgefahr bereits an der besonderen graphischen Ausgestaltung der als farbige Wort-/Bildmarke angemeldeten jüngeren Marke. Auch der klangliche Abstand ist wegen des nur in der jüngeren Marke vorhandenen Bestandteils "ST. PAULI " ausreichend. Bei mündlicher Wiedergabe wird man diesen Bestandteil nicht weglassen. Der Verbraucher hat hierfür - generell und im vorliegenden Einzelfall - keine ernsthafte Veranlassung. Eine Verwechslungsgefahr kann auch nicht aus einer Prägung der angegriffenen Marke durch den gemeinsamen Bestandteil "Freudenhaus" abgeleitet werden. Dagegen spricht insbesondere der gesamtbegriffliche Charakter der angegriffenen Marke. Das Publikum wird die Marke als Hinweis auf ein ganz bestimmtes Freudenhaus verstehen. Der vorangestellte Bestandteil "Freudenhaus" bezieht sich auf den nachgestellten Bestandteil "ST. PAULI " und bildet mit diesem eine Einheit. d) Es besteht auch nicht die Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens der Vergleichsmarken. Insbesondere wirkt die jüngere Marke nicht als eine Serienmarke der Widersprechenden. Dies würde voraussetzen, dass die Marken in einem Bestandteil übereinstimmen, der als Herkunftshinweis eigenständig hervortritt. Dem steht bereits der aufgezeigte gesamtbegriffliche Charakter der angegriffenen Marke entgegen. Auch sonst bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Marke fälschlich der Widersprechenden zugeordnet wird.3. Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005953&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005954
BPatG
München
28. Senat
20100512
28 W (pat) 51/10
Beschluss
§ 61 MarkenG, § 70 Abs 3 Nr 2 MarkenG, § 71 Abs 3 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "PLASMA Compact" – zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren - vor Wirksamwerden eingereichter Schriftsatz, der die Sach- und Rechtslage grundlegend ändert, wird nicht berücksichtigt - Beschluss ergeht über nicht verfahrensgegenständlichen Antrag – Aufhebung des  Beschlusses – Zurückverweisung an DPMA – Rückzahlung der Beschwerdegebühr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 306 25 664 hier: Löschungsverfahren hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: 1. Der Beschluss Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenabteilung 3.4 vom 9. Dezember 2009 wird aufgehoben. 2. Das Verfahren wird an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen. 3. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 306 25 664 PLASMA Compact die am 19. Juli 2006 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 6, 7 und 9 „Transportable Bauten aus Metall; Kabel und Drähte aus Metall; Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Transportbehälter und Tanks aus Metall; Maschinen für die Metallverarbeitung; Schleifmaschinen; industrielle Schneidemaschinen; Schweißmaschinen; Brennschneidemaschinen und Teile der genannten Maschinen; Apparate und Instrumente zum Messen und zur Übermittlung von Befehlen; elektrische Geräte zur Fernsteuerung industrieller Arbeitsvorgänge“ in das Markenregister eingetragen wurde. Die Beschwerdegegnerin hat die Teillöschung der Marke für die Waren der Klasse 9 wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke für diese Waren angeordnet. Das für die Übermittlung dieses Beschlusses gefertigte Anschreiben an die Verfahrensbeteiligten datiert vom 13. Januar 2010. Abgesandt wurde der Beschluss ausweislich eines Vermerks auf dem amtlichen Empfangsbekenntnis-Formular am 25. Januar 2010. Zwischenzeitlich hatte die Antragstellerin ihren Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 5. Januar 2010 insoweit berichtigt, als dieser sich ausdrücklich nicht gegen die Waren der Klasse 9, sondern nur gegen die von der angegriffenen Marke umfassten Waren der Klasse 7 richten sollte. Dieser Schriftsatz wurde von der Markenabteilung nicht mehr berücksichtigt. Gegen den Beschluss der Markenabteilung wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, die Markenabteilung habe über einen nicht mehr existenten Löschungsantrag entschieden. II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Verfahren ist unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen, da das patentamtliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Mit Beschluss vom 9. Dezember 2009 hat die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts die Teillöschung der angegriffenen Marke - wie ursprünglich beantragt - für die Waren der Klasse 9 angeordnet. Da das für die Übermittlung dieses Beschlusses gefertigte Anschreiben an die Verfahrensbeteiligten vom 13. Januar 2010 datiert und der Beschluss ausweislich des Vermerks auf dem amtlichen Empfangsbekenntnis-Formular von der Poststelle am 25. Januar 2010 abgesandt wurde, ist die Übergabe des Beschlusses durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle zwischen diesen beiden Zeitpunkten erfolgt. Nachdem die Antragstellerin in der Zwischenzeit mit ihrem Schriftsatz vom 5. Januar 2010 (Eingang beim Deutschen Patent- und Markenamt ausweislich der Perforierung am 7. Januar 2010) einen abgeänderten Löschungsantrag eingereicht hatte, mit dem ausdrücklich nur die Löschung der angegriffenen Marke für die von ihr umfassten Waren der Klasse 7 beantragt wurde, hätte die Markenabteilung aber erneut in das Löschungsverfahren eintreten müssen. Denn maßgeblich für das Wirksamwerden einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ist nicht etwa das Datum der eigentlichen Beschlussfassung, sondern der Zeitpunkt der Herausgabe der Beschlussausfertigung durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle des Amtes (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 61 Rdn. 8; Zöller, ZPO, 28. Aufl. § 329, Rdn. 6 m. w. N.). Bis dahin müssen Eingaben der Parteien berücksichtigt werden. Zum maßgeblichen Zeitpunkt hatte sich die Sach- und Rechtslage durch den fraglichen Schriftsatz der Löschungsantragstellerin aber grundlegend geändert, da der Löschungsantrag der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 9 nicht mehr weiterverfolgt und stattdessen die Teillöschung nur für die von der angegriffenen Marke umfassten Waren der Klasse 7 beantragt worden war. Der fragliche Schriftsatz wurde von der Markenabteilung aber nicht mehr berücksichtigt. Somit hat die Markenabteilung mit ihrem Beschluss vom 9. Dezember 2009 über einen nicht verfahrensgegenständlichen Antrag entschieden, so dass der angefochtene Beschluss ins Leere geht. Der Beschluss vom 9. Dezember 2009 war somit aufzuheben und die Sache zur erneuten Prüfung an das DPMA zurückzuverweisen. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage entsprach es der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, wenn die Zurückverweisung einer Beschwerdesache an das Deutsche Patent- und Markenamt wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels erfolgt und die fehlerhafte Sachbehandlung durch das Amt hierfür kausal war (§ 71 Abs. 3 MarkenG). Im vorliegenden Fall hat das Deutsche Patent- und Markenamt verfahrensfehlerhaft über einen nicht verfahrensgegenständlichen Löschungsantrag entschieden. Ob der Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 5. Januar 2010 der Markenabteilung möglicherweise erst nach der Übergabe des angefochtenen Beschlusses an die Poststelle zur Kenntnis gelangt ist - wofür angesichts der erfahrungsgemäß sorgfältigen Bearbeitungsweise der Markenabteilung vieles spricht - und seine Berücksichtigung deshalb faktisch nicht möglich war, ist in diesem Zusammenhang irrelevant. Denn unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme durch die Markenabteilung entfaltete der fragliche Schriftsatz und die in ihm enthaltenen Anträge seine rechtserheblichen Wirkungen bereits mit dem Eingang beim Deutschen Patent- und Markenamt am 7. Januar 2010 (vgl. hierzu Thomas-Putzo, ZPO, 30. Aufl., § 329 Rdn. 5). Die erforderlichen, organisatorischen Vorkehrungen, um eine unverzügliche Kenntnisnahme neuer Anträge sowie ihre Einbeziehung in den Entscheidungsablauf sicherzustellen, fallen ausschließlich in die Einflusssphäre des Amtes, so dass selbst eine nachvollziehbare Verspätung des Schriftsatzeingangs bei der Markenabteilung nicht zu Lasten der Verfahrensbeteiligten gehen kann (vgl. hierzu BVerfG NJW RR 2000, 726).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005954&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005955
BPatG
München
33. Senat
20100511
33 W (pat) 7/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Start Care" - keine Unterscheidungskraft - Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 01 474.6 hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts durch den Vorsitzenden Richter Bender, den Richter Kätker und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Hoppe am 11. Mai 2010 beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Am 10. Januar 2007 hat die Anmelderin die Wortmarke Start Care für das nachfolgende Verzeichnis von Dienstleistungen angemeldet: Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Erstellen von Vertriebsstrukturen; betriebswirtschaftliche Beratung; Klasse 36: Versicherungswesen, insbesondere Unfall-, Kranken- und Lebensversicherung; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Klasse 41: Veranstaltung von Seminaren; Unterricht. Mit Beschluss vom 19. August 2008 und vom 22. Oktober 2008 hat die Markenstelle für Klasse 36 die Anmeldung zurückgewiesen. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine beschreibende Angabe i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG handele und dass es ihr an der erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Sie hat hierzu ausgeführt, dass das Zeichen sich aus zwei allgemein verständlichen englischen Worten, die dem englischen Grundwortschatz zugehörten, zusammensetze. Der erste Wortbestandteil „Start“ bedeute: „anfangen, beginnen, starten, einen Anfang machen“. Der zweite Zeichenbestandteil „Care“ habe die Bedeutung: „Pflege, Betreuung, Versorgung“. In Bezug auf die beantragten Dienstleistungen handele es sich um einen sachlichen Hinweis darauf, dass die Dienstleistungen einen Bezug zu Sorge bzw. Fürsorge für sich oder ihre Angehörigen hätten, etwa in einem auf die Rundum-Versorgung oder speziell auf den Pflege-, Fürsorge- bzw. Betreuungsfall ausgerichteten Versicherungs- oder Finanzpaket oder sich in sonstiger Weise inhaltlich mit der Betreuung, Pflege und Fürsorge befassen würden. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit liege nicht vor, da sämtliche Bedeutungen des Wortes „Care“ in dieselbe Richtung weisen würden und Ausdruck desselben Gedankens seien. Bei der sprachüblich gebildeten Wortfolge stehe für die angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise daher lediglich ein mit den angemeldeten Dienstleistungen verbundenes Werbeversprechen im Vordergrund. Als ohne weiteres verständlicher, nur allgemein anpreisender reiner Werbeslogan sei das Zeichen auch nicht geeignet, die beanspruchten Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft zu unterscheiden. Wenn die angesprochenen Verkehrskreise der begehrten Marke in Zusammenhang mit den angegebenen Dienstleistungen begegneten, werde ihre beschreibende Bedeutung auf Grund ihrer Interessensituation bzw. Erwartungshaltung sofort erkannt. Es sei unerheblich, dass es sich um eine Wortneuschöpfung handele, da der von der Wortkombination erweckte Eindruck in seiner Gesamtheit nicht hinreichend weit von dem seiner Einzelteile abweiche. Im Beanstandungshinweis vom 13. Juli 2007, auf den die Markenstelle verwiesen hat, hat sie ergänzend ausgeführt, dass die angesprochenen Verkehrskreise, nämlich selbständige Unternehmen oder sonstige Interessierte das Zeichen sofort und ohne weitere Überlegungen als werbemäßigen Slogan im Sinne von „Dienstleistungen als Hilfe für Firmenneugründungen/Firmenumstrukturierungen“ verstehen würden. Es handele sich daher um einen Hinweis auf Art, Beschaffenheit und Bestimmung der Dienstleistungen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, die Beschlüsse vom 19. August 2008 und 22. Oktober 2008 aufzuheben, die amtlichen Beanstandungen fallen zu lassen und der angemeldeten Marke die Eintragung zu gewähren. Die Anmelderin ist der Ansicht, dass die angemeldete Marke hinreichend unterscheidungskräftig sei, da insoweit ein großzügiger und anmeldungsfreundlicher Maßstab anzulegen sei. Es handele sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortkombination. Zudem sei das Wort „care“ ein englischsprachiger Begriff, der lexikalisch primär im Sinne von: „Sorge, sich Sorgen machen“ übersetzt werde. Daneben existierten aber auch die Bedeutungen: „Kummer, Sorgfalt, Aufmerksamkeit, Vorsicht, Obhut, Schutz, Fürsorge, Betreuung, Pflicht, Interesse“ sowie deren verbale Verwendungsformen. Aus diesem Grunde sei der Begriff „Care“ insbesondere für den deutschsprachigen Verkehrskreis mehrdeutig und unbestimmt. Diese Mehrdeutigkeit werde durch die Kombination mit dem Wort „Start“ noch verstärkt, weshalb dem Gesamtbegriff kein unmittelbar beschreibender oder klarer Aussagegehalt im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen entnommen werden könne. Vielmehr ergebe sich eine Vielzahl von Interpretations- und Übersetzungsmöglichkeiten, die eine gewisse gedankliche Deduktion erfordern würden. Unklar sei nämlich schon, von wem bzw. für was eine Starthilfe gegeben werde. Der begehrten Marke stehe auch nicht das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, da es an einem im Einzelfall tatsächlich vorhandenen aktuellen und konkreten Freihaltebedürfnis fehle. Unter Bezugnahme auf das BabyDry-Urteil des EuGH weist die Anmelderin darauf hin, dass jede erkennbare Abweichung einer angemeldeten Wortverbindung von der Ausdrucksweise, die im üblichen Sprachgebrauch der betroffenen Verbraucherkreise für die Bezeichnung der Ware oder ihrer wesentlichen Merkmale verwendet werde, geeignet sei, das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu überwinden. Ergänzend verweist die Anmelderin auf die Entscheidung zu „CARE INVEST “ (BPatG 33 W (pat) 408/02), in der die Eintragungsfähigkeit der dort begehrten Marke bejaht wurde. Die Anmelderin nimmt zudem Bezug auf ihren Vortrag im Rahmen des Amtsverfahrens. Dort hat sie vorgetragen, dass für die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis die Kürze und Prägnanz der Wortfolge „Start Care“ spreche. Insbesondere könne - entgegen der im Beanstandungshinweis geäußerten Ansicht des Amtes - keinerlei Verbindung zwischen den angemeldeten Dienstleistungen und Firmenneugründungen oder -umstrukturierungen hergestellt werden. Es handele sich auch nicht um eine gebräuchliche Wortfolge der Alltagssprache, sondern um eine schlagwortartige Aussage, die die Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise wecken und auf die so gekennzeichneten Dienstleistungen lenken solle. In der Ladungsverfügung vom 7. April 2010 hat der Senat die Anmelderin unter Vorlage von Belegen aus dem Internet (im Folgenden als Anlagen zitiert) auf das Vorliegen von Eintragungshindernissen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG hingewiesen. Auf den ursprünglich gestellten Antrag, einen Termin zur mündlichen Verhandlung anzuordnen, hat die Beschwerdeführerin nach Terminsanberaumung verzichtet und um eine Entscheidung nach Aktenlage ersucht. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg. Der angemeldeten Marke stehen hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Anmeldung ist deshalb von der Markenstelle zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen worden. 1. a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Bei der Auslegung der absoluten Schutzhindernisse ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der MarkenRL das Allgemeininteresse, das der Regelung zugrunde liegt, zu berücksichtigen (EuGH GRUR 2008, 608 (Nr. 66) EUROHYPO m. w. N.). Die auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union 2008/95/EG (MarkenRL) zurückzuführende Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, sämtliche Zeichen oder Angaben, die geeignet sind, Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beschreiben, frei zu halten (EuGH GRUR 2008, 503 (Nr. 22, 23) ADIDAS II). Es gibt nämlich insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit eines unverfälschten Wettbewerbs Erwägungen des Allgemeininteresses, die es ratsam erscheinen lassen, dass bestimmte Zeichen von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Solche Zeichen oder Angaben dürfen deshalb nicht aufgrund einer Eintragung nur für ein Unternehmen monopolisiert werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 25) Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 31) DOUBLEMINT; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 54, 56) Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 35 - 36) BIOMILD; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 222 m. w. N.). b) Bei der Prüfung von Eintragungshindernissen ist auf die Wahrnehmung des angesprochenen Verkehrs abzustellen. Dieser umfasst alle Kreise, in denen die fragliche Marke aufgrund der beanspruchten Dienstleistungen Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 (Nr. 65) Henkel). Die hier angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 36 und 41 richten sich neben dem Geschäftsverkehr auch an allgemeine und breite Verbraucherkreise, wobei von dem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher auszugehen ist (EuGH GRUR 2006, 411 (Nr. 24) Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 29) Chiemsee; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 23 ff.). Im Hinblick auf die hier angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 36 werden ausschließlich Unternehmen angesprochen. c) Ausgehend von diesen Vorgaben ist die begehrte Wortfolge für die angemeldeten Dienstleistungen aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs beschreibend. Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den Wortbestandteilen „Start“ und „Care“ zusammen. Der Begriff „Start“ kann für den Beginn von etwas, insbesondere für den Beginn einer Tätigkeit oder eines Projektes stehen. Er kann aber auch den Anfang einer Rennstrecke bzw. eines Rennens oder das Abheben eines Fluggerätes umschreiben. Der zweite Wortbestandteil „Care“ hat mit verschiedenen Bedeutungsinhalten Eingang in die deutsche Sprache gefunden und wird in Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen, insbesondere im Versicherungswesen, bereits vielfach eingesetzt (vgl. hierzu die Beispiele in BPatG, 33 W (pat) 381/01 - Care Complete S. 4 f. und in 33 W (pat) 144/05 - Basic Care Seite 5 ff.; sowie Anlagen aus der Internetrecherche des Senats), um Dienstleistungen, die zur Vorsorge, Pflege, Fürsorge und Betreuung bestimmt sind, zu kennzeichnen. Auch die - bei Zeichen, die aus mehreren Worten oder Wortbestandteilen zusammengefügt sind - vorzunehmende Gesamtbetrachtung (vgl. dazu: EuGH GRUR 2004, 943 (Nr. 28) SAT.2; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 96) Postkantoor; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 13) VISAGE ) führt vorliegend nicht zu einem Eindruck oder Bedeutungsgehalt, der über die Summe der Einzelbestandteile des begehrten Zeichens hinausgehen würde. Zwar handelt es sich um eine lexikalisch nicht nachweisbare, neue Wortkombination. Dies allein genügt indes nicht, um von dem beschreibenden Gehalt wegzuführen, denn der verständige Durchschnittsverbraucher ist es gewöhnt, mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, die in ihrer sprachlichen oder grammatikalischen Ausgestaltung oder Zusammensetzung nicht unmittelbar zum deutschen Sprachschatz zählen (Ströbele/Hacker, MarkenR, 9. Aufl., § 8 Rd. 335, 117). Gleichwohl nimmt der Durchschnittsverbraucher durch derartige (oft prägnante) Wortgestaltungen sachbezogene Informationen auf. Von einem beschreibenden Sachinhalt wäre nur dann nicht auszugehen, wenn die Wortzusammensetzung zu einem von der Summe ihrer Einzelbestandteile abweichenden Eindruck führen würde, der wesentliche Elemente, wie die Bedeutung des Zeichens, betrifft. Dies würde voraussetzen, dass das, woran das zusammengesetzte Zeichen denken lässt, nicht exakt mit der Summe der Angaben der beschreibenden Elemente übereinstimmt. Eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jede Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat nämlich selbst einen beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der Summe ihrer Bestandteile besteht. Eine derartige Abweichung des Gesamteindrucks von der Summe der Einzelbestandteile des angemeldeten Wortzeichens ist hier indes nicht zu erkennen. Die Zusammenfügung der Zeichen „Start“ und „Care“ bringt nämlich in Bezug auf die Dienstleistungen der Klasse 36 lediglich zum Ausdruck, dass es inhaltlich um die Dienstleistungen der Vorsorge, Pflege und Betreuung geht, die eine Startabsicherung im Sinne einer Eingangs-, Erst-, Basis- oder Grundabsicherung gewährleisten sollen. Eine entsprechende Begriffsbedeutung kommt der Wortkombination auch im Hinblick auf Dienstleistungen aus dem Finanzwesen in Zusammenhang mit finanziellen Vorsorgeleistungen, wie z. B. Rentenfonds, Lebens- oder Rentenversicherungen, zu (vgl. auch Anlage 9 „Finance Care Existenzgründerberatung“). Auch im Immobilienwesen spielt die Grundversorgung im Sinne von Startkapital eine wesentliche Rolle und kann beispielsweise Dienstleistungen aus dem Bereich der Immobilienvermittlung und des Immobilienverkaufs beschreiben (vgl. Anlage 13: Finanzberater Nürnberg). In Bezug auf Dienstleistungen der Klasse 35, die in Zusammenhang mit der Führung von Unternehmen stehen (Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Erstellen von Vertriebsstrukturen, betriebswirtschaftliche Beratung) kann durch die Begriffskombination eine Dienstleistung umschrieben werden, die eine Erstbetreuung bzw. -versorgung von Unternehmen im Sinne einer Starthilfe gewährleisten soll. Im Bereich der Unternehmensberatung wird der Begriff „Care“ auch bereits vielfach verwendet (vgl. Anlagen 9 - 12: „Finance Care Existenzgründerberatung“; „customer care“; „responsible care program“). Für die Dienstleistung „Werbung“ kann die Betreuung bei ersten Werbemaßnahmen im Sinne einer „Basiswerbung“, die beim Neustart eines Unternehmens erforderlich wird, bezeichnet werden. Im Hinblick auf die unter der Klasse 41 angemeldeten Dienstleistungen kann die angemeldete Marke den Inhalt bzw. das Thema entsprechender Veranstaltungen bezeichnen. d) Der Umstand, dass das beanspruchte Zeichen neben dem dargelegten Inhalt auch andere Deutungen zulassen könnte, vermag das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht zu überwinden. Das Eintragungshindernis besteht vielmehr schon dann, wenn nur eine von mehreren Deutungsmöglichkeiten einen beschreibenden Inhalt hat (EuGH GRUR 2004, 146 (Rd. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) Biomild); wobei die Annahme einer beschreibenden Sachangabe nicht voraussetzt, dass der Wortbegriff bereits feste begriffliche Konturen erlangt hat (BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15) - SPA II; vgl. BGH GRUR 2000, 882 f. - Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15) - SPA II). e) Auch der Umstand, dass eine tatsächliche beschreibende Verwendung der Wortkombination, außer durch die Anmelderin selbst, bislang nicht zu erkennen ist, steht dem Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht entgegen, da es sowohl nach der Formulierung der entsprechenden Norm im Markengesetz, als auch nach der rechtlichen Grundlage in Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c MarkenRL ausreicht, wenn die Angaben zur Beschreibung von Waren und Dienstleistungen „dienen können“ ohne dass bereits eine tatsächliche Verwendung erfolgt sein müsste (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor). Hiermit wird klargestellt, dass bereits die bloße Eignung einer Angabe oder eines Zeichens zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erfüllen kann (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 (Nr. 30) - Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 146 (Nr. 32) - Doublemint; EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 97) - Postkantoor; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 12) - SPA II). Hintergrund ist die Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der Freihaltung der jeweiligen Angabe im Hinblick auf deren mögliche künftige beschreibende Verwendung (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rd. 241). Zur Prüfung bedarf es einer realitätsbezogenen Prognose, die auch mögliche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt, welche eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lassen. Dies ist vorliegend ohne weiteres zu bejahen. Die bereits aktuell festzustellende häufige Verwendung ähnlicher Wortzusammensetzungen (siehe Anlagen 4 - 7; BPatG 33 W (pat) 381/01 - Care Complete; 33 W (pat) 144/05 - Basic Care; BPatG 33 W (pat) 46/08 - VWL Care), mit denen beispielsweise Merkmale von Vorsorgeleistungen gekennzeichnet werden, lässt erwarten, dass auch die konkrete Bezeichnung „Start Care“ zukünftig mit beschreibendem Sachbezug zur Kennzeichnung der Bestimmung der beanspruchten Dienstleistungen verwendet werden wird. Es ist daher zu erwarten, dass ein Bedarf besteht, auch die konkret begehrte Wortkombination zur prägnanten Beschreibung der betroffenen Dienstleistungen zu nutzen. 2. Zudem fehlt dem angemeldeten Wortzeichen im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen die Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. a) Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR Int. 2005, 135 (137 Nr. 29) Maglite; EuGH GRUR 2004, 428 (429 f. Nr. 30 f.) Henkel). Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2005, 1042 (1043 Nr. 23, 24) Thomson LIFE ; EuGH GRUR 2004, 943 (944 Nr. 23) SAT.2; BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 12) VISAGE ). Der Verbraucher kann erwarten, dass die Herstellung der mit der Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens erfolgt ist. Die Prüfung der Herkunftsfunktion hat streng und umfassend zu erfolgen, um die ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59); Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline). Soweit der BGH insoweit einen großzügigen Maßstab postuliert hat (BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 18) FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 417 (418) BerlinCard), hat er nunmehr klargestellt, dass gleichwohl - entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (EuGH GRUR 2004, 1027 (Nr. 45) DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; EuGH GRUR 2003, 604 (Nr. 59) Libertel; EuGH GRUR 2003, 58 (Nr. 20) Companyline) - eine strenge und umfassende Prüfung zu erfolgen hat (BGH GRUR 2009, 949 (Nr. 11) My World). b) Einer Wortmarke, die i. S. von Art. 3 I Buchstabe c MarkenRL (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) Merkmale von Waren oder Dienstleistungen beschreibt, fehlt zwangsläufig die Unterscheidungskraft in Bezug auf diese Waren oder Dienstleistungen (EuGH GRUR 2004, 674 (Nr. 86) Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 19) Biomild). Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH GRUR 2008, 710 (Nr. 16) VISAGE ; BGH GRUR 2006, 850 (Nr. 19) FUSSBALL WM 2006 m. w. N.). Bei der angemeldeten Wortkombination handelt es sich - wie unter Ziffer 1. dargelegt - um eine derartig beschreibende Angabe, die sich schon deshalb nicht zur Unterscheidung von Dienstleistungen nach ihrer Herkunft eignet. Die vom Senat vorgenommene Internetrecherche belegt die Gebräuchlichkeit des Zeichenbestandteils „Care“ und die übliche Verwendung sinngemäßer Wortkombinationen (siehe Anlagen aus der Internetrecherche des Senats) im Zusammenhang mit Dienstleistungen aus den hier begehrten Bereichen, weshalb davon auszugehen ist, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Wortkombination schon aus diesem Grund keinen Hinweis auf die Herkunft aus einem Unternehmen, sondern auf den Inhalt bzw. Bezug der angemeldeten Dienstleistungen entnehmen werden. c) Auch die von der Anmelderin hervorgehobene Mehrdeutigkeit der Einzelbestandteile der Marke genügt nicht für die Annahme einer Unterscheidungskraft, weil der Bedeutungsgehalt der angemeldeten Zeichen stets in Zusammenhang mit den angemeldeten Waren- und Dienstleistungen zu beurteilen ist. Dann aber ergibt sich für die hier angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres der oben dargelegte inhaltsbezogene Sinngehalt der Wortkombination. Entgegen der Ansicht der Anmelderin würden aber auch verschiedene Bedeutungen oder Interpretationsmöglichkeiten eines Zeichens nicht ohne weiteres für dessen Unterscheidungskraft sprechen. Nach der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung fehlt die Unterscheidungskraft vielmehr auch dann, wenn es zwar mehrere Deutungsmöglichkeiten gibt, von denen jedoch zumindest einer eine Aussage mit beschreibendem Charakter entnommen werden kann (vgl. zu Art. 3 I Buchstabe c: EuGH GRUR 2004, 680 (Nr. 38) Biomild; zu § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG: BGH GRUR 2005, 257 (258) - Bürogebäude; BGH GRUR 2008, 900 (Nr. 15, 16) - SPAR II; BGH GRUR 2009, 952 (Nr. 15) Deutschlandcard; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 8 Rd. 93, 144). 3. Soweit die Anmelderin auf Voreintragungen Bezug nimmt, ist darauf hinzuweisen, dass diese keine Bindungswirkung haben (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 (Nr. 18) - Bild.t.-Online.de m. w. N.; BGH GRUR 2008, 1093 (Nr. 8) - Marlene-Dietrich-Bildnis). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt zudem, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen. Schließlich existiert auch keine - der hier getroffenen Bewertung zuwiderlaufende - allgemeine Entscheidungspraxis, da auch andere Anmeldungen, die der hier beanspruchten Wortkombination in der Struktur ähneln, wegen absoluter Schutzhindernisse nicht eingetragen wurden (z. B.: 33 W (pat) 144/05 - Basic Care; BPatG 33 W (pat) 381/01 - Care Complete; BPatG 33 W (pat) 46/08 - VWL Care).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005955&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109005956
BPatG
München
30. Senat
20100325
30 W (pat) 113/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "DOC (Wort-Bild-Marke)" - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 31 537.1 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. März 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die farbige Wort-/Bildmarke (Pantone coated 348 CVC) Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen u. a. für die Waren und Dienstleistungen „Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate, künstliche Gliedmaßen, Augen und Zähne; orthopädische Artikel; chirurgisches Nahtmaterial; medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere“. Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Erstprüferbeschluss wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, „DOC“ stehe für „Arzt, Doktor, Mediziner“, das grüne Kreuzzeichen führe von dem beschreibenden Bedeutungsgehalt des Wortes „DOC“ nicht weg. Das grüne Kreuz werde als Hinweis auf den Bereich des Heilwesens und medizinische sowie pharmazeutische Produkte und Dienstleistungen aufgefasst. Die Gesamtkombination weise auf medizinische und pharmazeutische Waren und Dienstleistungen hin, die von einem Mediziner oder Arzt erbracht bzw. angeboten würden sowie auf solche Waren, die für die Verwendung durch einen Mediziner geeignet und bestimmt seien. Sämtliche verfahrensgegenständlichen Waren hätten einen Bezug zum Heilwesen und zum Medizin- und Gesundheitssektor oder dienten der Gesundheit. Auf die Erinnerung des Anmelders hat die Erinnerungsprüferin den Beschluss teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung auch hinsichtlich der Dienstleistungen „Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft“ zurückgewiesen worden war. Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht dargelegt, inwieweit sich das angemeldete Zeichen tatsächlich zur Beschreibung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen eigne. Der Bestandteil „DOC“ habe keinen beschreibenden Charakter. Das grüne Kreuz sei für ärztliche Leistungen in Deutschland nicht gebräuchlich, sondern allenfalls als Hinweis auf Apotheken bekannt. Im Übrigen verweist der Anmelder auf die Voreintragung „DOC Apotheke“. Der Anmelder beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 1. Oktober 2008 und vom 14. September 2009 aufzuheben soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden war. Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Absatz 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für diese angemeldeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. 1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH MarkenR 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl. EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor; BGH GRUR 2006, 850, 854 - FUSSBALL WM 2006). Bei einer Wort-/Bildmarke - wie sie im vorliegenden Fall gegeben ist - ist wie bei aus mehreren Elementen zusammengesetzten Marken bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen. Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 162, 163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1153 - antiKALK). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind, was die Wortbestandteile in kombinierten Wort-/Bildmarken betrifft, diese nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH a. a. O. - City Service). So kann auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft fehlen. Das ist insbesondere bei allgemein warenanpreisenden Ausdrücken oder Wortfolgen anzunehmen, bei denen - ohne eine warenbeschreibende Sachangabe zu sein - ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich - über eine Werbeaussage hinaus - um einen Herkunftshinweis handeln (vgl. BGH GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best). Hinsichtlich des Bildbestandteils einer Wort-/Bildmarke gilt sodann, dass der Marke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft der Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH a. a. O. - NEW MAN; a. a. O. - antiKALK), wobei an die Ausgestaltung aber um so größere Anforderungen zu stellen sind, je kennzeichnungsschwächer die fragliche Angabe ist (vgl. auch BPatG GRUR 1996, 410, 411 - Color COLLECTION). Erforderlich ist eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung im Gesamteindruck der Marke (vgl. auch EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1017 (Nr. 73, 74) - BioID). Dabei vermögen einfache geometrische Formen, bloße Verzierungen oder beschreibende Bildzeichen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, keine Unterscheidungskraft zu begründen (BGH a. a. O. - antiKALK). Bei der Prüfung ist nach der Rechtsprechung des BGH von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muss vielmehr gründlich und vollständig ausfallen (vgl. EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; a. a. O. - Postkantoor). 2. Nach diesen Grundsätzen erfüllt die angemeldete Wort-Bildmarke selbst diese geringen Anforderungen nicht. a) Der Markenbestandteil „DOC“ ist die umgangssprachliche Kurzform des englischen Wortes „doctor“ (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM), die als Ausdruck für „Arzt, Doktor“ auch in die deutsche Umgangssprache eingegangen ist (vgl. BPatG 25 W (pat) 101/01 - TELEDOC , 30 W (pat) 73/08 - doc-jur auf PAVIS PROMA CD-ROM). Sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen können medizinischen und ärztlichen Zwecken dienen bzw. in diesem Zusammenhang erbracht werden. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen werden die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung „DOC“ daher lediglich als werbeüblichen Sachhinweis darauf sehen, dass die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von einem Arzt angeboten oder erbracht werden bzw. im Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit verwendet werden oder hierfür bestimmt sein können, nicht hingegen als Marke. b) Die Schutzfähigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Bildbestandteil der angemeldeten Marke in Form eines grünen Kreuzes mit gleich langen Balken, da er lediglich den Wortbestandteil der angemeldeten Marke illustriert. Die farbige Darstellung eines Kreuzes mit gleich langen Balken ist bekannt als Symbol verschiedener Hilfsorganisationen wie z. B. Weißes Kreuz, Rotes Kreuz, Grünes Kreuz, Blaues Kreuz, Schwarzes Kreuz. Die Darstellung des grünen Kreuzes ist dem Verkehr zum einen in ähnlicher Form als internationales Apothekensymbol bekannt (vgl. „Die Apotheke“ unter wikipedia.de) und zudem als Symbol des seit 1950 in Deutschland eingetragenen gemeinnützigen Vereins „Deutsches Grünes Kreuz“ vertraut, dessen erklärte Ziele insbesondere die Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsaufklärung sind (vgl. www.dgk.de). Neben dem roten „Apotheken A“ des deutschen Apotheker Verbandes findet als international weit verbreitetes Symbol für die Apotheke in jüngster Zeit das grüne Kreuz auch in Deutschland zunehmend Verwendung (vgl. BPatG 30 W (pat) 46/08 - Kreuz-Apotheke auf PAVIS PROMA CD-ROM; „Die heutige Apotheke“ unter www. apoindex.de…). Diese Art der Kreuzdarstellung (in der Ausführung in umgekehrter Farbgebung: weißes Kreuz auf grünem Grund) ist dem Verkehr auch bekannt als Rettungszeichen für erste Hilfe (vgl. wikipedia.org/wiki/Rettungszeichen). Wegen der gebräuchlichen Verwendung des Kreuzsymbols in Medizin, Pharmazie und dem Gesundheitsbereich allgemein wird der Verkehr darin keinen betrieblichen Herkunftshinweis in Bezug auf damit gekennzeichnete Waren und Dienstleistungen sehen. c) Auch die Verbindung des für sich genommen schutzunfähigen Wort und Bildbestandteils in ihrer ganz konkreten Konstellation kann nicht die Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründen. Die Verbindung der einzelnen Gestaltungsmittel in der vorliegenden Form ist gebräuchlich und der Gesamteindruck der angemeldeten Marke geht nicht über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinaus, sondern erschöpft sich in deren bloßer Summenwirkung (vgl. EuGH - Postkantoor). Die Anordnung der Elemente ist keine eigentümliche Gestaltung, vielmehr bleiben beide Bestandteile deutlich erkennbar und bilden keine neue phantasievolle Einheit, so dass der Verkehr dieser konkreten Verbindungsweise keinen Herkunftshinweis entnehmen wird. Wie aus den dem Anmelder übersandten Belegen ersichtlich, ist es z. B. bei Rettungsorganisationen üblich, im Logo das bekannte Kreuzpiktogramm mit einem zusätzlichen Wortbestandteil z. B. „Ambulanz“ zu verbinden. Die angemeldete Kombination kann man daher entsprechend als Hinweis auf eine ärztliche Beteiligung verstehen, so bieten Krankentransportorganisationen z. B. den Intensivtransport mit Arzt an (vgl. Intensivtransporte Grünes Kreuz unter www. stadt.wien und www.grueneskreuz.at). Da Apotheken neben der üblichen Arzneimittelabgabe und -beratung auch medizinische Waren und medizinische Dienstleistungen anbieten wie Blutdruckmessung, Zucker und Cholesterintests (vgl. www.kreuz-apotheken.de/news…) erscheint auch ein Hinweis auf eine wie immer geartete Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker als möglich. Die in der Art eines Piktogramms gestaltete Wort/Bildmarke wird der Verkehr daher als Hinweis auf eine ärztliche oder medizinische Versorgung oder eine Apotheke mit ärztlicher Zusatzleistung oder den Gesundheitsbereich allgemein verstehen. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, kann es sich in Bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen um einen Sachhinweis auf Art, Eignung, Bestimmung und Verwendung handeln. 3. Der Anmelder kann sich zur Ausräumung der Schutzhindernisse auch nicht auf eine seiner Meinung nach abweichende Eintragungspraxis berufen. Denn  selbst aus Voreintragungen ähnlicher oder übereinstimmender Marken erwächst unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots (Art. 3 GG) grundsätzlich kein Eintragungsanspruch für spätere Markenanmeldungen, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 1997, 527, 528 - Autofelge; BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today; GRUR 2005, 578 - LOKMAUS ; GRUR 2008, 1093, 1095 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH a. a. O. - BioID; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 [Nr. 57] - American Clothing/HABM; BPatG PMZ 2007, 160 - Papaya; 25 W (pat) 65/08 - Linuxwerkstatt; 24 W (pat) 142/05 - Volksflat auf PAVIS PROMA CD-ROM). Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109005956&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006018
BPatG
München
10. Senat
20100128
10 W (pat) 30/08
Beschluss
§ 34 Abs 3 PatG, § 35 Abs 1 PatG, § 35 Abs 2 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren – "Festsetzung des Anmeldetags" – Mindesterfordernisse – zur Verschiebung aufgrund nachgereichter Zeichnungen
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung 10 2007 047 593.6 wegen Festsetzung des Anmeldetags hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Schülke, die Richterin Püschel und den Richter Eisenrauch beschlossen: Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle 32 - vom 18. April 2008 aufgehoben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I. Am 5. Oktober 2007 reichte die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt in englischer Sprache die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Motor Controller" ein, wobei diese - obwohl die Beschreibung eine Bezugnahme auf die Figuren 1 bis 3 enthält - keine Zeichnungen enthielt. Hierbei wurde die Priorität einer Voranmeldung aus Japan in Anspruch genommen. Im Vordruck "Antrag auf Erteilung des Patents" sind bei der Auflistung der Anlagen nur die Nummern 2 (Erfinderbenennung) und 7 (Abschrift der Voranmeldung) ausgefüllt, indem jeweils eine 1 eingetragen ist. Am linken Rand des Antrags ist bei der vorgedruckten Angabe "Anlagen 3.-6. jeweils 3-fach" - zu diesen Anlagen gehören die Zusammenfassung (Nr. 3), die Beschreibung (Nr. 4), die Patentansprüche (Nr. 5) und die Zeichnungen (Nr. 6) - die 3 handschriftlich durchgestrichen und durch eine 1 ersetzt. Am 18. Dezember 2007 reichte die Anmelderin die deutsche Übersetzung der Anmeldung einschließlich dreier in Deutsch beschrifteter Zeichnungen ein, außerdem die Abschrift der Voranmeldung mit Prioritätsbeleg. Das Patentamt wies die Anmelderin im Februar 2008 darauf hin, dass die Anmeldung eine Bezugnahme auf Zeichnungen enthalte, die der Anmeldung aber nicht beigefügt gewesen seien, und forderte sie auf, entweder die Zeichnungen nachzureichen oder zu erklären, dass jede Bezugnahme auf die Zeichnungen als nicht erfolgt gelten soll. Im März 2008 reichte die Anmelderin 2 Blatt Zeichnungen mit den Figuren 1 bis 3 ein. Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle 32 - hat daraufhin durch Beschluss vom 18. April 2008 festgestellt, dass der am 5. Oktober 2007 eingegangene Antrag auf Erteilung eines Patents keine rechtswirksame Patentanmeldung darstelle und erst mit Eingabe vom 18. Dezember 2007 rechtswirksame Patentanmeldeunterlagen eingegangen seien. Der 18. Dezember 2007 werde daher als rechtswirksames Anmeldedatum festgelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, dem am 5. Oktober 2007 eingegangenen Patenterteilungsantrag seien keine Figuren beigefügt gewesen, obschon in der Beschreibung auf Figuren Bezug genommen worden sei. Die Anmelderin sei mit Bescheid vom 25. Februar 2008 auf diesen Sachverhalt hingewiesen worden. Daraufhin seien Zeichnungen nachgereicht und somit sinngemäß bekundet worden, dass die Zeichnungen beigefügt werden sollen. Dabei sei unschädlich, dass die Anmelderin mit Schreiben vom 17. März 2008 neue Zeichnungen eingereicht habe, da die Zeichnungen (Figuren 1, 2 und 3) bereits der deutschen Übersetzung am 18. Dezember beigelegen haben. Der 18. Dezember 2007 sei daher als der rechtswirksame Anmeldetag festzulegen. Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde, mit der sie beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. April 2008 aufzuheben. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei überzeugt, dass der Anmeldung am 5. Oktober 2007 auch die englischsprachigen Zeichnungen beigefügt gewesen seien. Als Beleg verweise sie auf die amtliche Empfangsbescheinigung, versehen mit dem Stempel des Patentamts vom 5. Oktober 2007, in dem zu der vorliegenden Anmeldung unter "Eingereichte Unterlagen" folgendes aufgeführt sei: Anmeldeantrag, Erfinderbenennung, 1 Abschrift der Voranmeldung. Auf der Empfangsbescheinigung hätte es zwar statt "1 Abschrift der Voranmeldung" richtig "1 englischer Text der Voranmeldung" heißen müssen, die Benennung sei jedoch unerheblich, weil in beiden Fällen die Einreichung der jeweiligen Zeichnungen dazugehöre. Dies sei auch der Patentanwaltssekretärin Frau S… bekannt, die die Anmeldung vorbereitet und die Unterlagen zum Patentamt gegeben habe. Wenn sie in der Empfangsbescheinigung daher "1 Abschrift der Voranmeldung" erwähnt habe, seien daher auch die Zeichnungen beigefügt gewesen. In der beigefügten eidesstattlichen Versicherung gibt Frau S… an, die Angabe "1 Abschrift der Voranmeldung" habe nicht zutreffen können, weil die Kanzlei die Abschrift der Voranmeldung erst am 8. Oktober 2007 zusammen mit dem Original des Auftrags von den japanischen Patentanwälten erhalten habe. Mit "1 Abschrift der Voranmeldung" sei der englischsprachige Text der Anmeldung einschließlich der Zeichnungen gemeint gewesen. Nachdem ihr während ihrer Tätigkeit als Patentanwaltssekretärin nie der Fehler unterlaufen sei, dass eine Abschrift der Voranmeldung oder ein englischsprachiger Text der Voranmeldung ohne die erforderlichen Zeichnungen eingereicht worden sei, sei sie fest davon überzeugt, dass im vorliegenden Fall die Zeichnungen bei der Anmeldung am 5. Oktober 2007 mit eingereicht worden seien. Weiteres Beweisanzeichen für das Miteinreichen der Zeichnungen sei, dass die japanischen Vertreter regelmäßig zwei Kopien der Zeichnungen auf Chamois getöntem Papier (gelb-bräunliches Kopierpapier) schickten, in der Akte der Kanzlei sich jedoch nur ein Exemplar dieser beiden Chamois-farbigen Kopien befinde. Ferner sei das Aktenexemplar der englischsprachigen Zeichnungen bei dem englischen Text der Beschreibung mit abgeheftet. Nach rechtlichen Hinweisen des Gerichts trägt die Anmelderin weiter vor, das Patentamt habe in der Empfangsbescheinigung vom 5. Oktober 2007 eine Korrektur der formularmäßigen Anlagenbezeichnung, die sich auf die Anlagen 3.-6. beziehe, also auf die Zusammenfassung, die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen, von "3-fach" in "1-fach" von Hand vorgenommen. Diese handschriftliche Änderung der Anlagenbezeichnung bedeute aber, dass das Patentamt bestätigt habe, dass die Zusammenfassung, die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen einfach eingereicht, also jedenfalls eingereicht worden seien. Zudem prüfe der Vertreter der Anmelderin, Patentanwalt K…, immer persönlich die Vollständigkeit der einzureichenden Unterlagen. Im vorliegenden Fall habe er, der insoweit auch als Zeuge benannt werde, ebenfalls die Vollständigkeit überprüft und festgestellt, dass alle Unterlagen einschließlich der Zeichnungen zur Einreichung beim Patentamt vorbereitet und in der Unterschriftsmappe mit dem Antrag und den übrigen Unterlagen vorhanden gewesen seien. Diese Überprüfung sei ihm deshalb erinnerlich, weil er, als die Empfangsbescheinigung vom Patentamt am 10. Oktober 2007 eingegangen sei, den Fehler bemerkt habe, dass nur "1 Abschrift der Voranmeldung" angegeben gewesen sei, nicht jedoch die komplette Auflistung der Anlagen zu dem Erteilungsantrag. Er habe daher die beiden Sekretärinnen darauf aufmerksam gemacht, dass derartige Fehler nicht tolerierbar seien. Auf weiteren Hinweis des Gerichts trägt die Anmelderin vor, dass es aufgrund der eidesstattlichen Versicherung nachgewiesen sei, dass Frau Sch. die Zeichnungen bei der Anmeldung am 5. Oktober 2007 mit in den Umschlag für das Patentamt gegeben habe, und benennt sie und eine andere damalige damaligen Sekretärin hierfür als Zeugen. Zur mündlichen Verhandlung war als Zeugin Frau S… geladen, die ihr Ausbleiben rechtzeitig genügend entschuldigt hat. II. Die Beschwerde ist zulässig und insoweit begründet, als sie unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt führt, denn das Verfahren vor dem Patentamt leidet an einem wesentlichen Mangel, § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG. Da in der Sache somit keine Entscheidung ergeht, war es auch unschädlich, dass die Zeugin nicht vernommen werden konnte. 1. Das Patentamt hat durch den angefochtenen Beschluss den Anmeldetag festgesetzt und damit gesondert über den Anmeldetag entschieden, was nach ständiger Rechtsprechung unzulässig ist. Ein Patent kann nämlich nur so erteilt werden, wie es - gegebenenfalls hilfsweise - beantragt ist, wobei der Anmeldetag Teil und Inhalt des Erteilungsantrags ist. Beharrt ein Anmelder auf einem unrichtigen Anmeldetag, ist die Anmeldung insgesamt zurückzuweisen; für eine Vorabentscheidung feststellenden Inhalts allein über den Anmeldetag ist kein Raum (vgl. Senatsbeschluss BlPMZ 2008, 219 - Brennstoffe, m. w. N.; zuletzt Senatsbeschlüsse vom 26. Februar 2009, 10 W (pat) 37/06, und vom 14. April 2009, 10 W (pat) 36/08). Wenn daher das Patentamt einen Fall der Verschiebung des Anmeldetags der Patentanmeldung aufgrund nachgereichter Zeichnungen nach § 35 Abs. 2 Satz 3 PatG als gegeben ansieht, muss es dem Anmelder mitteilen, dass es beabsichtige, die Anmeldung mit dem späteren Zeitpunkt als Anmeldetag zu behandeln, sowie darauf hinweisen, dass, falls der Anmelder damit nicht einverstanden sei, die Anmeldung zurückgewiesen werde. Wenn daraufhin zwischen Anmelder und Patentamt Einigkeit besteht, ist die Patentanmeldung ohne weiteres mit diesem späteren Anmeldetag weiter zu behandeln. Wenn keine Einigkeit besteht, d.h. wenn die Erteilung des Patents mit einem Anmeldetag beantragt wird, den das Patentamt nicht zuerkennen kann, ist die Anmeldung zurückzuweisen. 2. Bei der Fortsetzung des Verfahrens wird das Patentamt folgendes zu beachten haben: Die Anmelderin hat am 5. Oktober 2007 rechtswirksam die Patentanmeldung eingereicht. Sie hat an diesem Tag die Mindesterfordernisse für die Zuerkennung eines Anmeldetags (Name des Anmelders, § 34 Abs. 3 Nr. 1 PatG; Antrag auf Erteilung des Patents, § 34 Abs. 3 Nr. 2 PatG, sowie Angaben, die dem Anschein nach als Beschreibung anzusehen sind, § 34 Abs. 3 Nr. 4 PatG) sichtlich erfüllt, zudem ist fristgerecht die deutsche Übersetzung eingereicht worden. Grundsätzlich gilt, dass ein einmal wirksam begründeter Anmeldetag nicht mehr verschoben werden kann. Einzige Ausnahme ist die Nachreichung von Zeichnungen gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 PatG. Die auf die Nachreichung von Zeichnungen gestützte Verschiebung des Anmeldetags setzt voraus, dass die Anmeldung eine Bezugnahme auf Zeichnungen enthält, die aber nicht beigefügt sind (§ 35 Abs. 1 Satz 2 PatG). Ausweislich der Amtsakte enthalten hier die am Anmeldetag eingereichten Unterlagen zwar eine Bezugnahme auf Zeichnungen, aber keine Zeichnungen, diese wurden erstmals am 18. Dezember 2007 eingereicht. Sofern nicht zur Überzeugung des Patentamts festgestellt werden kann, dass die Zeichnungen doch am 5. Oktober 2007 mit eingereicht gewesen waren, kann die Anmeldung, wenn die Zeichnungen berücksichtigt werden sollen, nur mit dem verschobenen Anmeldetag 18. Dezember 2007 weiterbehandelt werden. Das Patentamt hat insoweit zutreffend auch den erstmalig feststellbaren Eingangstag der Zeichnungen als maßgeblich angesehen, nicht erst den Eingangstag der Zeichnungen nach der Aufforderung des Patentamts. Soweit die Anmelderin geltend macht, die Miteinreichung der Zeichnungen am 5. Oktober 2007 ergebe sich aus der Empfangsbescheinigung des Patentamts, kann ihr nicht gefolgt werden. Diese erbringt zwar als öffentliche Urkunde gemäß § 415 Abs. 1 ZPO Beweis für den Eingangstag im Hinblick auf die in ihr aufgeführten Schriftstücke (vgl. Senatsbeschlüsse BPatGE 28, 109, 111; BlPMZ 2001, 153, 154), wobei dieser Beweis nur im Wege des Gegenbeweises ausgeräumt werden kann (§ 415 Abs. 2 ZPO). Im vorliegenden Fall sind aber in der Empfangsbescheinigung lediglich die Erfinderbenennung und eine Abschrift der Voranmeldung aufgeführt, nicht dagegen die einzelnen Bestandteile der Anmeldung (Zusammenfassung, Beschreibung, Patentansprüche und/oder Zeichnungen gemäß den Anlagen Nr. 3 bis 6). Der durch die Empfangsbescheinigung im Hinblick auf den Eingang einer Abschrift der Voranmeldung vermittelte Urkundenbeweis ist dadurch widerlegt, dass diese Abschrift nicht am 5. Oktober 2007, sondern tatsächlich erst am 18. Dezember 2007 zur Akte gereicht wurde, was auch von der Anmelderin nicht in Frage gestellt wird. Dass nach der eidesstattlichen Versicherung der Anwaltssekretärin Frau S… mit der Angabe "Abschrift der Voranmeldung" der englische Text der Anmeldung einschließlich der Zeichnungen gemeint gewesen war, vermag die fehlende Ausfüllung der für Zeichnungen einschlägigen Anlage 6 nicht zu ersetzen und ist kein hinreichender Beweis dafür, dass die Zeichnungen tatsächlich beigefügt waren. Der Urkundenbeweis kann jedenfalls insoweit nicht eingreifen. Auch die vom Patentamt vorgenommene handschriftliche Änderung der vorgedruckten Angabe "Anlagen 3.-6. jeweils 3-fach" in "1-fach" ist nicht geeignet, den Eingang der Zeichnungen am 5. Oktober 2007 nachzuweisen. In der Änderung kommt zwar zum Ausdruck, dass Unterlagen, die unter die Anlagen 3 bis 6 fallen (Zusammenfassung, Beschreibung, Patentansprüche und/oder Zeichnungen) in einfacher Stückzahl eingereicht worden sind, mangels Ausfüllung der entsprechenden Anlagenrubriken beinhaltet diese Änderung aber nicht zwingend, dass sämtliche Anlagen 3 bis 6 in einfacher Stückzahl vorgelegen haben. Es bleibt daher dabei, dass die Empfangsbescheinigung, da die Zeichnungen bei der Auflistung der Anlagen auf dem Antragsvordruck nicht explizit erwähnt sind, keinen Beweis für den Eingang der Zeichnungen zu erbringen vermag. Auch im Übrigen hat die Anmelderin bislang keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Zeichnungen am 5. Oktober 2007 zusammen mit dem englischen Text der Anmeldungsunterlagen dem Patentamt zugeleitet wurden. Bei der Schilderung, wie in der Kanzlei ihrer inländischen Vertreter seitens der Anwaltssekretärin Frau S… üblicherweise mit den Anmeldungsunterlagen umgegangen wird, oder der Angabe, dass eine der beiden seitens der japanischen Vertreter der Anmelderin zur Verfügung gestellten Zeichnungskopien bei den inländischen Vertretern nicht mehr vorhanden sei, handelt es sich, selbst wenn man die Richtigkeit dieses Vortrags unterstellt, doch nur um Indizien, durch die der Nachweis der Einreichung der Zeichnungen im vorliegenden konkreten Einzelfall nicht geführt werden kann. Entsprechendes gilt für den weiteren Vortrag, wonach die Anmeldungsunterlagen dem Vertreter, Patentanwalt K…, vor Einreichung beim Patentamt in einer Unterschriftenmappe vorgelegen haben. Etwas anderes könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn die damals tätigen Anwaltssekretärinnen, wie von der Anmelderin im Schriftsatz vom 4. Dezember 2009 vorgetragen, als Zeugen bestätigten, dass die Zeichnungen für die Anmeldung am 5. Oktober 2007 mit in den Umschlag für das Patentamt gegeben worden sind. Denn wenn dies zutrifft und die Sendung unbeschädigt war, ist kein anderer Geschehensablauf denkbar, als dass die Zeichnungen erst nach dem Eingang der Sendung beim Patentamt verlustig gegangen sind, also mit eingegangen waren. Da das Patentgericht aus den eingangs genannten Gründen an einer Sachentscheidung gehindert ist, war die Sache an das Patentamt zurückzuverweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006018&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006019
BPatG
München
10. Senat
20100415
10 W (pat) 33/08
Beschluss
§ 123 Abs 1 S 1 PatG, § 17 Abs 1 PatG
DEU
Patentbeschwerdeverfahren - Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Jahresgebühr – Mangel an Geld – Möglichkeit der Anfechtung des zurückweisenden Verfahrenskostenhilfebeschlusses - Hemmung des Fristablauf – geringfügige Überschreitung gesetzlicher Zahlungsfrist
In der Beschwerdesache … betreffend die Patentanmeldung... (wegen Wiedereinsetzung) hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 15. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Schülke, die Richterin Püschel und den Richter Lehner beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Der Antragsteller hat am 17. Dezember 2003 eine Erfindung mit der Bezeichnung „...“ beim Deutschen Patent- und Markenamt zum Patent angemeldet. Die Anmeldung wird dort unter dem Az. 103 59 429.9 geführt. Mit Schreiben vom 13. Juni 2006 hat der Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für die 3. und 4. Jahresgebühr beantragt. Der Antrag wurde mit dem Antragsteller am 4. Juni 2007 zugestelltem Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 17. April 2007 zurückgewiesen. Mit Schreiben vom 25. Januar 2008 hat das Deutsche Patent- und Markenamt dem Antragsteller mitgeteilt, dass die Patentanmeldung wegen Nichtzahlung der 4. Jahresgebühr einschließlich eines Verspätungszuschlags von 50,- € als zurückgenommen gelte. Am 1. Februar 2008 entrichtete der Antragsteller die 4. Jahresgebühr in Höhe von 70,- €, am 3. März 2008 den Verspätungszuschlag von 50,- €. Unter dem 4. Februar 2008 hat der Antragsteller Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Mit Beschluss vom 5. Juni 2008 (die dem Antragsteller übermittelte Beschlussabschrift war fälschlicherweise auf „5.2.2008“ datiert) hat das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle 31 - nach vorausgegangenem Zwischenbescheid den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Antragsteller habe die Fristen für die Einzahlung der 3. und 4. Jahresgebühr versäumt. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht geltend gemacht. Hiergegen wendet sich der Antragsteller und beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle 31 vom 5. Juni 2008 aufzuheben und den Antragsteller auf dem Wege der Wiedereinsetzung in die Jahresgebührenzahlung wieder einzusetzen. Zur Begründung verweist der Antragsteller auf fehlende finanzielle Mittel, die zur Verzögerung der geleisteten Zahlungen geführt hätten. Ein Verspätungszuschlag für die rechtzeitig bezahlte 3. Jahresgebühr sei ohnehin nicht angefallen. Das Fristversäumnis von einem Tag für die Zahlung der 4. Jahresgebühr sei so gering, dass es eine Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags nicht rechtfertige. Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 habe das Deutsche Patent- und Markenamt überdies zu erkennen gegeben, dass die Zahlung vom 1. Februar 2008 als noch rechtzeitig erachtet werde. Da der Verspätungszuschlag von 50,- € für die 4. Jahresgebühr unverzüglich einbezahlt worden sei, könne der angegriffene Bescheid auch deshalb keinen Bestand haben. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen. II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung des Patentamts, die beantragte Wiedereinsetzung zu versagen, ist frei von Rechtsfehlern. Die hiergegen vom Antragsteller erhobenen Einwände verhelfen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg. 1. Der Antragsteller hat die Frist zur Zahlung der nach § 17 Abs. 1 PatG zu entrichtenden 4. Jahresgebühr versäumt. Mit der Stellung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe vom 13. Juni 2006 war gemäß § 134 PatG der Beginn der Frist zur Zahlung der an sich zum 31. Dezember 2006 fällig werdenden 4. Jahresgebühr (§ 3 Abs. 2 Satz 1 PatKostG) bis zum Ablauf eines Monats nach Ergehen der den Verfahrenskostenhilfeantrag zurückweisenden, dem Antragsteller am 4. Juni 2007 zugestellten Entscheidung des Patentamts vom 17. April 2007 gehemmt, mithin bis 4. Juli 2007 (vgl. § 134 PatG). Ablauf der zuschlagfreien Frist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG) war am 30. September 2007, Ablauf der Zahlungsfrist mit Verspätungszuschlag (§ 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG) am 31. Januar 2008. Die 4. Jahresgebühr ist am 1. Februar 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen, der Verspätungszuschlag am 3. März 2008. Es liegt somit ein Fristversäumnis im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG vor. 2. Der Wiedereinsetzungsantrag ist zulässig. Nachdem er bereits am 4. Februar 2008, wenige Tage nach Ablauf der Zahlungsfrist für die 4. Jahresgebühr, gestellt wurde, ist insbesondere auch die Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG gewahrt. Der Wiedereinsetzungsantrag ist allerdings unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG kann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Antragsteller glaubhaft darlegt, dass er ohne Verschulden verhindert war, eine Frist einzuhalten, deren Versäumnis nach den gesetzlichen Vorschriften einen Rechtsnachteil - hier: die Patentanmeldung gilt als zurückgenommen gemäß § 58 Abs. 3 PatG - zur Folge hat. An der Darlegung eines mangelnden Verschuldens des Antragstellers am Fristversäumnis fehlt es im Streitfall. Ohne Erfolg beruft sich der Anmelder auf finanzielle Schwierigkeiten, die zur Verzögerung der Einzahlung geführt hätten. Der Mangel an Geld ist für sich genommen nicht geeignet, ein Verschulden des Anmelders an der Fristversäumung auszuschließen (vgl. Senat , Beschluss vom 7. Februar 2000, 10 W (pat) 85/99; Schulte PatG, 8. Aufl. 2008, § 123 Rn. 118; Busse /Keukenschrijver , PatG, 6. Aufl. 2003, § 123 Rn. 40). Der Antragsteller hat zudem weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, sich im Hinblick auf die rechtzeitige Bezahlung der verfahrensgegenständlichen 4. Jahresgebühr anderweitig bemüht zu haben. Überdies wäre ihm unbenommen gewesen, den zurückweisenden Verfahrenskostenhilfebeschluss des Patentamts vom 17. April 2007 mit der Beschwerde anzufechten und damit - zumindest - eine weitere Hemmung des Fristablaufs der Fälligkeit der 4. Jahresgebühr herbeizuführen. Der Antragsteller kann auch nicht damit gehört werden, die Zahlungsfrist nur um einen Tag überschritten zu haben. Auch eine geringe Überschreitung der gesetzlichen Fristen führt zu einem Fristversäumnis. Ein Anmelder hat in eigener Verantwortung für den rechtzeitigen Eingang der Jahresgebühr beim Patentamt Sorge zu tragen. Das Vorbringen, die Frist nur um einen Tag versäumt zu haben, ist ohne Hinzutreten weiterer rechtfertigender Umstände nicht geeignet, ein fehlendes Verschulden am Fristversäumnis zu begründen. Dies gilt hier umso mehr, als erst mit Zahlung des Verspätungszuschlags am 3. März 2008 die am 31. Januar 2008 spätestens zu entrichtende 4. Jahresgebühr vollständig getilgt war. Die Aufforderung des Patentamts im an den Anmelder gerichteten Schreiben vom 22. Februar 2008, den Verspätungszuschlag für die 4. Jahresgebühr zu bezahlen, rechtfertigt ebenfalls keine Wiedereinsetzung. Soweit der Antragsteller das Schreiben dahingehend fehlerhaft interpretiert haben sollte, dass für den Fall einer unverzüglichen Bezahlung des noch ausstehenden Verspätungszuschlags der Begründetheit des Wiedereinsetzungsantrags keine Hindernisse entgegenstünden, fehlt es hierfür angesichts des eindeutigen Wortlauts des Schreibens, in dem auf die Möglichkeit einer zurückweisenden Wiedereinsetzungsentscheidung trotz Entrichtung des Verspätungszuschlags hingewiesen wird, an einer tatsächlichen Grundlage. Abgesehen davon war am 22. Februar 2008 die Zahlungsfrist für die 4. Jahresgebühr bereits abgelaufen, ein etwaiger (Rechts-) Irrtum des Antragstellers daher auch nicht mehr ursächlich für das mit Ablauf des 31. Januar 2008 eingetretene Fristversäumnis. Schließlich ist eine Wiedereinsetzung auch nicht aufgrund der fehlerhaften Mitteilung des Patentamts vom 25. Januar 2008, wegen Nichtzahlung der 4. Jahresgebühr gelte die Patentanmeldung als zurückgenommen (nachdem - wie vorstehend ausgeführt - die Zahlungsfrist erst mit Ablauf des 31. Januar 2008 geendet hat), veranlasst. Zum einen hat sich nämlich der Antragsteller nicht darauf berufen, aufgrund der Mitteilung des Patentamts vom 25. Januar 2008 irrtümlich von einem vorzeitigen Ablauf der Zahlungsfrist für die 4. Jahresgebühr ausgegangen und deshalb an einer noch rechtzeitigen Zahlung bis 31. Januar 2008 gehindert gewesen zu sein. Zum anderen ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass der Antragsteller das Schreiben vom 25. Januar 2008 vor dem 1. Februar 2008 zur Kenntnis genommen habe. Bei dieser Sachlage fehlt es insoweit an der Darlegung und Glaubhaftmachung eines für das Fristversäumnis kausalen Wiedereinsetzungsgrundes (vgl. Schulte a. a. O., § 123 Rn. 37). Ob dem Wiedereinsetzungsantrag auch die nicht rechtzeitige vollständige Tilgung der 3. Jahresgebühr entgegenstünde, kann bei dieser Sachlage offen bleiben. Lediglich der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass die 3. Jahresgebühr nebst Verspätungszuschlag letztmöglich am 21. Juli 2007 zu entrichten war. Insoweit ist auf die zutreffenden Ausführungen des Patentamts im an den Antragsteller gerichteten Zwischenbescheid vom 28. April 2008 zu verweisen. Demgegenüber erfolgte die Einzahlung des Verspätungszuschlags erst am 9. Juli 2008 und war mithin verspätet.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006019&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006023
BPatG
München
2. Senat
20100408
2 Ni 26/08 (EU)
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent 1 004 249 (DE 699 00 838) hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. April 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl, der Richterin Werner sowie der Richter Dipl.-Ing. Univ. Gerald Rothe, Dr. -Ing. Jochen Baumgart und Dipl.-Ing. Univ. Hans Fetterroll für Recht erkannt: I. Das Europäische Patent 1 004 249 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist Inhaberin des am 17. November 1999 angemeldeten europäischen Patents 1 004 249 (Streitpatent), das in der Verfahrenssprache Englisch mit der Bezeichnung „Device for the practical use of working gloves of quick fitting and removal type“ erteilt worden ist. Das Streitpatent nimmt die Priorität der italienischen Patentanmeldung MI980760 vom 24. November 1998 in Anspruch und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 699 00 838 geführt. Das Streitpatent umfasst 11 Ansprüche. Hauptanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt: „1. Device for the practical use of working gloves (210) of the type fairly lose-fitting to enable the hand to be inserted and withdrawn easily, comprising at least one glove (210), each glove (210) comprising a rigid annular element (212; 212 A) enabling the mouth of the glove (210) to be maintained open, and means (219, 220) to retain firmly the glove (210) to a plate (220) with a force to enable insertion and withdrawn of the glove (210) from a hand, characterized in that: by suitably choosing the dimensions of the annular element (212; 212 A) and the mouth of the glove (210), the annular element (212; 212 A) is forcibly insertable into the mouth of the glove (210) so that the latter remains fixed to the annular element (212; 212 A), without moving even when the hand is inserted or withdrawn, the annular element (212) being formed at least partly of ferromagnetic material; the means (219, 220) for retaining the glove (219) during its fitting and removal comprises at least one magnet (219).” Zum Wortlaut der auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 11 wird Bezug genommen auf die Streitpatentschrift. Patentanspruch 1 hat in der deutschen Übersetzung gemäß der Druckschrift DE 699 00 838 T2 folgenden Wortlaut: „1. Eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen (210) der völlig lose sitzenden Art, zum Ermöglichen eines einfachen Einführens und Herausziehens der Hand, mit wenigstens einem Handschuh (210), wobei jeder Handschuh (210) ein steifes ringförmiges Element (212; 212a) aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs (210) offen zu halten, und Mitteln (219, 220) zum festen Halten des Handschuhs (210) an einer Platte (220) mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs (210) von einer Hand zu ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass: durch geeignete Auswahl der Abmessungen des ringförmigen Elements (212; 212a) und der Öffnung des Handschuhs (210), das ringförmige Element (212; 212a) unter Krafteinwirkung in die Öffnung des Handschuhs (210) einsetzbar ist, so dass letzterer an dem ringförmigen Element (212; 212a) befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand eingeführt oder herausgezogen wird, wobei das ringförmige Element (212) wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist; wobei die Mittel (219, 220) zum Halten des Handschuhs (210) während seines Anziehens und Ausziehens wenigstens einen Magneten (219) aufweisen.“ Zum Wortlaut der auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 11 wird Bezug genommen auf die vorgenannte Druckschrift DE 699 00 838 T2. Die Klägerin macht geltend, dass sich der Gegenstand des Streitpatents in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik ergebe und beruft sich dazu auf die folgenden Druckschriften: (D1) WO 98/17133 A1 (D2) US 4 228 935 A (D3) US 4 868 927 A (D4) DE 1 894 706 U (D5) DE 1 683 123 U (D6) DE 1 039 937 B Im Prüfungsverfahren waren noch folgende Druckschriften in Betracht gezogen worden: (P1) US 5 806 099 A (P2) US 4 845 781 A (P3) US 2 741 410 A Die Klägerin stellt den Antrag, das Europäische Patent EP 1 004 249 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise beantragt sie, dem Streitpatent eine der Fassungen des Hilfsantrags 1 gemäß Schriftsatz vom 1. April 2010 bzw. der Hilfsanträge 2 bis 4, überreicht in der mündlichen Verhandlung, zu geben. Diese Hilfsanträge lauten: Hilfsantrag 1 (gemäß Schriftsatz vom 1. April 2010): „1. Eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen (210) der völlig lose sitzenden Art zum Handhaben von Nahrungsmitteln, zum Ermöglichen eines einfachen Einführens und Herausziehens der Hand, mit wenigstens einem Handschuh (210), wobei jeder Handschuh (210) einen eigentlichen Handschuh (211) und ein steifes ringförmiges Element (212; 212a) aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs (210) offen zu halten, und Mitteln (219, 220) zum festen Halten des Handschuhs (210) an einer Platte (220) mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs (210) von einer Hand zu ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass: das ringförmige Element (212) auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs (211) angeordnet ist, durch geeignete Auswahl der Abmessungen des ringförmigen Elements (212; 212a) und der Öffnung des Handschuhs (210), das ringförmige Element (212; 212a) unter Krafteinwirkung in die Öffnung des Handschuhs (210) einsetzbar ist, so dass letzterer an dem ringförmigen Element (212; 212a) befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, wobei das ringförmige Element (212) wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist; wobei die Mittel (219, 220) zum Halten des Handschuhs (210) während seines Anziehens und Ausziehens wenigstens einen Magneten (219) aufweisen.“ Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 nach Hilfsantrag 1 wird auf die entsprechende Anlage zum Schriftsatz vom 1. April 2010 Bezug genommen. Hilfsantrag 2 (eingereicht in der mündlichen Verhandlung): „1. Eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen (210) der völlig lose sitzenden Art zum Handhaben von Nahrungsmitteln, zum Ermöglichen eines einfachen Einführens und Herausziehens der Hand, mit wenigstens einem Handschuh (210), wobei jeder Handschuh (210) einen eigentlichen Handschuh (211) und ein steifes ringförmiges Element (212; 212a) aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs (210) offen zu halten, und Mitteln (219, 220) zum festen Halten des Handschuhs (210) an einer Platte (220) mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs (210) von einer Hand zu ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass: der eigentliche Handschuh (211) an dem ringförmigen Element (212) angebracht ist, und durch geeignete Auswahl der Abmessungen des ringförmigen Elements (212; 212a) und der Öffnung des Handschuhs (210), das ringförmige Element (212; 212a) unter Krafteinwirkung in die Öffnung des eigentlichen Handschuhs (211) einsetzbar ist, so dass das ringförmige Element (212) auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs (211) anliegt, wodurch letzterer an dem ringförmigen Element (212; 212a) befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, wobei das ringförmige Element (212) wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist; wobei die Mittel (219, 220) zum Halten des Handschuhs (210) während seines Anziehens und Ausziehens wenigstens einen Magneten (219) aufweisen.“ Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 nach Hilfsantrag 2 wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 8. April 2010 Bezug genommen. Hilfsantrag 3 (aus der mündlichen Verhandlung): „1. Eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen (210) der völlig lose sitzenden Art zum Handhaben von Nahrungsmitteln, zum Ermöglichen eines einfachen Einführens und Herausziehens der Hand, mit wenigstens einem Handschuh (210), wobei jeder Handschuh (210) einen eigentlichen Handschuh (211) und ein steifes ringförmiges Element (212; 212a) aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs (210) offen zu halten, und Mitteln (219, 220) zum festen Halten des Handschuhs (210) an einer Platte (220) mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs (210) von einer Hand zu ermöglichen , dadurch gekennzeichnet, dass: der eigentliche Handschuh (211) an dem ringförmigen Element (212) angebracht ist, und der eigentliche Handschuh (211) aus einer flexiblen Folie besteht; durch geeignete Auswahl der Abmessungen des ringförmigen Elements (212; 212a) und der Öffnung des Handschuhs (210), das ringförmige Element (212; 212a) unter Krafteinwirkung in die Öffnung des eigentlichen Handschuhs (211) einsetzbar ist, so dass letzterer an dem ringförmigen Element (212; 212a) befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, wobei das ringförmige Element (212) wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist; wobei die Mittel (219, 220) zum Halten des Handschuhs (210) während seines Anziehens und Ausziehens wenigstens einen Magneten (219) aufweisen und das ringförmige Element (212) in die Öffnung des Handschuhs (210) eingesetzt wird, um dann seine originalen Abmessungen wiederzuerlangen und auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs (211) anzuliegen, wodurch es in einer Stellung innerhalb des Handschuhs gesichert verbleibt.“ Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 nach Hilfsantrag 3 wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 8. April 2010 Bezug genommen. Hilfsantrag 4 (aus der mündlichen Verhandlung): „1. Eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen (210) der völlig lose sitzenden Art zum Handhaben von Nahrungsmitteln, zum Ermöglichen eines einfachen Einführens und Herausziehens der Hand, mit wenigstens einem Handschuh (210), wobei jeder Handschuh (210) einen eigentlichen Handschuh (211) und ein steifes ringförmiges Element (212; 212a) aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs (210) offen zu halten, und Mitteln (219, 220) zum festen Halten des Handschuhs (210) an einer Platte (220) mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs (210) von einer Hand zu ermöglichen , dadurch gekennzeichnet, dass: das ringförmige Element (212) auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs (211) angeordnet ist, durch geeignete Auswahl der Abmessungen des ringförmigen Elements (212; 212a) und der Öffnung des Handschuhs (210), das ringförmige Element (212; 212a) unter Krafteinwirkung in die Öffnung des Handschuhs (210) einsetzbar ist, so dass letzterer an dem ringförmigen Element (212; 212a) befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, wobei das ringförmige Element (212) wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist; wobei die Mittel (219, 220) zum Halten des Handschuhs (210) während seines Anziehens und Ausziehens wenigstens einen Magneten (219) aufweisen und das ringförmige Element (212a) offen ist und eine ausreichende Biegsamkeit besitzt, um zu ermöglichen, dass seine Größe durch Einwirkung der Hände verringert wird, um es zu ermöglichen, dass es einfacher in die Öffnung des Handschuhs (210) einsetzbar ist. Wegen des Wortlauts der sämtlich auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 nach Hilfsantrag 4 wird auf die entsprechende Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 8. April 2010 Bezug genommen. Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig. Nach Auffassung der Klägerin sind auch die nach allen Hilfsanträgen beanspruchten Gegenstände nicht patentfähig. Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Die zulässige Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist auch begründet. I. 1) Das Streitpatent betrifft Arbeitshandschuhe, die beispielsweise zum Handhaben von Nahrungsmitteln oder einfach zum Sauberhalten der Hände verwendet werden, und insbesondere Handschuhe, die völlig lose sitzen, um ein einfaches Einführen und Herausziehen der Hand zu ermöglichen (Absatz [0001] der Beschreibung der Streitpatentschrift). Im Einzelhandel mit Nahrungsmitteln berühren die Verkäufer die Waren häufig mit den Händen, ohne die maßgebenden Hygienevorschriften zu beachten. In diesen Fällen berührt der Verkäufer häufig nicht nur die Ware, sondern auch Geld und andere unsaubere Gegenstände. Die Aufgabe, Nahrungsmittel hygienisch einwandfrei zu handhaben, ist daher weit verbreitet. Bekannt sind bereits eng anliegende Handschuhe vom Typ der Operationshandschuhe. Diese Handschuhe können jedoch nur schwer an- und ausgezogen werden (Absatz [0004] der Streitpatentschrift). Weiter offenbart die WO 98/17133 A1 (D1) eine Vorrichtung zum Anziehen von Handschuhen mit Hilfe eines Ringelements zum Offenhalten der Handschuhöffnung und mit einem mit diesem Ringelement zusammenwirkenden weiteren Mittel, mit dem der Handschuh während des An- und Ausziehens am Ort gehalten wird. Diese Lösung ist aber technisch aufwendig und teuer (Absatz [0005] der Streitpatentschrift). 2) Ausgehend von diesem Stand der Technik besteht die Aufgabe der streitpatentgemäßen Weiterbildung gemäß Streitpatentschrift darin, „eine einfache und kostengünstige Vorrichtung zum einfachen und schnellen Anziehen und Ausziehen von Arbeitshandschuhen einer völlig lose sitzenden Art zu schaffen, um ein einfaches Einführen und Herausziehen der Hand zu ermöglichen“. (Absatz [0005] vorletzter Satz der Streitpatentschrift, Seite 2 erster Absatz der deutschen Übersetzung) 3) Diese Aufgabe soll mit den Gegenständen der erteilten Ansprüche 1 bis 11, hilfsweise mit den Gegenständen der Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 gelöst werden. Dementsprechend beschreibt der erteilte Anspruch 1 eine Vorrichtung mit den Merkmalen gemäß folgender Merkmalsgliederung, der die deutsche Übersetzung aus der Übersetzung der europäischen Patentschrift (DE 699 00 838 T2) zugrunde liegt: a1. Eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen a. der völlig lose sitzenden Art, zum Ermöglichen eines einfachen Einführens und Herausziehens der Hand, b. mit wenigstens einem Handschuh, c. wobei jeder Handschuh ein steifes ringförmiges Element aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs offen zu halten, d. und Mitteln zum festen Halten des Handschuhs an einer Platte mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs von einer Hand zu ermöglichen, dadurch gekennzeichnet, dass e. durch geeignete Auswahl der Abmessungen des ringförmigen Elements und der Öffnung des Handschuhs, das ringförmige Element unter Krafteinwirkung in die Öffnung des Handschuhs einsetzbar ist, f. so dass letzterer an dem ringförmigen Element befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, g. wobei das ringförmige Element wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist; h. wobei die Mittel zum Halten des Handschuhs während seines Anziehens und Ausziehens wenigstens einen Magneten aufweisen. 4) Maßgeblicher Fachmann für das Auffinden einer solchen Lehre ist ein Handschuhmeister mit langjähriger Erfahrung in Konstruktion und Herstellung von Arbeitshandschuhen. II. Zur erteilten Fassung des Streitpatents Die Vorrichtung nach dem erteilten Anspruch 1 ist zwar neu, sie ist dem Fachmann jedoch durch die Zusammenschau der Druckschriften DE 1 894 706 U (D4) und US 4 868 927 A (D3) i. V. m. seinem Fachwissen nahe gelegt. Aus dem dem Streitgegenstand nach Anspruch 1 am nächsten kommenden Stand der Technik gemäß D4 ist dem Fachmann ein Handschuh zur hygienischen Bedienung mit Aufhängevorrichtung bekannt (Anspruch 1), wobei der Handschuh nach Anspruch 3 mittels eines Magneten unterhalb einer Glasplatte angebracht werden soll. Diese Aufhängevorrichtung ist somit eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Arbeitshandschuhen ( Merkmal a1 ). Der Auffassung der Patentinhaberin, dass der Handschuh gemäß D4 kein Handschuh der völlig lose sitzenden Art sei, weil im vorletzten Absatz der Seite 1 angegeben sei, dass das Stulpenteil und auch die Fingerteile des Handschuhs elastisch seien, kann nicht gefolgt werden. Im 2. Absatz der Seite 2 der D4 ist beschrieben, dass der Handschuh vor dem Geldwechseln mittels des Magneten, der unterhalb der querliegenden Glasplatte angebracht ist, ohne Zuhilfenahme der anderen Hand ausgezogen wird. Ohne Zuhilfenahme der anderen Hand kann ein Handschuh mit einer solchen Vorrichtung jedoch nur ausgezogen werden, wenn es sich um einen Handschuh der "völlig lose sitzenden Art" (vgl. Merkmal a) handelt, der somit auch leicht an- und ausgezogen werden kann. Dass zu dieser Vorrichtung auch ein Handschuh gehört, ist bereits aus den Figuren zu ersehen. Demnach sind auch die Merkmale a und b aus dieser Druckschrift bekannt. Nach Anspruch 3 der Druckschrift D4 soll der Handschuh mittels eines Magneten unterhalb einer Glasplatte angebracht werden. Wie bereits zu den vorangehenden Merkmalen ausgeführt, dient das offensichtlich dem leichten An- und Ausziehen. Somit ist der Magnet gemäß D4 zusammen mit dem auf dem Handschuhrücken aufgeklebten oder eingelassenen Blech (Anspruch 2) ein Mittel zum festen Halten des Handschuhs an einer Platte mit einer Kraft, um das Anziehen und Ausziehen des Handschuhs von einer Hand zu ermöglichen, und das Mittel zum Halten des Handschuhs während des An- und Ausziehens weist wenigstens einen Magneten auf ( Merkmale d und h ). Bei der Suche nach einer aufgabengemäß einfachen und kostengünstigen Vorrichtung, die zum einfachen und schnellen An- und Ausziehen von Arbeitshandschuhen ein einfaches Einführen und Herausziehen der Hand ermöglicht, wird der Fachmann die Druckschrift D3 in Betracht ziehen. Die Patentinhaberin hat hierzu eingewendet, dass es sich bei dem Handschuh nach D3 um einen Skihandschuh handele und der Fachmann somit einen solchen Handschuh zur Lösung einer Aufgabe, die Arbeitshandschuhe betreffe, nicht heranziehen würde. Dieser Einwand konnte den Senat nicht überzeugen. Nach Sp. 1, Z. 6 - 8 der D3 betrifft diese Druckschrift Kleidungsstücke, die an die Hand angepasst sind, wie Handschuhe, Fäustlinge oder ähnliches und insbesondere Sporthandschuhe. Da sich diese Schrift somit mit Handschuhen allgemein und nur insbesondere mit Sporthandschuhen befasst und überdies das einfache Einführen der Hand als Problemstellung genannt ist, ist dieser Stand der Technik ebenfalls zur Lösung der genannten Aufgabe relevant. Sp. 1, Z. 43 - 53 der D3 beschreibt, dass es schwierig ist mit der Hand in die Öffnung eines Handschuhs zu gelangen. Zur Lösung dieses Problems dient dort ein elastisches ringförmiges Element ("elastic element having substantially circular curvature") (vgl. Sp. 4, Z. 47 - 49), welches nach S. 4, Z. 66 - Sp. 5, Z. 6 einen maximalen Durchmesser für die Öffnung des Handschuhs bereitstellt. Somit offenbart D3 eine Vorrichtung zur praktischen Benutzung von Handschuhen, wobei jeder Handschuh ein steifes ringförmiges Element aufweist, das es ermöglicht, die Öffnung des Handschuhs offen zu halten ( Merkmal c) . Da das elastische Element gemäß D3 eine einfache und kostengünstige Vorrichtung zum einfachen und schnellen Anziehen und Ausziehen von Handschuhen darstellt und ein einfaches Einführen und Herausziehen der Hand ermöglicht, ist es für den Fachmann naheliegend, das elastische Element auf den Handschuh nach D4 zu übertragen, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden. Um beim Einsetzen des elastischen Elements in die Öffnung des Handschuhs gemäß D4 das Offenhalten der Handschuhöffnung zu gewährleisten, muss das elastische ringförmige Element zusammengedrückt, also zwangsweise in die Öffnung des Handschuhs eingefügt werden. Wäre das elastische Element in seiner Abmessung so gewählt, dass es im entspannten Zustand einen kleineren Durchmesser hätte als die Handschuhöffnung, würde es herausfallen und seine Funktion nicht erfüllen. Somit ist es für den Fachmann selbstverständlich, die Abmessungen des ringförmigen Elements und der Öffnung des Handschuhs geeignet zu wählen. Aus diesem Grund kann auch das Merkmal e die erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Die Elastizität des Handschuhmaterials nach D4 (vgl. S. 2, vorletzter Abs.) bewirkt nach dem Einsetzen des ringförmigen Elements in den Handschuh eine Gegenkraft auf das elastische ringförmige Element, wodurch bedingt durch Reibungskräfte das ringförmigen Element zwangsläufig am Handschuh befestigt bleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird ( Merkmal f) . Auch das verbleibende Merkmal g , wonach das ringförmige Element wenigstens zum Teil aus einem ferromagnetischen Material ausgestaltet ist, vermag die erfinderische Tätigkeit nicht zu begründen. Dass das bogenförmige Element auch aus Metall sein kann, ist bereits aus D3 , Sp. 9, Z. 28 - 29, bekannt. Wenn nun der Fachmann ein flexibles Element aus Metall wählt, wird er, ohne erfinderisch tätig zu werden, für das flexible Element ein ferromagnetisches Material auswählen, da er auf diese Weise das auf dem Handschuhrücken befestigte Blechstück und den Fertigungsaufwand zum Anbringen des Blechstücks einsparen kann. In diesem Fall kann nämlich das flexible Element aus ferromagnetischem Material sowohl die Funktion des Offenhaltens übernehmen als auch das Zusammenwirken mit dem magnetischen Mittel zum Zurückhalten des Handschuhs gewährleisten. Somit gelangt der Fachmann in naheliegender Weise durch die Zusammenschau der Lehren aus D4 und D3 und durch sein Fachwissen zum Gegenstand des angegriffenen Anspruch 1 des Streitpatents, weshalb der Anspruch 1 des Streitpatents für nichtig zu erklären war. Die Unteransprüche 2 bis 11 waren ebenfalls für nichtig zu erklären, da - abgesehen von der Verteidigung in den gestellten Hilfsanträgen - weder geltend gemacht wurde noch ersichtlich ist, dass die in ihnen enthaltenen Merkmale dem Gegenstand des Anspruchs 1 etwas hinzufügen, was eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte. Zum Hilfsantrag 1 1) Gegenstand des Hilfsantrags 1 Der mit der Eingabe vom 1. April 2010 eingereichte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag zunächst durch folgendes zusätzliche Merkmal: e2. das ringförmiges Element auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs angeordnet ist. Weiterhin ist im Merkmal a ergänzt worden, dass der Handschuh der völlig lose sitzenden Art zum Handhaben von Nahrungsmitteln dient und im Merkmal c ist eingefügt worden, dass jeder Handschuh einen eigentlichen Handschuh und ein steifes ringförmiges Element aufweist (Ergänzungen in Fettdruck). Die Ansprüche 1 - 11 nach Hilfsantrag 1 sind zulässig. Der Anspruch 1 ist durch Merkmale aus der Beschreibung beschränkt worden, und die übrigen Ansprüche nach dem Hilfsantrag entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 11, so dass weder der Gegenstand noch der Schutzbereich des Streitpatents in unzulässiger Weise erweitert werden. Die Beklagte hat die beschränkten Fassungen der Patentansprüche nach Hilfsanträgen 1 bis 4 in deutscher Sprache eingereicht. Der Zulässigkeit eines solchen Verfahrens steht im deutschen Nichtigkeitsverfahren nicht entgegen, daß Anmeldung und Ursprungsoffenbarung auf Englisch erfolgt sind und das Streitpatent in der Verfahrenssprache Englisch erteilt worden ist ( st. Rspr., u. a. BGHZ 118, 221, 222 f - Linsenschleifmaschine; BGHZ 133, 79, 81 Bogensegment; BGH Mit.t 2002, 16 Filtereinheit; BGHZ 147, 306, 314 - Taxol). Denn Deutsch ist wie Englisch Amts- und Verfahrenssprache des Europäischen Patentamts, Art 14 Abs. 1 und 3 EPÜ. Für die Prüfung der deutschsprachigen Patentansprüche nach Hilfsanträgen 1 bis 4 auf eine etwaige unzulässige Erweiterung ihres Gegenstandes gegenüber der Ursprungsoffenbarung und auf eine etwaige unzulässige Erweiterung ihres Schutzbereichs gegenüber dem Schutzbereich des erteilten Patents bleiben die englische Ursprungsoffenbarung und der englische Text der erteilten Ansprüche gemäß Streitpatentschrift maßgebend, Art. 70 Abs. 1 EPÜ. 2) Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist neu. Jedoch ist dem Fachmann durch die Zusammenschau der Druckschriften D4 und D3 nicht nur die Vorrichtung nach dem erteilten Anspruch 1 nahe gelegt, wie oben ausgeführt, sondern auch die durch die oben angeführten Merkmale in beschränktem Umfang verteidigte Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1. Aus der Zusammenschau der Druckschriften D4 und D3 ist bereits bekannt, einen Handschuh zur hygienischen Bedienung zu verwenden ( D4 , Anspruch 1) und für den eigentlichen Handschuh und das elastische ringförmige Element zwei getrennte Teile vorzusehen ( D3 , Sp. 6, Z. 30 - 37 i. V. m. Fig. 1). Demnach können auch die beschränkenden Einfügungen in den Merkmalen a und c , wonach der Handschuh zum Handhaben von Nahrungsmitteln dient und jeder Handschuh einen eigentlichen Handschuh und ein steifes ringförmiges Element aufweist, die erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Wenn der Fachmann in naheliegender Weise zum Offenhalten des Handschuhs gemäß D4 das aus D3 bekannte elastische ringförmige Element verwendet, wie zum Anspruch 1 des Hauptantrags erläutert, dann wird er das elastische Element auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs anordnen, ohne erfinderisch tätig zu werden ( Merkmal e2 ). Einerseits ist es nämlich entgegen der Auffassung der Patentinhaberin bereits aus D3 bekannt, derartige Elemente auf der Innenseite eines Handschuhs anzubringen. Dort ist das elastische Element innerhalb eines Saumes angebracht, wobei der Saum die Innenseite des Handschuhs überdeckt, auf welche das elastische Element einwirkt. Andererseits wäre es sehr viel aufwendiger, zum Offenhalten des Handschuhs das elastische Element statt auf der Innenseite auf der Außenseite des Handschuhs anzubringen, weil in diesem Fall zusätzliche Einrichtungen (z. B. Schlaufen) vorgesehen werden müssten, um das Offenhalten der Handschuhöffnung zu gewährleisten. Zum Hilfsantrag 2 1) Gegenstand des Hilfsantrags 2 Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zunächst durch folgendes ergänztes Merkmal: e1. der eigentlichen Handschuh an dem ringförmigen Element angebracht ist, und Weiterhin ist Merkmal e2 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 in das Merkmal f eingefügt worden, das nun lautet: so dass das ringförmiges Element auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs anliegt, wodurch letzterer an dem ringförmigen Element befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, Außerdem ist im Merkmal e ergänzt worden, dass das ringförmige Element unter Krafteinwirkung in die Öffnung des eigentlichen Handschuhs einsetzbar ist (Ergänzungen in Fettdruck). Die Ansprüche 1 - 11 nach Hilfsantrag 2 sind zulässig. Der Anspruch 1 ist durch Merkmale aus der Beschreibung beschränkt worden und die übrigen Ansprüche nach dem Hilfsantrag entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 11. Auch hier sind weder der Gegenstand bzw. der Schutzbereich des Patentgegenstands erweitert worden. 2) Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist neu, jedoch beruht auch die in beschränktem Umfang verteidigte Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Das Merkmal e1 beschreibt, dass der eigentliche Handschuh an dem ringförmigen Element angebracht ist. Im vorliegenden Fall ist dies für den Fachmann gleichbedeutend mit dem Anbringen des ringförmigen Elements am eigentlichen Handschuh. Wie bereits zum Merkmal e2 des Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 ausgeführt, ist es nahe liegend, das elastische Element auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs anzuordnen und somit am eigentlichen Handschuh anzubringen. Demnach vermag auch dieses Merkmal die erfinderische Tätigkeit nicht zu stützen. Da, wie bereits zum Merkmal f des Hauptantrags ausgeführt, der Handschuh gemäß D4 elastisch ist, bleibt das ringförmigen Element bedingt durch Reibungskräfte zwangsläufig am Handschuh befestigt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird. Somit ergibt sich das beschränkte Merkmal f, wonach, das ringförmiges Element auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs anliegt, wodurch letzterer an dem ringförmigen Element befestigt verbleibt, ohne sich zu bewegen, selbst wenn die Hand hineingeführt oder herausgezogen wird, zwangsläufig. Die Einfügung von „eigentlich“ im Merkmal e bedeutet, dass das ringförmige Element und der Handschuh getrennte Teile sind. Zum Naheliegen des Merkmals e ist zum Hauptantrag bereits ausgeführt worden, dass zum Einsetzen des elastischen Elements in die Öffnung des Handschuhs gemäß D4 das elastische ringförmige Element zwangsweise in die Öffnung des Handschuhs eingefügt wird. Somit ist bereits bei dieser Argumentation davon ausgegangen worden, dass der Handschuh und das elastische ringförmige Element zwei getrennte Teile sind, weshalb auch das beschränkte Merkmal e naheliegt. Zum Hilfsantrag 3 1) Gegenstand des Hilfsantrags 3 Der in der Verhandlung überreichte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hauptantrag zunächst durch folgende ergänzte Merkmale: e1. der eigentlichen Handschuh an dem ringförmigen Element angebracht ist, und e3. der eigentlichen Handschuh aus einer flexiblen Folie besteht i. und das ringförmige Element in die Öffnung des Handschuhs eingesetzt wird, um dann seine originalen Abmessungen wiederzuerlangen und auf der Innenseite des eigentlichen Handschuhs anzuliegen, wodurch es in einer Stellung innerhalb des Handschuhs gesichert verbleibt. Weiterhin ist im Merkmal a ergänzt worden, dass der Handschuh der völlig lose sitzenden Art zum Handhaben von Nahrungsmitteln dient, im Merkmal c ist eingefügt worden, dass jeder Handschuh einen eigentlichen Handschuh und ein steifes ringförmiges Element aufweist, und im Merkmal e, dass das ringförmige Element unter Krafteinwirkung in die Öffnung des eigentlichen Handschuhs einsetzbar ist (Ergänzungen in Fettdruck). Die Ansprüche 1 - 11 nach Hilfsantrag 3 sind zulässig. Der Anspruch 1 ist durch Merkmale aus der Beschreibung beschränkt worden und die übrigen Ansprüche nach dem Hilfsantrag entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 11. Eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstands oder seines Schutzbereichs liegt nicht vor. 2) Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 ist neu, jedoch beruht auch die in beschränktem Umfang verteidigte Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Merkmal e1 und zu den ergänzten Merkmalen a, c und e wird auf die Ausführungen zu den Hilfsanträgen 1 und 2 verwiesen. Einen Hygienehandschuh aus einer flexiblen Folie herzustellen, stellt für den Fachmann lediglich eine Auswahl aus ihm bekannten Werkstoffen für Arbeitshandschuhe dar und kann somit nicht als erfinderisch angesehen werden ( Merkmal e3 ). Wie bereits zum Merkmal e beim Hauptantrag erläutert, muss, um das Offenhalten der Handschuhöffnung zu gewährleisten, beim Einsetzen in die Öffnung des Handschuhs das elastische ringförmige Element zusammengedrückt werden. Nach dem Entspannen des elastischen Elements liegt dies zwangsläufig auf der Innenseite des Handschuhs an. Ob das elastische Element hierbei unter Vorspannung bleibt oder wieder seine originalen Abmessungen erlangt, hängt von den Abmessungen der Öffnung und des elastischen Elements sowie der Elastizität des Handschuhmaterials ab. Diese Zusammenhänge sind dem genannten Fachmann jedoch bewusst, so dass er diese Einflussgrößen so wählen wird, dass das elastische Element die Funktion des Offenhaltens erfüllen kann, ohne dabei aus dem Handschuh zu fallen oder das Material des Handschuhs zu beschädigen. Dies wird, wie der Fachmann zweifellos erkennt, auch dann der Fall sein, wenn das elastische Element im entspannten Zustand seine originalen Abmessungen erlangt, aber noch in Kontakt mit der Innenfläche des Handschuhs steht und durch Reibungskräfte gehalten wird. Demnach ist die Auswahl eines elastischen Elements, welches nach Wiedererlangen seiner originalen Abmessungen noch im Handschuh gesichert verbleibt, lediglich fachmännisch und nicht erfinderisch ( Merkmal i ). Somit beruhen weder die zusätzlichen Merkmale e1, e3 und i noch die beschränkten Merkmal a, c und e für sich noch - mangels einer überraschenden Wirkung - in ihrer Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Hilfsantrag 4 1) Gegenstand des Hilfsantrags 4 Der in der Verhandlung überreichte Anspruch 1 nach Hilfsantrag 4 unterscheidet sich vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 durch folgendes ergänztes Merkmal: j. und das ringförmige Element offen ist und eine ausreichende Biegsamkeit besitzt, um zu ermöglichen, dass seine Größe durch Einwirkung der Hände verringert wird, um es zu ermöglichen, dass es einfacher in die Öffnung des Handschuhs einsetzbar ist. Die Ansprüche 1 - 10 nach Hilfsantrag 4 sind zulässig. Der Anspruch 1 ist durch Merkmale aus der Beschreibung und dem erteilten Anspruch 2 beschränkt worden. Die übrigen Ansprüche nach dem Hilfsantrag entsprechen den erteilten Ansprüchen 3 bis 11, angepasst lediglich durch Änderungen der Nummerierung und der Rückbezüge. Auch hier besteht kein Anhaltspunkt für eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstands oder seines Schutzbereichs. 2) Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit Die Vorrichtung nach dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist neu, jedoch beruht auch die in beschränktem Umfang verteidigte Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Wie bereits zum Merkmal e beim Hauptantrag ausgeführt, muss, um das Offenhalten der Handschuhöffnung zu gewährleisten, beim Einsetzen des elastischen Elements in die Öffnung des Handschuhs das elastische ringförmige Element zusammengedrückt werden. Somit geht der Fachmann davon aus, dass das elastische Element eine ausreichende Biegsamkeit besitzen muss, um zu ermöglichen, dass seine Größe durch Einwirkung der Hände verringert wird, um es zu ermöglichen, dass es einfacher in die Öffnung des Handschuhs einsetzbar ist. Dass ein solchen ringförmiges Element offen ist, ist bereits aus D3 , Sp. 4, Z. 47 - 49 bekannt, wo ein elastisches ringförmiges Element, welches zwei freie Enden aufweist ("elastic element having substantially circular curvature and comprising two free ends ") beschrieben wird. Somit beruht auch das Merkmal j weder für sich noch - mangels einer überraschenden Wirkung - in seiner Verbindung mit den übrigen Merkmalen des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zu den Unteransprüchen aller Hilfsanträge Da die Gegenstände der jeweiligen Unteransprüche nicht als eigenständig erfinderisch verteidigt wurden und in ihnen auch nichts erkennbar ist, was eine erfinderische Tätigkeit begründen könnte, fallen sie mit den jeweiligen Ansprüchen 1 der Hilfsanträge 1 bis 4. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006023&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006024
BPatG
München
3. Senat
20100518
3 ZA (pat) 1/09
Beschluss
§ 91 Abs 1 S 1 ZPO, § 84 Abs 2 S 2 PatG
DEU
Patentnichtigkeitsklageverfahren – Kostenfestsetzung – zur Erstattungsfähigkeit – mitwirkender Rechtsanwalt – im Vorgriff eingeholtes Privatgutachten
In der Patentnichtigkeitssache … … betreffend das europäische Patent … (DE …) hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Richters Engels als Vorsitzenden und der Richterinnen Dr. Proksch-Ledig und Prietzel-Funk in der Sitzung am 18. Mai 2010 beschlossen: 1. Die Erinnerung der Klägerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 28. Oktober 2008 wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
I. Mit Urteil des 3. Senats des Bundespatentgerichts vom 30. Oktober 2007 wurden der Beklagten 1 und 2 u. a. die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Streitwert für das Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurde auf 500.000 € festgesetzt. Die Klägerin hat Kostenfestsetzung beantragt, die Beklagten 1) und 2) haben dem Festsetzungsantrag teilweise widersprochen. Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2008, der Klägerin zugestellt am 1. Dezember 2008, sind u. a. als nicht erstattungsfähig festgesetzt worden die im Kostenantrag der Klägerin vom 21. November2007 mit 7.510 € veranschlagten Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts sowie die mit 23.205 € in Ansatz gebrachten Kosten eines Privatgutachtens. Gegen beide Absetzungen richtet sich die mit Schriftsatz vom 11. Dezember2008, am 15. Dezember2008 eingegangene Erinnerung der Klägerin mit der Begründung, dass entgegen der Annahme in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss die Einholung des Privatgutachtens notwendig gewesen sei. Dies werde schon dadurch belegt, dass der Senat sich tatsächlich auf dieses Gutachten gestützt habe und die Einholung im Hinblick auf die Risiken der Beweislast auch bei einer ex ante Betrachtung einer sorgfältigen Prozessführung entsprochen habe, zumal die Klägerin auch der zweiten Instanz ausgesetzt sei, in der regelmäßig Fachgutachten eingeholt würden. Auch die Kosten für den mitwirkenden Rechtsanwalt seien erstattungsfähig, da eine analoge Anwendung von §143 Abs. 3 PatG nicht ausgeschlossen sei und die Notwendigkeit nicht mit einem derart strengen Maßstab im komplexen Nichtigkeitsverfahren betrachtet werden dürfe. Die Beklagten stellen die Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens und Erforderlichkeit einer Doppelvertretung in einem Nichtigkeitsverfahren, welches nicht im Zusammenhang mit einem Patentverletzungsverfahren gestanden habe, in Abrede. Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. II. Die gemäß § 23 Abs. 2 RPflG i. V. m. § 104 Abs. 3 ZPO, § 84 Abs. 2 PatG zulässige Erinnerung, die auch zulässigerweise auf einen Teil des Kostenfestsetzungsbeschlusses, nämlich die Verfahrens- und Terminsgebühr für den mitwirkenden Rechtsanwalt sowie auf die Kosten für die Erstattung eines Privatgutachtens, beschränkt ist, ist unbegründet. 1. Die in Ansatz gebrachten Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts waren hier nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Rechtsgrundlage für die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines mitwirkenden Rechtsanwalts im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Patentgericht ist - anzuwenden über die Verweisungsnorm des § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG - § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und nicht die analoge Heranziehung des § 143 Abs. 3. PatG, der die Kosten eines neben dem Rechtsanwalt im Patentstreitverfahren mitwirkenden Patentanwalts regelt. Der Senat behält insofern seine Rechtsprechung bei (vgl. bereits BPatGE 51, 62 = Mitt. 2008, 570 - Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts), dass eine solche analoge Heranziehung mangels Vorliegens einer planwidrigen gesetzlichen Regelungslücke nicht mehr in Betracht kommt. Diese Rechtsansicht wird auch von den anderen Nichtigkeitssenaten geteilt (vgl zuletzt BPatG Beschl. v. 31. März 2010 - 10 ZA (pat) 5/08 zu 10 Ni 8/07 (EU) - m. w. N.). Maßgeblich für die Erstattungsfähigkeit von Doppelvertretungskosten ist allein § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten hat, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Insoweit kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dies kann regelmäßig bejaht werden, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig ist und es wegen der Verzahnung beider Verfahren einer Abstimmung im Hinblick auf den Angriff und die Verteidigung des Patents im Nichtigkeitsverfahren bedarf oder wenn eine erschöpfende Beteiligung des Rechtsstreits zwischen den Parteien insoweit mittels eines Vergleichs im Nichtigkeitsverfahren erzielt werden kann. In diesen Fällen, welche einer typisierenden ex ante Betrachtung zu unterwerfen sind (vgl Senat BPatGE 51, 62 - Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts), ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dies gilt ebenso in den Fällen, in denen das Patentnichtigkeitsverfahren besondere über den Regelfall hinausgehende besondere rechtliche Fragestellungen aufwirft oder eine vergleichbare Sachlage vorliegt, die aus der Sicht der Parteien auch eine Mitwirkung eines Rechtsanwalts für das Nichtigkeitsverfahren als erforderlich erscheinen ließ. Vorliegend behauptet die Klägerin jedoch selbst keinen derartigen oder vergleichbaren Sachverhalt, sondern stützt sich auf allgemeine Erwägungen eines nicht zu restriktiv anzuwendenden Verständnisses notwendiger Kostenerstattung auch im Nichtigkeitsverfahren. Dies reicht jedoch nicht aus. Auch der Hinweis auf eine im Raum stehende Zeugenvernehmung vermag schon dem Grunde nach nicht vom Gegenteil zu überzeugen, zumal nach der konkreten Prozesssituation in tatsächlicher Hinsicht der angebotene Zeugenbeweis im Hinblick auf die unbestrittene Beweistatsache zu keinem Zeitpunkt als entscheidungserheblich erscheinen konnte und von den Parteien die unter Beweis gestellte Tatsache auch im gesamten Verfahren nicht umstritten war. Für eine Erstattungsfähigkeit der Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts ist deshalb kein Raum, zumal das Verfahren auch in rechtlicher Hinsicht keine besonderen juristischen Fragen aufgeworfen hat. 2. Auch die Kosten für die Einholung des Privatgutachtens sind vorliegend nicht erstattungsfähig. In dem angefochtenen Beschluss wird insoweit zutreffend auf die Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 11. Februar 2008 3 ZA (pat) 102/07 zu 3 Ni 44/00 (EU)) verwiesen, in dem der Senat bereits ausgeführt hat, dass die Kosten für ein im Vorgriff eingeholtes Privatgutachten allenfalls ausnahmsweise als notwendige Kosten i. S. v. §91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig sein können, zumal - worauf auch im angegriffenen Beschluss hingewiesen wird - insoweit strenge Maßstäbe anzulegen sind und insbesondere die Beauftragung eines Privatgutachters im Vorgriff einer Untersuchung durch das Gericht in der Regel nicht geboten ist, zumal die Klägerin durch einen fachkundigen Patentanwalt vertreten war. Zutreffend ist auch bereits im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen worden, dass für die Beurteilung der Notwendigkeit auf die ex-ante Betrachtung abzustellen ist, so dass auch eine tatsächliche Einbeziehung des Gutachtens nicht ohne weiteres die klägerische Annahme rechtfertigt. Vorliegend kommt hinzu, dass in tatsächlicher Hinsicht dieses Gutachten auch keine entscheidungserhebliche Bedeutung im Verfahren besaß, wie die Urteilsbegründung und das insoweit beiläufige einmalige Zitat im Hinblick auf die auch in der Streitpatentschrift beschriebene Depotwirkung belegt. Hieran ändert auch eine als qualifiziertes Parteivorbringen zu wertende Befragung des Gutachters nichts. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO, wonach der Erinnerungsführerin die Kosten des Erinnerungsverfahrens aufzuerlegen sind. Der Wert des Erinnerungsverfahrens wird entsprechend der Höhe der geltend gemachten Kosten mit 30.715 € festgesetzt.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006024&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006025
BPatG
München
3. Senat
20100309
3 Ni 42/08
Urteil
§ 1 PatG, § 14 PatG
DEU
Patentnichtigkeitsverfahren - "Abdeckung für Spargelfelder" – zur Bedeutung von Zweckangaben
In der Patentnichtigkeitssache … … betreffend das deutsche Patent 195 49 739 hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2010 unter Mitwirkung des Richters Engels als Vorsitzenden und des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster sowie der Richterinnen Dr. Schuster, Prietzel-Funk und Dipl.-Chem. Dr. Münzberg für Recht erkannt: I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 11. Januar 1995 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 21. Dezember 2006 erteilten deutschen Patents DE 195 49 739. Das Patent ist aus einer Teilung der Stammanmeldung DE 195 00 635 hervorgegangen. Das Streitpatent betrifft eine „Abdeckung für Spargelfelder“ und umfasst 12 Patentansprüche. Die unabhängigen, nicht rückbezogenen Patentansprüche 1 und 9 des Streitpatents DE 195 49 739 lauten: „1. Abdeckung für Spargelfelder, bestehend aus einer Folienbahn zum Auflegen auf der Krone und den Seitenflächen eines Spargeldamms und gegebenenfalls auf Teilbereichen der beiderseitigen Dammfurchen, wobei die Folienbahn entlang ihrer beiden Längsränder auf sich selbst umgefaltet ist, wobei der umgefaltete Bereich (6) mit dem Hauptteil (4) der Folienbahn mindestens punktweise durch Verschweißen oder Verkleben verbunden ist, wobei Längsverbindungen (8), die in Längsrichtung der Folienbahn verlaufen, zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) der Folienbahn als Schweiß- oder Klebenähte ausgebildet sind, und wobei Querverbindungen (9) zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) der Folienbahn quer zur Längsrichtung der Folienbahn ausgebildet sind, so dass sich in Längsrichtung aufeinanderfolgende Taschen ergeben, dadurch gekennzeichnet, dass die Längsverbindungen (8) nahe dem freien Rand (7) des umgefalteten Bereiches (6) verlaufen und die Querverbindungen (9) ausgehend von der Längsverbindung (8) in einem Abstand (B) vor dem Umfaltrand (5) enden, wobei der Abstand (B) mindestens 1 cm und höchstens 4 cm beträgt. 9. Abdeckung für Spargelfelder, bestehend aus einer Folienbahn zum Auflegen auf der Krone und den Seitenflächen eines Spargeldamms und ggf. auf Teilbereichen der beiderseitigen Dammfurchen, wobei die Folienbahn entlang ihrer beiden Längsränder auf sich selbst umgefaltet ist, wobei der umgefaltete Bereich (6) mit dem Hauptteil (4) der Folienbahn durch Verschweißen oder Verkleben verbunden ist und wobei mindestens punktweise Verbindungen (8) zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) zu der Folienbahn in Längsrichtung der Folienbahn ausgebildet sind, dadurch gekennzeichnet, dass punktweise ausgebildete Verbindungen (9) zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) der Folienbahn quer zur Längsrichtung der Folienbahn ausgebildet sind, so dass sich in Längsrichtung aufeinanderfolgende Taschen ergeben, dass die in Längsrichtung verlaufenden Verbindungen (8) nahe dem freien Rand (7) des umgefalteten Bereiches (6) verlaufen und die Verbindungen (9) quer zur Längsrichtung ausgehend von der Längsverbindung (8) in einem Abstand (B) vor dem Umfaltrand (5) enden, wobei der Abstand (B) mindestens 1 cm und höchstens 4 cm beträgt.“ Die Klägerin, welche das Streitpatent hinsichtlich der Patentansprüche 1 bis 3 und 9 bis 12 angreift, macht geltend, dass diese nicht patentfähig seien, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. März 2010 hat sie die Klage ferner auf den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung gestützt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die in den Patentansprüchen 1 und 9 enthaltenen Merkmale - wonach die Querverbindung ausgehend von der Längsverbindung in einem Abstand B von mindestens 1 cm und höchstens 4 cm endet - in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nur im Zusammenhang mit solchen Längsverbindungen offenbart seien, die sich beidseitig von einer Stelle A nahe dem Außenrand des umgefalteten Bereichs aus in Längsrichtung der Folie fortlaufend und damit bogenförmig dem Umfaltrand näherten. Da in den erteilten Patentansprüchen 1 und 9 die Längsverbindungen jedoch nicht auf solche mit einem bogenförmigen Verlauf begrenzt seien, sondern darin in generalisierter Weise angegeben würden, stelle die Kombination dieser Merkmale mit derart verallgemeinerten Längsverbindungen eine unzulässige Erweiterung gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen dar. Ferner würde die in den rückbezogenen Patentansprüchen 3 und 11 angegebene Definition der Querverbindungen (vgl. Patentanspruch 3) bzw. Längsverbindungen (vgl. Patentanspruch 11) als Schweiß- oder Klebenähte dazu führen, dass die im übergeordneten Patentanspruch 1 bzw. 9 genannten Verbindungen im umgefalteten Bereich nicht auf Schweiß- oder Klebenähte begrenzt seien, sondern diese auch in Form z. B. von Nieten oder Schlaufen ausgestaltet sein könnten, wofür sich in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen jedoch keine Offenbarung finde. Als ursprünglich nicht offenbart sei auch die im Patentanspruch 9 genannte punktweise Ausgestaltung der Querverbindungen anzusehen. Der Patentanspruch 12 gehe durch seinen Rückbezug auf die Patentansprüche 1 und 9 nicht nur wie ursprünglich offenbart von bogenförmigen Längsverbindungen aus wie in Figur 2 der Anmeldungsunterlagen gezeigt, sondern von Längsverbindungen allgemeiner Art, die somit auch linear verlaufen könnten. Würden solche linearen Längsverbindungen entsprechend den Merkmalen des Patentanspruchs 12 durch dazwischen liegende verbindungslose Abschnitte in aufeinanderfolgende Verbindungsabschnitte unterteilt, entstünden daraus quasi „rechteckige“ Taschen. Derartige Beschwerungstaschen seien den ursprünglichen Unterlagen allerdings nicht zu entnehmen. Darin würden, wie in Figur 2 gezeigt, lediglich Taschen mit einem bogenförmigen Verlauf offenbart. Aus diesem Grund stelle auch der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 12 eine unzulässige Erweiterung dar. Zur Stützung ihres Vorbringens verweist die Klägerin auf folgende Entgegenhaltungen und Dokumente: NK1 DE 195 00 635 C2 (Stammpatent) NK2 Beschluss des BPatG vom 22. November 2002 in der Einspruchssache betreffend das Patent DE 195 00 635 NK3 DE 295 00 393 (vom Stammpatent abgezweigtes Gebrauchsmuster des Beklagten) NK4 Beschluss des BPatG vom 26. Februar 2003 in der Beschwerdesache betreffend das Gebrauchsmuster DE 295 00 393 NK6 Deutsche Übersetzung des spanischen Gebrauchsmusters ES 93 00 990 NK7 Deutsche Übersetzung des spanischen Gebrauchsmusters ES 92 00 933 NK9 DE 73 12 231 Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 195 49 739 im Umfang der Ansprüche 1 bis 3 und 9 bis 12 für nichtig zu erklären. Der Beklagte beantragt, die Nichtigkeitsklage abzuweisen. Er verteidigt das Streitpatent in unverändertem Umfang. Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2010 erklärten Klageerweiterung stimmt der Beklagte nicht zu, da aus seiner Sicht das Verfahren bereits weit fortgeschritten sei und die Klageerweiterung zu einer Verzögerung führe. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie des Wortlauts der weiteren Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Die auf Nichtigerklärung des Streitpatents gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzuweisen, auch wenn aufgrund der als sachdienlich zugelassenen Erweiterung der Klage gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 263 ZPO die von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung in die nach §§ 81, 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 PatG gebotene Sachprüfung der von der Klägerin vorgebrachten Nichtigkeitsgründe einzubeziehen war. I. 1. Das Streitpatent betrifft Abdeckungen für Spargelfelder (vgl. Streitpatent, Abs. [0001]). Derartige Abdeckungen werden randseitig, z. B. durch Aufwerfen von Sand, beschwert, um ein Wegfliegen der Abdeckungen bei Wind zu verhindern. Zum Ernten des Spargels muss die Abdeckung allerdings zurückgeschlagen und damit auch die Beschwerung wieder entfernt werden. Da sich die Spargelernte über mehrere Wochen hinzieht, ist es erforderlich, dass die Abdeckung nach jedem Erntevorgang erneut auf den Spargeldamm aufgelegt und beschwert wird, was jedoch arbeitsintensiv und zeitaufwendig ist. Im Stand der Technik sind zwar Spargelabdeckungen mit einem von einem Zugseil durchzogenen Saum an der Längsseite der Folie bekannt, allerdings gestaltet sich auch bei diesen Folien das Einbringen des Zugseils in das Innere des Saums schwierig und arbeitsaufwendig. Auch andere im Stand der Technik bekannte Abdeckungen erweisen sich für den Spargelanbau als nachteilig, da sie entweder zu schwer sind und sich daher für ein wiederholtes Auf- und Abdecken von Spargeldämmen nicht eignen oder deren Ränder so konzipiert sind, dass diese ins Erdreich eingegraben werden müssen, was ein einfaches und leichtes Anheben und Auflegen der Folie ebenfalls unmöglich macht (vgl. Streitpatent, Abs. [0002] bis [0008]). 2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent gemäß den Angaben in der Streitpatentschrift die Aufgabe zugrunde, eine Abdeckung für Spargelfelder zu schaffen, die in Vorbereitung des Spargelstechens leicht anhebbar und anschließend wieder ablegbar ist, ohne hierbei lange Arbeitszeiten erforderlich zu machen (vgl. Streitpatent, Abs. [0009]). 3. Die Aufgabe wird durch zwei alternative Abdeckungen für Spargelfelder mit den in den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 9 des Streitpatents genannten Merkmalen gelöst: Patentanspruch 1: 1. Abdeckung für Spargelfelder, bestehend aus einer Folienbahn zum Auflegen auf der Krone und den Seitenflächen eines Spargeldamms und gegebenenfalls auf Teilbereichen der beiderseitigen Dammfurchen, wobei 2. die Folienbahn 2.1 entlang ihrer beiden Längsränder auf sich selbst umgefaltet und 2.2 der umgefaltete Bereich (6) mit dem Hauptteil (4) der Folienbahn mindestens punktweise durch Verschweißen oder Verkleben verbunden ist; 3. Längsverbindungen (8), die in Längsrichtung der Folienbahn 3.1 zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) der Folienbahn 3.2 nahe dem freien Rand (7) des umgefalteten Bereiches (6) verlaufen, sind 3.3 als Schweiß- oder Klebenähte ausgebildet; 4. Querverbindungen (9) sind quer zur Längsrichtung der Folienbahn ausgebildet, 4.1 so dass sich zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) der Folienbahn in Längsrichtung aufeinanderfolgende Taschen ergeben, wobei 4.2 die Querverbindungen (9) ausgehend von der Längsverbindung (8) in einem Abstand (B) vor dem Umfaltrand (5) enden, wobei 4.2.1 der Abstand (B) mindestens 1 cm und höchstens 4 cm beträgt. Patentanspruch 9: 1. Abdeckung für Spargelfelder, bestehend aus einer Folienbahn zum Auflegen auf der Krone und den Seitenflächen eines Spargeldamms und ggf. auf Teilbereichen der beiderseitigen Dammfurchen, wobei 2. die Folienbahn 2.1 entlang ihrer beiden Längsränder auf sich selbst umgefaltet und 2.2 der umgefaltete Bereich (6) mit dem Hauptteil (4) der Folienbahn durch Verschweißen oder Verkleben verbunden ist; 3. in Längsrichtung der Folienbahn sind mindestens punktweise Verbindungen (8) ausgebildet, 3.1 die zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) 3.2 nahe dem freien Rand (7) des umgefalteten Bereiches (6) verlaufen; 4. punktweise ausgebildete Verbindungen (9) sind quer zur Längsrichtung der Folienbahn 4.1 zwischen dem umgefalteten Bereich (6) und dem Hauptteil (4) der Folienbahn ausgebildet, so dass sich in Längsrichtung aufeinanderfolgende Taschen ergeben, wobei 4.2 die Verbindungen (9) ausgehend von der Längsverbindung (8) in einem Abstand (B) vor dem Umfaltrand (5) enden, wobei 4.2.1 der Abstand (B) mindestens 1 cm und höchstens 4 cm beträgt. 4. Fraglich erscheint hinsichtlich der zu prüfenden technischen Lehre zunächst, inwieweit den Grundsätzen ständiger Rechtsprechung zu Zweckangaben folgend, vorliegend die Bestimmungsangaben „für Spargelfelder“ und „zum Auflegen auf…Dammfurchen“ die patentgemäße Lehre kennzeichnen und bei der Prüfung der Patentfähigkeit beachtlich sind, insbesondere also nicht nur dem erleichterten Verständnis und der Erläuterung einer Anwendungsmöglichkeit dienen, sondern der (mittelbaren) Umschreibung der funktionellen Zurichtung und räumlich-körperlichen Ausgestaltung im Hinblick auf die Dimensionierung und Materialauswahl, damit die Vorrichtung zu dem für den im Patentanspruch angegebenen Zweck verwendbar ist (vgl. zuletzt BGH GRUR 2009, 837 - Bauschalungsstütze; BPatG Urteil v. 20. August 2008 - 3 Ni 15/06). Wenn in diesem Fall auch nur die Bestimmungsangabe in einem Patentanspruch die Verwendung zum funktionellen Merkmal des Anspruchs selbst erhebt (vgl. hierzu BPatG GRUR 2006, 1015, 1017 -Neurodermitis-Behandlungsgerät m. w. N), so ist vorliegend zu berücksichtigen, dass nach den vorgenannten Grundsätzen jedenfalls insoweit die Zweckangabe funktionelles Merkmal ist, als - wie im Agrarbereich und insbesondere auch für den Spargelanbau typisch - die aus einer Folienbahn bestehende Abdeckung den auch in der Beschreibung des Streitpatents angesprochenen Erfordernissen einer ausreichenden Dimensionierung in Größe, Gewicht und Handhabbarkeit bei ausreichender Festigkeit und Beschwerung genügen muss. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Zweckangabe jedenfalls insoweit beachtlich ist, als sie der Abdeckung von Kulturpflanzen dient, welche - wie typisch beim Spargelanbau - der Abdeckung eines Hochbeets bedürfen. Da es im Hinblick auf den vorliegend maßgeblichen Fachmann und Stand der Technik auf eine weitere Spezifizierung nicht ankommt, kann dahinstehen, ob die Zweckangaben im Übrigen in ihrem noch konkreteren Bezug auf „Spargelfelder“ nur eingeschränkt als kennzeichnend auszulegen und zu berücksichtigen sind oder nicht. 5. Zuständiger Fachmann ist danach ein Agrartechniker mit speziellen Kenntnissen auf dem Gebiet der Herstellung landwirtschaftlich genutzter Folien und praktischen Erfahrungen im Pflanzenanbau, sowie bzgl. der Ernte der verschiedenen Kulturpflanzen. II. 1. Die erteilten Patentansprüche 1, 9 und 12 enthalten entgegen der Rechtsansicht der Klägerin keine unzulässige Erweiterung des Inhalts der ursprünglich eingereichten Anmeldung i. S. v. §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG. Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Gegenstand des Patents ist die durch die Patentansprüche bestimmte Lehre, wobei Beschreibung und Zeichnungen mit heranzuziehen sind. Der Inhalt der Patentanmeldung ist hingegen der Gesamtheit der Unterlagen zu entnehmen, ohne dass den Patentansprüchen dabei eine gleich hervorgehobene Bedeutung zukommt, wobei auch zum Offenbarungsgehalt gehört, was der Fachmann aus den Zeichnungen als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmen kann (GRUR 2009, 933 - Druckmaschinen-Temperierungssystem II). Der Patentanspruch darf deshalb nicht auf einen Gegenstand gerichtet werden, den die ursprüngliche Offenbarung aus Sicht des Fachmanns nicht als zur Erfindung gehörend erkennen ließ (BGH GRUR 2005, 1023, 1024 - Einkaufswagen II; BGH, Urteil v. 22. Dezember 2009 - X ZR 27/06 und X ZR 28/06 - Hubgliedtor I und II – zitiert nach Juris). a) Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn die in den ursprünglichen Unterlagen offenbarte technische Lehre ist gemäß den vorangegangenen Ausführungen nicht auf die in der Figur 2 dargestellten Ausführungsformen begrenzt, bei denen seitliche Beschwerungstaschen mit bogenförmig verlaufenden Längsverbindungen vorgesehen sind, von denen Querverbindungen abzweigen, die oberhalb des Umfaltrandes im Abstand B enden (vgl. DE 195 00 635 A1, Sp. 3, Z. 7 bis 10 i. V. m. Figur 2). Zum Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldung gehören vielmehr auch die in der Beschreibung genannten Beschwerungstaschen, die ganz allgemein durch Verbindungen in Längsrichtung der Folienbahn sowie durch dazu quer verlaufende Verbindungen ausgebildet werden, um so Taschen zu erhalten, die sich nicht über die Gesamtlänge der Folienbahn erstrecken, sondern in Längsrichtung aufeinander folgen (vgl. DE 195 00 635 A1, Sp. 2, Z. 7 bis 22). Für derart ausgebildete längsseitige Beschwerungstaschen wird in der ursprünglichen Beschreibung ferner angegeben, dass grundsätzlich alle in Richtung auf den Umfaltrand geführten Verbindungen in einem Abstand von 1 bis 4 cm vor dem Folienrand enden (vgl. DE 195 00 635 A1, Sp. 3, Z. 3 bis 6). Eine entsprechende Stütze für diese allgemeine technische Lehre findet sich auch in den Erstunterlagen auf Seite 2, Zeile 26 bis 37 und Seite 3, Zeile 37 bis Seite 4, Zeile 1. Demzufolge sind in den ursprünglichen Unterlagen außer den Ausführungsformen in Figur 2 auch solche Beschwerungstaschen offenbart, die durch Längsverbindungen beliebiger Formen und dazu quer verlaufende Verbindungen mit den Merkmalen 4.2 und 4.2.1 gebildet werden. Aufgrund dessen wurden die Merkmale 4.2 und 4.2.1 in den erteilten Patentansprüchen 1 und 9 gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht auf unzulässige Weise generalisiert. b) Die erteilten Patentansprüche 1 und 9 sind nach Ansicht des Senats gegenüber den ursprünglichen Unterlagen auch dadurch nicht unzulässig erweitert, dass im abhängigen Unteranspruch 3 bzw. 11 Quer- bzw. Längsverbindungen als Schweiß- oder Klebenähte definiert werden. Denn bereits das in den erteilten Patentansprüchen 1 und 9 enthaltene Merkmal 2.2 sieht vor, dass der umgefaltete Bereich (6) mit dem Hauptteil (4) der Folienbahn durch Verschweißen oder Verkleben verbunden ist. Demzufolge müssen die für die Bildung der Taschen erforderlichen Längs- und Querverbindungen nicht nur in diesem umgefalteten Bereich liegen, sondern entsprechend dem Merkmal 2.2 auch als Schweiß- oder Klebenähte ausgebildet sein. Eine davon abweichende Gestaltung der Längs- und Querverbindungen schließt das in den erteilten Patentansprüchen 1 und 9 enthaltene Merkmal 2.2 somit aus. Es mag - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat – zwar zutreffend sein, dass die Merkmale des abhängigen Patentanspruchs 3 bzw. 11 demnach die im übergeordneten Patentanspruch 1 bzw. 9 genannten Abdeckungen nicht weiter ausgestalten. Allein darin kann allerdings kein Beleg dafür gesehen werden, dass die erteilten Patentansprüche 1 und 9 gegenüber den ursprünglichen Unterlagen unzulässig erweitert sind. c) Auch die im Merkmal 4 des erteilten Patentanspruchs 9 angegebene punktweise Ausgestaltung der Querverbindungen geht nicht über den Offenbarungsgehalt der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinaus. Denn gemäß Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung soll der umgefaltete Bereich (6) mit dem Hauptteil (4) der Folienbahn mindestens punktweise durch Verschweißen und Verkleben verbunden sein. In dem auf Anspruch 1 rückbezogenen Anspruch 4 werden die im umgefalteten Bereich vorhandenen Querverbindungen angesprochen. Durch den Rückbezug des Anspruchs 4 auf Anspruch 1 sind in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen somit auch punktweise ausgebildete Querverbindungen offenbart. Eine entsprechende Stütze für diese Offenbarung findet sich auch auf Seite 1, Zeile 27 bis 30 und Seite 2, Zeile 32 bis 37 sowie in den Ansprüchen 1 und 4 der Erstunterlagen. d) Die Auffassung der Klägerin, dass die im erteilten Patentanspruch 12 genannte Ausgestaltung der seitlichen Beschwerungstaschen durch verbindungslose Abschnitte zwischen aufeinanderfolgenden Verbindungsabschnitten ursprünglich nur auf die in der Figur 2 gezeigten Ausführungsformen mit bogenförmigen Längsverbindungen in den Taschen beschränkt gewesen und der erteilte Patentanspruch 12 daher unzulässig erweitert sei, teilt der Senat ebenfalls nicht. Denn hinsichtlich der Merkmale des erteilten Patentanspruchs 12 wird in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ausgeführt, dass gerade die verbindungslosen Abschnitte zwischen zwei aufeinanderfolgenden Taschen dafür sorgen, dass das Beschwerungsgut aus den Taschen problemlos entfernt und die beanspruchten Abdeckungen zu Lagerzwecken vollständig aufgerollt werden können (vgl. DE 195 00 635 A1, Sp. 4, Z. 29 bis 35). Daraus ergibt sich, dass verbindungslose Abschnitte unabhängig davon, ob diese mit gemäß Fig. 2 bogenförmigen oder anderweitig gestalteten Längsverbindungen kombiniert sind, dafür sorgen, dass das Beschwerungsgut vollständig aus den Taschen entfernt werden kann. Demzufolge hat der Rückbezug des erteilten Patentanspruchs 12 auf die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 9, in denen die Längsverbindungen nicht auf solche mit bogenförmiger Gestalt begrenzt sind, keine unzulässige Erweiterung gegenüber den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen zur Folge. Die zuvor zitierte Offenbarung in der ursprünglichen Anmeldung ist auch den Erstunterlagen zu entnehmen (vgl. Erstunterlagen, S. 5, Z. 35 bis S. 6, Z. 1). e) Auch der Verweis der Klägerin auf die als NK2 vorgelegte Entscheidung 14 W (pat) 702/02 kann zu keiner anderen Beurteilung des Sachlage führen, da der dieser Entscheidung zugrunde liegende Patentanspruch 1 nicht auf Verbindungsmöglichkeiten wie Verschweißen oder Verkleben beschränkt war, obwohl in den ursprünglichen Unterlagen keine Fundstelle angegeben werden konnte, die eine andere Möglichkeit der Verbindung offenbarte und damit – anders als im vorliegenden Fall - eine unzulässige Erweiterung festzustellen war (vgl. NK2, S. 6, letzter Abs.). 2. Die Gegenstände der angegriffenen Patentansprüche sind auch patentfähig i. S. v. §§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG. Die Gegenstände der angegriffenen Patentansprüche des Streitpatents sind neu, da keines der vorliegenden Dokumente Abdeckungen mit sämtlichen Merkmalen der angegriffenen Patentansprüche beschreibt und die Abdeckungen somit nicht zum Stand der Technik gehören. Dies wurde von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt. Die beanspruchte Lehre der angegriffenen Patentansprüche ergibt sich für den Fachmann auch nicht in naheliegender Weise. a) Für die Frage der Bewertung der erfinderischen Tätigkeit ist allerdings zunächst hervorzuheben, dass insoweit entscheidend ist, um welche Leistung der Stand der Technik bereichert wird, was die Erfindung also gegenüber diesem tatsächlich leistet (BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wobei verschiedene Ausgangspunkte in Betracht zu ziehen sein können (BPatG GRUR 2004, 317 - Programmartmitteilung; BGH GRUR 2009, 382 - Olanzapin; BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger) und zu fragen ist, ob der Fachmann Veranlassung hatte, diesen Stand der Technik zu ändern. Hierbei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß die technische Entwicklung nicht notwendigerweise diejenigen Wege geht, die sich bei nachträglicher Analyse der Ausgangsposition als sachlich plausibel oder gar mehr oder weniger zwangsläufig darstellen und es – abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt was zu tun ist – in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür bedarf, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH GRUR 2009, 746 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Das Auffinden einer neuen Lehre zum technischen Handeln kann insbesondere nicht schon deshalb als nahegelegt bewertet werden, weil lediglich keine Hinderungsgründe zutage treten, von dem im Stand der Technik Bekannten zum Gegenstand dieser Lehre zu gelangen. Diese Wertung setzt vielmehr voraus, dass das Bekannte dem Fachmann Anlass oder Anregung gab, zu der vorgeschlagenen Lehre zu gelangen (BGH, Urteil v. 8. Dezember 2009 - X ZR 65/05 - einteilige Öse – zitiert nach Juris). b) An einer diesbezüglichen Anregung, eine verbesserte Abdeckung für Kulturpflanzen, insb. für den in einem Hochbeet angebauten Spargel zu entwickeln, fehlt es aber vorliegend für den angesprochenen Fachmann, der auf der Suche nach einer Lösung des Problems die Druckschrift NK6 als mögliches Sprungbrett zur Problemlösung verwenden wird. Die NK6 betrifft für den Anbau von Spargel geeignete Abdeckfolien, die an ihren longitudinalen Rändern schlauchförmige Abschnitte aufweisen, in welche Erde zur Beschwerung der Folie eingefüllt wird (vgl. NK6, S. 4, Z. 14 bis 34 i. V. m. S. 3, Z. 19 bis 31). Die schlauchförmigen Abschnitte entstehen durch Umfaltung der freien Folienränder auf die Folienwand, mit der die Ränder durch unterbrochene Elektroschweißnähte verbunden werden (vgl. NK6, S. 4, Z. 14 bis 25). Aus der NK6 ist dem Fachmann somit die Bildung von nach oben offenen Beschwerungstaschen an den longitudinalen Rändern von Spargelabdeckfolien bekannt, wie sie auch die in den Patentansprüchen 1 und 9 definierten Abdeckungen aufgrund der darin genannten Merkmale 1 bis 3 aufweisen. Weitergehende Anregungen, die in Richtung von Querverbindungen mit den in den Patentansprüchen 1 und 9 genannten Merkmalen 4 bis 4.2.1 weisen, finden sich in der NK6 jedoch nicht. Denn entgegen dem Streitpatent liegt der NK6 die Aufgabe zugrunde, das Einfüllen des Beschwerungsmaterials in die seitlichen Taschen über die Öffnungen in den schweißnahtlosen Bereichen der Elektroschweißnähte zu erleichtern (vgl. NK6, S. 2, Z. 20 bis 31 und S. 3, Z. 1 bis 18). Die in der NK6 vermittelte technische Lehre ist folglich darauf ausgerichtet, die in den unterbrochenen Elektroschweißnähten üblicher Weise schmal ausgelegten Öffnungen breiter anlegen zu können, ohne jedoch zugleich die Stabilität der Elektroschweißnaht dabei zu erniedrigen. Dies lässt sich den Angaben in der NK6 zufolge dadurch erreichen, dass Ablaufrinnen oberhalb und parallel zu der Elektroschweißnaht vorgesehen werden (vgl. NK6, Anspruch 1). Denn zum einen dienen die Ablaufrinnen als Verstärkung für die Öffnungen und ermöglichen damit breitere Einfüllöffnungen für das Beschwerungsmaterial und zum anderen leiten die Ablaufrinnen das an der Folienwand abfließende Wasser in Richtung der Öffnungen und damit in die Beschwerungstaschen, wo es zur Kompaktierung der darin enthaltenen Erde beiträgt (vgl. NK6, S. 3, Z. 1 bis 8 und 19 bis 31). Anregungen dahingehend, die seitlichen Beschwerungstaschen einer Spargelabdeckfolie mit Querverbindungen auszugestalten, die in einem Abstand von 1 bis 4 cm oberhalb der Umfaltkante enden und so eine flexible Verteilung des in den einzelnen Taschen enthaltenen Beschwerungsmaterials in Längsrichtung der Taschen ermöglichen, werden dem Fachmann in der NK6 damit jedenfalls nicht gegeben. c) Eine entsprechende Lehre wird dem Fachmann auch nicht durch eine Zusammenschau der NK6 mit den weiteren im Verfahren genannten Entgegenhaltungen vermittelt. Die NK7 betrifft flexible Abdeckfolien, die aufgrund eines wasserdichten Reservoirsaums an den Längsrändern der Folien den Anbau von Kulturpflanzen in Trockengebieten ermöglichen (vgl. NK7, S. 2, Z. 1 bis 3 i. V. m. S. 3, Z. 16 bis 22 und S. 4, Z. 5 bis 9). Gebildet wird dieser Saum durch Faltung des Randes und Fixierung der Faltung mittels einer ununterbrochenen Elektroschweißnaht entlang der jeweiligen Längsränder der Folie, wobei der Saum an seinen Enden durch Verschlußdeckel flüssigkeitsdicht abgeschlossen wird (vgl. NK7, Anspruch 1). Der Saum kann ferner durch zusätzliche, in transversaler Richtung verlaufende Schweißnähte unterteilt werden (vgl. NK7, Fig. 1 i. V. m. S. 5, Z. 14 bis 24). Die transversalen Schweißnähte, die den in der Streitpatentschrift genannten Querverbindungen entsprechen, sind, wie die longitudinalen Elektroschweißnähte, durchgängig ausgebildet, so dass aufeinanderfolgende flüssigkeitsdichte Kammern in den Längsrändern der Abdeckfolien entstehen (vgl. NK7, Fig. 1). Unterbrechungen, welcher Art auch immer, sind in diesen transversalen Schweißnähten allerdings weder vorgesehen, noch finden sich in der NK7 Hinweise, die Unterbrechungen in den Schweißnähten nahelegen würden. Denn zum Ein- bzw. Auslassen von Flüssigkeit in den bzw. aus dem Reservoirsaum weisen die Folienränder der NK7 verschließbare Ventile auf (vgl. NK7, S. 4, Z. 10 bis 18). Diese befinden sich jedoch nicht in den Schweißnähten, sondern in der Außenhaut des Saumes (vgl. NK7, Fig. 1, Bezugsziffer 4). Daher entnimmt der Fachmann der NK7 allenfalls die Lehre, dass Öffnungen in einem Reservoirsaum - der nicht nur als Flüssigkeitsspeicher, sondern auch als Beschwerungstasche für die Folie dient (vgl. NK7, S. 4, Z. 19 bis 28) - stets verschließbar sein müssen, was jedoch im diametralen Gegensatz zur streitpatentgemäßen Lehre steht, die gerade darauf abzielt, dass die aufeinanderfolgenden Abschnitte in den seitlichen Beschwerungstaschen durch offene Bereiche in den Querverbindungen miteinander verbunden bleiben. Eine derartige Verbindung der einzelnen, flüssigkeitsdichten Kammern ist in der NK7 allerdings weder vorgesehen noch erwünscht, da durch die Verbindung der einzelnen Kammern untereinander die Beschädigung einer einzigen Kammer ausreichen würde, dass sämtliche Kammern unkontrolliert leer laufen, was jedoch mit dem Sinn und Zweck eines Flüssigkeitsreservoirs nicht vereinbar ist. Auch die in Verbindung mit den transversalen Schweißnähten in NK7 genannten „Öffnungen“, die mit einer Öse zum Durchführen von Schnüren versehen sind, stellen keine Unterbrechungen in den transversalen Schweißnähten dar, die zu einer Durchlässigkeit dieser Verbindungen im streitpatentgemäßen Sinn führen, sondern sind lediglich Teil einer Haltevorrichtung für die Befestigung des Reservoirsaums im Erdboden (vgl. NK7, S. 6, Z. 12 bis 17). Demzufolge ist auch die Entgegenhaltung NK7 nicht dazu geeignet, dem Fachmann zur Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe, in einer Zusammenschau mit der NK6 Abdeckfolien für in einem Hochbeet kultivierte Pflanzen bzw. für Spargelfelder nahe zu legen, welche in ihren seitlichen Beschwerungstaschen Querverbindungen mit den in den Patentansprüchen 1 und 9 genannten Merkmalen 4.2 und 4.2.1 aufweisen. d) Die weitere von der Klägerin im Zusammenhang mit dem Einwand der mangelnden erfinderischen Tätigkeit in die Diskussion miteinbezogene Entgegenhaltung NK9 ist gleichfalls nicht dazu geeignet, zu einer anderen Beurteilung der Sachlage zu führen. So wird in der NK9 zwar eine Abdeckfolie beschrieben, an deren seitlichen Rändern Hohlräume oder Taschen angeordnet sind, die mit festem oder flüssigem Material zur Beschwerung der Folie befüllt werden (vgl. NK9, S. 2 (obere Nummerierung) , zweiter und dritter Abs.). Vorteil dieser Folie ist, dass sie auf kleinstem Raum zusammengefaltet und die Beschwerung der Folie den jeweiligen Verhältnissen angepasst werden kann, indem die Hohlräume je nach Bedarf gefüllt werden (vgl. NK9, S. 2, erster und vorletzter Abs.). Voraussetzung für eine individuelle Befüllung der Hohlräume bzw. Taschen ist, dass diese durch Verbindungsleitungen miteinander verbunden und in den Verbindungsleitungen verschließbare Öffnungen vorhanden sind (vgl. NK9, S. 4 letzter Abs.). An Stelle der verschließbaren Öffnungen in den Verbindungsleitungen offene Querverbindungen zu verwenden, wird in der NK9 dagegen nicht angeregt. Der in diesem Zusammenhang von der Klägerin vorgebrachte Einwand, der Fachmann werde die in der NK9 beschriebenen Öffnungen in den Verbindungsleitungen in Abhängigkeit vom jeweils verwendeten Beschwerungsmaterial (vgl. NK9, S. 3, letzter Abs., letzter Satz) dimensionieren und daher die Öffnungen so einfach wie möglich gestalten, wobei Querverbindungen mit den in den erteilten Patentansprüchen 1 und 9 genannten Merkmalen 4.2 und 4.2.1 für den Fachmann nahe liegend seien, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Denn die in der NK9 postulierte bedarfsgerechte Befüllung der Hohlräume bzw. Taschen setzt voraus (vgl. NK9, S. 2, vorletzter Abs., erster Satz), dass je nach Wunsch eine oder mehrere dieser Hohlräume oder Taschen gefüllt werden, während andere leer bleiben können (vgl. NK9, S. 4, letzter Abs.), was nur möglich ist, wenn die zwischen den Hohlräumen bzw. Taschen vorhandenen Öffnungen verschließbar sind. Eine solche Möglichkeit eröffnen die streitpatentgemäßen Querverbindungen mit den Merkmalen 4.2 und 4.2.1, die in einem Abstand von 1 bis 4 cm vor dem Umfaltrand einer Beschwerungstasche enden, jedoch nicht, so dass die NK9 auch keinen Hinweis in Richtung derart gestalteter Querverbindungen liefern kann. e) Angesichts dieses Standes der Technik musste der Fachmann somit erfinderisch tätig werden, um die in den Patentansprüchen 1 und 9 beschriebenen Spargelabdeckungen mit längsseitigen Beschwerungstaschen, die durch Querverbindungen mit den Merkmalen 4.2 und 4.2.1 gebildet werden, bereitstellen zu können. Die Gegenstände gemäß den Patentansprüchen 1 und 9 werden daher vom Stand der Technik nicht nahegelegt. Die angegriffenen, auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 3 sowie die auf den Patentanspruch 9 rückbezogenen Patentansprüche 10 bis 12 werden bereits von dem jeweils übergeordneten Patentanspruch getragen und haben daher ebenfalls Bestand. IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die Klägerin als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006025&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006026
BPatG
München
5. Senat
20100331
5 Ni 35/09 (EU)
Urteil
DEU
Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung
In der Patentnichtigkeitssache … betreffend das europäische Patent 1 214 813 (DE 500 09 659) hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2010 durch die Vorsitzende Richterin Schuster sowie die Richter Gutermuth, Dipl.-Phys. Dr. Hartung, Dipl.-Ing. Kleinschmidt und Dipl.-Ing. Musiol für Recht erkannt: I. Das europäische Patent 1 214 813 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 214 813 (Streitpatent), das am 25. August 2000 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 199 43 058 vom 9. September 1999 angemeldet worden ist. Das in deutscher Sprache veröffentlichte Streitpatent, das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 500 09 659 geführt wird, betrifft ein Verfahren und System zur Datenübertragung von Inhaltsdaten. Es umfasst 18 Ansprüche, die nach der teilweisen Aufrechterhaltung im Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt gemäß der neu veröffentlichten Patentschrift EP 1 214 813 B2 folgenden Wortlaut haben: 1. Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit den folgenden Schritten: a) Bereitstellen (S1) von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einem Speicher von mindestens einer Informationsanbieter-Station (1, 2); b) Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (7); c) Erzeugen (S3) eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten und eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation d) Verknüpfen (S4) des Informations-Inhaltsdatenblocks und des Informations-Beschreibungsdatenblocks zu einem Übertragungs-Datenblock; e) Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), wobei mit dem über ein Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie ein Internet-Browser, aktiviert. 2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet , dass der Übertragungs-Datenblock in dem Endgerät (15-19) mittels des Informations-Beschreibungs-Datenblocks auf seine Relevanz für das Endgerät geprüft wird. 3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet , dass ein als relevant erkannter Übertragungs-Datenblock in einem Zwischenspeicher des Endgerätes (15-19) abgespeichert wird und durch einen Endgerätbenutzer aufrufbar ist. 4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält. 5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass das Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten abhängig von einem Anforderungssignal erfolgt, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird. 6. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass das Laden (S2) der Informationsinhalts-Daten und der Informations-Beschreibungsdaten automatisch in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt. 7. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass das Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke von der Informations-Weiterleitungsstation (7) an die Endgeräte (15-19) automatisch in regelmäßigen einstellbaren Zeitabständen erfolgt. 8. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass das Übertragen (S5) der Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke von der Informations-Weiterleitungsstation (7) gleichzeitig an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19) über ein Verteilnetz erfolgt. 9. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass der bzw. die Übertragungs-Datenblöcke verschlüsselt übertragen werden. 10. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass der Information-Beschreibungs-Datenblock Verschlüsselungs- und Beschreibungsdaten enthält, die die Art der Verschlüsselung des Übertragungs-Datenblocks angeben. 11. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Entschlüsselungsdaten zu Entschlüsselung des Übertragungs-Datenblocks von der Informationsanbieter-Station (1, 2) an das Endgerät (15-19) übertragen werden. 12. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet , dass die Informations-Inhalts-Daten und die Information-Beschreibungsdaten von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) über ein erstes Übertragungsnetz (5) geladen werden und der Übertragungs-Datenblock an die Vielzahl von Endgeräten (15-19) über ein zweites Übertragungsnetz (9) übertragen wird. 13. Informations-Übertragungssystem mit: mindestens einer Informationsanbieterstation (1, 2) zur Bereitstellung von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten; einem ersten Übertragungsnetz (5) zur Übertragung der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten; einer zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7), die einen Speicher zum Abspeichern der übertragenen Daten und eine Berechnungseinrichtung zum Erzeugen eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den Informations-Inhaltsdaten, zum Erzeugen eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den übertragenen Informations-Beschreibungsdaten und zum Verknüpfen des Informations-Inhaltsdatenblocks bzw. -blöcke mit dem Informations-Beschreibungsdatenblocks bzw. -blöcke zu einem Übertragungs-Datenblock aufweist, und einem zweiten Übertragungsnetz (9) zur gleichzeitigen Übertragung des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), wobei mit dem über das Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie ein Internet-Browser, aktiviert. 14. Informationsübertragungssystem nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet , dass das erste Übertragungsnetz (5) ein Festnetz ist. 15. Informationsübertragungssystem nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet , dass das erste Übertragungsnetz (5) das Internet ist. 16. Informationsübertragungssystem nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet , dass das zweite Übertragungsnetz (9) ein zellular aufgebautes Funknetz ist. 17. Informationsübertragungssystem nach einem der Ansprüche 13-16, dadurch gekennzeichnet , dass die Endgeräte (15-19) Mobilfunkstationen sind. 18. Informationsübertragungssystem nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet , dass die Endgeräte (15-19) über ein drittes Übertragungsnetz mit den Informationsanbieter-Stationen (1, 2) zur Übertragung von Entschlüsselungsprogrammen verbunden sind. Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, da er nicht neu sei, zumindest sich aber für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Sie beruft sich hierzu auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften: - Anlage N 11: Recommendation GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99) - Anlage N 12: EP 0 748 135 A2 - Anlage N 13: WO 99/16277 A2 - Anlage N 14: DE 198 16 575 A1 - Anlage N 15: WO 98/02007 A1 - Anlage N 19: US 5 905 865 - Anlage N 20: GSM Standard-Dokument 07.05, ETSI TS 100 585 V7.0.1 - Anlage N 21: GSM Standard-Dokument 03.38, ETSI TS 100 900 V7.2.0 sowie auf die weiteren Unterlagen N 1 bis N 10 und N 22, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 1 214 813 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Hilfsweise verteidigt sie das Patent in den Fassungen der Hilfsanträge 1 und 2, deren Ansprüche 1 und 11 (Hilfsantrag 1) bzw. 1 und 12 (Hilfsantrag 2) folgenden Wortlaut haben: Hilfsantrag 1 1. Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit den folgenden Schritten: a) Bereitstellen (S1) von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einem Speicher von mindestens einer Informationsanbieter-Station (1, 2); b) Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (7), wobei das Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten: - abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird, erfolgt; oder - automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station (1, 2) in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt; c) Erzeugen (S3) eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten und eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation; d) Verknüpfen (S4) des Informations-Inhaltsdatenblocks und des Informations-Beschreibungsdatenblocks zu einem Übertragungs-Datenblock; e) Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), wobei mit dem über ein Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie ein Internet-Browser, aktiviert. 11. Informations-Übertragungssystem mit: mindestens einer Informationsanbieterstation (1, 2) zur Bereitstellung von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten; einem ersten Übertragungsnetz (5) zur Übertragung der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten; einer zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7), die einen Speicher zum Abspeichern der übertragenen Daten und eine Berechnungseinrichtung zum Erzeugen eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den Informations-Inhaltsdaten, zum Erzeugen eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den übertragenen Informations-Beschreibungsdaten und zum Verknüpfen des Informations-Inhaltsdatenblocks bzw. -blöcke mit dem Informations-Beschreibungsdatenblocks bzw. -blöcke zu einem Übertragungs-Datenblock aufweist, wobei das Abspeichern der übertragenen Daten abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird; oder automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station (1, 2) in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt; und einem zweiten Übertragungsnetz (9) zur gleichzeitigen Übertragung des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), wobei mit dem über das Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie ein Internet-Browser, aktiviert. Hilfsantrag 2 1. Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit den folgenden Schritten: a) Bereitstellen (S1) von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einem Speicher von mindestens einer Informationsanbieter-Station (1, 2); b) Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (7); c) Erzeugen (S3) eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten und eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation, wobei der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält; d) Verknüpfen (S4) des Informations-Inhaltsdatenblocks und des Informations-Beschreibungsdatenblocks zu einem Übertragungs-Datenblock; e) Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), wobei mit dem über ein Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie ein Internet-Browser, aktiviert. 12. Informations-Übertragungssystem mit: mindestens einer Informationsanbieterstation (1, 2) zur Bereitstellung von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten; einem ersten Übertragungsnetz (5) zur Übertragung der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten; einer zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7), die einen Speicher zum Abspeichern der übertragenen Daten und eine Berechnungseinrichtung zum Erzeugen eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den Informations-Inhaltsdaten, zum Erzeugen eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den übertragenen Informations-Beschreibungsdaten und zum Verknüpfen des Informations-Inhaltsdatenblocks bzw. -blöcke mit dem Informations-Beschreibungsdatenblocks bzw. -blöcke zu einem Übertragungs-Datenblock aufweist, wobei der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält, und einem zweiten Übertragungsnetz (9) zur gleichzeitigen Übertragung des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), wobei mit dem über das Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie ein Internet-Browser, aktiviert. Bezüglich der Ansprüche 2 bis 10 und 12 bis 16 des Hilfsantrages 1 sowie bezüglich der Ansprüche 2 bis 11 und 13 bis 17 des Hilfsantrages 2 wird auf die Akten (Anl. zum Protokoll) verwiesen. Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent für patentfähig, zumindest in einer der hilfsweise beschränkten Fassungen.
Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit. a EPÜ i. V. m. Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet. I. Zum Hauptantrag (aufrecht erhaltene Fassung gemäß der EP 1 214 813 B2) 1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und ein System zur Datenübertragung von Inhaltsdaten. Wie in der neuen europäischen Patentschrift EP 1 214 813 B2 zutreffend angegeben, werden Informationen zunehmend multimedial als Text, Bild, Sprache, Musik, Video usw. durch Informationsanbieter zur Verfügung gestellt. Im weltumspannenden Internet (World Wide Web) werden multimedial aufbereitete Informationen mit Hilfe der Seitenbeschreibungssprache HTML als miteinander verknüpfte multimediale Dokumente angeboten. Die einzelnen Seiten bzw. Dokumente der Anbieter werden normalerweise von Punkt zu Punkt, d. h. von dem jeweiligen Informationsanbieter direkt zu einem Endgerät übertragen. Der Benutzer eines Endgerätes, beispielsweise eines Computers oder eines mobilen Telefons, muss, um an für ihn interessante Informationen zu gelangen, die Verbindung zu dem Informationsanbieter aufbauen und die von ihm gewünschte Information abfragen. Der Aufbau der Verbindung zu dem Informationsanbieter ist für den Benutzer des Endgerätes mühevoll und kostet ihn Zeit. Darüber hinaus erfolgt der Verbindungsaufbau und die Übertragung der Informations-Inhaltsdaten auf Anforderung des Endgerätbenutzers hin, d. h. oft zu Tageszeiten an denen die Übertragung der Informations-Inhaltsdaten besonders kostspielig ist. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass der Endgerätbenutzer nicht an allen zur Verfügung gestellten Informationen der Informationsanbieter interessiert ist, sondern lediglich an den für ihn relevanten Informationen. Der Endgerätbenutzer muss somit eine Selektion der vom Informationsanbieter zur Verfügung gestellten Informationen durchführen. Diese Selektion bzw. Auswahl ist für den Endgerätbenutzer ebenfalls mühevoll und zeitraubend. Die Streitpatentschrift EP 1 214 813 B2, vgl. Spalte 1, Zeile 1 bis Spalte 2, Zeile 15, verweist vor diesem Hintergrund auf die Druckschriften resp. Standards DE 197 30 363 A1, WO 99/16226 A1, Recommendation GSM 03.41 Version 7.1.0 (entsprechend Anlage N 11), EP 0 849 923 A1, Recommendation GSM 02.03 Version ETS 300 502 September 1994, WO 99/16277 A2 (entsprechend Anlage N13) und Recommendation GSM 04.12 Version 7.0.0. Aus den Druckschriften DE 197 30 363 A1 und WO 99/16226 A1 ist die Übertragung von Informationen aus dem Internet an Endgeräte bekannt. Aus der Recommendation GSM 03.41 Version 7.1.0 (N11) ist ein so genannter CBS-Dienst (Cell Broadcast Service) bekannt, der es erlaubt, eine Anzahl allgemeiner Nachrichten unbestätigt zu allen Empfängern innerhalb einer bestimmten Region zu übertragen. Die EP 0 849 923 A1 beschreibt ein Verfahren und ein System, um während eines niedrigen Verkehrsaufkommens Teilnehmern Telekommunikationsdienste zur Verfügung zu stellen. In der Recommendation GSM 02.03 Version ETS 300 502 September 1994 werden Teledienste empfohlen, die von einem GSM Netzwerk in Verbindung mit anderen Netzwerken unterstützt werden sollen. Die WO 99/16277 A2 (Anlage N13) befasst sich mit Multicast in einem Mobilfunknetz. Die Recommendation GSM 04.12 Version 7.0.0 beschreibt, wie der Short Message Service Cell Broadcast (SMSCB) von einem Multifunkinterface unterstützt ist. Die der vorliegenden Erfindung zu Grunde liegende Idee besteht darin, über eine zentrale Informations-Weiterleitungsstation den Endgerätbenutzern automatisch relevante Informationen zukommen zu lassen, ohne dass die Endgerätbenutzer die Information bei Informationsanbietern abfragen müssen. Der Endgerätbenutzer erhält somit die für ihn relevanten Informationen in einfacher und bequemer Weise. Darüber hinaus können die für den Endgerätbenutzer relevanten Informationen besonders kostengünstig an ihn übertragen werden (Streitpatentschrift Spalte 2, Zeilen 19 bis 34). Patentanspruch 1 des Streitpatents schlägt dazu ein Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten mit folgenden Merkmalen vor (Merkmalsgliederung hinzugefügt entsprechend der Unterlage N 9 der Klägerin): 1a) Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit den folgenden Schritten: 1b) Bereitstellen (S1) von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einem Speicher von mindestens einer Informationsanbieter-Station (1, 2); 1c) Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (7); 1d) Erzeugen (S3) 1da) eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten und 1db) eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation 1e) Verknüpfen (S4) des Informations-Inhaltsdatenblocks und des Informations-Beschreibungsdatenblocks zu einem Übertragungs-Datenblock; 1f) Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), 1g) wobei mit dem über ein Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, 1h) das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie einen Internet-Browser, aktiviert. Patentanspruch 13 des Streitpatents ist gerichtet auf ein Informations-Übertragungssystem mit folgenden Merkmalen (Merkmalsgliederung hinzugefügt entsprechend der Unterlage N10 der Klägerin): 13a) Informations-Übertragungssystem mit: 13b) mindestens einer Informationsanbieterstation (1, 2) zur Bereitstellung von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten; 13c) einem ersten Übertragungsnetz (5) zur Übertragung der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten; 13d) einer zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7), 13e) die zentrale Informations-Weiterleitungsstation (7) weist 13ea) einen Speicher zum Abspeichern der übertragenen Daten und 13eb) eine Berechnungseinrichtung auf, 13f) die Berechnungseinrichtung 13fa) erzeugt einen Informations-Inhaltsdatenblock basierend auf den Informations-Inhaltsdaten und einen Informations-Beschreibungsdatenblock basierend auf den übertragenen Informations-Beschreibungsdaten und 13fb) verknüpft den Informations-Inhaltsdatenblock bzw. -blöcke mit dem Informations-Beschreibungsdatenblock bzw. -blöcke zu einem Übertragungs-Datenblock, wobei 13g) ein zweites Übertragungsnetz (9) zur gleichzeitigen Übertragung des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19) vorgesehen ist, wobei 13h) mit dem über das Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, und 13i) das Ereignis in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie einen Internet-Browser, aktiviert. 2. Der Senat erachtet als maßgeblichen Fachmann einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik mit Erfahrung im Bereich der Kommunikationssysteme, insbesondere auch der Mobilfunksysteme, und mit umfassenden Kenntnissen der dabei zum Einsatz gelangenden Netzwerk- und Datenverarbeitungstechniken und der diesen Systemen zugrunde liegenden Standards. 3. Der Senat legt den Patentanspruch 1 und den Patentanspruch 13 auf der Grundlage des Wissens des Fachmanns dahingehend aus, dass gemäß Merkmal 1g, resp. Merkmal 13h, mit dem über ein Übertragungsnetz an die Endgeräte übertragenen Datenblock ein Ereignis dahingehend verknüpft ist, dass damit der Datenblock in seinem übertragenen Zustand vorliegt. Das Aktivieren einer Anwendung gemäß Merkmal 1h, resp. Merkmal 13i, umfasst allgemein das Überführen einer Anwendung in einen "aktiven" Zustand, wobei die Anwendung selbst alle Abläufe umfasst, die auf die Aktivierung hin erfolgen. Die Nennung einer Anwendung "wie ein Internet-Browser" versteht der Fachmann als beispielhaft. Unter den Informations-Inhaltsdaten im Sinne der Patentansprüche versteht der Senat die übertragenen Daten an sich, bspw. Verkehrsinformationen, Zugfahrpläne, etc., die an die Endgeräte übermittelt werden. Die Informations-Beschreibungsdaten geben an, um welche Informationen es sich bei den Informations-Inhaltsdaten handelt (vgl. Streitpatentschrift EP 1 214 813 B2: Spalte 5, Abschnitte [0040] und [0041]), von diesen Beschreibungsdaten sind nach dem Verständnis des Fachmanns auch Metadaten umfasst, wie sie z. B. bei der Übertragung von Nachrichten per SMS oder Emails in den zugehörigen SMS-Headern oder Email-Headern vorgesehen sind (vgl. dazu auch GRUR 1999, 909-914 - Spannschraube). 4. Der Gegenstand des so verstandenen Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist nicht neu. a) Aus dem GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) ist dem Fachmann ein Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag bekannt. Aus dem mit Anlage N 11 vorgelegten Teil der technischen Spezifikation des GSM-Standards, vgl. Seiten 6 bis 7, die Abschnitte 1 und 2, ist ein Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten als bekannt entnehmbar (Merkmal 1a). Der mit Anlage N 11 beschriebene Cell Broadcast Service (CBS) eröffnet die Möglichkeit, an eine Vielzahl von Mobiltelefonen Informationen zu übermitteln. Die Informationen können gemäß der N 11, Seite 25, Zeilen 19-20 bspw. Verkehrsnachrichten sein. Auch können die Informationen, wie auf Seite 29 der Anlage N 11 beschrieben ist, Aktieninformationen, Wetterinformationen, Sportinformationen oder dergleichen sein. Die an die Endgeräte übertragenen Nachrichten umfassen Seiten mit jeweils 88 Oktetten von Daten, von denen die Oktette 7 bis 88 den Inhalt der Nachricht und somit Informations-Inhaltsdaten beschreiben, während die Oktette 1 bis 6 der Beschreibung der Informations-Inhalte dienen und somit Informations-Beschreibungsdaten darstellen, vgl. N 11, Seiten 23 bis 26, Abschnitte 9.3 bis 9.3.2.5, i. V. m. Seite 7, Abschnitt 2. Fünfzehn dieser Nachrichten können zu einer Makronachricht zusammengefasst sein. Jede dieser Makronachrichten hat den gleichen Message-Identifier, der insbesondere die Quelle der Nachricht angibt, und die gleiche Seriennummer, vgl. Seite 7, Abschnitt 2, 2. Absatz. Das Bereitstellen der vorstehend beschriebenen Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten (bezüglich letzterer zumindest des sogenannten Message Identifiers) erfolgt vorausgehend durch CBEs (Cell Broadcast Entities) und zusammenfassend durch mindestens eine Informationsanbieter-Station CBC (Cell Broadcast Center) unter Nutzung sogenannter Dienstprimitiven (CBC-BSC-Primitives), vgl. N 11, Seiten 7 bis 8, Abschnitt 3, insbesondere Figur 1, i. V. m. Seiten 8 bis 9, Abschnitt 5, und weiter zu den Dienstprimitiven, Seiten 12 bis 13, Abschnitte 9.1 bis 9.1.2, i. V. m. Seite 23, Abschnitt 9.2.19. Dieser Vorgang setzt eine Speicherung voraus (Merkmal 1b). Die Informationsanbieter-Station CBC übermittelt die CBS-Nachrichten (Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten) an eine zentrale Informations-Weiterleitungsstation BSC (Base Station Controller) mit Hilfe der vorgenannten Dienstprimitiven, insbesondere mittels eines WRITE-REPLACE Request/Indication, vgl. N 11, Seiten 8 bis 9, Abschnitt 5, und Seite 12 bis 13, Abschnitte 9.1 bis 9.1.2, insbesondere Abschnitt 9.1.2, erster Absatz unter der Tabelle, i. V. m. Seiten 11 und 12, Figuren 2 und 3. In der Informations-Weiterleitungsstation BSC werden die Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher derselben geladen, vgl. Seite 9, Abschnitt 6, insbesondere 2. Spiegelstrich (Merkmal 1c). In einem nächsten Schritt interpretiert die Informations-Weiterleitungsstation BSC die ihr von der Informationsanbieter-Station CBC mit den Daten übermittelten Dienstprimitiven, insbesondere den vorgenannten WRITE-REPLACE Request/Indication (vgl. N 11, Seite 10, Abschnitt 9, die ersten beiden Absätze, i. V. m. Seite 13, Abschnitt 9.1.2) dahingehend, dass ein Informations-Inhaltsdatenblock, basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten, erzeugt wird, vgl. N 11, Seiten 24 und 26, Abschnitte 9.3.2 (Oktette 7-88, Content of Message) und 9.3.2.5, und dass des Weiteren ein Informations-Beschreibungsdatenblock, basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten, erzeugt wird, vgl. N 11, Seiten 24 bis 26, Abschnitte 9.3.2 (Oktette 1-6) und 9.3.2.2 (Merkmale 1d, 1da und 1db). Anschließend werden Informations-Inhaltsdatenblock und Informations-Beschreibungsdatenblock zu einem Übertragungsdatenblock verknüpft, vgl. N 11, die Seiten 23 bis 24, Abschnitte 9.3 und 9.3.2, i. V. m. Seite 10 Abschnitt 9 (Merkmal 1e), und von der - in Bezug auf die Endgeräte zentralen - Informations-Weiterleitungsstation BSC an eine Vielzahl von Endgeräten MS (Mobile Stations) übertragen, vgl. einmal mehr den Standard N 11, Seiten 7 bis 8, Abschnitt 3, Figur 1, Seite 9, Abschnitt 6, Seiten 10 bis 12, Abschnitt 9, 1. Absatz und Figur 3, Seiten 23 bis 24, Abschnitte 9.3 bis 9.3.2 (Merkmal 1f). Mit dem über ein Übertragungsnetz (hier: ein Mobilfunknetz nach dem GSM-Standard) an die Endgeräte übertragenen Datenblock ist schließlich ein auf die abgeschlossene Übertragung (Zustand) folgendes Ereignis verknüpft, das in einer Verarbeitung der mit dem übertragenen Datenblock empfangenen Daten besteht, bspw. in Form einer Rekonstruktion der mit dem Datenblock übertragenen Nachricht, vgl. N 11, Seiten 9 bis 10, Abschnitt 8 (Merkmal 1g). Das solcherart verknüpfte Ereignis - Verarbeitung der Nachricht - aktiviert in der Folge eine Anwendung gemäß Merkmal 1h. In dem Standard N 11 sind beispielhaft genannt ein Anzeigen der Nachricht (N 11, Seite 7, Abschnitt 2, letzter Absatz, oder Seite 25, erster Absatz), ein Dekomprimieren einer komprimiert übertragenen Nachricht (Seite 27, Abschnitt 9.4) und ein Weiterleiten einer Nachricht an ein externes Gerät (Seite 10, zweiter Spiegelstrich). b) Die Beklagte hat eingewendet, dass im Kontext mit den Abschnitten [0013] und [0040] der Streitpatentschrift EP 1 214 813 B2 das aus dem Standard N 11 als bekannt entnehmbare Cell Broadcast Center (CBC) nicht zu lesen sei auf die mit Anspruch 1 geforderte Informationsanbieter-Station, und verweist dazu auf N 11, Seite 7, Abschnitt 2, 1. Absatz, und weiter auf Seite 8, Abschnitt 5, 1. und 2. Absatz. Gemäß N 11 würden vielmehr Cell Broadcast Messages (Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten) durch Cell Broadcast Entities (CBEs) im Sinne einer Informationsanbieter-Station nach dem Streitpatent bereitgestellt. Wie indes oben zu Merkmal 1b des Patentanspruchs 1 dargestellt, werden Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten zwar unter Mitwirkung - vorausgehend - von CBEs bereitgestellt, das endgültige - zusammenfassende - Bereitstellen erfolgt jedoch durch die Informationsanbieter-Station CBC. Die Beklagte hat des Weiteren argumentiert, dass es sich bei dem in N 11 beschriebenen Base Station Controller (BSC) nicht um eine zentrale Informations-Weiterleitungsstation gemäß Anspruch 1 handle, nachdem BSCs mehrfach vorgesehen sein und jeweils nur mit einem Cell Broadcast Center (CBC) verbunden seien, N 11, Seiten 8 bis 9, Figur 1 und Abschnitt 6, 1. Absatz. Als eine zentrale Informations-Weiterleitungsstation gemäß Patentanspruch 1 sei somit das Cell Broadcast Center (CBC) zu betrachten. Auch mit dieser Auffassung kann die Beklagte jedoch nicht durchdringen, weil die in dem aus dem Standard N 11 als bekannt entnehmbaren Base Station Controller (BSC) gemäß den Merkmalen 1d, 1da, 1db und 1e erzeugten Datenblöcke, vgl. die oben zu den vorgenannten Merkmalen dargetanen Ausführungen, insbesondere der final gebildete Übertragungs-Datenblock von der in Bezug auf die Endgeräte MS (Mobile Stations) einen zentralen Informations-Weiterleitungsstation BSC an eine Vielzahl von Endgeräten übertragen wird (Merkmal 1f). Auch wird eine Verbindung der solcherart definierten Informations-Weiterleitungsstation BSC mit mehreren Cell Broadcast Centers (CBCs) zumindest nicht ausgeschlossen, nachdem die Cell Broadcast Centers (CBCs) gemäß dem Standard N 11 als ein außerhalb des Mobilfunk-Netzwerks (PLMN) liegender Knoten betrachtet werden, vgl. Seite 8, Abschnitt 5, 1. Absatz, i. V. m. Figur 1, und zumindest vice versa ein Cell Broadcast Center (CBC) mit mehreren Informations-Weiterleitungsstationen BSC verbunden sein kann, vgl. Seite 8, Figur 1. Auch die in den Abschnitten [0013] und [0040] der Streitpatentschrift EP 1 214 813 B2 dargelegten Sachverhalte stehen den vorstehend aufgezeigten Darlegungen offensichtlich nicht entgegen. c) Somit ist aus dem GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) dem Fachmann ein Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag bekannt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag kann deshalb nicht als neu gelten. 5. Das Informations-Übertragungssystem gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 13 nach Hauptantrag ist mangels Neuheit gegenüber dem Stand der Technik nach dem Standard N 11 ebenfalls nicht patentfähig. a) Anspruch 13 umschreibt – abgesehen von der unterschiedlichen Patentkategorie – den gleichen Sachverhalt wie Anspruch 1. b) Ein Informations-Übertragungssystem mit den Merkmalen 13a, 13b, 13d, 13e und 13ea, 13h und 13i ist aus dem GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) als bekannt entnehmbar, vgl. die Ausführungen oben unter den Abschnitten I. 4a) und I. 4b) bzgl. der den vorgenannten Merkmalen entsprechenden Merkmale 1a bis 1c und 1g bis 1h des Patentanspruchs 1. Zur Durchführung der mit den Merkmalen 13f, 13fa und 13fb des Patentanspruchs 13 geforderten Erzeugung von Datenblöcken (Informations-Inhaltsdatenblock, Informations-Beschreibungsdatenblock und Übertragungsdatenblock) gemäß den Verfahrensschritten 1d, 1da, 1db und 1e des Patentanspruchs 1 setzt der Fachmann eine Berechnungseinrichtung in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation voraus. Eine solche ist auch aus dem Standard N 11 als bekannt entnehmbar, vgl. Seite 9, Abschnitt 6, insbesondere 1., 5. und 6. Spiegelstrich, i. V. m. den Seiten 23 bis 26, Abschnitte 9.3 bis 9.3.2.5 (Merkmal 13eb). Ein erstes und ein zweites Übertragungsnetz gemäß den Merkmalen 13c resp. 13g des Patentanspruchs 13 entnimmt der Fachmann ebenfalls dem Standard N 11, vgl. Seite 8, Figur 1 und Spiegelstriche darunter. Das erste Übertragungsnetz (in Figur 1, Seite 8, mit 2 bezeichnet) beruht auf einer Spezifikation, die zwischen den Betreibern der Informationsanbieter-Station CBC und den Mobilfunk-Betreibern abgesprochen wird (vgl. Seite 8, Figur 1, 2. Spiegelstrich mit Verweis auf Seite 12, Abschnitt 9.1), das zweite Übertragungsnetz (in Figur 1, Seite 8, mit 3 und 4 bezeichnet) ist ein Mobilfunknetz nach dem GSM-Standard. c) Somit ist aus dem GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) dem Fachmann ein Informations-Übertragungssystem mit allen Merkmalen des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag bekannt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag kann deshalb ebenfalls nicht als neu gelten. 6. Mit dem nicht patentfähigen Patentanspruch 1 und dem nicht patentfähigen nebengeordneten Patentanspruch 13 nach Hauptantrag kann das Streitpatent insgesamt im aufrecht erhaltenen Umfang keinen Bestand haben, nachdem auch ein eigenständiger erfinderischer Gehalt der angegriffenen abhängigen Ansprüche 2 bis 12 und 14 bis 18 weder geltend gemacht wurde, noch für den Senat ersichtlich ist (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 - X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 - Schussfädentransport). II. Zum Hilfsantrag 1 1. Die im Rahmen des Hilfsantrags 1 verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 und 11 ergibt sich aus dem Patentanspruch 1 resp. dem Patentanspruch 13 nach Hauptantrag durch die Aufnahme der Merkmale der Patentansprüche 5 und 6 nach Hauptantrag und einem Merkmal, das in Sp. 5, Z. 5 - 10 der Streitpatentschrift seine Stütze findet. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet somit (Merkmalsgliederung in Anlehnung an Anspruch 1 nach Hauptantrag, hinzugefügte Merkmale durch Unterstreichen hervorgehoben): 1a) Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit den folgenden Schritten: 1b) Bereitstellen (S1) von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einem Speicher von mindestens einer Informationsanbieter-Station (1, 2); 1c) Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (7), 1ca) wobei das Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten: 1cb) abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird, erfolgt; oder 1cc) automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station (1, 2) in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt; 1d) Erzeugen (S3) 1da) eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten und 1db) eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation; 1e) Verknüpfen (S4) des Informations-Inhaltsdatenblocks und des Informations-Beschreibungsdatenblocks zu einem Übertragungs-Datenblock; 1f) Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), 1g) wobei mit dem über ein Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, 1h) das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie einen Internet-Browser, aktiviert. Der nebengeordnete Patentanspruch 11 nach Hilfsantrag 1 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung in Anlehnung an Anspruch 13 nach Hauptantrag, hinzugefügte Merkmale hervorgehoben): 11a) Informations-Übertragungssystem mit: 11b) mindestens einer Informationsanbieterstation (1, 2) zur Bereitstellung von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten; 11c) einem ersten Übertragungsnetz (5) zur Übertragung der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten; 11d) einer zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7), 11e) die zentrale Informations-Weiterleitungsstation (7) weist 11ea) einen Speicher zum Abspeichern der übertragenen Daten und 11eb) eine Berechnungseinrichtung auf, 11f) die Berechnungseinrichtung 11fa) erzeugt einen Informations-Inhaltsdatenblock basierend auf den Informations-Inhaltsdaten und einen Informations-Beschreibungsdatenblock basierend auf den übertragenen Informations-Beschreibungsdaten und 11fb) verknüpft den Informations-Inhaltsdatenblock bzw. -blöcke mit dem Informations-Beschreibungsdatenblock bzw. -blöcke zu einem Übertragungs-Datenblock, 11fc) wobei das Abspeichern der übertragenen Daten 11fd) abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird, erfolgt; oder 11fe) automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station (1, 2) in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt; 11g) ein zweites Übertragungsnetz (9) zur gleichzeitigen Übertragung des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19) vorgesehen ist, wobei 11h) mit dem über das Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, und 11i) das Ereignis in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie einen Internet-Browser, aktiviert. 2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt wurde. a) Der vorliegend nach Hilfsantrag 1 beanspruchte Patentanspruch 1 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass das Laden der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (Merkmal 1ca) - abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird, erfolgt (Merkmal 1cb); oder - automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station (1, 2) in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt (Merkmal 1cc). Die oben zum Hauptantrag unter Abschnitt I. und insbesondere die zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und dessen Patentfähigkeit dargelegten Ausführungen, vgl. die Abschnitte I. 4a) , I. 4b) und I. 4c) , gelten unverändert auch für die Merkmale 1a bis 1c und 1d bis 1h des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1. b) Die vorstehend aufgezeigten Unterschiede des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 zu dem bekannten Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Gemäß dem Standard N 11 erfolgt das Laden der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station BSC mittels eines von der Informationsanbieter-Station CBC veranlassten WRITE-REPLACE Request/Indication, vgl. N 11, Seiten 8 bis 9, Abschnitt 5, und Seite 12 bis 13, Abschnitte 9.1 bis 9.1.2, insbesondere Abschnitt 9.1.2, erster Absatz unter der Tabelle, i. V. m. Seiten 11 und 12, Figuren 2 und 3. Dieses Laden der Daten mittels des WRITE-REPLACE Request/Indication erfolgt automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station CBC. Dies ergibt sich für den Fachmann aus der Funktionalität der Informationsanbieter-Station CBC, vgl. N 11, Seiten 8 bis 9, Abschnitt 5, insbesondere 3. und 5. bis 7. Spiegelstrich, i. V. m. Seiten 11 und 12, Figuren 2 und 3 (Teil Merkmal 1cc). Nachdem das Management der Cell Broadcast Messages ohnehin zeitabhängig erfolgt, vgl. N 11, Seite 8, Abschnitt 5, 5. bis 7. Spiegelstrich, bietet es sich dem Fachmann an, dass das Laden der Daten in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt, da nach dem Wissen des Fachmanns ein Großteil der mittels Cell Broadcast gesendeten Daten nach Art und Inhalt zeitabhängig zu aktualisieren ist, vgl. den auf Seite 29 der N 11 in Figur 4 aufgelisteten Nachrichten-Index, insbesondere internationale und lokale Nachrichten, Wetternachrichten, Kauf- und Verkauf-Angebote, etc. (Rest Merkmal 1cc). Für den Fachmann ergibt sich somit das mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beanspruchte Verfahren zumindest in der mit den Merkmalen 1ca und 1cc geforderten oder -Alternative in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß dem Standard N 11. Nach Auffassung des Senats ist dem Fachmann jedoch auch die mit den Merkmalen 1ca und 1cb geforderte Alternative, nämlich dass das Laden der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation an die Informationsanbieter-Station gesendet wird, erfolgt, dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß dem Standard N 11 nahegelegt. Ein automatisches Senden durch die Informationsanbieter-Station und alternativ dazu ein Senden auf ein Anforderungssignal hin, das von der zentralen Weiterleitungsstation an die Informationsanbieter-Station gesendet wird, sind dem Fachmann aus seinem Fachwissen heraus als fachnotorische Austauschmittel ("push and pull") geläufig. c) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist somit nicht patentfähig, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen nahegelegt wurde. 3. Das Informations-Übertragungssystem gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 11 gemäß Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, es ist dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt. a) Der vorliegend nach Hilfsantrag 1 beanspruchte Patentanspruch 11 unterscheidet sich von Patentanspruch 13 nach Hauptantrag dadurch, dass das Abspeichern der übertragenen Daten (Merkmal 11fc) - abhängig von einem Anforderungssignal, das von der zentralen Weiterleitungsstation (7) an die Informationsanbieter-Station (1, 2) gesendet wird, erfolgt (Merkmal 11fd); oder - automatisch durch die mindestens eine Informationsanbieter-Station (1, 2) in regelmäßigen, einstellbaren Zeitabständen erfolgt (Merkmal 11fe). Die oben zum Hauptantrag unter Abschnitt I. und insbesondere die zu den Merkmalen des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag und dessen Patentfähigkeit dargelegten Ausführungen, vgl. die Abschnitte I. 5a) , I. 5b) und I. 5c) , gelten unverändert auch für die Merkmale 11a bis 11f, 11fa, 11fb und 11g bis 11i des Patentanspruchs 11 nach Hilfsantrag 1. Die gegenüber dem Informations-Übertragungssystem des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag zusätzlich in den Patentanspruch 11 nach Hilfsantrag 1 aufgenommenen Merkmale 11fc bis 11fe entsprechen den zusätzlich in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 aufgenommenen Merkmalen 1ca bis 1cc, außer dass nunmehr ein Abspeichern der übertragenen Daten anstelle eines Ladens der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher gefordert ist. Die zu den Merkmalen 1ca bis 1cc des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 in den vorangehenden Abschnitten II. 2a) , II. 2b) und II. 2c) aufgezeigten Darlegungen gelten jedoch sinngemäß unverändert auch für die zum Patentanspruch 11 nach Hilfsantrag 1 hinzugefügten Merkmale 11fc bis 11fe, indem der Fachmann mit einem Laden von Daten in einen Speicher auch ein Abspeichern derselben verbindet. b) In der Zusammenschau der vorstehend unter Abschnitt II. 3a) dargelegten Merkmals-Entsprechungen ergibt sich, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 11 gemäß Hilfsantrag 1 auch nicht patentfähig ist, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt wurde. III. Zum Hilfsantrag 2 1. Die im Rahmen des Hilfsantrags 2 verteidigte Fassung der Patentansprüche 1 und 12 ergibt sich aus dem Patentanspruch 1 resp. dem Patentanspruch 13 nach Hauptantrag durch die Aufnahme der Merkmale des Patentanspruchs 4 nach Hauptantrag. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet somit (Merkmalsgliederung in Anlehnung an Anspruch 1 nach Hauptantrag, hinzugefügte Merkmale durch Unterstreichen hervorgehoben): 1a) Verfahren zur Übertragung von Informations-Inhaltsdaten an eine Vielzahl von Endgeräten mit den folgenden Schritten: 1b) Bereitstellen (S1) von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten in einem Speicher von mindestens einer Informationsanbieter-Station (1, 2); 1c) Laden (S2) der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten in einen Speicher einer zentralen Informations-Weiterleitungs-Station (7); 1d) Erzeugen (S3) 1da) eines Informations-Inhaltsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Inhaltsdaten und 1db) eines Informations-Beschreibungsdatenblocks basierend auf den geladenen Informations-Beschreibungsdaten in der zentralen Informations-Weiterleitungsstation, 1dc) wobei der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält; 1e) Verknüpfen (S4) des Informations-Inhaltsdatenblocks und des Informations-Beschreibungsdatenblocks zu einem Übertragungs-Datenblock; 1f) Übertragen (S5) des Übertragungs-Datenblocks von der zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7) an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19), 1g) wobei mit dem über ein Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, 1h) das in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie einen Internet-Browser, aktiviert. Der nebengeordnete Patentanspruch 12 nach Hilfsantrag 2 lautet wie folgt (Merkmalsgliederung in Anlehnung an Anspruch 13 nach Hauptantrag, hinzugefügte Merkmale hervorgehoben): 12a) Informations-Übertragungssystem mit: 12b) mindestens einer Informationsanbieterstation (1, 2) zur Bereitstellung von Informations-Inhaltsdaten und Informations-Beschreibungsdaten; 12c) einem ersten Übertragungsnetz (5) zur Übertragung der Informations-Inhaltsdaten und der Informations-Beschreibungsdaten; 12d) einer zentralen Informations-Weiterleitungsstation (7), 12e) die zentrale Informations-Weiterleitungsstation (7) weist 12ea) einen Speicher zum Abspeichern der übertragenen Daten und 12eb) eine Berechnungseinrichtung auf, 12f) die Berechnungseinrichtung 12fa) erzeugt einen Informations-Inhaltsdatenblock basierend auf den Informations-Inhaltsdaten und einen Informations-Beschreibungsdatenblock basierend auf den übertragenen Informations-Beschreibungsdaten und 12fb) verknüpft den Informations-Inhaltsdatenblock bzw. -blöcke mit dem Informations-Beschreibungsdatenblock bzw. -blöcke zu einem Übertragungs-Datenblock, 12fc) wobei der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält; 12g) ein zweites Übertragungsnetz (9) zur gleichzeitigen Übertragung des Übertragungs-Datenblocks bzw. -blöcke an eine Vielzahl von Endgeräten (15-19) vorgesehen ist, wobei 12h) mit dem über das Übertragungsnetz (9) an die Endgeräte (15-19) übertragenen Datenblock ein Ereignis verknüpft ist, und 12i) das Ereignis in dem Endgerät (15-19) eine Anwendung, wie einen Internet-Browser, aktiviert. 2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt wurde. a) Der vorliegend nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Patentanspruch 1 unterscheidet sich von Patentanspruch 1 nach Hauptantrag dadurch, dass - der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält (Merkmal 1dc). Die oben zum Hauptantrag unter Abschnitt I. und insbesondere die zu den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und dessen Patentfähigkeit dargelegten Ausführungen, vgl. die Abschnitte I. 4a), I. 4b) und I. 4c) , gelten unverändert auch für die Merkmale 1a bis 1db und 1e bis 1h des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2. b) Die vorstehend aufgezeigten Unterschiede des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 zu dem bekannten Verfahren gemäß dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag können eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Wie oben unter Abschnitt I. 3 dargelegt, versteht der Fachmann unter den in einem Informations-Beschreibungs-Datenblock enthaltenen und mit Merkmal 1dc geforderten Informationsdatensätzen Beschreibungsdaten, die angeben, um welche Informationen es sich bei den Informations-Inhaltsdaten handelt. Demnach umfassen die Informationsdatensätze Metadaten, wie sie bspw. bei der Übertragung von Nachrichten per SMS oder Emails in den zugehörigen SMS-Headern oder Email-Headern vorgesehen sind. Mit den Merkmalen 1dc des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 sind als eine nicht abschließende Aufzählung beispielhaft Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks gefordert. Die genannten Beispiele von Informationsdatensätzen sind teils systembezogen, wie insbesondere Art und Typ des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks, und teils nutzerbezogen, wie geografischer Gültigkeitsraum, Gültigkeitszeitraum, zu verstehen. Die solcherart zu verstehenden Informationsdatensätze findet der Fachmann zumindest teilweise auch in dem Standard N 11, hier vor allem systembezogen angesprochen, vgl. einmal mehr N 11, die Seiten 24 bis 26, Abschnitte 9.3.2 (Oktette 1-6) bis 9.3.2.3, insbesondere Seite 24, die beiden Spiegelpunkte unter Abschnitt 9.3.2.1, und Seite 25, Abschnitt 9.3.2.2, 1. Absatz. Die mit den Merkmalen 1dc des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 geforderten Informationsdatensätze wählt der Fachmann anhand des praktischen Bedarfs, letzterer u. a. mit bestimmt durch die Art der zu sendenden Information, wie sie sich aus N 11, Seite 29, Figur 4 ergibt. So bedingen Lokale Nachrichten, Lokales Wetter von ihrer Lokalität her einen geographischen Gültigkeitsraum, Buy and Sell-Nachrichten oder Finanz-Nachrichten haben nur für einen bestimmten Zeitraum Gültigkeit. Im Übrigen ist das mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Verfahren unabhängig von einem Gültigkeitszeitraum der übertragenen Informationen. Informationsdatensätze bezüglich des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks wählt der Fachmann schließlich mit Hilfe seines Fachwissens bzgl. der Übertragung von Nachrichten mittels bspw. Emails, SMS, etc. und der dazu genutzten Metadaten, wobei zu Kodierung und Typ des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks ebenfalls auf den Standard N 11 zu verweisen ist, vgl. die Seiten 24 bis 26, die Abschnitte 9.3.2.2 und 9.3.2.3. Für den Fachmann ergibt sich somit das mit Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Verfahren in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß dem Standard N 11 in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11. c) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 ist somit nicht patentfähig, da er, wie vorstehend ausgeführt, dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt wurde. 3. Das Informations-Übertragungssystem gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 12 gemäß Hilfsantrag 2 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, es ist dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt. a) Der vorliegend nach Hilfsantrag 2 beanspruchte Patentanspruch 12 unterscheidet sich von Patentanspruch 13 nach Hauptantrag dadurch, dass - der Informations-Beschreibungs-Datenblock Informationsdatensätze bezüglich des geografischen Gültigkeitsraumes, des Gültigkeitszeitraumes, des Datenformats, der Kodierungsweise bzw. Verschlüsselung, der Art und des Typs des übertragenen Informations-Inhalts-Datenblocks enthält (Merkmal 12fc). Die oben zum Hauptantrag unter Abschnitt I. und insbesondere die zu den Merkmalen des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag und dessen Patentfähigkeit dargelegten Ausführungen, vgl. die Abschnitte I. 5a), I. 5b) und I. 5c) , gelten unverändert auch für die Merkmale 12a bis 12f, 12fa, 12fb und 12g bis 12i des Patentanspruchs 12 nach Hilfsantrag 2. Die gegenüber dem Informations-Übertragungssystem des Patentanspruchs 13 nach Hauptantrag zusätzlich in den Patentanspruch 12 nach Hilfsantrag 2 aufgenommenen Merkmale 12fc entsprechen im Wortlaut den zusätzlich in den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 aufgenommenen Merkmalen 1dc. Die zu den Merkmalen 1dc des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 in den vorangehenden Abschnitten III. 2a) , III. 2b) und III. 2c) aufgezeigten Darlegungen gelten ebenso unverändert auch für die zum Patentanspruch 12 nach Hilfsantrag 2 hinzugefügten Merkmale 12fc. b) In der Zusammenschau der vorstehend unter Abschnitt III. 3a) dargelegten Merkmals-Entsprechungen ergibt sich, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 12 gemäß Hilfsantrag 2 auch nicht patentfähig ist, da er dem Fachmann durch den Stand der Technik gemäß GSM-Standard GSM 03.41, Version 7.1.0 (07.99), "Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)" (Anlage N 11) in Verbindung mit seinem Fachwissen, belegt ebenfalls durch den Standard N 11, nahegelegt wurde. 4. Bei dieser Sachlage kann die Zulässigkeit der Patentansprüche 1 und 12 nach Hilfsantrag 2 dahinstehen. IV. Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006026&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006027
BPatG
München
29. Senat
20100512
29 W (pat) 101/10
Beschluss
§ 83 Abs 2 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Strategy Circle" – beschreibender Hinweis – Freihaltungsbedürfnis – Zulassung der Rechtsbeschwerde
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 307 76 898.8 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: 1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I. Die Wortfolge Strategy Circle ist am 26. November 2007 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 35: Unternehmensberatung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Marktforschung und Marktanalyse; Marketing; Personalmanagementberatung; Klasse 41: Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren und Workshops. Durch Beschluss vom 19. August 2009 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen sich aus Begriffen des englischen Grundwortschatzes, nämlich "Strategy" für "Strategie, Kriegskunst oder Planung" und "Circle" mit den Bedeutungen "Kreis, Ring, Zirkel oder Gruppe", zusammensetze und von den angesprochenen Fachkreisen aus Wirtschaft und Industrie in seiner Gesamtheit als "Strategiezirkel" verstanden werde, auch weil die englische Zusammensetzung der entsprechenden deutschen Wortkombination sehr ähnlich sei. Die angemeldete Wortfolge werde daher als beschreibender Hinweis auf Dienstleistungen aufgefasst, die von einem Strategiezirkel erbracht oder benötigt würden, weil alle beanspruchten Dienstleistungen dazu dienen könnten, dass ein Kreis besonders kompetenter Führungskräfte Strategien zur Lösung anstehender Probleme entwickle, zumal dieser Begriff auf deutschsprachigen Internetseiten bereits im genannten Sinne verwendet werde. Aus der Eintragung identischer Wortmarken als Gemeinschaftsmarke sowie in den USA und Kanada für identische Dienstleistungen der Klasse 41 könne wegen eines anderen Sprach- und Rechtsempfindens kein Eintragungsanspruch hergeleitet werden. Im Übrigen hätten mehrere vergleichbare Anmeldungen mit den Bestandteilen "Strategy" und "Circle" nicht zur Eintragung als Marke geführt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. August 2009 aufzuheben. Zur Begründung trägt sie vor, bei der angemeldeten Bezeichnung handle es sich um einen erfundenen Gesamtbegriff, dem aufgrund der Vielzahl von Bedeutungen des englischen Wortes "Circle", u. a. auch "Felge" und "Gesellschaft", keine klare Bedeutung zukomme. Nicht einmal der deutsche Begriff "Strategiezirkel" sei lexikalisch nachweisbar. Die angemeldete Wortfolge sei daher kein gebräuchliches Wort der deutschen oder englischen Sprache. Ihr könne daher weder jegliche Unterscheidungskraft für die angemeldeten Dienstleistungen abgesprochen werden, noch sei ein Freihaltebedürfnis gegeben, weil eine beschreibende Benutzung durch Dritte nicht festzustellen sei. Die Bezeichnung werde zudem außer von ihr nur noch von einem weiteren Unternehmen markenmäßig benutzt. Weiterhin rügt die Anmelderin, das DPMA habe die Eintragung wortlautmäßig identischer Wortmarken als Gemeinschaftsmarke (1 797 166) sowie in den USA und Kanada für identische Dienstleistungen der Klasse 41 nicht hinreichend berücksichtigt. Ferner führt sie an, dass in Australien die identische Wortmarke für identische Dienstleistungen der Klasse 41 sowie in Großbritannien und Neuseeland identische Wortmarken für vergleichbare Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragen worden seien. Wegen näherer Einzelheiten zu diesen Marken wird auf die Seiten 1 bis 5 ihres Schriftsatzes vom 22. April 2010 (Bl. 50 - 54 GA) und die Anlagen 5 bis 10 (Bl. 57 - 82 GA) Bezug genommen. Zudem verweist sie auf 69 eingetragene deutsche Wortmarken mit dem Endbestandteil "Circle" und 20 weitere mit dem Anfangsbestandteil "Strategy" jeweils in den beiden Klassen 35 und 41, in welche sich die angemeldete Wortfolge unmittelbar einfüge. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens ist sie auf neun vom DPMA in den letzten fünf Jahren eingetragene Wortmarken, siebenmal mit dem Bestandteil "Circle" und zweimal mit dem Bestandteil "Strategy", und auf 15 vor mehr als fünf Jahren eingetragene deutsche Wortmarken mit den beiden verfahrensgegenständlichen Begriffen (elfmal mit dem Bestandteil "Circle" und zweimal mit dem Bestandteil "Strategy") für vergleichbare Dienstleistungen näher eingegangen. Wegen der detaillierten Darstellung dieser Drittmarken wird auf die Seiten 5 bis 7 ihres Schriftsatzes vom 22. April 2010 (Bl. 54 - 56 GA) sowie die Anlagen 11 und 12 (Bl. 83 - 110 GA) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "Strategy Circle" als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis des Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher zu Recht die Eintragung versagt. Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken nicht schutzfähig, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, 725 Rdnr. 25 - Chiemsee; GRUR 2004, 680, 681 Rdnr. 35, 36 -BIOMILD). Als beschreibend im Sinne dieser Vorschrift können dabei auch sprachliche Neuschöpfungen angesehen werden, die aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sind, wenn für die Neuschöpfung selbst in ihrer Gesamtheit ein beschreibender Charakter feststellbar ist (EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - BIOMILD). Ferner erfordert das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht, dass die fraglichen Zeichen oder Angaben bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen der angemeldeten Art verwendet werden, vielmehr genügt, dass sie zu diesen Zwecken verwendet werden können (EuGH GRUR 2004, 146, 147 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38 - BIOMILD). Dies ist bei einem Wortzeichen dann der Fall, wenn es - in üblicher Sprachform und für die beteiligten Verkehrskreise verständlich - ein Merkmal der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH a. a. O. Rdnr. 32 - DOUBLEMINT; a. a. O. Rdnr. 38, 39 - BIOMILD). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die angemeldete Marke setzt sich aus den Wörtern "Strategy" und "Circle" zusammen. Bei dem Markenbestandteil "Strategy" handelt es sich um einen allgemeinen Begriff der englischen Sprache mit den Bedeutungen "Strategie, Taktik, Kriegskunst oder Planung" (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 898; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., 2005 [CD-ROM]; LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org). Das zweite Markenwort "Circle" stellt ebenfalls einen Begriff des englischen Grundwortschatzes dar und wird mit "Kreis, Rang, Runde, Zirkel, Felge, Felgumschwung, Gesellschaft, Kreislinie, Lebensdauer, Ring, Ronde oder Zyklus" übersetzt (Pons, Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 2002, S. 139; Duden-Oxford - Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., 2005 [CD-ROM]; LEO-Online Lexikon, a. a. O.). Da beide Begriffe zu dem beim inländischen Durchschnittsverbraucher vorhandenen Basiswissen der englischen Sprache gehören, wird die verfahrensgegenständliche Wortfolge von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen entsprechend der deutschen Wortkombination in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen, die im Bereich der Unternehmensberatung angesiedelt sind, ausschließlich als "Strategiezirkel" oder "Strategiekreis", also als ein auf verschiedenen Fachgebieten gebildeter Arbeitskreis von Entscheidungsträgern oder Führungskräften verstanden werden, zumal dieser Begriff, wie eine Internetrecherche des DPMA und des Senats gezeigt hat, auch bereits verwendet wird, z. B. von einer Coachingfirma, in der öffentlichen Verwaltung, in der Medienindustrie, im Gesundheitswesen, im Handel, in der Telekommunikation, im Gesundheits- und Versicherungswesen sowie auf dem Energiesektor. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt eine Übersetzung des Wortes "Circle" mit dem deutschen Begriff für das Zeichengerät "Zirkel" auch schon deshalb nicht in Betracht, weil die englische Übersetzung dafür nicht "circle", sondern "pair of compasses" lautet (Pons, Großwörterbuch, Deutsch-Englisch, 2002, S. 880; Duden-Oxford, a. a. O.). Hinzu kommt, dass der Sinngehalt einer Marke ausschließlich in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu beurteilen ist. Im Zusammenhang mit den im Bereich der Unternehmensberatung angesiedelten Dienstleistungen macht aber nur die Bedeutung "Strategiezirkel" oder "Strategiekreis" Sinn. Ferner handelt es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen eher um Fachkreise aus Wirtschaft und Industrie, in welchen Englisch die internationale Basis- und Verkehrssprache ist, so dass sie den angemeldeten Markenbegriff ohne weiteres verstehen. Mit dieser Gesamtbedeutung stellt die angemeldete Marke in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen einen unmittelbar beschreibenden Hinweis auf deren Art, Erbringer, Zielgruppe oder Inhalt dar. Denn alle in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen "Unternehmensberatung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Marktforschung und Marktanalyse; Marketing; Personalmanagementberatung" können von einem Strategiezirkel erbracht oder benötigt werden. Sie können dazu dienen, einen Kreis besonders kompetenter Entscheidungsträger oder Führungskräfte dabei zu unterstützen, Strategien zur Lösung anstehender Probleme zu entwickeln, also Arbeits-(Strategie-)kreise bei der Entscheidungsfindung zu beraten, oder bei der Bildung solcher Zirkel initiierend oder unterstützend mitzuwirken. Die in Klasse 41 angemeldeten Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren und Workshops" können sich inhaltlich mit der Bildung oder Durchführung von "Strategiezirkeln" oder mit innerhalb von "Strategiezirkeln" zu behandelnden Themen befassen. Auch als lexikalisch nicht nachweisbare sprachliche Neuschöpfung ist das Anmeldezeichen nicht so ungewöhnlich, dass es in Bezug auf die genannten Dienstleistungen einen über die bloße Summe ihrer beschreibenden Bestandteile hinausgehenden individualisierenden Herkunftshinweis darstellen kann (vgl. EuGH a. a. O. Rdnr. 37 - BIOMILD). Die Neuschöpfung hat vielmehr selbst ausschließlich beschreibenden Charakter und wird auch im inländischen Sprachgebrauch als reine Sachbezeichnung aufgefasst. Da die Wortfolge "Strategy Circle" im Verkehr zur Beschreibung der von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen dienen kann und somit nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist, kann dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) vorliegt. Der Umstand, dass 69 deutsche Wortmarken mit dem Endbestandteil "Circle" und 20 weitere mit dem Anfangsbestandteil "Strategy" jeweils in den beiden Klassen 35 und 41 eingetragen wurden, ändert nichts an der fehlenden Schutzfähigkeit des vorliegend zu beurteilenden Anmeldezeichens. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 - juris Tz. 15 - print24). Ferner wird verlangt, dass der Beschwerdeführer seiner - die Amtsermittlung immanent einschränkenden - materiellen Mitwirkungslast nachkommt. Das bedeutet, dass er substantiiert zur Vergleichbarkeit des Eintragungszeitpunkts, des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses, der Zeichen selbst und der jeweiligen Rechtsprechungssituation vortragen muss. Es genügt nicht, ähnlich geartete Voreintragungen ohne eigene Auswertung und Gegenüberstellung nach den vorgenannten Kriterien schlicht aufzuzählen (BPatG GRUR 2009, 1173, 1175 - Freizeit-Rätsel-Woche). Hinzu kommt, dass sich allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten lässt, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 - Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST ). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann. Von den neun in den letzten fünf Jahren vorgenommenen Eintragungen, welche die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer Mitwirkungspflicht näher dargestellt hat, ist eine einzige vollständig vergleichbar, nämlich die am 3. Juli 2008 für u. a. teilweise identische und teilweise hochgradig ähnliche Dienstleistungen der Klassen 35 und 41 eingetragene Marke "Inner Circle Consultants" (Anlage 11, Bl. 83 GA). Drei weitere sind nur teilweise vergleichbar: die am 25. Februar 2009 für identische Dienstleistungen der Klasse 41 eingetragene Marke " CIRCLE OF SUPERCHEFS " (Anlage 11, Bl. 91 GA), die am 29. März 2007 für identische Dienstleistungen der Klasse 41 eingetragene Marke "Dynamic Investment Circle" (Anlage 11, Bl. 89 GA) und die für identische Dienstleistungen in Klasse 35 am 15. Mai 2006 eingetragene Marke "CRS-Customer Revival Strategy" (Anlage 11, Bl. 90 GA). Die übrigen sieben in den letzten fünf Jahren vom DPMA eingetragenen Marken " LabCircle ", "Magic Circle", " FirstCircle " (Anlage 11, Bl. 84 - 88 GA), "World Mobility Circle" und "Messaging Strategy" (Anlage 11, Bl. 92 -95 GA) sind weder unmittelbar beschreibend, noch kann ihnen jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die weiteren von der Beschwerdeführerin näher dargelegten, im Zeitraum von 1994 bis 2004 eingetragenen 15 Marken sind überwiegend nicht vergleichbar und liegen zudem bereits zu lange zurück, um eine Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung ausschließen zu können. Eine willkürliche Ungleichbehandlung durch das DPMA kann daher nicht festgestellt werden. Die Tatsache, dass identische Wortmarken als Gemeinschaftsmarke (1 797 166) sowie in den USA, Kanada und Australien für identische Dienstleistungen der Klasse 41 sowie in Großbritannien und Neuseeland für vergleichbare Dienstleistungen der Klasse 35 eingetragen bzw. registriert wurden, ist nicht geeignet, das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auszuräumen. Selbst die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Harmonisierungsamt aufgrund der Gemeinschaftsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428, 432, Nr. 63 - Henkel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 18 - Willkommen im Leben). Erst recht gilt dies für Eintragungen in Staaten außerhalb des harmonisierten Markenrechts, die unter teilweise anderen rechtlichen Voraussetzungen erfolgt sind. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 83 Abs. 2 MarkenG zugelassen, weil der vorliegende Fall im Hinblick auf den Beschluss des Xa. Senats des Bundesgerichtshofs vom 15. April 2010 (- Xa ZB 10/09 -), mit dem im Bereich des Patentrechts entschieden worden ist, dass die deutschen Gerichte Entscheidungen, die durch die Instanzen des Europäischen Patentamts oder durch Gerichte anderer Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens ergangen sind und eine im Wesentlichen gleiche Fragestellung betreffen, zu beachten und sich gegebenenfalls mit den Gründen auseinanderzusetzen zu hätten, die bei der vorangegangenen Entscheidung zu einem abweichenden Ergebnis geführt haben (Tz. 14), die Frage aufwirft, ob diese Vorgehensweise auch im Bereich des Markenrechts bei identischen oder ähnlichen Eintragungen fremdsprachiger Marken durch das Harmonisierungsamt, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland geboten ist. Bis zu seiner Entscheidung am 4. Dezember 2008 (- I ZB 48/08, GRUR 2009, 778, 780 Rdnr. 18 - Willkommen im Leben), in welcher er auf die beiden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 12. Februar 2004 (GRUR 2004, 428, 432 Rdnr. 63 - Henkel/Waschmittelflasche; a. a. O. 674, 676 Rdnr. 43 - Postkantoor) Bezug nimmt, hat der I. Zivilsenat in ständiger Rechtsprechung die Rechtsauffassung vertreten, dass der Eintragung identischer oder ähnlicher fremdsprachiger Marken durch das HABM oder in anderen Ländern zwar keine rechtliche Bindung, aber zumindest eine Indizwirkung zuzumessen sei (BGH GRUR 2006, 850, 855 Rdnr. 27 - FUSSBALL WM 2006; 2005, 578, 580 - LOKMAUS ; 2004, 506, 507 - Taschenlampe; 2001, 1046, 1047 - GENESCAN; GRUR Int 2001, 462, 464 - Stabtaschenlampen; GRUR 1999, 988, 989 f. - HOUSE OF BLUES ; 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT ; 1991, 136, 138 - NEW MAN; 1990, 517 - SMARTWARE; 1989, 421, 422 - Conductor; 1988, 379, 380 - RIGIDITE ), es sei denn, das Markenwort habe als Fremdwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden und das Freihaltebedürfnis müsse nach dem Sprachsinn und nach der Bedeutung des Fremdworts in Deutschland beurteilt werden (BGH GRUR 1993, 746, 747 - Premiere). Von dieser grundsätzlichen Indizwirkung ist er aber in seiner Entscheidung vom 4. Dezember 2008 (GRUR a. a. O. - Willkommen im Leben) ohne weitere Begründung nicht mehr ausgegangen. Ein ausdrückliches Abrücken von der vorhergehenden Ansicht ergab sich daraus nicht. Aufgrund der bereits dargestellten Entscheidung des Xa. Zivilsenats ergab sich für den Senat nunmehr die Frage, ob identische oder ähnliche Markeneintragungen des Harmonisierungsamtes, in Mitgliedstaaten der EU oder im übrigen Ausland von deutschen Gerichten zu berücksichtigen sind. Dies bedarf einer höchstrichterlichen Klärung.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006027&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006034
BPatG
München
29. Senat
20100531
29 W (pat) 506/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "SCHÜTZT WAS GUT IST (Wort-Bild-Marke)" – sloganartige Wortfolge - Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 062 302.0 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 31. Mai 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, des Richters Dr. Kortbein und der Richterin Kortge beschlossen: Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. November 2009 wird aufgehoben.
I. Das Wort-/Bildzeichen Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen ist am 25. September 2008 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren- und Dienstleistungen angemeldet worden: Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit nicht in anderen Klassen enthalten; Verpackungsbehälter und Verpackungsmaterial aus Papier oder aus mit Plastikmaterial beschichtetem Papier; Taschen, Säcke und Zuschnitte aus Papier, Pappe, Stärke oder Kunststoff für Verpackungszwecke und für Lagerungszwecke von Nahrungsmitteln und flüssigen oder halbflüssigen Produkten; Behälter aus Pappe oder Kunststoff für Eiscrem ; Verpackungsmaterial aus Kunststoff (soweit nicht in anderen Klassen enthalten); Plastikfolien für Verpackungszwecke; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Schreibwaren; Lehr und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Klasse 20: Waren (soweit nicht in anderen Klassen enthalten) aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutt, Meerschaum und deren Ersatzstoffe oder aus Kunststoffen; Flaschenverschlüsse und Flaschendeckel (nicht aus Metall); Strohhalme; Transportpaletten (nicht aus Metall); Plastikcontainer; Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Molke und Molkeproteine (für menschliche Verzehrzwecke); Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Eiscreme; Getränke mit Kaffee, Tee, Kakao oder auf Schokoladenbasis; Eistee; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig; Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken. Mit Beschluss vom 18. November 2009 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft und Freihaltebedürftigkeit zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, dass das angemeldete Zeichen, welches aus einer allgemein geläufigen, sprachüblich gebildeten deutschen Wortfolge bestehe, den in Rede stehenden Waren eine beschreibende und/oder werblich anpreisende Aussage zuordne. Die angemeldete Wortfolge enthalte für die im Bereich der Verpackung angesiedelten Waren der Klassen 16 und 20 die unmittelbar beschreibende Angabe, dass diese eine wünschenswerte Schutzfunktion für qualitativ hochwertige Waren aufwiesen, während die Druckereierzeugnisse sowie die Lehr- und Unterrichtsmittel sich thematisch mit dem Schutz guter Dinge befassten. Insoweit bestehe daher auch ein Freihaltebedürfnis. Hinsichtlich der übrigen Waren werde die angemeldete Wortfolge ausschließlich als allgemein anpreisender Werbeslogan mit der Aufforderung, Gutes zu schützen, ohne Hinweisfunktion auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden. Der Umstand, dass nach grammatikalischen Regeln hinter "schützt" ein Komma fehle, werde, abgesehen davon, dass einem Großteil des angesprochenen Verkehrs das Fehlen dieses Satzzeichens gar nicht auffallen werde, lediglich als werbeübliche Verfremdung verstanden. Die von der Anmelderin benannten Voreintragungen ließen einen Vergleich mit der vorliegenden Marke weder tatsächlich noch rechtlich zu. Es handele sich um nicht eingetragene oder im Register bereits gelöschte Marken, um Wort-/Bildmarken mit charakteristischer grafischer Gestaltung oder um heterogene Wortfolgen, welche zudem für andere Waren und Dienstleistungen eingetragen worden seien. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss des DPMA vom 18. November 2009 aufzuheben. Zur Begründung trägt sie vor, dass der beanspruchte Werbeslogan originell, prägnant und mehrdeutig sei, weil er eine unbestimmte Vielzahl möglicher Schutzfunktionen assoziiere. Da die Anmelderin im Umweltschutz aktiv und ihre Kartonverpackungen recycelbar seien, habe die angemeldete Wortfolge für die beanspruchten Waren auch die Bedeutung besonderer Umweltfreundlichkeit. Gleichzeitig könne der angemeldete Slogan eine Aufforderung an den Verbraucher darstellen, das Gute oder gute Dinge zu schützen. Dabei sei auch der Begriff "gut" unklar und vermittle lediglich allgemeine positive Konnotationen. Auch als Aufruf, die Umwelt oder seine eigene Gesundheit zu schützen, könne das Anmeldezeichen verstanden werden. Die vollständig fehlende Interpunktion innerhalb der angemeldeten Wortzusammenstellung trage dazu bei, vielfältige Möglichkeiten der sprachlichen und inhaltlichen Interpretation des Zeichens zuzulassen. Die Vieldeutigkeit von " SCHÜTZT WAS GUT IST" löse daher bei den Verkehrskreisen einen Denkprozess darüber aus, in welcher Form dieser Schutz erfolge und was genau gut sei. Diese pfiffige und überraschende Formulierung schlage zudem eine unscharfe und zum Nachdenken anregende "Brücke" zu der zu verpackenden Ware. Aufgrund dieser Interpretationsbedürftigkeit habe die angemeldete Marke auch keinen unmittelbar beschreibenden Charakter, so dass ein Freihaltebedürfnis nicht gegeben sei. Die angemeldete Marke vereine ihre vier Unternehmenshauptziele, nämlich Nahrungsmittelsicherheit, Verbraucherschutz, Umweltschutz und Mitarbeiterzufriedenheit, in einem witzigen, prägnant kurzen Slogan, der inzwischen zum Symbol der Anmelderin geworden sei, wie eine Internetrecherche unter www.google.de zeige. Die Anmelderin verfüge über einen Marktanteil von … % bei Milchverpackungen. Hilfsweise macht die Anmelderin daher auch Verkehrsdurchsetzung geltend. Das angemeldete Zeichen verfüge über eine hohe Bekanntheit. Die Gesamtwerbeaufwendungen für den angemeldeten Slogan hätten im Jahr 2003 bei … Mio €, im Jahr 2004 bei … Mio. € und im Jahr 2005 bei … Mio. € gelegen. Mit ihnen seien in den Jahren 2003 bis 2005 Werbekampagnen und Befragungen durchgeführt worden (Anlage F, Bl. 61 - 65 GA). Der Bekanntheitswert dieses Slogans habe im August 2005 bereits … % betragen (Anlage F, Bl. 65 GA). Im Jahre 2008 seien etwa … Mio. € für Anzeigenkampagnen ausgegeben worden (Anlage H, Bl. 70 - 75 GA, Anlage I, Bl. 76 - 90, 94, 95, 98, 99, 101 - 104, 108 - 110, 116, 118 - 120, 122, 124 - 129 GA). Im Jahre 2009 seien für TV-Spots etwa … Mio. € ausgegeben worden. Auch verschiedene Anzeigenkampagnen seien in diesem Jahr gemacht worden (Anlage I, Bl. 91 - 93, 96, 97, 100, 105 - 107, 111 - 115, 117, 121, 123 GA) Der Bekanntheitsgrad der angemeldeten Wortfolge habe 2009 zwischen … % und … % geschwankt (Anlage G, Bl. 66 - 69 GA). Auf den Verpackungskartons (Anlage J, Bl. 130, 131 GA) erscheine das Anmeldezeichen an der rechten oberen Ecke und werde daher vom Verkehr ohne weiteres wahrgenommen. Der Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel e. V. habe am 18. Mai 2010 (Anlage K, Bl. 132 GA) die Bekanntheit der angemeldeten Wortfolge in der Branche seit 2008 bestätigt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat auch in der Sache Erfolg. Der Eintragung der als Wort-/Bildzeichen angemeldeten Wortfolge SCHÜTZT WAS GUT IST als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die beanspruchten Waren kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen. 1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE ; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2008, 1093 Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2009, 949 f. Rdnr. 10 - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION ; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK ; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard ) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen (hier: einer sloganartigen Wortfolge) auszugehen, ohne dass unterschiedliche Anforderungen an die Unterscheidungskraft von sloganartigen Wortfolgen gegenüber anderen Wortmarken gerechtfertigt sind (EuGH GRUR 2010, 228, 231 Rdnr. 36 - Vorsprung durch Technik; EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 Rdnr. 32 u. 36, 1030 Rdnr. 44 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT ; BGH a. a. O. Rdnr. 12 - My World; BGH GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 12 - Willkommen im Leben). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt (BGH a. a. O. - My World u. Willkommen im Leben). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen (EuGH a. a. O. Rdnr. 56 - Vorsprung durch Technik). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen (EuGH a. a. O. Rdnr. 57 - Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. - My World). Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die Wortfolge " SCHÜTZT WAS GUT IST" für die angemeldeten Waren; sie ist aufgrund ihrer Kürze prägnant, einfach gehalten und eingängig. Ohne ergänzende Zusätze ist sie in Bezug auf die beanspruchten Waren entgegen der Ansicht der Markenstelle mehrdeutig und regt zum Nachdenken an. Die grammatikalisch korrekt gebildete, aus allgemein bekannten deutschen Wörtern bestehende Wortfolge " SCHÜTZT WAS GUT IST" ist für die von den beanspruchten Waren angesprochenen inländischen Verkehrskreise zwar grundsätzlich verständlich, aber durch ihre Mehrdeutigkeit weist sie die erforderliche Eigenart auf, um vom Verkehr als Unternehmenshinweis für die angemeldeten Waren aufgefasst zu werden. Zwar kommt dem deklinierten Verb " SCHÜTZT ", wenn man es aus der Wortfolge herauslöst, in Bezug auf die in den Klassen 16 und 20 aufgeführten Verpackungsmaterialien die Bedeutung einer Schutzfunktion und damit einer Sachaussage zu und Druckereierzeugnisse sowie Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) können sich inhaltlich mit Schutzmaterialien befassen, aber durch die weiteren Sloganbestandteile "WAS GUT IST" wird die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs von der schützenden Umverpackung sogleich auf die mit dem Relativpronomen "WAS" unbestimmt bezeichnete, zu verpackende Ware, gerichtet, die mit dem unklaren, weil definitionsbedürftigen Adjektiv "GUT" gekennzeichnet wird. Da der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen, kann dem angemeldeten Slogan daher in Bezug auf die Waren der Klassen 16 und 20 kein eindeutiger Begriffsinhalt entnommen werden. Der Sinngehalt der Aussage bleibt vielmehr interpretationsbedürftig. Es bedarf mehrerer analysierender Zwischenschritte, um die verschiedenen Bedeutungsinhalte wahrzunehmen. Es kann entweder die Schutzfunktion der Verpackungsmaterialien "gut" sein im Sinne von " SCHÜTZT GUT", wobei bereits offen bleibt, welche Art von Schutz geboten wird, also ob Schutz beim Transport, Schutz vor Verschmutzung, Beschädigung oder Zerstörung, Schutz gegen Kälte oder Wärme, Schutz vor Licht, Schutz vor Nährstoff- oder Vitaminverlust, Schutz der Gesundheit des Konsumenten, Aromaschutz, Schutz gegen Bakterien und Viren oder Umweltschutz infolge Recycling der Verpackung. Mit der Wortfolge " SCHÜTZT WAS GUT IST" kann aber auch gemeint sein, dass der zu schützende Inhalt, also die verpackte Ware selbst, gut ist. Auch wenn dem Verkehr grundsätzlich bekannt ist, dass der Verpackungshersteller auf die "Güte" der verpackten Waren gar keinen Einfluss haben und damit auch keine Aussage zu deren Qualität treffen kann, kann diese Bedeutung nicht völlig ausgeschlossen werden. Denn auch, um dies zu erkennen, sind interpretierende Gedankenschritte erforderlich. Da es sich bei dem Wort " SCHÜTZT " auch um die imperative Form des Verbs "schützen" handelt, kann es sich um eine ganz allgemeine Aufforderung an den Verbraucher handeln, Gutes zu schützen. In allen vorgenannten Fällen bedarf aber auch der Begriff "GUT" einer weiteren Auslegung. Denn es bleibt unklar, wann eine Verpackung oder eine Ware als gut bezeichnet werden kann und was unter dem "Guten", das geschützt werden soll, zu verstehen ist. In Bezug auf die beanspruchten, stets einer Verpackung bedürfenden Lebensmittel der Klassen 29, 30 und 32 ist die angemeldete Wortfolge " SCHÜTZT WAS GUT IST" ebenfalls mehrdeutig und löst bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess aus. Der Slogan kann dahingehend verstanden werden, dass der Genuss der vorgenannten Lebensmittel den Konsumenten bzw. dessen Gesundheit schützt. Mit ihm kann der Verbraucher aber auch dazu aufgefordert werden, die unbelastete Erzeugung und Herstellung dieser Lebensmittel, also seine Umwelt, zu schützen. Angesichts dieses diffusen, mehrdeutigen Sinngehalts der angemeldeten Wortfolge, die durch die fehlende Interpunktion noch verstärkt wird, wird das angesprochene Publikum den Werbeslogan noch als so hinreichend phantasievoll ansehen, dass ihm nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann. 2. Wegen der fehlenden Eignung zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren kann bei der angemeldeten Wortfolge auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden. 3. Auf die von der Anmelderin hilfsweise mit Blick auf § 8 Abs. 3 MarkenG aufgeworfene Frage der Verkehrsdurchsetzung des verfahrensgegenständlichen Anmeldezeichens kam es nicht mehr an.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006034&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006035
BPatG
München
28. Senat
20100505
28 W (pat) 117/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 8 Abs 3 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 50 Abs 2 S 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "MINIGAP" – Freihaltungsbedürfnis - keine Verkehrsdurchsetzung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 398 32 524 hier: Löschungsverfahren hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 398 32 524 MINIGAP die am 10. Juni 1998 angemeldet und am 30. Juli 1998 für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 7 "Maschinen für das grafische Gewerbe und deren Bestandteile; Gummituch für Druckmaschinen" in das Markenregister eingetragen wurde. Die Beschwerdegegnerin hat die Löschung der Marke beantragt und zur Begründung vorgetragen, der Marke hätten bereits zum Eintragungszeitpunkt absolute Schutzhindernisse entgegengestanden, die auch aktuell noch gegeben seien. Dem Markenwort " Minigap " komme mit seinem Bedeutungsgehalt "Minispalt" ein unzweideutiger Sachhinweis auf eine bestimmte Technologie für Druckmaschinenzylinder zu, der von den angesprochenen Fachkreisen auch ohne weiteres als solcher verstanden werde. Der Begriff " MINIGAP " sei nachweislich bereits vor dem Eintragungszeitpunkt als technischer Fachbegriff verwendet worden, wie sich dies eindeutig aus den von der Antragstellerin eingereichten Belegen ergebe. Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen und zur Begründung vorgetragen, der angegriffenen Marke könnten mangels eines sachbezogenen Begriffsinhalts keine Schutzhindernisse entgegengehalten werden. Dies umso weniger, als insoweit ein großzügiger Maßstab angelegt werden müsse. Zur Verneinung der Schutzfähigkeit müsse das angegriffene Markenwort entweder eine unmittelbar beschreibende Sachaussage enthalten oder zumindest ein enger sachlicher Bezug zu den Waren/Dienstleistungen aufweisen. Dies sei aber gerade nicht der Fall. Allenfalls über eine analysierende Betrachtungsweise könnte ein gewisser, mittelbarer Zusammenhang zwischen dem Markenwort " MINIGAP " und den einschlägigen Waren hergestellt werden. Eine solche Vorgehensweise dürfe der Schutzfähigkeitsprüfung aber nicht zugrunde gelegt werden. Die vermeintlich einschlägigen, von der Antragstellerin zum Nachweis der von ihr behaupteten, beschreibenden Verwendung des Markenworts vorgelegten Belege gingen sämtlich ins Leere. Somit fehle es an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dafür, dass die behaupteten Schutzhindernisse bereits zum Eintragungszeitpunkt vorgelegen hätten. Im Übrigen spreche schon die Voreintragung des angegriffenen Zeichens als IR-Marke sowie weitere ausländische Paralleleintragungen in englischsprachigen Ländern für ihre Schutzfähigkeit. Selbst wenn der Marke aber zum Eintragungszeitpunkt absolute Schutzhindernisse entgegengestanden hätten, seien diese inzwischen aufgrund ihrer intensiven Benutzung überwunden worden, denn die Markeninhaberin sei der älteste und größte Druckmaschinenhersteller der Welt und genieße eine überragende Bekanntheit. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 17. Juni 2009 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Bezeichnung " MINIGAP " sei zur Beschreibung der von der angegriffenen Marke umfassten Waren geeignet und ohne Unterscheidungskraft. Diese Schutzhindernisse hätten auch bereits zum Zeitpunkt der Eintragung der Marke bestanden. Das aus den beiden Bestandteilen " MINI " i. S. v. "sehr klein" und "GAP" mit seinem Bedeutungsgehalt "Spalt, Zwischenraum" zusammengesetzte Markenwort könne mit seinem produktbezogenen Aussagehalt "Minispalt" im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren als Hinweis darauf dienen, dass die fraglichen Druckmaschinen oder ihre Bestandteile mit einem solchen "Minispalt" ausgestattet bzw. die beanspruchten Druckgummitücher speziell für die Befestigung in einem sehr kleinen Befestigungskanal vorgesehen seien. In diesem Sinne werde die Bezeichnung " MINIGAP " im Übrigen nachweislich bereits seit 1995 beschreibend verwendet, u. a. von der Markeninhaberin selbst. Auch die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen könnten keine andere Beurteilung der Schutzfähigkeit der angegriffenen Marke begründen. Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es lägen keinerlei belastbare Nachweise dafür vor, dass es sich bei dem Markenwort um einen beschreibenden Sachbegriff handle. Dies gelte ganz besonders für den Zeitpunkt der Eintragung des angegriffenen Zeichens. Die Behauptung, die Bezeichnung " MINIGAP " stelle auf dem Gebiet der Drucktechnik einen gebräuchlichen Fachbegriff dar, treffe nicht zu. Vielmehr stelle sich die angegriffene Marke als fantasievolle, lexikalisch nicht belegbare Wortneuschöpfung dar. Die von der Antragstellerin im Verfahrensverlauf vorgelegten Belege verwiesen entweder auf die Markeninhaberin selbst oder seien nicht auf den maßgeblichen Eintragungszeitpunkt bezogen oder zeigten das Markenwort " MINIGAP " gerade nicht in Alleinstellung. Soweit die Belege auf die Verwendung der Bezeichnung " Minigap -Technologie" bezogen seien, stelle dies eine namensmäßige und keinesfalls eine beschreibende Verwendung des Markenworts dar. Auch das von der Antragstellerin angeführte Fachbuch "Der Rollen-Offsetdruck" von Wolfgang Walenski , weise ausdrücklich auf die von der Markeninhaberin entwickelte Minigap -Technik hin und dokumentiere damit lediglich eine namensmäßige Verwendung des Markenworts. Da mit den verfahrensgegenständlichen Waren Endkunden aus dem Druckereibereich und nicht etwa Patentfachleute angesprochen würden, müssten die vorgelegten Patentschriften als irrelevant angesehen werden, da sie den fraglichen Verkehrskreisen unbekannt bzw. unverständlich seien. Insgesamt sei die Löschungsreife der angegriffenen Marke für die beiden maßgeblichen Zeitpunkte somit nicht nachgewiesen worden. Da der Marke jeder eindeutige Warenbezug fehle und ein beschreibender Aussagegehalt deshalb von vornherein ausscheide, bleibe völlig unklar, welche konkreten Produktmerkmale mit dem Markenwort " MINIGAP " benannt werden könnten. Auch die Rechtsprechung zur Schutzfähigkeit des Begriffs "GAP" zeige, dass diesem Markenbestandteil keine beschreibende Bedeutung zugeordnet werden könne. Somit seien die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 MarkenG nicht gegeben. Dies werde auch durch zahlreiche Voreintragungen bestätigt. Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts, vom 17. Juni 2009 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Markenabteilung habe zu Recht und mit überzeugender Begründung die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Aufgrund ihres eindeutig produktbezogenen, technischen Bedeutungsgehalts sei sie für die verfahrensgegenständlichen Waren als schutzunfähig zu werten. Dies belegten auch die im Verfahrensverlauf eingereichten Nachweise. Sogar die Markeninhaberin selbst verwende die Begriffe " Minigap " und " Minigap -Technologie" in einem rein beschreibenden Sinne, etwa auf ihrer aktuellen Homepage. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Markenabteilung hat zu Recht die Löschung des angegriffenen Zeichens angeordnet, denn sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch aktuell stand bzw. steht ihm bereits das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG soll die Entstehung von markenrechtlichen Monopolen an beschreibenden Zeichen oder Angaben verhindern und damit dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung tragen. Dies gilt grundsätzlich auch für Marken, die aus fremdsprachigen Wörtern bestehen, wobei ein Freihaltebedürfnis in diesen Fällen nur dann anzunehmen ist, wenn die beschreibende Bedeutung der Marke von den inländischen Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt wird, oder wenn die Mitbewerber das Markenwort für den Import/Export bzw. für den inländischen Absatz zur ungehinderten beschreibenden Verwendung benötigen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 26 - Matratzen Concord/Hukla). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht dabei nicht etwa nur Angaben entgegen, die bereits lexikalisch belegbar sind, sondern ebenso Wortneuschöpfungen, deren beschreibender Aussagegehalt so eindeutig und unmissverständlich hervortritt, dass sie zur Beschreibung von relevanten Produkteigenschaften dienen können (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 - BIOMILD; sowie Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 335 m. w. N.). Der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt also nicht voraus, dass sich die beschreibende Verwendung der als Marke angemeldeten Angabe im Verkehr bereits nachweisen lässt. Kann ein solcher Nachweis im konkreten Fall jedoch geführt werden, spricht dies eindeutig für ein schutzwürdiges Interesse der Wettbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit. Ob dem angegriffenen Zeichen ein beschreibender Charakter zukommt, ist im Hinblick auf die von ihr umfassten Waren und deren fachspezifischem Hintergrund zu beurteilen, d. h. nach dem Verständnis der angesprochenen Verbraucher und unter Berücksichtigung der jeweils einschlägigen Branchengegebenheiten (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 24 - Matratzen Concord/Hukla). Mit den verfahrensgegenständlichen Waren werden Fachleute aus dem Bereich Druckereitechnik angesprochen. In der Drucktechnik sind verschiedene Verfahren zum maschinellen Bedrucken von Papier bekannt, u. a. eine Ausführungsform, bei der die Druckfarbe mit Hilfe von Gummitüchern auf das Papier übertragen wird. Vor dem Druckprozess werden diese Gummitücher zunächst an einem Druckzylinder befestigt, der zum hierfür erforderlichen Einführen der Gummitücher einen Spalt aufweisen muss. Da an dieser Stelle aber zwangsläufig kein Druckbild auf die Papierbahn übertragen werden kann, ist es von besonderer Bedeutung, die Größe dieser "störenden" Spalten konstruktionstechnisch so weit wie möglich zu minimieren. Bei einem reduzierten, möglichst kleinen Spalt kann also ein größerer Bereich des durchlaufenden Papiers bedruckt werden, was wiederum einen verminderten Papierverbrauch und damit geringere Produktionskosten zur Folge hat. Dem hier maßgeblichen Fachpublikum ist sowohl das aus dem Englischen stammende, inzwischen längst auch in die deutsche Umgangs- und Werbesprache eingegangene Markenwort " MINI " in seinem Bedeutungsgehalt "sehr klein" (vgl. Duden, "Das Fremdwörterbuch", 9. Auflage, 2007) wie auch das englische Wort "GAP" mit dem Begriffsgehalt "Spalt, Zwischenraum" (vgl. Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Band II, 4. Auflage 1975) ohne weiteres verständlich. Dies gilt umso mehr, als die hier maßgeblichen Fachkreise erfahrungsgemäß über besonders qualifizierte Sprachkenntnisse verfügen. Dies gilt gleichermaßen für die mit dem Handel der fraglichen Waren befassten Verkehrskreise, die hier ebenfalls zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 ff., Rdn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; EuGH GRUR 1999, 723, 725, Rdn. 29 - Chiemsee). Für die Beurteilung eines möglichen Produktbezugs der angegriffenen Marke ist auf ihren Gesamteindruck und damit auf den sich aus der Kombination der beiden genannten Einzelbestandteile ergebenden Aussagegehalt "Minispalt" abzustellen (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 204, 209, Rdn. 79 - Celltech; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 - BioID; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 - SAT.2). Mit diesem Bedeutungsgehalt kann das Markenwort " MINIGAP " nach den Feststellungen der Markenabteilung und des Senats die Beschaffenheit von Druckmaschinen und deren Bestandteilen bzw. die Zweckbestimmung solcher Bestandteile sowie von Druckgummitüchern beschreiben, indem es auf ein besonders vorteilhaftes technisches Merkmal hinweist. Dies gilt auch für den Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke im Jahr 1998, zumal Druckmaschinen mit einem derartigen "Minispalt" und entsprechend konzipierte Druckgummitücher ausweislich der von der Antragstellerin im Verfahrensverlauf vorgelegten Unterlagen bereits seit dem Jahr 1995 zum Einsatz kommen. So wird in dem 1995 veröffentlichten Fachbuch "Der Rollen-Offsetdruck" von Wolfgang Walenski die " Minigap -Technik" beschrieben und die erforderliche Vorgehensweise geschildert, um " … den Minigap realisieren zu können" (vgl. Walenski , Der Rollen-Offsetdruck, 1995, S. 338). Auch in einem weiteren, von Hans-Werner Loy verfassten Artikel aus dem Jahre 1996, wird auf die " minigap (Minispalt)-Technik " hingewiesen und in den weiteren Ausführungen in beschreibender Weise auf einen " … reduzierten Spalt, der als "Minigap" bezeichnet wird …" Bezug genommen (vgl. Loy, Deutscher Drucker Nr. 7/15-02-1996 - Welche Vorteile bringt " Minigap " der Offsettechnik?, S. 17 f.). Der Umstand, dass im Folgetext der beiden Fundstellen auf die entwicklungstechnische Leistung der Markeninhaberin verwiesen wird, vermag die markenrechtliche Schutzfähigkeitsprüfung nicht zu beeinflussen. Im Gegensatz zum Patentschutz kennt der Markenschutz kein auf den jeweiligen Erfinder bezogenes Leistungsschutzrecht, vielmehr ist für die rein markenrechtlich zu beurteilende Schutzfähigkeit nur maßgeblich, ob der angemeldeten Marke ein beschreibender Bedeutungsgehalt zuzumessen ist - oder nicht. Dagegen ist es völlig irrelevant, wer als Erfinder eines Begriffes bzw. der dahinter stehenden technischen Lösung anzusehen ist (vgl. hierzu BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 63/05 - Turbobrake BPatGE 37, 44, 48 - VHS; BPatGE 33, 12, 17 - IRONMAN TRIATHLON ). Im Übrigen ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die genannten Fundstellen die Eignung der angegriffenen Marke, schon zum Eintragungszeitpunkt zur Produktbeschreibung dienen zu können, lediglich bestätigen bzw. veranschaulichen sollen - und nicht im Sinne einer "neuheitsschädlichen Vorbenutzung" als Voraussetzung für den Tatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzusehen sind. Maßgeblich ist die tatsächliche Eignung des Markenworts zur produktbezogenen Merkmalsbeschreibung dienen zu können. Diese Eignung wird im Übrigen an anderer Stelle in dem bereits zitierten Artikel von Loy bestätigt, wo der Autor ausführt: "Der Mini-Spalt (gap) von drei bis vier Millimetern, der nach dem Auflegen der Gummituchplatte verbleibt … " (vgl. nochmals Loy, a. a. O., S. 18). Hier verwendet der Autor den Sachbegriff "Mini-Spalt" und damit den deutschsprachigen Aussagegehalt des Markenworts, der gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zur Löschung der angegriffenen Marke führen muss. Dass dieses Schutzhindernis durch die Durchsetzung des Zeichens im Verkehr i. S. v. § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden wäre, hat die Markeninhaberin weder schlüssig dargetan noch war dies sonst festzustellen. Für die Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG ist es unabdingbar, dass eine markenmäßige Benutzung des fraglichen Zeichens belegt wird, wobei der bloße Verkauf eines Produkts noch keine markenmäßige Benutzung impliziert (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2008, 710, 711, Rdn. 23 - VISAGE , m. w. N.). Zusätzlich muss dann im Rahmen des Verkehrsdurchsetzungsverfahrens die Glaubhaftmachung gelingen, dass ein erheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise das fragliche Zeichen aufgrund der Benutzungshandlungen als selbständigen, auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen Herkunftshinweis ansieht. Zwar hat die Markeninhaberin eine "intensive Benutzung" der Marke behauptet, sowie eine überragende Bekanntheit ihres Unternehmens, als ältester und größter Druckmaschinenhersteller der Welt geltend gemacht. Es fehlt aber an jeglichen konkreten Angaben dazu, dass die verfahrensgegenständliche Marke als betriebliches Herkunftszeichen zur Geltung gebracht wurde sowie an Angaben zu den mit der Marke (also nicht etwa mit den für sie registrierten Produkten) erzielten Umsätzen oder zu dem für die Marke erbrachten Werbeaufwand. Dies gilt ebenso für Angaben zum Erfolg dieser Maßnahmen, also zum erzielten Feedback bei den beteiligten Verkehrskreisen. So hat die Markeninhaberin im gesamten Verfahrensverlauf keinerlei konkrete Angaben zum Durchsetzungsgrad der angemeldeten Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen gemacht. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vortrags der Markeninhaberin ergeben sich somit nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte dafür, dass sich die angegriffene Marke als markenmäßiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der verfahrensgegenständlichen Waren im Verkehr durchgesetzt hätte. Bei dieser Sachlage waren auch keine weiteren Ermittlungen des Senats oder eine Zurückverweisung der Sache an die Markenstelle veranlasst. Der Eintragbarkeit der angegriffenen Marke stand daher schon zum Zeitpunkt ihrer Registrierung das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, das auch aktuell fortbesteht. Dies belegt bereits der Umstand, dass Druckmaschinen mit der entsprechenden Minigap -Technologie immer noch auf dem Markt präsent sind, und auch die Markeninhaberin selbst - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - den fraglichen technischen Sachbegriff auf ihrer Homepage auch aktuell zur Beschreibung entsprechender Produkte benutzt. Ob der Marke zudem jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen war bzw. ist, kann bei dieser Sach- und Rechtslage dahingestellt bleiben. Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen bzw. auf Paralleleintragungen der angegriffenen Marke in anderen Ländern. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 - American Clothing). Der Umstand, dass Voreintragungen - zu Recht oder zu Unrecht - erfolgt sind, kann lediglich in die Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 - Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 - Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006035&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006036
BPatG
München
28. Senat
20100512
28 W (pat) 506/10
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "Varioload" – Freihaltungsbedürfnis – keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2009 042 821.2 hat der 28. Senat (Marken–Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Bezeichnung Varioload als Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 7: „Maschinen und Werkzeugmaschinen; Bandförderer; Geräte zur Beförderung von Lasten mittels Luftkissen; Förderbänder; Druckluftförderer; Fördermaschinen; Hebegeräte; Hubgeräte; Justiermaschinen; Ladeapparate: Sortiermaschinen für industrielle Zwecke: Transportbänder; industrielle Manipulatoren, Roboter, Separatoren, soweit in Klasse 7 enthalten“. Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patent– und Markenamts hat die Anmeldung in erster Linie wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) mit der Begründung zurückgewiesen, das Wort „ Varioload “ sei aus den leicht verständlichen Bestandteilen „Vario“ für „veränderlich, abwandelbar“ und „load“ für „Last, Ladung, Belastung“ gebildet und werde vom Verkehr dahingehend verstanden, dass die Waren veränderlichen Belastungen standhalten bzw. zum Befördern, Heben, Transportieren variabler Lasten bzw. Ladungen geeignet oder bestimmt seien. Dabei sei die Prüfung der Marke an Hand ihres Gesamteindrucks erfolgt, wobei die von der Anmelderin vorgebrachte Mehrdeutigkeit der Bezeichnung ebenso wenig schutzbegründend wirken könne wie die geltend gemachten Voreintragungen mit dem Bestandteil „Vario“. Gegen diese Entscheidung einer Prüferin des gehobenen Dienstes richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem sinngemäßen Antrag, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und die Sache an die Markenstelle zurückzuverweisen. Zur Begründung trägt sie vor, die Markenstelle habe die sich aus der EuGH-Entscheidung zu „Schwabenpost“ ergebende Pflicht zum Vergleich des angemeldeten mit den eingetragenen Zeichen missachtet, indem sie die Voreintragungen zwar für berücksichtigungsfähig, nicht aber für entscheidend angesehen habe. Die Aufhebung und Zurückverweisung an die Markenstelle sei gerechtfertigt, da diese die gebotene Begründungspflicht verletzt habe, in dem sie zu den von der Anmelderin genannten Voreintragungen mit dem Bestandteil „Vario-„ lediglich pauschal auf möglicherweise geänderte Wahrnehmungsgewohnheiten des Publikums in den vergangenen 10 Jahren hingewiesen habe. Die vom EuGH (Postkantoor) geforderte strenge und vollständige Prüfung sei mangels sorgfältiger Prüfung damit einseitig zu Lasten der Anmelderin erfolgt, schon weil im Jahr 2008 „Vario“-Marken weit überwiegend eingetragen worden seien. Weder fehle der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft noch bestehe ein Freihaltungsbedürfnis an der fremdsprachigen, sprachunüblich gebildeten Marke, da ein derart unpräziser Begriff von den Mitbewerbern nicht zur beschreibenden Verwendung im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren benötigt werde. Mit der Ladung hat der Senat auf zwei Entscheidungen des Bundespatentgerichts zur Relevanz von Voreintragungen hingewiesen. Daraufhin hat die Anmelderin mitgeteilt, es solle nach Aktenlage entschieden werden. Entsprechend ihrer Ankündigung ist sie im Termin nicht erschienen. II. Die nach § 64 Abs. 6 i. V. m. § 66 MarkenG statthafte sowie zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet. Nach den Feststellungen des Senats hat die Markenstelle im Ergebnis zurecht die angemeldete Marke von der Eintragung ins Markenregister ausgeschlossen, denn sie ist im Hinblick auf die beanspruchten Waren zur Merkmalsbeschreibung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG geeignet. Der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG soll die Entstehung von markenrechtlichen Monopolen an beschreibenden Zeichen oder Angaben verhindern und damit dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung tragen. Nach dieser Norm sind Marken dann nicht eintragungsfähig, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Unter „sonstige Merkmale“ sind dabei alle für die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf die fraglichen Waren in irgendeiner Weise bedeutsamen Umstände zu verstehen (vgl. BGH GRUR 2000, 231, 233 – FÜNFER ). Ob einem Zeichen ein beschreibender Charakter zukommt, ist nach dem Verständnis der angesprochenen Verbraucher im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413, Rdn. 24 – Matratzen Concord/Hukla). Um zur Warenbeschreibung nach der genannten Norm geeignet zu sein, ist es nicht erforderlich, dass die angemeldete Bezeichnung lexikalisch bereits nachweisbar ist. Gegenstand der Schutzfähigkeitsprüfung von (fremdsprachigen) aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten Wortbildungen ist stets die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit. Bei Wortkombinationen kann es allerdings für die Feststellung des semantischen Gehalts erforderlich sein, zunächst den Bedeutungsgehalt der einzelnen Wortbestandteile zu ermitteln (vgl. hierzu EuGH, MarkenR 2007, 204, Rdn. 79 - Celltech; EuGH GRUR Int 2005, 1012, 1014, Rdn. 31 - BioID). Ergibt dieser Prüfungsschritt, dass den einzelnen Wortelementen ein beschreibender Bedeutungsgehalt zukommt, stellt dies einen Anhaltspunkt dafür dar, dass auch ihre Kombination für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen beschreibend bleibt, selbst wenn es sich dabei um eine sprachliche Neuschöpfung handelt (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 37 ff. -BIOMILD). In einem weiteren Schritt bleibt dann aber stets zu prüfen, ob zwischen der Wortverbindung in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe ihrer beschreibenden Bestandteile ein merklicher Unterschied besteht, beispielsweise aufgrund vorhandener syntaktischer oder semantischer Besonderheiten (vgl. EuGH, MarkenR 2007, 204, Rdn. 78 - Celltech; EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 28 - SAT.2). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Mit der Markenstelle ist davon auszugehen, dass es sich beim Wortelement „Vario“ um ein beliebtes Kurzwort handelt, mit dem auf spezielle Eigenschaften, wie die flexible Funktionalität und den modularen Einsatz, insbesondere von technischen Gegenständen hingewiesen wird. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 19. Mai 1999 (s. Pavis Proma 28 W(pat) 272/ 97) an Hand zahlreicher Beispiele belegt, dass das Kürzel „Vario“ für Waren der Klasse 12 verwendet wird, um die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten oder die variable Mobilität im Bereich Kraftfahrzeuge in der Werbung hervorzuheben, und somit in Alleinstellung einem Freihaltungsbedürfnis unterliegt. Bereits früher hatte der Senat in seiner Entscheidung vom 31. Mai 1995 (s. Pavis Proma 28 W(pat) 274/94) auf geläufige Fachbegriffe, wie "Variometer", "Varioobjektiv", "Variokoppler", "Variolith" oder " Varioptik " hingewiesen, jedoch die Bezeichnung „Variobahn“ zum Markenschutz zugelassen, nachdem entsprechend der damaligen Rechtssprechungspraxis für die Wortneuschöpfung insbesondere ein gegenwärtiges Freihaltungsbedürfnis nicht nachgewiesen werden konnte. „Variobahn“ ist heute ein gebräuchlicher Gattungsbegriff für Schienenfahrzeuge in modularer Bauweise und mit unterschiedlichen Einsatzzwecken. Vor diesem Hintergrund üblicher Wortbildungen mit dem Kürzel „Vario“ und angesichts der Tatsache, dass sich die beanspruchten Waren in erster Linie an Fachkreise mit technischer Ausbildung richten, bei denen die Kenntnis des zum englischen Grundwortschatz gehörenden Begriffs „load“ im der (technischen) Bedeutung „Last, Beladung“ vorausgesetzt werden kann, liegt eine Eignung der angemeldeten Bezeichnung zur Beschreibung dieser konkreten Maschinen und Geräte im dargestellten Sinn auf der Hand. Die von der Anmelderin geltend gemachte Sprachunüblichkeit ebenso wie die angebliche Mehrdeutigkeit der angemeldeten Marke erweist sich bei verständiger Würdigung im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren demgegenüber als lebensfremd. Für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es im Übrigen nicht erforderlich, dass sich eine beschreibende Verwendung der fraglichen Angabe bereits nachweisen lässt. Gelingt dieser Nachweis allerdings, spricht dies eindeutig für ein schutzwürdiges Interesse der Wettbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit. So verhält es sich hier, da auf verschiedenen technischen Gebieten auf den Begriff „Vario(-)Load“ zurückgegriffen wird, um die wünschenswerte Flexibilität bei Zuführung oder Herstellung von Waren zum Ausdruck zu bringen, (vgl. beispielsweise hierzu www.decker-anlagenbau.de „Vario-LoadTrommel“ „Füllgut unterschiedlicher Form und Größe in einer Trommel prozessieren“; „Füllvolumina anpassbar durch verschiebbare Zwischenwand“; www.tms-at.com „TMS VarioLoad sind bauteilspezifische und flexible Lösungen für die Zuführung von Karosserieteilen in Roboter Schweißanlagen des Karosseriebaus“). In gleicher Weise stellt die Anmelderin die Vorteile ihrer VarioLoad Beladestation auf ihrer Internetseite heraus, indem sie auf die modulare Bauweise verweist, die Erweiterungen oder Änderungen jederzeit, auch im Feld, möglich macht. Im Ergebnis steht der Eintragung der Marke daher ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Der angemeldeten Marke fehlt zudem jegliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Angesichts des im Vordergrund stehenden, produktbezogenen Sinngehalts der angemeldeten Marke ist davon auszugehen, dass sie die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich als Hinweis auf Art bzw. Bestimmungszweck der beanspruchten Waren auffassen werden, nicht aber als unternehmensbezogenen Herkunftshinweis. Die angemeldete Marke verfügt somit nicht über die Eignung, für die angesprochenen Verkehrskreise die Ursprungsidentität der fraglichen Waren zu garantieren. Bei dieser Sachlage widerspricht es dem im Rahmen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu berücksichtigenden Allgemeininteresse, die Marke der ungehinderten Verwendung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen. Soweit sich die Anmelderin zur Begründung ihrer Beschwerde auf Voreintragungen beruft, begründet dieser Vortrag weder ein anderes Prüfungsergebnis, noch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Sache an die Markenstelle zur weiteren Prüfung. Sowohl der EuGH als auch der BGH haben immer wieder bestätigt, dass Voreintragungen generell keine Bindungswirkung zukommen kann, sondern stattdessen ausschließlich auf Grundlage der gesetzlichen Eintragungshindernisse zu entscheiden ist (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, Rdn 57 ff - American Clothing; EuGH MarkenR 2009, 201, 202, Rdn. 13-19 – Schwabenpost; EuGH MarkenR 2004, 116, 122 f., Rdn. 63 – Henkel; BGH GRUR 2004, 506, 507 – Stabtaschenlampen II; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). Dies gilt sogar selbst für den Fall, dass ein identisches Zeichen für denselben Anmelder schon einmal eingetragen wurde, wie dies der BGH hervorgehoben hat (vgl. BGH GRUR 2009, 411, 412, Rdn. 14 – STREETBALL ). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, ist lediglich in die umfassende Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinzubeziehen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 8 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Anmelderin angeführten Voreintragungen mit einbezogen, ohne dass sich hieraus schutzbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006036&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006038
BPatG
München
30. Senat
20100325
30 W (pat) 100/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "STATE OF BALANCE" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft
In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 30 2008 018 157.5 hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. März 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen: Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I. Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung STATE OF BALANCE für die Dienstleistungen „Dienstleistungen eines Physiotherapeuten; Dienstleistungen eines Heilpraktikers; Dienstleistungen eines Osteopathen und Sportosteopathen; Heilbehandlung mit Nadelstichen (Akupunktur); Dienstleistungen eines Homöopathen; Sportphysiotherapeutische Behandlungen; Medizinische Trainingstherapie“. Die Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen - einer davon ist im Erinnerungsverfahren ergangen - wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Wortfolge „ STATE OF BALANCE “ stelle eine sprachregelgerecht gebildete Kombination von Begriffen des englischen Grundwortschatzes dar und werde vom Verkehr daher im Sinne von „Zustand des Gleichgewichts“ verstanden. Die angemeldete Marke gebe lediglich einen Sachhinweis auf die inhaltliche Ausrichtung bzw. Zweckbestimmung der angemeldeten Dienstleistungen nämlich die Herstellung eines Gleichgewichtszustandes, der sich auf das körperliche oder seelische Befinden beziehe. Derartige Therapieansätze fänden sich z. B. in der integrativen Medizin oder auch der chinesischen Medizin. Der Erinnerungsprüfer hat ergänzend ausgeführt, dass der Ansatz der ganzheitlichen Medizin - Gesundheit sei nur in einem Zustand des seelischen und körperlichen Gleichgewichts möglich - gerade in Deutschland besonders populär sei, so dass verschiedene Verwendungen des angemeldeten Ausdrucks bezogen auf Gesundheitsdienstleistungen zu belegen seien. Der Bezug sei auch deshalb so eng, weil zum Dienstleistungsverzeichnis gerade die Gesundheitsdienstleistungen zählen, die nicht von einem Arzt erbracht würden, und bei denen die Interessenten andere Lösungsansätze als in der klassischen Medizin erwarteten. Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt und ausgeführt, der Begriff „Gleichgewichtszustand“ beschreibe keine (medizinische) Vorgehensweise, sondern stehe allenfalls für das Ergebnis einer solchen Tätigkeit. Die Beurteilung der Markenstelle beruhe auf einer unzulässigen analysierende Betrachtungsweise, da „ STATE OF BALANCE “ als Ergebnis einer Tätigkeit keine Eigenschaft der Dienstleistungen beschreiben könne. Es werde auch bezweifelt, ob der Verkehr das englische Wort „State“ mit Status übersetze, die Bedeutung „Staat“ sei nahe liegender. Aber auch das Wort „Status“ habe mehrere Bedeutungen. Selbst bei einem Verständnis von „Gleichgewichtszustand“ würden weder Eigenschaften unmittelbar beschrieben noch bestehe ein enger beschreibender Bezug. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso Konkurrenten die englische Bezeichnung benötigten. Es sei auch nicht belegt, dass die Wortfolge beschreibend verwendet werde oder als Schlagwort bekannt sei. Der Anmelder beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. Die zulässige Beschwerde des Anmelders ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen, da sie eine für den Wettbewerb freizuhaltende, beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG ist, der darüber hinaus auch die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. 1. Nach § 8 Absatz 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren dienen können. Auch Wortneubildungen kann der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn sie sprachüblich gebildet sind und ihr beschreibender Aussagegehalt so deutlich und unmissverständlich ist, dass sie ihre Funktion als Sachbegriffe erfüllen können. Dies ist dann der Fall, wenn sich den angesprochenen Abnehmern eine konkret beschreibende Angabe ohne die Notwendigkeit besonderer Denkprozesse unmittelbar erschließt, wobei auch bei der Kombination fremdsprachiger Wörter die Verständnisfähigkeit des inländischen Publikums vor allem als Folge des gemeinsamen europäischen Markts nicht zu gering veranschlagt werden darf (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 413 (Nr. 26) - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2001, 1047, 1049 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER ; GRUR 2001, 735, 736 - Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 326, 327 m. w. N.). Insbesondere ist eine Marke, die sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren/Dienstleistungen beschreibt, insgesamt beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wortinhalt und der bloßen Summe des Inhalts seiner Bestandteile besteht. Dabei führt die bloße Aneinanderreihung solcher beschreibenden Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, nur zu einer Marke, die ausschließlich aus beschreibenden Zeichen oder Angaben besteht (EuGH GRUR Int. 2004, 410, 413 - BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2004, 500, 507 - KPN-Postkantoor). Auf die Frage der geltend gemachten Mehrdeutigkeit der Wortzusammensetzung kommt es bei § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG regelmäßig nicht an. Ein Wortzeichen ist nämlich auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (vgl. EuGH MarkenR, 2003, 450 - DOUBLEMINT). Es ist zudem nicht erforderlich, dass die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich zu beschreibenden Zwecken für Waren oder Dienstleistungen wie die in der Anmeldung aufgeführten verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck „dienen können“. Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Begriffskombination „ STATE OF BALANCE “ vor. Die Wortmarke „ STATE OF BALANCE “ stellt eine Zusammensetzung aus zwei zum englischen Grundwortschatz gehörenden Wörtern dar - verbunden durch die englische Genitiv-Präposition, die gleichlautend bzw. nahezu gleichlautend auch in der deutschen Sprache existieren. Bei derartigen, aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 - BioID). Der Bestandteil „state“ bedeutet u. a. „Status, Zustand“, das Element „balance“ bedeutet „Gleichgewicht, Übereinstimmung, ausgewogenes Verhältnis, Ausgleich“ (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch 3. Aufl. Mannheim 2005 (CD-ROM); LEO-Online Lexikon der TU München unter dict.leo.org; PONS Großwörterbuch für Experten und Universität, 1. Aufl. 2001). Der Bestandteil „state“ wird in dieser Bedeutung in englischen Zusammensetzungen mit Substantiven verwendet, welche die Art eines Zustands näher konkretisieren, wie z. B. „state of war (Kriegszustand), state of business (Geschäftslage), state of preservation (Erhaltungszustand), state of awareness (Bewusstseinslage), state of dependance (Abhängigkeitsverhältnis), state of emergency (Notlage), state of equilibrium (Gleichgewichtszustand)“ oder um bezogen auf eine Person deren Gemütslage bzw. Verfassung zu beschreiben wie z. B. „to be in a state of excitement/sadness/anxiety (aufgeregt, traurig, ängstlich sein), state of shock (Schockzustand), state of exhaustion (Erschöpfungszustand), state of rest (Ruhezustand), state of trance (Trancezustand)“ (vgl. Duden-Oxford-Großwörterbuch Englisch a. a. O., LEO-Online Lexikon a. a. O.). Das Wort „balance“, das mit der allgemeinen Bedeutung „Gleichgewicht“ in den deutschen Sprachschatz übergegangen ist (vgl. Duden - Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., [CD-ROM], Mannheim 2007), wird in Verbindung mit Mitteln zur Körper-, Schönheits- und Gesundheitspflege im weitesten Sinne in der Werbung sehr häufig als sachbezogene Angabe verwendet. In diesem Bereich wird das Wort „balance“ von den Verkehrskreisen mit der Bedeutung „ins Gleichgewicht bringend“ und im übertragenen Sinne als „wohltuend“ verstanden (vgl. BPatG 24 W (pat) 13/08 - Sensitive Balance). Die englische Zusammensetzung „ STATE OF BALANCE “ reiht sich in die genannten, vergleichbar gebildeten Zusammensetzungen zwanglos ein, so dass sie von den fachlich interessierten Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von „Zustand von Gleichgewicht, Wohlgefühl, Ausgeglichenheit“ und/oder „ins Gleichgewicht bringend, beruhigend und wohltuend“ verstanden wird. Der Verkehr ist in der Werbesprache und insbesondere im vorliegend relevanten Bereich der Gesundheitsdienstleistungen, die oft an im anglo-amerikanischen Bereich entstandene Behandlungskonzepte sowie Trend- und Fitnessbewegungen anknüpfen, an die englische Sprache sowie an englische Wortneuschöpfungen - auch als schlagwortartige Wortkombinationen - gewöhnt, weshalb sich ihm der Sinngehalt von „ STATE OF BALANCE “ ohne weiteres erschließen wird. Die aus beschreibenden Bestandteilen sprachüblich zusammengesetzte Wortfolge „ STATE OF BALANCE “ in ihrer Gesamtheit enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile hinausgeht (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 29 - BioID). In Bezug auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen ergibt die angemeldete Bezeichnung „ STATE OF BALANCE “ die zur Beschreibung geeignete, naheliegende Sachaussage, dass es sich nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung um Dienstleistungen handelt, die entweder zur Erlangung oder Sicherung eines Gleichgewichtszustands oder Zustands des Wohlgefühls dienen, sich hierauf beziehen, hierfür bestimmt sind oder sich inhaltlich damit beschäftigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die beanspruchten Dienstleistungen selbst mit „Gleichgewichtszustand“ beschrieben werden, da es sich bei „State of Balance“ auch um eine beschreibende Angabe zu Bestimmung und Verwendung der so gekennzeichneten Dienstleistungen handeln kann. Wie aus den dem Anmelder übersandten Belegen ersichtlich, können alle beanspruchten Dienstleistungen im Bereich der sog. ganzheitlichen Medizin angewendet werden. Diese geht davon aus, dass Krankheiten oder deren Symptome nur dann auftreten, wenn der Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist, so dass die Heilbehandlung darauf abzielt, diesen Zustand des Gleichgewichts wieder zu erreichen. Akupunkturbehandlungen, osteopathische Behandlungen und Behandlungen bei psychosomatischen Beschwerden, die sowohl von Ärzten wie auch von Heilpraktikern und Physiotherapeuten angeboten werden, haben die Wiederherstellung eines Gleichgewichtszustandes zum Ziel (vgl. „Durch gezielte Impulse kann der Osteopath den Körper dazu veranlassen, sich selbst zu korrigieren sowie ein neues inneres Gleichgewicht zu erlangen“. Dadurch wird der Körper in die Lage versetzt, sich selbst zu heilen“ aus „ Ostheopathische Medizin unter www. markusnagel.de…;“ Durch ein komplexes Gleichgewichtssystem hat der Körper eine Tendenz zur Selbstregulierung … um Krankheiten zu überwinden. Die osteopathische Behandlung hat zum Ziel die Wiederherstellung der Homöostase = Gleichgewicht …“ aus „Was ist Ostheopathie “ unter www. osteopathie-kraichau.de; „Das Prinzip der Akupunktur beruht auf dem Verständnis der Traditionellen Chinesischen Medizin, bei der das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang erhalten werden soll. Wenn dieses Gleichgewicht gestört wird, kommt es nach Ansicht der TCM zu Krankheiten. Damit die Lebensenergie wieder ungehindert … fließen kann, wird das Gleichgewicht durch die Anwendung von Akupunkturnadeln stimuliert oder sediert.“ aus „Die Akupunktur zur Behandlung von Krankheiten unter www.paradisi.de…; „Der Körper befindet sich optimalerweise in einem Zustand des Gleichgewichts. Psychosomatische Krankheiten werden als Reaktion auf Überlastung und Überforderung sowohl körperlicher als auch seelischer Natur gesehen, die zu einem Verlust des Gleichgewichts des Körpers führt“ aus „Stressmanagement, Psychologische Beratung“ unter www.beratung-therapie.de). Wie aus der dem Anmelder übersandten Internetrecherche weiter ersichtlich, wird die angemeldete Kombination „ STATE OF BALANCE “ schon verwendet als Bezeichnung für ein spezielles Entspannungstraining (vgl. „Das Verfahren State of Balance“ unter www. kroeberkom.de) sowie als Verfahren bei der craniosacralen Behandlung (vgl. „Einführung in grundlegende Behandlungsprinzipien wie: Arbeit mit … dem „state of balance“ unter www.craniosacral-healing.de.). Der Anmelder selbst beschreibt es als das Ziel seines Behandlungskonzepts, den nachhaltigen Zustand eines stabilen gesundheitlichen Gleichgewichts zu erreichen (vgl. „Newsletter 3 - 2009“ unter www.tc-urbach.de). Entgegen der Ansicht des Anmelders steht die Bedeutung „Gleichgewichtszustand“ in Bezug auf die hier beanspruchten Dienstleistungen deutlich im Vordergrund. Auch mögliche Bedeutungsvarianten der Einzelbestandteile führen nicht zur Schutzfähigkeit, da es nicht erforderlich ist, dass der Verkehr die angemeldete Bezeichnung in allen Bedeutungsmöglichkeiten als Sachangabe versteht (vgl. EuGH a. a. O. - DOUBLEMINT; a. a. O. - BIOMILD). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für Waren und Dienstleistungen setzt insbesondere nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 900 - 903 - SPA II). Auch steht nicht jede begriffliche Unbestimmtheit der Annahme einer beschreibenden Sachangabe entgegen. So können auch relativ allgemeine Angaben als verbraucherorientierte Sachinformationen in Betracht kommen, insbesondere, wenn sie allgemeine Sachverhalte beschreiben sollen. Vor allem bei Oberbegriffen oder Sammelbezeichnungen ist eine gewisse Allgemeinheit und Unschärfe sogar unvermeidbar, um den gewünschten möglichst weiten Bereich waren- oder dienstleistungsbezogener Eigenschaften beschreibend erfassen zu können (vgl. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Dies ist hier der Fall, da „ STATE OF BALANCE “ in der Art eines übergeordneten Behandlungskonzepts oder Behandlungsziels alle beanspruchten Dienstleistungen ihrem Zweck nach in werblich anpreisender Form beschreibt. Selbst wenn der Begriff „ STATE OF BALANCE “ auf eine Wortschöpfung durch den Anmelder zurückzuführen wäre, so ist er doch sprachüblich gebildet, ohne weiteres verständlich und deshalb zur Beschreibung der Dienstleistungen geeignet, so dass seine freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss (vgl. BGH GRUR 2005, 578, 580 - LOKMAUS ). Entgegen der Ansicht des Anmelders bedarf es - soweit die Eignung zur Beschreibung festgestellt worden ist - für die Begründung des Eintragungsverbots wegen eines bestehenden Freihaltebedürfnisses keines weiteren lexikalischen oder sonstigen Nachweises, dass und in welchem Umfang die angemeldete Marke als beschreibende Angabe bereits im Verkehr bekannt ist oder verwendet wird (vgl. BGH a. a. O. SPA II; Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 240 m. w. N.). Es spielt auch keine Rolle, ob Synonyme zur Beschreibung der Merkmale der Dienstleistungen zur Verfügung stehen, da es im Allgemeininteresse liegt, dass jedes Unternehmen solche Zeichen oder Angaben frei nutzen kann, um ein beliebiges Merkmal seiner eigenen Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR a. a. O - Postkantoor). 2. Wegen des in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehenden Begriffsgehalts sowohl der Einzelelemente als auch der daraus gebildeten Kombination, die über den Sinngehalt der Einzelelemente nicht hinaus geht, handelt es sich um eine deutlich und unmissverständlich beschriebene Angabe ohne jegliche begriffliche Ungenauigkeit, die zu einer konkreten beschreibenden Bezeichnung dienen kann. Die angesprochenen Verkehrskreise werden dies daher auch nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel auffassen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006038&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006039
BPatG
München
33. Senat
20100601
33 W (pat) 62/08
Beschluss
§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 26 Abs 1 MarkenG, § 26 Abs 2 MarkenG, § 26 Abs 3 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – "CALLIDO/CALLISTO" – zur Einrede der Nichtbenutzung: grafische werbeübliche Verfremdung stellt keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters des Wortes dar - Benutzung durch andere Gesellschaft kann derselben Unternehmensgruppe zugerechnet werden – zum Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr: Maß an Übereinstimmungen bilden Beurteilungsmaßstab für Verwechslungsgefahr – Saisontätigkeit beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln – zum Aufmerksamkeitsgrad – zur Warenidentität und -ähnlichkeit – teilweise klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 27 763 hat der 33. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Bender, der Richterin am OLG Dr. Hoppe und des Richters Kätker beschlossen: 1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent und Markenamts vom 25. August 2006 und 28. April 2008 teilweise aufgehoben und die Löschung der Marke 303 27 763 für folgende Waren angeordnet: Klasse 1: chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke einschließlich für den Landschafts- und Sportplatzbau, zur Bodenhaltung und Vorratshaltung, insbesondere Pflanzenschutzmittel, Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Futtermitteln und Blumen, Blattglanzmittel, Düngemittel einschließlich Naturdünger, Bodenhilfsstoffe, Bodenverbesserungsmittel einschließlich Bodenfestigungs- und Bodenlockerungsmittel und Pflanzenstärkungsmittel, Pflanzgranulat zum Umschließen des Wurzelbereiches von Pflanzen, Kompostierungsmittel, Torfe (Dünger), Auftaumittel, Mittel zur Behandlung von Saatgut einschließlich Saatbeizmittel und Saatgutvergällungsmittel, alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 01 enthalten; Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern, soweit in Klasse 01 enthalten; Wachstumsregulatoren; Klasse 3: Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern; Klasse 5: Fungizide, Herbizide; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Behandlung von Mangelkrankheiten bei Pflanzen; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren sowie chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zum Schutz von pflanzlichen Erzeugnissen (Vorratsschutz), nämlich Mittel zur Bekämpfung von pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und mikrobiellen Schädlingen; Tier- und Insektenrepellents, Lockstoffe für Tiere und Insekten, Insektenverwirrmittel und Haushaltshygienemittel gegen Schädlinge und Lästlinge, chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Schädlingsbekämpfung. 2. Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der noch verfahrensgegenständlichen Waren zurückgewiesen, nämlich hinsichtlich Klasse 5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Desinfektionsmittel.
I. Gegen die Eintragung der Wortmarke 303 27 763 CALLIDO für Klasse 1: chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke einschließlich für den Landschafts- und Sportplatzbau, zur Bodenhaltung und Vorratshaltung, insbesondere Pflanzenschutzmittel, Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Futtermitteln und Blumen, Blattglanzmittel, Düngemittel einschließlich Naturdünger, Bodenhilfsstoffe, Bodenverbesserungsmittel einschließlich Bodenfestigungs- und Bodenlockerungsmittel und Pflanzenstärkungsmittel, Pflanzgranulat zum Umschließen des Wurzelbereiches von Pflanzen, Kompostierungsmittel, Torfe (Dünger), Auftaumittel, Mittel zur Behandlung von Saatgut einschließlich Saatbeizmittel und Saatgutvergällungsmittel, alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 01 enthalten; Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern, soweit in Klasse 01 enthalten, chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Wachstumsregulatoren; Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern; Klasse 5: pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Fungizide, Herbizide; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Behandlung von Mangelkrankheiten bei Pflanzen; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren sowie chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zum Schutz von pflanzlichen Erzeugnissen (Vorratsschutz), nämlich Mittel zur Bekämpfung von pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und mikrobiellen Schädlingen; Tier- und Insektenrepellents, Lockstoffe für Tiere und Insekten, Insektenverwirrmittel und Haushaltshygienemittel gegen Schädlinge und Lästlinge , chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Schädlingsbekämpfung, Desinfektionsmittel (Warenverzeichnis in der Fassung nach der Teillöschung vom 10. März 2004) ist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 300 50 729 CALLISTO für Klasse 5: Herbizide. Mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2006 hat die Inhaberin der jüngeren Marke die Nichtbenutzungseinrede gegen die seit dem 19. Oktober 2000 ohne nachfolgendes Widerspruchsverfahren eingetragene Widerspruchsmarke erhoben. Die Widersprechende hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihrer Marke vorgelegt. Mit Beschlüssen vom 25. August 2006 und 28. April 2008, letzter im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen. Nach Auffassung der Markenstelle besteht keine Gefahr von Verwechslungen i. S. v. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Zwar liege hinsichtlich der Waren "Herbizide" Identität vor, Waren aus dem Bereich der Schädlingsbekämpfung würden aber nicht leichtfertig gebraucht, so dass auch breite Verkehrskreise, insbesondere Hobbygärtner, an die sich die Waren wendeten, beim Kauf eine gewisse Sorgfalt walten ließen. An den zu fordernden Abstand der Marken seien daher keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Dieser werde vorliegend von der jüngeren Marke noch eingehalten. Zwar verfügten die Marken über gleiche Silbenzahl, Vokalfolge sowie Sprech- und Betonungsrhythmus. Sie unterschieden sich aber in der Wortmitte, wo die angegriffene Marke den klangschwachen Konsonanten und Sprenglaut "D", die Widerspruchsmarke hingegen an gleicher Stelle den klangschwachen Konsonanten und Zischlaut "S" sowie den klangstarken Sprenglaut "T" aufweise. Ein Grund zur Vernachlässigung oder zum Weglassen eines Bestandteils bestehe nicht. Durch die prägnante Buchstabenkombination "ST" klinge die Widerspruchsmarke markanter als die weicher klingende angegriffene Marke. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Silben "-LIS-TO" getrennt würden, da hierbei keine akustisch deutliche Sprechpause entstehe. Angesichts der zu erwartenden Sorgfalt bei der Auswahl der u. U. gesundheitsschädlichen Waren bestehe damit keine klangliche Verwechslungsgefahr. Auch in schriftbildlicher Hinsicht unterschieden sich die Marken durch die typische Umrisscharakteristik des Buchstabens "D" der jüngeren Marke gegenüber "ST" bei der Widerspruchmarke ausreichend. Auf die Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke komme es daher nicht an. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Zur Begründung führt sie aus, dass sie ihre Marke rechtserhaltend benutzt habe. Ergänzend hat sie mit Schriftsatz vom 3. September 2009 weitere Benutzungsunterlagen vorgelegt. Sie meint, dass die daraus hervorgehende, seit 2001 benutzte Verwendungsform mit stilisiertem "i" den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändere. Soweit die Markeninhaberin gegen die Verwendung dieser Form seit 2001 einwende, dass die Unterlagen ein Datum vom 27. Juni 2006 aufwiesen, so stehe dies der Glaubhaftigkeit nicht entgegen, da die Druckvorlagen nur aus technischen Gründen dieses Datum, an dem sie ausgestellt worden seien, trügen. Die rechtserhaltende Benutzung sei dabei nicht auf den speziellen Verwendungszweck der benutzten Herbizide für Mais eingeschränkt. Hinsichtlich der Ware "Herbizide" bestehe Identität zum identisch für die jüngere Marke eingetragenen Warenbegriff sowie zu den Waren "Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren" der jüngeren Marke. Hinsichtlich der weiteren Waren der jüngeren Marke, etwa chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten und forstwirtschaftliche Zwecke; Bodenhilfsstoffe, Bodenverbesserungsmittel" oder "Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern" bestehe starke Ähnlichkeit. Eine Ähnlichkeit bestehe auch zu den Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" und "Desinfektionsmittel" der angegriffenen Marke. Hierfür spreche vor allem die Herkunft der beiderseitigen Waren aus Unternehmen der chemischen Industrie, gleiche Abnehmerkreise und teilweise übereinstimmende Inhaltsstoffe. Zudem verweist die Widersprechende auf Entscheidungen, die eine solche Ähnlichkeit bestätigten, insbesondere die Entscheidung des 30. Senats des Bundespatentgerichts vom 5. Mai 2008 (30 W (pat) 205/04). Von den (in 1-, 5- und 20 Liter-Gebinden vertriebenen) Waren würden auch breite Endverbraucherkreise einschließlich Kleinbauern oder kleinere landwirtschaftliche Betriebe o. Ä. angesprochen. Diese ließen zwar bei der Auswahl der Waren eine gewisse Sorgfalt walten, es könne aber nicht von einer erhöhten Aufmerksamkeit wie z. B. bei pharmazeutischen Produkten ausgegangen werden. Zudem sei nach der Rechtsprechung selbst beim Durchschnittsverbraucher von normal informierten und interessierten Personen auszugehen, so dass sich letztendlich kein Unterschied zu den o. g. Fachverbrauchern ergebe. Vielmehr sei ein deutlicher Abstand der jüngeren Marke von der älteren zu fordern, den diese jedoch nicht einhalte. Die Markenstelle räume selbst ein, dass die Vergleichsmarken über die gleiche Silbenzahl, Vokalfolge und ähnlichen Sprech- und Betonungsrhythmus verfügten, würdige aber nicht, dass die Marken in den stärker beachteten ersten fünf Lauten " CALLI " und dem letzten Laut "O" übereinstimmten und damit eine bis an Identität reichende Ähnlichkeit aufwiesen. Auch die beiden jeweils vorletzten Laute seien fast identisch, da "D" lediglich eine weiche Abart von "T" darstelle. Der einzige Unterschied bestehe in dem zusätzlichen drittletzten Laut "S" bzw. "ST" der Widerspruchsmarke. Dieser Unterschied in der Wortmitte trete aber keinesfalls deutlich hervor. Der Laut "S" der Widerspruchsmarke stelle einen klangschwachen Auslaut der mittleren Silbe dar, wobei die Marken in den jeweiligen Endsilben "TO" und "DO" fast identisch klängen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass "S" den (klangschwachen) Auftaktlaut der letzten Silbe darstelle, ändere dies nichts am ansonsten identischen klanglichen Gesamteindruck. Zudem würden beide Marken in der zweiten Silbe auf dem gemeinsamen Vokal "I" betont. Allenfalls komme noch eine Betonung beider Marken auf der jeweiligen Anfangssilbe "CAL" in Frage. Insgesamt könne man möglicherweise beim direkten Vergleich der Marken noch die Unterschiede erkennen, aus der Erinnerung heraus ließen sich die Marken jedenfalls aber nicht ausreichend unterscheiden. Angesichts der großen Übereinstimmungen könnten Verwechslungen nach dem Gesamteindruck nicht ausgeschlossen werden. Zudem sei die Markenstelle fehlerhaft von einer Wiedergabe der Vergleichsmarken in Großbuchstaben ausgegangen. Es seien jedoch sämtliche üblichen Wiedergaben zu berücksichtigen, auch solche in Groß-/Kleinschreibung (" Callisto "/" Callido "). Dabei träten die Übereinstimmungen der fünf Anfangsbuchstaben "Calli" und in dem Endbuchstaben "o" deutlich hervor, während die Unterschiede in den vorletzten Buchstaben "t" und "d" kaum wahrzunehmen seien, da beide Buchstaben in erster Linie durch die senkrechte Gerade mit Oberlänge geprägt würden und der zusätzliche Buchstabe "s" keine deutliche Umprägung des ansonsten fast identischen schriftbildlichen Gesamteindrucks der Marken darstelle, zumal "s", je nach Wiedergabe, große Ähnlichkeit mit der unteren Rundung des Buchstaben "d" in der jüngeren Marke aufweise. In der mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende die Rücknahme des Widerspruchs für folgende Waren der angegriffenen Marke erklärt: Klasse 1: chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln; Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel. Die Widersprechende beantragt nunmehr sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen. Nach ihrer Auffassung nehme die Widersprechende eine willkürliche und nicht sprachübliche Aufspaltung der Marken in Einzelsilben vor. Bei sprachüblicher Silbentrennung ständen sich vielmehr "CAL-LI-DO" und "CAL-LIS-TO" gegenüber, wobei der Vokal "I" nur in der ersten Marke betont werde. Die Marken seien klanglich deutlich unterschiedlich, und die unterschiedlichen Wortlängen und Buchstabenfolgen führten auch visuell zu einer ausreichenden Unterscheidbarkeit. Die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke werde weiterhin bestritten. Die eidesstattliche Versicherung von D… vom 10. Dezember 2008 erscheine nicht schlüssig. Darin werde angegeben, dass die vorgelegten Unterlagen seit 2001 in dieser Form verwendet würden. Dies sei jedoch nicht möglich, da die Unterlagen ein Druckdatum vom 27. Juni 2006 aufwiesen. Die Waren wendeten sich nicht an Hobbygärtner, sondern an gewerbliche Abnehmer mit (nachzuweisender) Sachkunde über den sorgfältigen Umgang und die sorgfältige Auswahl der Pflanzenschutzmittel, was auch die von der Widersprechenden eingereichten Benutzungsunterlagen zeigten. Da diese Abnehmer genau zu dokumentieren hätten, welche Mittel zur Pflanzenbehandlung verwendet würden, sei mit einer hohen Aufmerksamkeit zu rechnen, so dass die deutlichen Unterschiede der Marken signifikant auffielen. Selbst Hobbygärtner würden angesichts der toxischen Wirkungen der Waren bei deren Erwerb und Verwendung hohe Aufmerksamkeit walten lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II. 1. Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist teilweise begründet. a) Die Widersprechende hat die zulässig bestrittene Benutzung ihrer Marke gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 26 MarkenG hinreichend glaubhaft gemacht. Die Nichtbenutzungseinrede vom 21. Dezember 2006 ist zwar undifferenziert erhoben worden. Da die am 19. Oktober 2000 ohne nachfolgendes Widerspruchsverfahren eingetragene Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der jüngeren Marke am 26. September 2003 noch keine fünf Jahre eingetragen war, die Benutzungsschonfrist vielmehr erst am 19. Oktober 2005 ablief, ist die Nichtbenutzungseinrede allein nach der Alternative des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig. Demnach hatte die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung ihrer für "Herbizide" eingetragenen Marke für den Zeitraum von fünf Jahren vor der mündlichen Verhandlung, also von Mai 2005 bis (einschließlich) Mai 2010 glaubhaft zu machen. Die rechtserhaltende Benutzung ist zunächst nach der Art der Benutzung hinreichend glaubhaft gemacht worden. Hierzu hat die Widersprechende bereits im Verfahren vor der Markenstelle mit Schriftsatz vom 26. Mai 2007 ein Produktblatt vorgelegt, das eine - wenn auch kleine - Fotografie mit zwei Kanistern und einer Flasche zeigt, auf denen jeweils ein Etikett mit dem deutlich erkennbaren und optisch herausgestellten Wort " Callisto " angebracht ist ("Prod.blatt_ Callisto _2/05 mit der Überschrift "Aus der Natur für den Mais"). Entsprechende, zudem größere Fotografien mit dem Wort " Callisto " als obere, erste und größenmäßig herausgestellte Kennzeichnung auf Gebindeetiketten hat die Widersprechende auch im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 3. September 2009 vorgelegt. Neben dieser Verwendung als alleinige Marke wird die Marke auch als Zweitmarke auf Verpackungen des Produkts (bzw. der Produktkombination) " ZINTAN GOLD Pack" verwendet. Dies belegt eine mit Schriftsatz der Widersprechenden vom 26. März 2007 eingereichte Werbefotografie ("Der Allesreiniger"), in der ein Karton abgebildet ist, auf dem der Text "Herbizid Kombination aus den zugelassenen Herbiziden GARDO®Gold und CALLISTO® zur Bekämpfung von … in Mais") sowie die darunter befindlichen Kennzeichnungen " Gardo Gold" und " Callisto " erkennbar sind. Eine entsprechende Kartonabbildung findet sich auch im Prospekt "Mais aktuell - Frühjahr 2004", Seite 20, den die Widersprechende (eigentlich zur Glaubhaftmachung einer anderen, inzwischen nicht mehr streitgegenständlichen Marke) mit Schriftsatz vom 13. September 2004 eingereicht hat. In den eidesstattlichen Versicherungen des "Global Head of Trademarks" der Widersprechenden, D…, vom 12. März 2007 und vom 10. Dezember 2008 wird eidesstattlich versichert, dass die Art der Benutzung aus den beiliegenden Unterlagen ersichtlich und diese Unterlagen seit 2001/2002 bis "heute" so verwendet wurden. Damit ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan, dass die Widerspruchsmarke von Beginn des Nachweiszeitraums bis zumindest Ende 2008, also für eine als ausreichend anzusehende Dauer, in markenmäßig herausgestellter Form auf den Warenbehältnissen angebracht worden ist. Soweit die Markeninhaberin hiergegen vorträgt, dass die eidesstattliche Versicherung nicht aussage, "dass alle angegebenen Produktmengen in Kanistern verkauft wurden, von denen jeder in der angegebenen Art und Weise gekennzeichnet wurde" (Schriftsatz vom 9. Juli 2007), führt dies nicht zu Zweifeln an einer funktionsgemäßen Art der Benutzung der Marke. Denn in der eidesstattlichen Versicherung vom 12. März 2007 heißt es: "Die Art der Benutzung ist aus den beiliegenden Unterlagen, … ersichtlich" und die abgebildeten Kanister und Flaschen mit dem Aufdruck bzw. Etikett " Callisto " sowie die o. g. ZINTAN GOLD Pack- Kombinationspackungen sind die einzig in den Unterlagen erkennbaren und damit in Betracht kommenden Behälter bzw. Abgabeformen. Es ist daher mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass das Herbizid-Produkt in so gekennzeichneten Gebinden bzw. Verpackungen an den Kunden abgegeben wird. Auch soweit die Markeninhaberin die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen dahingehend kritisiert, dass es einerseits in der eidesstattlichen Versicherung vom 12. Dezember 2008 heiße, dass die betreffenden Unterlagen seit dem Jahr 2001 in der übermittelten Fassung verwendet würden, die vorgelegten Unterlagen aber andererseits ein Druckdatum vom 27. Juni 2006 aufwiesen, vermag dieser Vortrag die Glaubhaftigkeit der eidesstattlichen Versicherung nicht zu erschüttern. Denn die Vorauflagen der seit 2006 verwendeten Verpackungen und Beipackzettel können ebenso oder nahezu ebenso ausgesehen haben wie diese. Dies ist sogar wahrscheinlich, denn das mit Schriftsatz der Widersprechenden vom 26. März 2007 eingereichte o. g. Foto mit drei unterschiedlich großen Gebinden, dessen Ausdruck (ganz oben) die Angabe "Prod.blatt_ Callisto _2/05 02.03.2005 …" trägt, lässt keine Unterschiede zu den Abbildungen erkennen, die später als Anlage zur eidesstattlichen Versicherung vom 12. Dezember 2008 eingereicht worden sind. Im Gegensatz zur Auffassung der Markeninhaberin erkennt der Senat in der aus den Unterlagen ersichtlichen Form der Benutzung mit der Schreibweise " Callisto " unter grafischer Verfremdung des "i" zu einer stilisierten Pflanze mit einem auf ganzer Länge mit Blättern bedeckten Pflanzenstängel sowie einem an der Spitze befindlichen Punkt bzw. Oval keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der eingetragenen Wortmarke " CALLISTO ". Dies stellt nur eine werbeübliche und klanglich ohnehin nicht wahrnehmbare Verfremdung eines Buchstabens dar, die zudem als maisähnliche Pflanzendarstellung einen deutlich beschreibenden Anklang für die Ware "Herbizide" aufweist. Den kennzeichnenden Charakter des Wortes " CALLISTO ", das - auch in der Schreibweise " Kallisto " - als Bezeichnung einer Figur der griechischen Mythologie und eines danach benannten Jupiter-Mondes normal kennzeichnungskräftig ist, vermag eine solche Ausgestaltung nicht zu verändern. Auch der Dauer nach ist eine ernsthafte Benutzung i. S. d. § 26 Abs. 1 MarkenG glaubhaft gemacht worden, denn laut den eingereichten eidesstattlichen Versicherungen ist die Widerspruchsmarke seit mindestens 2001 "bis heute", also mindestens bis Dezember 2008 und damit über einen ausreichenden Zeitraum verwendet worden. Dies wird durch die bereits o. g. Druckdaten der vorgelegten Warenabbildungen gestützt. Gleiches gilt für den Umfang der Benutzung, denn die für die Jahre 2002 bis 2006 eidesstattlich versicherten Umsätze bewegen sich in Deutschland in einer Größenordnung von jährlich … bis …. EUR. Hierbei war mit zu berücksichtigen, dass es sich bei dem konkreten Produkt der Widersprechenden um ein Herbizid speziell für Mais handelt, das in kleineren Gebinden verkauft wird (20l-, 5l-, 1l-Kanister bzw. Flaschen), und die Benutzung auch schon deutlich vor dem Beginn des hier relevanten Benutzungszeitraums begann (zur Mitberücksichtigung der u. U. auch außerhalb des Nachweiszeitraums liegenden Benutzungsdauer bei der Beurteilung der Ernsthaftigkeit nach dem Umfang, vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 26, Rdn. 57). Zudem lassen die ergänzenden Benutzungsunterlagen in ihrer Gesamtheit einen durchaus beachtlichen Aufwand bei der Konzeption von Werbeunterlagen erkennen, so dass insgesamt nicht von einer bloßen Scheinbenutzung ausgegangen werden kann. Soweit sich aus den Unterlagen eine S… GmbH als benutzendes Unternehmen ergibt, bestehen keine Bedenken, die Benutzung nach § 26 Abs. 2 MarkenG der Widersprechenden zuzurechnen. Bei beiden Unternehmen handelt es sich um Gesellschaften innerhalb der S…-Unternehmensgruppe. Bei solchen Konzernverbindungen kann auch ohne besondere Darlegung vom Vorliegen des nach § 26 Abs. 2 MarkenG erforderlichen Einverständnisses des Markeninhabers ausgegangen werden, da eine Benutzung der Marke ohne Wissen und Einwilligung des Markeninhabers als wirklichkeitsfremd erscheinen muss (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26, Rdn. 83 m. w. N.). Zudem sind aus den Benutzungsunterlagen verschiedene Hinweise darauf ersichtlich, dass die Markenbenutzung offenbar durch verschiedene Unternehmen innerhalb der Unternehmensgruppe vorgesehen ist (z. B. "®= eingetragene Marke einer S… Konzerngesellschaft"; "Product names marked ® or ™, the … Logo and the  CP FRAME are Trademarks of a S… Group Company"). Damit ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für das aus den Benutzungsunterlagen ersichtliche Herbizid zum Schutz von Mais gegen Unkräuter glaubhaft gemacht worden. Ob die rechtserhaltende Benutzung dieses Spezialprodukts im Wege der Integration darüber hinaus auch für Herbizide zum Schutz von Getreidepflanzen oder noch weitergehend für Herbizide zum Schutz landwirtschaftlicher Nutzpflanzen anzuerkennen ist, wozu der Senat neigt, kann offen bleiben. b) Im Umfang der Löschungsanordnung liegt zwischen den Marken eine Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vor. Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Rdn. 28 - THOMSON LIFE ; GRUR 2008, 343, Nr. 33 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM (" BAINBRIDGE "), jew. m. w. N.). aa) Wie bereits oben unter a) festgestellt, ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als Bezeichnung einer Figur der griechischen Mythologie, nach der auch ein Jupitermond benannt ist, normal. bb) Die sich gegenüberstehenden Waren liegen weitgehend im Bereich einer Identität oder einer zumindest mittelgradigen Ähnlichkeit. Der für die angegriffene Marke eingetragene Warenbegriff "chemische Erzeugnisse für gewerbliche und wissenschaftliche Zwecke" umfasst Herbizide, so dass insoweit Identität besteht. Gleiches gilt für "chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen für land-, garten- und forstwirtschaftliche Zwecke einschließlich für den Landschafts- und Sportplatzbau, zur Bodenhaltung und Vorratshaltung, insbesondere   Pflanzenschutzmittel,   Mittel zum Frischhalten und Haltbarmachen von Futtermitteln und Blumen, Blattglanzmittel, Düngemittel einschließlich Naturdünger, Bodenhilfsstoffe, Bodenverbesserungsmittel einschließlich Bodenfestigungs- und Bodenlockerungsmittel und Pflanzenstärkungsmittel, Pflanzgranulat zum Umschließen des Wurzelbereiches von Pflanzen, Kompostierungsmittel, Torfe (Dünger), Auftaumittel, Mittel zur Behandlung von Saatgut einschließlich Saatbeizmittel und Saatgutvergällungsmittel, alle vorgenannten Waren soweit in Klasse 01 enthalten", bei dem es sich nach der Verwendung von Kommata statt Strichpunkten um einen einheitlichen Warenoberbegriff handelt, so dass sich eine den ganzen Warenoberbegriff der jüngeren Marke erfassende Identität schon infolge des ihm definierenden Unterbegriffs "… insbesondere Pflanzenschutzmittel …" (Oberbegriff zu Herbiziden) ergeben muss (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdn. 64). Eine (Teil-)Identität, zumindest aber mittlere Ähnlichkeit besteht auch zwischen Herbiziden und den für die jüngere Marke eingetragenen "Wachstumsregulatoren", schon weil es sogenannte Wuchsstoff-Herbizide gibt (vgl. a. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, S. 325, li. Sp.: Unkrautvertilgungsmittel mittelgradig ähnlich mit Wachstumsregulatoren). Eine noch mittlere Ähnlichkeit besteht auch zu "Mitteln zur Reinigung von Gärten und Behältern, soweit in Klasse 01 enthalten" ebenso wie zu dem in Klasse 3 eingetragenen Warenbegriff "Mittel zur Reinigung von Gärten und Behältern" der jüngeren Marke. Die beiderseitigen Waren können bei der Pflanzenpflege parallel angewendet werden. Hierbei ist eine Reinigung im Gartenbereich zur Unkrautbeseitigung oder eine Reinigung mit Hilfe von zugleich herbizid wirkenden Reinigungsmitteln (gegen Moos oder Algen) ebenso möglich wie bei speziellen Reinigungsmitteln zur Reinigung von Herbizid-Behältern. Weiter besteht teilweise wörtliche Identität, teilweise engste Ähnlichkeit zwischen den für die Widersprechende geschützten Herbiziden und den für die jüngere Marke eingetragenen Warenbegriffen "Fungizide, Herbizide; chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Behandlung von Mangelkrankheiten bei Pflanzen; Mittel zur Vertilgung von Unkraut und schädlichen Tieren sowie chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zum Schutz von pflanzlichen Erzeugnissen (Vorratsschutz), nämlich Mittel zur Bekämpfung von pflanzlichen, pilzlichen, tierischen und mikrobiellen Schädlingen; Tier- und Insektenrepellents, Lockstoffe für Tiere und Insekten, Insektenverwirrmittel und Haushaltshygienemittel gegen Schädlinge und Lästlinge , chemische Erzeugnisse einschließlich solcher mit biologischen Grundstoffen zur Schädlingsbekämpfung". Soweit hier nicht schon wörtliche oder begriffliche Identität besteht, liegt zumindest eine hochgradige Ähnlichkeit vor, da es sich beiderseits um Waren aus dem Kernbereich des Pflanzenschutzes und der Bekämpfung von Pflanzenschädlingen handelt. cc) Den damit zu fordernden deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält die jüngere Marke nicht ein. In klanglicher Hinsicht entsprechen sich die Marken in fast allen Kriterien der klanglichen Ähnlichkeit. Ihre Vokalfolge ist identisch (A-I-O), ebenso ihre Silbengliederung, wobei der Senat von einer Gliederung in "CA(L)-LI-DO" und "CA(L)-LI-STO" ausgeht (möglich auch - ohne Änderung der Silbengliederung - : "CA(L)-LIS-TO") . Identisch sind dabei auch die regelmäßig stärker beachteten Wortanfänge, wobei die Markenwörter sogar bis hin zur Wortmitte übereinstimmen. Weniger beachtet, aber in der Gesamtwürdigung nicht ganz zu vernachlässigen, ist der identische Schlusslaut, wobei die relativ auffällige Endung auf dem Vokal "O" durchaus zum klanglichen, an romanischsprachige Wörter erinnernden Gesamtklangcharakter mit beiträgt. Zudem werden beide Marken auf dem Vokal "i" betont, ähnlich wie etwa "Kaliber", "Kanister" oder "Mephisto". Schließlich stimmen die Markenwörter auch in ihrem Sprechrhythmusweitgehend überein. Wegen des Doppelkonsonanten "LL" werden sie am Anfang schnell gesprochen, woran sich eine betonungsbedingte leichte Dehnung auf dem "i" anschließt, woraufhin die Wörter auf dem unbetonten Schlussvokal "o" kurz ausklingen. Angesichts der Fülle dieser deutlichen Gemeinsamkeiten können die Unterschiede am Wortende keinen anderen Gesamtklangcharakter der Marken mehr begründen, geschweige denn den erforderlichen deutlichen Abstand zur Gegenmarke schaffen. Da die Konsonanten "D" und "T" als Zahnsprenglaute verwandt sind, stellt das stimmlose "S" in der Widerspruchsmarke den wesentlichen Unterschied zwischen den Marken dar. Dieser bloße Konsonantenunterschied im Inneren nicht mehr kurzer Markenwörter und zudem an deren eher weniger beachteten Wortende reicht für eine sichere Unterscheidbarkeit nicht aus, selbst wenn man den geringen Klangunterschied zwischen "D" und "T" noch ergänzend mit einbezieht. Im Übrigen ist auch in schriftbildlicher Hinsicht eine hochgradige Ähnlichkeit festzustellen. Die für den schriftbildlichen Vergleich wichtigen Anfangs- und Schlusselemente sind identisch. Überhaupt besteht eine komplette Identität der Marken vom Anfang bis über die Worthälfte hinaus, wobei der übereinstimmende Doppelbuchstabe "LL" als besonders markant auffällt. Die Unterschiede "D"/"ST" befinden sich wiederum an einer relativ unauffälligen Stelle im Wortinneren des letzten Drittels. Zudem kann die nur einen Buchstaben ausmachende unterschiedliche Wortlänge bei Markenwörtern, die mit sieben bzw. acht Buchstaben keine Kurzmarken mehr sind, vom Verkehr beim Lesen mit normaler Aufmerksamkeit nicht erfasst werden. Auch in der Normalschrift (" Callido "/" Callisto ") sind die Marken hochgradig ähnlich, wobei hier die gleiche Wortkontur hinzu kommt. Die gegenteilige Auffassung der Markenstelle stellt eine Überbewertung der Unterschiede dar und vernachlässigt den Grundsatz, dass nicht die Unterschiede sondern das Maß an Übereinstimmungen den Beurteilungsmaßstab für die Verwechslungsgefahr bilden (vgl. BGH GRUR 2003, 1047, 1049 - Kellogg´s/Kelly´s). Allenfalls beim direkten Vergleich der Marken nebeneinander kann eine Unterscheidbarkeit gewährleistet sein. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist jedoch naturbedingt eine Saisontätigkeit, so dass selbst beim Fachverkehr längere Phasen zu berücksichtigen sind, in denen er sich nicht mit den Waren und deren Kennzeichnungen beschäftigt. Gerade dann können aus der Erinnerung heraus klangliche und/oder schriftbildliche Verwechslungen der Marken eintreten. Auch soweit man von Verkehrskreisen ausgeht, die den im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren nur mit vergleichsweise hoher Aufmerksamkeit begegnen, reichen die Unterschiede zwischen den Marken daher nicht zur sicheren Unterscheidbarkeit aus. Damit liegt für die im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vor, so dass die Beschwerde teilweise begründet ist. 2. Hinsichtlich der übrigen streitgegenständlichen Waren "pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Desinfektionsmittel" der angegriffenen Marke kann schon mangels rechtlich erheblicher Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden. Hierbei sind vor allem der unterschiedliche Verwendungszweck und die stoffliche Beschaffenheit der beiderseitigen Waren besonders auffällig. Insbesondere dienen Herbizide nicht der Heilung oder Verhütung von menschlichen oder tierischen Krankheiten, einschließlich dem Schutz vor schädlichen Keimen. Vielmehr haben Pflanzenschutzmittel eher den gegenteiligen, also einen gesundheitsgefährdenden Ruf. Dies gilt auch für das Verhältnis von Desinfektionsmitteln zu den benutzten landwirtschaftlichen Herbiziden, da letztere zwar Unkraut töten oder hemmen, die Nutzpflanze aber gerade unbehelligt lassen sollen. Demgegenüber mögen keimabtötende Desinfektionsmittel, die im Wesentlichen auf der Basis von Alkohol, Chlorverbindungen, Phenolen, Jod oder Wasserstoffperoxid wirken, im Einzelfall auch gegen Pflanzen wirksam sein, werden dabei jedoch unterschiedslos gegen alle Arten von Pflanzen schädlich sein und sich daher für die landwirtschaftliche Nutzung kaum eignen. Soweit sich die Widersprechende zur Begründung einer Warenähnlichkeit vor allem auf die Herkunft der beiderseitigen Waren aus den gleichen Unternehmen der chemischen Industrie beruft, vermag dies angesichts der Verhältnisse auf den betreffenden Herstellungs- und Marktgebieten, die durch außergewöhnliche Sortimentsbreite der chemischen Industrie, aber auch durch eine weitgehende Trennung der Pharma- und Agrarchemiesparten geprägt sind, letztlich nicht zu überzeugen. Zwar kommt der regelmäßigen betrieblichen Herkunft der Waren im Hinblick auf die vorrangige Bedeutung der Herkunftsfunktion der Marke das stärkste Gewicht zu, allerdings ist die Voraussetzung einer regelmäßigen betrieblichen Herkunft noch nicht dadurch erfüllt, dass bei einzelnen wenigen Unternehmen (z. B. Großkonzernen, in denen mehrere branchenverschiedene Betriebe zusammengefasst sind) die Herstellung beider Waren tatsächlich festgestellt werden kann. Vielmehr muss eine darüber hinaus reichende gewisse allgemeine Branchenübung vorliegen, da nur eine solche die Verkehrsauffassung beeinflussen kann (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdn. 72). Der Produktionsbereich bekannter chemischer Großkonzerne wie Du Pont, Dow Chemical, BASF, Novartis, LyondellBasell, Bayer usw. von denen auch nicht alle zugleich Pharmaprodukte herstellen, ist zwar einerseits von einer außergewöhnlichen Sortimentsbreite geprägt, gleichzeitig sind diese Konzerne aber auch in rechtlich selbständige Einzelunternehmen gegliedert, was im Pharma- und Agrarchemiebereich nicht zuletzt angesichts der intensiven rechtlichen Reglementierung der Zulassung, Kontrolle, des Vertriebs und der Haftung für solche Produkte naheliegt und den Abnehmern auch bewusst ist. Dies zeigt sich etwa auch an den von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung genannten Beispielen BASF, Hoechst und Bayer, aber auch an der Widersprechenden selbst. BASF ist nach öffentlich zugänglichen Informationen zwar im Pflanzenschutz tätig, nicht aber im Pharmabereich. Das von der Widersprechenden genannte Unternehmen Hoechst gibt es nicht mehr, es ist zunächst mit Rôhne-Poulenc zu Aventis verschmolzen, und nach Ausgliederung der Pflanzenschutzsparte (an Bayer) zu einem reinen Pharmakonzern (Sanofi-Aventis) geworden. Aber auch innerhalb des Bayer-Konzerns wird die Pflanzenschutzmittelsparte von einem eigenen rechtlich selbständigen Unternehmen geführt (Bayer Crop Science AG). Dies gilt ähnlich für den Konzern der Widersprechenden (N…), in dem rechtlich selbständige S…-Unternehmen innerhalb eines Teilkonzerns für den Pflanzenschutzbereich zuständig sind, während andere Konzernunternehmen, wie etwa Sandoz und Hexal, Arzneimittel herstellen. Insbesondere die in den letzten beiden Jahrzehnten, auch anhand der o. g. Beispiele, vermehrt zu beobachtende Neustrukturierung von Traditionsunternehmen unter Veräußerung ganzer Sparten an die Konkurrenz oder umgekehrt unter Erwerb solcher Sparten von der Konkurrenz zeigt, dass es bei der Frage der regelmäßigen Herkunft aus denselben Unternehmen weniger auf den Konzern, als vielmehr auf die einzelnen Produktionsunternehmen selbst ankommt. So hatte der 25. Senat des Bundespatentgerichts bereits 1979 festgestellt, dass die teilweise Überschneidung von Herstellerbetrieben, insbesondere der chemischen Großindustrie, deren Produktionsprogramm ganz allgemein eine Vielzahl unterschiedlichster Produkte umfasst, angesichts der Unterschiede in nahezu sämtlichen anderen für die Beurteilung der Warengleichartigkeit maßgebenden Umständen keine Bejahung der Gleichartigkeit rechtfertigt (BPatG Mitt. 1979, 191 - NEMASOL: keine Gleichartigkeit zwischen landwirtschaftlichen Nematodenbekämpfungsmitteln und Sonnenschutzmitteln). Auf diese noch zur Warengleichartigkeit i. S. d. § 5 des Warenzeichengesetzes angestellten tatsächlichen Erwägungen und Schlussfolgerungen kann angesichts der Entwicklungen im Pharma- und Agrarchemiebereich auch bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nach wie vor angeknüpft werden. Insbesondere sind  Herbizide einerseits und pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege und Desinfektionsmittel andererseits in Beschaffenheit, Verwendungs- und Einsatzzweck und Vertriebswegen regelmäßig verschieden, sie stehen auch in keinem Ergänzungs- oder Alternativverhältnis zueinander. Soweit sich die beiderseitigen Waren gelegentlich an gleiche Abnehmerkreise richten, wie etwa Landwirte, die sowohl Herbizide als auch veterinärmedizinische Erzeugnisse beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass ein "Zusammentreffen" der beiderseitigen Waren bei gleichen Abnehmerkreisen nur ein allenfalls untergeordnetes Kriterium darstellt. An breite Endverbraucherkreise wenden sich z. B. die verschiedensten, zumeist völlig unähnliche Waren und Dienstleistungen aus nahezu allen Branchen. Dies gilt mit Einschränkungen auch für Landwirte, an die sich über Maschinen, Chemikalien, Pflanzen, Futter, Pharmaprodukte und verschiedene Dienstleistungen ebenfalls die unterschiedlichsten Waren und Dienstleistungen wenden. Dies allein kann mit gelegentlichen Überschneidungen bei den Vertriebswegen noch keine Warenähnlichkeit begründen. Gewichtiger erscheint vielmehr, dass es sich bei den beiderseitigen Waren vorliegend um Produkte von weitgehend eigenständigen Branchen handelt, die eigene rechtliche Bestimmungen über Produktion, Zulassung und Vertrieb haben, und bei denen sich auch spezielle branchentypische Gepflogenheiten oder sonstige Besonderheiten herausgebildet haben (z. B. Reimporte bei Arzneimitteln, Finanzierung ihres Erwerbs teilweise über Krankenkassen u. Ä.). Letztlich handelt es sich bei den o. g. beiderseitigen Waren um ganz verschiedene Warenarten. Damit geht der Senat insoweit von deren Unähnlichkeit aus. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob dies auch im Verhältnis von Arznei- und Desinfektionsmitteln zu anderen Pflanzenschutzmitteln, etwa Fungiziden oder Tiervertilgungsmitteln (z. B. Insektizide, Wurmbekämpfungsmittel) gilt. Da Menschen oder Tiere an Pilz- oder Parasitenbefall leiden können, kann hier durchaus Raum für eine differenzierte Beurteilung sein (vgl. Hinweise auf die eine Warengleichartigkeit, teilweise auch Warenähnlichkeit bejahende Rechtsprechung in Richter/Stoppel, a. a. O., S. 235 unter "Pflanzenschutzmittel"). Vorliegend genießt die Widerspruchsmarke aber nur Schutz für "Herbizide", wobei diese auch nur im landwirtschaftlichen Bereich benutzt werden. Unkräuter wachsen aber nicht in oder an Menschen und Haus- oder Nutztieren, so dass ausreichende funktionellen Berührungspunkte zwischen Herbiziden einerseits und pharmazeutischen Erzeugnissen, Gesundheitspflegepräparaten und Desinfektionsmitteln andererseits nicht ersichtlich sind (vgl. allerdings auch Hinweise, a. a. O., unter "Unkrautvertilgungsmittel", wobei in den dort genannten BPatG-Entscheidung zu 25 W (pat) 24/03 und 25 W (pat) 276/94 eine Warenähnlichkeit nicht eindeutig bzw. ausdrücklich bejaht, sondern ein erheblicher Warenabstand festgestellt wurde, der mit anderen Faktoren zur Verneinung der Verwechslungsgefahr führte). Auch aus der von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung genannten Entscheidung des 30. Senats vom 5. Mai 2008 (30 W (pat) 205/04) kann sie nichts für sich herleiten. Darin scheint der 30. Senat zwar eine Ähnlichkeit zwischen u. a. "Mitteln zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungiziden, Herbiziden" und "Arzneimitteln" sinngemäß bejaht zu haben, hat zur Ähnlichkeit speziell dieser Waren außer einem Hinweis auf "weitreichende Warenoberbegriffe" aber nichts ausgeführt. Die Beschwerde war damit teilweise zurückzuweisen. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006039&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006044
BPatG
München
21. Senat
20100427
21 W (pat) 319/05
Beschluss
§ 25 Abs 1 PatG
DEU
Patenteinspruchsverfahren - "Vorrichtung und Verfahren zur Analyse von Mehrkanal-Bauteilen" – fehlende Bevollmächtigung gem. § 25 Abs. 1 PatG - keine Berücksichtigung von im Einspruchsverfahren von der Patentinhaberin neu eingereichten Patentansprüchen zur beschränkten Verteidigung des Patents
In der Einspruchssache gegen das Patent 199 57 327 … … hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. April 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Winterfeldt sowie der Richter Baumgärtner, Dipl.-Ing. Bernhart und Dipl.-Phys. Dr. Müller beschlossen: Das Patent DE 199 57 327 wird widerrufen.
I Gegen das am 29. November 1999 angemeldete Patent (Streitpatent) mit der Bezeichnung "Vorrichtung und Verfahren zur Analyse von Mehrkanal-Bauteilen" dessen Erteilung am 17. Februar 2005 veröffentlicht worden ist, hat die Fa. R… GmbH & Co. KG, M1…straße in M2… am 28. April 2005 Einspruch eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei. Hierzu verweist sie unter anderem auf die Entgegenhaltung D1 US 5 578 932. Die Einsprechende macht geltend, dass sowohl der Gegenstand des erteilten Sachanspruchs 1 als auch der des erteilten Verfahrensanspruchs 6 durch Kombination des der Entgegenhaltung D1 entnehmbaren Standes der Technik mit weiteren Entgegenhaltungen nahegelegt sei und daher nicht auf einer erfinderischer Tätigkeit beruhen und das Patent ferner die Erfindung nicht so deutlich offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könnte. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet gegliedert: M1 Mehrkanalbauteil-Analysevorrichtung zum Prüfen von drei oder mehr Eingangs- und Ausgangsanschlüsse aufweisenden Mehrkanalbauteilen, enthaltend: M2 - einen Netzwerkanalysator, der zur Analyse der Eigenschaften eines Mehrkanalbauteilprüflings mit Hilfe von Vektorwerten ein Prüfsignal an einem Kanal aussendet und ein Eingabesignal an einem anderen Kanal empfängt; und M3 - eine Mehrkanal-Prüfgruppe, die mit den Kanälen des Netzwerkanalysators verbunden ist, um die Kanäle des Netzwerkanalysators durch einen in der Prüfgruppe angeordneten Umschalter in drei oder mehr Kanäle umzuwandeln, M4 - wobei der Mehrkanalbauteilprüfling direkt mit der Mehrkanal-Prüfgruppe verbunden ist und M5 Daten, die den Eigenschaften des Mehrkanalbauteilprüflings entsprechen, in Form von Vektorwerten analysiert werden, - dadurch gekennzeichnet , M6 dass die den Eigenschaften an jedem Anschluss des Mehrkanalbauteilprüflings entsprechenden Vektrodaten in Daten einer ausgewählten Impedanz umgewandelt werden, um den Mehrkanalbauteilprüfling zu analysieren. Der erteilte Patentanspruch 6 lautet gegliedert: N1 Mehrkanalbauteil-Analyseverfahren zum Prüfen eines drei oder mehr Eingangs- und Ausgangsanschlüsse aufweisenden Mehrkanalbauteils, enthaltend die folgenden Verfahrensschritte: N2 - Vorsehen eines Netzwerkanalysators, der zur Analyse der Eigenschaften eines Mehrkanalbauteilprüflings mit Hilfe von Vektorwerten an einem Kanal ein Prüfsignal aussendet und an einem anderen Kanal ein Eingabesignal empfängt; und N3 - Vorsehen einer Mehrkanal-Prüfgruppe, die mit den Kanälen des Netzwerkkanalysator s verbunden ist, um die Kanäle des Netzwerkanalysators durch einen in der Prüfgruppe vorhandenen Umschalter in drei oder mehr Kanäle umzuwandeln; N4 - Verbinden des Netzwerkanalysators, der Mehrkanal-Prüfgruppe und von Verbindungskabeln, die den Mehrkanalbauteilprüfling mit der Mehrkanal-Prüfgruppe verbinden; N5 - Durchführen einer Kalibrierung zur Gewinnung von Fehlerkorrekturdaten und Speichern der so gewonnenen Fehlerkorrekturdaten im Netzwerkkanalysator ; N6 - direktes Verbinden des Mehrkanalbauteilprüflings mit der Mehrkanal-Prüfgruppe durch die Kabel zur Ermittlung der Daten, die den Eigenschaften des Mehrkanalbauteilprüflings entsprechen, in Form von Vektordaten; und N7 - Analysieren des Mehrkanalbauteilprüflings durch Einsatz der Fehlerkorrekturdaten zur Durchführung eines Fehlerkorrekturschritts an den Vektordaten, die den Eigenschaften des Mehrkanalbauteilprüflings entsprechen; und N8 - Erhalten von Vektordaten, die den Eigenschaften an jedem Anschluss des Mehrkanalbauteilprüflings entsprechen, - gekennzeichnet durch N9 Umwandeln der Vektordaten jedes Anschlusses in Daten, die einer ausgewählten Impedanz entsprechen, um den Mehrkanalbauteilprüfling zu analysieren. Die Unteransprüche 2 bis 5, 7 und 8 betreffend wird auf die Akte verwiesen. Der Vertreter der Einsprechenden stellt den Antrag, das Patent DE 199 57 327 in vollem Umfang zu widerrufen. Die ordnungsgemäß geladene Patentinhaberin ist, wie schriftlich angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Mit Zwischenverfügung vom 29. März 2010 wurde den Verfahrensbeteiligten noch die Literaturstelle aus dem Lehrbuch L1: F. Niebler: "Hochfrequenzschaltungstechnik", expertverlag , 2. verbesserte und erweiterte Auflage 1990, Kap. 6.2.5 Änderung des Bezugswellenwiderstandes, Seiten 227/228 übermittelt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen. II 1. Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 499 f. - Rundsteckverbinder). 2. Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können. Die Zulässigkeit des Einspruchs war von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden. 3. Die Patentinhaberin als in J… ansässiges Unternehmen benötigt gemäß § 25 Abs. 1 PatG einen Inlandsvertreter, der im gesetzlich bestimmten Umfang bevollmächtigt ist. Auf den Hinweis im Ladungszusatz zur Ladung vom 16. Dezember 2009, in dem die Patentinhaberin darauf hingewiesen wurde, dass eine derartige Vollmacht bisher nicht vorgelegt wurde, hat die Patentinhaberin mit Eingabe vom 12. Januar 2010 mitgeteilt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen und auch nicht vertreten sein wird. Mangels einer § 25 Abs. 1 PatG entsprechenden Bevollmächtigung liegt ein Verfahrenshindernis vor, das von Amts wegen zu berücksichtigen ist und das im vorliegenden Fall zur Folge hat, dass die gestellten Anträge der Patentinhaberin in ihrer Eingabe vom 4. Mai 2006 ins Leere gehen und die Patentinhaberin ihr Patent nicht mit den in ihrer Eingabe vom 10. Juli 2008 zuletzt eingereichten Patentansprüchen 1 bis 8 beschränkt verteidigen kann. Sonach liegen dem Einspruchsverfahren in der mündlichen Verhandlung weiterhin die erteilten Patentansprüche 1 bis 8 zugrunde. 4. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Einspruch auch als begründet, da die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 6 nicht patentfähig sind. Denn sie ergeben sich für den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Nachrichtentechnik, der sich mit der rechnergestützten Entwicklung von HF-Netzwerken, vorliegend Mehrkanalbauteilen, befasst und der über einschlägige Berufserfahrung auf diesem Gebiet verfügt, in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Entgegenhaltung D1 mit der Literaturstelle aus dem Lehrbuch L1 . Es kann daher dahinstehen, ob die Patentansprüche 1 und 6 durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt sind und ob ihre Gegenstände den Schutzbereich des Streitpatents erweitern. 4.1. Nach den Angaben in der Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent eine Mehrkanalbauteil-Analysevorrichtung zur Analyse der Eigenschaften eines drei oder mehr Eingabe-/Ausgabe-Anschlüsse aufweisenden Mehrkanalbauteils sowie ein zugehöriges Verfahren (vgl. Patentschrift, Abs. [0001]). Im Folgenden ist in der Patentschrift ausgeführt, dass zur Analyse derartiger Mehrkanalbauteile Netzwerkkanalysatoren eingesetzt werden [0002]. Diese weisen üblicherweise einen Eingabe- und einen Ausgabekanal auf. Ein von einem Signalgenerator 15 bereitgestelltes Prüfsignal wird über Brücken 11, 12 ausgewählt (Umschalter 13 in Figur 1), einem der Kanäle P1, P2 zugeführt und an den Bauteileprüfling geleitet. Damit werden Daten bspw. Übertragungsfunktionen, Streuparameter und Gruppenverzögerungen gewonnen [0003 - 0004]. Zur Prüfung von Bauteileprüflingen mit drei oder mehr Anschlüssen - Mehrkanalbauteilen - wird zwischen dem Zweikanal-Netzwerkanalysator und dem Prüfling eine Mehrkanal-Prüfgruppe geschaltet (vgl. Figur 2 B, Bezugszeichen 20; [0005]). Neuere Mehrkanalprüflinge weisen Anschlüsse auf, deren Impedanz (150 Ohm) von den bei Analysegeräten üblichen 50 Ohm abweicht (Figur 3; [0006]). Beim Stand der Technik sind deshalb Abgleich-/Nichtabgleichkonverter vorgesehen (vgl. Figur 4, Bezugszeichen 42; [0007]). Nachteilig ist dabei, dass der Messwert nicht nur den reinen Bauteilprüfling 40 (Figur 4) erfasst, sondern zusätzlich die Eigenschaften des Abgleich-/Nichtabgleichkonverters 42 [0008]. Daran orientiert sich die dem Patent zugrundeliegende Aufgabe, eine Mehrkanalbauteil-Analysevorrichtung und ein entsprechendes Verfahren zu schaffen, durch die genaue Messungen an einem Mehrkanalbauteilprüfling durchgeführt werden können, bei dem der Aufbau der Eingabe/Ausgabeanschlüsse oder die Impedanz nicht mit dem Aufbau bzw. der Impedanz herkömmlicher Bauteileprüflinge übereinstimmen [0011]. 4.2. Die Mehrkanalbauteil-Analysevorrichtung (" Multiport Network Analyzer ") aus Entgegenhaltung D1 ist gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figur 14 für ein drei Eingangs- und Ausgangsanschlüsse aufweisendes Mehrkanalbauteil ausgelegt (vgl. Spalte 18, Zeilen 4 bis 8 " …a three-port test set 310… to convert the two-port VNA 112 into a three-port VNA" ). Mit dem V ector N etwork A nalyzer VNA können auch Mehrkanalbauteile mit mehr als drei Anschlüssen geprüft werden (vgl. Spalte 29, Zeilen 34 - 38 " However, there also exists a need to measure devices 210 with a plurality of ports 214,…. ") [ M1 ]. Zur Analyse der Eigenschaften eines Mehrkanalbauteilprüflings werden bei dem VNA aus D1 die als Vektorwerte vorliegenden Streuparameter S ermittelt (Spalte 11, Zeile 64 ff. " terms S 11A , S 22A , S 21A and S 12A , are the actual scattering parameters…" ). Gemäß Figur 9 wird (wie bei Vektoranalyzern allgemein üblich) das Prüfsignal an einem Kanal ( port 1; 114 ) des VNA ausgesendet und an einem Kanal empfangen ( port 2; 116 ) [ M2 ]. Das three-port test set 310 gemäß Figur 14 ist in seiner Funktion als Mehrkanal-Prüfgruppe mit den Kanälen des VNA verbunden ( first and second port 301, 303 ); es weist dazu einen Umschalter ( single-pole, double throw-switch 326 ) auf, zum Umwandeln der zwei Kanäle des VNA in die drei Kanäle des Prüflings (vgl. auch Spalte 18, Zeilen 4 bis 25). Analog dazu ist gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figur 19 der Umschalter in der Prüfgruppe für vier Kanäle (somit für mehr als drei Kanäle) ausgelegt (vgl. auch Spalte 22, Zeile 60 single-pole, three-throw switch 430 ) [ M3 ]. Wie aus beiden Figuren 14 und 19 o. W. ersichtlich, ist der Prüfling (Γ L; source of reflection coefficients 328 ) direkt mit der Mehrkanal-Prüfgruppe 310 verbunden [ M4 ]. Die den Eigenschaften des Prüflings entsprechenden Streuparameter S werden, wie bereits oben dargelegt, im Vektor Network Analyzer VNA in Form von Vektorwerten analysiert [ M5 ]. Der Gegenstand des Anspruchs 1 unterscheidet sich von diesem Stand der Technik sonach lediglich durch das einzige Merkmal [ M6 ] des kennzeichnenden Teils. Diesem Merkmal liegt letztendlich eine mathematische Berechnung zugrunde. Die mit der Messung der Eigenschaften von Hochfrequenznetzwerken verbundene Problematik hinsichtlich seiner wellenwiderstandsrichtigen Anpassung ist dem zuständigen Fachmann vertraut, insbesondere was die S-Parameter-Messung mit Vektoranalyzern anbelangt. In einschlägigen Lehrbüchern ist dies denn auch dargelegt. So sind in dem Lehrbuch der Hochfrequenzschaltungstechnik gemäß L1 im Kapitel 6 "Grundlagen der rechnergestützten Entwicklung von HF-Schaltungen" die Formeln für die Umrechnung von S-Parametern bei einem Widerstand in die eines anderen Bezugswiderstandes - "Umwandeln der Vektordaten in eine ausgewählte Impedanz" - aufgezeigt (vgl. Absatz 6.2.5 " Änderung des Bezugs-Wellenwiderstandes" auf S. 227/228). Auf eine solche, aus dem Lehrbuch L1 bekannte mathematische Umrechnung greift der Fachmann zu, um die Eigenschaften eines Mehrkanalbauteils zu messen, dessen Impedanz sich von der der Analysevorrichtung - dem Vektoranalyzer - unterscheidet. Auf den Vektoranalyzer aus D1 angewandt gelangt, der Fachmann damit ohne erfinderisches Zutun zum Gegenstand des Patentanspruchs 1. 4.2 Diese Bewertung trifft auch für das Verfahren nach Patentanspruch 6 zu. In den Merkmalen [ N1 , N2 , N3 , N6 , N8 und N9 ] werden, in ihren Formulierungen lediglich dem Verfahrensanspruch Rechnung tragend, dieselben Mittel und Maßnahmen beansprucht, wie in den dazu korrespondierenden Merkmalen [ M1 - M6 ] des Sachanspruchs 1. Die dies betreffenden Ausführungen zum Patentanspruch 1 treffen deshalb auch für diese Merkmale zu. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird darauf Bezug genommen. Die darüber hinausgehenden Merkmale [ N4 , N5 und N7 ] des Patentanspruchs 6 können die erfinderische Tätigkeit seines Gegenstandes auch nicht stützen. Das Merkmal [ N4 ] erschließt sich aus dem Ausführungsbeispiel der Figur 4, denn der VNA, das three-port test set 310 und der Prüfling - source of reflection coefficients 328 - sind notwendigerweise über Kabel verbunden (vgl. Spalte 18, bspw. Zeilen 15 bis 17 " A first port 301, of the test set 310 is coupled to port one of the VNA 112" ). Eine Kalibrierung zur Gewinnung von Fehlerkorrekturdaten gemäß Merkmal [ N5 ] ist - als eine bei Netzwerkanalyzern erforderliche Maßnahme - auch bei dem VNA aus D1 vorgesehen (vgl. Figur 14A; reference plane 114 sowie zu Figur 27 Spalte 30, Zeile 46 - 63 " …a method of controlling and calibrating the VNA" ). Schließlich stellt der Einsatz der gemäß [ N5 ] gewonnenen Fehlerkorrekturdaten zur Durchführung eines Fehlerkorrekturschritts für die Analyse des Prüflings gemäß dem Merkmal [ N7 ] eine für den Fachmann folgerichtige, bei Vektoranalyzern gängige Vorgehensweise dar. 5. Dass die Patentinhaberin neben den der mündlichen Verhandlung zugrunde liegenden Hauptansprüchen 1 und 6 auch eine Aufrechtrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der Unteransprüche 2 bis 5, 7 und 8 begehrt, hat sie weder ausdrücklich noch stillschweigend zu erkennen gegeben. Darüber hinaus lassen diese Unteransprüche keine Patent begründenden Merkmale erkennen, was die Patentinhaberin im Übrigen auch nicht geltend gemacht hat (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. - Informations-Übermittlungsverfahren II in Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 ff. - elektrisches Speicherheizgerät).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006044&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
JURE109006045
BPatG
München
25. Senat
20100429
25 W (pat) 151/09
Beschluss
§ 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG, § 54 MarkenG, § 63 Abs 1 S 1 MarkenG, § 71 Abs 1 MarkenG
DEU
Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Maxitrol" – bösgläubige Markenanmeldung – Anmeldung in Erwartung, der Hersteller des Arzneimittels benötigt die Marke in Zukunft - Zweck, auf Kosten des Arzneimittelherstellers Gewinn zu ziehen – keine Gleichstellung als Parallelimporteur – zur Kostenauferlegung
In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 04 514 (hier: Löschungsverfahren S 147/08 Lö) hat der 25. Senat (Marken Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richter Knoll sowie des Richters Merzbach und des Richters k. A. Metternich beschlossen: 1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2009 wird insoweit aufgehoben, als der Löschungsantrag zurückgewiesen worden ist. 2. Die Löschung der Marke 303 04 514 wird angeordnet. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens trägt die Markeninhaberin. 4. Der Gegenstandswert wird auf 50.000,- € festgesetzt.
I. Die am 29. Januar 2003 für die Waren "Pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, insbesondere Humanarzneimittel" angemeldete Marke Maxitrol ist am 28. März 2003 unter der Nr. 303 04 514 in das Markenregister eingetragen worden. Dagegen hat die Antragstellerin am 9. Mai 2008 Löschungsantrag nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 50 Abs. 1, 54 MarkenG beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag fristgerecht widersprochen. Die Markenabteilung 3.4 hat mit Beschluss vom 2. April 2009 den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die Markenabteilung geht davon aus, dass die Markeninhaberin im Zeitpunkt der Anmeldung nicht bösgläubig war. Sie habe zwar eine Vielzahl von Marken angemeldet, und zwar spezifisch in den Klassen 5 und 10, die in anderen Staaten teilweise für andere Markeninhaber für entsprechende Produkte registriert seien und dort benutzt würden. Die Markeninhaberin habe auch keinen eigenen Geschäftsbetrieb im Sinne einer Produktionsstätte. Dies sei aber unschädlich, weil Verwertung und Handel mit Immaterialgüterrechten nicht unlauter sei, zumal nicht nachgewiesen werden könne, dass die Markeninhaberin Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche erhebe; die Antragstellerin beabsichtige zudem nicht, die streitgegenständliche Bezeichnung in Deutschland zu nutzen. Soweit die Markeninhaberin, die auch selbst Marken kreiere, in Deutschland nicht angemeldete oder nicht benutzte (und deshalb löschungsreife) Marken ermittle und für sich anmelde, sei dies nicht rechtsmissbräuchlich. Dies entspreche im Ergebnis auch Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten, die in entsprechenden Fällen ergangen seien. Hiergegen richtet sich die von der Antragstellerin erhobene Beschwerde. Zur Begründung nimmt die Antragstellerin Bezug auf Schriftsätze, die sie in einem auf Zustimmung zur Löschung der angegriffenen Marke gerichteten Rechtsstreit gegen die Markeninhaberin vor dem LG München I und dem OLG München ein-gereicht hat. Das LG München I hat die Klage der Antragstellerin mit Endurteil vom 23. Oktober 2008 abgewiesen. Auf die Berufung der Antragstellerin hat das OLG München mit Urteil vom 15. Oktober 2009 das Urteil des LG München I vom 23. Oktober 2008 aufgehoben und die Markeninhaberin verurteilt, in die Löschung der angegriffenen Marke einzuwilligen. Das OLG München hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Markeninhaberin ist derzeit beim BGH unter dem Az. I ZR 186/09 anhängig. In den Bezugsschriftsätzen hat die Antragstellerin dargelegt, dass sie in über 60 Staaten aufgrund der IR-Marke 713 853 bzw. nationaler Marken, sowie für das Gebiet der Europäischen Union aufgrund der Gemeinschaftsmarke 003 521 821 Markenschutz für die Bezeichnung Maxitrol insbesondere für ophthalmologische pharmazeutische Erzeugnisse erlangt habe. Sie nutze diese Marke(n) insbesondere in europäischen Staaten intensiv. Es sei die Strategie der Markeninhaberin, die seit dem Jahr 2000 … Marken in Deutschland angemeldet habe, Bezeichnungen anzumelden, die von namhaften Pharmaunternehmen im Ausland für die Kennzeichnung von dort vertriebenen Arzneimitteln verwendet würden. Selbst benutze sie diese Marken nicht und habe auch keine Absicht, diese zu benutzen, insbesondere auch nicht durch Lizensierung an Dritte. Sie habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke aufgrund der intensiven Nutzung der Bezeichnung Maxitrol als Marke durch die Antragstellerin auch Kenntnis gehabt bzw. damit gerechnet, dass die Antragstellerin beabsichtigte, dieses Zeichen in absehbarer Zeit auch in Deutschland einzuführen und zu benutzen. Letzteres ergebe sich auch aus der von der Antragstellerin getätigten Gemeinschaftsmarkenanmeldung 003 521 821 "Maxitrol". Gegen die Eintragung dieser Gemeinschaftsmarke habe die Markeninhaberin beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt einen Löschungsantrag eingereicht, über den noch nicht entschieden worden sei. Die Markeninhaberin habe bei der Anmeldung der angegriffenen Marke in der Absicht gehandelt, die Antragstellerin wettbewerbswidrig zu behindern, was auch durch ihren auf die angegriffene Marke gestützten Löschungsantrag gegen die vorgenannte Gemeinschaftsmarke der Antragstellerin verdeutlicht werde. Soweit die Rechtsprechung des BGH die Bösgläubigkeit von Parallelimporteuren, die eine im Ausland für den Hersteller als Marke geschützte Bezeichnung eines Pharma-Produktes im Inland anmeldeten, verneint habe, sei dies irrelevant, weil es hier um eine andere Fallgruppe, nämlich den Erwerb einer solchen Marke durch eine Markenagentur gehe. Die Antragstellerin ist der Auffassung, aus ihrem Vortrag folge unter Anwendung der Rechtsprechung des BGH (GRUR 2009, 780 – Ivadal) ohne weiteres, dass die Markeninhaberin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig gewesen sei. Es sei auch kein Grund für eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens gegeben. Die Antragstellerin beantragt, den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. April 2009 insoweit aufzuheben, als der Löschungsantrag zurückgewiesen worden ist und die Löschung der angegriffenen Marke 303 04 514 anzuordnen und der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des patentamtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen. Hilfsweise regt sie an, das Beschwerdeverfahren nach § 82 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO auszusetzen. Die Markeninhaberin ist der Auffassung, sie habe bei der Anmeldung der angegriffenen Marke nicht bösgläubig gehandelt. Diese Auffassung habe das LG München I in seinem klageabweisenden Urteil vom 23. Oktober 2008 geteilt. Der BGH habe in der Entscheidung "Ivadal" (GRUR 2009, 780) die Warenverkehrsfreiheit im europäischen Binnenmarkt unzutreffend gewürdigt. Gegen die darauf ergangenen Entscheidungen des Bundespatentgerichts hat die Markeninhaberin zulassungsfreie Rechtsbeschwerde erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Die Antragstellerin verfolge eine "Zwei-Marken-Strategie", um das Preisgefälle innerhalb der EU für Pharma-Produkte auszunutzen; da sie die Bezeichnung "Maxitrol" in Deutschland deswegen gar nicht nutzen wolle, habe sie auch keinen eigenen schutzwürdigen Besitzstand. Es müssten die vom BGH entwickelten Grundsätze der Entscheidung "Cordarone I" (GRUR 2008, 160) Anwendung finden, wonach ein Parallelimporteur, der eine im Ausland eingetragene, aber in Deutschland nicht geschützte Marke für die Kennzeichnung eines von ihm importierten und in Deutschland vertriebenen pharmazeutischen Produktes nutze, nicht bösgläubig handele. Markenagenturen, deren Tätigkeit durch das Markengesetz eröffnet worden sei, müssten einem solchen Parallelimporteur gleichgestellt werden, zumal die Markeninhaberin nicht beabsichtige, gegen die Parallelimporteure, die das betreffende pharmazeutische Präparat unter der Bezeichnung "Maxitrol" bereits vertrei-ben, aus der angegriffenen Marke vorzugehen. Für Parallelimporteure ergebe sich auch ansonsten kein Nachteil, wenn eine Markenagentur eine für Dritte im Ausland als Marke geschützte Bezeichnung für sich im Inland als Marke schützen lasse. Sie würden nach der Rechtsprechung des EuGH dadurch in die Lage versetzt, die importierten Pharma-Produkte mit der weiteren, im Inland geschützten Herstellermarke umzukennzeichnen. Damit werde eine Abschottung des Binnenmarktes, der durch die "Zwei-Marken-Strategie" von Pharma-Herstellern herbeigeführt werde, beseitigt. Eine Vorlage an den EuGH sei vor diesem Hintergrund in den beim BGH anhängigen Verfahren angezeigt; deswegen rechtfertige sich auch eine Aussetzung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Im vorliegenden Fall sei zudem die angegriffene Marke zwischenzeitlich auf einen Parallelimporteur des betreffenden Arzneimittels übertragen worden, so dass nach der Entscheidung BGH GRUR 2008, 160 eine Bösgläubigkeit vorliegend in keinem Falle mehr angenommen werden könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2010 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Die Markeninhaberin hat die angegriffene Marke 303 04 514 "Maxitrol" bösgläubig angemeldet (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG), so dass auf die Beschwerde der Antragstellerin der angefochtene Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und aufgrund des Löschungsantrags der Antragstellerin die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen war (§§ 50 Abs. 1, 54 MarkenG). 1. Nach der Rechtsprechung des BGH handelt der Anmelder eines Zeichens, der weiß, dass ein anderer dasselbe Zeichen für gleiche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, bei der Anmeldung bösgläubig, wenn besondere Umstände hinzutreten, die die Erwirkung der Zeicheneintragung als rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erscheinen lassen. Derartige Umstände können darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen anmeldet (BGH GRUR 2009, 780, Tz. 13 m. w. N. - Ivadal). Mithin kann eine Markenanmeldung als bösgläubig zu beurteilen sein, wenn wegen des Unternehmensgegenstands des Anmelders nur eine Benutzung der Marke durch Lizenzierung oder Veräußerung an Dritte in Betracht kommt, und wenn nach den tatsächlichen Umständen des Falles der Schluss gerechtfertigt ist, der Anmelder werde in rechtsmissbräuchlicher Weise versuchen, Dritte zum Erwerb der Markenrechte zu veranlassen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn Marken nicht im Hinblick auf eine Vielzahl in Betracht kommender, im Einzelnen noch unbestimmter und allenfalls nach abstrakten Merkmalen umschriebener potentieller Interessenten auf Vorrat angemeldet werden, sondern im Zeitpunkt der Anmeldung die Veräußerung an einzelne, bereits bestimmte Dritte naheliegt, deren Interesse an einem Erwerb der Markenrechte jedoch im Wesentlichen nur durch den Umstand begründet wird, dass sie infolge der Eintragung der Marke auf den Anmelder an der Verwendung der bislang ungeschützten Kennzeichnung gehindert werden können (BGH GRUR 2009, 780, Leitsatz bzw. Tz. 20 - Ivadal). Diese Voraussetzungen sind auch im vorliegenden Fall erfüllt. Die Markeninhaberin war an dem o. g. Verfahren vor dem BGH als Inhaberin der dort angegriffenen Marke beteiligt. Das Bundespatentgericht hat auf diese Entschei-dung des BGH im zurückverwiesenen Verfahren die Löschung der dort an-gegriffenen Marke nach §§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 50 Abs. 1 MarkenG angeordnet. Abweichende und entscheidungserhebliche Tatsachen, die im vorliegenden Fall zu einem anderen Ergebnis führen könnten, liegen nicht vor. a) Die Markeninhaberin hat es sich zum Geschäftsprinzip gemacht, Marken für Arzneimittel anzumelden, die im Inland nicht geschützt sind, im Ausland für andere Unternehmen jedoch zur Kennzeichnung bestimmter Arzneimittel registriert sind und dort benutzt werden. So liegt es auch hier. Die Antragstellerin hat für die Bezeichnung "Maxitrol" in 61 ausländischen Staaten teilweise als IR-Marke, teilweise als nationale Marke, sowie in der Europäischen Union als Gemeinschaftsmarke Schutz erlangt. Wie sich aus den zur Benutzung dieser Marken eingereichten Unterlagen der Antragstellerin ergibt, benutzt sie diese Marken auch für die Kennzeichnung von Arzneimitteln insbesondere im ophthalmologischen Bereich, während sie Markenschutz für die Bezeichnung "Maxitrol" zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im Inland nicht hatte. Zu diesem Zeitpunkt hat die Antragstellerin hat das entsprechende Präparat in Deutschland unter einer anderen Bezeichnung vertrieben. Zwar stand zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke durch die Markeninhaberin eine Benutzung der Bezeichnung "Maxitrol" durch die Antragstellerin für von ihr hergestellte pharmazeutische Präparate noch nicht unmittelbar bevor. Ein solches Nutzungsinteresse konnte sich aber ohne weiteres jederzeit für den Fall ergeben, dass die Antragstellerin etwa aus Gründen der Kosteneinsparung oder eines einheitlichen Marktauftritts beabsichtigte, das Arzneimittel in allen dafür vorgesehenen Ländern unter derselben Bezeichnung zu vertreiben. Die von der Markeninhaberin als Argument gegen ein Nutzungsinteresse der Antragstellerin im Inland geltend gemachte "Zwei-Marken-Strategie" kann zwar dazu beitragen, aus einem im Binnenmarkt bestehenden Preisgefälle Vorteile zu ziehen; dies muss aber nicht dauerhaft gegeben sein. Die von der Antragstellerin eingereichte Gemeinschaftsmarkenanmeldung stellt ferner ein relevantes Indiz für die Absicht der zukünftigen Nutzung der Bezeichnung "Maxitrol" als Herstellermarke durch die Antragstellerin innerhalb der EU einschließlich Deutschland dar, zumal die Antragstellerin in einer Reihe von anderen EU-Mitgliedstaaten bereits Markenschutz für die Bezeichnung "Maxitrol" hatte. An der Benutzung der Bezeichnung "Maxitrol" im Inland wird die Antragstellerin aber durch die Eintragung der angegriffenen Marke der Antragsgegnerin gehindert. Zwar kann von einer Bösgläubigkeit der Anmeldung nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn ein Anmelder den Umstand, dass einzelne Arzneimittel im Ausland unter nur dort, nicht aber im Inland geschützten Marken vertrieben werden, für eigene Zwecke ausnutzt, indem er die Bezeichnung im Inland für sich als Marke anmeldet und mit ihr gekennzeichnete - aus dem Ausland parallelimportierte - Arzneimittel vertreibt (vgl. BGH GRUR 2008, 160, Tz. 21 ff. - CORDARONE). Will der Anmelder die Marke dagegen nicht selbst für den Vertrieb von Arzneimitteln benutzen, sondern lässt er sie sich in der Erwartung, der Hersteller des Arzneimittels könne die Marke in Zukunft zur Vereinheitlichung der Kennzeichnung seines Arzneimittels benötigen, zu dem Zweck eintragen, auf Kosten des Arzneimittelherstellers - sei es durch Verkauf oder Lizenzierung des jeweiligen Markenrechts - daraus Gewinn zu ziehen, handelt er den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwider und damit bösgläubig i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, Art. 3 Abs. 2 lit. d der (zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke maßgebenden) Richtlinie 89/104/EWG (BGH GRUR 2009, 780, Tz. 24 - Ivadal m. w. N.). b) Die Markeninhaberin hatte nach ihrem eigenen Sachvortrag keinerlei Absicht, die angegriffene Marke selbst für den Vertrieb von Arzneimitteln benutzen. Vielmehr hat sie die Markenrechte an der Bezeichnung "Maxitrol" in Deutschland nur zu dem Zweck erworben, sie an Dritte zu veräußern oder ihnen Lizenzen an den Markenrechten zu erteilen. c) Neben der Antragstellerin als Herstellerin des betreffenden Präparats kommen als potentielle Lizenznehmer oder Erwerber der angegriffenen Marke nur noch die Parallelimporteure in Betracht, die es im Inland bereits unter der Bezeichnung "Maxitrol" vertreiben. Für sonstige Arzneimittelunternehmen ist insoweit der Erwerb von Markenschutz wegen des Umstands, dass unter dieser Bezeichnung bereits entsprechende parallelimportierte Arzneimittel in Deutschland vertrieben werden, nicht von Interesse. Auch in Bezug auf die Benutzung der Bezeichnung "Maxitrol" durch Parallelimporteure ist die Anmeldung der angegriffenen Marke durch die Markeninhaberin bösgläubig erfolgt. (Parallel-)Importeure des betr. Arzneimittels durften dieses unter der - vor der Erlangung des entsprechenden Markenschutzes durch die Markeninhaberin in Deutschland nicht geschützten - Bezeichnung "Maxitrol" im Inland vertreiben, da dies weder markenrechtlich zu beanstanden ist (vgl. BGH GRUR 2008, 160, Tz. 21 ff. - CORDARONE) noch eine nach §§ 3, 4 Nr. 9 UWG unlautere Wettbewerbshandlung darstellt. Insbesondere verfügte weder die Antragstellerin noch ein sonstiges Unternehmen vor der Anmeldung durch die Markeninhaberin im Inland über einen Markenschutz an der Bezeichnung "Maxitrol", so dass der Vertrieb von parallelimportierten Arzneimitteln unter dieser Bezeichnung markenrechtlich unbedenklich war (vgl. BGH GRUR 2009, 780, Tz. 25 - Ivadal). Der Markeninhaberin kann ferner nicht dahingehend zugestimmt werden, dass den Parallelimporteuren auch ansonsten kein Nachteil durch die von der Markeninhaberin bewirkten Eintragung der angegriffenen Marke entstanden ist. Auch wenn man unterstellt, dass diejenigen Parallelimporteure, die an der Bezeichnung "Maxitrol" keine Markenrechte erwerben, nach der Eintragung der angegriffenen Marke befugt sind, das entsprechende Präparat mit der im Inland als Herstellermarke ge-schützten Bezeichnung umzukennzeichnen, muss dies für diese Paral-lelimporteure kein Vorteil sein, der gleichsam automatisch aus der Eintragung der angegriffenen Marke für die Markeninhaberin folgt. Denn jede Umkennzeichnung bedingt einen zusätzlichen Aufwand bei dem betreffenden Parallelimporteur, ohne dass sich aus der Benutzung der Herstellerbezeichnung ohne weiteres mehr Umsatz und Gewinn für den Parallelimporteur ergeben müssen. Ist der Parallelimporteur mit der bislang nur im Ausland als Marke geschützten Bezeichnung am inländischen Markt präsent und hat er insoweit auch eine gewisse Marktposition erlangt, so wird die Möglichkeit der Umkennzeichnung nicht in seinem vorrangigen Interesse stehen, sondern die weitere Benutzung der im Inland bislang nicht als Marke geschützten Bezeichnung. Somit entstand auch für Parallelimporteure ein etwaiges Bedürfnis, einen (eigenen) Markenschutz an der Bezeichnung "Maxitrol" zu erwerben, erst durch die Eintragung der Marke auf die Markeninhaberin und der damit verbundenen Gefahr, dass der weitere Parallelimport des Arzneimittels unter der bisherigen eingeführten Kennzeichnung "Maxitrol" aufgrund der von der Markeninhaberin erworbenen Markenrechte untersagt werden könnte. Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Anmelder mit der Anmeldung eines Zeichens zumindest auch die Absicht verfolgt, nach der Eintragung die aus der Marke folgenden Ausschließlichkeitsrechte gegebenenfalls Dritten gegenüber geltend zu machen. Hingegen ist die Annahme, dass die Markeninhaberin aus den durch die Eintragung erworbenen Markenrechte nicht vorgehen werde, lebensfremd. Zum einen ist diese Annahme bereits widerlegt, da die Markeninhaberin in Bezug gegen die Antragstellerin bereits aus der angegriffenen Marke vorgegangen, und zwar gegen die von der Antragstellerin erlangte Gemeinschaftsmarke 003 521 821. Zum anderen ist die Markeninhaberin nicht als caritativer Verein sondern als Markenagentur tätig und mithin wirtschaftlich darauf angewiesen, Erträge aus der Lizenzierung oder der Übertragung von Markenrechten zu erzielen. Es gibt aber für keinen Marktteilnehmer einen Grund, von der Markeninhaberin durch Lizenzierung oder Übertragung entgeltlich Rechte in Bezug auf die angegriffene Marke zu erwerben, wenn die Markeninhaberin aus dieser Marke überhaupt nicht vorgehen möchte. Vielmehr funktioniert das Geschäftsmodell der Markeninhaberin nur, wenn diejenigen Marktteilnehmer, die die Bezeichnung "Maxitrol" beim Vertrieb des entsprechenden pharmazeutischen Präparats (weiter) benutzen wollen, die rechtliche Position, die die Markeninhaberin durch die angegriffene Marke erworben hat, auch ernst nehmen, um bereit zu sein, gegen Entgelt bei der Markeninhaberin eine Lizenz an der betreffenden Marke oder diese Marke durch Übertragung zu erwerben. Nach allen Umständen des vorliegenden Falles folgt daraus die objektiv naheliegende Gefahr, dass die Antragsgegnerin ihre Markenrechte einzelnen Parallelimporteuren gegenüber (nur) zu dem Zweck geltend macht, hieraus für sich auf deren Kosten Gewinn zu ziehen. Dies genügt für die tatsächliche Vermutung, dass die Antragsgegnerin auch im Hinblick auf eine mögliche Lizenzierung oder Veräußerung der Markenrechte an einen Parallelimporteur bereits bei der Anmeldung der Marke in rechtsmissbräuchlicher Absicht und damit bösgläubig gehandelt hat. d) Die Markeninhaberin kann hierbei auch nicht beanspruchen, einem Parallelimporteur gleichgestellt zu werden. Die Grundsätze der Entscheidung BGH GRUR 2008, 160 - CORDARONE finden - ohne Wertungswiderspruch - auf die Markeninhaberin keine Anwendung. Zum einen gab es bei dem dortigen Sachverhalt keine dem hier vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Umstände, aus denen auf eine Absicht der Herstellerin, die betreffende Bezeichnung im Inland zu benutzen, geschlossen werden konnte (vgl. BGH GRUR 2008, 160, Tz. 21 - COR-DARONE). Zum anderen hat die dortige Markeninhaberin die betreffende Marke in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise zum Zwecke der Kennzeichnung des betreffenden pharmazeutischen Präparats selber benutzt (vgl. BGH GRUR 2008, 160, Tz. 24, 25 - CORDARONE) und damit nicht die bloße Verwertung des betreffenden Markenrechts durch Verkauf oder Lizenzierung, sondern die Förderung des eigenen Wettbewerbs auf dem Arzneimittelmarkt und damit die Verfolgung eigener  legitimer  Interessen  bezweckt.  Schließlich  konnte auch - anders als im vorliegenden Fall - davon ausgegangen werden, dass die dortige Markeninhaberin gegen die dortigen Parallelimporteure nicht vorgeht (vgl. BGH GRUR 2008, 160, Tz. 26 - CORDARONE). Zwar hat der BGH in der vorgenannten Entscheidung eine sittenwidrige Behinderung anderer Parallelimporteure auch deswegen verneint, weil diese dann die Möglichkeit der Umkennzeichnung mit der betreffenden im Inland geschützten Herstellermarke hätten (vgl. BGH GRUR 2008, 160, Tz. 26 - CORDARONE). Bei der Frage der Bösgläubigkeit kommt es aber auf die Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalles an (vgl. EuGH GRUR 2009, 763, Tz. 53 - Lindt Goldhase), wobei insbesondere auch die Absichten des Markeninhabers in Bezug auf die Nutzung der jeweiligen Marke eine Rolle spielen (vgl. EuGH GRUR 2009, 763, Tz. 43, 44 - Lindt Goldhase). Fehlt es - anders als bei GRUR 2008, 160 - CORDARONE - an dem Willen des Markeninhabers, die betreffende Marke selber zu benutzen, sondern lassen - wie hier - die Gesamtumstände den Schluss zu, der Anmelder bzw. hier: die Markeninhaberin werde in rechtsmissbräuchlicher Weise versuchen, Dritte zum Erwerb der Markenrechte zu veranlassen, so kann die Möglichkeit der Umkennzeichnung durch die (weiteren) Parallelimporteure nicht zu Gunsten der Markeninhaberin ins Gewicht fallen. e) Die von der Markeninhaberin als Argument gegen die Bösgläubigkeit eingeführte "Zwei-Marken-Strategie" mag im Pharmabereich ein Preisgefälle im Binnenmarkt ausnutzen. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass die Bösgläubigkeit der Markeninhaberin in Bezug auf die Anmeldung der angemeldeten Marke bei einer Gesamtabwägung der konkreten Fallumstände entfällt. Zum einen sind - wie dargelegt - Mechanismen vorhanden, die es (Parallel-)Importeuren ermöglichen, in den Wettbewerb mit den Herstellern des unter verschiedenen Marken vertriebenen pharmazeutischen Präparats einzutreten. Soweit es dennoch bei einem Preisgefälle bleibt, ist dies eine Frage der Marktregulierung. Diese Frage kann jedoch nicht mit einer Markenregulierung dahingehend beantwortet werden, dass Anmelder, die selber keine Benutzungsabsicht haben, Marken allein mit dem Ziel der entgeltlichen Veräußerung oder Lizenzierung an einzelne, bereits bestimmte Dritte anmelden können, deren Interesse an einem Erwerb der Markenrechte im Wesentlichen nur durch den Umstand begründet wird, dass sie infolge der Eintragung der Marke auf den Anmelder an der legitimen Verwen-dung der bislang ungeschützten Kennzeichnung gehindert werden können. Denn der Begriff der Bösgläubigkeit, der in Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 lit. d der Richtlinie 89/104/EWG in § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG als absolutes Schutzhindernis eingefügt wurde, ist mit Blick auf die markenrechtlichen Grundsätze auszulegen. Hierbei sind auch mit Blick auf die Bestimmungen des markenrechtlichen Benutzungszwangs (§ 26 MarkenG, der wiederum Art. 10 der Richtlinie 89/104/EWG bzw. Art. 10 der [konsolidierten] Richtlinie 2008/95/EG umsetzt; vgl. auch den 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/95/EG) vor allem auch die konkreten Umstände im Zusammenhang mit der Benutzung und auch den entsprechenden Absichten der Beteiligten maßgeblich zu berücksichtigen. f) Die nachträgliche Übertragung der angegriffenen Marke von der (bisherigen) Markeninhaberin auf einen Parallelimporteur ändert nichts daran, dass die Markenanmeldung bösgläubig erfolgt ist. Es kommt insoweit auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke an, wobei auf die Entscheidung über die Eintragung abzustellen ist (vgl. BGH GRUR 2009, 780, Tz. 11 - Ivadal). Auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag, also den Zeitpunkt dieses Beschlusses, kommt es in Fällen der Bösgläubigkeit indessen nicht an. Denn § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG bezieht sich gerade nicht auf Fälle des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG. 2. Ein Anlass, das Beschwerdeverfahren auszusetzen, besteht nicht (§ 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 148 ZPO). a) Soweit es um die Entscheidung des BGH über die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des OLG München vom 15. Oktober 2009 geht, ist dies für das vorliegende Beschwerdeverfahren rechtlich nicht vorgreiflich. Denn Gegenstand dieser Nichtzulassungsbeschwerde sind aus dem UWG resultierende Ansprüche, während es hier um den markenrechtlichen Löschungstatbestand der §§ 8 Abs. 2 Nr. 10, 50 Abs. 1 MarkenG geht. Auch wenn insoweit tatsächliche Zusammenhänge gegeben sind, genügen diese für eine Aussetzung des Beschwerdeverfahrens nicht (vgl. dazu auch die Ausführungen bei Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43, Rdnr. 76 zur Aussetzung des Widerspruchsverfahrens, die wegen der gleichgerichteten Interessenlage auch im Löschungsverfahren zu berücksichtigen sind). b) Soweit es um die von der Markeninhaberin erhobene zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gegen die Senatsbeschlüsse in den Markenbeschwerdesachen 25 W (pat) 224/03, 25 W (pat) 225/03 und 25 W (pat) 76/05 geht, ist eine Aussetzung dieses Beschwerdeverfahrens ebenfalls nicht angezeigt. Abgesehen davon, dass es in diesen Verfahren um andere Marken geht, hat der Senat die vorgenannten Beschlüsse nach Zurückverweisung durch den BGH unter Bindung an dessen rechtliche Beurteilung gefasst (§ 89 Abs. 4 Satz 2 MarkenG). Diese Grundsätze wendet der Senat hier ebenfalls an, wobei der vorliegende Fall in tatsächlicher Hinsicht keine entscheidungserheblichen Abweichungen aufweist. Da sich im übrigen auch der EuGH insbesondere in der Entscheidung GRUR 2009, 763 - Lindt Goldhase eingehend zu der Frage der markenrechtlichen Bösgläubigkeit geäußert hat, ist nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall auch keine Rechtsfrage offen, die Gegenstand einer Vorlage an den EuGH sein könnte. 3. Aus den vorgenannten Gründen bestand auch kein Anlass, die Rechtsbeschwerde nach § 83 Abs. 2 MarkenG zuzulassen. 4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens sind der Markeninhaberin aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Zwar trägt in Markenbeschwerdeverfahren jeder Beteiligte seine Kosten in der Regel selbst. Bei einer bösgläubigen Anmeldung jedoch entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, dem Anmelder bzw. hier: der Markeninhaberin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71, Rdnr. 14). Im vor-liegenden Fall sind keine Umstände ersichtlich, davon abzuweichen. 5. In markenrechtlichen Löschungsverfahren ist der Gegenstandswert nach ständiger Rechtsprechung an dem Interesse der Allgemeinheit an der Löschung des Zeichens zu messen, wobei in erster Linie auf die Benutzung und Verteidigung der angegriffenen Marke abzustellen ist (vgl. BPatGE 41, 100, 101 - COTTO; BPatGE 21, 140, 141; BPatG MarkenR 2006, 172, 175; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 71, Rdnr. 26). Grundsätzlich wird hierbei von einem Regelwert von …,- € ausgegangen. Allerdings ist in Fällen, in denen - wie hier - die Bösgläubigkeit des Anmelders gerade darin liegt, dass er die Marke gar nicht selbst benutzen will, sondern sie allein zu dem Zweck anmeldet, schutzwürdige Interessen Dritter, namentlich der Parallelimporteure von Arzneimitteln wettbewerbswidrig zu behindern, nicht maßgeblich auf die Benutzung der angegriffenen Marke abzustellen. Vielmehr kommt es vorrangig auf das Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der von der Rechtsordnung missbilligten Beeinträchtigung und Störung des Wettbewerbs durch die angegriffene Marke an. In solchen Fällen erscheint ein Gegenstandswert von …,- € angemessen (vgl. BPatG vom 18. Januar 2005, PAVIS PROMA 27 W (pat) 68/02 - alphajet ). In der Beschwerdesache … betreffend die Marke 303 04 514 hier: Berichtigungsbeschluss hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Eisenrauch und des Richters k. A. Metternich beschlossen: Das in dem, den Beteiligten am 11. bzw. 15. Juni 2010 zugestellten Beschluss als Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung angegebene Datum 29. April 2009 wird dahingehend berichtigt, dass es richtig lauten muss 29. April 2010, § 80 Abs. 1 MarkenG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-JURE109006045&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public